Jahresbericht 2012 der St. Anna-Schwestern

Jahresbericht 2012 der St. Anna-Schwestern Impressum Herausgeberin: Gemeinschaft der St. Anna-Schwestern, Luzern Texte und Übersetzungen: Sr. Heidi...
Author: Edwina Heidrich
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Jahresbericht 2012 der St. Anna-Schwestern

Impressum

Herausgeberin: Gemeinschaft der St. Anna-Schwestern, Luzern Texte und Übersetzungen: Sr. Heidi Kälin Sr. Heidy Loser Magdalen Amsler Fotos: Archiv Schwesterngemeinschaft Sr. Heidy Loser Georg Anderhub Toni Macchi Gestaltung: Regula Reufer-Meyer Druck: Brunner AG, Druck und Medien, 6010 Kriens Ausgabe: Anfang Mai 2013

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Grusswort der Generaloberin

Inhalt Impressum Grusswort der Generaloberin

5 Liebe Freundinnen und Freunde der St. Anna-Schwestern

Schweiz Unsere neue Kapelle Liebgewordenes loslassen Das Generalkapitel 2012 der St. Anna-Schwestern «Den Menschen nahe» St. Anna-Stiftung und St. Anna-Gemeinschaft Das etwas andere Familienunternehmen Missions-Ressort «Arme werdet ihr immer unter euch haben»

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Ein Kapitel ist ein grosses Ereignis, findet es doch nur alle sechs Jahre statt. Zudem werden in den Sessionstagen von den delegierten Schwestern zukunftsweisende Entscheidungen getroffen und Schwestern werden in Leitungsämter gewählt.

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Während die Schwestern in Indien sich in das Leben und Wirken des Gründers vertieften und sich fragten, was es heisst, heute in den «Fussstapfen des Gründers zu gehen», erinnerten sich die Schweizer Schwestern an die Geschichte der Gemeinschaft, an ihre Eigenart und an das Charakteristische im Wirken der St. Anna-Schwestern.

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An der Tagsatzung der Ordensleute der Schweiz in Freiburg hat der Dominikanerpater Jean-Claude Lavigne von neuen Formen des Apostolates gesprochen, vom «Apostolat der Nähe zu den Menschen der eigenen Generation». Da waren wir mit unserem Jahres- und Kapitel-Motto «Den Menschen nahe» und dem schönen Bild der Fusswaschung ganz «à jour». So wie unsere Schwestern von der Gründung an auf vielerlei Weise den Menschen nahe waren – gerade dank der nicht klösterlichen Lebensform –, so sehen wir heute und in den kommenden Jahren unsere Aufgabe erneut darin, Anteil zu nehmen am Leben anderer Menschen, Nähe und Zuwendung zu schenken und in Alter und Gebrechlichkeit diese auch zuzulassen.

Indien Neue Leitung der Gemeinschaft in Indien Wir stellen vor … Altersheime in Indien Wertewandel in der Gesellschaft Alltag in Kozhencherry Zeit haben und Zeit schenken Shanthi Nivas Umsorgt und nicht mehr verlassen Bei den St. Anna-Seniorinnen Du hast mein Leben reich gesegnet Projekt «Brunnen-Grabung im Dorf Yerukonda» Wir denken in Dankbarkeit an euch

100 Jahre nach dem Tod unseres Gründers (Wilhelm Meyer, 1870–1912) haben sich Schwestern in Indien und in der Schweiz zum Generalkapitel zusammengefunden, während die «jüngste» Region in Ostafrika ihr Regionalkapitel durchführte.

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Der Bau und die Einweihung der St. Anna-Kapelle waren wohl die «Highlights» des Jahres. Damit verbunden waren viele schöne Anlässe, freudige Begegnungen, berührende und wunderschöne Konzerte.

Alt werden in Afrika Projekt «Spital Tabora» Ein Gesundheitszentrum platzt aus allen Nähten

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Mit der neuen Kapelle haben wir St. Anna-Schwestern eine neue Nähe gefunden, zu Gott, zueinander und zu allen Menschen, die in der Kapelle mit uns beten, singen und feiern.

Statistik

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Adressen

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Ostafrika

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Die Berichte aus Indien und Ostafrika bringen «eine neue Not» der Zeit ans Licht und beschreiben, wie unsere Schwestern sich im Bereich Altenpflege engagieren. Wir freuen uns an Ihrem Interesse an unserer Gemeinschaft und der Mission der St. AnnaSchwestern und wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre. Sr. Heidi Kälin, Generaloberin Schweiz

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Unsere neue Kapelle Das Warten auf die neue «St. Anna-Kapelle» Monatelang sind wir über den Aussenplatz an der im Bau befindlichen Kapelle vorbeigegangen. Als die Mauern längst hochgezogen, das Äussere fertig und die Innenarbeiten im Gang waren, versuchten wir immer wieder einen Blick durch die Türe zu werfen, um unsere Neugierde zu befriedigen. «Geht das lange», kam es uns vor. Verborgen entstand da etwas, das wie ein besonderes Geheimnis anmutete. Der Abschied von der Klinik- und Marienhauskapelle In der Wartezeit auf die neue Kapelle war uns die Möglichkeit gegeben, uns innerlich auf den Abschied von der Klinik- und der Marienhauskapelle vorzubereiten. Denn – das bedingte wahrhaftig ein Loslassen. Jahrzehntelang dienten uns die beiden Kapellen für unser persönliches und gemeinschaftliches Beten und Feiern. Viele Erlebnisse verbanden jede einzelne Schwester und uns als ganze Gemeinschaft mit diesen «heiligen Orten». Die neue Kapelle musste sich «die Sympathien» und die Akzeptanz vieler Schwestern erst einmal «verdienen». Es war notwendig und sinnvoll, dass wir uns der neuen Kapelle lange im Voraus bewusst zuwandten. Als Gemeinschaft durften wir mitentscheiden, welche sakralen Gegenstände aus der Klinik- und Marienhauskapelle uns in das neue Gotteshaus begleiten sollten. Ein detaillierter Plan orientierte uns über die verschiedenen Abgabe- und Räumungstermine, so dass wir uns darauf einstellen konnten.

Am Sonntag, 23. September nahmen wir nach einer letzten Eucharistiefeier und einem anschliessenden Ritual Abschied von

der Klinikkapelle. Das bewusste Begehen und Umschreiten des ganzen liturgischen Raumes bei leisen Orgelklängen ging uns Schwestern und auch den Gottesdienstteilnehmenden, die eigens mit uns zum Abschied gekommen waren, zu Herzen. Noch einmal fiel das Sonnenlicht durch die wunderschönen Glasfenster. Nun war es Gewissheit: «Heute sind wir zum letzten Mal hier drinnen» … Am Freitag, 28. September feierten wir unsere Gottesdienste zum letzten Mal in der Marienhauskapelle. Danach ging auch hier eine entscheidende Phase zu Ende. Vermutlich ging es mehreren Schwestern so, dass «die Seele nicht genügend Zeit fand, um Schritt zu halten» mit dem, was da in kurzer Zeit vor sich ging … Die Einweihung der neuen Kapelle Nun war der Tag herangerückt: Unser Diözesanbischof Felix Gmür kam zu uns, um am Samstag, 29. September die sehr eindrückliche Einweihungsfeier mit uns zu zelebrieren. Es war auch für ihn ein bedeutsames, in der heutigen Zeit sehr selten gewordenes Geschehen, eine neu erbaute Kapelle einweihen zu dürfen. Der Zeremoniar P. Peter Spichtig OP führte durch die eindrückliche Liturgie, die zusammen mit den Konzelebranten, Dekan Hansruedi Kleiber und Pfarrer Beat Jung, dem Chorgesang der St. Anna-Schwestern und der besonderen Mitwirkung einiger Schwestern ein ausgesprochen festliches Gepräge bekam. Die Einweihungsfeier nahm ihren Anfang in der Marienhauskapelle, von der aus der lange Zug von uns Schwestern – mit dem Bischof voran – über den Aussenplatz vor die neue Kapelle schritt, wo uns viele Mitfeiernde erwarteten.

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Es war für uns alle sehr schön, die Freude unseres Bischofs in seinen Begrüssungsworten und durch die ganze Feier hindurch spüren zu dürfen. Sr. Heidi Kälin bat den Bischof um die Weihe unseres Gotteshauses, worauf er mit seinem Hirtenstab an das Tor der neuen Kapelle klopfte und um Einlass bat. Drinnen war kein Platz mehr leer. Die neue Orgel – meisterhaft gespielt – durfte mit ihren Klängen den Raum erfüllen und zum Ausdruck bringen, zu was sie erbaut worden ist. Das ganze Geschehen wird wohl für alle unvergesslich bleiben, die mit «Leib und Seele» anwesend waren. Bei einem anschliessenden Apéro und einem Festmahl wurde noch einmal erinnert, gewürdigt und gelobt.

