Gesamtperspektive Flusslandschaften: Anwendung und Erfahrungen in zwei Projekten

Gesamtperspektive Flusslandschaften: Anwendung und Erfahrungen in zwei Projekten 2 Anwendungsbeispiele der Gesamtperspektive Flusslandschaften Erf...
Author: Heiko Krüger
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Gesamtperspektive Flusslandschaften: Anwendung und Erfahrungen in zwei Projekten

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Anwendungsbeispiele der Gesamtperspektive Flusslandschaften

Erfahrungen in zwei Projekten Im Rahmen der Sichtung, Aufbereitung und Auswertung der bisherigen Planungsprozesse rund um die „Gesamtperspektive Flusslandschaften“ wurden im Sommer 2015 zwei Projekte genauer beleuchtet. Zwei Beispiele zeigen charakteristische Anwendungen der Methodik und Planungsphilosophie der Gesamtperspektive Flusslandschaften. Hierfür werden zwei vollkommen unterschiedliche Aufgabenstellungen betrachtet, die jede für sich typische Anwendungsfälle der Umsetzung nach dem Anwenderhandbuch „Flusslandschaften“ darstellen: Beispiel 1: Grenzüberschreitendes Gewässerkonzept Schlinge / Boven Schlinge - Großräumiges Gesamtkonzept zur Entwicklung eines grenzüberschreitenden ländlich geprägten kleineren Fließgewässers Beispiel 2: BerkelSTADT Coesfeld - Lokale Maßnahmenplanung im urbanen Raum mit vielfältigen Nutzungsansprüchen In den Beispieldarstellungen wird zu Beginn die konkrete Anwendung und Umsetzung der Methodik erläutert und abschließend jeweils ein Fazit unter den Aspekten Chancen, Erfahrungen und Risiken gezogen.

Planungsbüro Koenzen Wasser und Landschaft Schulstr. 37, 40721 Hilden Tel.: 02103 90 88 40 [email protected] www.planungsbuero-koenzen.de Stein + Schultz Partnerschaft Stadt-, Regional- und Freiraumplaner Fichardstr. 38. 60322 Frankfurt am Main Tel: 069 95 52 41 62 [email protected] www.steinschultz.de

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Beispiel 1: Grenzüberschreitendes Gewässerkonzept Schlinge /Boven Slinge

Projektbeschreibung:

Ziele und Aufgaben:

Grenzüberschreitendes großräumiges Gewässerkonzept für die Schlinge im Rahmen eines gemeinsamen Flurbereinigungsverfahrens der niederländischen und deutschen Behörden und Institutionen unter Berücksichtigung ausgewählter Nebengewässer der Schlinge.

In den Niederlanden stellten die Erhöhung des Wasserdargebotes (Niedrigwasser/Basisabfluss) bzw. die Erhöhung der Grundwasserneubildung und die Verzögerung der Spitzenabflüsse im Hochwasserfall einen thematischen Schwerpunkt dar. In Deutschland standen die Verbesserung des Hochwasserschutzes und der hydromorphologischen Aufwertung der Schlinge und ihrer Nebengewässer sowie die Reduzierung der stofflichen Einträge im Fokus.

4 Übersichtskarte des grenzüberschreitenden Gewässerkonzepts Schlinge / Boven Slinge

Die Karte zeigt den ausgedehnten Planungsraum mit den zugeordneten Flussetappen. Aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung im Einzugsgebiet dominieren regelprofilierte, d.h. vollausgebaute Laufabschnitte in der freien Landschaft. Kürzere Abschnitte werden von Siedlungslagen geprägt.

Die Zuordnung der Flussetappen erlaubt eine sehr effiziente und zielführende Beschreibung des IstZustandes, ohne sich in dem großflächigen Planungsraum im Detail zu verlieren. Zudem ist auf diesem Wege eine stark komprimierte und interdisziplinäre Darstellung der Bestandssituation möglich.

