Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen Konzept zur Umsetzung von Gender Mainstreaming auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Bereichen ...
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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Konzept zur Umsetzung von Gender Mainstreaming auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Bereichen erarbeitet vom Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung (IAIZ) e.V., Berlin und Strategie 21 e.V., Bonn

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Vorwort

Gemäß Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Eine tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann ist jedoch noch nicht erreicht. Nach wie vor sind insbesondere Mädchen und Frauen deutlich benachteiligt, wenn es z.B. um den Berufseinstieg in nicht-frauentypische Berufe, um die Besetzung von Spitzenpositionen in Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft und um die Vertretung in der Politik geht. Dies liegt unter anderem auch darin begründet, dass die männliche Normalbiografie zum Maßstab gemacht wird und weiblich bestimmte Lebensmuster, Kompetenzen und Tätigkeiten – insbesondere von Haus- und Familienarbeit sowie von Vor- und Fürsorgearbeit als weniger wichtig eingeschätzt werden. Wenn Frauen beruflich „mithalten“ wollen, haben sie sich zu verhalten wie Männer. Unter diesen Umständen ist es aber nur sehr schwer möglich, eine Familie zu gründen und sich um sie zu kümmern. Einer Überalterung unserer Gesellschaft kann daher nur entgegen gewirkt werden, wenn die Vereinbarkeit von Familienpflichten und Erwerbstätigkeit für Frauen und Männer möglich wird. Die bisherige Gleichstellungspolitik stößt hierbei an ihre Grenzen. Sie ist meist identisch mit einer reinen Frauenförderpolitik. Die international entwickelte Politik- und Organisationsstrategie „Gender Mainstreaming“ trägt dagegen der Erkenntnis Rechnung, dass strukturelle Veränderungen in den Geschlechterverhältnissen nur möglich sind, wenn Frauen und Männer gemeinsam die wechselseitigen Benachteiligungen in den Blick nehmen und gleichermaßen die Verantwortung für Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit übernehmen. Dementsprechend besteht Gender Mainstreaming in der Reorganisation, Verbesserung, Entwicklung und Bewertung von Entscheidungsprozessen in allen Politikbereichen und Arbeitsbereichen einer Organisation mit dem Ziel, in alle Entscheidungsprozesse die Perspektive des Geschlechterverhältnisses einzubeziehen und alle Entscheidungsprozesse für die Gleichstellung der Geschlechter nutzbar zu machen. Indem die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern sowie die unterschiedlichen Auswirkungen von allen Maßnahmen und Planungen in Politik und Verwaltung von Anfang an durch die Fachebene systematisch berücksichtigt werden, sollen Benachteiligungen für eines der beiden Geschlechter gar nicht erst entstehen. Im Gegensatz zur Frauenförderung, deren Ziel es ist, durch spezielle Lösungen gegen Diskriminierung von Frauen, gegen Defizite in bestehenden Strukturen und Handlungsabläufen vorzugehen, gewissermaßen zu „reparieren“, steht Gender Mainstreaming für die Neugestaltung gesellschaftlicher Strukturen und Wertehierarchien, die auf eine Gleichstellung von Männern und Frauen ausgerichtet sind. Gender Mainstreaming stellt einen Paradigmenwechsel in der Gleichstellungspolitik dar, weil die Frage der Geschlechtergerechtigkeit zu einem zentralen Führungs- und Lenkungsinstrument wird, und zwar in Bezug auf Frauen und Männer. Immer dann, wenn sich allerdings aus der Analyse ergibt, dass vor allem geschlechtsspezifische Benachteiligungen zu Lasten eines Geschlechts abzubauen sind, führt Gender Mainstreaming folgerichtig zu gezielter Frauen- oder Männerförderungspolitik. Die sächsische Staatsregierung hat Gleichstellungspolitik von Beginn an als Querschnittsaufgabe verstanden. Dies kommt auch in der Verfassung des Freistaates Sachsen in Artikel 8 zum Ausdruck, in dem es heißt: „Die Förderung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ist Aufgabe des Landes.“

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Um eine Informationsschrift und Ideensammlung für die Umsetzung von Gender Mainstreaming in den verschiedensten Bereichen Sachsens zu erhalten, wurde das Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig mit der Erstellung eines "Konzeptes zur Umsetzung von Gender Mainstreaming auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Bereichen Sachsens" beauftragt. Beteiligt waren außerdem das Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung (IAIZ) e.V. in Berlin und Strategie 21 e.V. in Bonn. Das wissenschaftliche Projektteam leitet an verschiedenen Stellen aus den theoretischen Erörterungen Schlussfolgerungen ab, die als konkrete Forderungen formuliert werden. Diese sollen keiner Entscheidung der zuständigen administrativen Stellen und politischen Gremien vorgreifen, sondern dienen als Anregung für die Diskussion sowie den Meinungs- und Entscheidungsfindungsprozess. Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre, hoffe auf einen regen Austausch zu diesem neuen strategischen Ansatz der Gleichstellungspolitik und wünsche all jenen, die mit dessen Umsetzung betraut sind, viel Erfolg.

Helma Orosz Staatsministerin für Soziales

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Inhaltsverzeichnis Vorwort der Sächsischen Staatsministerin für Soziales

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A) Der Begriff Gender Mainstreaming

9

1

Abgrenzung von Gender Mainstreaming zum Konzept der Frauenförderungs- bzw. Gleichstellungspolitik

10

2

Herleitung

11

3

Definition von Gender Mainstreaming für den Freistaat Sachsen

11

Verzeichnis verwendeter Materialien

11

B) Ist-Stand zu Gender Mainstreaming in verschiedenen Bereichen 1 2

Vorwort

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Gender Mainstreaming im Staatlichen Bereich

15 15 16 17 17 19 20

2.1

Gender Mainstreaming auf Europäischer Ebene 2.1.1 Der Nordische Ministerrat 2.1.2 Gender Mainstreaming in ausgewählten Mitgliedsländern der Europäischen Union 2.1.2.1 Das Beispiel Schwedens 2.1.2.2 Das Beispiel Finnlands 2.1.2.3 Die Beispiele Dänemarks, der Niederlande und Portugals Verzeichnis verwendeter Materialien

2.2

3 4

Gender Mainstreaming auf nationaler Ebene 2.2.1 Gender Mainstreaming auf Bundesebene 2.2.1.1 Ein Beispiel aus den Pilotprojekten: Gender Mainstreaming in der Bundeszentrale für politische Bildung 2.2.2 Gender Mainstreaming in den Bundesländern 2.2.2.1 Das Beispiel Sachsen-Anhalts 2.2.2.2 Das Beispiel Niedersachsens 2.2.3 Gender Mainstreaming in Bildung und Forschung 2.2.3.1 Bundesministerium für Bildung und Forschung 2.2.3.2 Modelle, Projekte und Programme in der Wissenschaftslandschaft 2.2.4 Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt: Die Bundesanstalt für Arbeit

21 21 21 24 24 28 32 33 33 34 36

Chancengleichheit im wirtschaftlichen Bereich

37

Gender Mainstreaming im Bereich der Nichtregierungsorganisationen Stiftungen 4.1.1 Friedrich-Ebert-Stiftung 4.1.2 Heinrich-Böll-Stiftung Gender Mainstreaming in den Gewerkschaften Gesellschaften für Beschäftigung und Qualifizierung

40 40 40 41 42 43

Verzeichnis verwendeter Materialien

44

4.1

4.2 4.3

C) Ausgangslage für Gender Mainstreaming in Sachsen 1

13

Staatlicher Bereich 1.1 1.2 1.3

Allgemeine Strukturen Sächsische Landeszentrale für politische Bildung Aktivitäten an den Hochschulen und Berufsakademien

47 48 48 48 49

5

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2

Beispiele für Gender-Mainstreaming-Aktivitäten auf kommunaler Ebene

50

3

Wirtschaftlicher Bereich

53

4

Bereich der Nichtregierungsorganisationen

53

Geschlechtsspezifische Datenerhebung

55 55 55 56

5

5.1 5.2 5.3

6

Informations- und Bildungsstand zu Gender Mainstreaming 6.1 6.2

7

Bildungsmöglichkeiten Bildungsbedarf 6.2.1 Relevante Bildungs- und Lernprozesse 6.2.2 Exemplarische Analyse ausgewählter Lehrpläne an den Gymnasien, Lehrkräfteweiterbildung

Zusammenfassung 7.1 7.2 7.3 7.4

8

Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen Das Landesarbeitsamt Sachsen Hochschulen und Berufsakademien im Freistaat Sachsen

Strukturen Geschlechtsspezifische Datenerhebung Informationsbedarf Bildungsbedarf

Handlungsansätze Verzeichnis verwendeter Materialien

D) Erweiterbares methodisches Raster zum praktischen Umgang mit Gender Mainstreaming 1

Bildungsbereich 1.1 1.2

1.3

6

Gender Mainstreaming als doppelter Ansatz nicht nur in der Bildung Erstellung eines erweiterbaren methodischen Rasters für den Bildungsbereich 1.2.1 Gleiche Zugangsmöglichkeiten von Frauen und Männern zu allen Bereichen und Positionen im Bildungssystem 1.2.2 Diskriminierungsfreie Ausgestaltung der Leistungs-, Berufs- und Karrieremuster 1.2.3 Diskriminierungsfreie Gestaltung und Vermittlung von Lerninhalten 1.2.4 Gleichberechtigter Stellenwert von als weiblich bzw. männlich geltenden Kompetenzen 1.2.5 Gleiche Zugangsmöglichkeiten zu allen Bildungsangeboten und -einrichtungen 1.2.6 Gleichwertige Förderung individueller Talente und Begabungen Die praktische Umsetzung von Gender Mainstreaming im Bildungsbereich 1.3.1 Akteure/Bildungsträger im Bereich der vorschulischen/außerschulischen Kindheit am Beispiel der Kindertageseinrichtungen 1.3.2 Gleiche Zugangsmöglichkeiten von Frauen und Männern zu allen Bereichen und Positionen in Kindertageseinrichtungen 1.3.3 Diskriminierungsfreie Ausgestaltung der Berufs-, Karriere- und Leistungsmuster 1.3.4 Diskriminierungsfreie Gestaltung und Vermittlung von Lerninhalten in Kindertageseinrichtungen 1.3.5 Gleichberechtigter Stellenwert von als weiblich bzw. männlich geltenden Kompetenzen in Kindertageseinrichtungen 1.3.6 Gleiche Zugangsmöglichkeiten für Jungen und Mädchen zu allen Bildungsangeboten der Kindertageseinrichtungen

56 57 57 57 58

59 59 60 60 60 61 61

63

64 64 65 66 67 67 68 69 69 70 70 70 70 71 71 72

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

1.3.7 1.4

2

Rechtsetzungsvorhaben 2.1

2.2

2.3

2.4

2.5

3

Gleichwertige Förderung individueller Talente und Begabungen von Mädchen und Jungen Anhang: Erweiterbares methodisches Raster zum praktischen Umgang mit Gender Mainstreaming

Die Ausgangslage 2.1.1 Zur normativen Ausgangslage 2.1.2 Zur faktischen Ausgangslage 2.1.3 Gleichstellungspolitik gleich Frauenförderungspolitik? Rahmen für die Gender-Mainstreaming-Implementierung in der Gesetzgebung 2.2.1 Der Verfassungsauftrag 2.2.2 Gender Mainstreaming als Leitprinzip 2.2.3 Systemische Gestaltung des Gender-Mainstreaming-Prozesses Gender Mainstreaming in der Gesetzgebung 2.3.1 Ziele von Gender Mainstreaming in der Gesetzgebung 2.3.2 Überprüfung der Gesetzgebung durch Personen mit Gender-Expertise 2.3.3 Entwicklung und Einführung von Gender-Mainstreaming-Verfahrensabläufen 2.3.4 Das Instrumentarium - Gesetzesfolgenabschätzung 2.3.5 Ergänzung der Gesetzesfolgenabschätzung durch Gender Impact Assessment Implementierungsvoraussetzungen 2.4.1 Individuelle Lernprozesse 2.4.2 Organisationale Lernprozesse Umsetzungsvorschläge / Operationalisierung

Förderrichtlinienerstellung und Vergabe der Landesfördermittel nach Gender-Mainstreaming-Gesichtspunkten Verzeichnis der verwendeten Materialien

E) Anreiz- und Motivationssystem für die Umsetzung von Gender Mainstreaming

73 75

79 79 79 79 79 81 81 81 81 82 82 82 83 83 84 89 89 89 90 91

92

99

1

Anreiz- und Motivationsmöglichkeiten für Gender Mainstreaming innerhalb von Organisationen

100

2

Anreiz- und Motivationsmöglichkeiten für Gender Mainstreaming im Handlungsfeld von Organisationen

100

Nachweis

102

Impressum

104

7

A

Der Begriff Gender Mainstreaming

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

1

Abgrenzung von Gender Mainstreaming zum Konzept der Frauenförderungs- bzw. Gleichstellungspolitik

Um zu einer Definition von Gender Mainstreaming zu gelangen, ist es zunächst notwendig, die Abgrenzung von Gender Mainstreaming zu Ansätzen der traditionellen Frauenförderungs- bzw. Gleichstellungspolitik vorzunehmen. Traditionelle Frauenförderungs- bzw. Gleichstellungspolitik geht davon aus, dass sich Frauen im Vergleich zu Männern gesellschaftlich in einer defizitären Lage befinden und ist bemüht, in verschiedenen Politikfeldern durch gezielte Fördermaßnahmen Benachteiligungen zu beheben. So wichtig gezielte Fördermaßnahmen für Frauen auch sind und bleiben, so zeigte sich in der Praxis je-

doch auch, dass damit den gesellschaftlichen Strukturen, die Benachteiligungen immer wieder (re-)produzieren, nicht beizukommen ist. Gender Mainstreaming nimmt daher nicht nur die Lage der Frauen, sondern Geschlechterverhältnisse als solche in den Blick, deren Veränderung somit zum Ziel politischen Handelns werden kann. In der Broschüre „Wie Gender in den Mainstream kommt“1 nimmt Barbara Stiegler eine Beschreibung des mit dem Gender-Mainstreaming-Ansatz einhergehenden Paradigmenwechsels von der Frauen- zur Geschlechterpolitik vor, die hier als Übersicht wiedergegeben werden soll:

Nicht mehr

Sondern

Frauen sind empfindlich, wenn sie Kritik an den herrschenden Werten und Normen äußern.

Die herrschenden Werte und Normen werden auf den Prüfstand gestellt und unter geschlechterspezifischen Aspekten verändert.

Frauen haben spezifische Probleme.

Gesellschaftlich hergestellte Bedingungen versetzen Frauen in problematische Situationen und Positionen – für diese Bedingungen sind die Frauen nicht alleine verantwortlich.

Frauen haben aufgrund ihres Geschlechtes spezifische Interessen.

Spezifische Interessen der Frauen sind Reflexe auf Lebensbedingungen (z.B. das intensive Zusammenleben mit kleinen Kindern), die Frauen qua Geschlecht zugewiesen werden. Männer hätten dieselben Interessen, wenn sie die Lebensbedingungen der Frauen teilen würden.

Frauen haben Defizite, die beseitigt werden müssen.

Frauen haben Stärken, die Männer (noch) nicht haben. Diese Stärken werden gesehen und Bedingungen geschaffen, damit sie zur Anwendung kommen können. Defizite sind nicht aufgrund des Geschlechtes, sondern aufgrund der gesellschaftlich definierten Geschlechterrolle vorhanden, bei Männern ist es ebenso.

Frauen treten als Bittstellerinnen von außen an die Entscheidungszentren heran und werben für ihre Konzepte.

Entscheidungszentren sind dem Gender Mainstreaming-Prinzip verpflichtet. Frauen werden als Expertinnen für die spezifische Lebenssituation von Frauen herangezogen. Initiativen von Frauen selbst sind als zusätzliche Anregung hoch willkommen, weil sie die Entscheidungen noch mehr verbessern.

Frauenpolitik bezieht sich auf Randprobleme, die je nach Großwetterlage Konjunktur haben.

Geschlechterdemokratie und Chancengleichheit der Geschlechter sind zentrale Politikziele.

Frauen sind zuständig für die Lösung von Frauenproblemen.

Frauen und Männer übernehmen die Verantwortung für die Veränderung der Geschlechterverhältnisse.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2

Herleitung

Bezug nehmend auf die Aufgabenstellung ist festzustellen, dass es zur Zeit keine allgemein verbindliche europäische Definition zum Konzept von Gender Mainstreaming gibt. Die für die EU rechtlich verbindliche Definition der Kommission der Europäischen Union aus dem Jahr 19962 birgt nach Einschätzung vieler Expertinnen und Experten erhebliche Defizite in sich, daher dient der Mehrzahl der vorhandenen Konzepte und Modelle die Definition der Expertinnengruppe des Europarates als definitorische Orientierung. Gender Mainstreaming besteht in der Reorganisation, Verbesserung, Entwicklung und Bewertung von Entscheidungsprozessen in allen Politikbereichen und Arbeitsbereichen einer Organisation mit dem Ziel, in alle Entscheidungsprozesse die Perspektive des Geschlechterverhältnisses einzubeziehen und alle Entscheidungsprozesse für die Gleichstellung der Geschlechter nutzbar zu machen.3 Auch wir schließen uns im Wesentlichen den Empfehlungen dieser Expertinnengruppe an. Sie fordert die Abkehr von männlichen Lebensmustern als Norm ein sowie eine Gleichbewertung männlicher und weiblicher Kompetenzen, Tätigkeiten und Lebensmuster.

3

Unter Gender verstehen wir das strukturell-kulturelle Moment von Geschlecht. Soziale Konstruktionsprozesse von Geschlecht umfassen alle Facetten von Rollenzuschreibungen, Verhaltenserwartungen und Lebensmustern, die auf eine Festschreibung gesellschaftlicher Handlungs- und Entscheidungsräume der Geschlechter gerichtet sind. In der Wirklichkeit begegnen wir einer Vielfalt von Lebensmustern und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen innerhalb der jeweiligen Genusgruppen. Gender-Mainstreaming leistet mit seinem Potenzial zur Transformation gesellschaftlicher Strukturen, Institutionen und Organisationen einen wesentlichen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Entwicklung im Freistaat Sachsen. Wir verstehen Gender Mainstreaming als langfristig anzulegende gesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die umfassende organisationale4 und individuelle Lernprozesse erfordert. In diesem Sinne soll der Freistaat Sachsen eine die Ressorts und Handlungsfelder übergreifende Implementierung von Gender Mainstreaming vornehmen, so dass perspektivisch die beteiligten politischen Akteure bei Entscheidung, Planung, Durchführung und Evaluierung von Vorhaben in allen Politikbereichen und auf allen Ebenen über ein grundlegendes Verständnis und Anwendungswissen von Gender bzw. Gender Mainstreaming verfügen.

Definition von Gender Mainstreaming für den Freistaat Sachsen

Aus dem oben Hergeleiteten ergibt sich folgende Definition von Gender Mainstreaming: Gender Mainstreaming beruht auf der Erkenntnis, dass Geschlechterhierarchien, die auf der Differenz der Geschlechter aufbauen, tief in die gesellschaftlichen Strukturen eingeschrieben sind. Um diese Strukturen zukunftsfähig zu gestalten ist es notwendig, direkte und indirekte Benachteiligun-

gen von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen aufzuheben. Übertragen auf die Praxis politischen Handelns bedeutet das, in jedem Politikbereich auf jeder Ebene die Planung, Durchführung und Evaluierung jedes Vorhabens und jeder Maßnahme dahingehend zu prüfen, wie Geschlechterverhältnisse im Sinne von Geschlechtergerechtigkeit verändert werden können.

Verzeichnis verwendeter Materialien Mitteilung der Kommission KOM (96) 67, 21.02.1996. Stiegler, Barbara: Wie Gender in den Mainstream kommt. Konzepte, Argumente und Praxisbeispiele zur

1 2

3 4

EU-Strategie des Gender Mainstreaming. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung 2000.

Stiegler, Barbara: Wie Gender in den Mainstream kommt. Konzepte, Argumente und Praxisbeispiele zur EU-Strategie des Gender Mainstreaming. Bonn: FriedrichEbert-Stiftung, 2000, S. 10. Der Wortlaut dieser Definition ist der Folgende: "Systematische Einbeziehung der jeweiligen Situation, der Prioritäten und der Bedürfnisse von Frauen und Männern in alle Politikfelder, wobei mit Blick auf die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern sämtliche allgemeinen politischen Konzepte und Maßnahmen an diesem Ziel ausgerichtet werden und bereits in der Planungsphase wie auch bei der Durchführung, Begleitung und Bewertung der betreffenden Maßnahmen deren Auswirkungen auf Frauen und Männer berücksichtigt werden." (Mitteilung der Kommission KOM (96) 67, 21.02.1996). Nach: Stiegler, Wie Gender in den Mainstream kommt, S. 8. „Organisational“ mit der im alltäglichen Sprachgebrauch unüblichen Endung -al ist zum einen im sozialwissenschaftlichen Kontext geläufig. Möglicherweise handelt es sich bei „organisational“ speziell auch um eine Übertragung aus dem Anglo-Amerikanischen „organizational“ bzw. „organizational learning“ bei „organisationales Lernen“.

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B

Ist-Stand zu Gender Mainstreaming in verschiedenen Bereichen

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

1

Vorwort

Aus der großen Fülle des zu bearbeitenden Materials wurde mit Bezug auf den Ausschreibungstext die Sektorenbildung für die Beschreibung des Umsetzungsstandes von Gender Mainstreaming wie folgt vorgenommen: Staatlicher Bereich

Konzepten und Modellen bis zum Gedankenaustausch und der Einberufung von Tagungen zu Gender Mainstreaming reicht, haben wir uns in allen Sektoren auf die wesentlichen Konzeptionen beschränkt, um so Grundlagen für die direkte Überführung des Aufbereiteten in die Sektoren des Freistaates Sachsen zu schaffen.

Europäische Ebene

Nationale Ebene

Die Europäische Kommission und Gender Mainstreaming; Kommissarsgruppe zur Chancengleichheit

Bundesebene

Nordischer Ministerrat

Bundesländer

Exemplarisch: Schweden

Exemplarisch: Sachsen-Anhalt, Niedersachsen

Exemplarisch: Finnland

Bundesministerium für Bildung und Forschung; Modelle, Projekte und Programme in der Wissenschaftslandschaft

Exemplarisch: Dänemark, Niederlande, Portugal

Bundesanstalt für Arbeit

Um Aktivitäten innerhalb des staatlichen Sektors zu beschreiben, wurde eine Darstellung der vorhandenen Konzepte, Modelle und Aktivitäten zu Gender Mainstreaming auf Europäischer Ebene, auf Bundesebene sowie in den Bundesländern vorgenommen. Des Weiteren wurden die Bereiche Bildung und Forschung sowie Arbeitsmarkt einbezogen. Wirtschaftlicher Bereich Wie in den anderen Bereichen soll auch hier mit ausgewählten Beispielen gearbeitet werden. Im wirtschaftlichen Sektor sind es vor allem große Konzerne, die im Bereich der Personalpolitik bzw. des Personalmarketings des Unternehmens zunehmend Chancengleichheitsziele aufnehmen und definieren. Dargestellt werden sollen vor diesem Hintergrund die Vereinbarungen und Programme zur Chancengleichheit dreier Großunternehmen: • Deutsche Telekom • Volkswagen AG • Lufthansa AG Aus dieser Aufteilung nach Sektoren ergibt sich zum einen ein guter Überblick über die einzelnen Bereiche, zum anderen werden die differenzierten Ausgangslagen und Anforderungen deutlich. Da die Materialgrundlagen sowie auch die Vorgaben einzelner Länder, Institutionen, Stiftungen usw. sehr unterschiedlich sind und von bereits erprobten

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Bereich der Nichtregierungsorganisationen Die Aktivitäten im zivilgesellschaftlichen Bereich sind vielfältig und schwer zu erfassen. Eine exakte Abgrenzung zu ähnlichen Prozessen und Konzepten wie Geschlechtergleichstellung, Chancengleichheit, Geschlechterdemokratie, Geschlechtergerechtigkeit lässt sich häufig vermissen. Die Aufgabe der hier tätigen Verbände, Vereine und privaten Bildungsträger ist vor allem zu sehen in der Verbreitung von Informationen zum Politikansatz Gender Mainstreaming, in der Diskussion desselben und in Bildungsarbeit. Das Betätigungsfeld liegt also im Wesentlichen bei der Herstellung von Informationsmaterial (Broschüren, Dokumentationen, Informationspräsentationen und Linksammlungen im Internet), der Durchführung von Veranstaltungen (Seminare, Tagungen) bis hin zur kritischen Begleitung der Diskussion und der Weiterentwicklung des Politikansatzes auf nationaler sowie internationaler Ebene. Dabei sind – je nach Profil und Zielsetzung der Organisationen – Grad und Ebene des Engagements unterschiedlich und die Bearbeitung des Themas nicht in allen Organisationen durchgängig vereinbart. Traditionell ist das Engagement in Verbänden mit spezifischen Gleichstellungsanliegen am höchsten, die entsprechenden Diskussionen werden jedoch in zahlreichen Einzelveranstaltungen geführt. So hat auch die Recherche zu großen Verbänden (Deutscher Frauenrat, Deutscher Akademikerinnenbund, Gesellschaft deutscher Akademikerinnen) ergeben, dass diese bisher keine systematischen Ansätze oder Modelle entwickeln.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Konzepte und Implementierungsprozesse lassen sich hingegen im zivilgesellschaftlichen Sektor vor allem in Gewerkschaften und Stiftungen ausmachen. Die Gewerkschaften, insbesondere ver.di, fühlen sich dem GenderMainstreaming-Ansatz konzeptionell verpflichtet. Von den Stiftungen beschäftigen sich mit dem Gender Mainstreaming als Konzept sowie mit der Implementierung

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die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Heinrich-Böll-Stiftung. Auch die Konrad-Adenauer-Stiftung kann seit Ende des Jahres 2002 auf Aktivitäten im Bereich Gender Mainstreaming verweisen; mit Blick auf den Redaktionsschluss konnte eine entsprechende Darstellung jedoch nicht mehr aufgenommen werden.

Gender Mainstreaming im staatlichen Bereich

2.1 Gender Mainstreaming auf Europäischer Ebene Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming5 Die Gender-Mainstreaming-Politik der Europäischen Kommission enthält mehrere Aspekte. Erstens gibt es mit der Verabschiedung der Mitteilung der Europäischen Kommission zum Thema Gender Mainstreaming vom 21.02.1996 einen deutlich zum Ausdruck gebrachten politischen Willen. Gender Mainstreaming bedeutet demzufolge: zur Verwirklichung der Gleichberechtigung ausdrücklich sämtliche allgemeinen politischen Konzepte und Maßnahmen einzuspannen, indem nämlich die etwaigen Auswirkungen auf die Situation der Frauen bzw. der Männer bereits in der Konzeptionsphase aktiv und erkennbar integriert werden („gender perspective“). (Mitteilung der Kommission vom 21.2.1996 (COM)96/67). Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Mit dem „Vierten Mittelfristigen Aktionsprogramm der Gemeinschaft für Chancengleichheit von Frauen und Männern“ (1996–2000) wurde Gender Mainstreaming ein zentrales Thema. Parallel dazu wurde eine eigene Struktur zur Umsetzung von Gender Mainstreaming geschaffen. Die Kommissarsgruppe zur Chancengleichheit6 unter dem Vorsitz des EU-Präsidenten gilt als das wichtigste Instrument für die Umsetzung von Gender Mainstreaming. Ihr Hauptmerkmal ist, dass an ihr Vertreter der höchsten Ebene der Hierarchie teilnehmen. Darüber hinaus wurden ständige Evaluierungsprozesse in Form einer jährlichen Beurteilung der Fortschritte eingerichtet. Jede Direktion hat einen Beamten namhaft gemacht, der dafür zuständig ist, dass jedes Programm oder Dokument der Direktion eine geschlechterbezogene Sichtweise enthält und diese auch beurteilt wird. Die solcherart gebildete Gruppe leistet dabei Hilfestellung. Sie wurde 1995 zur Unterstützung der Kommissarsgruppe zur Chancengleichheit eingerichtet. Sie sollte die Vorarbeiten für die Kommissarsgruppe leisten und Gender Mainstreaming in die Dienststellen der Kommission einbringen.

Die interdirektionelle Gruppe hat das Bewusstsein für die Kommissionspolitik bezüglich Chancengleichheit in den Dienststellen der Kommission geschärft und die Vereinbarung von Folgemaßnahmen im Anschluss an die Mitteilung der Kommission zum Thema Gender Mainstreaming erleichtert. Sie dient weiterhin als Forum für den Austausch von Informationen und von Beispielen bewährter Praktiken auf dem Gebiet sowie für die Erörterung gleichbehandlungsrelevanter Gemeinschaftspolitiken. Besonderes Augenmerk wird auf spezielle Politikbereiche gerichtet wie den Beschäftigungssektor7, die Strukturfonds8 und Programme zur Bewusstseinsbildung. Zur Gender-Mainstreaming-Schulung wurde ein eigenes Instrumentarium entwickelt und angepasst, zu dem v.a. SMART (Simple Method to Assess the Relevance of Policies To Gender) gehört, das aus dem niederländischen Gender Impact Assessment (GIA „Gleichstellungsverträglichkeitsprüfung“) weiterentwickelt wurde. Die Finanzierung von Gender Mainstreaming erfolgte in den ersten Schritten im Wesentlichen durch die Umwidmung von Mitteln, inzwischen sind Gender-Budgets die Norm. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Die Europäische Kommission verfügt über einige Voraussetzungen und förderliche Bedingungen für Gender Mainstreaming wie eine gewisse Tradition der Gleichstellungspolitik und Erfahrung im Rückgriff auf externes akademisches und sonstiges Expertenwissen. Durch politischen Willen wurde zuerst in der Kommission ein Prozess in Gang gesetzt, dann die entsprechende Organisationsstruktur geschaffen und ein Instrumentarium entwickelt, um politische Konzepte in verschiedene Bereiche zu implementieren und den Gender-MainstreamingProzess zu kontrolIieren. Mittlerweile ist mit dem Aktionsprogramm der „Rahmenstrategie der Gemeinschaft zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005)“ die inhaltliche und methodische Weiterentwicklung und Implementierung des Gender-Mainstreaming-Prozesses normativ verankert.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2.1.1 Der Nordische Ministerrat Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Der Nordische Ministerrat9 hat eine Vorreiterrolle in der Gender-Mainstreaming-Politik gespielt und die ihm angehörenden nordischen Länder schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt in den nationalen Politiken durch supranationale Beschlussfassung und transnationale Aktivitäten unterstützt10. Er setzte Projekte in Gang, um Methoden und Techniken auszuarbeiten, mit deren Hilfe eine geschlechterbezogene Perspektive systematisch in alle Bereiche der Arbeitsmarkt- und Jugendpolitik in den nordischen Ländern eingebracht werden kann (19971999). Das Projekt war als eine Art Dachvorhaben angelegt, unter dessen Schirm eine Reihe von Aktivitäten stattfanden. Die wichtigsten davon waren Gender-Mainstreaming-Projekte auf lokaler, regionaler und zentraler Ebene in jedem Land. Auf gesamtnordischer Ebene wurden in Unterstützung der nationalen Projekte gemeinsame Veranstaltungen wie Seminare, Arbeitsgruppen, Studienreisen und Programme für den Erfahrungsaustausch organisiert. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Folgende nationale Projekte erbrachten wichtige verallgemeinerungswürdige Ergebnisse: • Das Projekt der dänischen Stadt Ringsted, das eine geschlechterbezogene Perspektive in die Personalpolitik und in den Beschlussfassungsprozess sowie in die Kommunalverwaltung einbrachte. Es wurden Leitlinien für eine geschlechterbezogene Einstellungspolitik erarbeitet. Das Projekt wurde vom dänischen Gleichstellungsrat11 unterstützt. • Finnland hat ein Projekt auf Regierungsebene durchgeführt, das eine Gender-Mainstreaming-Strategie zur Förderung der Gleichstellung umsetzte. Jedes Ministerium hat dafür Methoden und Techniken entwickelt und erprobt, wie eine geschlechterbezogene Perspektive systematisch in alle Bereiche seiner eigenen regulären Politik integriert werden kann. Eine Arbeitsgruppe verfolgte und unterstützte die Entwicklung von Techniken und Methoden für Gender Mainstreaming. • In Island wurden zwei Projekte durchgeführt, eines in Reykjavik und eines in Akureyri. Die Kommissionen für Freizeitgestaltung in den Kommunalverwaltungen haben Techniken und Methoden erprobt, wie bei politischen und administrativen Entscheidungsprozessen eine geschlechterbezogene Perspektive berücksichtigt werden kann. Zu diesen Methoden gehören zum Beispiel eine Aufgliederung von Statistiken und Daten nach Ge-

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schlecht, Schulungskurse für Gleichstellungsfragen, Leitlinien und Methoden für die Abschätzung der geschlechterbezogenen Auswirkungen. Die Kommissionen für Freizeitgestaltung arbeiteten landesweit und auf lokaler Ebene mit Sportorganisationen, Kulturausschüssen und -vereinen zusammen, um die Aufteilung der Ressourcen (Zeit, Raum, Geld usw.) auf Mädchen und Jungen, Frauen und Männer sichtbar zu machen. In Norwegen liefen zwei Projekte, eines auf Landesebene und eines in Rogaland, auf regionaler Ebene. Das Ministerium für Kinder- und Familienangelegenheiten bezog in die politischen Abläufe im Bereich der Jugendpolitik eine geschlechterbezogene Perspektive ein. Die regionale Arbeitsbehörde in Rogaland analysierte einen Schulungskurs für Manager aus geschlechterbezogener Sicht und zog das Ergebnis dafür heran, eine geschlechterbezogene Sichtweise verstärkt in alle Bereiche der Schulung von Führungskräften systematisch einzubringen. In Schweden wurden in der Provinz Västerbotten zwei Projekte auf regionaler Ebene aufgenommen. In den Lenkungsausschüssen der Projekte waren leitende Manager aller regionalen Behörden vertreten. Im Provinzialarbeitsamt Västerbotten wurde das Analyseinstrument 3-R erprobt, um in die normale Arbeit auf allen Ebenen des Amtes eine geschlechterbezogene Perspektive einzubauen. In Skelleftea, einer Stadt in der Provinz Västerbotten, wurden für die Freizeitverwaltung neue Arbeitsmethoden entwickelt, die dafür sorgen, dass eine geschlechterbezogene Perspektive in den normalen Verwaltungsprozess integriert wird. Auf den Färöer-Inseln wurde in einer Lehrerbildungsanstalt ein Gender-Mainstreaming-Projekt begonnen, das eine geschlechterbezogene Sichtweise in die Ausbildung von Kindergärtnerinnen integriert. Auf den Aland-Inseln wurde Gender Mainstreaming als eine Strategie zur Förderung der Gleichstellung in der Jugendpolitik auf zentraler und lokaler Ebene erprobt.

Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Hauptzweck der Projekte war die Entwicklung und Erprobung verschiedener Methoden und der Versuch, ein Modell zu entwickeln, wie sich eine geschlechterbezogene Perspektive systematisch in alle Bereiche politischer Prozesse einbringen lässt. Alle Projekte wurden evaluiert und die Ergebnisse wurden dem Nordischen Ministerrat Ende 1999 in Form eines Schlussberichts vorgelegt.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2.1.2 Gender Mainstreaming in ausgewählten Mitgliedsländern der Europäischen Union Aus den Mitgliedsländern der Europäischen Union wurden die folgenden Länder für eine erste Darstellung der Praxis der Umsetzung von Gender Mainstreaming ausgewählt: Schweden, Finnland, Dänemark, Niederlande und Portugal. Dabei wurden unterschiedliche konzeptionelle Ansätze und verschiedene Ansätze für die Opera-

tionalisierung sowie detaillierte Maßnahmen sichtbar. Darüber hinaus trugen und tragen diese Länder – insbesondere die nordischen – mit ihrer Praxis wesentlich dazu bei, das offene Konzept „Gender Mainstreaming“ wie auch die Implementierungsmethoden weiterzuentwickeln und theoretisch zu fundieren.

2.1.2.1 Das Beispiel Schwedens Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming In Schweden12 hat der Gender-Mainstreaming-Prozess eine lange Tradition und viele verallgemeinerungsfähige Ergebnisse und vorbildliche Praktiken erbracht. 1994 beschloss die Regierung, die Zuständigkeit für Gleichstellungspolitik dem stellvertretenden Ministerpräsidenten zu übertragen. In ihrer alljährlichen politischen Erklärung stellte die Regierung dann auch fest, dass die Gleichstellungsperspektive bei den Vorbereitungen für alle Kabinettsbeschlüsse einbezogen werden muss. Alle Minister waren in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dafür verantwortlich, dass eine Analyse der geschlechterbezogenen Auswirkungen durchgeführt und die Chancengleichheit gefördert wird. Diese Organisationsweise betont, dass die Gleichstellungspolitik fester Bestandteil des politischen Entscheidungsprozesses ist und in die Planung in allen Bereichen zu integrieren ist. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming 1994 erteilte die Regierung den Sonderauftrag, dass alle von der Regierung eingesetzten Untersuchungsausschüsse ihre Vorschläge aus einer geschlechterbezogenen Perspektive analysieren und erörtern müssen. Die mittelbaren und unmittelbaren geschlechtsspezifischen Auswirkungen der vorgeschlagenen Änderungen auf den Arbeitsmarkt, die Wirtschaft, das Wohlfahrtssystem, das Bildungswesen usw. mussten erfasst werden. Wenn Ausschüsse oder Sonderbeauftragte der Ansicht waren, dass das nicht möglich oder nicht notwendig sei, so musste die Ablehnung begründet werden. Auch organisatorische und budgetäre Angelegenheiten müssen aus einer geschlechtsspezifischen Perspektive geprüft werden. Dazu wurden Schulungskurse zu Gleichstellungsthemen für alle Sonderbeauftragten und ihre Sekretäre eingeführt. 1994 hat die Regierung das Schwedische Statistische Amt beauftragt, ab sofort alle Statistiken auf der Grundlage von Einzelpersonen nach Geschlechtszugehörigkeit aufzugliedern. Zwei Jahre später ermächtigte die Regierung die Nationale Arbeitsmarktverwaltung, Arbeitsmarktstatistiken nach Geschlechtszugehörigkeit aufgegliedert vorzulegen. Die Organisation des Gender Mainstreaming wurde auf hoher Ebene verankert. In jedem Ministerium ist eine Person auf Staatssekretärsebene für die Entwicklung

der Methoden und Routinen zur Berücksichtigung der geschlechterbezogenen Auswirkungen in administrativen Verfahren wie zum Beispiel in Planungsprozessen und in der Haushaltsplanung zuständig. Die Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Arbeitszeitregelung und Gleichberechtigung ist für Koordination und begleitende Kontrolle verantwortlich. Sie führt regelmäßig Besprechungen mit den Staatssekretären aller Ministerien über die Entwicklung des Gender Mainstreaming durch und gibt Erklärungen zu Geschlechterfragen ab. Die Abteilung für Gleichstellungsangelegenheiten trägt die Gesamtverantwortung für die Entwicklung der Methoden und Mechanismen für Gender Mainstreaming. Alle Entwürfe für Regierungsvorlagen und andere Regierungsbeschlüsse aus den verschiedenen Ministerien werden von der Abteilung genau geprüft, ehe sie im Kabinett erörtert und verabschiedet werden. Diese Vorgehensweise soll sicherstellen, dass die Geschlechterperspektive berücksichtigt wird. Auf regionaler Ebene sind die Provinzialräte als Regierungsbehörden für die Einbeziehung der Geschlechterperspektive auf allen Gebieten der politischen Planung zuständig. Diese Provinzialräte haben Gleichstellungsexperten eingestellt, die den Gender-MainstreamingProzess zur Einbeziehung einer Geschlechterperspektive in die Arbeit auf allen politischen Gebieten in Gang setzen, unterstützen und begleitend kontrollieren. Von jeder Provinzialregierung wurde ein mitteIfristiger Strategieplan (1997-2000) für die Förderung der Gleichstellung ausgearbeitet und durchgeführt. 1995 hat die Regierung dem schwedischen Gemeindeverband Mittel zugewiesen, um verstärkt eine geschlechterbezogene Perspektive in politische Prozesse auf lokaler Ebene systematisch einzubeziehen. Im Rahmen eines Zweijahresprogrammes JAMKOM wurde geprüft, wie sich ein Ausschuss oder Direktorium im eigenen Tätigkeitsbereich systematisch für die Gleichstellung von Frauen und Männern eingesetzt hat. Im Ramen dieses Programms wurde für die Umsetzung von Gender Mainstreaming die 3-R-Methode erprobt, die in erster Linie eine Gleichstellungsanalyse systematisiert. Im Februar 1998 wurde der Regierung ein abschließender Bericht über das Programm vorgelegt.13 Der methodischen Seite des Gender-MainstreamingProzesses wurde in Schweden besonders große Auf-

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

merksamkeit geschenkt. 1994 wurden die ersten Seminare für Bewusstseinsbildung und Schulungen für die oberste Managementebene veranstaltet; sie stehen noch immer ganz oben auf der Tagesordnung. Die Abteilung für Gleichstellungsangelegenheiten erstellte einen dreistündigen Schulungskurs bzw. ein Seminar für Gleichstellungsfragen für Minister, Staatssekretäre, politische Berater, Sonderbeauftragte und die Führungsebene von Behörden. Die Seminare sollten in erster Linie Zahlen und Fakten zur Situation von Frauen und Männern in der schwedischen Gesellschaft zur Verfügung stellen. Weitere wichtige Fragen, die bei diesen Seminaren behandelt wurden, waren: • Wie können die nationalen Zielsetzungen für eine Gleichstellungspolitik umgesetzt werden? • Welche Methoden und Mechanismen können für eine Gender-Mainstreaming-Strategie eingesetzt werden? Um den Bedarf an Schulung zur Gleichstellungsthematik in der Regierungskanzlei und der öffentlichen Verwaltung zu decken, konnte die Abteilung für Gleichstellungsangelegenheiten auf die Dienste von zehn Trainern für Gleichstellungsfragen zurückgreifen, ebenso auf einen Gleichstellungsexperten und einen Vertreter des Schwedischen Statistischen Amtes. Die Regierung hat auch einen „mobilen Gleichstellungsexperten“ angestellt, der bereits in einigen Ministerien, die eine Gleichstellungsperspektive in politische Prozesse einbezogen hatten, bei der Entwicklung von Methoden und Routinen behilflich war. In den Ministerien fanden im Anschluss an die Seminare regeImäßige Treffen mit dem für Gleichstellungspolitik zuständigen Staatssekretär und dem Leiter der Abteilung für Gleichstellungsangelegenheiten statt. Bei diesen Treffen wurden unter anderem Fragen wie zum Beispiel aktive Maßnahmen zur Förderung von Gleichstellung, Untersuchungen der geschlechterbezogenen Auswirkungen, die geschlechterbezogene Perspektive im Budget und der Frauenanteil in Regierungsgremien und -ausschüssen erörtert. Die Abteilung für Gleichstellungsangelegenheiten hat eine analytische Methode entwickelt, um die unterschiedlichen Auswirkungen von politischen Konzepten auf Frauen und Männer zu beurteilen. Einige Ministerien haben diese Methode eingesetzt. Ähnliche Methoden sind bei Behörden und Kommunalverwaltungen im Einsatz. Das Ministerium für Arbeit, Arbeitszeitregelung und Gleichberechtigung hat im Januar 1998 eine Arbeitsgruppe für Gender Mainstreaming unter dem Vorsitz des Staatssekretärs für Gleichstellungsangelegenheiten eingerichtet, an der Vertreter der zentralen, regionalen und lokalen Ebene teilnahmen. Aufgabe der Gruppe war die Erstellung eines Schulungsprogramms und die Entwicklung von Methoden zur Beurteilung der geschlechterbezogenen Auswirkungen sowie Methoden für die begleitende Kontrolle und

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Evaluierung. Die Ministerin hatte für diese Gruppe Mittel zur Finanzierung von Seminaren, Hearings, Forschungsarbeiten und Versuchsprojekten bereitgestellt. Die begleitende Kontrolle und die Folgemaßnahmen werden im gesamten Prozess der Gender-MainstreamingImplementierung in Schweden sehr ernst genommen. Die Abteilung für Gleichstellungsangelegenheiten prüft unter anderem alle Haushaltsdokumente, die ausschlaggebend dafür sind, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern vorankommt. Auch bei den Budgetverhandlungen zwischen der Regierung und den Behörden muss die Geschlechterperspektive nachgewiesen werden. Um die Entwicklung von Gender Mainstreaming von 1994 bis 1996 in der Regierung zu kontrollieren, waren die Ministerien angehalten, die Gleichstellungsarbeit in ihrem eigenen Ressort zu überprüfen und dem Ministerium für Arbeit, Arbeitszeitregelung und Gleichberechtigung einen Bericht vorzulegen. Die gesammelten Berichte wurden an das Parlament weitergeleitet. 1997 wurden alle Ministerien aufgefordert, die Auswirkungen des Sonderauftrags von 1994 zu beurteilen. Demzufolge sollten alle von der Regierung eingesetzten Untersuchungsausschüsse ihre Vorschläge aus einer Gleichstellungsperspektive untersuchen und erörtern. Die nachfolgende Auswertung der Berichte ergab, dass 33 % von insgesamt 193 Untersuchungsausschüssen ihre Ergebnisse unter dem Blickwinkel der Gleichstellung erörtert hatten, obwohl nur einige wenige eine umfassende geschlechterbezogene Auswertung vorgelegt hatten. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Die schwedischen Erfahrungen zeigen, dass es bei der nationalen Implementierung des erklärten politischen Willens auf höchster Ebene und eines langen strategischen Atems bedarf, um eine Strategie-Umstellung von einer traditionellen Gleichbehandlungspolitik zu Gender Mainstreaming durchzuführen. Die (seit 1994 alljährlich wiederholte) Erklärung des Ministerpräsidenten im Rahmen der jährlichen politischen Erklärung der Regierung, dass die Gleichstellungsperspektive bei der Vorbereitung aller Kabinettsbeschlüsse berücksichtigt werden soll, ist eine wichtige Legitimierungsgrundlage für die Umsetzung von Gender-Mainstreaming-Methoden. Diese Erklärung liegt als schriftliches Dokument vor, auf das in den Besprechungen zu Gleichstellungsfragen zwischen der Abteilung für Gleichstellungsangelegenheiten und den Ministerien häufig Bezug genommen wird. Das Problem, dass sowohl Politiker als auch Ministerialbeamte in den Ministerien oftmals zu wenig über Gleichstellungsfragen wissen, besteht auch heute noch in Schweden. Häufig trifft man auf das Missverständnis, dass die Förderung der Gleichstellung nur mit Personalpolitik zu tun habe, zum Beispiel durch die Festlegung von Zielvorgaben für die Einstellung von Frauen, die

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Schulung weiblicher Führungskräfte usw. Daher ist die schwedische Praxis der Abhaltung von Seminaren zu Gleichstellungsfragen und der Entwicklung von entsprechenden Methoden für die ständige Weiterbildung so bedeutsam. Als ebenso wichtig wird es in Schweden angesehen, analytische Methoden, Methoden für die begleitende Kontrolle und Bewertung weiter auszuarbeiten, ständig zu verfeinern und jeweils adäquat den Entwicklungserfordernissen anzupassen. Um die Entwicklung von Methoden und Routinen im Geschäftsprozess der Implementierung von Gender Mainstreaming effizient zu unterstützen, wurde in Schweden seit 1995 die Praxis des Einsatzes von „mobilen Gleichstellungsexperten“ (flying experts) entwickelt. Diese Experten für Geschlechterproblematik

bzw. Gender-Mainstreaming-Problematik werden zeitweilig zur Verfügung gestellt, um eine geschlechterbezogene Sichtweise in die politischen Prozesse und organisationalen Veränderungsprozesse zu integrieren. Schweden sammelt mittlerweile mehr und mehr Erfahrungen mit dem Einsatz analytischer Methoden zur Bewertung der geschlechtsspezifischen Relevanz oder der geschlechterbezogenen Auswirkungen politischer Konzepte. Diese Techniken und Methoden wurden insbesondere in Vorbereitung der EU-Präsidentschaft und während der Präsidentschaft gezielt thematisch bearbeitet, erprobt und eingesetzt. Die schwedischen Erfahrungen in der Politik zur Umsetzung einer GenderMainstreaming-Strategie zeigen, dass dies ein langfristiges Unternehmen ist.

2.1.2.2 Das Beispiel Finnlands Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Ein finnisches Gender-Mainstreaming-Projekt 14 hat 1998–2001 Methoden entwickelt, um die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in die Vorbereitung von Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung, in die Beschlussfassung, Umsetzung und laufende Kontrolle sowie Bewertung einzubeziehen. Insbesondere wurden Methoden erarbeitet, die die Geschlechterproblematik berücksichtigen, wie etwa Methoden zur Entwicklung von Fachwissen für die Arbeitsorganisation und das Personal; des Weiteren Methoden zur Gender-Mainstreaming-Schulung, Methoden zur Bewertung der Haushaltsplanung und Methoden für die Formulierung von Gesetzesvorschlägen. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming In verschiedenen Ministerien wurden Projekte aufgelegt, die Gender Mainstreaming in ihrem eigenen Ressort fördern. Das Ministerium für soziale Angelegenheiten und Gesundheit, in dem das Gleichstellungsreferat untergebracht ist, hat die Entwicklung von GenderMainstreaming-Methoden zu einem seiner Hauptprojekte gemacht. Dieses Projekt war der Beitrag Finnlands zum Gender-Mainstreaming-Projekt des Nordischen Ministerrats. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Ministerien wurden ein Methodenpaket und ein Ansatz entwickelt, welche die systematische Einbringung der Chancengleichheit in die Verwaltungspraxis und in die Personalschulung fördern. Damit wurde ein Instrumentarium geschaffen, mit dessen Hilfe Regierungen besser auf die Bedürfnisse von Klienten und Bürgern eingehen können. Jedes Unterprojekt verfügte über eine eigene Projektorganisation. Dem Projektleitungsausschuss gehörten Vertreter der Ministerien oder Institutionen an, in denen ein Unterprojekt zu Gender Mainstreaming durchgeführt wurde, sowie einige Experten und Vertreter von Frauenorganisationen

und dem Gemeindeverband. Wichtige Bezugsgruppen waren Nichtregierungsorganisationen, insbesondere Verbände der Frauen- und Männerforschung. Eine weitere zentrale Bezugsgruppe war der Ausschuss für begleitende Kontrolle des Gleichstellungsprogramms der finnischen Regierung. Der dritte wichtige Partner war die Bezugsgruppe des nordischen Gender-Mainstreaming-Projekts. Die allgemeinen Forschungsfragen, die in jedem Unterprojekt konkretisiert werden sollten, wurden wie folgt formuliert: • Wie soll man Gender Mainstreaming in verschiedenen Bereichen definieren und operationalisieren? • Welche Technik soll in den einzeInen Bereichen – wie Gesetzgebung, Schulung usw. – zur Stärkung des Gleichheitsgrundsatzes eingesetzt werden? • Welche Art von Gender-Mainstreaming-Modellen kann in verschiedenen Bereichen konstruiert werden, wie wirken sich ethnische und soziokulturelle Faktoren aus? • Welchen Mehrwert bringt Gender Mainstreaming derzeit in der Kultur und in der Verwaltung? • Welche Merkmale sind typisch für Gender Mainstreaming, wie es in nordischen Ländern angewandt wird? In der ersten Phase der Studie (1998-1999) wählten die teilnehmenden Ministerien und Institutionen die Themen für ihr Gender-Mainstreaming-Projekt aus. Das Methodenpaket für Gender Mainstreaming und die zu verändernde Praxis wurden durch eine dialektische und befähigende Kontrolle und Evaluierung dieser Projekte gemeinsam mit den Teilnehmern schrittweise herbeigeführt. Die Gesamtstudie bearbeitete folgende Unterprojekte: • Das Projekt des Arbeitsministeriums, das sich „Ministerium im nächsten Jahrtausend“ (MUlLE) nannte, bezog sich auf die Modernisierung der Arbeitsgewohnheiten und Arbeitsorganisation im Ministerium selbst. Es dauerte 17 Monate (01.08.1997-31.12.1998). Die Methoden umfassten Befragungen, Interviews und Simulationsspiele. Das Projekt bezog die Geschlechterproblematik

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systematisch in die Ausbildung für Vorsitzende von Arbeitsgruppen während des finnischen Vorsitzes in der Europäischen Union im Herbst 1998 ein. Die Methoden umfassen unter anderem Befragungen, Schulungen für Geschlechterproblematik und Interviews (1998–2000). Das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft hat die Geschlechterproblematik systematisch in das Strukturreferat des Ministeriums eingebracht, und zwar durch die Neuverhandlung eines Gesetzesentwurfs mit der EU, der ermöglicht, dass Ehegatten gemeinsame Eigentümer eines Bauernhofs sein können (1998–2000). Die Abteilung für Arbeitsschutz im Sozial- und Gesundheitsministerium hatte sich für ein Projekt entschieden, das die Chancengleichheit durch die Verbesserung der Fachkompetenz ihres Kanzleipersonals gestärkt hat (1998–2000). Zu den Methoden zählten unter anderem der Aufbau und die Auswahl von Schulungsbausteinen, Befragungen, Beobachtungspraktiken usw. Das Bildungsministerium hatte das oben erwähnte Dachprojekt für Jugendpolitik ausgewählt (1998–2000). Das Umweltministerium hat die Analyse der geschlechterbezogenen Auswirkungen mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung kombiniert (1998–2000).

In der zweiten Phase (1999–2000) wurden die Ergebnisse der vorangegangenen Phase ausgewertet und neue Ziele und Objekte beschlossen. Die Ausdehnung der Reichweite des Gender Mainstreaming innerhalb der Ministerien wurde vorgeschlagen. Formuliertes Ziel war die Ausweitung zu Projekten, die sich auch auf die Strukturen auswirken. Die dritte Phase (2000– 2001) bestand in einer Feinabstimmung und Vermarktung der Ergebnisse sowie der Evaluierung des Prozesses und der Ergebnisse. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Ein wichtiges Ergebnis der finnischen Gender-Mainstreaming-Implementierung war die Orientierung darauf, dass geschlechterbezogene Praktiken ein komplexes und mehrdimensionales Phänomen sind, das sich nur mit Hilfe von innovativ angelegten Untersuchungen und einer Vielzahl von Forschungstechniken erfassen lässt. Deshalb wurden die finnischen Gender-Mainstreaming-Aktivitäten der Ministerien von Beginn an durch die Aktionsforschung begleitet und in einer Studie ausgewertet.

2.1.2.3 Die Beispiele Dänemarks, der Niederlande und Portugals In Dänemark15 haben die Bemühungen um die stringente Durchführung einer Gender-Mainstreaming-Politik frühzeitig zu Überlegungen und zur Entwicklung einer entsprechenden Praxis zur Evaluierung von Gesetzesvorschlägen geführt. Beginnend mit dem Parlamentsjahr 1995/96 wurde eine Evaluierung der gleichstellungsrelevanten Auswirkungen von Gesetzesvorschlägen durchgeführt. Im Arbeitsministerium beispielsweise wurde zur Erfüllung der daraus resultierenden Aufgaben der einzelnen Fachabteilungen eine diese unterstützende ständige task force eingerichtet. Die anfänglich auf das Arbeitsministerium beschränkte – dann zunehmend erweiterte – Praxis wurde auf der politischen Verantwortungsebene der Minister angebunden. Die differenzierte dänische Gleichstellungsgesetzgebung, die auch Gender-Mainstreaming-Implementierung festschreibt, wurde unter diesen Bedingungen entwickelt und findet durch das etablierte Verfahren der Evaluierung der Gesetzesvorschläge mittlerweile ihre Entsprechung und integrative Fortführung in vielen Regelungsgebieten.

eine exakte Evaluierung die Auswirkungen der Geschlechterverhältnisse auf jedes landesweit vorgeschlagene politische Konzept abschätzen kann, um die Ergebnisse dann in den Prozess der politischen Beschlussfassung einfließen zu lassen. Das GIA ist so angelegt, dass es sich für alle Bereiche der Politik eignet. Die Anwendung dieser Methode erfordert solides Fachwissen in Gleichstellungsfragen. Zuerst wurde die Methode in den Ministerien für Bildung, Justiz, Landwirtschaft, Naturschutz und Fischerei sowie im Ministerium für Inneres und auch auf regionaler Ebene eingesetzt. In einigen Anwendungsfällen wurden Vorschläge für politische Konzepte abgeändert, um potenziellen negativen Auswirkungen auf Geschlechterverhältnisse vorzubeugen. Vom koordinierenden Ministerium für Emanzipation wurde sehr rasch festgestellt, dass sich dieses Instrument bewährt hat. Eine weitere analytische Methode zur Bewertung der geschlechterbezogenen Relevanz, SMART, wurde auf Ersuchen der EU-Kommission entwickelt (siehe oben).

Die Niederlande16 haben mit ihrer Gender-Mainstreaming-Politik frühzeitig begonnen und von Beginn an das Augenmerk unter anderem auf die Entwicklung und Erprobung analytischer Methoden gelegt. Das niederländische Gender Impact Assessment (GIA, „Gleichstellungsverträglichkeitsprüfung“) wurde vom holländischen Gleichstellungsreferat in Auftrag gegeben und 1994 von Universitätswissenschaftlern konstruiert. Ziel des Projektes war es, eine Methode zu entwickeln, mit der man durch

In Portugal wurde Gender Mainstreaming von höchster Ebene aus initiiert. Der „Globale Plan für Chancengleichheit“ in Portugal wurde 1997 vom Ministerpräsidenten gestartet. Er war unter Mitarbeit aller Ministerien entstanden, die vorab auf Aufforderung des Regierungschefs ihre Politik unter dem Blickwinkel der Gleichstellung der Geschlechter zu überprüfen hatten. Mit der Förderung des Planes und der Evaluierung seiner Ergebnisse wurde ein Hoher Kommissar für Angelegenheiten betreffend die För-

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derung der Gleichstellung und der Familie beauftragt, der politisch dem Ministerpräsidenten unterstellt ist. Die einzelnen Ministerien sind auch weiterhin für die Durchführung der verschiedenen Maßnahmen zuständig. Schlüsselelemente des Planes waren Gender Mainstreaming im Bildungswesen (Inhalte mit Gleichstellungsbezug wurden in die Lehrpläne für Schulen sowie die Berufausbildungs- und Arbeitsplatzbeschaffungsprogramme aufgenommen) und im statistischen Bereich, wo die Überarbeitung der statistischen Daten im Hinblick auf die Einbeziehung von Geschlechtsvariablen durchgesetzt wurde.

Die Geschlechterthematik wurde auch in Untersuchungen über die Auswirkung der verschiedenen Maßnahmen und Programme der Abteilungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, im Hinblick auf eine Beurteilung der Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Frauen und Männern einbezogen. Auch konkrete sektorenbezogene Maßnahmen wurden implementiert. Die Kommission für Gleichstellung und Frauenrechte ist außerdem mitverantwortlich für einige der Zielsetzungen dieses Planes, besonders jene, die mit Information und Schulung im Allgemeinen und für Beamte im Besonderen zu tun haben.

Verzeichnis verwendeter Materialien Act on Equality Between Women and Men – The Equal Opportunities Act (SFS 1991) including ammendments up to and including SFS 2000. Act on Gender Equality, Act No. 388 of 30th May 2000. Arbeitsmaterialien des Frauenbildungsnetz Ostsee: Gleichstellung für Frauen … und Männer? 1998. Arbeitsmaterialien des Frauenbildungsnetz Ostsee: Gleichstellung und Kommunen …? 1999. Arbeitsmaterialien des Frauenbildungsnetz Ostsee: Gleichstellungspolitik Schwedens und Männer? 2001. Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union. Jahresberichte 1996, 1997, 1998, 1999, 2000.

Entscheidung des Rates vom 20. Dezember 2000 über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft betreffend die Gemeinschaftsstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2001–2005). KOM (2000) 335 endg. Final Report Of The Group of Specialists on Gender Mainstreaming 1998. Conceptional framework ..., Council of Europe, EG-S-MS (98). Mackay, F., Bilton, K.: Learning from Experience: Lessons in Mainstreaming Equal Opportunities. University of Edinburgh. 2000. Mitteilung der Kommission vom 21.2.1996 (COM) 96/67. The Danish National Research and Documentation Centre on Gender Equality: Mainstreaming – Examples of Best Practice. Copenhagen 2001.

Der neue Programmplanungszeitraum 2000–2006: Technische Themenpapiere. Technisches Papier 3. Einbeziehung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in die Strukturfondsmaßnahmen. Hrsg. v. der Europäischen Kommission. März 2000.

2.2 Gender Mainstreaming auf nationaler Ebene 2.2.1 Gender Mainstreaming auf Bundesebene Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Die Bundesregierung hat sich zu Gender Mainstreaming auf der rechtlichen Grundlage von Artikel 2 und Artikel 3 Abs. 2 des Amsterdamer Vertrages, Artikel 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2 des Grundgesetzes sowie der Bundesgesetze, wie z. B. § 2 BGleiG zum Auftrag der Umsetzung von Gender Mainstreaming bekannt. Dies wird unter anderem deutlich im Kabinettsbeschluss von 1999, in dem die Bundesregierung die Gleichstellung von Frau und Mann als durchgängiges Leitprinzip und als Querschnittsaufgabe unter dem Begriff „Gender Mainstreaming“ anerkennt. In der Novellierung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministe-

rien mit Kabinettsbeschluss vom Juli 2000 wurden die Ressorts zum Gender-Mainstreaming-Prinzip verpflichtet (§ 2 GGO). Zusätzlich ist Gender Mainstreaming zum Bestandteil des Regierungsprogrammes „Moderner Staat - Moderne Verwaltung“ geworden. Mit Kabinettsbeschluss vom Mai 2000 ging auch die Einrichtung der Interministeriellen Arbeitsgruppe unter Federführung des BMFSFJ einher, deren Hauptaufgabe in der Entwicklung eines Kriterienkatalogs liegt und die ihre Arbeit mit der konstituierenden Sitzung vom 24. Mai 2000 aufgenommen hat. Das federführende BMFSFJ ist des Weiteren um die Koordinierung von Bundes- und Länderebene bemüht. Dazu wurden zum einen Länderumfragen zum

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Stand der Umsetzung von Gender Mainstreaming durchgeführt (Herbst 2000, Frühjahr und Sommer 2001). Im März 2001 fand das erste Bund-LänderTreffen zum Thema Gender Mainstreaming statt. Auf dem Treffen wurde die Einrichtung einer Bund-LänderArbeitsgruppe beschlossen, die sich ca. zweimal im Jahr treffen soll.

Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Die Interministerielle Arbeitsgruppe bringt zur Bekräftigung des politischen Willens und im Sinne der TopDown-Strategie17 Mitglieder auf der Abteilungsleiterebene zusammen. Mit dem Beginn der Tätigkeit der Interministeriellen Arbeitsgruppe verpflichteten sich alle Ressorts zur Fortbildung ihrer Beschäftigten sowie zur Einrichtung mindestens eines Pilotprojektes. Mittlerweile werden insgesamt 34 Pilotprojekte durchgeführt:

Auswärtiges Amt

• Berücksichtigung von Gender-Themen in Vorbereitungskursen des Auswärtigen Amtes für ziviles Friedenspersonal • Geschlechterperspektive bei Mitteleinsatz aus multilateralem Gesundheitsfonds (G 8/ VN) • Einbringung von Gender-Mainstreaming-Aspekten in die „Information and Communication Technologies Task Force“ der Vereinten Nationen • Einführung eines systematischen Prüfungspunktes „geschlechtsspezifische Auswirkungen“ in die Arbeit eines Pilotreferats der Rechtsabteilung • Gender Mainstreaming in den Außenministerien der EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission • Berücksichtigung des Gender-Mainstreaming-Aspektes in humanitären Hilfsprojekten • Überprüfung der Tätigkeit eines Referates der Europaabteilung unter dem Gesichtspunkt des Gender Mainstreaming • Verifikationsbehörde Chemiewaffen Den Haag – Entsendung von Inspektorinnen und Inspektoren

Bundeskanzleramt

• Gender Mainstreaming in der Personalentwicklung (gemeinsam mit BMFSFJ)

Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien

• Gender Mainstreaming im Rahmen der Förderungen des Hauptstadtkulturfonds (im Aufbau)

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

• Gender-Mainstreaming-Strategie für die Zeitschrift „Deutschland-Forum für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft“ (im Aufbau)

Bundesministerium für Arbeit u. Sozialordnung

• Gender Mainstreaming bei Zuwendungen am Beispiel der beruflichen Rehabilitation

Bundesministerium für • Umsetzung von Gender Mainstreaming im Programm „Neue Medien in der Bildung“ Bildung und Forschung Bundesministerium der Finanzen

• Familienförderung und Gender Mainstreaming

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

• Gender • Gender • Gender • Gender

Bundesministerium für Gesundheit

• Gender Mainstreaming in der Gesundheitsvorsorge (im Aufbau)

Bundesministerium des Innern

• Implementierung von Gender Mainstreaming bei der Bundeszentrale für politische Bildung

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Mainstreaming Mainstreaming Mainstreaming Mainstreaming

in der Ressortforschung und Gesetzesfolgenabschätzung in Kabinettvorlagen (mit Beteiligung BK) in der Jugendhilfe

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Bundesministerium des Innern

• Gender Mainstreaming in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes • Gender Mainstreaming bei der Änderung der Bundeslaufbahnverordnung • Fortbildungsveranstaltungen für Referatsleiterinnen und Referatsleiter des BMI zur fachlichen Umsetzung von Gender Mainstreaming (im Aufbau)

Bundesministerium der Justiz

• Wissenschaftliche Untersuchung zu geschlechtsspezifischen Aspekten bei der Praxis der gemeinnützigen Arbeit (im Aufbau) • Gender-Aspekte bei der Begleitforschung zum Vollzug des Gewaltschutzgesetzes • Wissenschaftliche Untersuchung zum Frauenvollzug (im Aufbau)

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

• Entwicklung eines Gender Impact Assessment • Geschlechterverhältnisse und Nachhaltigkeit (im Aufbau)

Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft

• Anwendung von Gender Mainstreaming im Modellvorhaben „Regionalberater als Initiator unternehmerischer Initiativen und regionaler Entwicklungsprozesse“ (im Aufbau)

Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

• Anwendung von Gender Mainstreaming im Bereich der Städtebaupolitik des Bundes (sowie Umsetzung von Gender Mainstreaming im Bund-Länder-Programm „Die soziale Stadt“) (im Aufbau)

Bundesministerium der Verteidigung

• Umsetzung von Gender Mainstreaming beim Aufbau eines neuen IT-Amtes der Bundeswehr

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

• Umsetzung von Gender Mainstreaming im Wirtschaftsbericht 2001

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

• Verankerung und Umsetzung von Gender Mainstreaming in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit am Beispiel „Benin – Schwerpunktstrategie Umweltschutz und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen im ländlichen Raum“

Die Liste der entsprechenden Projekte findet sich auch beim durch das BMFSFJ eingerichteten Internetportal unter www.gender-mainstreaming.net - versehen mit Links zu den entsprechenden Ressorts, wo die Vorhaben genauer beschrieben sind. Dieses Internetportal stellt auch den wesentlichsten Pfeiler der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung zum Thema Gender Mainstreaming dar, da die Arbeitsergebnisse der für das Thema zentralen Interministeriellen Arbeitsgruppe noch nicht als Veröffentlichung vorliegen. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Die Arbeit der Interministeriellen Arbeitsgruppe wird von einem interdisziplinären Expertinnenteam wissen-

schaftlich begleitet. Die Trägerschaft für die wissenschaftliche Begleitung übernahm die Gesellschaft für sozialwissenschaftliche Frauenforschung e.V. aus Frankfurt am Main. Zur Aufgabe der wissenschaftlichen Begleitung gehört es auch, die Erfahrungen der Ressorts aus den Projekten zu bündeln und in die fortlaufende Arbeit der Interministeriellen Arbeitsgruppe einzubringen. Im Laufe des Jahres 2002 sollten durch die Interministerielle Arbeitsgruppe Checklisten und Arbeitshilfen für die Arbeit in den Ressorts erstellt werden und in Form von Broschüren o. Ä. herausgeben werden. Im Jahre 2003 sollen die Arbeitsergebnisse in einem Gleichstellungshandbuch für die Bundesverwaltung zusammengefasst und herausgegeben werden.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2.2.1.1 Ein Beispiel aus den Pilotprojekten: Gender Mainstreaming in der Bundeszentrale für politische Bildung Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Die Implementierung von Gender Mainstreaming in der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ist eines der Pilotprojekte des Bundesministeriums des Innern. Die bpb begreift Gender Mainstreaming als ein in Entwicklung befindliches gesamtgesellschaftliches politisches Handlungskonzept, das im direkten Zusammenhang mit der Frage nach einer zukunftsfähigen gesellschaftlichen Entwicklung steht und der Weiterentwicklung der Demokratie dient. Die Bundeszentrale für politische Bildung sieht sich hier in einer besonderen Verantwortung, denn: Einen neuen Geschlechtervertrag, d.h. einen neuen soziokulturellen Konsens herbeizuführen und de facto umzusetzen, bedarf eines tief greifenden gesellschaftlichen Bewusstseinswandels. Um diesen Perspektivenwechsel und die daraus zu entwickelnden geschlechterdemokratischen Strukturen und Verhaltensweisen zu fördern, braucht es nachhaltige politische Bildung, die sowohl auf individuelle als auch organisationale Lernprozesse ausgerichtet ist. [...] Es ist die Aufgabe der Bundeszentrale [für politische Bildung, die Verf.], die öffentliche Diskussion um Gender Mainstreaming aus dem gesellschaftskonzeptionellen Ansatz anzuregen. (www.bpb.de) Demnach soll Gender Mainstreaming durch die bpb einerseits zum Thema der politischen Bildung gemacht werden, andererseits will die bpb politische Bildung für die Implementierung von Gender Mainstreaming bereitstellen. Darüber hinaus soll politische Bildung in Verbindung mit jedem Themenfeld Geschlechterverhältnisse berücksichtigen. Geschlechtergerechte politische Bildung umfasst dabei den quantitativen Aspekt einer ausgewogenen Beteiligung was die Akteurinnen und Akteure politischer Bildung betrifft sowie den qualitativen Aspekt der geschlechtersensiblen Aufbereitung von Themen und Inhalten politischer Bildung. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Die Bundeszentrale geht mit ihrem Konzept davon aus, dass zunächst die Organisation bei sich selbst einen

dynamischen Veränderungsprozess initiiert und sich als lernende Organisation begreifen muss. Dies bildet erst die Grundlage und Voraussetzung für Maßnahmen im Handlungsfeld der Organisation. In Bezug auf dieses Konzept sind also die Zielgruppen des Implementierungsprozesses zunächst die Beschäftigten der bpb selbst, des Weiteren die Kooperationspartner und -partnerinnen und schließlich die Zielgruppen der bpb. Der Prozess ist auf 3 Jahre angelegt, federführend obliegt die Implementierung dem Fachbereich Grundsatz, in den Fachbereichen werden je 2 Gender-MainstreamingBeauftragte (möglichst männlich und weiblich) gewählt. Zudem arbeitet die Bundeszentrale in der Interministeriellen Arbeitsgruppe der Bundesregierung mit. Für die Leitungsebene der bpb sowie für die Gender-Mainstreaming-Beauftragten wurden Sensibilisierungsworkshops durchgeführt. Die Gruppe der Gender-MainstreamingBeauftragten hat die Aufgabe, Instrumente für GenderMainstreaming-Umsetzung in konkreten Arbeitsabläufen zu entwickeln, wie etwa: • eine Checkliste für Produkte, die die Geschlechterperspektive berücksichtigen • ein Autoren/Autorinnen-Merkblatt • Musterverträge, die Vertragsnehmende zu Gender Mainstreaming verpflichten könnten • eine geschlechtergerechte Sprachregelung für die bpb und sämtliche im Umlauf befindliche Formulare. Für jeden Fachbereich und jede Projektgruppe wurde für jeweils ein Produkt eine Zielvereinbarung abgeschlossen im Hinblick auf Gender Mainstreaming. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Seit August 2002 hat die Bundeszentrale ein europäisches Lernpartnerschaftsprojekt (Grundtvig II) ins Leben gerufen. Dabei sollen – während einer Laufzeit von zwei Jahren – Bildungsmodelle für unterschiedliche Zielgruppen auf nationaler und europäischer Ebene entwickelt und erprobt werden. Ab 2003 soll eine Analyse und Evaluation der hausinternen Kundenstatistiken erfolgen.