Noch ist es für einige Schwestern gewöhnungsbedürftig, keine flächendeckenden Kniebänke mehr vorzufinden. In dieser Kapelle inmitten unseres Alters- und Pflegeheimes und unserer Gemeinschaftswohnhäuser darf man dem Alter entsprechend getrost sitzen. Vom ersten Moment an schaffen uns der wunderbare Tabernakel, die Skulpturen «Anna selbdritt» und «Maria mit dem Kind» sowie die Kreuzweg-Tafeln an der Wand, die wir aus den zurückgelassenen Kapellen mitgenommen haben, viel Vertrautheit.

Anderntags waren unsere Nachbarn und befreundete Menschen zum Gottesdienst und anschliessenden Apéro eingeladen. Ein grosses Staunen und Sich-Mitfreuen allenthalben … Es gilt in vorwiegender Übereinstimmung: «Die neue St. Anna-Kapelle ist ein wirkliches Kleinod.»

Beten und Feiern in der neuen Kapelle Durch die Bauweise der Kapelle und die Anordnung der Bestuhlung sind wir jetzt räumlich näher beisammen, wenn wir Gottesdienst feiern oder unser Morgen- und Abendlob beten, und trotzdem haben wir als Einzelne genügend Freiraum. Wir sind erfreut und dankbar über die lagebedingte, wunderbare Ruhe in der neuen Kapelle; sie kann für uns zu einem «Raum der Stille» werden. Auch Menschen, die zum ersten Mal in der Kapelle weilen, empfinden sie als einen besonderen Ort, der zu Einkehr und Sammlung einlädt. So kommt es immer wieder vor, dass auf dem Weg zur Kapelle spontan das Psalmwort aufsteigt:

Gerne weisen wir hin auf das eigens ge­ schaffene, wunderschöne kleine Buch über unsere neue Kapelle. Es kann am Empfang des Gemeinschaftszentrums bezogen wer­ den.

Das «Einleben» in der neuen Kapelle Ob es fortan regnet oder draussen Schnee liegt, immer kommen wir aufgrund der inneren Verbindungsgänge von allen Häusern her trockenen Fusses zu unserer Kapelle; per Rollstuhl, mit dem Rollator, mit dem Gehstock oder noch ohne Gehhilfe.

«Wohl denen, die wohnen in deinem Haus, und die dich allezeit loben.» (Ps 84,5)

«Wie freute ich mich, als man mir sagte, wir ziehen zum Hause des Herrn.» (Ps 122,1) Sr. Maya Thomi

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Liebgewordenes loslassen Die Auflösung der beiden Kapellen Klinik und Marienhaus hat uns St. Anna-Schwestern bewegt. Die Klinikleitung hat die Kapelle mit den Glasfenstern zu einem festlichen Saal umgewandelt. Wir freuen uns, dass in der ehemaligen Sakristei ein «Raum der Stille» entsteht, ein Ort des Gebetes und ein Ort, der der Klinikseelsorge für spirituelle Angebote zur Verfügung steht. Die Marienhauskapelle weist bauliche Mängel auf und wird von den Schwestern als Lagerraum benutzt während des Umbaus des Schwesternhauses Tivoli. Die Einrichtungen und liturgischen Gegenstände konnten an Institutionen in Osteuropa weitergeleitet werden. Die Orgel der Klinikkapelle war zu gross, um im Neubau eingesetzt zu werden. Eine Stiftung, die eine Orgelbauschule in Rumänien betreut, war an unserer Orgel interessiert und wir konnten das Instrument, dessen Ausbau und den Transport Herrn Ferdinand Stemmer und Frau Barbara Dudli überlassen. Da die Stiftung auch Orgeln in andere Länder vermittelt, kann es sein, dass unsere Orgel den Weg nach Kuba antritt. Herr Stemmer erzählte uns von einer Anfrage aus Havanna, wo für die Kathedrale eine Orgel gesucht wird, die den Studierenden im Sinne von Kulturförderung zur Verfügung stehen wird. Wenn die Verhandlungen mit dem EDA in Bern gut verlaufen, kann der Einbau der Orgel auf Kuba zustande kommen, was uns Schwestern ausserordentlich freuen würde. Den grossen Christus-Korpus an der schwarzen Wand in der Klinikkapelle haben wir sorgfältig in feine Tücher eingewickelt und in einer Holzkiste verpackt per Flug nach Indien gesandt. Der wertvolle Christus-Korpus aus dem Mittelalter und Krippenfiguren der ersten Mutterhauskapelle sind von den indischen Mitschwestern mit Freude in Empfang

Glasfenster der Klinikkapelle.

genommen worden. Die Erinnerung, dass viele Schwestern im Mutterhaus vor diesem Kreuz gebetet und in ihren Lebenssituationen Kraft erhalten haben, vertieft die Verbindung untereinander. «We treasure this wonderful heritage that has come to us from our Motherhouse, once again deepening and strengthening the bond of relationship», schreiben uns die Schwestern. Die Kirchenbänke und verschiedene liturgische Gegenstände konnten über die Osteuropahilfe nach Kiew in die Ukraine gesandt werden und sind dort dankbar aufgenommen worden. Die beiden schönen Altäre aus Granit mussten leider mühsam abgebaut werden. Einzig der kleine Sakramentsaltar und der Ambo aus schwarzem Marmor haben einen Platz in der Wallfahrtskapelle Bourguillon gefunden. Sr. Maria Eberli

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Somit war der Boden bereitet und das Kapitel sprach sich für die Weiterentwicklung des Projekts «Alterszentrum mit spiritueller Ausrichtung» aus, welches einem Apostolat der «Nähe zu den Menschen» gleicher Generation entspricht und dem Geist und Auftrag der St. Anna-Schwestern langfristig Zukunft geben wird. Dank dem gemeinsamen Wirken der St. Anna-Stiftung und der Schwesterngemeinschaft ist dieses Projekt nun auf dem Weg zur Umsetzung. Sr. Heidi Kälin

Das Generalkapitel 2012 der St. Anna-Schwestern

«Den Menschen nahe» Gottes Segen fliesse durch unsere Hände und Füsse und vor allem durch unser Herz, damit wir für andere

Das Generalkapitel hat eine neue Leitung gewählt und sie beauftragt, die Umsetzung der Entscheidungen zu begleiten. Als Generaloberin wurde Sr. Heidi Kälin für eine zweite Amtsperiode gewählt. Als Generalrätinnen wurden gewählt: – Sr. Rosa Scherer – Sr. Maria Eberli – Sr. Bernadette Burkart – Sr. Maya Thomi

Segen sein können und dabei stets zutiefst empfangende Gesegnete bleiben.

Wenn ein Kapitel ansteht, das ist eine alle sechs Jahre stattfindende Versammlung der Kapitularinnen, ist das für die Schwesterngemeinschaft ein bedeutsamer Anlass. Es geht darum, das Vergangene zu würdigen, die Realitäten der Gegenwart zu erkennen und die Ausrichtung für die Zukunft festzulegen. Das Kapitel ist mit intensivem Gebet und mit spiritueller Vorbereitung verbunden, dient es doch dazu, zu verstehen, wohin Gott uns heute und morgen führen will. Unserem Gründer war es wichtig, dass die St. AnnaSchwestern die sozialen Entwicklungen und die daraus entstehenden «Nöte der Zeit» wachsam beobachten und danach suchen, ihnen entgegenzuwirken. Doch wie können wir als älter werdende Gemeinschaft mit abnehmenden Ressourcen unsere Sendung wahrnehmen und sie auch in Zukunft in den Dienst der Mitmenschen stellen?

Seit den Anfängen der Gemeinschaft (die Gründung erfolgte im Jahr 1909) lebten St. Anna-Schwestern nahe bei jenen Menschen, denen sie Hilfe und Unterstützung boten. Dies waren arme oder kinderreiche Familien, die infolge Niederkunft der Mutter oder infolge Krankheit in eine bedrängende Situation kamen. Unsere Schwestern waren mit ihnen, bis das «Gröbste» überstanden war, teilten den Alltag und das tägliche Brot mit ihnen und halfen in Haus und Hof. Mit viel Freude tauschten wir St. AnnaSchwestern uns im Vorfeld des Kapitels über die persönlichen Erfahrungen dieser «gelebten Nähe zu Menschen» in der eigenen Berufung als Krankenschwester, Hebamme, Operationsschwester, Lehrerin für Krankenpflege aus und kamen überein, dass dies eine besondere spirituelle Ausrichtung ist, die wir auch in Zukunft – wenn auch unter anderen Umständen – leben möchten.