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Zuordnung der Werkzeuge aus der Gesamtperspektive Flusslandschaften in den Planungsablauf von konzeptionellen Gewässerentwicklungsplanungen Ablaufschema „Vorgehen bei naturnahem Gewässerausbau“ gemäß Blauer Richtlinie NRW 2010

Werkzeuge der Gesamtperspektive Flusslandschaften

Flussetappen Zustandsbeschreibung: • Umfeldnutzung • Gewässerstruktur und Hochwasserschutz • Städtebau • Flusserlebnis und Zugänglichkeit Flussraumtypen Entwicklungsoptionen: • Gewässerökologie, Naturschutz • Landschaftsbild, Flusserleben • Städtebau, Architektur • Hochwasservorsorge

6 Auf Grundlage dieser systematischen Vorgehensweise erfolgte die Zuweisung der Flussetappen und der planerischen Visionen, der Flussraumtypen. Nachfolgend wird dies Schritt für Schritt an zwei Beispielabschnitten dargestellt:

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Siedlungsgeprägtes Umfeld in Südlohn Land- und forstwirtschaftlich geprägtes Umfeld am Oberlauf

Anwendung des Konzepts von der Flussetappe zum Flussraumtyp am Beispiel eines Schlinge-Abschnitts im siedlungsgeprägten Umfeld

Zuweisung der Flussetappe : Zustandsbeschreibung: • •

Umfeldnutzung: Siedlung Gewässerstruktur und Hochwasserschutz: ausgebautes Regelprofil zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes, ökologische Durchgängigkeit zum Teil durch bestehendes Querbauwerk eingeschränkt



Städtebau: Verlauf durch Siedlungslage, eingeschränkte Flächenverfügbarkeit



Flusserlebnis und Zugänglichkeit: zum Teil durch Wohnbebauung eingeschränkte Zugänglichkeit, Flusserlebnis auf kleineren Teilabschnitten möglich

Zugewiesene Flussetappe: Regelprofilierter lungsbereich

Foto: Schlinge im Stadtbereich von Südlohn, Quelle: PBK

Bach

im

Sied-

7 Ausschnitt aus der Übersichtskarte der Flussetappen

8 Zuweisung des Flussraumtyps Entwicklungsoptionen: •



Gewässerökologie, Naturschutz: Fokus im Bereich der Sohlaufwertung und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit Landschaftsbild, Flusserleben: Zugang/Flusserleben von bestehenden Zugangspunkten und Querungen

Zugewiesener Flussraumtyp: Repräsentativer Bach





Städtebau, Architektur: Berücksichtigung der bestehenden Wohnbebauung Hochwasservorsorge: Gewährleistung des Hochwasserschutzes im Siedlungsbereich

9 Matrix zur Einordnung der Flussraumtypen aus den Flussetappen

10 Ausschnitt aus der Übersichtskarte der Flussraumtypen

Maßnahmenplanung

Der Fokus der Maßnahmen für diesen Abschnitt liegt im Bereich der naturnahen Sohlgestaltung und der Wiederherstellung der naturnahen Gefälleverhältnisse.

Auszug aus den vorgeschlagenen ökologischen Maßnahmen: • • • • •

Rückbau bestehender Querbauwerke Einbringen von Totholz Entfernen von Müll/Bauschutt im Bereich der Sohle Initiieren und Zulassen der Entwicklung von Längsbänken Entwicklung von Kolken

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Anwendung des Konzepts von der Flussetappe zum Flussraumtyp am Beispiel eines Schlinge-Abschnitts im land- und forstwirtschaftlich geprägten Umfeld

Zuweisung der Flussetappe : Zustandsbeschreibung: • •

Umfeldnutzung: Wald, landwirtschaftlich genutzte Flächen Gewässerstruktur und Hochwasserschutz: Regelprofil, Vorflutfunktion für die landwirtschaftlich genutzten Flächen



Städtebau: vereinzelte landwirtschaftliche Höfe



Flusserlebnis und Zugänglichkeit: Zugänglichkeit und Flusserleben über Wald- und Feldwege möglich

Zugewiesene Flussetappe: Regelprofilierter Bach in Feld und Wald

Foto: Schlinge im ländlichen Umfeld oberhalb von Südlohn, Quelle: PBK

12 Ausschnitt aus der Übersichtskarte der Flussetappen

13 Zuweisung des Flussraumtyps Entwicklungsoptionen: •



Gewässerökologie, Naturschutz: naturnahe Entwicklung des Gewässerabschnitts in Bezug auf Sohle, Ufer und Umfeld Landschaftsbild, Flusserleben: Zugang/Flusserleben von bestehenden Zugangspunkten über Wald- und Feldwege erlebbar

Zugewiesener Flussraumtyp: Wilder Bach





Städtebau, Architektur: Berücksichtigung der bestehenden Wohnbebauung Hochwasservorsorge: Schaffen von zusätzlichem Retentionsraum durch Anlage einer Sekundäraue, Uferaufweitungen und Abgrabung in der angrenzenden Fläche

14 Matrix zur Einordnung der Flussraumtypen aus den Flussetappen

15 Ausschnitt aus der Übersichtskarte der Flussraumtypen

Maßnahmenplanung Der Fokus der Maßnahmen für diesen Abschnitt liegt im Bereich der naturnahen Gewässerentwicklung.