2.2.2 Gender Mainstreaming in den Bundesländern Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Der Prozess der Umsetzung von Gender Mainstreaming in den Bundesländern ist mit wechselnden Rahmenbedingungen konfrontiert – bis hin zum Regierungswechsel wie aktuell in Sachsen-Anhalt. Vorab ist zudem zu bemerken, dass es sich bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe um einen sehr komplexen Prozess handelt. So ist seit den ersten

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Schritten in Richtung einer Gender-Mainstreaming-Implementierung in den Ländern – 1998 zuerst durch Kabinettsbeschlüsse in den Ländern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt – bisher eine vergleichsweise kurze Zeit vergangen. Eine weitere Schwierigkeit liegt darin begründet, dass die Länder den Stand der Gender-Mainstreaming-Implementierung in jeweils unterschiedlicher Vollständigkeit dokumentieren und transparent machen. Daher kann für die Bestandsaufnahme zu Aktivitäten in

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

den Bundesländern nur von einer Zwischenbilanz die Rede sein. Im Gesamtüberblick stellt sich die Situation von Land zu Land unterschiedlich dar. Daher sollen einerseits die verschiedenen Aktivitäten in einem alle Länder umfassenden Gesamtüberblick erfasst werden. Dieser Überblick wird anhand der von Marianne Weg18 genannten sechs Kriterien vorgenommen. Andererseits sollen die Länder, die bisher die umfangreichsten und systematischsten Programme und Maßnahmen zur Umsetzung von Gender Mainstreaming beschlossen haben – Sachsen-Anhalt und Niedersachsen – eine gesonderte Darstellung erfahren. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming a) politische Verankerung Koalitionsverträge Die Verpflichtung zur Umsetzung von Gender Mainstreaming ist in einigen Ländern jeweils in Koalitionsvereinbarungen festgelegt worden. Dies gilt für die Länder Rheinland-Pfalz, Bremen, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Die Umsetzung dieser Vereinbarung in entsprechende Beschlüsse ist derzeit in den meisten dieser Länder in Vorbereitung; in Baden-Württemberg wurde auf Beschluss des Ministerrates vom 24.07.2001 das Sozialministerium mit der Entwicklung einer Konzeption beauftragt. In Bremen wurde eine Steuerungsgruppe mit den Gender-Mainstreaming-Verantwortlichen aller Ressorts mit der Erstellung einer Konzeption beauftragt und auch in Berlin ist ein Kabinettsbeschluss in Vorbereitung. In Nordrhein-Westfalen wird derzeit keine landesweite Konzeption erarbeitet, da die Zuständigkeit bei den einzelnen Ressorts liegt, wobei vorhandene Strukturen genutzt werden sollen. Kabinettsbeschlüsse Kabinettsbeschlüsse zur Umsetzung von Gender Mainstreaming gab es als Grundsatzbeschlüsse 1998 zunächst in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, woraufhin in beiden Ländern weitere Kabinettsbeschlüsse zur Umsetzung erfolgten. Mecklenburg-Vorpommern hat sich im Jahr 2000 via Kabinettsbeschluss zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern als Querschnittsaufgabe bekannt, in Rheinland-Pfalz haben sich die Ministerien im Jahr 2001 verpflichtet, Gender Mainstreaming in ihren Geschäftsbereichen umzusetzen. In Bremen wurde der Senat durch den Landtag im Mai 2001 verpflichtet, einen Bericht über Gender Mainstreaming im politischen Handeln vorzulegen. Länderparlamente In einigen Länderparlamenten wurden vereinzelt Anträge zu Gender Mainstreaming debattiert (Bremen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein-Westfalen), Anhörungen und Ausschussberatungen durchgeführt und weitere Berichtsanträge an Regierungen gestellt. Der RheinlandPfälzische Landtag verabschiedete im Januar 2002 einen Beschluss, der Maßnahmen im Sinne von Gender für familienfreundliche Betriebe, Förderung weiblicher

Existenzgründungen, Aktionen zur Förderung von Frauen in männerdominierten Berufsfeldern und vice versa sowie die Bereitstellung nach Geschlecht differenzierter Daten enthält. b) Gender Mainstreaming als Thema für die Top-Ebene Diesem Aspekt wird im Zusammenhang mit Gender Mainstreaming als Top-Down-Prinzip besonderes Gewicht verliehen; zum einen wird davon ausgegangen, dass mit dem Engagement auf höchster Ebene eine Signalwirkung nach unten hin ausgeht. Zum anderen sind die Regierungsmitglieder für die Gender-MainstreamingImplementierung in ihren Ressorts verantwortlich, daher muss auf der Führungsebene sowie auf der fachlichen Leitungsebene mit Fortbildungsveranstaltungen für die entsprechende Aufmerksamkeit gesorgt werden. Kabinett Informationsveranstaltungen für das Kabinett sind in den Ländern Niedersachsen (1999), Sachsen-Anhalt (2001) und Mecklenburg-Vorpommern (2001) durchgeführt worden. Führungsebene der Ressorts In besonders umfangreichem Maße wurden Fortbildungen der Führungskräfte innerhalb der Ressorts in Sachsen-Anhalt durchgeführt (Ministerium für Wirtschaft und Technologie, Ministerium des Inneren, Staatskanzlei, Kultusministerium, Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt). In Niedersachsen werden seit 1999 Fortbildungen durchgeführt für Führungsverantwortliche der obersten Landesbehörden sowie für Abteilungs- und Referatsgruppenleitungen. Des Weiteren fanden Fortbildungen für die Führungsebene statt in Brandenburg (Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen), Rheinland-Pfalz (Zentralabteilungsleiter der Ressorts, ressortinterne Leitungskonferenz in den Ministerien für Wissenschaft sowie Bildung, Frauen und Jugend), Nordrhein-Westfalen (Umweltministerium) und Thüringen (Verwaltungsreformausschuss). In Bremen hat die Landesbeauftragte für Gleichstellung eine Informationsveranstaltung für die Staatsratsebene durchgeführt, in den Ressorts wurden im Rahmen von Abteilungsleitungs- bzw. Hauskonferenzen Einführungsveranstaltungen durchgeführt. Das Zentrale Fortbildungsreferat der Thüringer Staatskanzlei führte im Februar 2001 eine Fortbildungsveranstaltung für die Führungskräfte der oberen und obersten Landesbehörden durch. c) Organisatorische Verankerung für die Landesregierung Interministerielle Steuerungsgruppen werden zum Teil in den Ländern, für die noch keine Umsetzungskonzepte vorliegen, zur Konzeptentwicklung für die Landesregierung eingesetzt. Es ist anzunehmen, dass diese im Entwicklungsstadium geschaffene Struktur auch anschließend für die Begleitung und Kontrolle des Umsetzungs-

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

prozesses eingesetzt werden soll. In Bremen wurde unter gemeinsamer Federführung der Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichstellung der Frau und des Finanzsenators und unter Zuordnung zur Ressort übergreifenden Steuerungsgruppe für neue Steuerungsmodelle eine ExpertInnengruppe mit der Ausarbeitung von Empfehlungen für ein Implementierungskonzept und Controlling sowie der Erarbeitung eines Fortbildungskonzeptes für den bremischen öffentlichen Dienst beauftragt. Ebenso arbeitet in Baden-Württemberg unter Federführung des Sozialministeriums eine interministerielle Arbeitsgruppe an der Konzeptentwicklung und auch in Bayern wurde mit Beschluss der Amtschefs der Ressorts ein interministerieller Arbeitskreis eingerichtet, durch den relevante Handlungsfelder für Gender Mainstreaming festgelegt und eine Umsetzungsstrategie erarbeitet werden sollen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde unter Federführung der Gleichstellungsbeauftragten der Landesregierung eine Steuerungsgruppe für die Programmentwicklung zur Implementierung von Gender Mainstreaming – unter pilothafter Beteiligung von vier Ministerien – eingesetzt. In den Ländern, in denen bereits beschlossene Konzepte vorliegen – Niedersachsen und Sachsen-Anhalt – dienen die interministeriellen Arbeitsgruppen der Ressort übergreifenden Koordinierung des Implementierungsprozesses. Für Sachsen-Anhalt wurde mit dem „Ersten Bericht“19 beschlossen, eine solche interministerielle Steuerungsgruppe zu bilden, in Niedersachsen wurde bereits im März 2000 eine Planungsgruppe unter der Federführung des Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales eingerichtet. Die Arbeitsgruppe setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern aller obersten Landesbehörden sowie der Arbeitsgemeinschaft der Landesbehörden zusammen. Sie soll die Effizienz der Umsetzung von Gender Mainstreaming befördern. Bei der organisatorischen Verankerung für die Landesregierung sind neben den Steuerungsgruppen des Weiteren für alle Ressorts verbindliche Verfahren zu nennen. Dazu liegt ausgearbeitet und erprobt der Gleichstellungspolitische Check von Kabinettsvorlagen vor, der im Rahmen des Konzepts Sachsen-Anhalts entwickelt wurde. Für die Rheinland-Pfälzische Landesverwaltung sind als Handreichung Prüfkriterien ausgegeben worden, die eine inhaltliche Prüfung sowie eine Verfahrensprüfung umfassen. Die inhaltliche Prüfung bezieht sich auf die Datenlage und bezieht Ursachen- sowie Wirkungsanalyse mit ein sowie die Formulierung von Konsequenzen bzw. Handlungsmöglichkeiten. Die Verfahrensprüfung bezieht sich auf Nachvollziehbarkeit, Schnittstellen und Beteiligungen auf dem Umsetzungsweg. d) Information und Fortbildung Informations- und Fortbildungsveranstaltungen zu Gender Mainstreaming sind in den Fortbildungsangeboten

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auch unterhalb der Regierungs- und Referats- bzw. Abteilungsleiterebene inzwischen keine Seltenheit mehr, sie stellen „bislang das Hauptfeld für Implementierungsaktivitäten zu Gender Mainstreaming“20 dar. Meist werden externe Expertinnen und Experten mit der Durchführung von entsprechenden Veranstaltungen beauftragt; vorzugsweise im Team männliche/weibliche Person. In einigen Ländern nehmen auch zunehmend die Landeszentralen für politische Bildung diese Bildungsaufgaben wahr (z.B. Niedersachsen, Thüringen, Hessen). In zentralen sowie ressortinternen Fortbildungsveranstaltungen finden sich mehr und mehr Veranstaltungen direkt zur Gender-Mainstreaming-Strategie sowie Gender-Elemente in fachbezogenen Fortbildungsveranstaltungen. Fortbildung und Information sind so wichtig, weil sie dazu beitragen, notwendige Voraussetzungen für Gender Mainstreaming zu schaffen, indem die Teilnehmenden dazu angeregt werden, die Gender-Perspektive einzunehmen: Damit geht zum einen die selbstkritische Reflexion persönlicher Erfahrungen im Zusammenhang mit Geschlechterverhältnissen einher, zum anderen die Sensibilisierung für den Gender-Aspekt der Aufgaben, die sie zu bearbeiten haben. e) Gender Mainstreaming innerhalb der Ressorts Ähnlich wie bei der Ressort übergreifenden Steuerung bezieht sich die organisatorische Steuerung und Verankerung von Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe innerhalb der Ressorts ebenso auf Verantwortlichkeiten wie auf Verfahren. In Sachsen-Anhalt und in Bremen wurden die Verantwortlichkeiten dahin gehend festgelegt, dass für jedes Ressort Ansprechpersonen bzw. Gender-Mainstreaming-Beauftragte benannt wurden. In einigen Ländern, z. B. Nordrhein-Westfalen, gibt es Unterschiede bei der Festlegung der Verantwortlichen unter den Ressorts; in einigen werden Gender-MainstreamingBeauftragte benannt, in anderen Ressorts wiederum nicht. In Ländern, die neben der Umsetzung in den Ressorts eine interministerielle Koordinierung und Steuerung anstreben, ist die Benennung von Gender-Mainstreaming-Verantwortlichen in den Ressorts unverzichtbar. Wo Pilotprojekte durchgeführt werden, können für die Koordinierung dieser Arbeit Steuerungsgruppen eingesetzt werden. Bezüglich der Verfahren können GenderKriterien in das bestehende Controlling der Ressorts integriert werden. Denkbar wären z.B. Gender-BudgetAnalyse-Listen, auf denen vermerkt ist, an welchen Punkten von Verfahren welche Gender-Kriterien berücksichtigt werden müssen, so dass eine systematische Integration in regelmäßige Arbeitsabläufe gewährleistet ist. f) Fachliche bzw. fachpolitische Implementierung Zur fachlich-inhaltlichen Implementierung von Gender Mainstreaming ist es wichtig, Umsetzungsschritte nicht nur zu entwickeln, sondern auch zu erproben und in konkreten Anwendungsfeldern einzuüben. Zu diesem Zweck werden in einigen Ländern Pilotprojekte durchgeführt.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

In Hamburg wurde beispielsweise Gender Mainstreaming in ein Projekt zum Qualitätsmanagement im Amt für Umweltschutz integriert. In Sachsen-Anhalt wurde Personalund Organisationsentwicklung im Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales durchgeführt. Mit dem „Ersten Bericht“ über die Umsetzung von Gender Mainstreaming in Sachsen-Anhalt (2002) wurde beschlossen, dass die Ressorts mindestens ein Pilotprojekt zur exemplarischen Anwendung durchzuführen haben.21 Mit der exemplarischen Umsetzung von Gender Mainstreaming in Pilotprojekten oder der Integration von Gender Mainstreaming in geplante Vorhaben könnte zum einen die Wirksamkeit von Gender Mainstreaming in den Fachpolitiken bewiesen werden, zum anderen kann die Integration der Gender-Perspektive systematisch erprobt und somit die Kompetenz zur notwendigen gleichstellungspolitischen Neugestaltung der Fachpolitik im Hinblick auf Gender Mainstreaming hergestellt werden. Aus den anwendungsbezogenen Projekten sollen: für bestimmte Arten von Verwaltungsaufgaben und politischen Vorhaben die jeweils passenden Handreichungen, Checklisten usw. zur Verfügung gestellt werden können. [...] Das ist gerade für Politikfelder und Fachaufgaben unverzichtbar, in denen es bisher noch nie ein Thema war, dass sie etwa gleichstellungsrelevant sein könnten.22 In Mecklenburg-Vorpommern wurden Pilotprojekte mit vier Ministerien vereinbart: Das Ministerium für Arbeit und Bau wählte das Pilotprojekt „Gender-Aspekte im Aktionsprogramm ‚Regionalvernetzte Produktentwicklung/Vermarktung durch Qualifizierung im Tourismusbereich’“ aus, das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur legte als Pilotprojekt Gender Mainstreaming und die Erstellung der Rahmenpläne für Schulen fest, das Finanzministerium entschied sich für ein Pilotprojekt zur Einführung von Telearbeit und das Wirtschaftsministerium bearbeitet ein Pilotprojekt zu Gender Mainstreaming in der Fortschreibung der Tourismuskonzeption.

Land

Beschlüsse zur Umsetzung von Gender Mainstreaming

BadenWürttemberg

Koalitionsvertrag

Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Zunächst sind trotz der Verschiedenheit der Aktivitäten zur Umsetzung von Gender Mainstreaming in den Ländern Gemeinsamkeiten festzustellen: • In allen Ländern wird Gender Mainstreaming als TopDown-Strategie verstanden. • In den Ländern, in denen es Umsetzungsbeschlüsse gibt, wird Gender Mainstreaming im Sinne einer Doppelstrategie zusätzlich zur etablierten Frauenförderungs- und Gleichstellungspolitik verstanden. • Für alle Länder sind Fortbildungsveranstaltungen der erste Schritt, die – entsprechend dem Verständnis von Gender Mainstreaming als Top-Down-Prinzip – bei der Leitungsebene beginnen. Darüber hinaus geben jedoch die Bemühungen zur Implementierung und praktischen Umsetzung von Gender Mainstreaming ein vielschichtiges Bild ab (vgl. dazu auch die unten stehende Übersicht)23 im Hinblick auf die Konzeption: • Bausteine, Elemente und Instrumente werden in den Implementierungskonzepten unterschiedlich zusammengesetzt. • Zum Teil werden die Gender-Mainstreaming-Konzeptionen und Pilotprojekte durch die Ministerien selbst entwickelt und umgesetzt, zum Teil werden externe Expertinnen oder Experten beauftragt. im Hinblick auf die Umsetzungsschritte: • Aktivitäten und Engagement der einzelnen Ressorts sind jeweils unterschiedlich; Art und Umfang der durchgeführten Fortbildungsveranstaltungen variieren von Ressort zu Ressort; Pilotprojekte werden - abgesehen von Sachsen-Anhalt - meist nur in einem oder wenigen Ressorts durchgeführt. • Gender-Mainstreaming-Implementierung wird nicht überall kontinuierlich und systematisch angelegt, so dass nach der Umsetzung eines Konzeptbausteins zum Teil lange Zeit nichts Weiteres passiert.

Fortbildungs- und Informations veranstaltungen

Bayern Berlin Brandenburg

interministerielle Koordinierung/ Steuerung

Pilotprojekte

zur Konzeptentwicklung

X

zur Konzeptentwicklung Koalitionsvertrag Führungskräfte der Ressorts

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Land

Beschlüsse zur Umsetzung von Gender Mainstreaming

Fortbildungs- und Informations veranstaltungen

interministerielle Koordinierung/ Steuerung

Bremen

Koalitionsvertrag

Führungskräfte der Ressorts

zur Konzeptentwicklung

Hamburg

Pilotprojekte

zur Konzeptentwicklung

X

Hessen MecklenburgVorpommern

Kabinett

Kabinett & Führungskräfte der Ressorts

zur Implementierung

X

Niedersachsen

Kabinett

Kabinett & Führungskräfte der Ressorts

zur Implementierung

X

NordrheinWestfalen

Koalitionsvertrag

Führungskräfte der Ressorts

X

RheinlandPfalz

Koalitionsvertrag

Führungskräfte der Ressorts

X

Führungskräfte der Ressorts

X

Saarland Sachsen

SachsenAnhalt

Kabinett

Kabinett & Führungskräfte der Ressorts

SchleswigHolstein Thüringen

zur Implementierung

X

X

Führungskräfte der Ressorts

2.2.2.1 Das Beispiel Sachsen-Anhalts Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming In der Broschüre Gender Mainstreaming in Sachsen-Anhalt, die das Konzept vorstellt, werden Bedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung von Gender Mainstreaming formuliert. Als bedeutend werden eingeschätzt: • das sichtbare Engagement der Führungsebene, • die geschlechtsspezifische Datenerhebung und -auswertung, • die Transparenz und Praktikabilität des Umsetzungsweges, • das Herstellen von Gender-Kompetenz auf breiter Ebene.

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Für den Prozess der organisatorischen Verankerung sind in den jeweiligen Ressorts Gender-MainstreamingVerantwortliche nahe der Leitung der Ministerien tätig. Ihnen obliegt das Controlling und die Steuerung der Bereitstellung geschlechtsspezifischer Daten, die Evaluation des Umsetzungsprozesses von Gender Mainstreaming, die Entwicklung und Einführung ressortspezifischer Routineverfahren, die Vernetzung mit Expertinnen und Experten, die Unterstützung der Leitungsebene bei geschlechterbewusstem Handeln sowie die Ressort übergreifende Zusammenarbeit und die Initiierung von Fortbildungsveranstaltungen. Sie sollen also eine Lobby- und Katalysatorenfunktion für den Prozess der

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Umsetzung in den jeweiligen Ministerien übernehmen. Ressortintern sollen die Fachreferate die regelmäßige Begleitung der Umsetzung, die Beobachtung von Fortschritten und Hemmnissen, leisten. Sie sind u. a. dafür zuständig, es bei der Vergabe von Forschungsaufträgen in Form von Gutachten, Evaluationen u.a. zur Bedingung zu machen, dass die Geschlechterdimension dargestellt wird, um den fach- und ressortspezifischen Wissensund Erkenntnisstand zu erhöhen. Für die Integration der Geschlechterperspektive in Arbeitsabläufe werden Routineverfahren für die Bewertung geschlechtsspezifischer Auswirkungen von Maßnahmen empfohlen:

• Checklisten zur Verdeutlichung von Arbeitsschritten und Schnittstellen mit anderen Arbeitseinheiten, • Vereinheitlichung von Ablaufstrukturen und Beteiligungsverfahren, • Kriterienkataloge und Indikatorenlisten als Anregung für Maßnahmen, Analyseaspekte u.a., • Vorgaben für Datenerhebungen und Mittelflussanalysen.

Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming In Sachsen-Anhalt wurden im Zusammenhang mit Gender Mainstreaming folgende Beschlüsse gefasst:

Juni 1998

Mai 2000

März 2002

Beschluss der Landesregierung über die Änderung des § 34 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien

Beschluss des Konzeptes zur Umsetzung von Gender Mainstreaming in der Landesverwaltung

Erster Bericht über die Umsetzung des „Konzeptes der Landesregierung zur systematischen Einbeziehung des Ziels der Chancengleichheit von Frauen und Männern in sämtliche Politikbereiche“ (Gender Mainstreaming) 2000/2001

• Prüfung von Kabinettsvorlagen, ob Frauen anders oder stärker von der jeweiligen Maßnahme betroffen sind als Männer

• Geschlechtsspezifische Datenerhebungen, Erweiterung von Geschäfts- und Landesstatistiken • Durchführung eines Pilotprojektes im Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales (MS) • Bildungsangebote im zentralen Fortbildungsprogramm • Gleichstellungspolitischer Check von Kabinettsvorlagen

• Aufbau eines Gender-Institutes Sachsen-Anhalt (GISA); gefördert durch den Europäischen Sozialfonds und durch das MS • Vereinbarung ressortspezifischer Anwendungsprojekte • Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe „GenderMainstreaming“ • Fortbildung und Organisationsentwicklung zum Gender Mainstreaming • Einführung eines Gender-Controlling • Qualifizierung der geschlechterdifferenzierten Datenbasis

Das Umsetzungskonzept für Gender Mainstreaming in der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts bewegt sich auf

verschiedenen Ebenen, die sich in einer Übersicht zusammenfassen lassen:

Voraussetzungen schaffen

Prozess steuern u. koordinieren

Umsetzung

Fortbildung in allen Ressorts

Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe

Gleichstellungspolitischer Check von Kabinettsvorlagen

Verbreitung und Bereitstellung von Informationen über Gender Mainstreaming

Gender-Controlling

Pilotprojekte in allen Ressorts

Informationen über Geschlechterverhältnisse; geschlechtsspezifische Datenerhebung

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Auf einer Ebene sollen zunächst via Bildung und Information die Voraussetzungen geschaffen werden, um überhaupt eine Arbeit im Sinne des Gender-Mainstreaming-Konzeptes zu gewährleisten. Gemäß der Konzeption von Gender Mainstreaming als Top-Down-Strategie setzen die Fortbildungen zunächst in den meisten Ressorts bei der Führungsebene an. Innerhalb eines Pilotprojektes am MS wurden auch umfassendere Schulungen durchgeführt. Möglichst paritätisch zusammengesetzte Arbeitsgruppen sollen zu Kompetenzzentren innerhalb der Ministerien entwickelt werden. Es ist im Sinne der Zielstellung von Gender Mainstreaming als selbstverständliches Qualitätsmerkmal politischen Handelns, dass nicht nur gesonderte Fortbildungen stattfinden, sondern gleichermaßen Bemühungen unternommen werden, Gender-Bausteine auch in Fortbildungsangebote mit anderen spezifischen Themenschwerpunkten zu integrieren. Der Konzeption wird des Weiteren entsprochen, indem die Fortbildung auf der Subjektebene dazu dienen soll, Akteure und Akteurinnen für die Gender-Perspektive zu sensibilisieren und gleichzeitig Sachinformationen zur Inhaltsebene vermittelt werden mit dem Ziel, die scheinbare Geschlechtsneutralität politischen Handelns aufzulösen. Die Fortbildungen werden zum großen Teil mit Organisationsberatung verbunden, um der Prämisse sich ändernder Arbeitsund Entscheidungsprozesse Rechnung zu tragen. Die Verbreitung und Bereitstellung von Informationen betrifft zum einen Informationen über den GenderMainstreaming-Ansatz selbst und geschieht intern sowie auch nach außen über den Druck von Broschüren und die Bereitstellung von Informationen auf der Homepage des MS. Zum anderen müssen die notwendigen Information über Geschlechterverhältnisse bereit gestellt werden. Da dies im Zeitraum 2000 – 2002 offenbar nicht in befriedigendem Maße gelungen war, wurden im „Ersten Bericht“ Steuerungsmaßnahmen beschlossen; einerseits die Unterstützung durch GISA und andererseits das Erstellen von Berichten über vorhandene Daten und deren Erhebungsmerkmale. Eine zweite Ebene, die sich zwischen der Schaffung der Voraussetzungen und konkreten Umsetzungsmaßnahmen bewegt, betrifft die Koordinierung, Förderung und Steuerung der Umsetzung von Gender Mainstreaming in der Landesverwaltung. Gemäß den im „Ersten Bericht“ vom 05.03.2002 festgelegten Maßnahmen soll zu diesem Zweck eine interministerielle Arbeitsgruppe gebildet werden. Auf dieser Ebene ist ebenfalls das im „Ersten Bericht“ beschlossene Controlling anzusiedeln; hier geht es nicht um die Erarbeitung von Voraussetzungen für die geschlechter-gerechte Planung einer Maßnahme, sondern um die geschlechtsdifferenzierte Evaluation; womit Gender Mainstreaming nicht in dem umfassenden Sinne angewendet wäre, jedoch durch die Evaluation ein für zukünftige Maßnahmen notwendiges Wissen erarbeitet wird.

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Auf einer dritten Ebene bewegen sich die Bemühungen, das Gender-Mainstreaming-Prinzip konkret zur Umsetzung gelangen zu lassen. Eine Einbindung in geplante Maßnahmen stellt der Gleichstellungspolitische Check von Kabinettsvorlagen dar. Gleichwohl ist es offenbar noch schwierig, über die Ebene einer nach Geschlecht differenzierten Bestandsaufnahme der Ausgangslage hinauszugehen und bereits Handlungsalternativen und Gegensteuerungsmechanismen zu entwickeln. Um diesbezüglich einen Trainingsprozess einzuleiten, wurden mit dem „Ersten Bericht“ vom 05.03.2002 alle Ressorts zur Entwicklung mindestens eines konkreten Projektes oder Beispiels verpflichtet, in dem Gender Mainstreaming exemplarisch zur Anwendung gelangt. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming a) Erfahrungen mit dem Gleichstellungspolitischen Check Der Gleichstellungspolitische Check von Kabinettsvorlagen stellt ein erstes Routineverfahren dar. In dem „Ersten Bericht“ zeigt sich, dass die Ministerien die Anwendung des Gleichstellungspolitischen Checks auf unterschiedliche Weise umsetzen. Von den sieben Ressorts sorgten vier für eine Zusammenarbeit mit der hGB/BF, zwei Ressorts benannten Ansprechpersonen in jeder Abteilung, ansonsten wurden im Wesentlichen neue Verfahrensregelungen bzw. Muster für die Erstellung von Kabinettsvorlagen erarbeitet und bekannt gemacht. In die meisten Kabinettsvorlagen werden laut Bericht geschlechtsspezifische Aspekte zumindest insoweit eingearbeitet, dass die Ausgangslage für Maßnahmen geschlechtsspezifiziert beschrieben wird und zum Teil auch die Begleitung der Umsetzung und Prognosen über mögliche Auswirkungen nach Geschlecht differenziert vorgesehen bzw. vorgenommen werden. Der Bericht kritisiert, dass der Gleichstellungspolitische Check bei den meisten Kabinettsvorhaben an dieser Stelle stehen bleibt und dass bei erkannter Differenz Ziele und Maßnahmen für die Herstellung von Chancengleichheit nicht konsequenterweise vorgeschlagen werden. b) Erfahrungen mit der Erweiterung von Geschäfts- und Landesstatistiken Im Jahr 2000 wurden die Ressorts „angehalten zu prüfen, für welche Geschäftsstatistiken und Landeserhebungen für Bundesstatistiken eine Erweiterung der Erhebung um das Merkmal Geschlecht im Sinne des Gender Mainstreaming notwendig ist.“24 Der „Erste Bericht“ kritisiert, dass die Ressorts in ihren Umsetzungsberichten keine Angaben zu der Analyse der Notwendigkeit geschlechtsspezifischer Datenerhebungen sowie den daraus abzuleitenden Festlegungen treffen. Mit dem „Ersten Bericht“ werden daher Steuerungsmaßnahmen beschlossen. Zum einen soll das im April 2001 gegründete Gender Institut Sachsen-Anhalt (s.u.) Unterstützung bei der Zusammenstellung

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

gleichstellungsrelevanter Daten bieten. Zum anderen soll ressortintern jeweils eine geschlechtsdifferenzierte Datenbasis ausgearbeitet werden. Zu diesem Zweck sollen Übersichten über Datenerhebungen bereit gestellt und Berichte erarbeitet werden, die Aussagen über Erhebungsmerkmale enthalten. Alle personenbezogenen Daten sollen nach Geschlecht differenziert erhoben werden, personenbezogene Studien und Gutachten haben die Variable „Geschlecht“ zu berücksichtigen. Wo das nicht geschieht, besteht die Pflicht, dies zu begründen. c) Planungen für die Fortbildung Bis zur Erstellung des „Ersten Berichts“ wurden folgende Fortbildungsmaßnahmen bereitgestellt: • Informationsveranstaltung für die Mitglieder der Landesregierung am 18.12.2001, • Angebot von vier- oder dreitägigen Einführungsveranstaltungen für alle Beschäftigten der Landesverwaltung im zentralen Fortbildungsprogramm, • Integration von gender-orientierten Bausteinen in drei fach- und funktionsbezogenen Fortbildungen, • zweiteiliges Seminar für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aller Ministerien und nachgeordneter Behörden im Mai und Juni 2000, • Ressortspezifische Fortbildungs- und Organisationsentwicklungsprojekte, die zumeist mit der Führungsebene beginnen und im Weiteren je nach Ministerium in unterschiedlichem Maße für weitere Gruppen von Beschäftigten vorgesehen wurden. Im „Ersten Bericht“ wird über die bereits getroffenen Fortbildungsmaßnahmen hinaus festgelegt, dass bis zum Ende des Jahres 2002 alle Führungskräfte der Landesregierung sowie alle mit Kabinettsangelegenheiten befassten Personen an einer Einführungsfortbildung zu Gender Mainstreaming teilgenommen haben sollen. Die Fortführung von gender-orientierten Angeboten im zentralen Fortbildungsprogramm wird angeregt, ebenso deren Ausbau in der Führungskräfteausbildung und die Schulung der im Rahmen des Fortbildungsprogramms tätigen Lehrkräfte. Gleichermaßen wird eine engere Verknüpfung von gleichstellungspolitischem Grundlagenwissen mit fachspezifischem Wissen für notwendig erachtet. Offenbar gab es in der fachbezogenen Arbeit auch nach der geschlechterpolitischen Sensibilisierung Probleme bei Bearbeitung konkreter Maßnahmen gemäß dem GenderMainstreaming-Ansatz. Der „Erste Bericht“ schlägt demgemäß vor, die Rolle gleichstellungspolitischer Akteure sowie deren Kooperation mit der Fachebene zu stärken und gleichzeitig in den Ressorts Fachleute anhand konkreter Fachaufgaben in Gender-Kompetenz auszubilden. d) Planungen für die Arbeit des Gender-Institutes Sachsen-Anhalt Die Gründung des Gender-Institutes Sachsen-Anhalt (GISA) als Modellprojekt im April 2001 war noch kein Be-

standteil des für 2000 beschlossenen Programms. GISA fungiert als wissenschaftlicher Dienstleister für die Verwaltung und andere gesellschaftliche Organisationen. Im „Ersten Bericht“ werden die Aufgaben des GISA beschrieben. Demnach soll GISA Gender-Forschung leisten und vermitteln sowie Informationen über Geschlechterverhältnisse aufbereiten und zur Verfügung stellen. Dies ist auch im Zusammenhang mit der Maßnahme der Qualifizierung geschlechtsspezifischer Datenbestände zu sehen; GISA soll hier eine Hilfestellung für die Landesverwaltung geben. Des Weiteren soll GISA Lehr- und Lernkonzepte für Bildungsprojekte zu Gender Mainstreaming entwickeln und in Kooperation mit anderen Trägern Fortbildungen anbieten. Über die getroffenen Weiterbildungsmaßnahmen in den Ministerien hinaus stellt GISA für nachgeordnete Behörden sowie große Organisationen und Unternehmen ein Kontingent von Fortbildungsveranstaltungen bereit und bietet in Kooperation mit den Ressorts themenbezogene Workshops und Fachtagungen an. Zuletzt soll GISA nationale und internationale Vernetzung und Projektarbeit zum Thema Gender Mainstreaming leisten. e) Planungen für die Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe Eine weitere über das Programm für das Jahr 2000 hinausgehende Maßnahme stellt die Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe „Gender Mainstreaming“ dar, in der unter Federführung der Landesbeauftragten für Frauenpolitik und Gleichstellung Abgesandte aller Ressorts sowie drei Vertreterinnen aus der Mitte der hGB/BF der Ministerien vertreten sein sollen. Die Gruppe soll mit Unterstützung von GISA und externen Expertinnen und Experten zu einem systematischen Erfahrungsaustausch zusammentreffen. Ihre Arbeit soll dazu dienen, „positive Anreize für Anwendungsprojekte zu geben, ein breites Spektrum an Projekten zu realisieren, Qualitätsstandards zu sichern und letztendlich eine Routinisierung der Vorgehensweisen zu erreichen.“25 Spezielle Aufgabenfelder sind dabei die Erarbeitung von Anleitungen für das Gender-Controlling, Austausch über bisherige und Empfehlungen für weitere Fortbildungsund Organisationsentwicklungsmaßnahmen, Ressort übergreifend koordinierende Arbeit an der Weiterentwicklung der geschlechtsdifferenzierten Datenbasis. f) Planungen für die Einführung eines Gender-Controllings Mit dem „Ersten Bericht“ wird die Einführung eines Gender-Controllings beschlossen. Die Ressortleitungen sollen ein diesbezügliches Verfahren festlegen, die Verantwortung für das Controlling soll bei der hGB/BF liegen. Mit der Erarbeitung von Verfahren und der Festlegung der Verantwortlichkeit soll gewährleistet werden, dass die geschlechterdifferenzierte Evaluation von Maßnahmen, soweit sie in den Beschlüssen der Landesregierung vorgesehen ist, qualifiziert durchgeführt werden kann.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2.2.2.2 Das Beispiel Niedersachsens Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Niedersachsen hat sich im Juni 1998 auf Beschluss der Landesregierung verpflichtet, die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Leitprinzip in alle Politikbereiche von Anfang an zu integrieren und sich zur Förderung dieses Anliegens auf den Ansatz des Gender Mainstreaming bezogen. Konzept und wichtige Umsetzungsschritte des niedersächsischen Modells sind in der Broschüre „Informationen und Impulse“26 nachzulesen. Niedersachsen setzt bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming zeitgleich an zwei verschiedenen Ebenen an: Sensibilisierung für und Kenntnisvermittlung über Gender-Mainstreaming-Prozesse einerseits sowie organisationale Veränderungen andererseits.

Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming a) Sensibilisierung und Kenntnisvermittlung Am Beginn der Umsetzung steht die Weitergabe der Informationen über das Thema Gender Mainstreaming und die Integration dieses Ansatzes in die Handlungsfelder der Landesverwaltung. Als erster Impuls für die Implementierung des Gender-Mainstreaming-Ansatzes in die Landesverwaltung wurde im März 1999 eine Veranstaltung angeboten, die sich in erster Linie an alle Führungsverantwortlichen der obersten Landesbehörden und der Bezirksregierung richtete. Der Landtagsausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen wurde im März 1999 und das Kabinett im Juli 1999 noch einmal umfassend über den Gender-Mainstreaming-Ansatz informiert. Im Oktober 1999 fand dazu eine dreistündige Veranstaltung für die Mitglieder der Landesregierung mit den Staatssekretärinnen und Staatssekretären statt. Für die Abteilungs- und Referatsgruppenleitungen sowie für die Frauenbeauftragten der obersten Landesbehörden wurden Gender-Mainstreaming-Workshops durchgeführt. In Zusammenarbeit mit der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung wurde zur Unterstützung des Umsetzungsprozesses die Fortbildungsreihe „Wie bringe ich Gender-Mainstreaming ins Tagesgeschäft“ zur Begleitung einzelner konkreter Gender-Mainstreaming-Projekte konzipiert. Der Gender-Mainstreaming-Ansatz soll darüber hinaus integraler Bestandteil bereits bestehender Fortbildungen werden, insbesondere für Führungskräfte. Derzeit wird erprobt, die Gleichstellungsthematik in vorhandenen Qualifizierungsangeboten zu verankern. Kooperiert wird in diesem Feld auch mit der Hans-Böckler-Stiftung, die auf Anregung des Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales ein Projekt zur Integration der Gleichstellungsperspektive in Führungskräftekonzepte des öffentlichen Dienstes initiierte. Das inzwischen abgeschlossene Projekt enthält vier Fortbildungsmodule

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zur Verknüpfung der Gleichstellungsthematik mit fachspezifischen Themen. b) Organisationale Veränderungen Der Einführung des Gender Mainstreaming in Niedersachsen ging 1998 eine Organisationsveränderung voraus. Unter Bezugnahme auf entsprechende Entwicklungen und strategische Schwerpunktsetzungen der Europäischen Union auf den Gender-Mainstreaming-Ansatz beschloss die Landesregierung, das bis dahin eigenständige Frauenministerium mit dem Sozialministerium zusammenzulegen. Der grundgesetzlich verpflichtende Auftrag die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, wird damit nicht mehr nur von den Frauenministerien, der Frauenabteilung oder den Frauenbeauftragten umgesetzt, sondern wird zu einer Aufgabe aller Ressorts. Die Entscheidung, mit dem Hinweis auf Gender Mainstreaming das Frauenministerium in das Sozialministerium einzugliedern, wird insbesondere von Frauenvereinen und -verbänden nicht unkritisch betrachtet. Der Gender-Mainstreaming-Ansatz wird in einem ersten Schritt im eigenen Ressort des Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales implementiert. Die Geschäftsordnung des Ministeriums und damit alle Geschäftsabläufe wurden um den Gender-Mainstreaming-Ansatz ergänzt. Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsteht dadurch die Verpflichtung, bei allen Vorgängen geschlechtsspezifische, insbesondere frauenpolitische Auswirkungen zu prüfen. Geregelt ist auch, dass wenn Vorgesetzte einem Vorschlag, der geschlechtsspezifische Belange berücksichtigt, nicht folgen wollen, die abweichende Stellungnahme dem für eine abschließende Entscheidung zuständigen Vorgesetzten vorzulegen ist. Das neue Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales richtete auf Beschluss der Landesregierung eine Abteilung für frauenpolitische Querschnittsaufgaben ein und integrierte zwei Frauenfachreferate in die jeweiligen Fachabteilungen. Erfahrungen, Planungen und Ausblick mit Bezug auf die weitere Gender-Mainstreaming-Umsetzung Die Umsetzung des Gender Mainstreaming wurde von dem Autor Mückenberger und der Autorin Tondorf27 an sechs Schritten exemplarisch u. a. für die Personalpolitik, konkret bei der Entwicklung eines neuen leistungsorientierten Beurteilungssystems, gezeigt. 1. Schritt: Definition der gleichstellungspolitischen Ziele Das neue Beurteilungssystem soll mit Blick auf alle Beschäftigten als Beurteilte weder unmittelbar noch mittelbar diskriminierend sein und mit Blick auf die Führungskräfte als Beurteilende zu deren Gleichstellungsmotivation beitragen.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2. Schritt: Analyse der Probleme und der Betroffenen Wer die von Diskriminierung bei der Personalbeurteilung betroffenen Beschäftigtengruppen sind, muss im Einzelfall eruiert werden: beispielsweise Frauen in männerdominierten Tätigkeiten bzw. Bereichen, Beschäftigte beiderlei Geschlechts in frauendominierten Tätigkeiten oder Bereichen und Teilzeitbeschäftigte. Problem verursachend können unter anderem sein die Frage nach Kriterien, Verfahren der Beurteilung, Beschreibungshilfen sowie unbewusste Beurteilungsverzerrungen oder -fehler, interessengeleitete Beurteilungen zu Ungunsten von Frauen. 3. Schritt: Entwicklung von Optionen Denkbar wären: Schulungen der Beurteilenden, Veränderungen der Kriterien und Verfahren, Integration des Kriteriums gleichstellungshinderliches bzw. -förderliches Verhalten in die Systeme der Beurteilung von Führungskräften. 4. Schritt: Analyse der Optionen und Entwicklung eines Lösungsvorschlages Die entwickelten Optionen werden mittels folgender Prüfkriterien auf ihre voraussichtlichen Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern untersucht und bewertet:

2.2.3

• rechtliche Gleichstellung (Prüffrage: Inwieweit tragen die jeweiligen Optionen zum Abbau mittelbarer und unmittelbarer Diskriminierung bei?) • Gleichstellung hinsichtlich verschiedener Ressourcen (Prüffrage: Inwieweit fördern die jeweiligen Optionen die Gleichstellung von Frauen und Männern in Bezug auf: Einkommen, Bildung bzw. Ausbildung, Mobilität, Persönlichkeitsentwicklung, Zeitressourcen?) • Gleichstellung hinsichtlich der Beteiligung an Entscheidungen (Prüffrage: Inwieweit fördern die jeweiligen Optionen eine ausgewogene Mitwirkung von Frauen und Männern an Entscheidungsprozessen?) 5. Schritt: Umsetzung der getroffenen Entscheidung Transparenz und Information aller Beteiligten über die getroffene Entscheidung als Voraussetzung für eine gelingende Implementierung. 6. Schritt: Erfolgskontrolle und Evaluation An dieser Stelle ist eine erneute Analyse des Ist-Zustandes erforderlich. Wenn der definierte Sollzustand nicht erreicht worden ist, sind die einzelnen Phasen der Schrittfolge neu zu durchlaufen.

Gender Mainstreaming in Bildung und Forschung

2.2.3.1 Bundesministerium für Bildung und Forschung Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Die gegenwärtige Bundesregierung hat das Ziel „Mehr Frauen an die Spitze von Wissenschaft und Forschung“ proklamiert. In der Bildungs- und Forschungspolitik gilt es daher, Chancengleichheit als durchgängiges Leitprinzip in allen Programmen und Maßnahmen umzusetzen. Das Ministerium betont, dass die Bundesregierung durch den neuen Ansatz des Gender Mainstreaming die Chancengleichheit zur Grundlage der gesamten Politik und zur Aufgabe aller Verantwortlichen in Wissenschaft und Forschung erheben will. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming: Bundesministerium für Bildung und Forschung Bereits realisierte Maßnahmen sind: • die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes; die Verwirklichung der Gleichstellung von Männern und Frauen gehört explizit zu den Aufgaben der Hochschulen • das Gesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern (2001). Ein Hauptvorhaben stellt die Dienstrechtsreform dar, mit der die strukturellen Karrierehemmnisse für Wissen-

schaftlerinnen auf dem Weg zur Professur beseitigt werden sollen. Als weitere Maßnahmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sind zu nennen: • Das Referat „Frauen in Bildung und Forschung“ (1989 eingerichtet) sorgt für die Umsetzung der strategischen Maßnahmen und den Aufbau von entsprechenden Strukturen. Alle Arbeitseinheiten sind für sich gehalten, bei ihren Maßnahmen Gender Mainstreaming zu berücksichtigen. • Das Leitziel Chancengleichheit wurde seit 1999 im Haushalt des Ministeriums (Einzelplan 30) durchgängig in allen Kapiteln verankert. • Der Fördertitel für gezielte Maßnahmen „Strategie zur Durchsetzung von Chancengleichheit in Bildung und Forschung“ wurde neu geschaffen. • Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil von Frauen in Führungspositionen auf allen Ebenen in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu erhöhen. Gegenwärtig sind nur 6,5% aller C 4-Professoren an den deutschen Universitäten Frauen, bei der Hermann v. Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren liegt der weibliche Anteil im Jahr 2000 bei lediglich 2,4 %. • Das vom Ministerium geförderte Programm „Anstoß zum Aufstieg“ soll dazu beitragen, den Frauenanteil in

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

wissenschaftlichen Führungspositionen zu erhöhen. Es umfasst Karrieretraining und Coaching für Wissenschaftlerinnen. • Die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Arbeit und Familie müssen verbessert werden. Daher werden institutionell geförderte Forschungseinrichtungen ermuntert, in Kooperation mit externen Trägern Angebote zur Erschließung und Sicherung von Kinderbetreuungsangeboten für ihre Beschäftigten zu schaffen. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming: Außerhochschulische Forschungseinrichtungen Die öffentlich finanzierten außerhochschulischen Forschungseinrichtungen sind in vier Organisationen zusammengefasst: • Hermann v. Helmholtz-Gemeinschaft, • Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, • Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung, • Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz.

Als hervorhebenswerte Maßnahmen in diesem Bereich sind zu nennen: • Total E-Quality: Ein Prädikat für vorbildliche Chancengleichheit, • Mehr Frauen an die Spitze!, darunter spezielle Programme wie z.B: Tenure-Track-Programm für Wissenschaftlerinnen (Forschungszentrum Jülich)28, C 3- /C 4-Stellen-Sonderprogramm der Max-PlanckGesellschaft29, „Anstoß zum Aufstieg – Karrierestrategien für Wissenschaftlerinnen“; • Vereinbarkeit von Familie und Forschung: die Schaffung von Kindertagesstätten, die Betreuung der Schulkinder, die Vermittlung von Betreuungspersonen, • Rekrutierung des Nachwuchses; • Institutionalisierung.

2.2.3.2 Modelle, Projekte und Programme in der Wissenschaftslandschaft a) Modelle: Aufbau von Kompetenzzentren Frauen in der Wissenschaft und Forschung (CEWS)30 Das CEWS wird als übergreifendes Zentrum vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Es ist ein Informations-, Service- und Koordinationszentrum mit internationaler Ausrichtung und Vernetzung, das alle Aktivitäten zur Durchsetzung von Chancengleichheit für Frauen in Wissenschaft und Forschung bündelt, verstärkt und begleitet. Seine zentrale Aufgabe ist es, Instrumente und Strukturen zur Planung und Durchsetzung der Chancengleichheit in Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu forcieren. Es ist gleichzeitig eine Plattform, die alle maßgeblichen politischen und gesellschaftlichen Institutionen, Gremien, Initiativen und Projekte zu nationalem und internationalem Dialog einlädt. Die Arbeitsschwerpunkte des Kompetenzzentrums sind: • • • • •

Hochschulen Forschungseinrichtungen Wissenschaftlerinnen-Datenbank FemConsult31 Frauen- und Genderforschung Internationale Kooperation.

Die Arbeitsbereiche sind eng miteinander verzahnt, eine Gesamtstrategie integriert die Einzelmaßnahmen und Aktionen der unterschiedlichen Schwerpunkte. Dadurch ergibt sich eine wechselseitige Ergänzung und Verstärkung und die Möglichkeit, Aktionen von einem in einen anderen Bereich zu überführen.

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Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie (Bielefeld)32 Dieses Zentrum ist ein wesentlicher Knotenpunkt für die Fragen: Warum sind immer noch so wenig Frauen im Ingenieurberuf und in der Informatik zu finden? Wo finden interessierte Mädchen, Technikstudentinnen und berufstätige Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen wichtige Kontaktstellen und praktischen Rat? Das Kompetenzzentrum bündelt bundesweit Maßnahmen zur Chancengleichheit in Bildung, Ausbildung, Beruf, Wissenschaft und Forschung. b) Projekte und ausgewählte Universitätsforschung HoF Wittenberg – Institut für Hochschulplanung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg33 Das 1996 gegründete HoF Wittenberg ist das einzige Institut, das in den ostdeutschen Bundesländern Forschung über Hochschulen betreibt. Daraus ergeben sich besondere Projekt- und Anwendungsbezüge; gleichwohl beschränkt sich das Institut nicht auf die Untersuchung regionaler Entwicklungen. Das Institut befasst sich u. a. mit Gleichstellung, Frauenförderung und Gender Mainstreaming im Hochschulbereich. HoF Wittenberg gibt beim Beltz Verlag Weinheim/Basel die Reihe „Wittenberger Hochschulforschung“ heraus. Das Institut publiziert die Zeitschrift „die hochschule. journal für wissenschaft und bildung“. Ferner informiert der Instituts-Newsletter „HoF-Berichterstatter“ zweimal im Jahr über die Arbeit am HoF.

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Das ZiF an der Humboldt-Universität zu Berlin Das 1989 an der Humboldt-Universität zu Berlin gegründete Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung (ZiF)34 gibt halbjährlich (April und Oktober) ein Bulletin heraus. Zu den wichtigsten Aufgaben des ZiF gehört neben inter- und transdisziplinären Forschungsarbeiten, dem Ausbau der Informations- und Dokumentationsstelle des ZiF, dem Anlegen und der Pflege der Datenbank35, der Durchführung von Ringvorlesungen, der Gestaltung von Arbeitskreisen sowohl der Ausbau und die Gestaltung des Studienganges Gender Studies36 als auch die Durchführung von Projektseminaren. Die Ergebnisse des Projektseminars „Erwerbsintegration und Geschlechterpolitik“ sind im Bulletin 22 (Berlin 2001) veröffentlicht, das dem Aspekt der Chancengleichheit und Geschlechterdemokratie verpflichtet war.

Frauen - über eine veränderte Bildungslandschaft eine Chance zu geben. Zum andern müssen sich junge Frauen aus den traditionellen Mustern der Berufsfindung lösen. Über ein geschlechterbewusstes Herangehen, das sowohl ein verändertes Erziehungskonzept voraussetzt als auch zum endgültigen Aufbruch von traditionellen Rollenidentitäten führt, kann über eine rechtzeitige Mentoring-Arbeit in allen Bildungs- und Wirtschaftsfeldern eine starke Verzahnung von Bildung und Wirtschaft erreicht werden. Über die Konstruktion von Netzwerken wird vor allem die Wirtschaft profitieren, da die spezifischen Fähigkeiten junger Frauen gefördert werden. Damit ist ein Weg vorgegeben, der endlich aus der Misere führen kann, dass Deutschland in Bezug auf die Besetzung von Führungspositionen durch Frauen noch immer sehr rückständig ist.

Kongresse von Frauen in Naturwissenschaft und Technik37 Vom 09.–12.05.2002 tagte in Kassel der 28. Kongress von Frauen in Naturwissenschaft und Technik, der seit 1977 zunächst halbjährlich und danach jährlich einberufen wurde. Der Jubiläumskongress ging dominant folgenden Fragen nach: • Ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis im naturwissenschaftlichen Bereich die Gleichstellung von Mann und Frau Wirklichkeit wird? • Was haben wir in 25 Jahren erreicht? • Was verstehen wir heute unter der Gleichstellung von Frau und Mann in Naturwissenschaft und Technik? • Haben wir alle die gleichen Ziele und Vorstellungen oder gibt es da Differenzen?

Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Im Vorwort des Übersichtsheftes „Mehr Frauen an die Spitze!“39 betont Edelgard Bulmahn – Bundesministerin für Bildung und Forschung – im Jahr 2002, dass die Bundesregierung bei der Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen in Bildung, Wissenschaft und Forschung viel erreicht habe. Wesentliche Momente sind:

c) Programme: Mentoring38 Mit Hilfe von Mentoring-Programmen werden dominant Frauen auf allen Ebenen, von der Schule über die Berufs- bzw. Hochschulbildung, bis zum Eintritt in das Berufsleben darin bestärkt, sich in noch immer vorhandenen Männerdomänen durchzusetzen oder überhaupt einen Einstieg in diese zu finden. Die Wirkungsmöglichkeiten dieses Konzepts sind auf mehreren Ebenen und in verschiedenen Diskursen begründet. Zum einen ist eine Strategie darin zu sehen, durch das Erleben und Erfahren von Vorbildern jungen Menschen - und vor allem

• mehr Mädchen als Jungen legen das Abitur ab • mehr junge Frauen als Männer beginnen das Studium • jede dritte Dissertation wird von einer Frau geschrieben aber: • nur jede fünfte Habilitationsschrift kommt von einer Frau • jede zehnte Professur wird von einer Frau besetzt. Das Hauptproblem liegt darin, dass die Spitze von Wissenschaft und Forschung nach wie vor fest in männlicher Hand ist. Da Frauen in wissenschaftlichen Spitzenpositionen nur eine kleine Minderheit sind, bleiben auch die Auswahl- und Entscheidungsgremien männlich dominiert. Auf das hoch qualifizierte weibliche Potenzial kann jedoch nicht verzichtet werden. Gleiche Chancen für Frauen und Männer sind ein wichtiger Erfolgsfaktor für Wissenschaft und Forschung und damit auch für die Wirtschaft.

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2.2.4 Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt: Bundesanstalt für Arbeit (BA)40 Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Die BA für Arbeit entwickelte im Mai 2001 ihre Vorstellungen von „Frauenförderung und Gender Mainstrea-

ming“ auf der Basis der Beschäftigungspolitischen Leitlinien der Europäischen Union (vier Säulen und das Prinzip des Gender Mainstreaming).

Säule 1 Verbesserng der Beschäftigungsfähigkeit

Säule 3 Förderung der Anpassungsfähigkeit der Unternehmen und ihrer Beschäftigten

Säule 2 Entwicklung des Unternehmergeistes

Säule 4 Verstärkung der Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern

GENDER MAINSTREAMING

Die BA für Arbeit geht davon aus, dass spezifische Frauenförderungspolitik und Gender Mainstreaming zwei unterschiedliche Strategien für die Erreichung derselben Zielstellung, nämlich der Chancengleichheit von Frauen und Männern sind. Beide Strategien sowohl spezifische Frauenförderungspolitik als auch Gender Mainstreaming sind zur Zielerreichung notwendig und ergänzen sich einander. Gender Mainstreaming schließt spezielle Frauenförderungsmaßnahmen nicht aus. In den beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU und des Nationalen Aktionsplanes der Bundesrepublik wird ausdrücklich dazu aufgefordert, zum Abbau der geschlechtsspezifischen Ungleichheit zwischen Frauen und Männern am Arbeitsmarkt verstärkt Frauenförderungsmaßnahmen in Betracht zu ziehen. Die Doppelstrategie spiegelt sich in allen gesetzlichen Regelungen und beschäftigungspolitischen Vorgaben wider, nach denen die BA arbeitet. Sie ist somit Richtschnur bei der Umsetzung ihres gesetzlichen und geschäftspolitischen Auftrages, die Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt im Rahmen aller Aufgaben der Bundesanstalt zu fördern.

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Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Im Beitrag der Referentin im Referat für Frauenbelange der BA werden die Realisierungsmöglichkeiten der Doppelstrategie sowohl im Arbeitsförderungsrecht als auch in den Beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU und des Nationalen Aktionsplanes sowie in den geschäftspolitischen Schwerpunkten der BA in Übersichten erläutert (S. 1242–1244). Übergeordnetes europäisches Ziel ist es, bis zum Jahr 2010 eine Gesamtbeschäftigungsquote von 70 % und eine Frauenbeschäftigungsquote von über 60 % zu erreichen. Die ersten Schritte zur Umsetzung sind dabei: • Entscheidung von Vorstand und Verwaltungsrat, die Förderung der Chancengleichheit als Leitlinie der Geschäftspolitik zu definieren • Implementierung des Gender-Mainstreaming-Ansatzes in das übergreifende Controlling • In den geschäftspolitischen Zielen der BA wurde im Sinne der Beschäftigungspolitischen Leitlinie 16 der EU und des Nationalen Aktionsplanes 2001, die die Chancengleichheit von Frauen und Männern ausdrücklich als Querschnittsaufgabe definieren (Leitlinie 18), ein Leitwerk zur Chancengleichheit gebildet.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Das bedeutet, dass bei der Umsetzung aller Handlungsfelder immer auch die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen und Männern angestrebt werden muss. • Als spezieller geschäftspolitischer Schwerpunkt wurde für die Jahre 2000 und 2001 das Ziel „Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer“ mit den Hauptfeldern „Mehr Mobilität als Beschäftigungsvariante anbieten“ und „Mehr Berufsrückkehrer in die Arbeit bringen“ gewählt. • Vorstand und Verwaltungsrat haben für 2001 entschieden, dass alle Bundesziele, Landes- und Regionalziele unter dem Aspekt der Chancengleichheit von Frauen und Männern bearbeitet werden. • In den Jahren 2001/02 wurde begonnen, die Chancengleichheit von Frauen und Männern in das Geschäftsfeldcontrolling, bei dem Qualität und Qualitätssicherung im Vordergrund stehen, als Kriterium in alle Stufen des Prozesses einzubringen.

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Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Als weitere konkrete Vorstellungen und Schritte wurde Folgendes festgehalten: • Es bedarf eines umfassenden und detaillierten Konzepts mit klaren Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten und eindeutigen Zielformulierungen. • Die Initiierung und Umsetzung „Top-Down“ muss erfolgen. Dazu gehört, dass die Strategie in die Geschäftsordnungen aufgenommen wird. • Beratung und Schulung der Beschäftigten, um das Problembewusstsein zu fördern, das notwendige Fachwissen zu vermitteln und Hilfestellung bei der Umsetzung zu geben.41 • Das Festlegen von Indikatoren und Messziffern, um Chancengleichheit zu messen. Denkbar wären z. B. Ansätze wie die Verteilung der Ressourcen und Mittel für Maßnahmen nach Geschlecht, die Betrachtungen qualitativer Zielsetzungen von Maßnahmen oder die Eröffnung zukunftsträchtiger Beschäftigungsfelder.

Chancengleichheit im wirtschaftlichen Bereich

Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Der Argumentationshintergrund, vor dem die Bemühungen zur Herstellung von Chancengleichheit stattfinden, ist ein anderer im Vergleich zum staatlichen und weitest gehend auch zivilgesellschaftlichen Sektor: Hier wird mit dem Kosten-Nutzen-Argument gearbeitet, demzufolge eine Gesellschaft bzw. Betriebe sich die unterbleibende Nutzung der Humanressource (gut ausgebildeter) Frauen „nicht leisten können“. Hier werden ältere, eher „moralisch“ aufgeladene Begründungen und Appelle von Frauenförderungspolitik durch Argumentationen der Effizienz und allseitigen Nutzenmaximierung ersetzt. Durch eine konsequente Gleichstellungspolitik, so die Argumentation, werde die Leistungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Loyalität gesteigert sowie Kosteneffizienz gesichert. Insgesamt ergebe sich mit diesem Ansatz ein Wettbewerbsvorteil, der zu Zeiten der Globalisierung nicht vernachlässigt werden dürfe.42 Es soll damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass gerade große Unternehmen Chancengleichheit auch als gesellschaftliche Aufgabe ernst nehmen; im Vordergrund jedoch stehen die betrieblichen Belange. Im wirtschaftlichen Sektor wird bisher vor allem mit dem Konzept Chancengleichheit gearbeitet, auch wenn sich Hinweise auf das Konzept Gender Mainstreaming finden. Diese Hinweise stehen wiederum zumeist in Verbindung mit dem Managing-Diversity-Ansatz43, der letztendlich auf eine Maximierung der Zufriedenheit der Angestellten und damit auch auf Kostenreduktion für das Unternehmen zielt.

Die Deutsche Telekom AG kann auf mehrere chancengleichheitsorientierte Projekte verweisen44. Für die Gleichstellungspolitik der Hauses wurde des Weiteren ein umfassendes, in der Fassung von 1996, 124 Seiten starkes Handbuch bereitgestellt mit Informationen über Regelungen betreffend u.a. die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Arbeitszeit. Die Konzernbetriebsvereinbarung zur Gleichstellung und Chancengleichheit vom April 2001 treibt mehrjährige Aktivitäten zur Herstellung der Chancengleichheit bei der Telekom weiter voran. Hier wird auf das Gender-Mainstreaming-Konzept verwiesen: „Mit dieser KBV [Konzernbetriebsvereinbarung, die Verf.] soll konzernweit die Implementierung des Gender Mainstreaming und damit die Chancengleichheit von Frauen und Männern gefördert werden“ (S. 1). Genannt werden als wesentliche Elemente das Anerkennen von Unterschieden bzw. unterschiedlichen Ausgangspositionen, die Wertschätzung der Unterschiedlichkeit und das Nutzen und Fördern der unterschiedlichen Potenziale im Sinne eines Managing-Diversity-Konzeptes. Die Volkswagen AG realisiert ein umfangreiches Programm zur Herstellung von Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern, das sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt. Sie bevorzugt den Begriff „Frauenförderung“ und gebraucht auf Grund des schwierig zu transformierenden Begriffs Gender Mainstreaming diesen in konzeptionellen Vorgaben nur sehr selten. Frauenförderung soll integraler Bestandteil der Personalpolitik werden. In der Veröffentlichung „Neues Denken für die Zukunft“ (Hannover 2002, 19 Seiten) werden der komplexe An-

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

satz zur Geschlechtergleichstellung und die einzelnen inhaltlichen Schwerpunkte und Bausteine sichtbar. Sie lassen differenzierte Zugänge, Maßnahmen und Projekte zur Gleichstellung von Frauen und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie erkennen. Die Bemühungen um Chancengleichheit bei der Lufthansa zielen zum einen auf eine chancengleichheitsorientierte Veränderung der Unternehmenskultur im weiteren Sinne. Zum anderen gibt es Bemühungen zur Lösung von Vereinbarkeitsproblemen von Beruf und Familie für Frauen und Männer sowie eher punktuell angelegte Maßnahmen und Veranstaltungen, die auf chancengleiche Personalentwicklung abzielen. Ein für die Chancengleichheitspolitik der Lufthansa zentrales Dokument stellt die seit dem 1. Januar 1995 gültige „Betriebsvereinbarung Chancengleichheit“ für das Bodenpersonal in Deutschland dar. Ein wesentlicher Punkt der Vereinbarung sieht die Einrichtung der Funktion eines bzw. einer Beauftragten für Chancengleichheit im zentralen Personalbereich vor. Deren Aufgaben liegen: • in der Erarbeitung von Konzepten und Maßnahmen zur Verbesserung der beruflichen Chancen von Frauen und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Beschäftigte, • im Dialog nach oben (Führungsebene) und unten (Beschäftigte), • in der Darstellung der Situation und Politik zur Chancengleichheit bei der Lufthansa nach innen und außen, • in der regelmäßigen Analyse und jährlichen Berichterstattung zur Situation von Frauen und Männern im Unternehmen, • in der Zusammenarbeit und im bewusstseinsfördernden Dialog mit Führungskräften, Personalabteilungen, Beschäftigtenvertretungen, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming a) Personalpolitik Im Bereich der Personalpolitik finden sich zunächst vor allem klassische Frauenförderungsinstrumente wie bevorzugte Einstellung bei gleicher Eignung. Auch diese Instrumente sind für einen Gender-Mainstreaming-Prozess nicht unwichtig, wenn es z. B. nach wie vor so ist, dass weniger Frauen sich im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich ausbilden lassen und solche Berufe ergreifen bzw. noch immer seltene Erscheinungen in den Führungsetagen sind. Im Sinne von Gender Mainstreaming zu sehen sind darüber hinaus diejenigen Maßnahmen, die gezielt auf eine Bewusstseinsbildung und auf die Beseitigung struktureller Hindernisse für Frauen abheben, also im Prinzip auf eine Veränderung des Betriebsklimas, der Bewertungsmechanismen und Aufstiegswege, die bisher traditionell männliche Lebensmuster begünstigt haben. Hier wären zum Beispiel zu nennen die Maßnahmen zur Zusammenarbeit von Frauen und Männern der Deutschen Telekom AG.