Der neue Generalrat: Sr. Maria Eberli, Sr. Rosa Scherer, Sr. Heidi Kälin, Sr. Bernadette Burkart, Sr. Maya Thomi.

«Mut hat sich in unserer Geschichte immer gelohnt – es ist Grosses und Segensreiches entstanden. Mut brauchen wir auch heute. – Mut, Ja zu sagen, dass wir auch heute noch eine Sendung haben und diese zum Wohle von Menschen, deren Not so anders aussieht als früher, leben wollen. – Mut, Ja zu sagen zu dem Lauf der Dinge, zu den Realitäten, den abnehmenden Kräften. – Mut, Ja zu sagen zu dem, was wir brauchen, um als Gemeinschaft unsere Identität und unsere Spiritualität leben zu können. – Mut, Ja zu sagen zu Partnerschaften und gemeinsamen Zielen mit Laien, die uns gut gesinnt sind und mit uns die Zukunft gestalten wollen. – Mut, dem Geist von St. Anna Zukunft zu geben – ein Zeichen zu setzen, ein Erbe zu hinterlassen, das von Barmherzigkeit, Güte und Schwesterlichkeit zeugt.» Auszug aus der Eröffnungsansprache

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betreut. Mit der Kindertagesstätte KiTa St. Anna unterstützen wir aktiv Familien, damit sie optimal Berufs- und Familienarbeit vereinbaren können. Kinder aus allen sozialen Schichten, Kulturen, Religionen sind bei uns willkommen. Auch Kleinkinder mit besonderen Bedürfnissen werden bei uns aufgenommen. Diese spezielle Aufgabe ist bei uns gut angelaufen.

St. Anna-Stiftung und St. Anna-Gemeinschaft

Das etwas andere Familienunternehmen Was ist eigentlich die St. Anna-Stiftung innerhalb der St. Anna-Schwesterngemeinschaft? Ist es dasselbe? Wie funktioniert sie und was ist der genaue Auftrag?

Die St. Anna-Stiftung ist die gemeinnützige Organisation der St. Anna-Schwesterngemeinschaft. Zu den Hauptaufgaben der Stiftung gehören die Unterstützung gemeinnütziger und wohltätiger Zwecke im Allgemeinen und die Übernahme gemeinnütziger Aufgaben im Rahmen der Zielsetzungen der Gemeinschaft der St. Anna-Schwestern. Dazu zählt vor allem, die Not der Zeit zu erkennen und zu lindern mit einem speziellen Fokus auf Hilfestellung gegenüber Frauen, Kindern und Kranken in der Schweiz und im Ausland. Im Weiteren sichert die St. Anna-Stiftung die finanziellen Bedürfnisse der 75 St. AnnaSchwestern und führt in ihrem Sinne die Werke der Schwestern weiter. Vier Schwestern und vier Männer aus dem öffentlichen Leben bilden unter der Leitung von Louis Renner den heutigen achtköpfigen Stiftungsrat. Dabei haben die St. Anna-Schwestern die Stimmenmehrheit. Unsere Werke bestehen aus dem Pflegeheim St. Raphael, der Kindertagesstätte St. Anna und dem Haus Hagar, einem Haus für Frauen in Notsituationen. Als Geschäftsleiterin der Stiftung mit 79,5 Stellenprozenten bin ich verantwortlich für 110 Mitarbeitende. Es ist für uns eine Bereicherung, dass St. Anna-Schwestern in den Werken freiwillig mithelfen. Das Pflegeheim St. Raphael Das Haus ist ein Zuhause für rund 46 Gäste und liegt an wunderschöner Lage mit Blick auf den Vierwaldstättersee in Luzern. Menschliche Wärme, Herzlichkeit, Zuwendung, gute

Pflege und Betreuung sind uns wichtig. Hier leben sowohl St. Anna-Schwestern als auch externe Gäste aus der Umgebung. Einige sind hier als Überbrückung für ein paar Wochen und suchen einen geeigneten Pflegeplatz in ihrer Gemeinde. Andere kehren nach einer Zeit der Erholung wieder in ihre eigene Wohnung zurück. Für andere wiederum ist das Pflegeheim ein lieb gewordenes Zuhause. Hier leben auch Menschen in einer palliativen Situation. Ihnen wollen wir in einer schwierigen und oftmals letzten Lebensphase eine möglichst hohe Lebensqualität, optimale Pflege, ganzheitliche Betreuung und Zuwendung gewähren. Sie sollen bei uns in Würde leben können bis zuletzt. Dies geben uns die leitenden Werte der St. Anna-Schwestern vor. Dabei ist die Spiritualität ein wichtiger Aspekt. Die Kindertagesstätte Ganz lebhaft geht es in unserem zweiten Werk zu und her. Die Kindertagesstätte KiTa St. Anna bietet in grosszügigen Räumen an schönster Lage Betreuungsplätze an für Kinder ab drei Monaten bis zum Eintritt in den Kindergarten. Was in den sechziger Jahren als spontaner Hütedienst in der Klinik St. Anna begann, hat sich 1969 unter der Gemeinschaft der St. Anna-Schwestern zu einer professionell geführten Kindertagesstätte entwickelt. Sie ist vom Schweizerischen Krippenverband anerkannt und entspricht einem grossen Bedürfnis. Die Kinder werden in drei altersgemischten Gruppen mit je 12 Plätzen

Bereichsleitungs­ konferenz: Silvia Leupp, Markus Koch, Bernadette Schaller, Patrizia Galizia, Eva Birrer, Sr. Rosa Scherer, Monika Schnellmann, Susanne Haas.

Das Haus Hagar Im Leben von Frauen können Situationen auftreten, die sie nicht mehr selber bewältigen können und in denen sie ganz besonders auf Unterstützung und Begleitung angewiesen sind. Unser Haus Hagar, die «Herberge für Frauen und Kinder», ist ein Zufluchtsort in Notsituationen. Die Frauen und Kinder finden hier Zuflucht, Schutz, Sicherheit. Ein kompe-

tentes Team, zusammengesetzt aus externen Mitarbeiterinnen und St. Anna-Schwestern, begleitet die Frauen auf ihrem Weg. In dieser Oase der Ruhe finden die Frauen wieder zurück in ein möglichst selbständiges Leben. Unterstützt werden alle drei Werke von einem Team aus der Infrastruktur wie Hauswirtschaft und Hauswartung sowie einem Team der Administration inklusive Personal und Empfang. Der besondere Familienbetrieb Als Gesamtbetrieb St. Anna-Stiftung haben wir eine ganz besondere Konstellation. Die St. Anna-Schwestern haben die Werke gegründet. Wir sind wie ein Familienbetrieb. Die Gründerinnen geben die leitenden Werte vor. Wir arbeiten zum Teil in den Häusern, in denen St. Anna-Schwestern leben. Es braucht gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung füreinander. Ich empfinde dies als eine befruchtende Herausforderung. Wir arbeiten mit Kreativität, Innovation und Verantwortungsbewusstsein und sind gemeinsam auf einem sehr guten Weg. Solidarität, Kompetenz, Menschlichkeit und Verständnis füreinander werden uns auch weiterhin Richtstern sein.

Es lohnt sich, auch in Zukunft mit diesen Werthaltungen in der St. Anna-Stiftung zu arbeiten. Bernadette Schaller­Kurmann, Geschäftsleiterin St. Anna­Stiftung

Stiftungsrat: Sr. Rosa Scherer, Sr. Maria Eberli, Walter Graf, Sr. Bernadette Burkart, Hans Bucher, Sr. Heidi Kälin, Andreas Korner, Louis Renner.

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Missions-Ressort

«Arme werdet ihr immer unter euch haben» «Geht hinaus zu allen Völkern der Welt und tauft sie und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch gelehrt habe.» (vgl. Mt 28,19–20)

Dieses Abschiedswort Jesu bewog Regens Wilhelm Meyer, unseren Gründer, dessen hundertsten Todestag wir in diesem Jahre feiern, Schwestern für diesen Auftrag und den Dienst an Müttern, Kindern und Kranken nach Indien zu entsenden. Wilhelm Meyer versprach sich und dem jungen Werk daraus den Segen Gottes. Diesen Segen Gottes durften die St. Anna-Schwestern und unzählbare Menschen weltweit bis zum heutigen Tag erfahren. Die «tätige Verkündigung» hatte bei Wilhelm Meyer Vorrang, ihn drängte das Wort Jesu: «Was ihr einem meiner Brüder oder einer meiner Schwestern getan habt – das habt ihr mir getan.» Taufe: Tor zum Himmel Unsere Pionierinnen verstanden es deshalb als das grösste Werk der Barmherzigkeit, möglichst vielen Kindern die Taufe zu spenden. Wir Schwestern in der Schweiz sehen unsere Sendung und unseren Auftrag vor allem in der tätigen Nächstenliebe, «nahe den Menschen». Pionierin der «Inland-Missionstätigkeit» Sr. Martha Röllin baute einen treuen Freundeskreis auf, der uns bis heute miteinander verbindet und der weiter gepflegt wird. Beginn und Weiterentwicklung zeigen, wie mit Überzeugungskraft und Begeisterung für eine gute Sache aus einem einzigen Samenkorn ein grosser Baum wachsen konnte.