Auszug aus den vorgeschlagenen ökologischen Maßnahmen: • • • • • •

Einbringen von Totholz Initiieren von Sohlstrukturen, Kolken und Längsbänken Initialpflanzungen lebensraumtypischer Gehölze Rückbau von Uferverbau Anlegen einer Sekundäraue Abflachen des Vorlandes

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Chancen, Erfahrungen und Risiken

Die Anwendung der Methodik am Beispiel der Schlinge zeigt bisher Folgendes:



Erleichterung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und Umsetzung des Planungsprozesses, da eine gemeinsame Grundlage und Vision von Anfang an besteht.



Hilfreiche Grundlage zur Diskussion, Vermittlung von Zielvorstellungen im größeren Kreis mit verschiedenen Akteuren auf Grundlage der Visualisierungen.



Gefahr einer zu schnellen und oberflächlichen Betrachtung, da die Zuordnung recht einfach wirkt und im Einzelfall nicht treffende Zuordnungen von Entwicklungszielen über die Flussraumtypen im Planungsprozess lange toleriert werden. Daher ist eine intensive Auseinandersetzung mit

den lokalen Planungszielen im Detail erforderlich. •

Durch die Flussraumdarstellung des Einzugsgebietes der Schlinge ist eine grenzüberschreitende Zukunftsvision entstanden, die als solide Grundlage für eine Zusammenarbeit bei der langfristigen Projektumsetzung über Ländergrenzen hinweg genutzt werden kann.



Das Ziel, ein grenzüberschreitendes Gesamtkonzept aufzustellen, konnte auf effiziente und ansprechende Weise erreicht werden. Einzelne der auf den Flussraumtypen fußenden Maßnahmenszenarien befinden sich im Anschluss an die konzeptionelle Planung in Vertiefung, so dass das Konzept fortgeführt wird.

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Beispiel 2: BerkelSTADT Coesfeld

Projektbeschreibung

Ziele und Aufgaben:

Verbindung der Aufgaben Renaturierung und Städtebauliche Planung durch die Realisierung der beiden Berkel-„Arme“ NaturBERKEL und UrbaneBERKEL.

Ziel des Projektes BerkelSTADT ist es, das gesamte Gewässersystem der Berkel zum neuen Gesicht der BerkelSTADT Coesfeld werden zu lassen. Während im Bereich der NaturBERKEL die ökologische Aufwertung der Berkel in Coesfeld unter Einbeziehung ihrer Parallelgewässer und die Verbesserung des Hochwasserschutzes im Vordergrund steht, liegt der Fokus im Bereich der UrbanenBERKEL auf einer städtebaulich orientierten Aufwertung im Stadtkern von Coesfeld.

Übersichtskarte

18 Zuordnung der Werkzeuge aus der Gesamtperspektive Flusslandschaften in den Planungsablauf bei naturnahem Gewässerausbau

Ablaufschema „Vorgehen bei naturnahem Gewässerausbau“ gemäß Blauer Richtlinie NRW 2010

Werkzeuge der Gesamtperspektive Flusslandschaften

Flussetappen Zustandsbeschreibung: • Umfeldnutzung • Gewässerstruktur und Hochwasserschutz • Stadt- und Raumplanung • Zugänglichkeit Flussraumtypen Entwicklungsoptionen: • Gewässerökologie • Städtebau • Landschaftsentwicklung • Flusserleben • Hochwasserschutz

19 Diese Vorgehensweise erlaubte sehr frühzeitig – weit bevor dies bei einer konventionellen Genehmigungsplanung möglich wäre – die Diskussion von Planungsoptionen im politischen Raum und in der Öffentlichkeit.

Nachfolgend werden diese auch hier an zwei Beispielabschnitten dargestellt: -

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Auf Grundlage dieser systematischen Methodik erfolgte die Zuweisung der Flussetappen und der planerischen Visionen, der Flussraumtypen.

