Grundlagen der technischen Risikoanalytik Risikobewertung
Inhalt Bewertungsansätze, Tolerierbarkeit ( B nach (z.B. h Stö Störfallverordnung) f ll d ) Kosten-Nutzen-Abschätzungen ("As low as reasonably practicable“, ALARP) Möglichkeiten der Risikoreduzierung
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
2
1
Ablauf einer Risikoanalyse: Risikobeurteilung Analysevorbereitung Systembeschreibung/ Basisdaten
Modifikationen/ Optimierungen
Einbezug von Sicherheitsmassnahmen
Analysemethoden Risikocharakterisierung Schutzziele, gesetzliche und interne Vorgaben, Stand der Technik Risikobeurteilung: Risiko 0.3 entsprechen einer schweren Schädigung; die StFV gilt nur für diesen Bereich (Katastrophenschutz), Ausmasse >1 sind in der CH nicht zu befürchten.
Beispiele für die dahinter stehenden Wertfunktionen: y = 0.3 log(x) g( ) n1, Todesopfer [Anzahl] n2, Verletzte [Anzahl] y = 0.2 log(x) + 0.1 n6, Sachschäden [Mio. Fr. Indexstand 1996] y = 0.223 log(x) + 0.0778
Unsicherheiten müssen bei der Ermittlung des Schadensausmasses und/oder der Eintretenswahrscheinlichkeit in der Risikoermittlung diskutiert, aber nicht ausgewiesen werden.
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
8
4
Kriterien zur Beurteilung von schweren Schädigungen (Stufe Kurzbericht) Schadensindikator p Todesopfer Verletzte Oberirdische Gewässer
Kriterium für schwere Schädigungen (Störfallwert 0.3) Die Grössenordnung g von 10 Todesopfern. Die Grössenordnung von 100 Verletzten. Die Verunreinigung von etwa 106 m3 Wasser oder 1 km2 Wasseroberfläche.
Bemerkungen
Bei kleinen Gewässern von besonderer Bedeutung (unter 1 km2 Fläche oder 10 km Länge) können von den Vollzugsbehörden in begründeten Fällen strengere Massstäbe angewendet werden, z.B. bei geringer Regenerationsfähigkeit.
Unterirdische Gewässer Der Ausfall einer Grundwasserfassung im Ausmass von etwa 10'000 Personenmonaten. Boden
Die Beeinträchtigung der Bodenfruchtbarkeit von etwa 0.02 km2 während der Dauer von mindestens einem Jahr.
Sachwerte
Sachschäden von etwa 50 Mio. Fr. Indexstand 1996
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
9
Schadensindikatoren und zugehörige Störfallwerte der StFV Störfallwerte n1, Todesopfer [Anzahl] n2, Verletzte [Anzahl] n3, verunreinigte oberirdische Gewässer [Volumen in m3] n3, verunreinigte oberirdische Gewässer [Fläche in km2] n4, Verunreinigte unterirdische Gewässer [Ausfall in Personenmonaten] n5, Boden mit beeinträchtigter Bodenfruchtbarkeit [Flächenjahre in km2·a] n6, Sachschäden [Mio. Fr. Indexstand 1996]
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
10
5
Eintretenshäufigk keit (pro Betrieb und J Jahr)
Beurteilung der Tragbarkeit des Risiko (Stufe Risikoermittlung) 1.E-04
Summenkurve (teilweise) im nicht akzeptablen Bereich: Risiko nicht tragbar • •
1.E-05
•
Zielvorgabe für den Verlauf der Summenkurve Verfügung zusätzlicher Sicherheitsmassnahmen Ggf. Betriebsbeschränkung/Betriebsverbot
1.E-06
Bereich der nicht schweren Schädigungen
1.E-07
1.E-08
Summenkurve (teilweise) im Übergangsbereich: Interessenabwägung
1.E-09
Summenkurve im akzeptablen Bereich: Das Kontroll- und Beurteilungsverfahren ist abgeschlossen
1.E-10
1.E-11 0
0.1
0.2
Unfall
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
0.3
0.4
0.5
Grossunfall
0.6
0.7
0.8
Katastrophe
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
0.9
1
• Ggf. Zielvorgabe für den Verlauf der Summenkurve • Ggf. Verfügung zusätzlicher Sicherheitsmassnahmen • Ggf. Betriebsbechränkung/ Betriebsverbot 11
Beispiel: Flüssiggas-Tankanlage nach StFV (Einzelanlage)
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
12
6
Tolerability of Risk A band between the point of maximum tolerability (above which a project must be abandoned altogether) and the point of minimum tolerability (below which a risk is so small that the project can proceed without formal assessment). A “tolerable risk” is one that society is prepared to live with in order to have certain benefits and in the confidence that the risk is being properly controlled. An “acceptable risk” which implies that the risk, although present, is generally regarded by those exposed to it as not worth worrying about. These different perceptions mean that there is scope for confusion in communicating with the public and non-specialists on risk issues, and great care needs to be taken.