«Arme werdet ihr immer unter euch haben», dieses Wort macht betroffen, es drängen sich Fragen auf: Muss das sein? Ist unsere Hilfe gerechtfertigt und notwendig? Oder doch nur ein Tropfen auf einen heissen Stein? Wir sind der Meinung, auf dem richtigen Weg zu sein mit der gezielten finanziellen Unterstützung unserer Projekte. Entwicklung in den letzten sechs Jahren Der primären Sorge für Mütter und Neugeborene folgten bald die Krankenpflege sowie die Bildung, Weiterbildung. In Indien drängte sich eine umfassende Lehrtätigkeit auf – die wir heute als essenziell erachten, um der Jugend Hoffnung zu geben und die Armen zu «ermächtigen». Die uns zugestellten Projekte dienen im weitesten Sinn alle der Bildung und der Eigenständigkeit. Vom Kindergarten über die Einschulung und bis zum Lehrabschluss sind St. Anna-Schwestern an der Seite der Kinder und Jugendlichen – viele schaffen es nur mit Hilfe von Coaching und finanzieller Hilfestellung. Zahlenmässig und wirkungsvoll entwickeln sich die Frauenförderungsprogramme. Sie umfassen alle Lebensbereiche – zunehmend die finanziellen Aspekte, die bis anhin Männerdomäne waren. Vermehrt Hilfestellung für Ostafrika Während in Indien die Aussichten auf finanzielle Selbständigkeit der grösseren Institutionen wachsen, bedarf unsere Mission in Ost-

afrika noch vermehrt der Unterstützung. Seit dem Beginn im Jahr 1990 entstanden elf Niederlassungen mit Schulen, Gesundheitszentren, Tagesheimen für Aids-Waisen und verwahrloste Kinder. Zur Entwicklung und zum Aufbau der Ostafrika-Mission werden künftig grössere Beträge für Bauten/Infrastruktur benötigt.

Zusammenarbeit mit andern Institutionen Die Kooperation mit anderen Institutionen hat zur Zufriedenheit aller erfreulicherweise zugenommen. Die zurzeit bestehenden Unternehmungen in Indien und Ostafrika, ob eigene oder die anderer Organisationen, stehen unter der Leitung von St. Anna-Schwestern. Diese führen die über hundert kleinen

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Kleine und grössere Hilfsprojekte – Unterstützung für Bildung/ Ausbildung – Führung eigener Schulen – Schulgeld, Uniform, Schulmaterial, Bücher, Strassenkinderprogramme – Berufsschulstipendien zur Ausbildung von: – Assistentin für Krankenpflege (2 Jahre) – Krankenpflege/Hebamme (31⁄2 und 4 Jahre) – Anschaffung von Unterrichtsmaterial für Pflegeschulen, Lehrbücher, Fachzeitschriften – Haushaltschulen/Grihini (10 Monate) – Näh-/Handarbeitsschulen in den Dörfern – Ausbildungen: Katecheten, Lehrerin, Sekretärin, Computerfachmann/-frau – Beiträge für Saläre an Lehrpersonal Projekte und Unterstützung im Gesundheitswesen – Infrastruktur in eigenen Spitälern, Bau/Ausbau/Unterhalt – Anschaffungen von medizinischen Apparaten und Instrumenten

– Laboreinrichtungen, Mikroskope, Analysegeräte – Mobilklinik in Dörfern – Freie Spitalpflege oder Kostenreduktion – Medikamente für TB-, aids- und leprakranke Menschen – Zusatznahrung für Kranke, bes. von TB und Aids betroffene Menschen – Grundnahrung für Kleinkinder – Beiträge für Saläre an Ärzte/ Hebammen Verschiedene andere Projekte – Fahrzeuge für Dorfbesuche und Krankentransporte – Velos, Autorikschas, Kleintransporter – Schuldentilgung – Startkapital für ein bescheidenes «Teehaus» oder kleine Shops – Nähmaschinen, Räumlichkeiten und Material zur Anfertigung von Körben, Taschen, Kerzen – Naturheilmittel: Anlegen von Kräutergärten zur Herstellung von Tee, Salben usw.

und grossen Betriebe, gemeinsam mit einer grossen Anzahl Mitarbeitenden, von angelernten HilfsarbeiterInnen bis zu gut ausgebildeten Fachkräften. Diese stammen aus allen sozialen Schichten, Kasten und Religionen. Aus Mangel an qualifizierten Schwestern müssen entsprechende Fachpersonen angestellt werden, was einen massiven Anstieg der Kosten nach sich zieht. Bedarf und Angebot ungleich Die Anzahl der Institutionen und Projekte hat kontinuierlich zugenommen. Im Vergleich zum Anstieg der neuen Niederlassungen/Apostolate ist der Nachwuchs der St. Anna-Schwestern abnehmend, Bedarf und Angebot driften zunehmend auseinander. Publikumsarbeit/Werbung Diesem Zweck dient vor allem der Jahresbericht. Dieser ist unser einziges, jährlich erscheinendes Werbemittel und informiert

über die Tätigkeit der Schwestern «an der Front». Die positiven Rückmeldungen bestätigen, dass das Interesse der Adressaten getroffen wurde. Leider stellen wir hier jedoch einen kontinuierlichen Rückgang unserer Leserschaft fest. Missionsverkauf in der Hirslanden Klinik St. Anna Eine bescheidene, aber nicht zu unterschätzende Werbung ist der regelmässige Missionsverkauf in der Klinik. Die Präsenz unserer Schwestern im Verkauf ermöglicht erfreuliche Kontakte. Ja zu vielen Projekten Von den in den letzten fünf Jahren eingegangenen allgemeinen und zweckbestimmten Spenden von über 4 Millionen Franken ist bis heute der grösste Teil überwiesen worden. Buchhalterische Arbeiten und Bankgeschäfte werden von der St. Anna-Stiftung erledigt

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und tragen so dazu bei, dass die Spenden vollumfänglich in die Einsatzgebiete gelangen. Die Schwesterngemeinschaft leistet seit Jahrzehnten finanzielle Unterstützung für notleidende Menschen im In- und Ausland. In erster Linie unterstützen wir mit Hilfe unserer Wohltäter und Wohltäterinnen nach den festgelegten Kriterien Projekte unserer Mitschwestern in Indien und Ostafrika.

Eine grosse Befriedigung ist, dass die meisten Projektanträge genehmigt werden können. Die Gesuche werden, bevor sie uns zugestellt werden, von der indischen Generaloberin oder der Regionaloberin in Tansania geprüft und empfohlen. Damit liegt der grösste Teil der Verantwortung für die Verwendung der Mittel dort, wo unsere Schwestern die Lebensumstände, die Not der Hilfebedürftigen kennen und mit dem Elend täglich konfrontiert sind.

Dank Grosse Dankbarkeit empfinden wir gegenüber unsern treuen Freundinnen und Freunden der Mission. Der Spendenfluss zeigt, trotz zahlenmässiger Abnahme des Gönnerkreises, eine erfreuliche Kontinuität. Unser Ziel ist, die eingehenden Spenden innert nützlicher Frist in die Einsatzgebiete weiterzuleiten. Wir verstehen uns dabei wie unser Brunnen beim Gemeinschaftszentrum: «… ich bin

ja Brunnen nur, nicht Quelle – mir fliesst es zu, ich geb’ es weiter.» Mögen alle Menschen, die sich in irgendeiner Weise für die Mission der St. AnnaSchwestern engagieren und interessieren, jenen Segen empfangen, auf den unser Gründer hoffte und um den wir weiterhin beten. Sr. Heidy Loser

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Neue Leitung der Gemeinschaft in Indien

Wir stellen vor … Die neue Generaloberin heisst Sr. Elizabeth Antony Chirayath. Sie ist 1959 in Kerala geboren und ist im Jahr 1980 in die Gemeinschaft der St. Anna-Schwestern in Indien eingetreten und hat 1986 ihre ewigen Gelübde abgelegt. Von 1980–1984 hat sie ihre Krankenschwesterausbildung absolviert und war anschliessend vier Jahre als Lehrerin für Krankenpflege an unserer Krankenpflegeschule im Sacred Heart Hospital Tuticorin tätig. Weitere drei Jahre war sie dann Leiterin dieser Schule. 1993 schloss Sr. Elizabeth Antony die Masterausbildung für Krankenpflege an der Universität Delhi ab.