Siedlungsgeprägtes Umfeld im Zentrum von Coesfeld (UrbaneBERKEL) Landwirtschaftlich geprägtes Umfeld oberhalb von Coesfeld mit Hochwasserrückhaltebecken (NaturBERKEL)

Anwendung des Konzepts von der Flussetappe zum Flussraumtyp am Beispiel der stark überbauten UrbanenBERKEL im Siedlungsbereich Zuweisung der Flussetappe : Zustandsbeschreibung: • •

Umfeldnutzung: Siedlung Gewässerstruktur und Hochwasserschutz: ausgebautes Regelprofil, Teilabschnitte überbaut, aufgrund der bestehenden Querbauwerke keine ökologische Durchgängigkeit; parallel zum Berkel-Arm „Umflut“ verlaufender Gewässerabschnitt  Hochwasserschutzfunktion liegt nicht allein in diesem Abschnitt





Städtebau: Verlauf durch dichte Siedlungslage, eingeschränkte Flächenverfügbarkeit, z.T. ist das Gewässer mit Siedlungs- und Verkehrsflächen überbaut Flusserlebnis und Zugänglichkeit: kaum zugänglich, auf überbauten Abschnitten gar nicht mehr sichtbar, Flusserlebnis nur auf kleineren Teilabschnitten z.B. von Brücken aus möglich

Zugewiesene Flussetappe: Kanalisierter Bach in dichter Siedlungslage

Foto: Berkel-Abschnitt „Alte Berkel“ im Innenstadtbereich von Coesfeld, Quelle: PBK

20 Zuweisung des Flussraumtyps Entwicklungsoptionen: •



Gewässerökologie, Naturschutz: keine Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung vorgesehen Landschaftsbild, Flusserleben: Fokus auf Zugänglichkeit und Erlebbarkeit des Gewässers

Zugewiesener Flussraumtyp: Artifizieller Bach





Städtebau, Architektur: Aufwertung bestehender Strukturen wie z.B. Schlosspark Hochwasservorsorge: keine entscheidende Hochwasserschutzfunktion

21 Matrix zur Einordnung der Flussraumtypen aus den Flussetappen

22 Von der Flussetappe zum Flussraumtyp

Maßnahmenplanung Der Fokus der Maßnahmen für diesen Abschnitt liegt im Bereich der städtebaulichen Aufwertung. Die Visualisierung der bisher überbauten Teilabschnitte sowie das Erlebbarmachen des Gewässers stehen im Vordergrund.

Auszug aus den Maßnahmen: • • •

vorgeschlagenen

Aufwertung des Schlossparks Öffnung und Rückbau der Überbauung in Teilabschnitten Zugänglichkeit und Erlebbarkeit des Gewässers in bestimmten Bereichen durch Sitzgelegenheiten und Begrünungen

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Anwendung des Konzepts von der Flussetappe zum Flussraumtyp am Beispiel NaturBERKEL im Bereich des Hochwasserrückhaltebeckens (HRB) Fürstenwiese

Zuweisung der Flussetappe : Zustandsbeschreibung: •



Umfeldnutzung: landwirtschaftlich genutzte Flächen u.a. mit Hochwasserschutzfunktion, Siedlungsbereich mit Privatgärten Gewässerstruktur und Hochwasserschutz: Regelprofil, im Bereich des HRB Fürstenwiese rechtsseitig Abtrennung vom Umland





durch einen Wall, teilweise rückstaugeprägt Städtebau: teilweise lockere Wohnbebauung, an Gewässer angrenzende Privatgärten Flusserlebnis und Zugänglichkeit: Flusserlebnis durch gute Zugänglichkeit möglich

Zugewiesene Flussetappe: Regelprofilierter Fluss in Feld und Wald

Foto: Berkel-Abschnitt entlang des HRB Fürstenwiese, Quelle: PBK

24 Zuweisung des Flussraumtyps Entwicklungsoptionen: •



Gewässerökologie, Naturschutz: ökologische Aufwertung mit Fokus auf naturnahe Sohlgestaltung, Gehölzbestand, Gewässerrandstreifen Landschaftsbild, Flusserleben: Zugang/Flusserleben von bestehenden und zusätzlichen Zugangspunkten und Querungen

Zugewiesener Flussraumtyp: Gezähmter Fluss





Städtebau, Architektur: Berücksichtigung der bestehenden Wohnbebauung/Privatgärten Hochwasservorsorge: Optimierung des Hochwasserschutzes

25 Matrix zur Einordnung der Flussraumtypen aus den Flussetappen

26 Von der Flussetappe zum Flussraumtyp

Maßnahmenplanung Der Fokus der ökologischen Maßnahmen dieses Berkelabschnitts liegt im Bereich der naturnahen Entwicklung des Gewässers und der Verbesserung des Hochwasserschutzes für Coesfeld.

