Hydrologisches Gutachten

Hydrologisches Gutachten zur Erneuerung des Wasserrechtes für die Fassungen Nordheide Ost und West sowie die Fassungen Schierhorn der Hamburger Wasser...
Author: Josef Hummel
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Hydrologisches Gutachten zur Erneuerung des Wasserrechtes für die Fassungen Nordheide Ost und West sowie die Fassungen Schierhorn der Hamburger Wasserwerke GmbH Auftraggeber:

Hamburger Wasserwerke GmbH Billhorner Deich 2 20539 Hamburg

Bearbeitung:

CONSULAQUA • Hildesheim Geo-Infometric Gropiusstraße 3

31137 Hildesheim Bearbeiter: Dipl. - Geogr. Jan Hohlbein Dipl. - Geogr. Dagmar Orlikowski Dipl. - Geol. Kai-Justin Radmann Dipl. - Geol. Ulf Lankenau Erstellung Kapitel 7 und Anlage 1.2:

Büro für Bodenkunde und Wasserwirtschaft (bbw) Dipl. - Ing. agr. Manfred Bathke Fischerstraße 3 30167 Hannover

Projekt:

52242 (52242_be05_hydrolog_Gutachten_14_12.docx)

Hildesheim, im Dezember 2014

CONSULAQUA Hildesheim • GEO-INFOMETRIC - Gropiusstraße 3 - 31137 Hildesheim - Telefon (05121) 76 82 – 0

Projekt 52242 Dezember 2014

Grundwassergewinnung Wasserwerk Nordheide (HWW) Hydrologisches Gutachten zum wasserrechtlichen Bewilligungsantrag

Seite 2

Inhaltsverzeichnis 1

VERANLASSUNG UND AUFGABENSTELLUNG ....................................................................... 5

2

ABGRENZUNG DES UNTERSUCHUNGSGEGENSTANDES .................................................... 6

2.1

Untersuchungsgebiet .................................................................................................................. 6

2.2

Gewässernetz und Lage der Gewässerpegel ............................................................................ 6

3

ALLGEMEINE GRUNDLAGEN ..................................................................................................... 8

3.1

Begriffe und Definitionen ............................................................................................................ 8

3.2

Abfluss ........................................................................................................................................ 10

3.3

Fördersituation des Wasserwerkes Nordheide ...................................................................... 11

4

DATENGRUNDLAGEN ............................................................................................................... 13

4.1

Frühere Auswertungen der Abflüsse in Oberflächengewässern und Aktualisierung der Auswertung ................................................................................................ 14

4.2

Niederschlagsdaten ................................................................................................................... 15

4.3

Gewässerstrukturkartierung ..................................................................................................... 18

4.4

Daten zum Gewässergefälle ..................................................................................................... 19

4.5

Fließgeschwindigkeitsmessungen........................................................................................... 20

4.6

Beeinflussbare Gewässerabschnitte ....................................................................................... 22

4.7

Pegeldaten .................................................................................................................................. 23

5

AUSWERTUNG DER PEGELDATEN......................................................................................... 27

5.1

Vorgehensweise ......................................................................................................................... 27

5.2

Darstellung und Plausibilitätsprüfung der Wasserstands- und Abflussganglinien ........... 28

5.3

Betrachtungszeiträume für die statistischen Analysen ......................................................... 29

5.4

Ermittlung der Gewässerkundlichen Hauptwerte ................................................................... 31

5.5

Ermittlung des Basisabflusses der untersuchten Fließgewässerabschnitte ...................... 33

5.6

Vergleich verschiedener Abflusskennwerte ........................................................................... 34

5.7

Plausibilitätsprüfung der gewässerkundlichen Hauptwerte ................................................. 35

5.8

Hydrologische Längsschnitte ................................................................................................... 39

5.9

Trendanalyse der Niedrigwasserabflüsse ............................................................................... 41

5.10

Plausibilitätsprüfung der Ergebnisse aus der statistischen Analyse .................................. 49

6

NUMERISCHES GRUNDWASSERSTRÖMUNGSMODELL UND MODELLBERECHNETE ÄNDERUNG DES BASISABFLUSSES ............................................. 57

6.1

Numerisches Grundwasserströmungsmodell ........................................................................ 57

6.2

Verbindung der hydrologischen Auswertung der Pegelmessungen mit dem Grundwassermodell................................................................................................................... 59

6.3

Modellberechnete Änderung des Basisabflusses .................................................................. 59

7

GEWÄSSERÖKOLOGISCHER TEIL.......................................................................................... 65

7.1

Einleitung .................................................................................................................................... 65

7.2

Makrozoobenthos ...................................................................................................................... 65

7.2.1

Wirkfaktoren ................................................................................................................................. 65

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Seite 3

7.2.2

Durchgeführte Untersuchungen und Ergebnisse ......................................................................... 67

7.3

Fischfauna .................................................................................................................................. 78

7.3.1 7.3.2 7.3.3

Einleitung ..................................................................................................................................... 78 Hinweise zur Methodik und zur Lage der Befischungsstrecken .................................................. 78 Durchgeführte Untersuchungen und Ergebnisse ......................................................................... 80

7.4

Zusammenfassung .................................................................................................................... 88

8

BEDEUTUNG DER ERGEBNISSE IM HINBLICK AUF DIE EGWASSERRAHMENRICHTLINIE ................................................................................................. 90

9

ERGEBNISSE UND ZUSAMMENFASSUNGEN ........................................................................ 91

10

KONZEPTVORSCHLAG ZUR ZUKÜNFTIGEN BEWEISSICHERUNG .................................... 93

11

ABBILDUNGEN UND TABELLEN ............................................................................................. 96

12

LITERATUR ................................................................................................................................. 98

13

ANLAGENVERZEICHNIS ......................................................................................................... 101

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ABKÜRZUNGEN AEo

oberirdisches Einzugsgebiet

bbw

Büro für Bodenkunde und Wasserwirtschaft

CAH

CONSULAQUA Hamburg Beratungsgesellschaft mbH

DLM25

Digitales Landschaftsmodell 1:25000

DVWK

Deutscher Verband für Wasserwirtschaft und Kulturbau e.V.

DWD

Deutscher Wetterdienst

GIS

Geographisches Informationssystem

GLD

Gewässerkundlicher Landesdienst. Der NLWKN ist koordinierende Dienststelle

HWW

Hamburger Wasserwerke GmbH

kf-Wert

Durchlässigkeitsbeiwert

LAVES

Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

LAWA

Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser

MNQ

mittlerer Niedrigwasserabfluss

MoMNQ

mittlerer monatlicher Niedrigwasserabfluss

NLWKN

Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz

NLÖ

Niedersächsisches Landesamt für Ökologie

NM7Q

Das niedrigste arithmetische Mittel von 7 aufeinanderfolgenden Tageswerten in einem Niedrigwasserzeitabschnitt

Q

Abfluss

TK25

Topographisches Karte 1:25000

UVS

Umweltverträglichkeitsstudie

W

Wassersand

WHG

Wasserhaushaltsgesetz

WR

Wasserrecht

WRRL

EG-Wasserrahmenrichtlinie

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1 VERANLASSUNG UND AUFGABENSTELLUNG Die Hamburger Wasserwerke GmbH (HWW) versorgen Hamburg und seine angeschlossenen Randgemeinden mit Trink- und Brauchwasser. Ein Teil dieses Wassers wird über das Wasserwerk Nordheide gefördert. Die Fassungen West und Ost des Wasserwerkes Nordheide verfügten über eine am 13.12.1974 erteilte wasserrechtliche Bewilligung der Bezirksregierung Lüneburg zur Entnahme von insgesamt 25 Mio. Kubikmeter Grundwasser pro Jahr. Diese wasserrechtliche Bewilligung endete am 31.12.2004. Zum gleichen Zeitpunkt endete auch die wasserrechtliche Erlaubnis des Wasserwerkes Schierhorn. Am 20.12.2004 erteilte die Bezirksregierung Lüneburg HWW für die Dauer des Antragszeitraumes für die Fassungen Nordheide West und Nordheide Ost eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Entnahme von 15,7 Mio. Kubikmeter Grundwasser pro Jahr. Die Grundwasserförderung im Wasserwerk Schierhorn wurde zum 01.01.2005 eingestellt. In dem seit 2003 laufenden Antragsverfahren wurde 2009 zwischen HWW und der Genehmigungsbehörde vereinbart, dass HWW den Antrag auf Bewilligung der Grundwasserentnahme über die Fassungen Nordheide West und Nordheide Ost überarbeitet und neu einreicht. Mit dem überarbeiteten wasserrechtlichen Antrag wird nun eine Gesamtentnahmemenge von 18,4 Mio. Kubikmeter Grundwasser pro Jahr beantragt, die über die Fassungen Nordheide West, Nordheide Ost und die neu an das Wasserwerk Nordheide anzuschließende Fassung Schierhorn gefördert werden sollen. Das vorliegende hydrologische Gutachten ist als Anlage zum aktuellen Bewilligungsantrag erstellt worden. Damit soll zum einen der aktuelle Sachstand der Beweissicherung durch die HWW dargestellt und zum zweiten einer Forderung des GLD Niedersachsens Rechnung getragen werden, die Vulnerabilität der Gewässer als Folge einer potenziell förderbedingten Grundwasserabsenkung in Zukunft besser bewerten zu können. Da die Forderung bislang nicht Bestandteil der durchgeführten Beweissicherung war, dient dieses Gutachten einer initialen Skizzierung der hydrologischen Situation in der Nordheide. Diese Bestandsaufnahme stellt darüber hinaus eine Bewertungsgrundlage für die parallel durchgeführte UVS dar. Schließlich ist ein weiteres Ziel des vorliegenden Gutachtens, den Einfluss der Grundwasserentnahme durch HWW auf die oberirdischen Gewässer im Einzugsgebiet zu untersuchen. Die Gutachtenbearbeitung erfolgte federführend durch die CAH. Der gewässerökologische Teil (Kapitel 7) sowie Anlage 1.2 wurden durch das Büro für Bodenkunde und Wasserwirtschaft (bbw) erstellt. Die Zusammenfassung des Gutachtens erfolgte entsprechend des inhaltlichen Schwerpunktes durch beide Gutachter gemeinsam.

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2 ABGRENZUNG DES UNTERSUCHUNGSGEGENSTANDES 2.1

Untersuchungsgebiet

In den Jahren 2005 und 2006 wurde durch Geo-INFOMETRTIC ein stationäres, numerisches Grundwasserströmungsmodell erstellt, um die Einflüsse der Grundwasserförderung auf die Grundwasserstände in den Grundwasserleitern – gemäß GeoBerichte 15 [U 29] – bewerten zu können [U 18]. Für eine detailliertere Beschreibung sei hier auf Kap. 6.1 verwiesen. Mit Hilfe des numerischen Modells wurden diverse Förderszenarien berechnet, die unterschiedliche förderbedingte Grundwasserabsenkungen ergaben. Mit dem Landkreis Harburg wurde vereinbart, für die Abschätzung der entnahmebedingten Auswirkungen auf landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzung sowie hinsichtlich der Abschätzung auf naturschutzfachliche Belange die 0,1 m-Absenkungsisolinie zu verwenden. Da jedes Förderszenario zu einer räumlichen Veränderung des Grundwasserabsenkungsbereiches führt und somit einen anderen Verlauf der 0,1 m-Absenkungsisolinie erzeugt, wurde mit dem Landkreis Harburg außerdem vereinbart, für die weiteren Betrachtungen des maximalen Einwirkbereiches eine umhüllende Absenkungslinie im weiteren Verfahren zu berücksichtigen. Dieser potenzielle maximale Absenkungsbereich (Abbildung 1, rote Umrandung) wird daher als Bereich mit möglichen, förderbedingten Einflüssen verstanden. Er stellt für dieses Gutachten das Untersuchungsgebiet dar. Darüber hinaus werden die Pegel Emmen (Este), Jehrden (Seeve) und Roydorf (Luhe) betrachtet, deren Einzugsgebiet über den potenziellen maximalen Absenkungsbereich hinausragt. Eine Übersicht über das Untersuchungsgebiet gibt Abbildung 1.

2.2

Gewässernetz und Lage der Gewässerpegel

Das für dieses Gutachten als Grundlage verwendete Gewässernetz, ist das amtliche Gewässernetz des DLM25 (Digitales Landschaftsmodell 1:25000). Der Datensatz wurde durch das NLWKN Lüneburg bereitgestellt. Zusätzlich wurden die Oberläufe des Wehlener Moorbaches und des Weseler Baches aus älteren Kartenbeständen der TK25 digitalisiert und ergänzt. Das Untersuchungsgebiet befindet sich vollständig im Flussgebiet der Elbe. Die Hauptvorfluter sind die Este, die Seeve, die Schmale Aue und die Luhe, wobei die Schmale Aue selbst ein Nebengewässer der Seeve ist. Insgesamt umfasst das betrachtete Gewässernetz ca. 790 Flusskilometer. Die wichtigsten Nebengewässer sind: • • • •

im Flussgebiet der Este: Fuhlau-Bach, Todtglüsinger Bach und Sprötzer Bach im Flussgebiet der Seeve: Wehlener Moorbach, Handeloh Bach, Weseler Bach, Büsen Bach, Schierhorn Bach, Seppenser Bach, Kamerun Bach sowie Schmale Aue. im Flussgebiet der Schmalen Aue: Radenbach, Büner Bach, Hummingen-Bach und Moorbach. im Flussgebiet der Luhe: Aubach und Pferdebach sowie Osterbach und Nordbach.

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Die Beobachtung der Wasserstände und Abflussmengen im Untersuchungsgebiet geschieht an insgesamt 18 Gewässerpegeln (vgl. Kap. 4.7) innerhalb der vier wichtigsten Flussgebiete. Für jeden dieser Pegel befindet sich in Anlage 1.1 dieses Gutachtens eine Übersichtskarte über dessen Einzugsgebiet und eine tabellarische Kurzcharakterisierung inklusive Auflistung der weiter unten beschriebenen Grundlagendaten. Eine Übersicht über die wichtigsten Flussgebiete und die ausgewerteten Gewässerpegel gibt folgende Abbildung.