«… ich bin ja Brunnen nur, nicht Quelle – mir fliesst es zu, ich geb’ es weiter.»

Der neue Generalrat: Sr. Brita, Sr. Romana, Sr. Elizabeth Antony, Sr. Anne­Mary, Sr. Lissy­Jose, Sr. Alicia (Sekretärin).

Danach übernahm sie während neun Jahren die Verwaltung unseres grössten Spitals in Vijayawada, bis sie im Jahr 2002 Provinzoberin der Central Province wurde. In diesen Jahren hat sich die Provinz sehr entwickelt und hat besonders in den Bereichen Sozialarbeit und Pastoral neue und effiziente Projekte realisiert. Sr. Elizabeth Antony war es ein grosses Anliegen, unserer letzten Schweizer Missionarin die letzten Lebensjahre zu erleichtern, und sie hat sie liebevoll begleitet. Nach zwei Amtsperioden wurde Sr. Elizabeth Antony von ihrer Assistentin Sr. Daisy im Amt abgelöst und kam für kurze Zeit als Koordinatorin und Lehrerin an die Krankenpflegeschule in Vijayawada zurück, bis sie im September 2012 als Generaloberin gewählt wurde. HK

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Altersheime in Indien

Wertewandel in der Gesellschaft Steigende Lebenserwartungen In Indien waren Altwerden und -sein nie besondere Themen; Altersheime und der Umgang mit betagten Menschen erachtete man nur als Problem westlicher Länder. Heute nicht mehr. Der Traum der Menschen auf der ganzen Welt, möglichst lange zu leben, wird immer mehr zur Realität durch die soziale und wirtschaftliche Entwicklung und die Fortschritte der Wissenschaft, vor allem der Medizin. In Indien sind ungefähr 7,5 % der Bevölkerung über 60 Jahre alt und die Lebenserwartung steigt stetig an. 1951 lag diese bei 41, heute bei 64 Jahren. Die Vernachlässigung der Eltern ist zu einem ernsthaften Problem geworden, so dass die indische Regierung im Jahre 2006 eine Verordnung betreffend den Unterhalt und das Wohlergehen der eigenen Eltern und betagter Mitbürger erlassen hat. Sie verpflichtet erwachsene Kinder, sich um die Eltern zu kümmern. Einschneidender Wertewandel in der indischen Gesellschaft Da die Rolle der Familie als soziales «Sicherheitsnetz» für die Betagten immer mehr an Bedeutung verliert, sind die Armen und Mittellosen unter ihnen zur schwächsten Schicht der indischen Gesellschaft geworden. Die soziale Struktur Indiens und ihr Wertesystem haben sich massiv gewandelt. Die Sorge um die alten Menschen war traditionell Ehrensache und Verantwortung der Familie. Alte Eltern waren ein Segen und wurden hoch verehrt. Sie waren es, die die dringend nötigen religiö-

sen/ethischen Werte und die Verhaltensweise an die jüngere Generation weitergaben. Aus verschiedenen Gründen ist die Pflicht, sich um die alten Menschen zu kümmern, zu einem ernsthaften gesellschaftlichen Problem geworden. Viele Faktoren haben zu dieser leidigen Entwicklung zwischen Alt und Jung beigetragen. Um nur einige zu nennen:

– Der Wegzug junger Paare vom Land in die Stadt zwecks besserer Arbeitsbedingungen. – Migration der Jungen ins Ausland, viele nach Übersee; ohne die Möglichkeit, die Eltern bei sich aufzunehmen. – Die steigenden Lebenskosten zwingen die Frauen zum Geldverdienen. Es fehlt die Zeit, sich um die alten Angehörigen zu kümmern. – Oft geht es alten Menschen gesundheitlich zu schlecht, um für sich selbst zu sorgen oder nach Unfällen entsprechende Hilfe anzufordern und zu erhalten (keine Spitex). – Menschen, die für lange Zeit ein Patriarchat oder Matriarchat innehatten, tun sich schwer, dass ihre Erwartungen nicht erfüllt werden und die Kinder ihre eigenen Wege gehen. – Die Jungen ihrerseits können das Verhalten der Eltern nicht verstehen und ertragen.

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Ich kam an deine Küste als ein Fremdling, ich wohnte in deinem Hause als ein Gast, ich verlasse deine Schwelle als ein Freund, meine Erde. Rabindranath Tagore, indischer Dichter und Philosoph

Die Bedeutung von Altersheimen in Indien Die stetig wachsende Zahl alter Menschen und die für sie ungünstigen familiären Umstände müssen beachtet werden. Die Sorge für sie ist eine Herausforderung und Abhilfeschaffen ist ein Bedürfnis der Zeit. Als Folge davon sind hunderte von Altersheimen entstanden.

Unsere Vision Angesichts dieser Tastsache sehen wir St. Anna-Schwestern unsere Sendung zunehmend im Dienste älterer Menschen. Wir sorgen uns ganzheitlich um ihr Wohlergehen, ihre Gesundheit und ihre Würde. Das soll beitragen, um in ihren letzten Jahren ein erfülltes und zufriedenes Leben zu führen. Sr. Daisy

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Alltag in Kozhencherry

Zeit haben und Zeit schenken Unsere Südprovinz führt zwei Altersheime, eines in Kozhencherry/Kerala und eines in Belgaum/Karnataka. Sie erfüllen beide eine wichtige Funktion. Aus den bereits erwähnten Gründen sind die alten Leute gezwungen, in einem Altersheim Aufnahme zu suchen. Viele wollen ihren Kindern nicht zur Last fallen und leben so in einem Heim.

Altersheim St. Anna Nivas, Belgaum In der Nähe der Stadt Belgaum befindet sich dieses Heim in herrlicher, klimatisch angenehmer und wohltuender Umgebung. Es bietet älteren Menschen ein Daheim in einer friedvollen und heimeligen Atmosphäre, fernab von der Hektik und dem Betrieb in der Stadt. Ann’s Bhavan, Kozhencherry Dieses Heim, eröffnet im Juni 2010 mit 24 Seniorinnen und Senioren, dient ebenfalls der Sorge um unsere älteren Menschen. Es gibt bei uns keine Einschränkungen bezüglich Religionszugehörigkeit, alle sollen ungehindert ihren Glauben leben.

Was dürfen die HeimbewohnerInnen erwarten? – Einzel- wie auch Doppelzimmer mit Waschraum und Toilette – vollständig möblierte Räume mit Warmwasser aus Solarenergie – ein gut eingerichtetes Speisezimmer – Fernsehen, Telefon, Computer mit Internetzugang – Krankenzimmer – Gebetsraum mit Gelegenheit für Yoga und Meditation – eine schöne Kapelle mit täglichem Gottesdienst

Unsere Betreuungsangebote Unsere Bewohnerinnen und Bewohner geniessen den lockeren Tagesablauf, treffen sich in den verschiedenen Aufenthaltsräumen und pflegen einen herzlichen Umgang untereinander. Für Vegetarier und Nichtvegetarier wird eine ausgewogene, gesunde Kost angeboten. Unter dem Motto «Erholung und Bewegung» lesen die meisten unserer BewohnerInnen täglich die Zeitung, verschiedene Magazine und Bücher. Als Ausgleich wird ihnen täglich im Haus oder draussen ein «Gymnastikprogramm» angeboten, auch Physiotherapie steht zur Verfügung, um die Beweglichkeit zu erhalten. Ein kleiner Schwatz oder ernsthafte Gespräche mit einer Schwester sind geschätzt und Zeithaben und -schenken sind jeder Frau und jedem Mann wichtig. Alle sechs Monate laden wir unsere BewohnerInnen zu einer Evaluation ein, gute Tipps und Vorschläge zur Verbesserung ihrerseits werden geprüft und einbezogen. Dem gesamten Wohlbefinden wird grosse Aufmerksamkeit geschenkt und die nötigen Check-ups, wie Blutdruckkontrollen oder Blutanalysen, werden gemacht und aufgezeichnet. Arzttermine ausserhalb des Heims werden von den Schwestern organisiert.