Auszug aus den Maßnahmen: •

• •

• •

vorgeschlagenen

Optimierung des Hochwasserrückhaltebeckens und Verbesserung des Hochwasserschutzes Entwicklung von naturnahen Sohlsubstrat und Sohlstrukturen Naturnahe Entwicklung des Gehölzbestandes im nahen Gewässerumfeld Anlage von naturnahen Sekundärauen im Bereich der HRB Verbesserung der Naherholungsqualität

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Chancen, Erfahrungen und Risiken

Die Anwendung der Methodik am Beispiel der Berkel in Coesfeld zeigt bisher Folgendes:



Die gesamtheitliche Betrachtungsweise und die Berücksichtigung der verschiedenen Aspekte, die in solchen urban geprägten Projekten eine besondere Rolle spielen, wie z.B. Städtebau, Tourismus/Erlebbarkeit und Ökologie, die innerhalb der Gesamtperspektive Flusslandschaften angewendet wird, ist ein hilfreiches Instrument bei der frühzeitigen Lösung anstehender Probleme im Zuge der Projektumsetzungen.



Dies gilt insbesondere bei der frühen Einbindung von Politik und Öffentlichkeit: Hier kann mit den Bildern gearbeitet werden, bevor detailliert in die Genehmigungsplanung eingestiegen wird.



Hilfreiche Grundlage zur Diskussion und Vermittlung von Zielvorstellungen im größeren Kreis mit verschiedenen Akteuren und Interessengruppen sind die Visualisierungen.



Den Bildern kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie die Entscheidungsfindung z.B. in Bezug auf geeignete Leitbilder und Entwicklungsziele erleichtern.



Im Bereich des Genehmigungsplanungsprozesses besteht das Risiko, dass einmal gezeigte Bilder gedanklich 1:1 auf die lokale Situation übertragen werden und später die Realisierung genau dieses Zustandes eingefordert wird. Diesbezüglich muss frühzeitig mit entsprechenden Erläuterungen gegengesteuert werden oder eine situative Anpassungen der Entwicklungsszenarien erfolgen.



Der „Blick über den kommunalen Tellerrand“ und die Betrachtung des überregionalen Zusammenhangs der verschiedenen benachbarten Projekte innerhalb des Entwicklungsprozesses des Anwenderhandbuchs sowie der späteren Anwendung hat einen hohen Innovationsgehalt und Mehrwert, da hierdurch eine effektive Umsetzung der geplanten Maßnahmen im übergeordneten Raum erleichtert wird.

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Gesamtperspektive Flusslandschaften in der Planungspraxis

Zusammenfassend betrachtet zeigen beide Beispiele, dass das Konzept der „Flusslandschaften“ sowohl in der großräumigen Anwendung an der Schlinge als auch in der lokalen Anwendung in und um Coesfeld tragfähig ist. In beiden Fällen erleichterten insbesondere die bildlichen Darstellungen die Kommunikation der Projektbeteiligten unterschiedlichster Fachrichtungen untereinander und ermöglichten – mit moderaten Anpassungen – eine sehr frühzeitige Ausrichtung auf die Ebene der Planungsziele. Der Prozess der Bestandsaufnahme, der in komplexen Planungen häufig zeitlichen und letztlich auch finanziell sehr aufwendig ist, kann durch die konkrete räumliche Zuordnung der Flussetappen maßgeblich komprimiert werden. Gleichwohl dürfen detaillierte Erfassungen und Präzisierungen im weiteren Verlauf der Planung nicht übergangen werden, um am Ende eine hochwertige Ausführung der Planungen zu erreichen. Die Flussraumtypen erweisen sich als geeignetes Mittel, interdisziplinäre Planungsziele zu vermitteln und liefern in der Anwendung eine geeignete Grundlage für die Grobausrichtung von Planungszielen für einen Gewässerabschnitt. Im Gegensatz zu den Flussetappen, die in der Anwendung kaum oder nur in sehr geringem Umfang für Diskussionen um den Anpassungsbedarf an die lokalen Verhältnisse auslösten, waren die Visualisierungen der Flussraumtypen Gegenstand umfassender Diskussionen zur Zielausrichtung und zeigten den Bedarf an planerischer Anpassung an die jeweiligen planerischen Rahmenbedingungen auf. Hierbei wurde deutlich, dass das Konzept der Flusslandschaften durch die Ergänzung von modularen Komponenten im weiteren Planungsprozess – also der Präzisierung durch kleinere Module - eine Möglichkeit bieten würde, diesen besonderen interdisziplinären Planungsansatz noch weiter in den fortzuführenden Planungsprozess zu integrieren und so ein konsistentes Planungswerkzeug von der konzeptionellen Planung bis in den Bereich der konkreten Vorplanung zu erhalten.