Abbildung 1:

Flussgebiete und Untersuchungsgebiet

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3 ALLGEMEINE GRUNDLAGEN 3.1

Begriffe und Definitionen

Abfluss Die Definition des Begriffes Abfluss, sowie die Definitionen wichtiger daraus abzuleitender Kennwerte sind in der DIN 4049-1 [U 11] und in der DIN 4049-3 [U 12] geregelt. Demnach wird unter Abfluss das sich unter dem Einfluss der Schwerkraft auf und unter der Landoberfläche bewegende Wasser verstanden. Im engeren Sinne bezeichnet Abfluss ein Wasservolumen, welches in einer bestimmten Zeit einen bestimmten Querschnitt durchfließt und dabei einem Einzugsgebiet zugeordnet werden kann. Schwebende Grundwasserleiter Unter schwebenden Grundwasserleitern werden lokal verbreitete Grundwasserleiter verstanden, die von grundwasserhemmenden bzw. geringleiteten Schichten unterlagert sind und auf denen sich Wasser dauerhaft oder temporär stauen kann. Nach DIN 4049-3 [U 12] sind schwebende Grundwasserstockwerke von einer ungesättigten Zone unterlagert (vgl. Abbildung 2) und dadurch vom Hauptgrundwasserleiter hydraulisch entkoppelt. Veränderungen des Wasserstandes der freien Grundwasseroberfläche haben demnach keinen Einfluss auf den Wasserstand des schwebenden Grundwasserleiters und umgekehrt. Da kein hydraulischer Kontakt zum Hauptgrundwasserleiter besteht, hat eine dortige Förderung keinen Einfluss auf die Wasserstände im schwebenden Grundwasserstockwerk.

Abbildung 2:

Schematische Darstellung eines schwebenden Grundwasserleiters, nach Hölting [U 22]

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Influente und effluente Verhältnisse Zwischen Grundwasser und Gewässern besteht eine Wechselwirkung. Hierbei werden zwei Zustände unterschieden: influente und effluente Verhältnisse. Liegt die freie Grundwasseroberfläche des obersten Grundwasserstockwerkes unterhalb des Wasserstandes im Gewässer, bestehen influente Verhältnisse (Abbildung 3, oberer Teil der Abbildung). Bei influenten Verhältnissen speist das Fließgewässer den Grundwasserleiter. Die Menge des ausgetauschten Wassers hängt von der Größe des Gewässers, der Höhe des Potentialunterschieds und von der Durchlässigkeit der Gewässersohle und der unterliegenden Schichten ab. Häufig liegt die freie Grundwasseroberfläche des obersten Grundwasserstockwerkes auch unterhalb der Gewässersohle. In diesem Fall bildet sich eine ungesättigte Zone zwischen Grundwasser und Gewässer aus. Liegt die freie Grundwasseroberfläche des obersten Grundwasserstockwerkes oberhalb des Wasserstandes im Gewässer, bestehen effluente Verhältnisse (Abbildung 3, unterer Teil der Abbildung). Bei effluenten Verhältnissen speist das Grundwasser das Gewässer. Die Menge des ausgetauschten Wassers hängt auch hier von der Größe des Gewässers, der Höhe des Potentialunterschieds und von der Durchlässigkeit der Gewässersohle und der unterliegenden Schichten ab.

Abbildung 3:

Darstellung von influenten und effluenten Verhältnissen im Bereich eines Fließgewässers

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3.2

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Abfluss

Der Abfluss an einem Pegel kann als integrierte Antwort des oberirdischen undunterirdischen Einzugsgebietes auf den Niederschlag verstanden werden [U 41]. Die Abflussbildung ist in Abbildung 4 schematisch dargestellt. Allgemein hat alles Wasser, welches sich als Abfluss im Fließgewässer wiederfindet seinen Ursprung im Niederschlag. Trifft der Niederschlag auf den Boden auf, so fließt ein Teil oberflächlich dem Vorfluter zu (Landoberflächenabfluss), ein Teil versickert und fließt in der ungesättigten Zone in Richtung des Vorfluters (Zwischenabfluss) und ein Teil versickert bis es in der gesättigten Zone angelangt ist und als neugebildetes Grundwasser (Grundwasserabfluss) dem Vorfluter zuströmt (Abbildung 4). Aufgrund der Fließzeitlänge kommt es zu einer verzögerten Ankunft des Niederschlags über den Zwischenabfluss und den Grundwasserabfluss. Bei verzögertem Eintreffen des Wassers im Vorfluter spricht man vom Basisabfluss, bei unmittelbarem oder sehr zeitnahem Eintreffen von direktem Abfluss [U 2].

Abbildung 4:

Schematische Darstellung der Abflussbildung (BAUMGARTNER & LIEBSCHER [U 2])

Der Niederschlag ist damit mittelbar und unmittelbar der Faktor, der das Abflussgeschehen am stärksten beeinflusst. Aufgrund des enormen Einflusses kann eine Betrachtung des Abflussregimes nicht erfolgen ohne auch die Niederschlagsentwicklung im gleichen Zeitraum zu berücksichtigen (vgl. Kap. 4.1). Während sich der Niederschlag auf alle Abflussbestandteile auswirkt, hat eine Entnahme von Grundwasser durch Förderung ausschließlich Auswirkung auf den grundwasserbürtigen Anteil des Abflusses, also auf den Basisabfluss. Nach DYCK [U 13] sind die zwei Komponenten des Abflusses (Direktabfluss und Basisabfluss) aus gemessenen Abflusswerten schwer von einander zu separieren. Diese Einschätzung teilen auch BAUMGARTNER & LIEBSCHER [U 2] sowie ROJANSCHI [U 41]. Für eine

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Aufspaltung der beiden Abflusskomponenten gibt es kein allgemein gültiges physikalisches Modell. Die publizierten Verfahren sind empirisch entwickelt worden. Die Ergebnisse verschiedener Verfahren für die Berechnung des Basisabflusses können aus den genannten Gründen in einzelnen Fällen um einige Prozent von einander abweichen. Im Allgemeinen können grafische und statistische Verfahren zur Trennung des Direktabflusses und des Basisabflusses unterschieden werden. Dabei nutzen grafische Verfahren die geometrischen Eigenschaften der Abflussganglinien, z.B. unterschiedliche Steigungen beim Ansteigen und Abfallen von Hochwasserscheitelwellen. Als ein bekanntes Verfahren wäre hier das AU-Verfahren nach NATERMANN zu nennen. Statistische Verfahren beruhen dagegen nicht auf der Auswertung einzelner Ereignisse, sondern auf der Analyse und Mittelung von Zeitreihen [U 41]. W UNDT [U 47] setzte die Niedrigwasserabflüsse mit dem unterirdischen Basisabfluss in Beziehung. Zur Berechnung des Basisabflusses wurden die mittleren monatlichen Niedrigwassermengen (MoMNQ) benutzt. Da die monatlichen Niedrigwassermengen den tatsächlichen Basisabfluss überschätzen, ist ein Beobachtungszeitraum von mehr als 10 Jahren – vorzugsweise sogar mehr als 20 Jahren – empfehlenswert [U 32]. Durch das Mitteln der Werte wird die Auswirkung von Ausreißern in der Zeitreihe reduziert. Durch den statistischen Ansatz können allerdings keine Aussagen zu Einzeljahren oder wenigen aufeinanderfolgenden Jahren getroffen werden. Auf Empfehlung des NLWKN werden in diesem Gutachten die Basisabflussmengen an den Pegeln mit Hilfe des statistischen Verfahrens nach W UNDT [U 47] berechnet (vgl. Kap. 5.5). In der Antragsversion aus dem Jahr 2009 ist das statistische Verfahren „PART“ des US Geological Survey verwendet worden. Beide Verfahren geben Basisabflussmengen in gut vergleichbarer Größenordnung an.

3.3

Fördersituation des Wasserwerkes Nordheide

Zum Wasserwerk Nordheide gehören insgesamt 33 Brunnen, die aus drei Wasserfassungen Grundwasser entnehmen. Die Fassung West besteht aus 15 Brunnen, die Fassung Ost setzt sich aus 18 Brunnen zusammen. Vor 2004 wurden zudem 5 Brunnen in des Wasserwerkes Schierhorn betrieben. Die fünf Brunnen des ehemaligen Wasserwerkes Schierhorn sollen laut aktuellem Antrag zur Wasserrechtlichen Bewilligung zukünftig als die neue Fassung Schierhorn des Wasserwerkes Nordheide in Betrieb genommen werden. Die Lage der Brunnen ist in Abbildung 5 dargestellt.

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Abbildung 5:

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Lage der Brunnen

Die Jahresfördermengen in den Fassungen Nordheide Ost und Nordheide West sowie im ehemaligen Wasserwerk Schierhorn im Zeitraum von 1983 bis 2013 sind in Abbildung 6 grafisch dargestellt. Mit der Grundwasserförderung wurde in der Ostfassung im Herbst 1982 begonnen. Ab dem Jahr 1983 wurde die Anzahl der Brunnen sukzessive erhöht und die Fördermenge auf die Zielgröße von etwa 15 Mio. m3/a angehoben. Die Fördermengen über die Fassungen Nordheide Ost und West durch die HWW lagen im regulären Betrieb in den Jahren 1984 bis 1999 zwischen 14,8 Mio. m³/a und 16,1 Mio. m³/a. Innerhalb dieses Zeitraumes wurden im Wasserwerk Nordheide durchschnittlich 15,7 Mio. m³/a Grundwasser und im Wasserwerk Schierhorn durchschnittlich 1,4 Mio. m³/a Grundwasser gefördert. Lediglich im Jahr 1985 wurde im Rahmen eines Leistungspumpversuches mit 20,8 Mio. m³ deutlich mehr Grundwasser entnommen. Im Zeitraum 2000 bis 2007 variierte die Grundwasserfördermenge in den Wasserwerken Nordheide und Schierhorn (lediglich bis 2004) zwischen 16,0 Mio. m³/a (Jahr: 2000) und 20,3 Mio. m³/a (Jahr: 2002). Die in diesem Zeitraum gegenüber den Folgejahren zum Teil erhöhte Fördermenge ist durch Langzeitpumpversuche in den Fassungen Nordheide West und Nordheide Ost begründet. Im Wasserwerk Schierhorn wurde im Jahre 1972 mit der Förderung begonnen. Die Fördermengen wurden bis zum Jahr 1976 sukzessive angehoben. Zwischen 1976 und 1999 lag die durchschnittliche Jahresförderung bei 1,5 Mio. m³/a. Anschließend wurde die Förderung bis 2004 auf unter 1 Mio. m³/a reduziert. Im Wasserwerk Schierhorn wurde die Grundwasserförderung zum Ende 2004 eingestellt, da der Wasserbeschaffungsverband Harburg keinen Bedarf mehr hatte. Zudem endete das Wasserrecht Ende 2004. In den Jahren 2008 bis 2011 lag die Grundwasserförderung in den Wassergewinnungen Nordheide zwischen 13,5 Mio. m³/a (2008) bis 15,6 Mio. m³/a (2013).

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Abbildung 6:

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3

Jahresfördermengen der Wasserwerke Nordheide und Schierhorn in Mio. m /a

4 DATENGRUNDLAGEN In den folgenden Kapiteln werden die Datengrundlagen beschrieben, die diesem Gutachten zu Grunde liegen. Zusammenfassend lassen sie sich in drei Bereiche untergliedern: 1) Daten und Informationen, die die HWW seit der wasserrechtlichen Bewilligung aus dem Jahre 1974 erhoben und veröffentlicht hat. Insbesondere von Bedeutung sind die Veröffentlichungen zur Auswertungen der Abflüsse in Oberflächengewässern aus dem Jahre 2009, Erhebungen zum Gewässergefälle sowie eine von HWW vorgenommene Klassifizierung von Gewässerabschnitten hinsichtlich ihrer Beeinflussbarkeit gegenüber Grundwasserabsenkungen. 2) Daten, die als Bewertungsgrundlage für die zeitgleich zu diesem Gutachten erstellte UVS dienen. Neben dem amtlichen Gewässernetz aus dem digitalen Landschaftsmodell 1:25.000 sind hier besonders die Ergebnisse der Strukturkartierungen im Rahmen der Untersuchungen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) hervorzuheben. 3) Pegeldaten, die im Rahmen der Beweissicherung seit Aufnahme der Förderung des Wasserwerks Nordheide erhoben wurden. Diese Daten werden in Kap. 5 dargestellt und sie stellen die Grundlage für die umfangreichen, statistischen Auswertungen dar. Auch die Niederschlagsdaten zählen im weiteren Sinne hierzu. Wie unter Punkt 2) bereits erwähnt, stellen einige Datengrundlagen bzw. der Auswertungen eine wichtige Bewertungsgrundlage für die zeitgleich zu diesem Gutachten erstellte UVS dar. Alle von der UVS benötigten Daten wurden in einem einzigen GIS-Bewertungsdatensatz

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zusammengestellt und zur Verfügung gestellt. Verweise zu kartenmäßigen Darstellungen befinden sich in den einzelnen Kapiteln zu den Datengrundlagen.

4.1

Frühere Auswertungen der Abflüsse in Oberflächengewässern und Aktualisierung der Auswertung

Die HWW hat in der ersten Version des Bewilligungsantrags von 2002 und in der Aktualisierung zum Bewilligungsantrag von 2009 eine Auswertung der bis 1999 erhobenen Abflussdaten vorgenommen [U 20]. Es wurde untersucht, ob die Förderung des Wasserwerks Nordheide eine Abflussreduktion in den Oberflächengewässern verursacht hat. Als Verfahren wurde ein Mittelwertvergleich verwendet, bei dem der mittlere Abfluss der Jahre 1973-1982 mit dem mittleren Abfluss der Jahre 1984-1999 verglichen wurde. Insgesamt standen Daten von 17 Pegeln zur Verfügung (vgl. Tabelle 4, ohne Pegel Roydorf). Da 10 Pegel erst zum Zwecke der Beweissicherung Anfang der 1980er Jahre errichtet wurden, konnten lediglich 7 Pegel mit Messdaten vor Förderbeginn ausgewertet werden (Abbildung 7). Darüber hinaus waren für die Pegel Welle und Salzhausen damals Messwerte erst ab dem Jahr 1977 verfügbar, sodass hier die Ermittlung der durchschnittlichen Abflussmenge vor Förderbeginn aus den Jahren 1977-1982 erfolgte. Da die verfügbaren Messreihen vor und nach Aufnahme der Förderung unterschiedlich lang waren und in diesen Zeiträumen unterschiedliche Witterungsverhältnisse herrschten, wurden die mittleren Abflüsse auf der Basis der Mittelwerte der Jahressummen der Grundwasserneubildung korrigiert. Für die Pegel Welle und Salzhausen betrug der Korrekturwert zum Beispiel 6% nach unten. Die Ergebnisse der Auswertung sind in der Aktualisierung zum Bewilligungsantrag von 2009 im Kapitel 5 beschrieben und im Anhang 5.3 dokumentiert. Wie in Abbildung 7 dargestellt, wurden für die 7 untersuchten Pegel Abflussreduktionen von 5 % bis 31 % ausgewiesen.