Versöhnter, friedvoller und dankerfüllter Lebensabend In einer Welt, in der materielle Werte die spirituellen und religiösen zu verdrängen drohen und die Würde jedes Menschen herabsetzen, versuchen wir, dieser Tatsache entgegenzuwirken und ganzheitlich für die uns anvertrauten Menschen zu sorgen. Wir möchten in den Herzen der Betagten eine versöhnte Weltanschauung fördern, damit sie ihren Lebensabend in tiefer Dankbarkeit und reicher Erfüllung geniessen können.

«Aus Liebe zu Jesus sei ein guter Samariter», war Ziel und Zweck im Leben von Regens Wilhelm Meyer. Für uns St. Anna-Schwestern gilt dies genauso. So wollen wir weiterhin «Engel der Barmherzigkeit» sein, und dies am Bett der akut Kranken und Leidenden, aber dem Bedürfnis der Zeit entsprechend uns vermehrt den alten und gebrechlichen Menschen zuwenden. Sr. Alice Paul

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Shanthi Nivas

Umsorgt und nicht mehr verlassen Eine der vielen Gruppen unserer indischen Gesellschaft, die am meisten leidet, sind die alten und vereinsamten Menschen. Ungewollt werden sie zur Bürde für ihre Kinder. Oft werden sie alleingelassen, müssen – trotz Krankheit und Immobilität – für sich selber sorgen.

«Das Bedürfnis der Zeit zeigt den Willen Gottes», sagte unser Gründer Regens Wilhelm Meyer. Diesem grossen Bedürfnis entsprechend, eröffneten wir im Jahr 2003 unser Altersheim «Shanti Nivas» in Madugula/Andhra Pradesh, und zwar speziell für die alten, völlig mittellosen Menschen, für die niemand sorgt. Unser Heim bietet Hoffnung, Zuflucht und Schutz für viele, die alt und von ihren Familien im Stich gelassen wurden. Die Menschen in unserem Heim Unsere BewohnerInnen sind betagte, arme Menschen verschiedener Religionen, die von ihren Kindern verlassen wurden. Sie leiden an Depressionen, Blindheit, Taubheit, Herzschwächen, Asthma, Arthritis, Lähmungen und sonstigen körperlichen Behinderungen. Viele sind in jeder Hinsicht auf Hilfe angewiesen, einige wenige können sich selbst versorgen und unterstützen diejenigen, denen es am schlechtesten geht. Tagesablauf Nach der Morgenandacht und dem Frühstück helfen alle im Haushalt mit, sofern sie dies noch können. In der Küche schälen und schneiden einige Gemüse, einige bringen ihre Zimmer in Ordnung und stellen aus Kokosnussfasern Besen her oder pflücken Blumen, um sie zu verkaufen. Gerne sitzen sie am Fernseher, plaudern miteinander über ihre Lebenserfahrungen, erzählen Witze oder Anekdoten und lachen dann auch herzlich dazu! Manchmal aber tauchen schmerzliche Erinnerungen aus ihrem früheren Leben auf. Dann klagen unsere lieben betagten Menschen und weinen; was zur Versöhnung, zur Heilung von Verwundungen und zu innerem Frieden beiträgt.

Gesundheit Das Alter bringt zahlreiche gesundheitliche Probleme mit sich. Kleinere «Übel» werden regelmässig von uns Schwestern behandelt. Falls Spitalpflege nötig ist, werden die Kranken in unserem St. Ann’s Hospital in Madugula medizinisch betreut oder in andere Spitäler in der Nähe eingewiesen. In den letzten sechs Jahren haben wir auch 15 alte, kranke Menschen liebevoll auf ihrem letzten Weg zu einem würdevollen Tod begleitet. Unterstützung durch die Dorfgemeinschaft Wir sind sehr glücklich, dass die Bevölkerung in und um Madugula unsere guten Dienste für die Menschen mit wenig Glück im Leben wahrnehmen und schätzen. Sie unterstützen uns auf verschiedene Art und Weise, mit Kleidern, Lebensmitteln und auch Geld. Eine andere Quelle sind die Schulen in unserer Provinz. Bei besonderen Anlässen sammeln die Kinder allerlei Gaben für die betagten Menschen in Shanti Nivas. Nach Möglichkeit tragen auch Angehörige mit einigen hundert Rupien zum Lebensunterhalt bei. Dank Jeden Tag erfahren wir Schwestern selber Gottes grosse Liebe. Wir sind, dem Auftrag Jesu und unseres Gründers folgend, eingeladen, diese Liebe anderen Menschen weiterzuschenken. Die Sorge für unsere betagten, verlassenen und kranken alten Menschen erfüllt uns Schwestern hier mit grosser Befriedigung. Froh und dankbar grüssen wir aus Shanti Nivas jene guten Menschen, die an unserem Leben irgendwie Anteil nehmen.

Sr. Rose Jose

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Bei den St. Anna-Seniorinnen

Du hast mein Leben reich gesegnet «Des Lebens Summe sind siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, dann sind es achtzig», lesen wir im Psalm. Die erwähnte Anzahl Lebensjahre stimmt heute auch in Indien nicht mehr.

Vor 86 Jahren brachen die ersten St. AnnaSchwestern nach Indien auf. Es war eine Schar junger, begeisterter Missionarinnen. Im Laufe der Zeit ist aus der jungen St. AnnaFamilie eine altersmässig gemischte geworden – wir zählen heute eine gute Anzahl älterer oder gar hochbetagter Mitschwestern. Auch wir sind seit geraumer Zeit mit der Frage der Fürsorge für die alternden Mitglieder konfrontiert. Wie in den Familien leben betagte St. Anna-Schwestern in den verschiedenen kleineren und grösseren Gemeinschaften. Von grosser Verantwortung frei, helfen sie so lang als irgendwie möglich da und dort mit und nützen die ihnen geschenkte Zeit zum Beten. Höhere Ansprüche an die beruflich aktiven Schwestern besonders im Bildungsbereich und zusätzliche Einsätze in der Sozialarbeit wie auch in pastoralen Aufgaben drängten, nach einer guten Lösung für die zunehmende Zahl der Betagten auf den Stationen zu suchen. Die Erwartungen an eine altersgerechte Unterkunft und entsprechende medizinische wie liebevolle Betreuung und Pflege sind ebenfalls gestiegen. Je nach Möglichkeit, vorab dort, wo ein eigenes Spital in der Nähe ist, leben unsere lieben und hochgeschätzten alten Schwestern weiter gemeinsam in den verschiedenen Niederlassungen. Sie geniessen es sichtlich, von den Jungen zu hören und noch weit mehr aus ihrem eigenen reichen Leben von früher zu erzählen und diesen Schatz weiterzugeben.

Je nach Provinz sind bereits über 40 % der Schwestern 60 resp. 65 Jahre alt. Bereits im Jahre 1999 wurde das erste Altersheim «St. Ann’s Home Gunadala» in der Zentralprovinz eröffnet. Dort finden unsere im Abend des Lebens stehenden Schwestern fürsorgliche Betreuung und ein ihren Kräften angepasstes Tagesprogramm und ein Daheim. Das Haus dient auch als Erholungsheim nach Operationen, für Kranke oder Verunfallte. Gerne nennen die Schwestern das Haus auch «Gnadenort» – denn immerwährend steigen von dort Gebete zum Himmel hoch. Gunadala, ein sehr bekannter Marienwallfahrtsort in nächster Nähe, hat dem Haus den Namen gegeben. In den zwei andern Provinzen haben sich befriedigende Lösungen gefunden. «St. Ann’s Home» in Bimli, das «erste Mutterhaus in Indien», bietet zurzeit Wohnraum genug für die Schwestern, und das in angenehmer Umgebung nahe dem Meer und unserem Hospital in Malkapuram. In Tuticorin, einem Akutspital in der Südprovinz, wurde ein Flügel des Schwesternwohnheimes für die betagten und pflegebedürftigen Schwestern eingerichtet. Ohne Zweifel genügen diese Übergangslösungen nur bedingt. Mit der zunehmenden Zahl der alternden St. Anna-Schwestern muss der Bau weiterer Alters- und Pflegeheime in Erwägung gezogen werden. «Nun lässt du, o Herr, deine Dienerin in Frieden scheiden», denn du hast mein Leben als St. Anna-Schwester reich gesegnet. Dank sei dir. Sr. Daisy

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P ro j e k t « B r u n n e n - G r a b u n g i m D o r f Ye r u k o n d a »

Wir denken in Dankbarkeit an euch Unsere Schwestern in Rajam/Yerukonda grüssen ihre lieben Missions-Freundinnen und -Freunde in der Schweiz und schreiben: «Freuet euch mit uns – wir haben täglich gutes, gesundes Wasser! Mit den Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohnern rund um Yerukonda danken wir euch von ganzem Herzen für die erhaltene finanzielle Hilfe, die es möglich machte, dass wir und unsere Kinder jetzt Zugang zu drei Brunnen haben, die uns ‹Leben spendendes Wasser› geben. Unsere Dorfältesten haben uns bei der Fertigstellung tatkräftig geholfen. Über fünfhundert Familien profitieren vom sauberen Wasser. Bitte empfangt unsern herzlichen Dank – wir müssen nicht mehr so lange Wege laufen und schwere Lasten tragen, wir freuen uns, dass wir bei den Brunnen auch Zeit finden, um miteinander zu plaudern, unsere Sorgen und Freuden miteinander zu teilen.