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Unter diese Überschrift fällt die nach Geschlechtern zahlenmäßig ausgewogene Besetzung von Projektteams, GenderTrainings speziell für die Führungskräfte, die Integration von Lernbausteinen zu Chancengleichheit in Aus- und Fortbildungsprogramme sowie die Verfolgung von Mobbing und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Auch die Betriebsvereinbarung Chancengleichheit der Lufthansa AG enthält einen Passus, der sich gegen Formen der persönlichen Belästigung ausspricht – Beschwerden soll durch die jeweiligen Vorgesetzten nachgegangen und Vorfälle sollen bis hin zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen geahndet werden. Ebenfalls zur Bewusstseinsbildung trägt das Mentoring-Programm der Volkswagen AG bei. Die Frauen bearbeiten ein konkretes Lernprojekt und werden von ihren Vorgesetzten und ihren Mentorinnen/Mentoren bei der Entwicklung und der Umsetzung gecoacht. Dabei werden nicht nur die Frauen, sondern vor allem die Mentoren in Gender-Trainings geschult. Sie sollen besonders für Barrieren, die Frauen auf ihrem Berufsweg überwinden müssen, sensibilisiert werden, denn Haupthindernisse auf der Karriereleiter sind Vorurteile, Rollenklischees und mangelnde Flexibilität der – meist männlichen – Entscheidungsträger. Ebenso wichtig für das Einsetzen von Gender-Mainstreaming-Prozessen in der Wirtschaft sind beginnende Aktivitäten zur systematischen Einbindung von Chancengleichheitszielen, wie etwa die Integration von Chancengleichheitskriterien in das Qualitätsmanagement, welche die Deutsche Telekom AG plant. Hierzu sollen verstärkt Gleichstellungsbeauftragte als Beratende herangezogen werden, Erhebungen zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden sowie im Bereich der Kundschaft sollen nach Geschlecht differenziert vorgenommen werden. Ziele im Sinne der Chancengleichheit werden vereinbart und deren Umsetzung wird kontrolliert, erfasst und dokumentiert. Die Betriebsvereinbarung Chancengleichheit der Lufthansa AG sieht vor, dass die Führungskräfte sich regelmäßig über den Stand der Chancengleichheit in ihrem Verantwortungsbereich informieren und sich Ziele setzen. Bei der Volkswagen AG wurde 2001 eine innerbetriebliche Befragung zur Erfassung gleichstellungrelevanter Sachlagen entwickelt. In Pilotprojekten wurden 14191 Beschäftigte nach Arbeitszeit, Qualifikations-, Alters- und Entgeltstrukturen erfasst. Die vorgenommene Analyse dient der Erarbeitung konkreter Zielvereinbarungen zur Förderung der Frauen. Weiterhin sind in Bezug auf eine systematische Einbindung von Chancengleichheitsaspekten im Sinne eines Gender-MainstreamingProzesses vor allem der Ansatz der Deutschen Telekom AG hervorzuheben im Rahmen ihrer Bemühungen, als Modell für „best practice“ zu bestehen. Unter diesem Punkt gelten als wesentliche Maßnahmen: • das Bekenntnis des Konzerns zur Chancengleichheitspolitik, • nach Geschlecht differenzierte Daten zu den Beschäftigten als Grundlage zur Festsetzung von Zielen und Aufgabenschwerpunkten,

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

• die Einbeziehung von „Soft Skills“45 als Kriterien bei Personalentscheidungen, • die Vermittlung und Propagierung eines neuen Männerleitbildes, • die Unterstützung wissenschaftlicher Forschung zu Gleichstellung und Chancengleichheit. Die genannten Punkte sind wesentliche und mit den für den staatlichen Bereich eingeleiteten Maßnahmen durchaus vergleichbare Ansätze für einen beginnenden Gender-Mainstreaming-Prozess. b) Betriebliche Familienpolitik Unter diesen Punkt fallen bei der Deutschen Telekom AG zum einen Möglichkeiten zeitlicher Flexibilisierung, alternative Arbeitszeitmodelle, teilbare Arbeitsplätze, Teilzeitarbeit, Formen der Telearbeit, besonders auch während der Familienphase. Zum anderen wird auch ein starkes Gewicht auf die Angebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelegt, sich über diese Punkte zu informieren. Des Weiteren werden Maßnahmen genannt, die darauf abzielen, Beschäftigte in Familienphasen weiterzubilden und über Entwicklungen im Konzern zu informieren, so dass ein erfolgreicher Wiedereinstieg nach Beendigung der Familienphase gewährleistet ist. Der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird entgegengekommen durch spezielle Berücksichtigung von Eltern schulpflichtiger Kinder bei der Urlaubsplanung während der Ferienzeit, mit kurzfristigen Lösungen für flexible Arbeitszeitorganisation sowie durch die Unterstützung von Kinderbetreuungsmaßnahmen seitens des Unternehmens. Die Maßnahmen der Lufthansa zur Gewährleistung einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf betreffen zum einen Regelungen eines vorübergehenden, familienbedingten Ausstiegs aus der Berufstätigkeit und zum anderen Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitszeit. Für diese Aktivitäten wurde die Lufthansa 1996 mit der Einstufung als ‚besonders familienfreundlich’ durch das BMFSFJ ausgezeichnet. Spezielle Angebote zum Vereinbarkeitsproblem sind: • Familienzeit: Bei der Lufthansa besteht für die Beschäftigten neben der Wahrnehmung der gesetzlichen Elternzeit die Möglichkeit der Wahrnehmung einer betrieblichen Eltern- bzw. seit 2001 auch Familienzeit (zur Pflege von Angehörigen) von bis zu einem Jahr. Dieses Angebot richtet sich ausdrücklich an Frauen und Männer, die seit mindestens zwölf Monaten bei der Lufthansa aktiv beschäftigt sind. • Beratung: 1992 ist die Lufthansa eine Kooperation mit dem Familienservice eingegangen, der für Fragen der Kinderbetreuung oder Pflege von älteren Angehörigen berät. Für die besonderen Vereinbarkeitsprobleme des Fliegenden Personals hat sich eine Projektgruppe gebildet. • Betreuung: Die Lufthansa hat sich an der Einrichtung einer Kinderbetreuungsstätte nahe des Flughafens Berlin-Tegel beteiligt.

Die Erfahrung zeigt, dass Vereinbarkeitsangebote jedoch noch immer dominant von Frauen genutzt werden. Hervorhebenswert sind daher die Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung auf männlicher Seite. So unterstützt die Volkswagen AG die Kampagne des Bundesfamilienministeriums „Mehr Spielraum für Väter“ mit einem Pilotprojekt. Derzeit nehmen unter 2 % der Väter Erziehungszeiten in Anspruch, obwohl sich jeder zweite Mann als kinderlieb und häuslich bezeichnet. Grund für die geringe Beteiligung der Väter an der Familienarbeit ist nicht nur ein traditionelles Rollenverständnis, sondern auch die vorhandenen Rahmenbedingungen der Arbeit und das soziale Umfeld. „In zweitägigen Workshops diskutieren zukünftige Eltern über Elternzeit, Aus- und Wiedereinstieg, über Qualifikationserhalt, Kinderbetreuung und mögliche Arbeitszeitmodelle bei Volkswagen.“ („Neues Denken für die Zukunft“, S. 14) Volkswagen wirkt an der Entwicklung eines neuen Leitbilds von Vätern und Müttern mit. Um Frauen und Männern „Work and Life Balance, Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ zu ermöglichen, bietet Volkswagen seit 1995 Müttern wie Vätern ein Comeback-Programm mit Kinderbetreuung zur qualifizierten Rückkehr in das Unternehmen an. (Vgl. ebd., S. 17) „In Seminaren zum Thema Familienmanagement und Beruf stellt Volkswagen Bausteine zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Gesetzesregelungen und Betriebsvereinbarungen vor.“ (Ebd.) Mit Managementtechniken wie Organisationsanalyse, Zeitplanungs- und Kreativitätstechniken und ganzheitlichem Zielfindungstraining erhalten die Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger wichtige Impulse und Handlungshilfen für die Gestaltung ihrer persönlichen Lebensentwürfe. (Vgl. ebd.) Die Volkswagen AG unterstützt die Kampagne der Bundesregierung „Mehr Respekt vor Kindern“. Elternkurse sensibilisieren Mütter und Väter für eine gewaltfreie Erziehung ihrer Kinder. Ziel ist es, die Erziehungskompetenz der Eltern zu stärken und ihnen Handwerkszeug für eine gewaltfreie, demokratische Erziehung ihrer Kinder zu geben. (Ebd., S. 18) Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Die vorgestellten Konzerne zeigen in unterschiedlichen Bereichen Engagement zur Herstellung der Chancengleichheit für Frauen und Männer. An dieser Stelle sollte auf die Besonderheiten betrieblicher - etwa im Gegensatz zu staatlicher - Gleichstellungspolitik hingewiesen werden. Katharina Lehmann sieht in Anlehnung an Gudrun-Axeli Knapp Kriterien einer reflektierten Frauenpolitik auf drei Ebenen: „1. eine Zusicherung individuell einzuklagender Rechte, 2. das Recht auf Ausgleich für strukturell begründete Ungleichheit, der Frauen sich ausgesetzt sehen, und 3. Verzicht und Zurückweisung identifikatorischer Projektionen (à la ‘Frauen sind..., deshalb...’).“46

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Auf der dritten Ebene können die durch betriebliche Chancengleichheitspolitik initiierten Prozesse zum Abbau von Stereotypisierungen und Ressentiments gegenüber Chancengleichheitsansätzen führen: Die Chancengleichheitspolitik wird auch auf Männer bezogen; es gibt einen individuellen Ansatz, der sich von Stereotypisierungen distanziert, die (größtenteils männliche) Führungsriege ist Ziel der Schaffung eines neuen Problembewusstseins und die Chancengleichheitspolitik erweist sich als vereinbar mit Unternehmenszielen.

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Letzteres wird nach außen repräsentiert und trägt damit sowohl zur positiven Außenwirkung als auch zur inneren Stabilität des Unternehmens bei.47 Obgleich es noch schwierig erscheint, die Akteure im wirtschaftlichen Bereich politisch zur Chancengleichheit zu verpflichten, bestehen durch das freiwillige Engagement und das Vorbild der großen Konzerne Anknüpfungspunkte für ein Vorantreiben der Chancengleichheit in der Privatwirtschaft.

Gender Mainstreaming im Bereich der Nichtregierungsorganisationen

4.1 Stiftungen 4.1.1 Friedrich-Ebert-Stiftung Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Gender Mainstreaming ist ein Durchsickern der Geschlechterfrage in bislang männerzentrierte Denkweisen, Organisationsformen und Verfahrensweisen und als solche eine neue, aussichtsreiche Strategie. Sie darf jedoch nicht als einzige sinnvolle und treffsichere dazu benutzt werden, andere erprobte Strategien als überflüssig zu bezeichnen. Ebenso wenig wie sie ein Ersatz für Quotierung, normative Festlegungen oder autonome Frauenräume sein kann, ist sie eine Reaktion auf die Erfolge, die Frauen in der Geschlechterfrage erzielt haben. Im Gegenteil, Gender Mainstreaming setzt bei der Erfahrung an, dass die Umsetzung der Geschlechterdemokratie ein viel gewaltigeres und tief greifenderes Vorhaben sein muss als bislang geglaubt. Gender Mainstreaming bedeutet dann konkret die Aktivierung aller Potenziale zur Herstellung der Chancengleichheit. Gender Mainstreaming umfasst sowohl die Förderung von Frauen als diskriminierter Gruppe als auch die Herstellung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen, damit Chancengleichheit möglich wird, und nicht zuletzt die Bewusstseinsbildung über die Geschlechterfrage, insbesondere bei männlichen Akteuren. Eine wichtige Aktivität im Rahmen von Gender Mainstreaming ist das Gender-Controlling, also die Analyse jeder politischen Aktivität unter der Fragestellung, welchen Beitrag sie zur Chancengleichheit leistet: Dazu werden zum Beispiel Aktionsprogramme bereits im Entwurfs- und Planungsstadium unter der Geschlechterfrage analysiert und verändert, ihre Ergebnisse unter der Geschlechterfrage evaluiert. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Die Friedrich-Ebert-Stiftung betätigt sich vor allem im Bereich der Bereitstellung von Informationen. Besonders die dort herausgegebenen Broschüren Barbara Stieglers

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waren lange für den deutschsprachigen Raum Standardeinführungswerke zum Thema. Besonders in der Broschüre „Wie Gender in den Mainstream kommt“ wird auf wesentliche Dimensionen verwiesen. Gender Mainstreaming setzt voraus: • dass die Geschlechterfrage als politische Frage gesehen wird, • dass politische Interventionen dem Ziel der Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit und dem Durchsetzen der Menschenrechte auch für Frauen zu dienen haben, • dass bisherige Strategien als ergänzungsbedürftig angesehen werden. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Ein wirksamer Gender-Mainstreaming-Prozess erfordert Fachwissen und Gender-Kompetenz, und zwar bei allen an Entscheidungen Beteiligten. Eine vollständige Durchsetzung des Gender-Mainstreaming-Prinzips führt zum Idealfall, in dem: • die Geschlechterverhältnisse als selbstverständliche Elemente komplexer Problemlösungen betrachtet und bereits im Planungsstadium berücksichtigt werden • vielfältige Methoden zur spezifischen Analyse des Geschlechterverhältnisses in allen Sachfragen vorhanden sind • alle politischen Akteure für Geschlechterfragen sensibilisiert sind, und zwar sowohl im persönlichen Verhalten als auch in ihrer Problemsicht • die Effekte politischer Maßnahmen in ihren Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis evaluiert und Maßnahmen, die nicht zur Gleichstellung der Geschlechter führen, ausgeschieden werden • sich die Kontrolle, ob die Geschlechterperspektive integrierter Bestandteil aller politischer Aktivitäten ist, erübrigt.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

4.1.2 Heinrich-Böll-Stiftung Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Die Heinrich-Böll-Stiftung48 favorisiert und entwickelt den umfassenderen Ansatz „Geschlechterdemokratie“ und begreift Gender Mainstreaming als einen Aspekt derselben. Geschlechterdemokratie ist ein normativer Begriff, der die Herstellung demokratischer Verhältnisse zwischen Frauen und Männern als politisches Ziel deklariert. Geschlechterdemokratie umfasst dabei sowohl die politisch-gesellschaftliche Ebene der politischen Organisationen, der Verwaltungen und der Betriebe. Nicht zuletzt aber auch die persönliche Ebene.49 Die Begriffsschöpfung „Geschlechterdemokratie“ stammt von der Berliner Soziologin Halina Bendkowski. Der Begriff fand zwar schon länger in der feministischen Diskussion Verwendung, aber erst im Kontext der bündnisgrünen Stiftungsreform wurde er aufgewertet.50 Geschlechterdemokratie richtet die Aufmerksamkeit auf die gesellschaftlichen Verhältnisse und das Geschlechterverhältnis, das unter demokratischen Gesichtspunkten umzugestalten ist. Es wendet sich an beide Geschlechter. Dieses Themenfeld wird einerseits in Veranstaltungsreihen inhaltlich bearbeitet und andererseits auf der organisationalen Ebene in der Stiftung selbst im Kontext umfassender Reformprozesse konkret verankert. „Geschlechterdemokratie“ ist nach kontroversen Debatten der bündnisgrünen Stiftungsreform (Fusion der alten Heinrich-Böll-Stiftung, der Buntstift und der Frauenanstiftung) seit 1998 Leitbild und Vision der HeinrichBöll-Stiftung. Sie wird als Gemeinschaftsaufgabe der Gesamtstiftung verstanden und ist satzungsmäßig verankert. Als solche ist Geschlechterdemokratie kein ausformuliertes Programm, sondern ein tief greifender Prozess zur Veränderung der Organisation. Die Heinrich-Böll-Stiftung beteiligt sich also nicht nur an der öffentlichen Diskussion und stellt Informationsmaterial bereit, sondern ist auch bemüht, das vertretene Konzept hausintern umzusetzen. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Die Umsetzung geschlechterdemokratischer Ansätze setzt voraus, dass die notwendige Gender-Kompetenz (Fachkompetenz, persönliche Kompetenz, Methodenkompetenz, soziale Kompetenz) entwickelt wurde.51 Gender-Kompetenz umschreibt das Wissen um die Entstehung von Geschlechterdifferenzen, um die komplexen Strukturen der Geschlechterverhältnisse in Gesellschaft und Betrieb, die sensible Gestaltung der Geschlechterbeziehungen in einer Organisation und die fachliche Anwendung dieses Wissens am eigenen Arbeitsplatz. (Ebenda, S. 5) Ein Instrument, dieses Wissen zu erwerben, sind GenderTrainings oder Gender-Workshops, die der Bewusstseinsbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dienen. Ziel

der Gender-Trainings ist die Sensibilisierung für Geschlechterfragen und -schieflagen. Gender Mainstreaming ist in diesem Zusammenhang ein Instrument zur Umsetzung von Geschlechterdemokratie.52 Das Konzept der Geschlechterdemokratie bildet hingegen den theoretischen Rahmen.53 Zwei organisatorische Strukturelemente tragen gegenwärtig in der Heinrich-Böll-Stiftung zur Erreichung des Ziels Geschlechterdemokratie bei: Die Stiftung hat ein Querschnittsreferat „Geschlechterdemokratie“ eingerichtet, das mit einer Frau und einem Mann besetzt ist. Es berät, unterstützt den Vorstand konzeptionell und befördert geeignete Prozesse zur Umsetzung. Darüber hinaus arbeitet ein ehrenamtlicher Frauenrat, der ebenfalls in der Satzung als konstituierend festgelegt ist, kontrollierend und begleitend. Es geht im Sinne von Mainstreaming aber vor allem darum, qualifizierte Kriterien der Projektförderung zu erarbeiten, in denen die Geschlechterperspektive integriert ist. In den verschiedenen Abteilungen wie z. B. in der sehr großen Auslandsabteilung, dem Inland, dem Studienwerk werden landes- und fachspezifische Umsetzungen und Projekte erarbeitet. Zu den Kriterien der Auslandsprojektförderung gehören u. a. Kriterien, ob und in welchem Umfang Frauen an zu fördernden Projekten beteiligt sind, ob sie dort Führungspositionen einnehmen oder ob diese vorwiegend nur Männern zu Gute kommen. Erprobt sind als Umsetzungsinstrumente dazu GenderTrainings. Zudem ist die Fähigkeit und Bereitschaft, an geschlechterdemokratischen Zielsetzungen zu arbeiten, ein Beurteilungskriterium bei der Auswahl und Einstellung für Leitungspositionen. Darüber hinaus ist in der Satzung verankert, dass mindestens 50 % der Arbeitsplätze mit Frauen zu besetzen sind, und zwar auf allen Ebenen. Zweites strukturelles Standbein zur Unterstützung des Konzeptes von Geschlechterdemokratie ist seit 1998 das Feministische Institut, das im Ergebnis der Reorganisation der Heinrich-Böll-Stiftung entstanden ist. Das Feministische Institut stellt ein international ausgerichtetes Feld zur Förderung von Dialog, Erfahrungsaustausch und Vernetzung von Frauen aus Wissenschaft, Weiterbildung, Wirtschaft, Politik und Medien dar. Ziel ist es, Trends der internationalen Frauenbewegungen aufzuspüren und konzeptionell umsetzen zu helfen. Im Mittelpunkt der Aktivitäten des Feministischen Instituts steht die Frage nach politischer Partizipation von Frauen und dem Transfer zwischen Wissenschaft und Politik, den Bezügen von Theorie und Praxis. Die Internationalität des Instituts wird durch sein virtuelles Kernprojekt „Global Center for Women’s Studies and Politics“ gewährleistet. Durch globale Kommunikations- und Bildungsangebote und weltweit verfügbare Informationen zu frauenpolitischen Aktivitäten und Netzwerken, Datenbanken und Forschungseinrichtungen soll der Ansatz einer globalen Zivilgesellschaft weiterentwickelt und gestärkt werden.54

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Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming In der Veranstaltungsreihe „Geschlechterdemokratische Dialoge“, die in Kooperation mit der Wochenzeitung „Freitag“ durchgeführt wird, werden Konzept, unterschiedliche Aspekte und Perspektiven vorgestellt. Mit Expertinnen und Experten aus Theorie und Praxis werden kritische Dialoge über die politische Relevanz von Geschlechterdemokratie geführt. Bisher bearbeitete Themen sind: • Idee und Theorie der Geschlechterdemokratie • Hegemoniale Männlichkeit und Parteiarbeit

• Gender Mainstreaming in Wirtschaft und Wirtschaftspolitik • Gender Mainstreaming + Empowerment = Geschlechterdemokratie? Die Stiftung bietet zum Thema Geschlechterdemokratie ein umfangreiches Textarchiv an, bestehend aus Studien, Aufsätzen und Dokumentationen aus der geschlechterdemokratischen Praxis. In der neuen Reihe „Schriften zur Geschlechterdemokratie“ werden entsprechende Konzepte vorgestellt, diskutiert und Veranstaltungen dokumentiert.

4.2 Gender Mainstreaming in den Gewerkschaften Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Ver.di versteht Gender Mainstreaming als „InteressenCheck“, eine Prüfung, die abklopft, ob die unterschiedlichen Interessen und Lebensumstände von Frauen und Männern bei allen wichtigen Entscheidungen ausreichend bedacht wurden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund beteiligt sich in Publikationen an der gesellschaftlichen Diskussion um Chancengleichheitspolitik.55 Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Als erste deutsche Gewerkschaft hat ver.di das Instrument Gender Mainstreaming in ihrer Satzung verankert. Folgende Schritte sieht der „Interessen-Check“ vor: • Tarifforderungen müssen daraufhin überprüft werden, wie sie sich auf Frauen und Männer auswirken. • Es muss eine generelle Gender-Überprüfung einsetzen (Betriebskindergärten, das Recht, je nach Lebenssituation Teil- oder Vollzeit zu arbeiten, Erhöhung des Mädchenanteils in den IT-Ausbildungsbereichen u.a.) • Da Frauen in den alten Bundesländern im Schnitt 23 %, in den neuen Bundesländern rund 10 % weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen, ist eine gezielte Frauenförderung noch immer notwendig. • Nach dem Beispiel der Betriebsvereinbarung mit der Deutschen Telekom (Mai 2001) sollen weitere konkrete Vereinbarungen getroffen werden, um über das Gender-Mainstreaming-Konzept die Chancengleichheit zu fördern. • Ver.di hat am 29. und 30.05.2001 mit rund 200 Gewerkschaftsmitgliedern die Umsetzung dieses neuen Instruments diskutiert. • Ver.di hat Gender-Beauftragte eingesetzt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund gründete als eine erste Maßnahme zur konkreten Arbeit an Gender Mainstreaming das Kompetenzzentrum für Chancengleichheit in der Arbeits- und Dienstleistungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts56 (Projektzeitraum: 2001

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bis 2003) auf Initiative des DGB-Bundesvorstandes, Abteilung Frauenpolitik. Es gilt, auf der lokalen, regionalen und nationalen Ebene in Politik und Wirtschaft Gender Mainstreaming zu verankern. Dabei sollen Handlungsmodelle und Maßnahmen initiiert, entwickelt und umgesetzt werden. Bei diesem Prozess steht das Kompetenzzentrum als Unterstützungs- und Entwicklungsagentur regionalen und betrieblichen Akteuren beratend und begleitend zur Seite. Das Tätigkeitsspektrum des Kompetenzzentrums umfasst folgende Bereiche: • Beratung bei der Konzeptionierung und Umsetzung von betriebs-, branchen-, und regionenbezogenen Gemeinschaftsinitiativen zur Gleichstellungspolitik, • systematische Aufbereitung der Instrumente und Bewertungsschemata für wirkliche Strukturförderung mit Gleichstellungsimplikationen, • bundesweite Aktivitäten und Diskurse für die europäische Idee des Gender Mainstreaming. Die Ziele der Arbeit lauten: • Chancengleichheitspolitik soll in Politikfelder wie der Struktur- und Arbeitsmarktpolitik integriert werden. • Beschäftigung soll gesichert, gestaltet und geschaffen werden. Folgende Schritte zur Umsetzung sind angedacht: • In Regionen, Betrieben und Branchen sollen „Gemeinschaftsinitiativen für Chancengleichheit“ entstehen, die bei der Umsetzung begleitet werden. • Bedarf und Potenziale müssen auf der Basis der jeweiligen wirtschaftsstrukturellen Gegebenheiten in der Region ermittelt werden. • Hemmende und fördernde Faktoren in den politischen Strukturen und Gestaltungsprozessen sind zu analysieren und ggf. zu verändern. • Potenziale und Ressourcen von Frauen müssen in Betracht gezogen sowie die diesbezüglichen Chancen und Möglichkeiten von Männern untersucht werden.

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Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Ver.di ist bestrebt, eigene Wege zu ergründen, wie das Gender-Mainstreaming-Konzept in den Wirtschaftsbranchen, die ver.di vertritt, bekannt gemacht und verankert werden kann. Ver.di geht es darum, Chancengleichheit in allen Politikfeldern zu verankern. Gender Mainstreaming wird als ein neuer, zusätzlicher Weg gesehen, um zu mehr Geschlechterdemokratie in Beruf, Familie und Gesellschaft zu kommen. Das neue Konzept soll die bekannten und bewährten Instrumente der Gleichstellungspolitik ergänzen und unterstützen. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft

(GEW) bekennt sich zum Konzept des Gender Mainstreaming als Geschlechterverträglichkeitsprüfung für alle Entscheidungen und sieht es als eine reale Chance für Frauen und Männer. Der Grundtenor sowohl des 5. Außerordentlichen Gewerkschaftstages (1999) als auch der GEW-Bundeskonferenz liegt jedoch auf den traditionellen Instrumentarien. Mit Nachdruck wird betont, dass Gender Mainstreaming keineswegs den Verzicht auf die anderen Instrumente der Frauenpolitik wie Quotierung, Frauenbeauftragte, Frauenförderungspläne – und auch eigenständige Frauenministerien – bedeute. Gender Mainstreaming als Politikprogramm ist noch nicht in der Satzung der GEW verankert.

4.3 Gesellschaften für Beschäftigung und Qualifizierung57 Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Im September 1999 führte die Koordinierungsstelle OstWest der Bundesarbeitsgemeinschaft (bag arbeit) in Zusammenhang mit dem Verband Bremer Beschäftigungsträger e.V. und Goldnetz e.V. Berlin, eine Fachtagung „Chancengleichheit in der Arbeitsmarktpolitik“ durch. Dabei bestanden die generellen Ziele in der Verfolgung der Fragen: • Wie müssen die Projekte aussehen, die Frauen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen ernst nehmen und sie tatsächlich fördern? • Welche Form der Unternehmenskultur gibt Frauen den gewünschten und erforderlichen Raum zur Entfaltung? • Was können Frauen und Männer in Gesellschaften für Beschäftigung und Qualifizierung tun, um ihre eigene Situation und die von erwerbslosen Frauen zu verbessern? Die Ziele der Fachtagung lagen auf den folgenden Aspekten: • Vorstellung von Projekten, die sich in der Praxis bewährt haben auf der Basis der Förderrichtlinien der EU und des SGB III, die auf die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen zugeschnitten sind. • Diskussion der frauenförderlichen Unternehmenskultur als Qualitätsmerkmal in Gesellschaften für Beschäftigung und Qualifizierung. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Kirsten Frohnert, Europabüro für Projektbegleitung Gender MainstreamingbH Bonn, erläuterte die besonderen Bedingungen für den Gender-Mainstreaming-Ansatz: Chancengleichheit als Querschnittsaufgabe im ESF. Da es im ESF keinen eigenständigen Aktionsbereich für frauenspezifische Maßnahmen mehr gibt, ist der gesamte Programmzyklus qualitativ orientiert (S. 199 ff.). Abschließend stellt sie mögliche qualitative und quantitative Kriterien zur Sicherung der Chancengleichheit in den Strukturfonds vor. Die qualitativen Kriterien bestehen in der:

• Festlegung eines prozentualen Anteils der Beteiligung von Frauen an den über Strukturfonds geförderten Maßnahmen, • Kontingentierung der Mittel für frauenspezifische Maßnahmen und Frauenpolitik. Quantitative Kriterien umfassen die: • Sicherstellung der Finanzierung von Maßnahmen zur Überwindung struktureller Hindernisse, • rechtzeitige Information geeigneter Projektträger über Initiativen und Programme, Sicherstellung der Finanzierung von begleitenden Maßnahmen wie Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen, • Angebote in Teilzeitform, • Angebote in frauenuntypischen Berufen, • Sensibilisierung von Entscheidungsträgern durch entsprechende Fortbildungen und Seminare, • Sensibilisierungsmaßnahmen für Projektverantwortliche hinsichtlich geschlechtsspezifischer Aspekte der Methodik und Didaktik, • Aufnahme geschlechtsspezifischer Parameter in die Evaluation der Programme und Initiativen (S. 20-21). Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Die Reformvorschläge der Strukturfonds 2000–2006 (ESF und EFRE) zielen: • auf eine stärkere Berücksichtigung der Chancengleichheit in allen Phasen der Interventionen von der Programmplanung und Durchführung bis zur Begleitung und Evaluierung der Programme, • auf die Möglichkeit, die Beteiligungssätze der Fonds bei Interventionen zugunsten der Gleichstellung zu erhöhen, • auf die Erweiterung des Interventionsbereiches des EFRE, auf „lokale Dienstleistungseinrichtungen“, um Unternehmensgründungen durch Frauen und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern.

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Verzeichnis verwendeter Materialien Blickhäuser, Angelika: Frauenräume - Geschlechterdemokratie/Gender Mainstreaming - gemeinsame Zukunft oder getrennte Wege? Unveröff. Manuskript. Heinrich-Böll-Stiftung 2001. Changing the Guard. From Equal Opportunities to Gender Mainstreaming. 2001. Erster Bericht über die Umsetzung des „Konzeptes der Landesregierung zur systematischen Einbeziehung des Ziels der Chancengleichheit von Frauen und Männern in sämtliche Politikbereiche (Gender Mainstreaming)“ 2000/2001, vom 05.03.2002. Hrsg. v. der Landesregierung Sachsen-Anhalt. Gender Mainstreaming. Es wird Zeit ...: Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt. Hrsg. v. der Bundesanstalt für Arbeit. In: ibv. Zeitschrift für berufskundliche Informationen und Dokumentationen. Nürnberg, Nr. 20/2001 v. 16.05.2001. Gender Mainstreaming in Sachsen-Anhalt. Hrsg. v. Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales. Magdeburg 2000. Haasen, Nele: Mentoring. Persönliche Karriereförderung als Erfolgskonzept. München 2001. Hat die Emanzipation ausgedient? Hauptthema des Heftes 12/2002. Gewerkschaftliche Monatshefte. Hrsg. v. Bundesvorstand des DGB, Dezember 2000. Informationen und Impulse, verf. von Gertraude Krell, Ulrich Mückenberger und Karin Tondorf. Hrsg. v. Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales. Hannover 2001, 2. Auflage. Lehmann, Katharina: Aspekte betrieblicher Chancengleichheitspolitik: Über Möglichkeiten und Begrenzungen. In: Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung der Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.): Bulletin Texte, Nr. 22 (2001). Lukoschat, Helga: Idee und Theorie der Geschlechterdemokratie. Dokumentation. Geschlechterdemokratische Dialoge. Heinrich-Böll-Stiftung 2000.

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„Neues Denken für die Zukunft“. Hannover 2002. 19 Seiten. Mehr Frauen an die Spitze! Gender Mainstreaming in Forschungseinrichtungen. Hrsg. v. Bundesministerin für Bildung und Forschung. Bonn März 2002. Neusüß, Claudia: Von der Frauenförderung zur Geschlechterdemokratie - Frauen und Männer müssen sich in Bewegung setzen! Heinrich-Böll-Stiftung 1999. Unveröffentlichtes Manuskript. Parsch-Haertel, Ingrid: Chancengleichheit für Frauen und Männer. Gender Mainstreaming und seine Ausgestaltung im Arbeitsamt. In: ibv, Nr. 15/2000, S. 1167 - 1185. Scheele, Alexandra: Für eine Geschlechterpolitik mit feministischen Inhalten. In: Gewerkschaftliche Monatshefte, 4 5/2002. Mai 2002, S. 262 - 269. Schweikert, Birgit (Berlin): Alles Gender - oder? Die Implementierung von Gender Mainstreaming auf Bundesebene. In: ibv., Nr. 20/2001, S. 1267 - 1282. Stiegler, Barbara: Wie Gender in den Mainstream kommt. Konzepte, Argumente und Praxisbeispiele zur EU-Strategie des Gender Mainstreaming. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung. 2000. Tagungsreader. Hrsg. v. der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit e.V. Frauenförderung in Gesellschaften für Beschäftigung und Qualifizierung (20. und 21.09.1999, Bremen); Chancengleichheit in der Arbeitsmarktpolitik (20. und 21.09.1999, Bremen). Berlin 2000. Tischer, Ute (Nürnberg): Das Strategiebündel für mehr Chancengleichheit in der Beschäftigungspolitik. In: ibv., Nr. 20/2001, S. 1241 - 1246. Weg, Marianne: Gender Mainstreaming in den Bundesländern: Zwischenbilanz und Perspektiven. Rede auf der Konferenz „Von der Strategie zur Praxis - Gender Mainstreaming in Förderprojekten der Europäischen Strukturfonds“. 18.04.2002. Wenner, Ulrike (Nürnberg): „Gender Mainstreaming“ ein Prinzip sucht - und findet seinen Weg in die Bundesanstalt für Arbeit ...! In: ibv., Nr. 20/2001, S. 1237 - 1239.

Zusammenfassender Überblick in: Entscheidung des Rates vom 20. Dezember 2000 über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft betreffend die Gemeinschaftsstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005), KOM(2000) 335 endg., Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union – Jahresberichte 1996, 1997, 1998, 1999, 2000. Zu Aufgaben und Funktion der Kommissarsgruppe zur Chancengleichheit siehe: http://europa.eu.int/comm/employment_social/equ_opp/strategy/com_group_de.html Vgl. z. B. die EQUAL Programmplanung.