Abbildung 7:

Auswertung HWW 2009 der Abflüsse an Oberflächengewässern, (HWW, [U 20])

Im Zuge der Überarbeitung des Bewilligungsantrages wurden die Abflussmessdaten von HWW fortgeschrieben und die betrachtete Zeitspanne von 1999 auf 2012 verlängert. Zudem wurden die unter Kap. 4.7 genannten, vom NLWKN zusätzlich bereitgestellten, analogen

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Papierlisten zu Pegeldaten der Pegel Welle und Hanstedt für die Jahre 1973-1982 übernommen und in der Auswertung berücksichtigt. Aufgrund der zusätzlich ausgewerteten Datenreihe vor Förderbeginn für den Pegel Hanstedt, konnten die Daten dieses Pegels für die Auswertung in Hinblick auf mögliche Abflussreduzierungen hinzugenommen werden. Insgesamt wurde an 7 Pegeln ein Mittelwertvergleich zwischen dem mittleren Abfluss der Jahre 1973-1982 und dem mittleren Abfluss der Jahre 1984-2012 durchgeführt. Für den Pegel Salzhausen wurde ein Mittelwertvergleich zwischen dem mittleren Abfluss der Jahre 1977-1982 und dem mittleren Abfluss der Jahre 1984-2012 durchgeführt. Um unterschiedliche Niederschläge in den beiden Betrachtungsperioden zu berücksichtigen, wurden die mittleren Abflussmengen über ein einfaches Verfahren hinsichtlich des Niederschlags korrigiert. Dabei wurden die durchschnittlichen Niederschläge in den Betrachtungszeiträumen ins Verhältnis zu den durchschnittlichen Niederschlägen eines Referenzzeitraumes (hier 1981-2012) gesetzt. Die Ergebnisse der aktualisierten Auswertung der mittleren Abflüsse sind in Tabelle 1 wiedergegeben. Die ermittelte Abflussreduktion ergibt sich aus dem „Verhältnis mit Förderung / ohne Förderung“. Die Abflussreduktion an den 8 untersuchten Pegeln beträgt zwischen 3 % im Pegel Emmen und 24 % im Pegel Salzhausen. Tabelle 1:

1)

Vergleich des mittleren Abflusses vor und nach Förderbeginn – Aktualisierung 2012 1)

Messstation

Welle

Langeloh

Emmen

Jehrden

Hanstedt

Marxen

Wulfsen

Salzhausen

Gewässer

Este

Este

Este

Seeve inkl. Schmale Aue

Schmale Aue

Schmale Aue

Aubach

Nordbach

Mittlerer Abfluss [m³/s] vor Förderung (1973-1982)

0,087

0,371

1,832

4,538

0,876

1,203

0,570

0,227

Mittlerer Abfluss [m³/s] bei Förderung (1984-2012)

0,074

0,311

1,786

4,323

0,791

1,141

0,460

0,173

Differenz der mittleren Abflüsse [m³/s]

0,013

0,060

0,046

0,215

0,085

0,062

0,110

0,055

Differenz der mittleren Abflüsse [Mio. m³/a]

0,41

1,89

1,45

6,77

2,68

1,95

3,48

1,72

Verhältnis mit Förderung / ohne Förderung

0,85

0,84

0,97

0,95

0,90

0,95

0,81

0,76

Für die Zeit vor Förderbeginn liegen nur für die Jahre 1977-1982 Daten vor.

4.2

Niederschlagsdaten

Der Niederschlag ist der wichtigste Einflussfaktor auf das Abflussgeschehen. Er wirkt sich entweder direkt oder indirekt über den Boden und/oder das Grundwasser auf den Abfluss aus. Um die Entwicklung des Abflusses im Laufe der Zeit bewerten zu können, ist es daher unerlässlich, die Entwicklung der Niederschläge zu berücksichtigen. Niederschlagsmessungen standen für das Projektgebiet und den regionalen Umkreis für insgesamt sieben Messstationen zur Verfügung. Die Lage und die zeitliche Verfügbarkeit der

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Daten ist in Abbildung 8 dargestellt. Alle Wetterstationen liegen in derselben Klimazone und weisen grundsätzlich ein gemäßigtes atlantisch-maritimes Klima auf. Grundlegende Unterschiede zwischen den Messstellen gibt es nicht.

Datenverfügbarkeit

Wetterstation HH-Fuhlsbüttel

Niederschlag *)

Buchholz Jesteburg

1931-2013 1973-2002

Amelinghausen

1971-2011

Soltau

Abbildung 8:

1976-2004 *)

Wilsede Bispingen

*)

1891-2014

*)

*)

1931-2013 1931-2013

ausreichend lange Beobachtungszeiträume

Lage der Niederschlagsstationen und Datenverfügbarkeit

Für die Klimanormalperiode von 1961-1990 (30 Jahre) weisen die Mittelwerte der Jahresniederschläge für die vier Stationen mit ausreichendem Messzeitraum (in Abbildung 8 mit *) markiert) Abweichungen von etwa 5% zwischen der Station mit den höchsten (Soltau, 811 mm p.a.) und der Station mit den niedrigsten (Hamburg-Fuhlsbüttel, 770 mm p.a.) Niederschlagsmengen auf. Aufgrund der zentralen Lage im Untersuchungsgebiet und der langen verfügbaren Zeitreihe wurde die Station Jesteburg als Referenzstation für den Niederschlag ausgewählt. Hier beträgt der mittlere Jahresniederschlag, bezogen auf die Klimanormalperiode 1961-1990, etwa 800 mm (Abbildung 9). Setzt man die jährlichen Niederschläge in Bezug zum langjährigen mittleren Niederschlag in der benannten Klimanormalperiode, so ergibt sich die Darstellung in Abbildung 10. Feuchte Jahre lassen sich in dieser Abbildung sehr gut von trockenen Jahren unterscheiden. Für die Fragestellung von besonderem Interesse ist der Witterungsverlauf der Jahre seit Beginn der Förderung im Jahr 1982. Die Jahre 1978-1987 waren insgesamt eine feuchte Periode, in denen 8 aus 10 Jahren Niederschlagswerte aufweisen, die über dem langjährigen Mittel liegen. In den Jahren 1989-1992 folgen vier Jahre mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen aufeinander. Dieser Aspekt wird in Kap. 5.7 wieder aufgegriffen.

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Niederschlagsgang Wetterstation Jesteburg 1200 1.131 1.101

1.092

1100

1.007

1000 915 922 887

900

940 915

910

891

883

884

856 796

800

Jahresniederschlag [mm]

969

955

954

810 784

746

789

773

889

872

863 820

799

638

634

685

662

645

636

616

600

724

724

724

692

677

661

753

742

733

728

Ø (1961-1990) = 797 mm

811 813

813 757

690

700

867

855 799

583

582 552

N Jesteburg

500 409

400 300 200 100 0

Abbildung 9:

Jahresniederschlag an der Wetterstation Jesteburg

Jährl. Niederschlagssummen in % im Vergleich zum 30-jährigen Mittel (1961-1990) an der Wetterstation Jesteburg

150

142

140

138

137

"feucht" 130

126

120 115

116

118 115

114 111

112

111

110

111

112 109

108

107

[%]

100

100

99

98

97 95 92

91 87

91

91 86

83

83 80

94

93

87

85 80

81

80 77 73

70 69

73

"trocken"

60

50

51

Abbildung 10:

Ø (1961-1990) = 100 %

102 102

102

100

94

80

109

107

103

102

100

90

122

120

120

Jahresniederschlag Jesteburg im Vergleich zum langjährigen Mittel

91

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Die zeitliche Entwicklung der Niederschläge in den vergangenen Dekaden in Niedersachen ist unter anderem von NLWKN in Zusammenarbeit mit der Universität Hannover (Prof. Uwe Haberlandt) und der der Technischen Universität Braunschweig (Prof. Günter Meon) untersucht worden und in der Reihe Oberirdische Gewässer Band 33 [U 16] publiziert worden. Die Studie untersuchte Trends für etwa 260 Wetterstationen in Niedersachsen für den Zeitraum 1951-2005 (55 Jahre). Die jahreszeitlich aufgelöste Untersuchung ergab, dass es eine Zunahme der Niederschläge im Winter, im Frühjahr und im Herbst gibt. Im Sommer nahmen die Niederschläge dagegen im Untersuchungszeitraum ab. Insgesamt betrachtet, handelt es sich dabei aber nicht „nur“ um eine reine Verschiebung der Niederschläge im Jahreszeitenverlauf, sondern es gab eine generelle Zunahme der Niederschlagsmenge um etwas weniger als 10 % im letzten halben Jahrhundert. Diese Ergebnisse decken sich mit den Auswertungen der oben benannten Wetterstationen und insbesondere der Referenzstation Jesteburg im Untersuchungsgebiet, bei der eine Zunahme der Jahresniederschläge in vergleichbarer Größenordnung ermittelt wurde.

4.3

Gewässerstrukturkartierung

Im Zuge der Umsetzung der in der WRRL festgesetzten Auswertungen, wurden alle größeren Fließgewässer im Untersuchungsgebiet auf ihre Strukturausstattung hin untersucht. Nach der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) [U 4] ist die Strukturausstattung neben der Abflussdynamik und der Wasserqualität ein wesentlicher Parameter, der die ökologische Funktionsfähigkeit und die Lebensbedingungen in den Gewässern bestimmt. Die Gewässerstruktur ist demnach geeignet, den aktuellen Zustand eines Gewässers zu beschreiben und stellt eine Art Bestandsaufnahme dar. Die Datensätze zur Gewässerstrukturkartierung wurden durch das NLWKN Lüneburg bereitgestellt. Zum einen waren dies die Daten zur Übersichtskartierung aus dem Jahre 2003. Hier wurden Bewertungen zur Gewässersohle und der Aue, sowie eine Klassifizierung der gesamten Gewässerstruktur in 1000 m Gewässersegmenten vorgenommen. Zum anderen waren dies Daten zur Detailstrukturkartierung aus dem Jahre 2013. Hier wurden die Gewässer entlang von 100 m Gewässersegmenten auf ihre Struktur (Sohle, Ufer, Aue und Gesamtbewertung) untersucht und bewertet. Aufgrund des unterschiedlichen Betrachtungsmaßstabes der Übersichts- bzw. der Detailkartierung ist es nicht möglich die Ergebnisse der beiden Kartierungen direkt miteinander zu vergleichen (schriftliche Mitteilung von Fr. Dr. Pinz, NLWKN, 17. März 2014). Um eine bessere Handhabung der Daten zu erreichen, wurden die Daten aus beiden Strukturkartierungen in einem gemeinsamen GIS-Datensatz (Shape) zusammengefasst. Dabei wurde wie folgt vorgegangen: •

Fließgewässerabschnitte, bei denen die Detailstrukturkartierung vorlag: Für das Bewertungsshape wurden die Informationen der Detailstrukturkartierung lagegetreu und exakt auf 100 m Gewässersegmente übertragen. Die Informationen der

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Übersichtsstrukturkartierung wurden aufgesplittet und von einem 1000 m Gewässersegment auf 10x100 m Gewässersegmente in ein separates Attributfeld übertragen. Fließgewässerabschnitte, bei denen keine Detailstrukturkartierung vorlag: Für das Bewertungsshape wurden die Informationen der Übersichtskartierung lagegetreu auf 1000 m Gewässersegmente übertragen. Bei der Detailkartierung wurde der Vermerk „nicht bewertet“ übernommen.

Die Daten zu den Strukturkartierungen im Bewertungsshape sind in Anlage 2 und Anlage 3 kartographisch dargestellt.

4.4

Daten zum Gewässergefälle

Für das gesamte Gewässernetz wurde von HWW abschnittsweise das Gewässergefälle ermittelt. Dieser Datensatz ist in Anlage 4 dargestellt. Für die Erstellung dieses Datensatzes wurden von HWW folgende Informationen ausgewertet: • • • •

Angaben über mittlere Wasserstände für die Gewässerpegelmessstellen (Kennung: PEGEL), eigene Höhenmessungen (Nivellements z.B. an Brücken) (Kennung: NIV) und Höhenangaben für die Gewässer in gewässerkundlichen Kartenwerken (Kennung: KARTE), topographische Karten, sofern keine weiteren Angaben zur Verfügung standen (Kennung: KARTE).

Um eine möglichst homogene Verteilung für Gewässerstützstellen zu erlangen, wurden die ermittelten Höheninformationen (Fixpunkte) durch Interpolation weiter verdichtet. Dazu wurden durch lineare Interpolation zwischen zwei Fixpunkten zusätzliche Stützstellen (KETTE) in einem Abstand von 100 m mit Höheninformationen belegt. Zusätzlich wurden Anschlüsse von Nebenarmen an Hauptgewässerarme berücksichtigt, auch wenn hier ein geringerer Abstand vorlag. Um Gewässerabschnitte in Bereichen mit stärkeren Gefällewechseln abzubilden, wurden die Abstände zwischen den Fixpunkten in diesen Bereichen verringert.

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Abbildung 11:

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Ausschnitt Radenbach mit Fixpunkten und Gewässerstützpunkten

Abbildung 11 zeigt einen Ausschnitt des Radenbaches im Flussgebiet der Schmalen Aue. Die Fixpunkte, für die die Höheninformationen bekannt waren, sind durch rote Kreise hervorgehoben. Die Herkunft der Fixwerte kann durch die Kennungen PEGEL, NIV und KARTE erschlossen werden (s.o.). Durch Interpolation ermittelte Stützstellen sind mit der Kennung KETTE ausgewiesen. Die Informationen zum Gewässergefälle wurden in den GIS-Bewertungsdatensatz überführt. Dabei wurden die Gefälleinformationen (Punktdaten) auf die Gewässersegmente (Liniendaten) als mittleres Gefälle übertragen.

4.5

Fließgeschwindigkeitsmessungen

HWW hat zwischen September 2013 und März 2014 an verschiedenen Fließgewässern Messungen der Fließgeschwindigkeit und zum Teil auch des Abflusses in Auftrag gegeben. Die CAH hat diese Messungen auftragsgemäß mittels Ultraschall-Durchflussmessgerät durchgeführt. Einen Überblick gibt nachfolgende Tabelle 2. Die Farben symbolisieren die verschiedenen Flussgebiete. Die Ergebnisse der Messungen sind in Anlage 5 dokumentiert.