Wasser ist Leben, Wasser gibt Hoffnung und Zuversicht. Liebe Spenderinnen und Spender in der Schweiz, unsere Brunnen sind ein überaus grosses Geschenk. Möge Gott, der allen Menschen freigiebig Wasser zum Leben bereithält, euch reichlich segnen. Beim Pumpen und Schöpfen denken wir in grosser Dankbarkeit an euch alle.» Sr. Adelphine

Natürliche Ressourcen nutzen – deshalb unterstützen wir:

Wasser­Projekte – Bohrungen und Brunnenbau – Pumpen und Zuleitungen – Anschaffung von Wassertanks zur Regenwassersammlung Geschenkte Sonnenwärme, Solarenergie­Projekte – Anschaffung der technischen Anlagen, Panels, Batterien – Installation zur Einspeicherung ins Stromnetz – Anlagen zur Warmwasseraufbereitung Windmühlen als zusätzliche Energiequellen – An «windigen» Orten funktionieren solche im kleinen Rahmen Wir setzen grosse Hoffnung auf die Kräfte der Natur durch weitere Nutzung der Gratis-Geschenke des Himmels – dankbar Sorge tragend zur Natur, zur Umwelt und zur ganzen Schöpfung.

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Alt werden in Afrika In unseren Todesanzeigen lesen wir oft: «ihr Lebenskreis hat sich geschlossen». Gemeint ist, ein Leben von der Geburt bis zum Tod ist natürlich vollendet, der Kreis einer Generation abgeschlossen.

Eine Generation fehlt Dieser natürliche Lebenskreis der Generationen ist in vielen Ländern südlich der Sahara zunehmend massiv gefährdet. Von HIV, der lebensbedrohlichen Immunschwächekrankheit, betroffen sind laut UNAIDS geschätzte 25 Millionen Menschen. Ein Grossteil der Brot verdienenden Generation fehlt oder verursacht zusätzliche Kosten. Die Folgen sind enorme ökonomisch-soziale Probleme in den Familien und der Gesellschaft. Weltweit bekannt sind die Schicksale der Aids-Waisen und -Halbwaisen südlich der Sahara. Wenn auch unzureichend, es werden grosse Anstrengungen zur Verbesserung der Lage gemacht. Staat, Gesellschaft, Hilfswerke und die Familien sind herausgefordert, sich einer neuen Realität zu stellen, und dem Hilferuf der Alten zu antworten. Die Verarmung der betroffenen Grosseltern, der Tanten und Onkel und der «überlebenden» Clanmitglieder steigt mit jedem Tag. Das kleine Hilfsprogramm Unsere Schwestern in und um Tabora, die regelmässig in den Familien Hausbesuche machen, sind bereits 2008 aktiv geworden. Sie haben ein bescheidenes Hilfsprogramm für zehn alte, kranke und verlassene Menschen auf die Beine gestellt. Jedes Jahr ist ihre Zahl gestiegen, auf dreissig, vierzig, und heute sind es über fünfzig Betroffene und ebenso viele warten auf eine helfende Hand.

Im Bericht schreiben unsere Schwestern: «Viele von ihnen haben ihre Söhne und Töchter durch die tödliche Krankheit verloren, zurück bleiben kleine Grosskinder oder solche im Schulalter – einige bereits HIV-positiv. Es gibt fast keine Renten, weder AHV noch andere Einkünfte, Medikamente und Nahrungsmittel sind teuer – sie können sich beides nicht leisten und sind auf die Hilfe von Verwandten, Nachbarn oder einer Hilfsorganisation angewiesen. Die kleinen christlichen Basisgemeinden sind hier eine gute Unterstützung – aber wenn viele von ihnen mit der gleichen Problematik, mit Krankheit und Armut zu kämpfen haben? … und der persönliche Kontakt Wir organisieren regelmässig Zusammenkünfte und geben Nahrungsmittel an Mittellose ab, Mais, Öl, Bohnen und Zucker. Dazu besorgen wir nach Bedarf Seife, Wäsche, Kangas, die traditionellen Umhänge, oder Zusatznahrung. Wichtig ist der persönliche Kontakt, oft geht ein scheues Leuchten über ein trauriges Gesicht, wenn sich eine Mamma oder ein Baba mühsam ‹bepackt› verabschiedet; unterstützt von Mitgliedern der Basisgemeinden. Die Behausungen sehen erbärmlich aus, es fehlt am Allernotwendigsten. Die Kranken sind die Bedürftigsten, sie haben kein Geld für Medikamente oder einen Arzt – manche suchen unser Gesundheitszentrum auf oder werden von guten Menschen hergebracht. Im

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P ro j e k t « S p i t a l Ta b o r a »

Ein Gesundheitszentrum platzt aus allen Nähten Am Anfang war nichts ausser ein enormes Gottvertrauen und die grosse Bereitschaft zum Dienst am kranken Menschen. An einem frühen Morgen im Jahre 1991 öffneten die ersten zwei St. Anna-Schwestern eine knarrige Türe und betraten eine äusserst

Notfall nehmen wir die Kranken in das Spital auf, betreuen sie medizinisch und versorgen die Unterernährten mit Nahrungsmitteln. Einen letzten Zufluchtsort finden die Allerärmsten bei den Mutter-Teresa-Schwestern. Es erfüllt uns mit Genugtuung und Freude, wenn wir diesen vom harten Leben gezeichneten Menschen helfen können. Mit

grosser Dankbarkeit denken wir an unsere lieben Freundinnen und Freunde in der Schweiz – denn nur mit ihrer finanziellen Hilfe ist es uns möglich, dieses dringend nötige Hilfsprogramm auch im Jahr 2013 weiterzuführen.» Sr. Litty

armselig eingerichtete Dispensary in Ipuli, einem Vorort von Tabora. Für die in Indien ausgebildeten, erfahrenen Krankenschwestern/Hebammen begann ihre Missionsarbeit in Tansania, Ostafrika. Die Gemeinschaftsleitung hat der Bitte des damaligen Ortsbi-

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schofs, Mario Mgulunde, entsprochen, um im ersten afrikanischen Land mit reichen Traditionen und einem total anderen kulturellen Umfeld im Sinne unseres Gründers als Missionarinnen zu leben und zu wirken. Mit einfach nichts als ihrer Bereitschaft, um der Liebe Gottes willen den Menschen zu dienen, startete Sr. Vincent, eine der beiden tapferen Frauen, denn ihre Überseekoffer mit dem persönlich Notwendigsten, das sie aus Indien mitbrachte, kamen nie in Dar-es-Salaam an. Und wo etwas kaufen? Woher das Geld nehmen? Ist das ein Anfang? Ein gutes Omen? Doch die zwei St. Anna-Schwestern glaubten und haben erfahren: «deus providebit» – Gott sorgt, durch gute Menschen, durch Schwestern und Brüder im fremden Land, die ihnen weiterhalfen und Hoffnung und Zuversicht vermittelten. Diese Erfahrung hat unsere OstafrikaMission geprägt und bis heute begleitet Einheimische Kräfte, zusammen mit Wohltäterinnen und zahlreichen Gönnern aus der Schweiz, ermöglichten die kontinuierliche Entwicklung, Ende der 90er-Jahre den Bau einer neuen Dispensary, eines Mutter-Kind-Zentrums mit Gebärzimmer, eines kleinen Spitals mit 35 Betten, Labor, Apotheke, Operationssaal und Ultraschall. Mit jährlichen Spenden, Suppentags-Aktionen und mit der Unterstützung des Mutterhauses konnten die Infrastruktur verbessert und verschiedene medizinische Apparate angeschafft werden. Darüber haben wir regelmässig im Jahresbericht informiert. Die Kapazität in allen Bereichen ist jetzt aber total ausgeschöpft Wir hören es am Telefon und lesen die jährlichen Berichte: «Das letzte Bett ist besetzt, wir müssen Patienten an das Regionalspital verweisen, Kinder teilen sich nicht selten ein Bett – die Mütter und Angehörige, welche ihre Kleinen betreuen, sitzen ebenfalls auf dem Bett. Die unzähligen Krankengeschichten, in einfachem Dossier-Papier sortiert, handbeschriftet und versorgt, haben keinen Platz mehr auf den Regalen, es fehlt an Computern – alles wird und muss von Hand erledigt werden. So schnell