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
13
Kosten versus Nutzen als Beurteilungsmassstab ALARP (As Low As Reasonably Practicable), HSE (UK): Prinzip der K Kosten-Nutzen-Optimierung: Optimum dann, wenn d das Pi i d t N t O ti i O ti d Verhältnis der vermiedenen Unfallkosten (Sicherheitsgewinn) und den investierten Mitteln in sicherheitssteigernde Massnahmen „vernünftig“ ist; die Akzeptabilität des Verhältnisses hängt von der Risikolage ab, grösstmögliche Sicherheit wird nicht erreicht.
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
14
7
Vorgehen beim ALARP-Prinzip 1. Identifizierung von Einflussfaktoren und Optionen 2. Quantifizierung der relevanten Faktoren 3. Vergleich und Auswahl von Optionen 4. Sensitivitätsanalyse 5 Resultate 5.
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
15
1. Identifizierung von Einflussfaktoren und Optionen Einteilung der Faktoren in quantifizierbare (z.B. Kosten, Strahlendosis) und nicht quantifizierbare qua t e ba e (politische (po t sc e Entscheidungsprozesse) tsc e du gsp o esse) Kosten als zentrale Faktoren für Schutzmassnahmen: Kapitalkosten: Von Planung bis zur Inbetriebnahme, Einrichtungen, Ausrüstung, Personalausbildung usw. Betriebskosten: Lohn-, Betriebs-, Verwaltungs-, Kontroll-, Unterhalts-, Reparaturkosten usw.
Schadenskosten (nach Schutzmassnahmen) durch: Gesundheitsschädigende Effekte (tödliche und nicht tödliche) Nicht-gesundheitsschädigende Effekte, z.B. Imageverlust einer Region
Optionen: Optionen sind technische, organisatorische Varianten zur Expositionsminimierung. Sie ergeben sich oft aus der Analyse der Einflussfaktoren. Beispiel: Schutzwälle, Schutzausrüstung usw. HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
16
8
2. Quantifizierung der relevanten Faktoren auf der Basis von Modellen und Simulationen
3. Vergleich und Auswahl von Optionen • einfache i f h P Problematiken: bl tik iintuitiver t iti V Vergleich l i h aufgrund f d von E Expertenwissen, t i „best practice“ • komplexe Problematiken: quantitative, entscheidungsunterstützende Techniken wie Cost-Benefit Analysis b Sn acchha dseicnhaeurhfweaitsn de rh ö h e n d e n M a s s nahm en
a+b: G e s a m tk o s te n n a c h M assnahm en
100% K o s t e n
E in s p a ru n g
K o s te n m in im u m
0 0 a K o s te n fü r s ic h e rh e its e rh ö h e n d e M assnahm en HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
E rh ö h u n g d e r S ic h e rh e it M in im ie ru n g d e s R is ik o s
100%
R e s tk o s te n
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
17
Cost Benefit Analysis (CBA) Originates from the economic theory of welfare, it compares the th b benefit fit and d harm h associated i t d with ith diff differentt options. All relevant factors have to be expressed in monetary terms. When all these factors are expressed in the same unit it is very easy to aggregate all these different costs in a total cost. The best option is then the option presenting the minimum total cost.
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
18
9
Hypothetisches Beispiel einer Kosten-Nutzen-Analyse
Kosten [1000 Frr.]
150 Option 1: Ausbauhochwasser 310 m3/h (heutiger Zustand)
100 Option 2: Ausbauhochwasser 570 m3/h Option 3: Ausbauhochwasser 850 m3/h
50
Option 4: Ausbauhochwasser 1090 m3/h Option 5: Ausbauhochwasser 1380 m3/h
0
Option 6: Ausbauhochwasser 1830 m3/h
1
2
3
4
5
6
7
8
Option Nr.
Option 7: Ausbauhochwasser 2040 m3/h
Kosten K t für fü Schutzmassnahme S h t h [1000 F Fr.]] Schadenskosten [1000 Fr.] Summe [1000 Fr.]