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Tabelle 2:

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Seite 21

Messtage der Fließgeschwindigkeitsmessungen Gewässer

Messtag(e)

Este

16.11.2013, 25.-27.02.2014

Seeve

12.09.2013, 15.11.2013, 25.-26.02.2014

Wehlener Moorbach

21.03.2014

Weseler Bach

13.09.2013

Seppenser Bach

25.02.2014

Radenbach

26.02.2014

Schmale Aue

15.-16.11.2013, 25.-26.02.2014

Aubach

18.11.2013, 26.02.2014

Osterbach

17.11.2013

Nordbach

17.11.2013

Luhe

25.-26.02.2014

Die Messungen wurden nach längeren Trockenperioden durchgeführt, sodass die Messungen tendenziell einer Niedrigwasserabflusssituation entsprechen. Diese Messungen haben einen orientierenden Charakter, da sie eine Momentaufnahme ohne Wiederholung wiedergeben. Verwiesen sei an dieser Stelle auch auf die Teilergebnisse des AQUARIUS Projektes in der östlichen Lüneburger Heide [U 1]. Hier wurde versucht einen ökologisch begründeten Mindestabfluss bzw. eine ökologisch begründete Mindestfließgeschwindigkeit zu ermitteln. Entscheidend ist dabei die auftretende Sohlenschubspannung, die in Abhängigkeit von der auftretenden Fließgeschwindigkeit, den Sedimenttransport im Fließgewässer bestimmt. In der DIN 19661-2 [U 10] wird für verschiedene Korngrößen die zulässige Sohlenschubspannung genannt, bei der das angegebene Material noch standsicher ist. Geht man davon aus, dass Korngrößen kleiner als Mittelsand gefährlich für Fließgewässerorganismen sind, darf eine Sohlenschubspannung von 2 N/m² nicht unterschritten werden. Aufgrund des Zusammenhangs zwischen Sohlenschubspannung und Fließgeschwindigkeit kann eine Grenzgeschwindigkeit abgeleitet werden, ab der Partikel einer bestimmten Kornfraktion erodiert und weitertransportiert werden. Unterhalb dieser Grenzfließgeschwindigkeit reicht die Erosionskraft des Gewässers nicht mehr aus und die Gewässersohle verschlämmt. PREIßLER & BOLLRICH [U 37] geben als Grenzfließgeschwindigkeit für Mittelsand 0,2 - 0,3 m/s an. Beim Vergleich mit den durchgeführten Fließgeschwindigkeitsmessungen ist festzustellen, dass diese Grenzgeschwindigkeit einige Male unterschritten ist. Insbesondere der Weseler Bach, der Nordbach, der Osterbach, der Aubach und einige Abschnitte im Oberlauf der Este weisen relativ geringe Fließgeschwindigkeiten auf. Ein Zusammenhang mit der Grundwasserförderung kann hieraus nicht abgeleitet werden.

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4.6

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Seite 22

Beeinflussbare Gewässerabschnitte

HWW hat für das gesamte Gewässernetz im Untersuchungsgebiet die potenzielle Beeinflussbarkeit von Gewässerabschnitten gegenüber Grundwasserentnahmen abgeschätzt (vgl. Anlage 7). Dabei wurde untersucht, ob ein Fließgewässer Anschluss an das oberste Grundwasserstockwerk hat oder die Gewässerabschnitte im Einflussbereich von schwebenden Grundwasserleitern liegen. Nur dort, wo die Gewässer einen hydraulischen Kontakt zum obersten Grundwasserstockwerk haben, kann auch eine förderbedingte Absenkung eintreten (vgl. Kap. 3.1). Zur Einstufung der Beeinflussbarkeit einzelner Gewässerabschnitte wurden die folgenden Informationen und Daten herangezogen: • • • • •

Geologische Karten Geologische Profile von Bohrungen und geologische Profilschnitte Grundwasserstandsdaten aus Grundwassermessstellen Mit dem Grundwassermodell berechnete Grundwassergleichenpläne Karte der bodenkundlich abgeleiteten Flurabstände

Aus den abgeleiteten Informationen wurde eine Karte erstellt, in der die Fließgewässer abschnittsweise drei Bewertungsklassen zugeordnet wurden: Tabelle 3:

Bewertung einer möglichen Beeinflussung einzelner Gewässerabschnitte durch Grundwasserentnahme

Zustand

Kriterium

Bewertung

Effluente

freie Grundwasseroberfläche des obersten

Eine Beeinflussung des

Verhältnisse.

Grundwasserstockwerkes oberhalb des Wasserstandes im Gewässer. Oberflächengewässer wird vom Grundwasser gespeist.

Gewässerabschnittes durch Grundwasserförderung ist möglich.

Influente

freie Grundwasseroberfläche des obersten

Eine Beeinflussung des

Verhältnisse.

Grundwasserstockwerkes unterhalb des Wasserstandes im Gewässer. Fließrichtung vom

Gewässerabschnittes durch Grundwasserförderung ist nicht möglich.

Oberflächengewässer in Richtung Grundwasser. Schwebende Verhältnisse.

Gewässerverlauf im Bereich von schwebenden Grundwasserstockwerken. Diese sind von einer

Eine Beeinflussung des

ungesättigten Zone unterlagert und damit

Grundwasserförderung ist nicht möglich.

hydraulisch vom Hauptgrundwasserleiter entkoppelt.

Gewässerabschnittes durch

Die Quellbereiche der Hauptvorfluter und der meisten Zuflüsse liegen im Bereich von schwebenden Grundwasserstockwerken. Durch die hydraulische Entkoppelung vom Hauptgrundwasserleiter, kann eine förderbedingte Reduktion der Abflüsse ausgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere für folgende Gewässerabschnitte: •

Este bei Ehrhorn

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• • • • • • • •

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Seeve und Rehmbach südöstlich der Ortschaft Wehlen Wehlener Moorbach im Bereich des Wehlener Moors Weseler Bach östlich der Straße Wesel-Schierhorn Schmale Aue südlich von Döhle Radenbach und Wilseder Bach bis zur Einmündung des Wilseder Bachs Aubach westlich Garlstorf Nordbach im Bereich Lübberstedt Osterbach westlich Gödenstorf

Dort, wo die Gewässer im Verlauf des Fließweges den Bereich von schwebenden Grundwasserstockwerken verlassen, treten in der Regel zunächst influente Verhältnisse auf. Wenn im weiteren Fließverlauf die Wasseroberfläche im Gewässer unterhalb der freien Grundwasseroberfläche liegt, entstehen effluente Verhältnisse.

4.7

Pegeldaten

Für das vorliegende hydrologische Gutachten sind die Daten von insgesamt 18 Pegeln an acht Fließgewässern dargestellt und ausgewertet worden. Detaillierte Informationen über die Lage und das Einzugsgebiet der Pegel ist Anlage 1.1 zu entnehmen. Dieses Gutachten ist damit auch eine Zusammenfassung der bisherigen Beweissicherung durch die HWW. Die Lage der untersuchten Pegel ist in Abbildung 12 dokumentiert. Eine Übersicht über Einzugsgebietsgrößen und ausgewertete Datenbestände gibt Tabelle 4. Tabelle 4:

Übersicht über die untersuchten Pegel

Gewässer

Nr

Pegel

EZG-Größe [km²]

Betreiber

ausgewertete Daten Wasserstand (W)

ausgewertete Daten Abfluss (Q)

Este

1 2 3 4

WELLE HöCKEL LANGELOH EMMEN

19,5 28 46 189

HWW HWW NLWKN NLWKN

1973-2013 1982-2004 1982-2013 1956-2013

1973-2013 1982-2004 1956-2013 1956-2013

Seeve

5 6 8 9

WEHLEN INZMüHLEN/S THELSTORF JEHRDEN

22 27 86 409

HWW HWW HWW NLWKN

1981-2004 1982-2013 1982-2013 1961-2013

1981-2004 1982-2013 1982-2013 1961-2013

1982-2004

1982-2004

1981-2013 1983-2004 1972-2013, 1983 fehlt 1981-2013

1978-2013 1983-2004 1972-2013 1971-2013

24 HWW

1983-2004

1983-2004

17,5 HWW 68 HWW

1981-2013 1982-2013

1981-2013 1971-2013

28 HWW

1981-2013

1976-2013

465 NLWKN

1961-2013

1961-2013

Wehlener Moorbach

Schmale Aue

Radenbach Aubach Nordbach Luhe

7 INZMüHLEN/W 10 12 13 14

DöHLE/S SCHäTZENDORF HANSTEDT MARXEN

11 DöHLE/R 15 TOPPENSTEDT 16 WULFSEN 17 SALZHAUSEN 18 ROYDORF

12 HWW 34 91 116 157

HWW, ab 2005 NLWKN HWW HWW HWW

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Abbildung 12:

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Seite 24

Lage der ausgewerteten Gewässerpegel

Die ausgewerteten Pegel werden teilweise vom NLWKN und teilweise von HWW betrieben (Tabelle 4). Für die Beweissicherung wurden – gemäß den Auflagen der wasserrechtlichen Bewilligung aus dem Jahre 1974 – durch die HWW insgesamt 14 Gewässerpegel errichtet und unterhalten. Das NLWKN betreibt vier Gewässerpegel dagegen bereits seit den 1950er und 1960er Jahren. Entsprechend der Auflagen zur wasserrechtlichen Erlaubnis 2004 wurden die Messungen an fünf Pegeln durch die HWW zum 31.12.2004 eingestellt, da sie für die Beweissicherung keine relevanten Daten lieferten. Das NLWKN übernahm daraufhin den Pegel Döhle/S und betreibt diesen bis heute weiter. An allen Pegeln wurde seit Beginn der Messungen kontinuierlich, viertelstündlich der Wasserstand mit Hilfe von Datenloggern gemessen und monatlich der Abfluss im Messgerinne bestimmt. Auf dieser Basis wurden jährlich W-Q-Schlüsselkurven erstellt und die Abflusswerte aus den korrespondierenden Wasserstandsdaten hergeleitet. Im Falle von aufgetretenen Verkrautungen, Störungen durch Treibgut oder anderweitig verfälschten

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Seite 25

Abflüssen wurden die Schlüsselkurven mittels ETA-Verfahren korrigiert. Dies ist notwendig, da sich z.B. durch Krautwuchs jeden Sommer ein langsam, gleichmäßig zunehmender Rückstau ausbilden kann. Dadurch nehmen die Fließgeschwindigkeit und der Abfluss langsam ab, obwohl der Wasserstand häufig sogar angehoben wird. Nach Absterben des Krautes zum Winter hin, verschwindet der Rückstau langsam wieder und Fließgeschwindigkeit und Abfluss nehmen wieder zu, obwohl die Wasserstände leicht abnehmen [U 36]. Das ETA-Verfahren korrigiert diese Effekte. Zudem wurden die Messgerinne monatlich gereinigt und von Störeinflüssen befreit, sodass die Korrektur in der Regel nur für wenige Tage erfolgt ist. Sowohl die Messungen selbst, als auch die Ableitung der resultierenden Abflussmengen wurden bis zum Jahre 2004 durch das NLWKN und deren Vorgängerorganisationen fachgerecht durchgeführt und geprüft. Die geprüften Daten wurden der HWW übermittelt. Seit 2004 wurden die Messungen der Wasserstandsdaten Gewässerpegeln durch die Fa. Nordheide Geotechnik durchgeführt, die vor Aufnahme der Arbeiten eine umfangreiche Einweisung durch das NLWKN erhalten hat. Es wurden weiterhin jährliche W-QSchlüsselkurven erstellt und die Abflussmengen zu den korrespondierenden Wasserstandsdaten ermittelt. Die Daten wurden anschließen vom NLWKN geprüft und an HWW übersandt. Bisher sind keine Auffälligkeiten hinsichtlich der Datenerfassung, -prüfung und archivierung bekannt. Trotz sorgfältiger und fachgerechter Durchführung der Messungen ist es nicht ausgeschlossen, dass die Ergebnisse noch einzelne fehlerhafte Daten enthalten. Die Genauigkeit der Messdaten hängt unter anderem von den Grenzen der Messgenauigkeit an den Pegeln ab. Gerade an Pegeln mit sehr kleinem Einzugsgebiet und geringen Abflussmengen fallen Fehlerwerte überproportional ins Gewicht. Ein Zentimeter Wasserstandsänderung kann hier bereits zu einen um mehrere Prozent variierenden Abfluss führen. Bei Pegeln mit größerem Einzugsgebiet und höheren Abflussmengen ist dieser Effekt zunehmend zu vernachlässigen. Grundsätzlich war aufgrund der vorausgegangenen Prüfung der Abflussdaten durch das NLWKN von plausiblen und konsistenten Messreihen auszugehen. Zur weiteren Absicherung der Messdaten wurde im Rahmen dieses Gutachten eine visuelle Gangliniensichtung auf Plausibilität vorgenommen. Es wird daher im Folgenden davon ausgegangen, dass die erhobenen und übergebenen Daten ihre Richtigkeit haben. Die bei HWW in der Datenbank vorliegenden Daten zum Wasserstand und den Abflussmengen sind die von NLWKN und Nordheide Geotechnik erhobenen und vom NLWKN geprüften Daten. Im Mai 2014 wurde ein Datenabgleich zwischen den Datenbeständen des NLWKN und Datenbeständen der HWW durchgeführt, um die Vollständigkeit für die Datenauswertung zu garantieren. Dabei wurden vom NLWKN Papierlisten aufgedeckt, die bisher in der digitalen Datenbank zu den Pegeldaten fehlten. Dies betrifft vor allem die 1970er Jahre, also vor Aufnahme der Förderung im Wasserwerk Nordheide. Diese analogen Daten wurden im Rahmen der Gutachtenerstellung gesichtet und im Falle von zwei Pegeln (Welle und Hanstedt) vollständig digitalisiert, um in die weiteren Auswertungen mit einbezogen zu werden. Bei den verbleibenden Daten wurde von einer aufwändigen Digitalisierung abgesehen, da die betreffenden Gewässerabschnitte entweder:

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Seite 26

a) keinen oder nur auf kurzen Fließstrecken einen hydraulischen Kontakt zum Grundwasser haben und ausschließlich oder überwiegend von schwebenden Grundwasserleitern gespeist werden (Pegel Döhle/S, Pegel Döhle/R) oder b) alle Abflussdaten bereits digital, die Wasserstandsdaten jedoch nur in analoger Form vorliegen (Pegel Langeloh, Pegel Marxen, Pegel Salzhausen und Pegel Wulfsen) Insgesamt umfasst der ausgewertete Datenbestand etwa 240.000 Tageswerte zum Abfluss sowie 220.000 Tageswerte zu Wasserständen. Die kürzeste betrachtete Zeitspanne beträgt 22 Jahre (Pegel Schätzendorf und Pegel Döhle/R), die längste betrachtete Zeitreihe beträgt 58 Jahre (Pegel Emmen). Einen Überblick über die ausgewerteten Zeiträume gibt Tabelle 4.