als verantwortbar entlassen wir die Mütter mit ihren Neugeborenen und die Kranken aus dem Spital. Oft steht ein stundenlanger Heimweg bevor – oder bestenfalls gibt es irgendeine Fahrgelegenheit, nicht selten per Velo.» Das Ambulatorium Es ist von Montag bis Samstag geöffnet, für Notfälle rund um die Uhr. Es ist staubig und heiss, viele Kinder und Erwachsene kommen von weit her mit Schmerzen, ohne genügend Trinken oder ohne Essen. Die Kinder sind müde, weinen leise vor sich hin oder laut und – wie schön – einige Kleine schlafen trotz allem glückselig am Rücken ihrer Mamma. Man muss es gesehen und gehört haben und die Geduld bewundern! Das ist Alltag im St. Ann’s Health Centre, Ipuli/Tabora. Täglich warten hier weit über 100, an Spitzentagen bis zu 170 Menschen auf engem Raum oder draussen – sie warten geduldig, teils apathisch und müde, bis sie drankommen und unsere Schwester Shiny oder ein anderer Medical Officer (Arzt) sie in eines der drei Konsultationszimmer ruft. Sie warten auf eine Ultraschalluntersuchung, einen Verbandwechsel oder Gipsverband, eine Blutentnahme, dann auf das Resultat. Eine lange Menschenschlange steht vor der Apotheke, andere warten am «cash counter» zur Bezahlung der Medikamente. Schwerkranke müssen stationär behandelt werden, hoffend, dass ein Spitalbett frei ist. Stationäre Situation Die stationären Patienten leiden oft an Magen-Darm-Erkrankungen, Malaria, viele haben Lungenentzündungen und leider auch Tuberkulose, nicht selten kombiniert mit Aids. Kranke mit verschiedenen Infektionskrankheiten, Verwundungen, die septisch sind, brauchten eine «Absonderung», aber es mangelt der Platz. Die Voraussetzung, die chirurgischen Patienten separat zu platzieren, fehlt öfters. Routineoperationen werden wöchentlich an zwei Tagen durchgeführt, Blinddarmoperationen, Wundversorgungen, Leistenbrüche, verschiedene gynäkologische Eingriffe. Selbstverständlich steht der Operationssaal für Notfälle stets bereit.

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Maternité Die Zahl der Geburten ist rasch gestiegen, vor allem Mütter, bei denen mit Komplikationen, evtl. einem Kaiserschnitt, gerechnet werden muss, suchen das Spital auf. HIV-positive Mütter erhalten Medikamente, die den Virus inaktiv machen und so die Übertragung auf das Baby verhindern sollen. Wir arbeiten Hand in Hand mit der Regierung zusammen, die sich stark einsetzt, die Pflege- und Betreuungsqualität zu verbessern, und mit vielerlei Programmen die Sterberate bei Müttern und Kindern senken will. Wir pflegen eine gute Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehör-

den und dem Regionalspital und unterstützen uns gegenseitig, um schwangeren Frauen eine möglichst problemlose Geburt zu sichern. Augenklinik Grosse Erwartungen haben die Sehschwachen und fast blinden Menschen in der weiten Umgebung. CREDO TRUST, eine lokale NGO, organisiert einmal im Jahr ein Augencamp, das rege benützt wird. Nach den verschiedenen Untersuchungen und Sehtests werden an zwei Tagen gratis Star-Operationen durchgeführt, bezahlen müssen die Pati-

enten nach Möglichkeit nur die implantierten Kunstlinsen. Welch grosser Segen und ein riesengrosses Glück – wieder zu sehen. Gesundheitsfürsorge/Mobile Clinic Wir betreuen regelmässig drei Dörfer, 20 km vom Gesundheitszentrum entfernt, mit je 90–100 Kindern und 15–20 schwangeren Frauen. Wir bieten Mütterberatung und -schulung an, organisieren Impfprogramme, machen Ernährungsberatung und überwachen den Gesundheitszustand der Kinder. Eine Frauengruppe der Caritas bereitet Nahrungspakete vor für die vielen unterernähr-

ten Kinder wie auch für Erwachsene, alte, mittellose oder Aids-Patienten. Die DorfbewohnerInnen sind kooperativ, schätzen diesen Dienst und sind enorm dankbar, dass sie im Dorf medizinische Hilfe erhalten und sich stundenlange Wege ersparen können.

Hoffnung führt zur Erfüllung – und was wir erhofften, ist Realität geworden: das St. Ann’s Hospital wird vergrössert – ein Neubau soll erstellt werden.

Alle Beteiligten, welche mit diesen Problemen täglich konfrontiert werden, sind sich einig: Es soll eine weitblickende Lösung gesucht werden. Unglaublich viel Ausdauer brauchte es, bis wir die erforderlichen Dokumente zur Führung eines Spitales dem Gesundheitsdepartement vorlegen konnten. Dazu gehörten die Zukunftspläne, die den zahlreichen Vorschriften der Regierung bis ins letzte Detail entsprechen mussten, damit wir die Baubewilligung erhielten. Wir warten, hoffen und sind zuversichtlich, unser Ziel zu erreichen. Vom Traum zur Realität Wer kann und ist bereit, uns zu unterstützen, damit unsere Träume bald Realität werden? Diese Frage beschäftigt uns sehr. Unsere kranken Menschen und vorab die Kinder in Tabora und Umgebung brauchen eine bessere medizinische Versorgung. Auch wollen wir St. Anna-Schwestern Ärzten, dem Pflegepersonal und allen Mitarbeitenden im künftigen neuen Spital gute Arbeitsbedingungen schaffen.

Deus providebit – mit Hilfe unserer WohltäterInnen, auf die wir gerne hoffen. Herzlichen Dank. Sr. Shiny

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Statistik per 31. Dezember 2012 (Indien/Ostafrika)

Total Schwestern indische Schwestern tansanische Schwestern

818 803 15

Total Novizinnen in Indien in Afrika

18 14 4

Total Postulantinnen in Indien in Afrika

44 41 3

Total Kommunitäten in Indien in Afrika in Italien

121 104 11 6

Total Spitäler grosse Spitäler mittlere Spitäler kleine Spitäler/Health Centres Dispensaries Spezialzentren Altersheime davon für St. Anna-Schwestern

Total Krankenpflegeschulen 6 Höhere Fachschulen für Krankenpflege 2 Studentinnen 263 Krankenpflege-/Hebammenschulen 3 Studentinnen 442 Schule für Krankenpflegeassistentinnen 1 Haushaltsschulen

Total Schulen in Indien in Afrika Total SchülerInnen in Indien in Afrika Internate

41 38 3 43 473 42 333 1 140 17

39 5 4 17 7 6 8 3

Handarbeitsschulen

2 23

Zusammenarbeit mit anderen Institutionen 29 in Indien 22 in Afrika 7

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Adressen Gemeinschaft der St. Anna-Schwestern Tivolistrasse 21 6006 Luzern Telefon +41 41 208 41 01 Fax +41 41 370 93 64 E-Mail [email protected] www.annaschwestern.ch Postkonto: 60-11435-0 Mission der St. Anna-Schwestern Tivolistrasse 21 6006 Luzern Telefon +41 41 208 41 05 E-Mail: [email protected] www.annaschwestern.ch Postkonto: 60-19328-0 St. Anna-Stiftung Tivolistrasse 21 6006 Luzern Telefon +41 41 208 41 01 Fax +41 41 208 41 20 [email protected] www.annastiftung.ch Postkonto: 60-11435-0 KiTa St. Anna Tivolistrasse 5 6006 Luzern Telefon +41 41 208 45 24 Fax +41 41 208 41 20 E-Mail: [email protected] www.kita-stanna.ch

Pflegeheim St. Raphael Rigistrasse 48 (Postadresse: Tivolistrasse 21) 6006 Luzern Telefon +41 41 208 42 01 Fax +41 41 208 42 52 E-Mail: [email protected] www.pflegeheim-raphael.ch Postkonto: 60-11435-0, Vermerk: «St. Raphael» Haus Hagar Taubenhausstrasse 28 6005 Luzern Telefon +41 41 310 42 13 Fax +41 41 311 26 48 E-Mail: [email protected] www.haushagar.ch Postkonto: 60-22667-0

Website der St. Anna-Schwestern: Schweiz: www.annaschwestern.ch Indien/Ostafrika: www.sasluin.org