Annahmen Bestimmtes Hochwasser [oft ‘worst case’] tritt auf, Häufigkeit kann unberücksichtigt bleiben. HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
19
Kosten für sicherheitssteigernde Massnahmen Die Vermeidung von Todesfällen durch Massnahmen hätte Gewinn zusätzlicher Lebensjahre zur Folge. Aus der Umsetzung der Massnahmen ergeben sich Kosten pro vermiedenem Todesfall oder Lebensjahr. Lebensrettungskosten PAP - Test
1000$ pro vermiedenem Todesfall 25
Mobile Behandlung von Herzinfarkten
15-30
Sicherheitsgurte in den Vordersitzen (USA)
25-110
Flugverbot für DC DC-10 10
30’000 30 000
Neue Vorschriften für Hochhäuser (UK)
100’000
Asbestsanierung in Schule
Bis 1’400’000
Wasserstoff-Rekombinatoren in Kernkraftwerken
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
3’000’000
20
10
Prozent der Massnah men
Allgemeine Verteilung der Kosten pro gerettetes Lebensjahr [US $] 35
30 25 20 15
10 5 1E10-1E11
1E E9-1E10
1 E8-1E9
1 E7-1E8
1 E6-1E7
1 E5-1E6
1 E4-1E5
1 E3-1E4
1 E2-1E3
0-1E2
200 bis 2000 > 400 bis 2000 > 2 bis 20
• ätzend/ reizend c. akute Toxi-zität • oral [mg/kg] 25 • dermal [mg/kg] • inhalativ [mg/14h] d. SDRKlassie-rung • Kl. 8 • Kl. 6.1
MS = g 2105 kg
1
-
> 25 bis 200
50
-
> 50 bis 400
0,5
-
> 0,5 bis 2
VG I
VG I, II VG II
VG III
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
VG III
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
33
Anmerkungen zu Tabelle "Giftigkeit" zu a) Giftklasse LD50 Letale (tödliche) Dosis im Tierversuch, bei der eine in-nerhalb von 24 Stunden verabreichte Dosis (in mg/kgKörpergewicht) bei der Hälfte der Versuchstiere in-nerhalb von 5 Tagen den Tod verursacht. LC50 mittlere letale Konzentration eines Stoffes im Wasser, bei welcher 50% einer Prüfgruppe von Fischen innerhalb einer ununterbrochenen Einwirkungs-dauer von mindes-tens 96 Stunden getötet werden. zu c) akute Toxizität Eine an Ratten (repräsentativ für Säuger) ermittelte Stoffeigenschaft bzw. – wirkung. oral: ein Stoff, der über den Mund aufgenommen wird, dermal: ein Stoff, der über die Haut aufgenommen wird, inhalativ: ein Stoff, der eingeatmet wird. HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
34
17
StFV-unterworfene Betriebe Kanton
Anzahl Betriebe
Kanton
Zürich
358
Schaffhausen
Anzahl Betriebe 10
Bern
389
Appenzell A.Rh.
13
Luzern
135
Appenzell I.Rh
3
Uri
21
St. Gallen
253
Schwyz
34
Graubünden
51
Obwalden
7
Aargau
231
Nidwalden
8
Thurgau
70
Glarus
28
Ticino
86 127
Zug
35
Vaud
Fribourg
124
Valais
62
Solothurn
88
Neuchâtel
67
Basel-Stadt
40
Genève
102
Basel-Landschaft
122
Jura
13
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
35
Aufteilung nach Stoffen und Anzahl Betriebe Mineralölprodukte: Heizöl, Diesel, Kerosin und Benzin; Tanks bzw. Tanklager Propan / Butan: Flüssiggas; Tanks, Raffinerien, Abfüllung Chlorierte Kohlenwasserstoffe, meist Tetra(per)chlorethylen (Perchlorethylen) und Methylenchlorid; CKW-Analgen der chemischen Industrie, Reinigungen, metallverarbeitende Betriebe Zyanide: Zyanidsalze und zyanidhaltige Bäder; chemische Industrie, metallvererbeitende Betriebe Zyanide
Zyanide
Chlor
Chlor Ammoniak
Ammoniak
CKW
CKW
Propan/Butan
Propan/Butan
11 Mio t Mineralölprodukte 500
400
300
200
100
0
Mineralölprodukte 10'000
Anzahl der Betriebe
HS 2010 / Prof. Dr. W. Kröger
Grundlagen der technischen Risikoanalytik
20'000
30'000
40'000
Mengen [t]
36
18