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Seite 27

5 Auswertung der Pegeldaten 5.1

Vorgehensweise

Im folgenden Kapitel werden die Auswertungen aller verfügbaren Pegeldaten aus dem Gebiet der Nordheide beschrieben. In den Daten enthalten sind alle Pegel, an denen gemäß den Auflagen der wasserrechtlichen Bewilligung aus dem Jahre 1974 und den Auflagen der wasserrechtlichen Erlaubnis aus dem Jahre 2004 eine Beweissicherung stattgefunden hat. Die Darstellung der Wasserstands und Abflussganglinien, sowie die weiteren Auswertungen stellen damit den aktuellen Sachstand der Beweissicherung dar. Ein wesentlicher Aspekt dieses Gutachtens ist es, mittels der im Folgenden beschriebenen Auswertungen zu prüfen, ob ein Einfluss der Grundwasserförderung am Wasserwerk Nordheide erkennbar ist. Grundsätzlich hängt die Beeinflussbarkeit der Gewässer gegenüber Grundwasserentnahmen davon ab, ob das Gewässer an das oberste Grundwasserstockwerk hydraulisch angebunden ist, oder ob es zum Beispiel aus schwebenden Grundwasserstockwerken gespeist wird (vgl. Kap. 4.6). Die Darstellungen und Auswertungen umfassen folgende Einzelschritte: • • • • • • • • •

Grafische Darstellung und Plausibilitätsprüfung der Wasserstands- und Abflussganglinien Festlegung der Auswertungszeiträume Erstellen von Datenblättern gemäß der LAWA-Pegelvorschrift und Ermittlung der gewässerkundlichen Hauptwerte Plausibilitätsprüfung der gewässerkundlichen Hauptwerte Ermittlung des Basisabflusses der untersuchten Fließgewässerabschnitte Vergleich verschiedener Abflusskennwerte Erstellung und Plausibilitätsprüfung von hydrologischen Längsschnitten Lineare Regressionsanalyse gemäß DVWK-Regel 120/1983 zur Überprüfung zeitlicher Trends Plausibilitätsprüfung der linearen Regressionsanalyse und Vergleich der Ergebnisse mit aktueller Literatur

Bei der Plausibilitätsprüfung ist zu beachten, dass Grundwasserentnahmen nur ein möglicher Faktor für Veränderung der Abflussmenge sind. Daneben existieren zahlreiche weitere Faktoren, die einen Einfluss auf den Wasserstand bzw. die Abflussmengen des jeweiligen Gewässers haben können. Neben natürlichen Faktoren, wie z.B. dem Witterungsgang, können zahlreiche anthropogene Faktoren eine Rolle spielen. Neben direkten Entnahmen oder Einleitungen sei hier beispielsweise auf die veränderte Landnutzung in den letzten Dekaden (Waldentwicklung, Intensivierung der Landwirtschaft und Flächenversiegelung) hingewiesen. Eine erweiterte Übersicht der möglichen Einflussfaktoren befindet sich in am Ende von Kap. 5.9.

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5.2

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Seite 28

Darstellung und Plausibilitätsprüfung der Wasserstands- und Abflussganglinien

Vor der statistischen Auswertung der Pegeldaten, wurden die Ganglinien der vorhandenen Tageswerte sowohl vom Wasserstand (W) als auch vom Abfluss (Q) grafisch aufbereitet. Beide Ganglinien wurden übereinander auf ein Blatt geplottet. Diese kombinierten W-QGanglinien ermöglichen eine visuelle Kontrolle, ob die Wasserstände und die Abflussmengen an einem Pegel korrespondieren oder auffällige Abweichungen zwischen den beiden Zeitreihen auszumachen sind. Wurden Sprünge in den Ganglinien erkannt, so wurde beim NLWKN angefragt, ob z.B. bauliche Maßnahmen bekannt sind, die die Ursache für diese Auffälligkeiten sein könnten. Sofern eine Erklärung gefunden werden konnte, ist diese in den Diagrammen der Ganglinien vermerkt worden. Beispielsweise sei hier auf die Ganglinien des Pegels Inzmühlen an der Seeve verwiesen (Abbildung 13). Hier wurde im September 1983 eine Sohlschwelle von etwa 10 cm Höhe eingebaut (roter Pfeil). Infolgedessen macht die Ganglinie der Wasserstände einen Sprung nach oben, ohne dass dieses Auswirkung auf die ermittelten Abflussmengen in der unteren Ganglinie hat, da die W-Q-Beziehung entsprechend angepasst wurde. Im August 2004 wurde diese Sohlschwelle wieder zurückgebaut. Ab diesem Zeitpunkt zeigen die Wasserstände wieder das Niveau von vor 1983 an. Auf die Abflusskurve hat dies abermals keinen Einfluss. Wasserstandsganglinie Pegel Inzmühlen/S (Tageswerte) 130

Sohlschwellenrückbau 08/2004

Sohlschwellenbau 09/1983

120 110 100

Wasserstand [cm]

90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Abflussganglinie Pegel Inzmühlen/S (Tageswerte) 0,80 0,75 0,70 0,65 0,60 0,55

Q [ m³/s]

0,50 0,45 0,40 0,35 0,30 0,25 0,20 0,15 0,10 0,05 0,00

Abbildung 13:

kombinierte W-Q-Ganglinie Inzmühlen/S

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Im Zuge der Berichtserstellung wurden für alle Pegel kombinierte W-Q-Ganglinien erzeugt. Diese befinden sich in Anlage 9. Zusätzlich wurde zusammen mit den W-Q- Ganglinien die Fördersituation des Wasserwerks Nordheide dargestellt, um einen visuellen Vergleich zwischen den Fördermengen und der Abflusskurve herstellen zu können. Die Prüfung aller Ganglinien ergab, dass über einen rein visuellen Abgleich der Kurven an keinem Pegel eine Beeinflussung der Abflüsse durch die Förderung der HWW festgestellt werden kann. Die insgesamt höchsten Fördermengen des Wasserwerkes Nordheide im Jahre 2002 korrespondieren sogar mit gesteigerten Abflussmengen aller Flüsse im Vergleich zum Vorjahr. Als Ursache hierfür sind die hohen Niederschläge in den Jahren 2001 und 2002 wahrscheinlich.

5.3

Betrachtungszeiträume für die statistischen Analysen

Für die weitergehende statistische Auswertung der Abflussdaten ist die Wahl der Zeiträume eine zentrale Frage, die vor Beginn der Auswertungen beantwortet werden muss. Allgemein gilt, je länger die zu analysierende Zeitreihe ist, desto besser lassen sich gesicherte Aussagen über die zeitliche Entwicklung des Parameters treffen. Der DVWK (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall) gibt für die Auswertung von Hochwasserrisiken die Einschätzung ab, dass die Beobachtungsspanne nach Möglichkeit nicht kleiner als 30 Jahre sein sollte [U 9]. Vertrauenswürdige Ergebnisse sind also nur dann möglich, wenn ausreichend lange Zeitreihen vorliegen. Eine Übersicht über die statistische Aussagesicherheit gibt folgende Tabelle: Tabelle 5:

Aussagekraft von Messzeitlängen in der Hydrologie (nach DVWK,1999, [U 9]) Beobachtungszeitspanne

statistische Aussage

< 10 Jahre

unbrauchbar

10 – 20 Jahre

abschätzend

20 – 30 Jahre

bedingt geeignet

> 30 Jahre

geeignet

Die Einschätzung des DVWK wird z.B. auch von MEYER & TESMER [U 32] geteilt, die argumentieren, dass die zeitliche Variabilität des Abflusses in hohem Maße abhängig von klimatischen Parametern ist, und dass aus diesem Grunde bei der Auswertung von Abflusszeitreihen auch die gleichen Maßstäbe gelten müssten, wie bei der Zeitreihenauswertung von Klimaparametern. Für letztere gibt die Weltmeteorologische Organisation ebenfalls 30 Jahre als empfohlenen Beobachtungszeitraum an. Der Arbeitskreis KLIWA (ein Zusammenschluss der Landesanstalt für Umwelt badenWürttemberg, des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft und des Deutschen Wetterdienstes) hält bei der Auswertung von Hochwasserabflüssen sogar 60-70 Jahre für erforderlich, um zu verlässlichen und nicht zufällig bedingten Trendaussagen kommen zu können [U 27].

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Weiterhin spielt der Anfangspunkt der Auswertung, insbesondere bei kurzen Beobachtungszeiträumen, eine große Rolle. Nach KLIWA [U 27] zeigen die meisten Pegel eine deutliche Abhängigkeit der Trendaussage vom jeweils gewählten Beobachtungsbeginn der Zeitreihe. Bei längeren Zeitreihen nimmt diese Abhängigkeit ab. In der Nordheide liegen die Daten für sieben Pegel seit Beginn der Förderung Anfang der 1980er Jahre vor (vgl. dazu auch Tabelle 4). Für elf Pegel gibt es darüber hinaus aufgezeichnete Wasserstands- und Abflusswerte, die auch die Periode vor Förderbeginn durch die HWW mehr oder weniger lang abdecken. Die längsten verfügbaren Zeitreihen beginnen an vier Pegeln Ende der 1950er bzw. Anfang der 1960er Jahre und weisen damit Beobachtungszeiträume von mehr als 50 Jahren aus. Insgesamt ist die Zeitreihenlänge für 13 Stationen länger als 30 Jahre. Damit diese Stationen nach DVWK als geeignet deklariert. Fünf Stationen (Höckel, Wehlen, Inzmühlen/W, Schätzendorf und Döhle/R) sind mit 21 bis 23 Jahren als bedingt geeignet ausgewiesen. Eine weitere Unterteilung der Betrachtungszeiträume ist nicht zu empfehlen, da hierdurch die Beobachtungszeiträume zu kurz und die Verlässlichkeit der Aussagen geringer würden. Die Auswertungen der Wasserstands- und Abflussdaten fokussiert sich in den folgenden Kapiteln vorwiegend auf den Zeitraum 1983-2013. Damit wurde einer zentralen Frage dieses Gutachtens, ob sich die Förderung des Wasserwerks Nordheide nachhaltig auf die Niedrigwasserabflüsse ausgewirkt hat, Rechnung getragen. Die ersten Brunnen des Wasserwerks sind im Herbst 1982 in Betrieb genommen worden, jedoch ist das Kalenderjahr 1983 das erste Jahr, in dem aus allen Brunnen Grundwasser gefördert wurde (vgl. hierzu Kap. 3.3). Für die Auswertungen in den Kapiteln 5.4 und 5.9 wurden leicht voneinander abweichende Zeiträume verwendet, um möglichst viele der aufgezeichneten Daten zu berücksichtigen: 1) Die Bestimmung der gewässerkundlichen Hauptwerte bezieht sich jeweils auf das hydrologische Jahr, welches vom 01.11. des Vorjahres bis zum 31.10. des ausgewerteten Jahres geht. Die Auswertung folgt damit den üblichen Vorgaben (vgl. z.B. LAWA-Pegelvorschrift, [U 4]). Das erste ausgewertete hydrologische Jahr, das Jahr 1983, beschreibt folglich die hydrologischen Verhältnisse vom 01.11.1982 bis zum 31.10.1983. 2) Dagegen wurden die Trendanalysen zur Entwicklung der Niedrigwassergeschehnisse – entsprechend der Vorgaben der DVWK-Regel 120/1983 [U 8] – für das Wasserbilanzjahr, jeweils vom 01.04. bis zum 31.03. des Folgejahres, durchgeführt. Dadurch wird die Unabhängigkeit einzelner Bezugsperioden gewährleistet, da Niedrigwasserereignisse in der Regel im Sommer oder frostbedingt im Winter auftreten. Durch die Wahl des Wasserbilanzjahres als Bezugszeitraum wird ausgeschlossen, dass das gleiche Niedrigwasserereignis in zwei aufeinanderfolgenden Jahren gewertet wird. Die Trendanalyse der Niedrigwasserabflüsse wurde zusätzlich für die jeweils gesamte vorliegende Zeitspanne eines Pegels durchgeführt. Damit wurde versucht, alle verfügbaren Daten der Pegel im Untersuchungsgebiet zu berücksichtigen. Für einige Pegel wurden dadurch Zeitreihen von mehr als 50 Jahren ausgewertet, was die Verlässlichkeit der Aussagen erhöht. Der Nachteil ist, dass die Vergleichbarkeit der Aussagen zu den Trends nur bedingt möglich ist, da der Aufzeichnungsbeginn bei fast allen Pegeln unterschiedlich ist.

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5.4

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Ermittlung der Gewässerkundlichen Hauptwerte

Für alle Pegel wurden die in Tabelle 6 aufgeführten gewässerkundlichen Hauptwerte ermittelt. Diese Hauptwerte sind die gebräuchlichsten statistischen Werte bei der hydrologischen Auswertung. Ihre Bedeutung ist in der DIN 4049-1 [U 11] und in der DIN 4049-3 [U 12] definiert. Die nachfolgende Tabelle zeigt die ermittelten Hauptwerte und deren Bedeutung: Tabelle 6:

Gewässerkundliche Hauptwerte Hauptwert NQ MNQ MQ NM7Q

Bedeutung Niedrigwasserabfluss [m³/s] Mittlerer Niedrigwasserabfluss [m³/s] Mittlerer Abfluss [m³/s] Das niedrigste arithmetische Mittel von 7 aufeinanderfolgenden Tageswerten in einem Niedrigwasserzeitabschnitt [m³/s]

NW MNW MW

Niedrigwasserstand [cm] Mittlerer Niedrigwasserstand [cm] Mittelwasserstand [cm]

Auf eine Auswertung der Hochwasserabflüsse wurde verzichtet, da der Fokus der Fragestellung entsprechend primär auf mittleren und Niedrigwasserabflüssen liegt. Beide ausgewerteten Parameter (Abfluss Q und Wasserstand W) weisen im Wesentlichen dieselben Muster auf. An dieser Stelle wird daher auf eine weitere Beschreibung der Wasserstandshauptwerte verzichtet. Wie unter Kap. 5.3 bereits erläutert, bezieht sich die Auswertung auf die hydrologischen Jahre 1983-2013. In dieser Zeitperiode lagen für fast alle Pegel Daten vor. Damit konnte ein einheitlicher Aufbau der Datenaufbereitung gewährleistet werden. Zudem umfasst der gewählte Zeitraum den gesamten Förderzeitraum im Wasserwerk Nordheide. Abbildung 14 zeigt beispielhaft die Auswertung der Niedrigwasserabflüsse (NQ) am Pegel Langeloh an der Este. Jede Seite der Auswertung ist in drei Blöcke untergliedert. Oben im Seitenkopf sind Informationen zu den Stammdaten der Pegel aufgeführt. In der mittleren Tabelle sind die niedrigsten bzw. die mittleren Abflüsse/ Wasserstände je Monat und hydrologischem Jahr aufgeführt. Am Ende einer jeden Zeile werden die hydrologischen Jahre aggregiert betrachtet. Im unteren Block befindet sich eine Tabelle, in der die gewässerkundlichen Hauptwerte für die langjährige Zeitreihe zusammengefasst sind (i.d.R. also die Jahre 19832013). Die Darstellung orientiert sich an den Vorgaben aus dem Stammtext der LAWAPegelvorschrift [U 4]. Die vollständige Auswertung für alle Pegel befindet sich in Anlage 10.1 und Anlage 10.2. Hier sollen lediglich die wichtigsten Ergebnisse in einer Übersicht präsentiert werden.