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Vgl. Europäische Kommission, Der neue Programmplanungszeitraum 2000-2006: Technische Themenpapiere, Technisches Papier 3, Einbeziehung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in die Strukturfondsmaßnahmen, März 2000. Zu Aufgaben und Funktion des Nordischen Ministerrates siehe: http://presidency.finland.fi/doc/eu-de/de-nor_1noco.htm Mackay, F., Bilton, K., Learning from Experience: Lessons in Mainstreaming Equal Opportunities, University of Edinburgh, 2000, pp. 88, Final Report Of The Group of Specialists on Gender Mainstreaming 1998, Conceptional framework ..., Council of Europe, EG-S-MS(98). Vgl.: ACT No. 388 of 30. May 2000, part 6. Folgende Materialien wurden neben Internetrecherchen als hauptsächliche Arbeitsgrundlage verwendet: Act on Equality between Women and Men – The Equal Opportunities Act (SFS1991:433) including ammendments up to and including SFS 2000:773, Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union – Jahresberichte 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, Mackay, F., Bilton, K., Learning from Experience: Lessons in Mainstreaming Equal Opportunities, University of Edinburgh, 2000, pp. 77, Final Report Of The Group of Specialists on Gender Mainstreaming 1998, Conceptional Framework ..., Council of Europe, EG-S-MS(98), Arbeitsmaterialien des Frauenbildungsnetz Ostsee: Gleichstellung für Frauen ... und Männer? (1998), Gleichstellung und Kommunen ...? (1999), Gleichstellungspolitik Schwedens und Männer? (2001). Ausführlicher dazu: Final Report Of The Group of Specialists on Gender Mainstreaming 1998, Council of Europe, EG-S-MS(98), pp.26. Folgende Materialien wurden neben Internetrecherchen als hauptsächliche Arbeitsgrundlage verwendet: Act on Equality between Women and Men (609/86), Mackay, F., Bilton, K., Learning from Experience: Lessons in Mainstreaming Equal Opportunities, University of Edinburgh, 2000, pp. 85, Final Report Of The Group of Specialists on Gender Mainstreaming 1998, Conceptional framework ..., Council of Europe, EG-S-MS(98), Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union – Jahresberichte 1996, 1997, 1998, 1999, 2000. Folgende Materialien wurden neben Kooperationserfahrungen und Internetrecherchen als Arbeitsgrundlage verwendet: Act on Gender Equality, Act No. 388 of 30th May, 2000, Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union – Jahresberichte 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, Final Report Of The Group of Specialists on Gender Mainstreaming 1998, Final Report Of The Group of Specialists on Gender Mainstreaming 1998, Conceptional framework ..., Council of Europe, EG-S-MS(98), The Danish National Research and Documentation Centre on Gender Equality: Mainstreaming – Examples of Best Practice, Copenhagen 2001. Folgende Materialien wurden neben Kooperationserfahrungen und Internetrecherchen als hauptsächliche Arbeitsgrundlage verwendet: Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union – Jahresberichte 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, Final Report Of The Group of Specialists on Gender Mainstreaming 1998, Conceptional framework ..., Council of Europe, EG-S-MS(98). „Top-Down"-Strategie bedeutet, allgemein gesagt, dass Beschlüsse auf Leitungs- bzw. Regierungsebene (top - oben) gefasst und entsprechende Maßnahmen nach unten hin (down) umgesetzt werden. Alternativ dazu lassen sich Prozesse des "Bottom-up" denken. Hier werden sozusagen an der "Basis" (bottom) politische Anliegen formuliert und nach oben (up) in die Leitungs- bzw. Regierungsebene getragen, wo sie sich dann als entsprechende Beschlüsse manifestieren können. Marianne Weg: Gender Mainstreaming in den Bundesländern: Zwischenbilanz und Perspektiven. Rede auf der Konferenz "Von der Strategie zur Praxis – Gender Mainstreaming in Förderprojekten der Europäischen Strukturfonds", 18.04.2002; www.spisg.com/gender/pdf/MarianneWeg.pdf Vgl.: Erster Bericht über die Umsetzung des "Konzeptes der Landesregierung zur systematischen Einbeziehung des Ziels der Chancengleichheit von Frauen und Männern in sämtliche Politikbereiche (Gender Mainstreaming)" 2000/2001, vom 05.03.2002, S. 9. Weg, Gender Mainstreaming in den Bundesländern, S. 14. Vgl.: Erster Bericht über die Umsetzung des "Konzeptes der Landesregierung...", S. 8. Weg, Gender Mainstreaming in den Bundesländern, S. 16. Vgl.: Ebd., S. 7f. Gender Mainstreaming in Sachsen-Anhalt, S. 23. Erster Bericht über die Umsetzung des "Konzeptes der Landesregierung zur systematischen Einbeziehung des Ziels der Chancengleichheit von Frauen und Männern in sämtliche Politikbereiche (Gender Mainstreaming)" 2000/2001 vom 05.03.2002, S. 9. Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales (Hrsg.): Informationen und Impulse, verf. von Gertraude Krell, Ulrich Mückenberger und Karin Tondorf, Hannover 2001, 2. Auflage. Vgl. Ebd., S. 11-14. Informationen zum Tenure-Track-Programm unter: http://www.fz-juelich.de/gp/tenure-track/ Informationen zum C-3/C4-Stellen-Sonderprogramm unter: http://www.girls-go-tech.de/infopool/downloads/pdf/mehr_frauen_an_die_spitze.pdf Kompetenzzentrum: Frauen in der Wissenschaft und Forschung ( CEWS) an der Universität Bonn, Poppelsdorfer Allee 15, 53115 Bonn; e-mail: [email protected] Siehe: http://www.ccws.de Kompetenzzentrum Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie, Wilhelm-Bertelsmann-Str. 10, 33602 Bielefeld; e-mail: [email protected] HoF Wittenberg – Institut für Hochschulplanung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Collegienstraße 62, 06886 Lutherstadt Wittenberg; e-mail: [email protected]; http://www.hof.uni-halle.de Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin (ZiF), Sophien-straße 22A, 10099 Berlin; e-mail: [email protected] http://www2.hu-berlin.de/zif/frafor.htm http://www2.hu-berlin.de/genderstudies Vom 01.-02.02.2002 tagte in München die Konferenz "Zukunftschancen durch eine neue Vielfalt in Studium und Lehre – Gender Mainstreaming als Impuls und Motor für die Studienreform in Informatik, Ingenieur- und Naturwissenschaften – ausgerichtet vom Kompetenzzentrum "Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie" Bielefeld; www.kompetenzz.de Nele Haasen. Mentoring. Persönliche Karriereförderung als Erfolgskonzept. München 2001. Bundesministerin für Bildung und Forschung. Mehr Frauen an die Spitze! Gender Mainstreaming in Forschungseinrichtungen. Bonn März 2002. Gender Mainstreaming. Es wird Zeit ...: Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt, hrsg. von der Bundesanstalt für Arbeit. In: ibv. Zeitschrift für berufskundliche Informationen und Dokumentationen. Nürnberg, Nr. 20/2001 v. 16.05.2001. Besondere Artikel: Ulrike Wenner (Nürnberg): "Gender Mainstreaming" ein Prinzip sucht – und findet seinen Weg in die Bundesanstalt für Arbeit ...!, S. 1237-1239. Ute Tischer (Nürnberg): Das Strategiebündel für mehr Chancengleichheit in der Beschäftigungspolitik, S. 1241-1246. Birgit Schweikert (Berlin): Alles Gender – oder? Die Implementierung von Gender Mainstreaming auf Bundesebene, S. 1267-1282. Ingrid Parsch-Haertel: Chancengleichheit für Frauen und Männer. Gender Mainstreaming und seine Ausgestaltung im Arbeitsamt. In: ibv, Nr. 15/2000, S. 11671185. Lehmann, Katharina: Aspekte betrieblicher Chancengleichheitspolitik: Über Möglichkeiten und Begrenzungen. In: Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung der Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.): Bulletin Texte, Nr. 22 (2001), S. 133-149, hier S. 136. Erläuternde Bemerkungen zu diesem Konzept, wie es vor allem die Konzerne verstehen, finden sich in den angegebenen Broschüren, vor allem der Broschüre der Telekom AG "Changing the Guard". Vgl. die Broschüre: Changing the Guard. From Equal Opportunities to Gender Mainstreaming. 2001, S. 10-23 Als "Soft Skills" gelten solche Fähigkeiten, die nicht durch herkömmliche Karriereverlaufskriterien (z. B. lückenlose Arbeitsbiographie) entstehen, sondern die sich z. B. auch durch Elternzeit und durch die Pflege Angehöriger entwickeln, also Fähigkeiten im sozialen und kommunikativen Bereich. Lehmann, Katharina: Aspekte betrieblicher Chancengleichheitspolitik: Über Möglichkeiten und Begrenzungen. In: Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung der Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.): Bulletin Texte, Nr. 22 (2001), S. 133-149, hier: S. 134. Ebd., S. 145f. Zu Aufgaben und Funktion siehe: http://www.boell.de

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

49 Blickhäuser, Angelika: Frauenräume –Geschlechterdemokratie/Gendermainstreaming – gemeinsame Zukunft oder getrennte Wege? Unveröff. Manuskript. Heinrich-Böll-Stiftung 2001, S. 1. 50 Vgl. Lukoschat, Helga: Idee und Theorie der Geschlechterdemokratie. Dokumentation. Geschlechterdemokratische Dialoge. Heinrich-Böll-Stiftung 2000, S. 3. 51 Vgl. Ebd., S. 5. 52 Vgl. Ebd., S. 6. 53 Vgl. Lukoschat, 2000, S. 7 54 Vgl. Neusüß, Claudia: Von der Frauenförderung zur Geschlechterdemokratie – Frauen und Männer müssen sich in Bewegung setzen!, Heinrich-Böll-Stiftung 1999. Unveröffentlichtes Manuskript. 55 z. B.: Hat die Emanzipation ausgedient? Hauptthema des Heftes 12/2002. Gewerkschaftliche Monatshefte, hrsg. v. Bundesvorstand des DGB, Dezember 2000. Alexandra Scheele: Für eine Geschlechterpolitik mit feministischen Inhalten. In: Gewerkschaftliche Monatshefte, 4-5/2002. Mai 2002, S. 262-269. 56 ISA CONSULT Gender MainstreamingbH, Beratungsgesellschaft für Innovation, Strukturpolitik und Arbeit, Engeldamm 70, 10179 Berlin, Verantwortlich: Mechthild Kopel, M.A.; e-mail: [email protected], www.isa-consult.de 57 Tagungsreader, hrsg. von der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit e.V. Frauenförderung in Gesellschaften für Beschäftigung und Qualifizierung (20. und 21.09.1999, Bremen); Chancengleichheit in der Arbeitsmarktpolitik (20. und 21.09.1999, Bremen), Berlin 2000.

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Ausgangslage für Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

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Staatlicher Bereich

1.1 Allgemeine Strukturen Im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen existieren unterschiedliche Organisationsstrukturen, personelle Ressourcen und Anbindungsmöglichkeiten, die bei entsprechender Koordinierung und Vernetzung ein Potenzial für Gender-Mainstreaming-Prozesse bilden. Handlungsrahmen und Grundlage bilden die verschiedenen gesetzlichen Regelungen, vor allem die Verfassung des Freistaates Sachsen vom 27. Mai 1992, die den Auftrag zur Herstellung von Chancengleichheit für die Geschlechter enthält sowie insbesondere seit 1994 das Gesetz zur Förderung von Frauen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen (SächsFFG) sowie seit 1995 die Frauenförderungsstatistikverordnung. Zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern wurde mit Beginn der ersten Legislaturperiode die Parlamentarische Staatssekretärin für Fragen der Gleichstellung von Frau und Mann in der Sächsischen Staatskanzlei berufen und in der zweiten Legislaturperiode die Staatsministerin für Gleichstellung von Frau und Mann. Die Leitstelle für Gleichstellung von Frau und Mann ist seit 2002 angesiedelt im Sächsischen Staatsministerium für Soziales und unterstützt die Umsetzungsprozesse von Gender Mainstreaming auf den verschiedenen Ebenen im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen. Zur Fundierung dieser Prozesse hat sie die Erstellung des „Konzeptes zur Umsetzung von Gender Mainstreaming auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Bereichen“ in Auftrag gegeben, auf dessen Grundlage weitere Schritte beraten und entschieden werden. Frauenbeauftragte, bestellt nach dem SächsFFG, wirken in den Fachministerien, Kommunalverwaltungen, Hochschulen, Berufsakademien und weiteren Landesbehörden an der Verwirklichung des Gleichberechtigungsgrundsatzes mit.

Die Gleichstellungsbeauftragten in den Regierungspräsidien, die der Fachaufsicht des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales unterstellt sind, sind wichtige Expertinnen zur Umsetzung von Gender Mainstreaming in den Regionen und bemühen sich, in Übereinstimmung mit den entwickelten Positionen zur Umsetzung von Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen beizutragen. Auf der kommunalen Ebene arbeiten die Gleichstellungsbeauftragten als Initiatorinnen und Multiplikatorinnen für die Herstellung von Chancengleichheit und die Umsetzung von Gender Mainstreaming auf Basis der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO) vom 21. April 1993 bzw. der Neufassung vom 14. Juni 1999 und der Sächsischen Landkreisordnung (SächsLKrO) vom 19. Juli 1993. An den Hochschulen und Berufsakademien wirken die Gleichstellungsbeauftragten nach dem „Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen“ (SächsHG) vom 11. Juni 1999. Sie fördern gemäß ihrem Auftrag den Abbau der für Frauen bestehenden Benachteiligungen und die Herstellung von Chancengleichheit. Mit dem Inkrafttreten des Job-AQTIV-Gesetzes am 1. Januar 2002 werden die bisherigen Beauftragten für Frauenbelange im Landesarbeitsamt Sachsen und die Beauftragten für Frauenbelange in den einzelnen Arbeitsämtern unter der Bezeichnung „Chancengleichheit am Arbeitsmarkt“ (§ 397 SGB III) geführt. Das Landesamt für Statistik verfügt über umfangreiche Potenziale zur Erstellung einer geschlechterdifferenzierten Statistik und ist in der Lage, nahezu alle personenbezogenen Daten nach Geschlechtern differenziert auszuweisen. Das Thema Gender Mainstreaming hat Eingang gefunden in das reguläre Fortbildungsprogramm für den öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen. Es richtet sich insbesondere an Führungskräfte aus Verwaltung und Wirtschaft, um Genderkompetenz zu erwerben.

1.2 Sächsische Landeszentrale für politische Bildung (SLpB) Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung kann auf Aktivitäten in den Jahren 2000 und 2001 verweisen. Zum Ansatz von Gender Mainstreaming wurde eine Veranstaltungsreihe initiiert. Bei einem der Workshops zum Thema (11.07.2000) wurden existierende Bildungsangebote zusammengetragen und über Möglichkeiten und das Bedingungsgefüge der Koordination diskutiert. Für uns ist der Aspekt der Bestandsaufnahme

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wichtig. Vertreterinnen wesentlicher Säulen der Struktur für die Umsetzung von Gender Mainstreaming waren zugegen und konnten ihre verschiedenen Ansätze und Vorhaben diskutieren. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Aus unserer Sicht ergibt sich folgender Handlungsbedarf: • Mit dem Ausscheiden der Initiatorin dieser Aktivitäten

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

aus der SLpB ruht diese für Bildungsarbeit und Vernetzung federführende Arbeit. • Auch hier wurde ein Pool geschaffen, der – obwohl Vernetzung angestrebt ist – dominant als Einzelaktion zu verstehen ist. • Es gilt noch weit stärker als bisher, die Leistungen und Forschungseinrichtungen an den Hochschulen und Berufsakademien zu integrieren. Diesem Aspekt wird insgesamt wenig Rechnung getragen. • Im Workshop waren Konzepte wie Geschlechterdemokratie, Zukunftsfähigkeit und Vielfalt unterrepräsentiert.

Der Fokus lag weniger auf Geschlechterverhältnissen als auf der Stellung der Frau; Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe wurde wenig Beachtung geschenkt. • In ihren Ausführungen weist die SLpB auf die noch immer existierenden Mängel in der Öffentlichkeitsarbeit sowie auf Informationsdefizite hin. • Nach wie vor erweist sich die Gender-MainstreamingUmsetzung als weibliche Angelegenheit. In den Säulen agieren vielfach Frauen; es gilt, verstärkt Männer in die Verantwortung zu nehmen.

1.3 Aktivitäten an den Hochschulen und Berufsakademien Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Am Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig gibt es einen Arbeitsschwerpunkt Gender Mainstreaming mit dem übergreifenden Ziel, Bildungskonzepte für die Umsetzung von Gender Mainstreaming im nationalen Kontext sowie im Kontext der Europäischen Union zu entwerfen. Die Personen, die diesen Bereich bearbeiten, nehmen aktiv an Treffen von sachsenweiten Expertinnengruppen teil (Koordinierungsstelle Gender Studies, Stiftung Innovation und Arbeit), weiterhin wäre zu nennen die Mitarbeit im Gleichstellungsbeirat der Stadt Leipzig. Die Koordinierungsstelle Gender Studies an der Evangelischen Fachhochschule für soziale Arbeit in Dresden (KoGens) ist darum bemüht, einen sachsenweiten Studiengang Gender Studies aufzubauen. In der Zusammenarbeit sächsischer Hochschulen und Berufsakademien sollen entsprechende Lehrangebote entwickelt werden. Zur Zeit liegt noch kein voll entwickeltes Modell vor, in welchem Rahmen und für welche Zielgruppe(n) diese Bildungsangebote bereit gestellt werden können. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Neben den Vernetzungsaktivitäten wurde im Rahmen dieses Arbeitsschwerpunktes durch das FraGes bisher in Kooperation mit einer Gender-Expertin und der Friedrich-Naumann-Stiftung ein Seminar zur Weiterbildung von kommunalen Gleichstellungsbeauftragten vom 06. - 08. November 2000 ausgerichtet („Chancengleichheit von Frauen und Männern im zusammenwachsenden Europa - Politikkonzept und Strategien der Umsetzung“). Vom 6. - 8. September 2002 hat die Bundeszentrale für politische Bildung in Kooperation mit dem FraGes in Leipzig den Internationalen Kongress „Implementation of Gender Mainstreaming in Europe - A Challenge for Political Education“ durchgeführt.

Durch die Koordinierungsstelle Gender Studies wurde an verschiedenen Hochschulen und Berufsakademien Sachsens im Juni 2002 eine Befragung durchgeführt mit dem Ziel, Ressourcen und Inhalte gender-bezogener Lehre in Sachsen zu erschließen58 . Mit den durch die Befragung gewonnenen Angaben sollen aus den verschiedenen Hochschulen und Berufsakademien heraus Module entwickelt werden, d.h. es werden Komplexe von bis zu vier unterschiedlichen Lehrveranstaltungen, die in einem thematischen Zusammenhang stehen, zusammengefasst. Im Oktober 2002 fand ein Expertinnenworkshop in Moritzburg statt, der neben der Bestandsaufnahme zu Gender Studies in Sachsen dem breiteren Erfahrungsaustausch und der engeren Vernetzung der Beteiligten diente. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Da gerade in der Diskussion des Gender-MainstreamingAnsatzes immer wieder auffällt, wie wenig Männer sich in die Forschung über Geschlechterverhältnisse involviert sehen, wird am Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig die Einrichtung eines Schwerpunktes Männlichkeitsforschung geplant. Neben der Einrichtung eines Studienganges gibt es bei der Koordinierungsstelle Gender Studies auch Überlegungen dahingehend, inwieweit berufsbezogene Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden könnten. Dies wäre insofern wichtig, da langfristig bei einer breit angelegten Umsetzung von Gender Mainstreaming auch die Notwendigkeit bestünde, in vielen Berufsfeldern Bildungsangebote zur Herstellung von fachbezogener Gender-Kompetenz bereitzustellen. Die oben angedeutete Idee, inhaltliche Komplexe zu Modulangeboten zusammenzufassen, könnte eine Grundlage für Angebote der berufsbegleitenden Qualifizierung bilden. Gegenwärtig zeichnet sich allerdings nicht klar ab, welche Form dieses hochschulübergreifende Kooperationsprojekt annehmen wird.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

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Beispiele für Gender-Mainstreaming-Aktivitäten auf kommunaler Ebene

Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sucht seit Anfang 2001 nach Wegen, den Umsetzungsprozess für Gender Mainstreaming in Sachsen zu befördern. Hauptanliegen dieser Bemühungen ist es, eine übergreifende, verpflichtende Handlungsgrundlage für die Umsetzung von Gender Mainstreaming auf kommunaler Ebene herbeizuführen, die vor Ort die diesbezüglichen Aktivitäten der Gleichstellungsbeauftragten durch Verbindlichkeit stärkt und die Kommunen veranlasst, diesen Prozess durch konkrete Umsetzungsbeschlüsse und -maßnahmen zu initiieren und zu forcieren. Auf der X. Landeskonferenz der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten Sachsens am 24.04.2002 wurden Anträge zur Chancengleichheit und zu Gender Mainstreaming verabschiedet, die u. a. an den Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen weitergeleitet wurden. Der Antrag zur Chancengleichheit (Antragsnummer X/1999), eingereicht von den Sprecherinnen der LAG, umfasst die Empfehlung zur Umsetzung von Gender Mainstreaming in den Landkreisen und Kommunen sowie zur Festlegung von Aufgaben und Pflichten der Dienststellenleiter und der Gleichstellungsbeauftragten bei der Umsetzung auf kommunaler Ebene. Der Antrag zum Bereich Gender Mainstreaming (Antragsnummer VII/2002) wurde von der Gleichstellungsbeauftragten der Landeshauptstadt Dresden eingereicht. Dort heißt es: Gemäß dem Top-Down-Prinzip sollte die Landesregierung zur Umsetzung auf regionaler und lokaler Ebene Zeichen setzen durch entsprechende Ziele und Instrumente, wie gleichstellungspolitischer Check von Kabinettsvorlagen, geschlechtsspezifische Erhebung und Veröffentlichung aller personenbezogenen Daten, Pilotprojekt eines Ministeriums, zentrale Fortbildungsveranstaltungen für Führungskräfte. Im Antwortschreiben des Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen vom 05.07.2002 wird bekräftigt: Es ist auch mir ein Anliegen, zur Umsetzung des Leitprinzips Gender Mainstreaming eine praktikable Lösung zu finden, die über den Bereich der EU-Strukturfondsförderung hinausgeht. Der sensible Umgang mit Themen, die Frauen und Männer unterschiedlich betreffen, muss zu einem selbstverständlichen Handlungsmuster aller werden. Zum Umsetzungsstand wird mit dem Hinweis auf Informationsveranstaltungen zu Gender Mainstreaming

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in 2001 für Führungskräfte aus Verwaltung und Wirtschaft formuliert: Für die Landesebene kann ich Ihnen des Weiteren mitteilen, dass eine Vielzahl Ihrer Forderungen bereits umgesetzt sind. Wie auch auf kommunaler Ebene ist ein zentraler Teil der gleichstellungspolitischen Arbeit, Benachteiligungen von Frauen und Männern anhand von geschlechtsdifferenzierten Statistiken deutlich zu machen. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming: Beispiel der Stadt Dresden Entgegen dem Gender-Mainstreaming-Prinzip, das ohne Top-Down-Strategie nicht zu verwirklichen ist, gingen die Initiativen in der Kommune der Landeshauptstadt Dresden – wie in den meisten anderen sächsischen Kommunen – vorrangig von der Gleichstellungsbeauftragten aus. Die Sensibilisierung für das Thema stand zunächst im Vordergrund; ein langwieriger wie mühsamer und vielschichtiger Prozess. Wichtige Stationen auf diesem Weg, die auch für andere Kommunen beispielgebend sein können, sollen im Folgenden nachgezeichnet werden (vgl. Schulz 2002): • Im Oktober 2000 fand eine öffentliche Veranstaltung „Gender Mainstreaming - Theorie und Praxis in Dresden“ (vgl. Tagungsdokumentation dazu) statt, in der die Kompetenzen von Gewerkschaften, Arbeitsamt und Stadträten aller Fraktionen zusammengeführt wurden. Im Ergebnis der Veranstaltung entstand der Konsens, dass der Stadtrat einen Beschluss zur Umsetzung von Gender Mainstreaming fassen müsse, die Verwaltungsspitze sich zu diesem Ansatz bekennen müsse, eine Arbeitsgruppe zu bilden sei, Fortbildungen für die Verwaltungsspitze und für Führungskräfte zu organisieren und die Leitlinien der Landeshauptstadt entsprechend zu aktualisieren seien. • Im April 2001 wurde eine Internationale Frauenkonferenz mit fünf Partnerstädten (Wroclaw, Hamburg, Rotterdam, Straßburg, Salzburg) organisiert, die eine sehr unterschiedliche Integration des GenderMainstreaming-Ansatzes in den einzelnen Ländern und vielfältige Erfahrungen mit Umsetzungsstrategien sichtbar werden ließ. Die Tagungsbeiträge sind in der Dokumentation „Frauen in Europa und Gender Mainstreaming“, Dresden 2001, nachlesbar. • Der 4. Dresdner Frauenbericht wurde im März 2001 unter dem Titel „Frauen-Räume - Zur Situation von Frauen in Dresden“ veröffentlicht. Anliegen war es, im Sinne von Gender Mainstreaming die unterschiedlichen Lebenssituationen, Bedürfnisse und Interessen von Frauen und Mädchen aufzuzeigen, um sie für zukünftige Entscheidungsprozesse, Vorhaben und Maßnahmen nutzbar zu machen.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

• Im Frühjahr 2001 fanden verschiedene Veranstaltungen u. a. mit dem Verband Sächsischer Bildungsinstitute e.V. und der Koordinierungsstelle Gender Studies der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit statt, um den geschlechtsspezifischen Blick in die Fortbildung für Führungskräfte zu integrieren. • Gender Mainstreaming wurde 2002 als ein Baustein in die Führungskräftefortbildung integriert. Für 2003 ist Gender Mainstreaming als selbstständiger Baustein angedacht. • Zur geschlechtsspezifischen Aufbereitung und Veröffentlichung von personenbezogenen Daten waren mehrere Gespräche und Schriftverkehr erforderlich, wobei sich erste Erfolge einstellten. • Seit Anfang 2002 fungiert die Gleichstellungsbeauftragte als Impulsgeberin für die Einbringung eines Antrages zur Beschlussfassung „Umsetzung von Gender Mainstreaming“ im Stadtrat als Voraussetzung um praktische Schritte folgen zu lassen. Im Kontext der Implementierungsbemühungen wurden u.a. auch Fragen der Kriterien für Gender-MainstreamingPolitik diskutiert und ein erster Umsetzungsstand formuliert, der bereits Kriterien für eine Gender-MainstreamingPolitik enthält (vgl. Tagungsdokumentation „Gender Mainstreaming - Theorie und Praxis in Dresden“): • Engagement der Führungsebene für diese Politik, Sensibilisierungsaktivitäten, um dieses Engagement zu stärken und eine breitere Unterstützung zu erlangen; • Doppelstrategie, die eine Stärkung der Gleichstellung der Geschlechter in allen Politiken und Aktionen mit spezifischen Maßnahmen und Ressourcen kombiniert, die ausschließlich der Förderung von Frauen und Chancengleichheit dienen; • Strukturen der Zusammenarbeit, die die verschiedenen politischen Gremien und Dienststellen sowie die Führungsebenen zusammenbringt; • Nominierung einer Person, die für die Beaufsichtigung dieser Politik verantwortlich ist und vorzugsweise eine ausreichend hohe Position in der Hierarchie innehat, um auf den Entscheidungsprozess wirken zu können; • Bewertung der Auswirkungen auf die Geschlechter und Gleichstellungsprüfung, die von jeder Dienststelle durchzuführen sind; • regelmäßige Begleitung und Bewertung, die gegebenenfalls die Einleitung von Änderungen ermöglichen.

• Die Ratsversammlung beauftragt die Verwaltung mit der Umsetzung des Gender-Mainstreaming-Ansatzes auf der Grundlage der Empfehlungen des Beirats für Gleichstellung. • Der Gender-Mainstreaming-Ansatz soll sowohl bei kommunalpolitischen als auch bei verwaltungsinternen Entscheidungen zur Anwendung kommen. • Die Ratsversammlung wird im I. Quartal 2003 über den Stand der Umsetzung informiert. Diesem Beschluss waren neben Konferenzen und Tagungen verschiedene unterstützende Initiativen auf der Ebene der Stadtverwaltung vorausgegangen: • Der Stadtrat beschloss am 18.10.2000 (DS III/763) die Einrichtung eines Beirats für Gleichstellung. Dieser Beirat beschäftigte sich bisher ausführlich mit dem Thema Gender Mainstreaming und betrachtete unter dieser Perspektive zunächst die Jugendhilfeplanung sowie den Lebenslagenreport als Grundlage der vorgesehenen sozialpolitischen Leitlinien der Stadt genauer. Nach eingehender Diskussion verabschiedete der Beirat für Gleichstellung am 12.09.2001 die Empfehlungen zur Umsetzung des Gender-MainstreamingAnsatzes. • Bei der Vorbereitung einer Verwaltungsvorlage wurden alle Fachdezernate beteiligt, die wesentlichen Aspekte der Stellungnahmen eingearbeitet und die Empfehlungen des Beirates für Gleichstellung sowie ein Kommentar des Referates für Gleichstellung eingearbeitet. • Die Vorlage III/2166 formulierte: Angesichts der ungenügenden Berücksichtigung von Geschlechterspezifik und Geschlechtergerechtigkeit auf allen Gebieten der Kommunalpolitik empfiehlt der Beirat für Gleichstellung zu prüfen, wie das Prinzip des Gender Mainstreaming in Verwaltung und kommunalpolitischen Gremien anzuwenden ist. Die nachfolgend aufgeführten Umsetzungsvorschläge des Beirats für Gleichstellung an den Stadtrat, der Verwaltung den politischen Auftrag zur Umsetzung von Gender Mainstreaming zu geben, sind Bestandteil des Beschlusses:

Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming: Beispiel der Stadt Leipzig Die Stadtverwaltung Leipzig hat die Vorlage III/2166 Umsetzung des Gender-Mainstreaming-Ansatzes in den acht Ausschüssen des Stadtrates beraten und die Ratsversammlung vom 19.06.2002 verabschiedete dazu den Beschluss. Damit existiert für die Kommune Leipzig nunmehr ein verbindlicher Umsetzungsauftrag für Gender Mainstreaming. Dieser Umsetzungsbeschluss beinhaltet:

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Ziele

Maßnahmen

Verantwortlichkeiten

Gewährleistung der geschlechtergerechten Auswirkungen aller kommunalpolitischen Entscheidungen, Demokratisierung von Entscheidungsprozessen

-

- Fachausschuss - Dezernate Koordination und Beratung: - Referat für Gleichstellung - Beirat für Gleichstellung

Sensibilisierung und Fortbildung von Stadträtinnen und Stadträten sowie der Leitungsebene und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung

- Entwicklung eigener Bildungs- angebote für Gender - Mainstreaming

- Fachausschüsse - Dezernate - Personalamt

Geschlechtsspezifische Erhebung von Daten

- Definition des Datendefizits - Empfehlung zur Erhebung - konkreter Daten

- Beirat für Gleichstellung - Dezernat I, Amt für Statistik und - Wahlen

Erhöhung der Anzahl von Frauen in Leitungspositionen der Stadtverwaltung

-

Federführend: - Dezernat I, Personalamt - Frauenbeauftragte - Fachdezernate - Personalrat

Öffentlichkeitsarbeit zu Gender Mainstreaming

- Informationskampagne - Mails-Newsletter

- Referat für Gleichstellung - Beirat für Gleichstellung

Geschlechterdifferenzierte Sprache in allen Anträgen, Vorlagen, Beschlüssen und Veröffentlichungen der Stadtverwaltung und des Stadtrates

- Städtevergleich - Abstimmung und Empfehlung - geeigneter sprachlicher Lösungen

- Fachausschüsse - Fachdezernate Koordination und Beratung: - Referat für Gleichstellung - Beirat für Gleichstellung - Frauenbeauftragte

Entwicklung von Prüfkriterien Prüfung der Entscheidungen, insbesondere auch bei Ausgliederungen, Privatisierungen und in der Förder- und Vergabepolitik hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf beide Geschlechter Pilotprojekt Jugendhilfeplanung

Personalentwicklung in Übereinstimmung mit dem Frauenförderungsplan Mentoringprogramme

Unter Federführung von Dezernat I/Referat für Gleichstellung von Frau und Mann sind folgende Schritte geplant: • Informationspapier für alle Beigeordneten, • Diskussionsforum für Amtsleiterinnen und -leiter mit folgendem Inhalt: Informationen über den Gender-Mainstreaming-Ansatz und über schon laufende Teilthemen, Beratung erster Schritte zur Prüfung und Umsetzung von Maßnahmen in Eigenregie der Ämter, Auswahl eines Pilotprojektes, • Beraten und Festlegen einer einheitlichen Prüfmethode und von Prüfkriterien mit Partnerinnen und Partnern aus allen Ämtern. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Nach Auskunft der Gleichstellungsbeauftragten der Regierungspräsidien gibt es auf der kommunalen Ebene

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noch keine Umsetzungskonzepte für Gender Mainstreaming in Sachsen. Zur Implementierung von Gender Mainstreaming existieren Initiativen der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und Umsetzungsansätze bzw. -beschlüsse in einzelnen Kommunen, vornehmlich in den Großstädten Dresden und Leipzig. Darüber hinaus laufen derzeit konkrete Umsetzungsaktivitäten für Gender Mainstreaming im Landkreis Torgau-Oschatz, die kurz vor Abschluss der Planungsphase stehen, uns zum Zeitpunkt dieser Analyse aber noch nicht vorlagen.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

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Wirtschaftlicher Bereich

Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Ein Teil der für diesen Punkt relevanten Aspekte ergibt sich aus der Recherche zum wirtschaftlichen Sektor in Teil B); zum einen eine Einschätzung, was sich im wirtschaftlichen Bereich generell in Bezug auf Gender Mainstreaming bewegt und zum anderen in den aufgeführten Aspekten der großen Konzerne, soweit sie auch in Sachsen vertreten sind. Für diesen Punkt wurde des Weiteren BMW angefragt. Neben den großen Konzernen sollten auch mittelständische Unternehmen in Sachsen befragt werden, hier: Lintec, AMD, PC Ware. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Lintec verfügt laut telefonischer Auskunft über keinerlei spezielle Maßnahmen und Programme, weder in Bezug auf Chancengleichheit, noch in Bezug auf Gender Mainstreaming. Häufig ist aus dem wirtschaftlichen Bereich zu vernehmen, dass besondere Frauenförderungsmaßnahmen nicht für zielführend gehalten werden, da keine Ungleichbehandlung (etwa bei Einstellungschancen, Arbeitsbedingungen, Entgelt, Aufstiegsmöglichkeiten) vorliege.59 AMD und PC Ware heben in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hervor, dass flexible Arbeitszeitmodelle praktiziert werden und sie für Teilzeitlösungen im Zusammenhang mit Familienphasen gegenüber offen sind. PC Ware bemüht sich darüber hinaus mit folgenden Maßnahmen um eine familienfreundliche Personalpolitik: • finanzielle Zuwendungen (Einmalzahlung) und bezahlte Freistellung bei Eheschließungen, • finanzielle Zuwendungen (Einmalzahlung) bei der Geburt von Kindern, • monatliche Zuschüsse für Unterbringungskosten im Kindergarten, • bezahlte Freistellung zur Pflege erkrankter Kinder.

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Beide Unternehmen sowie BMW unterstützen auch Projekte, um Mädchen und junge Frauen zu ermutigen, technische Berufe zu ergreifen. Die Abteilung Programm-Management und Grundsatzfragen der BMW Group ist im Begriff, ein „Aktuelles Lexikon“ zum Thema Frauen- und Familienpolitik zu erstellen. Die im Entwurf zu dieser Publikation genannten Schwerpunkte einer Chancengleichheitspolitik von BMW sind die Erhöhung des Frauenanteils im Unternehmen überhaupt sowie in Führungspositionen, die Unterstützung junger Frauen und Mädchen bei der Wahl technischer Berufe, Suche nach Lösungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und betriebliche Familienpolitik als Hilfe zur Selbsthilfe; so wird eine Familienservice-Beratungsagentur unterstützt, deren Dienste Angestellte bei BMW kostenlos nutzen können. Zum anderen beteiligt sich das Unternehmen an einer Betreuungseinrichtung und sucht nach Lösungen, wie im Falle von Schwangerschaften und Elternurlaub kurzfristig und auf verschiedenen Hierarchieebenen für Vertretung gesorgt werden kann. Gezielte Maßnahmen für eine Bewusstseinsentwicklung, Geschlechterrollenveränderung bzw. Veränderung der Unternehmenskultur lassen sich dem Entwurf jedoch nicht entnehmen, ebenso wenig wie Planungen zur Systematisierung von Chancengleichheitszielen. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Das Engagement der genannten Unternehmen zeugt von einer gewissen Sensibilisierung gegenüber Geschlechterverhältnissen, ist jedoch noch nicht vergleichbar mit Programmen und Maßnahmen der in dieser Hinsicht Vorbild gebenden großen Konzerne.