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Kopf mit Stamminformationen

Matrix mit Abfluss-/ Wasserstandswerten je Monat und hydrologischem Jahr

Gewässerkundliche Hauptwerte der langjährigen Zeitreihe Abbildung 14:

Ermittlung der gewässerkundlichen Hauptwerte am Beispiel NQ Langeloh

In Tabelle 7 sind die Ergebnisse der langjährigen Zeitreihen des Hauptwertes NQ (jeweils der untere Block) für alle Pegel zusammengefasst. Die Farben stehen für die vier betrachteten Flussgebiete: • • • •

blau = Flussgebiet der Este rot = Flussgebiet der Seeve grün = Flussgebiet der Schmalen Aue violett = Flussgebiet der Luhe.

In der Tabelle ist für jeden Pegel und jeden Monat das hydrologische Jahr angegeben, in dem im Beobachtungszeitraum die geringsten Abflüsse gemessen wurden (Anm.: bei

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einigen Pegeln liegen die Daten nur für einen verkürzten Zeitraum vor). In der letzten Spalte wird das hydrologische Jahr mit dem niedrigsten Abfluss aufgeführt. Tabelle 7: Mst WELLE HÖCKEL LANGELOH EMMEN WEHLEN INZMÜHLEN/S INZMÜHLEN/W THELSTORF JEHRDEN DÖHLE/S DÖHLE/R SCHÄTZENDORF Hanstedt MARXEN SALZHAUSEN TOPPENSTEDT WULFSEN ROYDORF

Jahr des niedrigsten NQs pro Monat im Betrachtungszeitraum 1983-2013 Nov 1992 1992 1998 1984 1986 1992 2004 2011 1992 1998 1992 1985 1992 1992 1992 1992 1998 1998

Jahr des niedrigsten NQs je Monat im Beobachtungszeitraum 1983-2013

Dez 1976 1987 1998 1998 1991 1991 1996 2011 1992 2013 1992 1992 1998 1997 1990 1993 1998 1998

Jan 1987 1997 1997 1997 1997 1992 1996 2011 1997 1993 2001 1992 1996 1996 1992 1996 1993 1997

Feb 1990 1985 1991 1996 1997 1991 1991 2010 1996 1996 1998 1991 1996 1996 1991 1996 1998 2011

Mrz 1991 1991 1991 1991 1986 1991 1991 2010 1993 1998 1998 1998 1991 1996 1986 2013 2011 1993

Apr 1991 2004 1997 1996 1997 1991 1996 2011 1997 1993 2001 1986 1997 2011 1991 2012 2009 1993

Mai 1991 2004 1991 1964 2004 2013 1989 2009 1993 1993 1998 1985 2011 2011 2012 2012 2009 1993

Jun 1992 1992 1991 1992 2004 2012 1996 1991 1989 1992 1996 1984 1997 2011 1992 2011 1996 2000

Jul 1992 1992 1989 1990 1992 1997 1996 1991 1992 2010 2001 1986 2001 1997 1992 2011 1993 1992

Aug 1992 1992 1990 1992 1992 1997 1996 1992 1992 1992 1997 1992 1996 1992 1992 2011 2012 1992

Sep 1991 1984 1996 1997 1990 1991 1983 1987 1991 1991 1996 2002 2009 1996 1991 2013 2012 1997

Okt 1992 1984 1988 1997 1990 1991 1991 2004 1992 1997 2000 1986 2006 1996 1992 2013 1997 1992

ganzes Jahr 1991 1992 1991 1992 1990 2013 1996 1987 1991 2010 1997 2002 1996 1992 1992 2011 1993 1992

Rangfolge der häufigsten Jahre mit niedrigstem monatlichen NQ im Beobachtungszeitraum 1983-2013 (von 18 Pegeln)

Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt ganzes Jahr häufigste Nennung 1992 (9x) 1998 (5x) 1997 (6x) 1996 (6x) 1991 (7x) 1997 (4x) 1993 (3x) 1992 (5x) 1992 (6x) 1992 (11x) 1991 (5x) 1992 (4x) 1992 (5x) 2. häufigste 1998 (4x) 1992 (3x) 1996 (4x) 1991 (5x) 1998 (3x) 1991 (3x) div. (2x) 1996 (3x) div. (2x) div. (2x) 1996 (3x) 1997 (3x) 1991 (3x) 3. häufigste div. (1x) 1991 (2x) 1992 (3x) 1998 (2x) div. (2x) div. (2x) div. (1x) div. (2x) div. (1x) div. (1x) 1997 (2x) 1991 (2x) 1996 (2x)

Wie Tabelle 7 zeigt, wurden die niedrigsten Juniabflüsse am Pegel Langeloh im hydrologischen Jahr 1991 gemessen, während die niedrigsten Juliabflüsse im Jahr 1989 gemessen wurden. Im unteren Teil der Tabelle befindet sich eine Rangfolge über die Häufigkeiten der hydrologischen Jahre mit dem niedrigsten Abfluss der jeweiligen Monate. Hierbei wird nicht mehr nach den einzelnen Pegeln unterschieden, sondern lediglich die Häufigkeit der Nennungen gezählt und bewertet. Beispielsweise sind die niedrigsten Abflüsse im August an 11 Pegeln im Jahre 1992 gemessen worden. Bei der jährlichen Betrachtung wurden fünf Pegeln im Jahre 1992 die niedrigsten Abflusswerte gemessen, an drei Pegeln im Jahre 1991 und an zwei Pegeln im Jahre 1996.

5.5

Ermittlung des Basisabflusses der untersuchten Fließgewässerabschnitte

Der Gesamtabfluss eines Gewässers kann unterschieden werden in den Direktabfluss und den Basisabfluss (vgl. Kap. 3.2). Der Basisabfluss setzt sich aus dem langsamen bzw. verzögerten Zwischenabfluss und dem Grundwasserabfluss zusammen. Da durch eine Grundwasserförderung ausschließlich der Grundwasserabfluss betroffen sein kann, ist der Anteil des Basisabflusses am Gesamtabfluss eine wichtige Größe, um die Beeinflussbarkeit eines Gewässerabschnittes abschätzen zu können. In der Praxis ist der Basisabfluss aber nicht eindeutig zu bestimmen. Wie in Kap. 3.2 bereits beschrieben, gibt es zahlreiche Verfahren, die den Basisabfluss aus dem mittleren Abfluss abzuschätzen versuchen. In diesem Gutachten werden die Basisabflussmengen an den Pegeln nach Empfehlung des GLD [U 38] mit Hilfe des statistischen Verfahrens nach W UNDT [U 47] berechnet.

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Tabelle 8 zeigt den durchschnittlich ermittelten Basisabfluss (MoMNQ) an den Pegeln für die Jahre 1983-2013 (31 Jahre). Dieser ermittelte Basisabfluss wird ins Verhältnis zum mittleren Gesamtabfluss gesetzt. Es zeigt sich, dass im Schnitt 75%-90 % des Abflusses aus dem Basisabfluss kommen. Am Aubach ist der Anteil des Basisabflusses geringer (50%-70 %). Insgesamt bedeutet das, dass ein Großteil des Abflusses grundwasserbürtigen Ursprungs ist, also das Grundwasser in die Oberflächengewässer exfiltriert. Auch schwebende Grundwasservorkommen werden hierzu gezählt, obgleich hier kein hydraulischer Kontakt zum obersten Grundwasserstockwerk besteht und eine Förderung von Grundwasser auf die Abflussspenden der schwebenden Stockwerke keinen Einfluss hat (vgl. Kap. 4.6). Wie viel Fließstrecke der Gewässer im Pegeleinzugsgebiet von schwebenden Grundwasserstockwerken gespeist werden, ist ebenfalls Tabelle 8 zu entnehmen. Je höher dieser Anteil, umso geringer ist ein möglicher Fördereinfluss auf den Abfluss an diesem Pegel (vgl. Anlage 7). Tabelle 8:

Anteil Basisabfluss am mittleren Gesamtabfluss Beobachtungsperiode: 1983-2013

Este

1 2 3 4

WELLE HöCKEL LANGELOH EMMEN

1983-2013 1983-2003 1983-2013 1983-2013

5 6 8 9

WEHLEN INZMüHLEN/S THELSTORF JEHRDEN

1983-2003 1983-2013 1983-2013 1983-2013

21 31 31 31

0,031 0,345 0,876 3,554

0,037 0,370 1,005 4,321

84,9% 93,4% 87,5% 82,4%

> 75%

Seeve

7 INZMüHLEN/W

1983-2003

21

0,067

0,085

80,0%

> 50%

10 12 13 14

1983-2013 1984-2003 1983-2013 1983-2013

31 20 31 31

0,095 0,420 0,601 0,856

0,130 0,525 0,794 1,140

73,0% 80,3% 76,0% 75,4%

> 75%

11 DöHLE/R

1984-2003

20

0,109

0,128

85,3%

> 75%

Aubach

15 TOPPENSTEDT 16 WULFSEN

1983-2013 1983-2013

31 31

0,039 0,313

0,075 0,461

51,4% 68,2%

> 50%

Nordbach

17 SALZHAUSEN

1983-2013

31

0,119

0,175

68,3%

18 ROYDORF

1983-2013

31

3,828

4,632

82,9%

Wehlener Moorbach

Schmale Aue

Radenbach

Luhe

Nr

Pegel

Zeitraum

DöHLE/S SCHäTZENDORF HANSTEDT MARXEN

MoMNQ [m³/s] 0,056 0,133 0,229 1,408

Mittelwert MQ [m³/s] 0,076 0,192 0,314 1,780

Verhältnis Einfluss schweb. MoMNQ/MQ [%] Stockwerke 74,5% 70,1% 73,3% 79,3%

Anzahl Jahre 31 21 31 31

Gewässer

blau: verkürzte Zeitreihe

5.6

Vergleich verschiedener Abflusskennwerte

Eine Größeneinordnung verschiedener hier im Gutachten verwendeter Abflusskennwerte gibt Abbildung 15 wieder. Hier sind exemplarisch die Ganglinien der letzen zehn Jahren am Pegel Langeloh an der Este aufgetragen. Der mittlere (MQ) und der niedrigste Abfluss (NQ) sind dabei als aggregierte Monatswerte dargestellt. Die Werte für den NM7Q sind jährliche Werte und beschreiben den niedrigsten Abfluss aus sieben aufeinanderfolgenden Tagen innerhalb dieses Jahres. Aus visuellen Gründen wurden die NM7Q-Werte statt als Punkte als Querbalken gezeichnet. Die gestrichelte Linie gibt den Wert des Basisabflusses nach W UNDT

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für Zeitspanne 1983-2013 an. Sie entspricht damit der Mittelwertlinie der roten NQ-Kurve. Der Basisabfluss macht am Pegel Langeloh etwa 73 % des mittleren Abflusses aus.

MQ, NQ, Basisabfluss (nach WUNDT) und NM7Q Pegel Langeloh 0,75 0,70 0,65 0,60 0,55 0,50

Abfluss [m ³/s]

0,45 0,40

MQ NQ

0,35

Basisabfluss (Wundt)

0,30

NM7Q

0,25 0,20 0,15 0,10 0,05 0,00

Abbildung 15:

5.7

MQ, NQ, Basisabfluss (nach W UNDT) und NM7Q am Pegel Langeloh im Vergleich

Plausibilitätsprüfung der gewässerkundlichen Hauptwerte

Nach der Plausibilitätsprüfung für die Korrelation von Wasserstands- und Abflussdaten (vgl. Kap. 5.2), beschränkt sich die Plausibilitätsprüfung der gewässerkundlichen Hauptwerte auf die Abflusswerte. Für jeden Pegel wurden die Bereiche mit besonders hohen mittleren monatlichen Abflüssen gesucht und mit einem „Zeitmarker“ versehen. Die wichtigsten Phasen mit besonders hohem Abfluss waren die Jahre 1983-84, 1988, 1994-95, 2002, 2008 und das Jahr 2012. Auffällig häufig weisen diese Jahre gleichzeitig auch besonders hohe Niederschläge auf. Von den acht genannten Jahren, waren fünf niederschlagsreicher als das langjährige Mittel, 1988 lag genau im Durchschnitt und lediglich 1995 und 2012 waren etwas trockener (vgl. Abbildung 10). Allerdings ist dies in beiden Fällen durch sehr hohe Niederschläge im Januar zu erklären, obgleich das restliche Jahr vergleichsweise geringe Niederschläge aufwies. Das Jahr 2002 sticht mit seinem Jahrhunderthochwasser im gesamten Einzugsgebiet der Elbe als sehr abflussreiches Jahr auch im Gebiet der Nordheide hervor. In diesem Jahr lag der Jahresniederschlag an der Wetterstation Jesteburg mit mehr als 1100 mm ca. 30 % über dem langjährigen Mittel von 800 mm.