Bereich der Nichtregierungsorganisationen

Verständnis und Bedeutung von Gender Mainstreaming Die Stiftung Innovation und Arbeit Sachsen (IAS) plant die Gründung eines Kompetenzzentrums Gender Mainstreaming unter der Ausweisung folgender Strategien, Ziele, Methoden und Instrumentarien: Strategie: Schaffung eines stabilen und funktionsfähigen Netzwerkes von Frauen und Männern mit den Zielen: • ständige Sensibilisierung der Verantwortlichen für Gender Mainstreaming • Festlegung von Verantwortlichkeiten

• • • • ·

Wissensmanagement Schaffung von Lernenden Organisationen Sensibilisierung für Veränderungsprozesse Lernen für den Paradigmenwechsel → Strukturveränderung von Organisationen →

Methoden: Duo-Arbeit Open Space Errichtung von Lernpartnerschaften

Instrumente: Nutzen und In-Auftrag-Stellen von Checklisten und Studien Gender-Training

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Damit wird den Dimensionen für politische Bildung und dem angestrebten Paradigmenwechsel Rechnung getragen. Auf der Basis der Vorarbeiten von Karin DerichsKunstmann ergibt sich folgendes Anspruchsfeld:

→ →

geschlechtsbezogene → Bildungsarbeit



Gender Aspekte der Personal- und Organisationsentwicklung in Bildungseinrichtungen geschlechtergerechte Didaktik

Gender-Training für Seminarleiterinnen und -leiter Im Jahr 2002 hat die Stiftung ein Gutachten zur vorgelegten Konzeption „Frau und Beruf“ in Auftrag gegeben. Dieses liegt seit Juni 2002 unter der Überschrift „Gender Mainstreaming als Optimierungsprozess von Humanressourcen. Ansatzpunkte zur Umsetzung von Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe“ vor. Im zweiten Teil dieser Studie steht das Besondere von Gender Mainstreaming im Vergleich zur traditionellen Frauenförderung und zur Gleichstellungspolitik im Mittelpunkt. Darin werden für die Stiftung Innovation und Arbeit folgende Maßnahmen und Projekte empfohlen: • Durchführung von Gender-Trainings in den Regionalen Foren zur Sensibilisierung für das Gender-Mainstreaming-Konzept und den Gender-Ansatz • Aufbau eines Gender-Kompetenzzentrums, • Ausbildung von Flying Experts und Gender-Trainingskräften, • Gender Mainstreaming im Bereich Humanressourcen. In der Sitzung des für die Gründung des Kompetenzzentrums einberufenen Expertenrates vom 20. Juni 2002 wurden auf dieser Grundlage folgende Leitlinien für die Arbeit eines zu gründenden Kompetenzzentrums Gender Mainstreaming festgelegt: • Öffentlichkeitsarbeit • Methodenentwicklung • Förderung der Zusammenarbeit der Partner in Sachsen • Zusammenarbeit mit Kompetenzzentren bundes- und europaweit. Es gilt diese Initiativen zu verfolgen, da es unerlässlich ist, über die Bündelung von Kräften Vernetzungen umzusetzen. In der Zukunft hat die Leitstelle für Gleichstellung von Frau und Mann zu prüfen, inwieweit sie sich

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zum einen bei der Forcierung einbringen und zum anderen konzeptionell begleitend Unterstützung geben kann. Maßnahmen in Bezug auf Gender Mainstreaming Im Jahr 2001 hat der Sächsische Frauenrat – Arbeitsgruppe „Wissenschaft und Bildung“ – bei mehreren Diskussionsrunden in Leipzig, Döbeln und Meißen zum einen Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt und zum anderen Umsetzungsstrategien für Gender Mainstreaming diskutiert. Diese Veranstaltungen haben neben der Bereitstellung wesentlicher Grundlagen zu der Diskussion um Begrifflichkeiten – Geschlecht, Gender, Politik, Bildung u.ä. – geführt und konkrete Ansätze in den Methodendiskursen und Umsetzungsstrategien ermöglicht. Sie sicherten das Selbstverständnis der Akteurinnen, zeigten die Vielzahl der offenen Fragen und orientierten auf die Errichtung eines Expertenrates, die Schulung von Trainingskräften sowie in Umrissen auf die Einrichtung eines koordinierenden Zentrums. Ferner wurde zu späteren Zeitpunkten in der Arbeitsgemeinschaft „Frauen und Wirtschaft“ und später in der Arbeitsgemeinschaft „Gender Mainstreaming“ über diese und ähnliche Fragen diskutiert. Das Sächsische Frauenforum führte diverse Veranstaltungen zur Thematik durch. Hervorzuheben sind die Delegiertenkonferenz im Mai 2000 sowie die detaillierten Informationen im Rundbrief des Landesfrauenrates 4/2000. Auch hier liegen Initiativen vor, die jedoch viel stärker vernetzt werden müssen. Viele Informationen doppeln sich, mühsame Recherchen wären nicht nötig gewesen. Erfahrungen, Planungen und Ausblick zur weiteren Umsetzung von Gender Mainstreaming Generell ist einzuschätzen, dass der Freistaat Sachsen über entscheidende Grundstrukturen im Hinblick auf die Umsetzung von Gender Mainstreaming verfügt. In den letzten drei Jahren sind Vorarbeiten geleistet worden, die zum Teil auch schriftlich vorliegen und eingesehen werden können. Aus unserer Sicht sollte die Arbeit der drei aufgeführten Einrichtungen in den folgenden Monaten koordiniert und vernetzt werden. Ansätze dazu sind vorhanden. Die Sichtung der Papiere hat ergeben, dass die geplanten Grundlagen und Vorhaben zum Teil sehr präzise ausgewiesen sind, in vielen Aspekten jedoch noch nicht in der Phase der Umsetzung sind.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

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Geschlechtsspezifische Datenerhebung

5.1 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen Das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen stellt eine Vielzahl von Statistiken für unterschiedliche Bereiche bereit60. Hierbei werden alle personenbezogenen Statistiken geschlechtsspezifisch erhoben. Dies gilt jedoch nicht für Wirtschaftsstatistiken, deren Grundlage Befragungen von Betrieben bzw. Unternehmen bilden. Es wäre anregenswert, auch diese Daten nach Geschlecht differenziert zu erheben. Die Statistiken des Statistischen Landesamtes können Anhaltspunkte für Vergleiche, Entwicklungen und Bedürfnislagen in Sachsen allgemein bieten. Für die gezielte Planung einer Maßnahme auf der Grundlage einer auch unter dem Gender-Aspekt analysierten Ausgangslage wird es jedoch unter Umständen nötig sein, dass die planende Stelle sich diese Daten fallgemäß beschafft. Dabei besteht die Möglichkeit, entsprechende Aufträge extern zu vergeben bzw. die Gründung eines Institutes zu initiieren, welches in gewissem Umfange für diese Aufgaben zur Verfügung steht. In Sachsen-Anhalt war es zum Beispiel geplant, dass das Gender Institut (GISA) in Kooperation mit dem Statistischen Landesamt jährlich

einen Gender-Report herausgibt und dass GISA für einen begrenzten Zeitraum die Ressorts bei der Entwicklung und Beschaffung geschlechtsdifferenzierter Daten und Informationen zu unterstützen hat. GISA konnte hierbei direkt durch die Ressorts angefragt werden. Ähnliche Teillösungen wären auch für Sachsen denkbar. Langfristig wäre es jedoch von Vorteil, wenn entsprechende Richtlinien für die Verwaltung erarbeitet würden. Sachsen-Anhalt hat dazu folgende Schritte vorgeschlagen (vgl. „Ersten Bericht“ 2002, S. 11): Zunächst sollen durch die Ressorts Übersichten über die von ihnen veranlassten bzw. gebrauchten Datenerhebungen nebst jeweiliger Erhebungsmerkmale erstellt werden. Anschließend soll geprüft werden, welche dieser Daten nach Geschlecht differenziert erhoben werden müssen. Des Weiteren existierte der Vorschlag, für und durch die Landesregierung festzulegen, dass alle personenbezogenen Daten nach Geschlecht differenziert erhoben werden müssen und dass Abweichungen der Begründung bedürfen.

5.2 Das Landesarbeitsamt Sachsen Die Beauftragten für Frauenbelange im Landesarbeitsamt Sachsen sowie in den Arbeitsämtern Sachsens haben 1998 ihre Arbeit mit der Einführung des SGB III aufgenommen und sind seit dem In-Kraft-Treten des Job-AQTIVGesetzes am 01.01.2002 nunmehr unter der Bezeichnung „Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt“ mit erweitertem Aufgabengebiet tätig. Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt ist ständige Leitlinie der Geschäftspolitik des Landesarbeitsamtes. Gemäß § 397 SGB III ist das Referat Chancengleichheit am Arbeitsmarkt im Landesarbeitsamt Sachsen für alle Partnerinnen und Partner rund um den Arbeits- und Ausbildungsmarkt für übergeordnete Fragen der Frauenförderung, der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zuständig und bemüht sich um die Beseitigung von geschlechtsspezifischen Benachteiligungen. Der Gesetzgeber hat die Arbeitsverwaltung mit dem Arbeitsförderungsrecht verpflichtet, eine Doppelstrategie zu verfolgen: • Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist als durchgängiges Prinzip in den Zielen des Gesetzes verankert. Die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern sollen bei der Umsetzung sämtlicher Leistungen der Arbeitsförderung berücksichtigt werden (präventiv wirkender Ansatz des Gender Mainstreaming).

• Mit speziellen Frauenförderungsmaßnahmen sollen die berufliche Situation von Frauen verbessert und bestehende Ungleichgewichte im Nachhinein korrigiert werden. Dies bedeutet vor allem, die berufliche Situation durch aktive Arbeitsförderung zu verbessern und Frauen entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen und entsprechend ihrer relativen Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit zu fördern. Neben der klassischen Frauenförderung sollen die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung in ihrer zeitlichen, inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung die Lebensverhältnisse von Frauen und Männern berücksichtigen, die aufsichtsbedürftige Kinder und pflegebedürftige Angehörige betreuen. In den wichtigsten Statistiken zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt des Landesarbeitsamtes sind die Daten geschlechtsspezifisch erhoben, u. a.: • Erwerbstätige, • Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, • Empfänger von Arbeitslosengeld, • Empfänger von Arbeitslosenhilfe, • Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung, • Empfänger von Unterhaltsgeld, Eingliederungsgeld, -hilfe,

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

• Beschäftigte in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM), • Beschäftigte in Strukturanpassungsmaßnahmen, • Empfänger von Berufsausbildungsbeihilfe. Diese Daten werden entsprechend ausgewertet und in den Monatsheften der Arbeitsvermittlung/Arbeitsberatung und der Berufsberatung veröffentlicht. Fast alle Daten des Landesarbeitsamtes sind geschlechtsspezifisch ermittelbar, ausgenommen das Stellenangebot aufgrund der gesetzlichen Maßgabe zur geschlechtsneutralen Ausschreibung. Das SGB III schreibt insbesondere in den §§ 1, 8 und 11 die geschlechtsspezifische Datenerhebung vor. Nach § 1 Abs. 1 SGB III ist bei den Leistungen der Arbeitsförde-

rung die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Gemäß § 8 Abs. 2 SGB III sollen Frauen mindestens entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit gefördert werden. § 11 Abs. 2 SGB III stellt klar, dass die Eingliederungsbilanzen insbesondere Angaben enthalten sollen zur Beteiligung von Frauen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung unter Berücksichtigung des Frauenanteils an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit sowie über Maßnahmen, die zu einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt beigetragen haben.

5.3 Hochschulen und Berufsakademien im Freistaat Sachsen Die Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen und Berufsakademien des Freistaates arbeiten auf der Basis verbindlicher Frauenförderungspläne. Diese werden in den Fakultäten und sonstigen Bereichen diskutiert und verabschiedet. Kernstück der Frauenförderungspläne ist die statistische Auswertung der Personaldaten nach Geschlecht, ohne dass ein konkreter Personenbezug hergestellt werden kann. Geschlechtsspezifische Daten können auf Antrag innerhalb kürzester Zeit von den Fachdezernaten eingeholt werden. Um bestehende Ungleichheiten abzubauen bzw. neue nicht zuzulassen, werden geschlechtsspezifische Daten in den Rektoratsberichten erfasst. In den vorliegenden Rektoratsberichten – Studienjahr 2000/2001 – der Universitäten Leipzig und Chem-

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Informations- und Bildungsstand zu Gender Mainstreaming

Die unter 2. ausgewiesenen Akteure bemühen sich über Diskussionsrunden, Workshops sowie Nutzung der modernen Medien wie Internet um den Aufbau von Datenbanken und darum, Kontakt zu halten und die Arbeit zu forcieren. Beiträge werden in kleineren Organen veröffentlicht und stehen dabei nicht der breiten Öffentlichkeit, sondern spezifischen Zielgruppen zur Verfügung. Auch Veranstaltungen von Parteien – so zum Beispiel der durch die PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag initiierte Workshop vom 07. April 2001 – sind nur im Bewusstsein weniger Personen präsent. Das Nutzen der aufbereiteten Materialien ist zum Zeitpunkt nicht effektiv. Zum Teil werden Recherchen doppelt und dreifach vorgenommen. Die in Freiberg eingerichtete ABM-Stelle zur Materialsammlung und Dokumentation ist im Sommer 2002 ausgelaufen. Der Antrag für diese Maßnahme wurde vom Institut zur Förderung des Umweltschutzes e.V. gestellt. Die Stelle wurde bei der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Freiberg eingerichtet. Der vorliegende Projektantrag zur

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nitz sowie der Bergakademie Freiberg sind die Daten wie in den Vorjahren geschlechtsspezifisch erhoben. Dazu zählen v.a. die Zahlen zu den Studierenden, Absolventen des Direktstudiums, Graduierte, Förderprogrammen, Wiedereinstiegsstipendien, Promotionen, Personal der einzelnen Statusgruppen sowie zur Altersstruktur. So können über Jahre Entwicklungen verfolgt und positive Tendenzen kontinuierlich unterstützt werden. Dazu zählen die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie die Unterstützung der Frauen, die sich für eine Habilitation entschieden haben. Nicht zufriedenstellende Fakten – so der männliche Anteil bei der Nutzung von Wiedereinstiegsstipendien – werden auf diese Weise erfasst und signalisieren den Stand von Gender-Bewusstsein.

Entwicklung eines „Geschlechterchecks“ sowie die umfangreichen Materialien sollten umgehend den anderen Akteuren zur Verfügung gestellt werden. Aus unserer Sicht ist es geboten, eine breite Medienkampagne zu starten, um weite Kreise der Bevölkerung zu interessieren, sie mit der Thematik vertraut zu machen, beste Beispiele aus der Praxis aufzuzeigen, Ängsten – zum Beispiel Gender Mainstreaming würde die Frauenförderung ersticken – vorzubeugen und ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Gender Problematik zu erzeugen. Die Leitstelle für Gleichstellung von Frau und Mann hat einen Internetauftritt zu Gender Mainstreaming und Frauenförderung eingerichtet. Des Weiteren kann die Forcierung eines Diskurses über Gender Mainstreaming in den Medien erfolgen durch: • das Herangehen an die großen Tageszeitungen, • das Nutzen der Verbindung zu den Abgeordneten, • die Nähe zum Mitteldeutschen Rundfunk.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Gender Mainstreaming darf nicht zum Insiderwissen für Wenige werden, sondern muss als Politik- und Bildungskonzept angenommen werden. Das bedeutet vor allem, dass Gender Mainstreaming im Freistaat aus der noch dominierenden „Frauenecke“ herausgeholt und dem ei-

gentlichen Anspruch gerecht werden muss. Beste Beispiele aus der Praxis haben die Notwendigkeit der exakten Datenerhebung und der genauen Beschreibung der Ressourcen gezeigt.

6.1 Bildungsmöglichkeiten Die Bildungsangebote zum Thema Gender Mainstreaming richten sich in Sachsen vorwiegend an Verwaltungsbedienstete. An dieser Stelle sollen keine einmalig von Expertinnen und Experten außerhalb Sachsens durchgeführten Veranstaltungen aufgelistet, sondern in Sachsen verankerte Bildungsträger genannt werden, die eine sächsische Infrastruktur für Gender-Mainstreaming-Bildungsangebote bilden können. Genannt werden also sächsische Institute, die bisher Bildungsangebote zu Gender Mainstreaming bereit gestellt haben und dies möglicherweise auch in Zukunft tun. Einige Beispiele: • Die Akademie für Öffentliche Verwaltung des Freistaates Sachsen bietet Fortbildungsveranstaltungen zu Gender Mainstreaming an (Zielgruppe: Führungskräfte mit Personalverantwortung, Frauenbeauftragte und deren Stellvertreterinnen, Personalräte sowie alle Interessierten aus der sächsischen Landesverwaltung). • Das Sächsische Kommunale Studieninstitut bot im Mai 2002 ein Seminar „Berufliche Förderung von Frauen unter Berücksichtigung der Aspekte des Gender Mainstreaming“ an (Zielgruppe: Frauenbeauftragte, Gleichstellungsbeauftragte, Beschäftigte aus den Personalabteilungen sowie Personalratsmitglieder ). • Das Studieninstitut für kommunale Verwaltung Südsachsen bot in der Zeit von Februar bis Mai 2002 eine Reihe von 5 Seminaren zum Thema an (Zielgruppe: Führungskräfte, Gleichstellungsbeauftragte, Personalräte, Personalamtsleitende). • Die Landesstelle für Frauenbildung und Projektberatung in Sachsen bot im Jahr 2002 mehrere Einführungsveranstaltungen an (Zielgruppe: nicht näher definiert).

Neben der Tatsache, dass die Fortbildungsangebote sich beinahe ausschließlich an Verwaltungsbedienstete wenden, fällt weiterhin auf, dass ein Teil der Seminare sich direkt an die Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten richtet. Mit dieser Feststellung muss hervorgehoben werden, dass es in Sachsen keine kontinuierlichen Bildungsangebote auch für weitere Kreise der Bevölkerung gibt. Dazu kommt, dass ein großer Teil der Bildungsangebote von Personen wahrgenommen und zum Teil für diese konzipiert wird, die sich bereits professionell mit Frauen- und Geschlechterpolitik befassen. Hier besteht naturgemäß das größte Interesse. In der Erfahrung erweisen sich auch bei bereits begonnenen Umsetzungsprozessen immer wieder die hauptamtlichen Frauenoder Gleichstellungsbeauftragten als Katalysatoren der Verbreitung und Umsetzung. Diesem zu Missverständnissen (Gender Mainstreaming = Frauenpolitik) und Überforderung (Erweiterung des Aufgabenfeldes bzw. der Verantwortlichkeit der Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten) führenden Umstand könnte mit einer breiteren Bildungsoffensive und entsprechenden Maßnahmen innerhalb der Verwaltung entgegengewirkt werden. Außerhalb der Verwaltung sollte für ein breiteres Angebot gesorgt werden. Das Angebot für die Verwaltung ist deshalb ausgeprägter, weil dort auch die Nachfrage größer ist. Dies verdeutlicht jedoch umso mehr die Diskrepanz zur breiten Bevölkerung; hier sind bisher nur Wenige überhaupt mit dem Namen des Konzeptes in Berührung gekommen. Deshalb müsste zunächst über Informationsmaßnahmen, Öffentlichkeitsarbeit u.ä. ein Bewusstsein hergestellt werden, das den Bildungsbedarf weckt.

6.2 Bildungsbedarf 6.2.1 Relevante Bildungs- und Lernprozesse Geschlechterverhältnisse sind grundlegende gesellschaftliche Verhältnisse. Diese fundamentale Aussage setzt der Gender-Mainstreaming-Ansatz in ein Konzept um. Deshalb fordert die allseitige Berücksichtigung der Geschlechterperspektive einen neuen Politikstil. Maßnahmen zur Herstellung von Chancengleichheit der Geschlechter sind in allen Politikfeldern zu entwickeln. Im Unterschied zu den bisherigen Instrumenten „Frauenförderung“ und „Gleichstellung“ enthält Gender Mainstreaming die Auflage, in allen Politikbereichen (Verkehrspolitik, Stadtplanung, Gesundheitspolitik...) und

nicht mehr nur in den traditionell mit weiblicher Lebenssituation verbundenen Politikfeldern (Kinder- und Familienpolitik) aktiv zu werden; auch wenn Frauen- und Gleichstellungspolitik bereits zuvor nicht allein auf die letztgenannten Politikbereiche beschränkt war, ist der GenderMainstreaming-Ansatz umfassender als bisherige Maßnahmen. In allen Politikfeldern ist zu prüfen, ob und welche Auswirkungen bestimmte politische Entscheidungen für beide Geschlechter haben, um so Benachteiligungen für ein Geschlecht präventiv verhindern zu können.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Nach dem Ressortprinzip sind alle Ressorts selbst für die Umsetzung von Frauenförderungs- und Gleichstellungsmaßnahmen verantwortlich. Für die Steuerung eines landesweiten Gender-Mainstreaming-Prozesses empfiehlt es sich jedoch, eine ressortübergreifende Struktur zu schaffen – wie etwa die auf Bundesebene und in Sachsen-Anhalt eingesetzten interministeriellen Arbeitsgruppen. Die Umsetzung des Gender Mainstreaming kann nicht durch eine kontinuierliche Fortführung bisheriger Geschlechtergleichstellungspolitik erfolgen. Von daher sind umfassende und auf verschiedenen Ebenen angesiedelte Bildungs- und Lernprozesse zu organisieren, die beide Geschlechter betreffen: a) Personale Lernprozesse • Integration des Gender-Mainstreaming-Ansatzes in die systematische Führungskräftefortbildung und in die reguläre Fortbildung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, da umfassendes Gender-Wissen erforderlich ist, • Erläutern des Konzepts Gender Mainstreaming – Anliegen, Zielstellung, Instrumente, Handlungsfelder, Verantwortlichkeiten und Aufgaben für die Verwaltungsspitze, für Führungskräfte und für die Gleichstellungsbeauftragten, • Abgrenzung von Gender Mainstreaming zum Konzept „Frauenförderung“ und „Geschlechtergleichstellung“ – historische Entstehung der Konzepte, Zweck, Ergebnisse, Handlungsbedarf, Verantwortlichkeiten und Erläutern der Doppelstrategie (Chancengleichheit als Querschnittsaufgabe und spezifische Maßnahmen zugunsten von Frauen), • Erwerb von Gender-Kompetenz: Reflexion der eigenen Geschlechterrollenbilder, Wissen um die Auswirkungen von Geschlechterverhältnissen auf die Strukturen von Organisationen, Entwicklung von Handlungsoptionen zur Veränderung von Geschlechtsrollenstereotypen (Normen und Leitbilder neu definieren) und für geschlechtergerechte Arbeitsbeziehungen in der eigenen Institution, • Präsentation erfolgreicher Umsetzungskonzepte und -instrumente von Gender Mainstreaming in anderen Bundesländern und in anderen Staaten, • Durchführung von Gender-Trainings: Wie wird die Situation der Geschlechter in den Politikfeldern analysiert?

6.2.2

Exemplarische Analyse ausgewählter Lehrpläne an den Gymnasien, Lehrkräfteweiterbildung

Um den Konzepten von Geschlechterdemokratie, Zukunftsfähigkeit und Vielfalt gerecht zu werden, ergibt sich ein erheblicher Bildungsbedarf. Bei der Sichtung der Gymnasiallehrpläne im Freistaat Sachsen in den Fächern Deutsch, Geschichte und Ethik ergaben sich aus unserer Sicht Defizite. Die exemplarische Analyse des „Bildungsund Erziehungsauftrages des Gymnasiums“ offenbart, dass dem Gender-Aspekt keinerlei Rechnung getragen wird. Es erfolgen keine Aussagen zur Entwicklung von Gender-Konzepten. Junge Leute im Freistaat werden

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Welche geschlechtsspezifischen Daten stehen in der Dienststelle bereits zur Verfügung, welche müssen noch erhoben werden (Festlegung des Zeitraums und der Verantwortlichkeiten)? Wie werden die Daten geschlechtsspezifisch ausgewertet? Wie werden Handlungsbedarf und Umsetzungsschritte zur Lösung des Problems ermittelt? Ziel: Gender-Wissen zu vertiefen, Analysekompetenzen vertiefen, Sensibilisierung für Geschlechterfragen und für Benachteiligungen eines Geschlechts, • Durchführung von Gender-Trainings, die ressortspezifisch angelegt sind, somit einen direkten Fachbezug herstellen und in gemeinsamer Verantwortung von einer Frau und einem Mann gestaltet werden – Ziel: Aufspüren von geschlechtsspezifischen Benachteiligungen im eigenen Ressort, Entwerfen von Ansätzen, Maßnahmen zur Überwindung der Benachteiligungen (kurz-, mittelund langfristig), • Organisation von Gender Workshops, die innovative Umsetzungskonzepte von Gender Mainstreaming in ausgewählten Politikfeldern darstellen und einen konkreten Erfahrungsaustausch ermöglichen, unterschiedliche Kommunikationsstrategien und Interaktionsstile von Männern und Frauen sichtbar machen und aufzeigen, wie daraus effiziente Teams und kreative Lösungsansätze entstehen können, die neue Impulse für die Implementierung von Gender Mainstreaming in der eigenen Institution setzen. b) Organisationale Lernprozesse • Bewusstmachen und Aufzeigen, dass die Benachteiligung eines Geschlechts strukturelle Ursachen hat und deshalb ohne strukturelle Veränderungen nicht zu beheben ist. • Überprüfung im Kontext der Verwaltungsmodernisierung, ob die bestehenden Strukturen ausreichen, um Gender-Mainstreaming-Prozesse einzuleiten. • Die Organisation, Verwaltungseinheit, die Institution selbst muss lernen, die Querschnittsaufgabe „Gender Mainstreaming“ zu erfüllen, dafür Strukturen der Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Ressorts zu schaffen und übergreifende Verantwortlichkeiten festzulegen.

nicht im Hinblick auf Gender sensibilisiert. In diese generellen Aussagen müssen umgehend folgende Aspekte aufgenommen werden: • die Bewusstseinsbildung für Geschlechterdemokratie und Chancengleichheit • Gender Mainstreaming als Prinzip für die Gestaltung von Geschlechterverhältnissen und zur Aufhebung von Ungleichbehandlungen • Förderung von Ressourcen zur späteren Deckung des Fachkräftebedarfs (nur ca. 25 % aller Studierenden in

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern im Freistaat sind Frauen; Unterstützung von Berufswahlprozessen v.a. von Mädchen, vgl. auch Döge 2002, S. 19) • Entwicklung von sozialen Kompetenzen bei beiden Geschlechtern • Schaffung eines Bildungsvorlaufes durch andere Methoden und Strategien, dazu zählen u. a. Open Space, das Zusammenführen von Top-Down- und Bottom-UpAnsätzen, organisationales Lernen und prozessorientiertes Arbeiten. Unter diesem Aspekt einer Veränderung des Bestehenden und des Aufbruchs von Ungleichheiten begreifen wir das Konzept eines Mentoring-Netzwerkes an Sächsischen Hochschulen. Zusammenfassend für die von uns analysierten Lehrpläne ist zu sagen, dass die Forschungs- und Gesellschaftsinnovationen der letzten Jahre spurlos an den Verantwortlichen vorübergegangen sind. Im Negieren einer Genderspezifischen Sicht, der Fokussierung auf die Frau, das Bild der Frau u.ä. wird der traditionelle Ungleichheitsansatz gegenüber den Prinzipien von Geschlechterdemokratie und dem Verhältnisdiskurs gepflegt. Indem dominant der Differenzansatz, der von der Ungleichheit der Geschlechter ausgeht, als Grundlage gilt, wird dem Gleichwertigkeitsansatz keine Rechnung getragen. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit von Gender Mainstreaming ist das eine verhängnisvolle Tatsache. Diese Beobachtung soll durch Einzelaussagen gestützt werden: Im Lehrplan Deutsch findet weder in der Linguistik noch in der Literatur eine geschlechtsspezifische Sicht Berücksichtigung. Durchgängig wird von dem Verfasser gesprochen. In der Klassenstufe 9 erfolgt keine Differenzierung in

7

weiblichen und männlichen Sprachgebrauch (Lehrplan Deutsch, S. 63). In der Klassenstufe 8 wird bei den „Vorstufen wissenschaftlichen Arbeitens“ unter dem Zielaspekt Verhaltensnormen lapidar auf „Rollenspiele“ und „zwischenmenschliche Beziehungen“ (Lehrplan Deutsch, S. 50) hingewiesen. Der seit über zehn Jahren in der Forschung favorisierte Geschlechteransatz bei der Analyse und Interpretation literarischer Texte von Autorinnen und Autoren wird nicht berücksichtigt. Der Lehrplan Geschichte, der sich in der Vermittlung dominant männlicher Historie versteht, richtet in den Klassenstufen 5, 7, 8 und 9 Einzelblicke auf weibliches Leben, so die Stellung der Frau im Mittelalterlichen Reich (Lehrplan Geschichte, S. 21, Klasse 7), der Kampf um die Gleichberechtigung im Rahmen der ersten Frauenbewegung (Lehrplan Geschichte, S. 30, Klasse 8), das Bild der Frau im NS-System (Lehrplan Geschichte, S. 34, Klasse 9). Im Leistungskurs 11/1 (Lehrplan Geschichte, S. 51) werden im Schwerpunkt Aufklärungsphilosophie – u.a. Rousseau – wesentliche Chancen der Diskussion um die Polarisierung von Rollenmustern vergeben. Es erfolgt kein Hinweis auf den Paradigmenwechsel im Geschlechterdiskurs Mitte des 18. Jahrhunderts, der die Vorstellung und Festigung von Rollenstereotypen, Rollenbildern und -verhalten bis in die Gegenwart prägt. Im Lehrplan Ethik in Klasse 10 wird innerhalb des Lernbereichs „Werte und Normen“ dem Geschlechterdiskurs keine Beachtung geschenkt. Mit der Analyse der Lehrpläne schließt sich zum einen der Kreis, gleichermaßen erfolgt die Öffnung zur Problematik. Für die Optimierung von Humanressourcen müssen die erforderlichen sozialen und kommunikativen Kompetenzen trainiert und diskutiert werden. Die Gymnasien des Freistaates liefern in diesem Zusammenhang nicht die erforderlichen Voraussetzungen.

Zusammenfassung

7.1 Strukturen Für den staatlichen Bereich (hier: kommunale Ebene) ist festzuhalten, dass durch den Gender-Mainstreaming-Ansatz vor allem die Verwaltungsspitze und die Dienststellenleiterinnen und -leiter in der Verantwortung sind, organisationale und inhaltliche Rahmenbedingungen für die Umsetzung in der eigenen Institution zu schaffen. Unterstützend wirkt dabei die Gleichstellungsbeauftragte als Expertin für Chancengleichheit (Infrastruktur, fachliche Kompetenz) mit konkreten Vorschlägen und Empfehlungen. Der Diskussionsprozess in der LAG der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten Sachsens zeigt, dass die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten diesen Paradigmenwechsel durch Anmahnung des Umdenkungsprozesses einfordern und damit auf die Notwendigkeit

der generellen Veränderung in der Politikgestaltung nachdrücklich hinweisen und gleichsam im Sinne der Doppelstrategie spezifische Maßnahmen zur Frauenförderung weiter befördern. Hervorzuheben ist daher die Strategie der Vernetzung bei den Planungen der Stiftung Innovation und Arbeit Sachsen, da bei den vorhandenen knappen Ressourcen der Aufbau von Datenbanken, die Schulung von GenderMainstreaming-Trainingskräften usw. nur über die Zusammenführung aller Ansätze erfolgreich realisiert werden kann. Im Bereich der Nichtregierungsorganisationen zeigen sich viel versprechende Aktivitäten und Maßnahmen. Die Akteure innerhalb dieser Initiativen bilden für Sachsen eine wesentliche Ressource für die Gender-Mainstreaming-

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Implementierung. Zum jetzigen Zeitpunkt sind diese Teilstrukturen nicht in ausreichendem Maße miteinander vernetzt. Das noch immer dominant getrennte Vorgehen bedeutet zum einen Zeitverzug und Ressourcenvergeudung und steht zum anderen dem veränderten Politikkonzept, das auf Offenheit und Transparenz setzt, direkt entgegen. Auch

der Aspekt der Öffentlichkeitsarbeit erscheint wesentlich, da außerhalb von Verwaltungen und Gender Experten das Thema noch nicht auf breiter Ebene diskutiert wird. Ebenso kann Öffentlichkeitsarbeit zur weiteren Vernetzung beitragen, wenn auf diese Weise gewährleistet wird, dass Aktivitäten bekannt werden.

7.2 Geschlechtsspezifische Datenerhebung Das Statistische Landesamt, das Landesarbeitsamt Sachsen und die Hochschulen und Berufsakademien sind über die gesetzliche Grundlage dazu verpflichtet und auch in der Lage, nahezu alle personenbezogenen Daten geschlechtsspezifisch auszuweisen. Damit existiert eine solide statistische Basis, die Repräsentation

der Frauen und Mädchen auf den verschiedenen Ebenen auszuweisen, Trends aufzuspüren und auf dieser Grundlage Maßnahmen zu entwickeln. Ergänzend zu dem bereits vorhandenen Material wird es nötig sein, bei der Planung konkreter Maßnahmen nach Geschlecht differenzierende Daten jeweils zu erheben.

7.3 Informationsbedarf Mit Blick auf die Informationsmöglichkeiten zeigt sich eine Fülle von Material, das sich jedoch in der Verfügbarkeit sehr ungeordnet darstellt. So stark sich etwa die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung im Sinne eines Netzwerkes für die Schaffung von Strukturen eingesetzt hat, so wenig hebt sie sich durch Öffentlichkeitsarbeit und Bildungsangebote zum Thema Gender Mainstreaming hervor. Der Gender-Mainstreaming-Ansatz, so wie wir ihn verstehen, kann nicht bei der Initiierung von Top-Down-Prozessen stehen bleiben. Zu den wesentlichen Elementen zählt auch eine Bottom-Up-Bewegung. Diese würde jedoch verfehlt, wenn Expertinnen und Experten, Verwaltung und einige professionell mit Frauenund Geschlechterbildung und -arbeit befasste Personen

die einzigen blieben, die sich unter dem Begriff Gender Mainstreaming etwas vorstellen können. Demnach ist es notwendig, vorhandene Informationen zu bündeln, aufzubereiten und auf breiter Ebene zur Verfügung zu stellen. Ein weiteres großes Defizit liegt in der fehlenden Öffentlichkeitsarbeit sowie der geringen Medienpräsenz des Themas Gender Mainstreaming. Angedacht sind folgende Aktivitäten: • Bibliotheksnutzung; hier sollte alles unter dem Stichwort Gender Mainstreaming gesammelt werden, • Internetauftritt, • Zusammenstellung von Dokumentationen, die von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, • Zusammenarbeit mit den Tageszeitungen.

7.4 Bildungsbedarf Der Gender-Mainstreaming-Ansatz bedeutet: Politikbereiche, die sich ungenügend mit den unterschiedlichen Lebensverhältnissen der Geschlechter beschäftigt haben, sollten sowohl die Lebenssituation und die Interessen von Männern als auch von Frauen kennen und bei Entscheidungen berücksichtigen. Dabei ist auffallend, dass die Diskussion und Verinnerlichung der Methoden, die den Paradigmenwechsel ermöglichen, derzeit unterrepräsentiert sind. Die breite Öffentlichkeit ist gegenwärtig von diesen Diskussionen völlig ausgeschlossen, denn in den allermeisten Ausbildungsverläufen werden keinerlei Bildungsangebote im Sinne einer Bewusstmachung von Geschlechterverhältnissen oder Vermittlung von Gender-Kompetenz bereitgestellt. Im gesellschaftlichen Bewusstsein ist demzufolge die Fähigkeit einer Reflexion über Geschlechterverhältnisse kaum vorhanden. Gender Mainstreaming im Bereich Humanressourcen erfordert

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den direkten Zugriff auf das Vorhandensein sozialer Kompetenz und ein Wissen darüber - ein Prozess, für den dringend der Vorlauf geschaffen werden muss. In den aktuellen Lehrplänen an den Gymnasien fehlen hierfür aus unserer Sicht wichtige Voraussetzungen. Im aktuellen Lehrkräfteweiterbildungsangebot des Regionalschulamtes Leipzig für die Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien und Mittelschulen wird in den untersuchten Fächern keine Weiterbildung zum Konzept Gender Mainstreaming angeboten. Hier besteht ein erheblicher Bildungsbedarf und gleichzeitig die Notwendigkeit eines radikalen Umdenkens. Wird das vom Ministerpräsidenten a.D., Prof. Dr. Biedenkopf, in seiner Regierungserklärung „Sachsen auf dem Weg in die Wissensgesellschaft“ vom 17.04.2002 eingeforderte Prinzip eines lebenslangen Lernens von den Verantwortlichen für Bildung im Hinblick auf Gender Mainstreaming negiert?