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Ein hoher Jahresniederschlag alleine führt aber nicht immer auch zu hohen mittleren Abflusswerten. Zum einen spielt die jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge eine Rolle, aber auch, wie die vorherigen Jahre ausgeprägt waren. Beispielsweise führten die sehr hohen Niederschläge im Jahr 1998 nicht zu besonders hohen Abflüssen, da die vorangegangenen Jahre eher trocken waren und die Grundwasserspiegel vergleichsweise gering waren. Damit war auch der Basisabfluss geringer als im Durchschnitt. Die Ganglinien für alle Pegel sind in Anlage 11.1 zu finden. Stellvertretend für die vier Flussgebiete zeigt Abbildung 16 exemplarisch die monatlichen MQ-Kurven für die Pegel Emmen, Jehrden, Marxen und Roydorf inklusive der Zeitmarker. Monatliche MQ am Pegel EMMEN (Este) 4,0 3,5

1988

1994+1995

2008

Monatliche MQ am Pegel JEHRDEN (Seeve)

2012

9,0

2002

8,0

MQ [m³/s]

2,0 1,5

2008

2012

5,0 4,0 3,0

1,0

2,0

0,5

1,0

0,0

0,0

Monatliche MQ am Pegel MARXEN (Schmale Aue)

Monatliche MQ am Pegel ROYDORF (Luhe)

3,0

10,0

1994+1995

2002

2008

2012

9,0 1983

1988

2008

2012

7,0 MQ [m³/s]

1,5

1994

8,0

2,0 MQ [m³/s]

2002

6,0

2,5

2,5

1994+1995

7,0

3,0

MQ [m³/s]

1984

1,0

6,0 5,0 4,0 3,0 2,0

0,5

1,0 0,0

Abbildung 16:

0,0

Analyse der mittleren Abflüsse (MQ)

Bei der visuellen Bewertung für die Phasen mit besonders niedrigen Abflüssen wurde analog zu oben beschriebenen Verfahren vorgegangen. Allerdings wurden statt der MQ-Werte die monatlichen NQ-Werte als Ganglinie erzeugt und in diesen ebenfalls Zeitmarker für die Abschnitte mit besonders geringen Abflussmengen gesetzt. Stellvertretend für die vier Flussgebiete sind in Abbildung 17 exemplarisch die monatlichen NQ-Kurven für die Pegel Emmen, Jehrden, Marxen und Roydorf inklusive der Zeitmarker dargestellt. Alle Ganglinien sind in Anlage 11.2 zu finden.

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Monatliche NQ am Pegel JEHRDEN (Seeve)

Monatliche NQ am Pegel EMMEN (Este) 7,0

3,0

6,0

2,5

5,0

NQ [m³/s]

2,0 NQ [m³/s]

Seite 37

1,5

1,0

4,0 3,0 2,0

0,5

1990 1992

1996+1997

1991+1992

1996

1999

2003

1,0

2010

0,0

0,0

Monatliche NQ am Pegel ROYDORF (Luhe)

Monatliche NQ am Pegel MARXEN (Schmale Aue) 7,0

1,8 1,6

6,0

1,4 5,0

1,0

NQ [m³/s]

NQ [m³/s]

1,2

0,8 0,6

4,0 3,0 2,0

0,4 0,2 0,0

Abbildung 17:

1992

1996+1997 1999

2010+2011

1992

1996+1997 2000

1,0 0,0

Analyse der Niedrigwasserabflüsse (NQ)

Bei der Bestimmung der wichtigsten Phasen mit besonders geringem Abfluss ergibt sich ein etwas uneinheitlicheres Bild. Übereinstimmend bei fast allen Pegeln sind die Jahre 1990-92 und 1996-97 durch besonders geringe Abflüsse gekennzeichnet. Bei ca. einem Drittel aller Pegel treten darüberhinaus in den Jahren 2003-04 ausgeprägte Niedrigwasserphasen auf. Und bei ebenso vielen Pegeln gab es in den Jahren 2009 und 2010 starke Niedrigwasserereignisse. Meistens korrelieren die genannten Jahre mit ausgeprägten Niedrigwasserereignissen mit Jahren, in denen die Niederschläge unterdurchschnittlich waren (vgl. Abbildung 10). Von den neun aufgezählten Jahren traf dies acht Mal zu. 2010 war dagegen ein durchschnittlich nasses Jahr. Beim Niedrigwasser scheint die Ausprägung der vorangehenden Jahre im Vergleich zur MQBetrachtung von entscheidender Bedeutung zu sein. Die besonders trockenen Jahre 1989 bis 1992 führten zu nachhaltig niedrigeren Wasserständen an allen gemessenen Pegeln. Vor allem im hydrologischen Jahr 1992 gab es sehr geringe Abflussmengen. Es ist wahrscheinlich, dass die Grundwasserspeicher am Ende dieser trockenen Witterungsphase verhältnismäßig leer waren und die dadurch unterdurchschnittlichen Basisabflüsse in Kombination mit den geringen oder ausbleibenden Niederschlägen und einer erhöhten Verdunstung diese ausgeprägten Niedrigwasserereignisse begünstigt haben. Dies trifft auch auf die Jahre 1996 und 1997 zu, die die beiden letzten Jahre einer dreijährig andauernden trockenen Witterungsperiode von 1995-97 waren. Hieran wird deutlich, dass das Grundwasser beim Wirkungspfad Niederschlag -> Grundwasser -> Oberflächengewässer

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einen dämpfenden oder puffernden Effekt hat, bzw. dass es zwischen Niederschlag und Abfluss eine zeitliche Verzögerung gibt. Wie groß der Einfluss des Niederschlags auf den Abfluss ist, zeigt sich auch an der Amplitude der Abflussganglinie. Aggregiert man die täglichen bzw. die monatlichen Abflussmengen für ein Jahr, so können diese Zusammenhänge besser aufgezeigt werden, da dann kurzfristige Schwankungen, wie z.B. Hochwasserereignisse nicht mehr ins Gewicht fallen. Jährl. MQ-Werte in % im Vergleich zum 30-jährigen Mittel (1961-1990) am Pegel Emmen (Este)

150

"überdurchschnittlicher Abfluss"

140

139 135

132

130 121

120

118

117

118 115 112

111

111

107

112

111

110

110

116

107

107

107

104 102

102 103

101

[%]

100

100

Ø (1961-1990) = 100 %

99

97

90

104

97

96

96

93

92 89

89

94 92

92

92 89

91

92

89 86

84

80

83

83 79 76

70

60

78

75 75 72

71

73

"unterdurchschnittlicher Abfluss" 64

50

Abbildung 18:

Jährliche Variabilität des MQs in % am Pegel Emmen

Abbildung 18 zeigt die jährliche Variabilität der mittleren Abflüsse am Beispiel des Pegel Emmen. Die Abbildung ist ähnlich aufgebaut, wie Abbildung 10 für die Jahresniederschläge an der Wetterstation Jesteburg. Allerdings sind die Abflusswerte jeweils für ein hydrologisches Jahr (1.11.-31.10.) aggregiert, während die Niederschläge jeweils für ein Kalenderjahr zusammengefasst wurden. In der Abbildung werden die mittleren jährlichen Abflussmengen in Bezug zum durchschnittlichen Abfluss für die Jahre 1961-1990 (1,811 m³/s) gesetzt und als prozentuale Abweichung von diesem langjährigen Jahresmittel über die Zeit aufgetragen. Jahre mit weniger als 100 % bedeuten einen unterdurchschnittlichen Jahresabfluss, Jahre mit mehr als 100 % waren Jahre mit überdurchschnittlichem Abfluss. Diese Darstellung verdeutlicht, dass es enorme natürliche Schwankungen im Abflussgeschehen zwischen zwei Jahren geben kann. Die langjährige Zeitreihe des Pegel Emmen zeigt darüber hinaus, dass diese jährliche Variabilität über den gesamten Zeitraum sehr hoch ist. Eine Veränderung dieser Variabilität durch die aufgenommene Förderung der HWW im Jahre 1982 ist nicht festzustellen.

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In etwa einem Viertel der 55 Beobachtungsjahre schwankt die Abflussmenge um mehr als 20 % im Vergleich zum Vorjahr. Die stärksten Schwankungen traten mit etwa 50 % zwischen den Jahren 2001 (-11 %) und 2002 (+39 %) und mit etwa 47 % zwischen den Jahren 1960 (36 %) und 1961 (+11 %) auf. Die relative Entwicklung der Abflüsse zeigt eine grundsätzliche Übereinstimmung zwischen trockenen Jahren und Jahren mit unterdurchschnittlichem Abfluss auf der einen und nassen Jahren bzw. Jahren mit überdurchschnittlichem Abfluss auf der anderen Seite.

5.8

Hydrologische Längsschnitte

Die Betrachtung eines Fließgewässers im hydrologischen Längsschnitt gibt Aufschluss über die Entwicklung der Einzugsgebietsgröße und der Abflussmengen unter Berücksichtigung der Nebengewässer. Grafisch orientiert sich die Darstellung an den Abbildungen in den Deutschen gewässerkundlichen Jahrbüchern, die unter anderem vom NLWKN herausgegeben werden (z.B. [U 35]). Neben den bekannten Einzugsgebietsgrößen der Pegel an einem Fluss müssen zusätzlich die Einzugsgebiete der größten Nebenflüsse ermittelt werden. Mündet ein Nebengewässer in den Hauptvorfluter, so vergrößert sich dessen Einzugsgebiet ab dieser Stelle um das Einzugsgebiet des Nebenflusses. Für dieses Gutachten sind hydrologische Längsschnitte für die drei wichtigsten Hauptgewässer Este, Seeve und Schmale Aue angefertigt worden. Exemplarisch wird an dieser Stelle die Seeve dargestellt. Alle hydrologischen Längsschnitte befinden sich in Anlage 12. In Abbildung 19 ist das oberirdische Einzugsgebiet (AEo) der Seeve dargestellt. Die Seeve entspringt südlich von Wehlen und fließt zunächst nordwärts, dann in nordöstlicher Richtung und mündet schließlich in die Elbe. Bis zum ersten Gewässerpegel Wehlen hat sie in etwa 2 km Fließstrecke hinter sich. Das Einzugsgebiet des Pegels Wehlen beträgt 22 km². Im weiteren Flussverlauf münden von Westen kommend der Handeloh Bach und wenig später von Osten kommend der Wehlener Moorbach und der Weseler Bach ein. In der Abbildung wird die sprunghafte Zunahme der Einzugsgebietsgröße gut ersichtlich. Für die kleineren Nebengewässer Büsen Bach und Schierhorn Bach wurde das Einzugsgebiet nicht ermittelt, weshalb die Zunahme des Seeveeinzugsgebiets zwischen der Einmündung des Weseler Baches und dem Pegel Thelstorf linear abgeschätzt wird. Durch die Einmündung des Seppenser Baches (AEo ≈ 86 km²) und der Schmalen Aue (AEo ≈ 160 km²) erreicht das Einzugsgebiet der Seeve bei Fließkilometer 32 am Pegel Jehrden in etwa eine Größe von 410 km². Die Kurve endet am Pegel Jehrden, da hier auch die Grenze des Untersuchungsgebiets für dieses Gutachten liegt. Die Seeve mündet schließlich nach etwa neun weiteren Kilometern Fließstrecke in die Elbe.

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Oberirdisches Einzugsgebiet SEEVE

AE0 [km²]

AE0 [km²] 600

Pegel Jehrden

600

Schmale Aue

500

400

500

400

300

Pegel Thelstorf Seppenser Bach

300

100

Weseler Bach

Pegel Wehlen

Pegel Inzmühlen/S Handeloh Bach Wehlener Moorbach

200

200

100

0

0 0

5

10

15

20

25

30

35

Fluss-km

Abbildung 19:

Oberirdisches Einzugsgebiet der Seeve

Die Entwicklung des mittleren Abflusses (MQ) wird analog zur Entwicklung des oberirdischen Einzugsgebiets dargestellt (Abbildung 20). Die mittleren Abflussmengen der Nebengewässer, an denen keine Pegel und damit auch keine Messwerte vorhanden sind, wurden mit Hilfe von gebietstypischen Abflussmengen für die hydrologische Landschaft Nordheide [U 14] abgeschätzt. Die Autoren geben für die Nordheide einen gebietstypischen Abfluss von 290-330 mm pro Quadratmeter an. Diese Größenordnung wurde anhand der bekannten Einzugsgebietsgrößen und Abflussmengen der Pegel im Gebiet verglichen. Insbesondere bei kleinen Pegeln und bei Pegeln, die zu einem großen Anteil aus schwebenden Stockwerken gespeist werden, weichen die Schätzwerte stark von den tatsächlichen Messwerten ab. In der Regel überschätzen die Schätzwerte die gemessenen Abflüsse, am Pegel Wehlen (Seeve) sogar um das 5-fache. Je größer das Einzugsgebiet, desto mehr nähern sich Schätzwert und Messwert aneinander an. Für die Pegel Emmen, Jehrden und Roydorf gab es Abweichungen von 10% oder weniger. Für die grafische Auswertung der mittleren Abflüsse im Flusslängsverlauf wurde der gebietstypische Abflusswert von 290 mm pro Quadratmeter verwendet.

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Mittlerer Abfluss SEEVE

Q [m³/s]

Q [m³/s] 6,00

Pegel Jehrden

6,00

Schmale Aue

5,00

4,00

5,00

4,00

3,00

Pegel Thelstorf Seppenser Bach

3,00

Weseler Bach

Pegel Wehlen

1,00

Pegel Inzmühlen/S Handeloh Bach Wehlener Moorbach

2,00

2,00

1,00

0,00

0,00 0

5

10

15

20

25

30

35

Fluss-km

Abbildung 20:

Mittlerer Abfluss der Seeve

An der Grafik fällt der verhältnismäßig geringe Abfluss der Seeve am Pegel Wehlen auf, wohingegen der Abfluss am nur knapp 4 km flussabwärts gelegenen Pegel Inzmühlen/S schon deutlich angestiegen ist. Ursache hierfür dürfte sein, dass die Seeve im Oberlauf keinen hydraulischen Kontakt zum Grundwasser hat und ausschließlich aus Niederschlagswasser und aus schwebendem Grundwasser gespeist wird. Etwa einen Kilometer nördlich von Wehlen bekommt die Seeve dann hydraulischen Kontakt zum Grundwasser. Die beiden Nebengewässer mit den größten Abflussmengen sind der Seppenser Bach und die Schmale Aue.

5.9

Trendanalyse der Niedrigwasserabflüsse

Die Analyse von Abflusszeitreihen ist eine weit verbreitete Methode, um Aussagen über Trends tätigen zu können und damit ein Instrument, um die zukünftigen Entwicklungen des Abflussregimes abschätzen zu können. Standen früher Analysen zu Hochwasserabflüssen im Mittelpunkt, so sind seit dem sehr trockenen Jahr 2003 auch vermehrt Untersuchungen zum Niedrigwasserabfluss durchgeführt worden. Insbesondere Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel sind hier in der Mehrzahl. Niedrigwasser sind natürliche Ereignisse, die vor allem durch ungünstige Witterungskonstellationen verursacht werden. Ihre Ursache ist häufig Niederschlagsmangel in Verbindung mit einer hohen Verdunstung. Darüberhinaus können zahlreiche anthropogene Einflüsse auf die Niedrigwasserereignisse einwirken und diese begünstigen oder verstärken.

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Nach LAWA [U 6] werden direkte und indirekte anthropogene Eingriffe unterschieden. Erstere wären direkte Einleitung bzw. Entnahmen aus dem Oberflächengewässer, als indirekt gelten Änderungen der Flächennutzung und damit eine Einflussnahme auf die Grundwasserneubildung oder z.B. Förderung von Grundwasser und damit eine Einflussnahme auf die Höhe der Grundwasserstände. Letzteres ist vor allem deshalb von Bedeutung, da der Niedrigwasserabfluss in der Regel ausschließlich grundwasserbürtigen Ursprungs ist. Niedrigwasser kann gravierende ökologische Folgen nach sich führen. So führt z.B. eine Reduzierung der Abflussmengen zu einer Reduzierung der Fließgeschwindigkeit. Wird die Grenzgeschwindigkeit (vgl. hierzu Kap. 4.5) unterschritten, so kann die Ablagerung von Feinsedimenten zu einer Verschlämmung der Gewässersohle führen und damit den Lebensraum vieler Organismen zerstören. Zudem wärmt sich das Gewässer in Niedrigwasserphasen stärker auf und insbesondere bei langanhaltenden Niedrigwasserereignissen kann es zu einer bedrohlichen Reduzierung des Sauerstoffgehaltes kommen. Für die hydrologische Analyse des Niedrigwasserabflusses wurde vom Deutschen Verband für Wasserwirtschaft und Kulturbau (DVWK) bereits 1983 ein Regelwerk veröffentlicht, welches die Herangehensweise der Ganglinienuntersuchungen beschreibt [U 8]. Durch die gleiche Herangehensweise ist die Vergleichbarkeit verschiedener Studien und Gutachten gegeben. Die Analyse geht jedoch nicht auf gewässerökologische Aspekte ein, sondern ist ein rein deskriptiv-statisches Verfahren. Als geeigneter Parameter wird vom DVWK das kleinste arithmetische Mittel von sieben aufeinanderfolgenden Tagen (NM7Q) innerhalb einer Bezugsperiode vorgeschlagen. Als Bezugsperiode wurde dabei das Wasserbilanzjahr (01.04. bis 31.03.) herangezogen. Analysiert wird im Folgenden eine jährliche Serie des Niedrigwasserabflusses NM7Q. Von einer jahreszeitlich differenzierten Auswertung wird nach Empfehlung des GLD in diesem Falle abgesehen [U 38]. Ohnehin traten die stärksten Niedrigwasserereignisse im Sommer auf. Über 80 % aller NM7Q-Werte aller Pegel über alle ausgewerteten Jahre lagen in den Monaten Juni-September. Hierbei wurden 677 NM7QWerte berücksichtigt. Abbildung 21 zeigt eine Häufigkeitsverteilung über die Monate in denen die NM7Qs aufgetreten sind. 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5%

Dezember

November

Oktober

September

Abbildung 21:

August

Monat

Juli

Juni

Mai

März

Februar

Januar

April

0%

Häufigkeitsverteilung der Monate in denen das NM7Q ermittelt wurde (n=677)

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Seite 43

Wie in Kap. 5.3 bereits ausgeführt, wurden die Niedrigwasserabflüsse (NM7Q) für jeden Pegel auf einen Trend hin untersucht. Dabei wurden nach Möglichkeit zwei verschiedene Beobachtungszeiträume verwendet, einmal der der Periode der Förderung 1983-2012 und einmal die gesamte verfügbare Zeitspanne. Für einige Pegel wurden dadurch Zeitreihen von mehr als 50 Jahren ausgewertet, was die Verlässlichkeit der Aussagen erhöht. Als Methode wurde eine lineare Regression gewählt, die skriptbasiert mit der Open-Source Statistiksoftware R durchgeführt wurde. Entsprechend den Vorgaben der DVWK-Regel 120/1993, wurde durch alle jährlichen Werte des NM7Qs an einem Pegel eine lineare Trendgerade gelegt und die Steigung b der Geraden bestimmt. Durch bestmögliche Anpassung der Trendgeraden an die Messwerte mittels linearer Regression wird der Betrag der Abweichungen zwischen den Werten auf der Geraden und den Messwerten minimiert. Die Trendgerade stellt somit die bestmögliche lineare Abbildung der Ganglinie dar. Mit Hilfe des t-Tests (STUDENT-Test) wird untersucht, ob die Steigung signifikant von 0 abweicht. In diesem Falle wird die Hypothese, „es gibt keinen Trend“ zugunsten der Alternativhypothese „die Daten weisen einen Trend auf“ verworfen. Bei der Prüfung wurde ein 2-seitiger Test mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von α=0,05 (5 %) verwendet. Dies ist ein in der Statistik gängiger Wert, der unter anderem auch bei [U 15] verwendet wurde. Er bedeutet, dass ein als signifikant ausgewiesener Trend mit einer 95 prozentiger Wahrscheinlichkeit zutrifft. Voraussetzung für die statistisch korrekte Anwendung des t-Tests ist, dass die Grundgesamtheit der Daten normalverteilt ist. Da dies bei Abflussdaten nicht immer der Fall ist, können die Testergebnisse nur als Näherung gesehen werden [U 8]. Bei der Interpretation der Ergebnisse sind zwei Werte von Bedeutung: zum einen die Steigung der Trendgeraden und zum anderen der Wahrscheinlichkeitswert p. Erstere gibt die Richtung des Trends an und zeigt dessen Stärke. Die Steigung ist die langfristige, über den analysierten Zeitraum durchschnittliche Abflussänderung pro Jahr in [m³/(s*a)]. Zur besseren Vergleichbarkeit von Steigungswerten bei Gewässern mit grundlegend verschiedenen Abflussmengen wurde die Steigung auch noch als prozentualer Wert angegeben. Dieser Wert zeigt die durchschnittliche prozentuale Abflussänderung pro Jahr und ist dimensionslos. Der zweite Wert ist der p-Wert. Dies ist der Wahrscheinlichkeitswert, der angibt, ob die berechnete Steigung nur zufällig von Null abweicht, oder ob der Trend statistisch signifikant ist. Letzteres ist gegeben, wenn der p-Wert kleiner ist, als die angesetzte Irrtumswahrscheinlichkeit des t-Tests. Bei der standardmäßig verwendeten Irrtumswahrscheinlichkeit von α=0,05 bedeutet dies, dass alle Steigungen mit einem p-Wert von kleiner als 0,05 als signifikant oder „nicht zufällig“ eingestuft werden können. Je kleiner der p-Wert, desto wahrscheinlicher ist es zudem, dass der Trend signifikant ist. Nur die Kombination beider Werte lässt eine sinnvolle Interpretation der Ergebnisse zu. Zeigt z.B. eine Trendgerade einen abfallenden Trend, der p-Wert ist aber dabei größer als 0,05, dann bedeutet dies, dass der ermittelte Trend nur als zufällig gewertet werden kann. Je näher der p-Wert an 1 liegt, desto weniger kann von einem statistisch belastbaren Trend die Rede sein. Das Ergebnis der Trendanalyse besteht aus zwei Teilen: erstens einer Ganglinie für jeden Pegel und zweitens einer aggregierten tabellarischen Übersicht für alle Pegel gemeinsam. Hier werden exemplarisch die vier Ganglinien der Pegel Jehrden, Welle, Wulfsen und

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Langeloh gezeigt (Abbildung 22). Die Ganglinien aller Pegel befinden sich in Anlage 13. In den Tabelle 9 und Tabelle 10 befinden sich die tabellarischen Übersichten.

Abbildung 22:

Ganglinien NM7Q mit Trends

Die vier Beispiele stehen für die vier vorkommenden Situationen der Trendentwicklung. Die Sterne in der rechten oberen Ecke der Abbildungen zeigen an, ob es sich um einen signifikanten Trend handelt, oder ob die Steigung der linearen Trendgeraden statistisch zufällig von 0 abweicht. Die Farbe blau steht dabei für die gesamte Zeitreihe, rot steht für die Beobachtungszeitreihe 1983-2012. Am Pegel Jehrden gibt es einen langfristigen absteigenden Trend der NM7Qs. Dieser Trend ist signifikant. Seit 1983 ist dieser Trend jedoch durchbrochen und die Werte schwanken in etwa um die Trendgerade, weisen also keinen Trend mehr auf. Am Pegel Wulfsen hingegen gibt es für beide Zeiträume eine stetige Abnahme der NM7QWerte seit Anfang der 1970er Jahre. Für beide Zeitabschnitte sind die Ergebnisse zudem statistisch signifikant. Gegenläufig verhält sich jedoch der Pegel Welle, an dem die Niedrigwasserabflüsse im Zeitraum seit Anfang der 1970 Jahre ansteigen und insbesondere seit Beginn der Förderung im Zeitraum 1983 bis 2012 die Steigung noch zugenommen hat. Im letzt genannten Zeitraum ist diese Entwicklung signifikant.

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Die Entwicklung am Pegel Langeloh zeigt für den Zeitraum von 1957 bis 2012 einen langfristig leicht absteigenden Trend, der in den letzten 30 Jahren (1983-2012) umgekehrt wurde. Die Trendaussagen zum Pegel Langeloh sind nicht signifikant und damit statistisch zufällig. Tabelle 9:

Ergebnis der Trendanalyse für den Betrachtungszeitraum 1983-2012 Beobachtungsperiode: 1983-2012 Pegel

Zeitraum

Este

1 2 3 4

WELLE HöCKEL LANGELOH EMMEN

1983-2012 1983-2003 1983-2012 1983-2012

Anzahl Jahre 30 21 30 30

Seeve

5 6 8 9

WEHLEN INZMüHLEN/S THELSTORF JEHRDEN

1983-2003 1983-2012 1983-2012 1983-2012

21 30 30 30

0,0001 -0,0005 -0,0011 -0,0006

0,61% -0,15% -0,15% -0,02%

0,4718 0,4278 0,5296 0,9410

7 INZMüHLEN/W

1983-2003

21

0,0000

0,03%

0,9336

10 12 13 14

1983-2012 1984-2003 1983-2012 1983-2012

30 20 30 30

-0,0005 -0,0007 -0,0024 -0,0024

-0,59% -0,20% -0,47% -0,34%

0,1724 0,6836 0,1885 0,3366

11 DöHLE/R

1984-2003

20

-0,0006

-0,60%

0,1512

Aubach

15 TOPPENSTEDT 16 WULFSEN

1983-2012 1983-2012

30 30

-0,0001 -0,0028

-0,65% -1,02%

0,4501 0,0311 *

Nordbach

17 SALZHAUSEN

1983-2012

30

-0,0002

-0,26%

0,5363

18 ROYDORF

1983-2012

30

0,0007

0,02%

0,9241

Gewässer

Wehlener Moorbach

Schmale Aue

Radenbach

Luhe

Nr

DöHLE/S SCHäTZENDORF HANSTEDT MARXEN

blau: verkürzte Zeitreihe

Steigung Steigung [m³/(s*a)] [%] 0,0006 2,00% 0,0002 0,22% 0,0005 0,33% 0,0059 0,58%

p-Wert

Signifikanz

0,0221 * 0,7713 0,5327 0,1196

α=0.05, 2-seitig

Die Auswertung der Trendanalyse für den Förderzeitraum erfolgte in der Regel für 30 Jahre. An einigen Pegeln wurden die Messungen jedoch Ende 2004 eingestellt, so dass hier nur eine verkürzte Zeitreihe bis einschließlich des Wasserbilanzjahres 2003 ausgewertet werden konnte. Bei der Auswertung zeigen acht Pegel eine Abnahme der NM7Qs, an fünf Pegeln konnten keine nennenswerten Trends festgestellt werden und für weitere fünf Pegel konnte sogar eine Zunahme der Niedrigwasserabflüsse dokumentiert werden. Räumlich konzentriert sich diese Zunahme vor allem auf die Pegel im Flussgebiet der Este. Hier weisen alle vier Pegel einen positiven Trend auf. Im Flussgebiet der Seeve gab es keine nennenswerten Trends. Ebenso konnten für die Luhe keine Trends festgestellt werden. Anders verhalten sich hingegen das Flussgebiet der Schmalen Aue sowie der Aubach und der Nordbach. Hier zeigen die Analysen leicht rückläufige Niedrigwasserabflüsse. Allerdings sind diese Ergebnisse mit Ausnahme des Pegel Wulfsen nicht signifikant und damit als statistisch zufällig einzustufen.

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Tabelle 10:

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Seite 46

Ergebnis der Trendanalyse für den gesamten verfügbaren Zeitraum Beobachtungsperiode: gesamter Zeitraum Pegel

Zeitraum

Este

1 2 3 4

WELLE HöCKEL LANGELOH EMMEN

1973-2012 1983-2003 1957-2012 1957-2012

Anzahl Jahre 40 21 56 56

Seeve

5 6 8 9

WEHLEN INZMüHLEN/S THELSTORF JEHRDEN

1983-2003 1983-2012 1983-2012 1962-2012

21 30 30 51

7 INZMüHLEN/W

1983-2003

21

10 12 13 14

1979-2012 1984-2003 1973-2012 1972-2012

34 20 40 41

11 DöHLE/R

1984-2003

20

Aubach

15 TOPPENSTEDT 16 WULFSEN

1982-2012 1972-2012

Nordbach

17 SALZHAUSEN 18 ROYDORF

Gewässer

Wehlener Moorbach

Schmale Aue

Radenbach

Luhe

Nr

DöHLE/S SCHäTZENDORF HANSTEDT MARXEN

Steigung Steigung [m³/(s*a)] [%] 0,0003 0,74%

p-Wert

Signifikanz

0,2719

-0,0004 0,0004

-0,22% 0,04%

0,3155 0,7953

-0,0082

-0,25%

0,0415 *

-0,0009

-1,00%

0,0048 *

-0,0021 -0,0019

-0,39% -0,26%

0,1054 0,2745

31 41

-0,0001 -0,0035

-0,52% -1,06%

0,5286 0,0001 *

1977-2012

36

-0,0009

-0,79%

0,0242 *

1962-2012

51

-0,0042

-0,13%

0,3451

rot: Beobachtungsperiode > 50 Jahre grau: Beobachtungsperiode