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Auch in der Verwaltung sollte eine neue Perspektive im Hinblick auf politische Entscheidungsprozesse entwickelt werden, die eine Sensibilisierung, umfassende GenderKompetenzen und die Veränderung von Geschlechterverhältnissen, die ein Geschlecht benachteiligen, erfordert. Neben diesem Bildungsbedarf und den personalen

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Lernprozessen, die von der Spitze der Organisation ausgehend auf allen Beschäftigtenebenen organisiert werden müssen, ist zu prüfen, welche organisationalen, strukturellen Veränderungen in den Arbeitsabläufen erforderlich sind, um Ressort übergreifend und innovativ auf mehr Geschlechtergerechtigkeit hinzuwirken.

Handlungsansätze

Die vorgenommene Analyse führt zu folgenden Ableitungen: • Die vorliegenden Initiativen und Konzepte müssen im Interesse einer Forcierung des Politik- und Bildungsansatzes zusammengeführt werden. Dabei gilt es, politische, wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Ansätze und Initiativen zu vernetzen. Die Zeit der Einzelaktionen muss der Vergangenheit angehören. • Da die Schulen im Freistaat Sachsen dem GenderMainstreaming-Ansatz nicht gerecht werden, gilt es, schnell Konsequenzen zu ziehen und generelle Konzepte zu entwerfen. • Die Wissenschafts- und Lebensphilosophie des 21. Jahrhunderts erfordert das Prinzip des lebenslangen Lernens. Das bedeutet, dass neben der Bereitstellung und Aufnahme von Inhalten relevante neue Methoden verinnerlicht werden müssen. Gender Mainstreaming muss in das öffentliche Bewusstsein getragen und entsprechend angenommen werden. • Daher ist eine stringente Öffentlichkeitsarbeit notwendig. Das Konzept von Gender Mainstreaming darf nicht einzelnen Insiderinnen und Insidern vorbehalten sein. Die Medien sind konsequent zu nutzen. Auch dazu ist ein Nachfolgekonzept zu erstellen.

• Wir regen die Gründung eines sächsischen Kompetenzzentrums für Gender Mainstreaming an. Zu den Aufgaben dieses Zentrums sollten gehören: • der Aufbau einer landesweiten Datenbank zur Erfassung von Daten aus allen drei Sektoren (Staat; Wirtschaft; Nichtregierungsorganisationen), • Entwicklung von Methodenkompetenz und Kompetenz in den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (Bildung), • das Auslösen des Paradigmenwechsels in der Bildung, • Ausbildung von Gender-Trainerinnen und -Trainern, • Durchführung von Gender-Trainings, • Forcierung und Nutzung von Humanressourcen. Durch ein solches Zentrum kann zum einen der angestrebte Vernetzungseffekt realisiert werden, zum anderen erfolgt ein komplexer Zugriff auf die Problematik. Auf dieser Basis können auch Einzelaktivitäten von Fraktionen im Sächsischen Landtag (s. beispielsweise DS 3/2999, 3/03015) zusammengeführt werden. Für die Zukunft gilt es, über die Struktur eines solchen Zentrums nachzudenken und die vorhandenen Kompetenzen dorthin zu überführen, um so dem politischen Auftrag, Voraussetzungen für die Umsetzung von Gender Mainstreaming zu schaffen, gerecht zu werden.

Verzeichnis verwendeter Materialien Antragsnummer VII / 2002: „Die LAG der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten Sachsens fordert die Landesregierung auf Gender Mainstreaming in die Arbeit aller Ressorts zu implementieren und ein Konzept zu Umsetzungs- und Anwendungsmöglichkeiten zu entwickeln.“ Hrsg.v. Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Gleichstellungsbeauftragter. Den Sprung in die Zukunft wagen. Regierungserklärung von Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt am 16.05.2002. Das Prinzip Gender Mainstreaming. Hrsg. v. Sächsische Landeszentrale für politische Bildung. 2001. Liegt als Manuskript vor.

4. Dresdner Frauenbericht: „FrauenRäume - Zur Situation von Frauen in Dresden“. Dresden März 2001. Erster Bericht über die Umsetzung des „Konzeptes der Landesregierung zur systematischen Einbeziehung des Ziels der Chancengleichheit von Frauen und Männern in sämtliche Politikbereiche (Gender Mainstreaming)“ 2000/ 2001 vom 05.03.2002. Hsrg. v. Landesregierung Sachsen-Anhalt. Gender-Mainstreaming als Optimierungsprozess von Humanressourcen. Ansatzpunkte zur Umsetzung von Gender-Mainstreaming als Querschnittsaufgabe. Wissenschaftliche Bearbeitung: Dr. Peter Döge. Gutachten im Auftrag der Stiftung Innovation und Arbeit. Juni 2002.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Liegt als Manuskript vor. Gender Mainstreaming und seine derzeitigen Umsetzungsaktivitäten in der Stadt Freiberg. ABM-Stelle 2001/02. Liegt als Manuskript vor. Konzept für ein Mentoring-Netzwerk an Sächsischen Hochschulen. Hrsg. v. JuSo Hochschulgruppe. 2002. Liegt als Manuskript vor. Lehrpläne im Freistaat Sachsen: Deutsch. Gewichtete Fassung. Klassen- und Jahrgangsstufen 5-12. 01.08.2001; Geschichte. Gewichtete Fassung. Klassenund Jahrgangsstufen 5-12. 01.08.2001; Ethik. Gewichtete Fassung. Klassen- und Jahrgangsstufen Juni 2001. Hrsg. v. Sächsischen Staatsministerium für Kultus. Löns, Birgitta: Das Prinzip Gender Mainstreaming - ein Buch mit sieben Siegeln? In: Sachsenlandkurier. Zeitschrift des Sächsischen Städte- und Gemeindetages Nr. 3/2001, S. 103-106. Rundbrief des Landesfrauenrates Nr. 4/2000. Hrsg. v. Landesfrauenrat Sachsen. Sachsen auf dem Weg in die Informationsgesellschaft. Regierungserklärung von Ministerpräsident Prof. Dr. Kurt Biedenkopf am 17.04.2002. Schulz, Marianne: Gender Mainstreaming - ein langer Weg. Dresden 2002. Unveröffentlichtes Manuskript.

Stadt Leipzig. Ratsversammlung III. Wahlperiode. Beschluss: Umsetzung des Gender-Mainstreaming-Ansatzes. DS III/2166 vom 22.05.2002. Stadt Leipzig. Ratsversammlung III. Wahlperiode. Beschluss: Umsetzung des Gender-Mainstreaming-Ansatzes. DS III/763 vom 18.10.2000. Tagungsdokumentation: „Gender Mainstreaming Theorie und Praxis in Dresden“. Dresden, Oktober 2000. Tagungsdokumentation: Neue Wege in der Gleichstellungspolitik. Eine Nachlese zum Workshop der PDSFraktion im Sächsischen Landtag. Dresden, 07.04.2001. Tagungsdokumentation: „Frauen in Europa und Gender Mainstreaming“. Dresden, April 2001. Weiterbildungspläne für Gymnasien und Mittelschulen. Hrsg. v. Regionalschulamt Leipzig. 2002. Liegt als Manuskript vor. Workshop Bildungsarbeit zum Gender Mainstreaming. Hrsg. v. Sächsische Landeszentrale für politische Bildung. Protokoll vom 11.07.2000. Zehn Jahre Gleichstellungspolitik. Fachregierungserklärung der Staatsministerin für Gleichstellung von Frau und Mann Christine Weber am 04.04.2001.

58 Die Befragung wurde an den folgenden Hochschulen und Instituten durchgeführt: TU Dresden, Hochschule Zittau/Görlitz, Berufsakademie Sachsen (Breiten-

brunn), TU Chemnitz, Hochschule Mittweida/Rosswein, Evangelische Fachhochschule für Soziale Arbeit (Dresden), HTW Dresden, HTWK Leipzig, Universität Leipzig, Hochschule für Musik und Theater Leipzig, Tanzarchiv Leipzig e.V., Bergakademie Freiberg, Sorbisches Institut e.V. (Bautzen), Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (Leipzig), Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas e.V. (Leipzig), Fachhochschule für Polizei Sachsen (Rothenburg/OL). 59 So z. B. ThyssenKrupp in einem Antwortschreiben an die Sächsische Staatskanzlei, Leitstelle für Gleichstellung von Frau und Mann vom 02.05.2001 sowie PC Ware (e-mail vom 31.07.2002) und auch AMD (e-mail vom 19.08.2002) in der Beantwortung der Anfragen zu diesem Projekt. 60 Es handelt sich um die Bereiche 1. Geographische und meteorologische Angaben, 2. Gebiet und Bevölkerung, 3. Bevölkerungsbewegung, 4. Gesundheitswesen, 5. Bildung und Kultur, 6. Rechtspflege, 7. Wahlen, 8. Erwerbstätigkeit und Arbeitsmarkt, 9. Land- und Forstwirtschaft, 10. Umweltschutz, 11. Unternehmen und Arbeitsstätten, 12. Produzierendes Gewerbe, 13. Bautätigkeit und Wohnungswesen, 14. Handel, Gastgewerbe und Reiseverkehr, 15. Verkehrswesen, 16. Geld und Kredit, 17. Öffentliche Sozialleistungen, 18. Öffentliche Finanzen, 19. Preise, 20. Löhne und Gehälter, 21. Einkommen und Verbrauch, 22. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, 23. Ergebnisse für die Länder der Bundesrepublik Deutschland.

62

D

Erweiterbares methodisches Raster zum praktischen Umgang mit Gender Mainstreaming

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

1

Bildungsbereich

Wie die bisherige Umsetzung von Gender Mainstreaming in unterschiedlichen Organisationen und Bereichen gezeigt hat, ist eine genaue Klärung der konzeptionellen und begrifflichen Grundlage ein zentraler Baustein des Umsetzungsprozesses.61 Von besonderer Relevanz für die Entwicklung eines allgemeinen Rasters im Bildungsbe-

reich sowie einer allgemeinen Ausrichtung von Förderrichtlinien am Gender-Mainstreaming-Ansatz ist dabei der in der Fachliteratur immer wieder betonte sogenannte zweifache Ansatz von Gender Mainstreaming, der auf dem Gender-Begriff aufbaut, der dem gesamten Konzept zugrunde liegt.

1.1 Gender Mainstreaming als doppelter Ansatz nicht nur in der Bildung Das Gender-Mainstreaming-Konzept geht davon aus, dass alle gesellschaftlichen Bereiche eine geschlechtsspezifische Prägung aufweisen; in diesem Zusammenhang gewinnt der Gender-Begriff seine besondere Bedeutung.62 Im Gegensatz zum Deutschen kennt der anglo-amerikanische Sprachraum zwei Begriffe für Geschlecht: sex und gender. Diese begriffliche Unterscheidung ist auch grundlegend für das Konzept des Gender Mainstreaming. Allgemein ist Geschlecht eine Ordnungsweise sozialen Handelns, es fungiert quasi als Sortierungskriterium von Menschen. In unserem Alltagsverständnis bezeichnet Geschlecht in der Regel die Unterscheidung von Menschen aufgrund spezifischer körperlicher Merkmale in Mann und Frau, wobei unsere Geschlechterordnung lediglich diese beiden Geschlechtergruppen kennt. Diese Einteilung von Menschen entlang spezifischer körperlicher Merkmale bezeichnet in der Geschlechterforschung der Begriff „sex“.63 Dem gegenüber ist mit Gender die symbolisch-strukturelle Ausprägung des Geschlechterverhältnisses gemeint. Die hiermit verbundenen Geschlechterrollen beinhalten insbesondere Kompetenzzuschreibungen an Frauen und Männer, mit welchen zugleich eine Zuordnung von Tätigkeitsräumen einhergeht. So werden Frauen allgemein als besonders „familienkompetent“ gesehen, der (private) „Familienraum“ gilt folglich als weiblich. Männern wird vor allem Technik- und Politikkompetenz nachgesagt, diese gesellschaftlichen Bereiche gelten von daher als männlich. Die Geschlechterforschung spricht hier von als weiblich bzw. männlich angesehenen Tätigkeiten und Kompetenzen. Diese Zuordnung ist keinesfalls statisch – was heute männlich ist, kann morgen schon weiblich sein. So galt beispielsweise im Druckergewerbe lange Zeit die Tätigkeit des Setzens als männliche Tätigkeit, was mit dem hohen Gewicht der Satzkästen begründet wurde. Mit dem Einzug des Computers und damit des Fotosatzes in diesen Bereich entfiel die Begründung eines weiteren Ausschlusses von Frauen aus diesem Tätigkeitsbereich. Hinzu kam, dass die Buchstaben nun mit dem Keyboard eingegeben werden mussten – eine im Grunde als weiblich geltende Tätigkeit. Da diese Tätigkeit jedoch mit einer

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Hochtechnologie – dem Computer – verbunden ist, galt sie als männlich, der Tätigkeitsbereich blieb weiterhin eine Männerdomäne.64 Von weiterer Bedeutung für jede Implementierung von Gender Mainstreaming ist darüber hinaus das mit dem Gender-Konzept verbundene Verständnis der Geschlechterhierarchie. Es legt nahe, dass die Hierarchisierung der Geschlechter zum einen in einer Diskriminierung weiblicher Menschen und in einer quantitativen Dominanz von Männern in zentralen gesellschaftlichen Bereichen zum Ausdruck kommt und andererseits zugleich in einer durchgängigen Abwertung von als weiblich bestimmten Lebensmustern, Kompetenzen und Tätigkeiten – insbesondere von Haus- und Familienarbeit sowie von Vor- und Fürsorgearbeit – seinen Ausdruck findet. Diese Abwertung bleibt auch dann erhalten, wenn Männer entsprechende Tätigkeiten ausüben - etwa beruflich als Krankenpfleger oder als Hausmann tätig sind.65 Abb. 1: Geschlechterhierarchie

Mann sex

Geschlechterhierarchie Frau

Männlich gender Weiblich (c) IAIZ 2002

Ausgehend von den zwei Dimensionen der Geschlechterhierarchie umschreibt Gender Mainstreaming von daher immer einen zweidimensionalen strategischen Rahmen: 1. Im Sinne einer Gleichstellung von Frauen und Männern zielt Gender Mainstreaming auf gleiche Rechte, Pflichten und Chancen von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen. Hiermit wird eine annähernd ausgewogene Präsenz von Frauen und Männern in allen Bereichen und auf allen Ebenen angestrebt. Als ausgewogene Verteilung von Frauen und Männern in einem Bereich oder einer Abteilung wird ein Anteil von jeweils mindestens 40 % und maximal 60 %

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

einer Geschlechtergruppe gesehen.66 Der Anteil von Frauen in Entscheidungspositionen soll jedoch mindestens ein Drittel betragen.67 Abb. 2: Gender Mainstreaming als doppelte Strategie



Gleichstellung von weiblich und männlich geprägten Lebensmustern und Kompetenzen



Gleiche Rechte, Pflichten und Chancen von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen

GLEICHSTELLUNG

GLEICHWERTIGKEIT

2. Dabei ist Gleichstellung allerdings „... nicht gleichbedeutend mit Gleichheit, mit der Verallgemeinerung von Männern, ihrem Lebensentwurf und ihren Lebensbedingungen als die Norm“.68 Vor diesem Hintergrund beinhaltet Gender Mainstreaming zugleich als weiteren Zielhorizont die Gleichwertigkeit von männlich und weiblich bestimmten Lebensmustern, Kompetenzen und Tätigkeiten und bleibt somit nicht auf der Ebene der Individuen stehen, sondern zielt auf die Veränderung organisationaler Strukturen und organisationalen Handelns nach innen und außen.69 Hiervon ausgehend muss jedes Raster zur Umsetzung von Gender Mainstreaming beide Dimensionen zugleich beinhalten und entsprechend handlungsorientiert operationalisieren. Dies soll im Folgenden am Bereich der Bildung exemplarisch dargestellt werden.

1.2 Erstellung eines erweiterbaren methodischen Rasters für den Bildungsbereich Die Erstellung eines erweiterbaren methodischen Rasters zum praktischen Umgang mit Gender Mainstreaming im Bildungsbereich beinhaltet neben den grundlegenden Forderungen bezüglich einer Gleichstellung von Frauen und Männern auf allen Ebenen und allen Stufen der Akteure zusätzlich sowohl eine Veränderung institutioneller Strukturen als auch eine Neu- bzw. Umorientierung bei der Bewertung inhaltlicher Dimensionen mit der Perspektive der Gleichwertigkeit. Dabei ist Bildung70 allgemein zu verstehen als Versuch, „... Individuen zur eigenständigen Teilhabe an und zur selbstbestimmten Entwicklung von

Kultur und Gesellschaft zu befähigen, und zwar nach universalen Maßstäben“ (Das Parlament 2000). Die Vermittlung von Bildung ist entlang der Lebensphasen von unterschiedlichen Akteuren bzw. Bildungsträgern im Rahmen altersorientierter Strukturen und entsprechender Inhalte organisiert. Um Gender Mainstreaming erfolgreich zu implementieren, müssen daher sowohl die Strukturen als auch die Inhalte aus einer Gender-Perspektive betrachtet werden. Dabei lassen sich folgende Akteure, die von der öffentlichen Hand71 finanziert werden, feststellen und den unterschiedlichen Lebensphasen zuordnen:

Abb. 3: Akteure im Bildungsbereich

Akteure im Bildungsbereich/Bildungsträger

Lebensphase

Krippe/Kindergarten Vorschule Hort

Vorschulische/außerschulische Kindheit

Grundschule Mittelschule Gymnasium

Kindheit/Jugend in der Schule

Förderschulen

Kindheit/Jugend in der Schule

Berufsbildende Schulen Ausbildungsstätten

Jugend/Junges Erwachsensein in der betrieblichen/überbetrieblichen Ausbildung

Universität Hochschule Fachhochschule

Jugend/Junges Erwachsensein in der akademischen Ausbildung

Berufsbezogene Fort- / Weiterbildung Seniorenbildung

Erwachsensein/Alter

Sonstige Bildungs- / Betreuungseinrichtungen

Altersübergreifend

65

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming in den unterschiedlichen Bildungsbereichen - also einer Teilhabe an Bildung im weitesten Sinn - sollten drei zentrale Dimensionen Berücksichtigung finden: 1. die Lehrenden bzw. die in der Bildung tätigen Personen, 2. die inhaltliche Ausbildung der Lehrenden sowie die vermittelten Inhalte und die durch Strukturen erfolgte Sozialisation72 und

3. die ‚Lernenden’ mit ihren individuellen Ausgangsbedingungen (Alter, Geschlecht, Ethnie, soziale Herkunft) und dem hieraus resultierenden Bildungsbedarf. Dabei lassen sich unter Bezug auf aktuelle Literatur73 allgemeine Ansatzpunkte zum praktischen Umgang mit Gender Mainstreaming für die unterschiedlichen Akteure im Bildungsbereich mit Hilfe des folgenden Rasters ermitteln:

Abb. 4: Ziel-Dimensionen74 zur praktischen Umsetzung von Gender Mainstreaming im Bildungsbereich

1. Lehrende/ 1. in der Bildung Tätige

2. Inhalte

I. Gleichstellung

Gleiche Zugangsmöglichkeiten von Frauen und Männern zu allen Bereichen und Positionen

Diskriminierungsfreie Gestal- Gleiche Zugangsmöglichtung und Vermittlung von keiten für Frauen und Lerninhalten und Methoden Männer/Jungen und Mädchen zu allen Bildungsangeboten

II. Gleichwertigkeit

Diskriminierungsfreie Ausgestaltung (indirekte Diskriminierung) der Leistungs-, Berufs- und Karrieremuster von Frauen und Männern, die in der Bildung tätig sind

Gleichberechtigter Stellenwert von als weiblich bzw. männlich geltenden Kompetenzen (individuelle Inhalte und Methoden)

Auf Grundlage dieser Matrix ergeben sich für den Bildungsbereich in den einzelnen Feldern und Bereichen die

3. Lernende

Förderung individueller Talente und Begabungen von Frauen und Männern/ Jungen und Mädchen

nachfolgend beschriebenen Ansatzpunkte zur Implementierung des Gender-Mainstreaming-Prozesses75.

1.2.1 Gleiche Zugangsmöglichkeiten von Frauen und Männern zu allen Bereichen und Positionen im Bildungssystem Gleichstellung der Lehrenden/in der Bildung Tätigen Die Lehrenden bzw. in der Bildung tätigen Frauen und Männer sollen zu allen Bereichen und Positionen im Bildungssystem gleichen Zugang haben und mit der Perspektive einer Auflösung von Geschlechterstereotypen in allen Bereichen und auf allen Ebenen annähernd gleich repräsentiert sein. Dieser Forderung steht heute eine ausgeprägte geschlechtsspezifische Verteilung von Frauen und Männern in unterschiedlichen Bereichen des Bildungssystems gegenüber, mit der zudem traditionelle Geschlechterrollen fortgeführt werden: • so dominieren z. B. Frauen innerhalb des Lehrpersonals den Bereich der vorschulischen Erziehung und der Grundschule,

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• Männer sind in den weiterführenden Schulen und insbesondere an den Universitäten tätig, dort überwiegend in männlich geltenden Bereichen sowie in Leitungspositionen76. Vor dem Hintergrund dieser Situation ergeben sich unter der Perspektive Gleichstellung als Ansatzpunkte zur Umsetzung von Gender Mainstreaming eine Erhöhung des Frauenanteils in den so genannten Männerdomänen (z. B. Hochschullehrerstellen) bei gleichzeitiger Erhöhung des Männeranteils in Frauendomänen (z. B. Personal in Kindertagesstätten und Kindergärten) und ein Ausgleich der Anteile von Frauen und Männern in den Führungspositionen (z. B. Schulleitungen, Hochschulleitungen).

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

1.2.2 Diskriminierungsfreie Ausgestaltung der Leistungs-, Berufs- und Karrieremuster Gleichwertigkeit weiblicher und männlicher Lebensentwürfe von in der Bildung tätigen Frauen und Männer Mit dieser Forderung sind zugleich die jeweiligen Berufs-, Karriere- und Leistungsmuster der unterschiedlichen Bildungsbereiche angesprochen. Aufgrund der nach wie vor bestehenden geschlechtsspezifischen familiären Arbeitsteilung sind noch immer überwiegend Frauen für primär familiäre Vor- und Fürsorgearbeiten (Kinderbetreuung/ Pflege bedürftiger Familienangehöriger) verantwortlich. Allerdings zeigen vorliegende Untersuchungen, dass zunehmend auch Männer an einer aktiven Vaterschaft interessiert sind und Verantwortung übernehmen.77 Dass familienbedingte Unterbrechungen noch immer Nachteile in Berufskarrieren implizieren, zeigt Londa Schiebinger auch und besonders für den wissenschaftlichen Bereich. Entsprechende Leistungs- und Karrieremuster basieren hier eindeutig auf einer Abwertung und Ausklammerung von als weiblich geltenden Vor- und Fürsorgetätigkeiten und sind demnach als indirekt diskriminierend einzuschätzen: Die Wissenschaft ist – wie das Berufsleben überhaupt – ganz selbstverständlich in der Annahme organisiert worden, die Gesellschaft müsse sich nicht reproduzieren, oder Wissenschaftler gehörten nicht zu denjenigen, die

sich mit den alltäglichen Aufgaben der Reproduktion befassen müssen.78 Eine so gestaltete Arbeitswelt zieht zwangsläufig eine Unverträglichkeit bzw. Probleme bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie nach sich. So bleiben insbesondere hochqualifizierte weibliche Wissenschaftlerinnen häufig kinderlos oder brechen mit der Geburt eines Kindes ihre Karriere ab, womit ein beachtliches Potenzial an Humanressourcen ungenutzt bleibt. Vor diesem Hintergrund ergeben sich mit der Perspektive einer Gleichwertigkeit weiblicher und männlicher Lebensentwürfe folgende Ansatzpunkte für Gender Mainstreaming: • Anerkennen und Aufwertung so genannter Familienkompetenzen im Lebenslauf und beruflichen Werdegang, • Entwicklung geschlechtsspezifischer Angebote bezüglich einer (verbesserten) Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer: differenzierte Angebote zu einer ausgeweiteten qualifizierten Kinderbetreuung einschließlich Ganztagsschulen, Entwicklung bereichsspezifischer Modelle von Teilzeit-Arbeit, Entwicklung flexibler Arbeitszeitmodelle.

1.2.3 Diskriminierungsfreie Gestaltung und Vermittlung von Lerninhalten Ein Blick auf die Studien- und Berufswahl von Frauen und Männern zeigt – zunehmend auch in den Neuen Bundesländern – ein traditionelles geschlechtsspezifisches Muster. Die Ursache hierfür ist – neben vielen anderen Faktoren – auch in einer geschlechtsspezifisch nicht-neutralen Gestaltung und Vermittlung von Lerninhalten zu sehen. So finden sich in Lehrmaterialien noch immer traditionelle Geschlechterbilder: Die gegenwärtige Geschlechterpolarität der Gesellschaft findet sich damit, so kann resümierend festgestellt werden, in den untersuchten Schulbüchern nahezu ungebrochen wieder, die gegenwärtig vorherrschende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wird dargestellt als ein ‚naturwüchsiger’ Prozess.79 Darüber hinaus weisen Frauen und Männer unterschiedliche Lernkulturen auf80, dies zeigen u. a. unterschiedliche Studien zur schulischen Sozialisation, in denen z. B. eine größere Schuldistanz bei Jungen im Vergleich zu Mädchen konstatiert wurde, die von den Lehrenden unterschiedlich bewertet wird.81 Bereits in den Schulen wird Mädchen nach wie vor sowohl von weiblichen als auch von männlichen Lehrkräften ein Interesse an Naturwissenschaft und Technik abgesprochen.82 Inhalte in technisch-naturwissenschaftlichen Ausbildungsgängen an Hochschulen richten sich nach Interessen und Ausbildungswegen von Män-

nern und wenden sich implizit fast ausschließlich an männliche Studierende.83 Abb. 5: Männliche und weibliche Lernkulturen

männliche Lernkultur

weibliche Lernkultur

eher dominantes Verhalten eher kooperative im Unterricht Orientierung mehr und längere Redebeiträge

kürzere Redebeiträge

häufige Übernahme der gesprächsthematischen Steuerung

eher Übernahme der „Gesprächsarbeit“

häufigeres Entwickeln von Durchsetzungsstrategien

Offenheit für andere Vorschläge und größere Kooperationsbereitschaft

Imponierverhalten und Konkurrenzgehabe

Diskussionsbereitschaft, Hilfestellung für andere

Aufbau und Pflege von Konkurrenzbeziehungen

gerechte Verteilung von Aufgaben, Bevorzugung von Gruppenarbeit

Quelle: Derichs-Kunstmann et al. 1999: 184

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Mit der Perspektive Gleichstellung sollen Frauen und Männer jedoch zu allen Bildungsinhalten gleichen Zugang erhalten, was insbesondere ein Aufbrechen und eine kontinuierliche kritische Reflexion vorherrschender Geschlechterstereotype in Darstellung und Vermittlung erfordert. Von daher ergeben sich folgende Ansatzpunkte für eine diskriminierungsfreie Gestaltung von Lerninhalten: • eine geschlechtssensible Analyse und entsprechende Umgestaltung vorhandener Lehr- und Lernmaterialien in allen Bereichen des Bildungssystems, • eine geschlechtssensible Ausrichtung und Gestaltung zukünftiger Lerninhalte und Lehrmaterialien, • eine geschlechtssensible Berufsvorbereitung von Schulabgehenden und entsprechende Umgestaltung von Ausbildungsgängen mit der Zielstellung, geschlechtsspezifische Blockaden von Frauen und Männern bei der Berufswahl aufzulösen und somit eine Erhöhung ihres jeweiligen Anteils in Berufen, in denen sie jeweils bislang unterrepräsentiert sind, zu unterstützen. Die dargestellten Ansatzpunkte und Maßnahmen erfordern bei allen Akteuren in diesem Politikfeld eine umfassende Geschlechtssensibilität. So können z. B. Erzieherinnen ihr Erziehungsverhalten nur dann ausreichend und fundiert reflektieren, wenn sie über entsprechendes GenderWissen verfügen bzw. entsprechende Rückmeldungen bekommen. Damit erhält der gesamte Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung einen besonderen Stellenwert.

Gender-Fragen müssen hier zum obligatorischen Bestandteil und zentralen Ausbildungs-Modul werden. Aus dieser Zielstellung lassen sich folgende Ansatzpunkte für eine diskriminierungsfreie Vermittlung von Lerninhalten ableiten: • Geschlechtssensibilisierung des Lehrpersonals hinsichtlich der Geschlechterdimension der angewendeten Lehrmethoden, • Verankerung von Gender-Fragen als obligatorischer Bestandteil in Ausbildungs- und Prüfungsordnungen insbesondere in der Sozialen Arbeit und im Lehramtstudium, • Entwicklung von entsprechenden Angeboten in der Fort- und Weiterbildung insbesondere für bereits ausgebildete LehrerInnen und ErzieherInnen84, • Gender-Kompetenz als durchgängiges Qualifikationsmerkmal bei Neueinstellungen im Schul-, Vorschul- und im Hochschulbereich sowohl beim wissenschaftlichen als auch beim nicht-wissenschaftlichen Personal, bei DozentInnen in der Erwachsenenbildung, • Stärkung der Geschlechterforschung für die unterschiedlichen Bildungsbereiche, • Kenntnisnahme und Berücksichtigung bereits vorliegender Forschungsergebnisse der Frauen-, Männer- und Geschlechterforschung für den Bildungsbereich im umfassenden Sinne.

1.2.4 Gleichberechtigter Stellenwert von als weiblich bzw. männlich geltenden Kompetenzen Die vorherrschende Geschlechterordnung beinhaltet – wie oben dargestellt – geschlechtsspezifische Zuweisungen von Kompetenzen, Tätigkeiten und Lebensmustern, die jeweils unterschiedlich gewertet werden. Während kommunikative sowie pflegerische Kompetenzen als weiblich gelten, gilt neben Führungskompetenz vor allem Technikkompetenz als männlich: „Männlich zu sein heißt, technisch kompetent zu sein. (...) Weiblich zu sein heißt, nichts oder wenig mit Technik zu tun zu haben“.85 Die unterschiedlichen Wertungen der geschlechtsspezifisch zugeordneten Kompetenzen und Tätigkeitsfelder finden sich z. B. institutionell verdichtet in der Anlage von Curricula sowie in einer ungleichen monetären und personellen Ausgestaltung von Fachbereichen an Hochschulen, im Bereich der Erwachsenenbildung sowie im Elementarbereich. Aber gerade die als weiblich angesehenen sozialen sowie kommunikativen Kompetenzen erhalten auf zukünftigen Arbeitsmärkten einer globalisierten Dienstleistungs- und Wissenschaftsgesellschaft zunehmend zentrale Bedeutung.86 Darüber hinaus erfordert auch die Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung ein gleichwertiges

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Nebeneinander (als männlich geltender) technischer sowie (als weiblich geltender) sozialer Innovationen und kommunikativer Kompetenzen.87 Vor diesem Hintergrund ergeben sich mit der Perspektive Gleichwertigkeit folgende Ansatzpunkte zur Anerkennung eines gleichberechtigten Stellenwertes von als weiblich bzw. männlich angesehenen Kompetenzen im Bildungsbereich: • Stärkung musisch-künstlerischer Fächer in vorhandenen Curricula sowie in Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, • verstärkte Förderung kommunikativ-musisch-künstlerischer Fächer an Hochschulen und Schulen: „Musischästhetische Fächer wie Musik und Kunst fördern den Erwerb von personalen und sozialen Kompetenzen und haben positive Auswirkungen auf Lernprozesse in der Schule“88, • verstärkte Vermittlung sozial-kommunikativer Kompetenzen an das Lehrpersonal in Schule und Hochschule durch geeignete Fort- und Weiterbildung89.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

1.2.5 Gleiche Zugangsmöglichkeiten zu allen Bildungsangeboten und -einrichtungen Während an Hochschulen hinsichtlich des Geschlechterverhältnisses bei den Studienanfängern und -anfängerinnen – jenseits fächerspezifischer Differenzen – im Großen und Ganzen eine Parität von Frauen und Männern zu verzeichnen ist, ist der gesamte Bereich der Erwachsenenbildung von beachtlichen geschlechtsspezifischen Unterschieden geprägt. Hier findet sich seitens der Teilnehmenden ein deutlicher Frauenüberschuss im Bereich der Familienbildung; je stärker sich dagegen ein Angebot oder eine Bildungseinrichtung an den Bereich der Arbeitswelt annähert, desto höher ist der Männeranteil.90 Insbesondere Volkshochschulen weisen hinsichtlich der Geschlechtsspezifik der Kursbelegung eine eindeutige Frauendominanz auf, im Freistaat Sachsen liegt – wie die Volkshochschul-Statistik für das Jahr 2001 ausweist – der Männeranteil an den Teilnehmenden programmübergreifend bei knapp 28 %. Bezogen auf die Schularten ist eine geschlechtsspezifische Segregierung zu konstatieren: so dominieren in Haupt- und Sonderschulen zahlenmäßig Jungen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes beläuft sich der Jungenanteil an bundesdeutschen Sonderschulen auf 64 %, an Hauptschulen auf 56 % und an Gymnasien auf lediglich

46 %. In diesem Zusammenhang ist zusätzlich eine starke schichtenspezifische Komponente bedeutsam.91 Vor diesem Hintergrund sind für die Realisierung gleichberechtigter Zugangsmöglichkeiten von Frauen und Männern, Jungen und Mädchen zu allen Bildungsangeboten und -einrichtungen folgende Ansatzpunkte relevant: • diskriminierungsfreie Gestaltung der Angebote in der Erwachsenenbildung hinsichtlich Zeit und Ort sowie im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Teilnehmenden, • Entwicklung männerspezifischer Angebote an den Volkshochschulen - beispielsweise im Bereich (Männer-) Gesundheit92, • Entwicklung männerspezifischer Angebote in der Familienbildung, • Entwicklung bedarfsgerechter Angebote sowohl für Mädchen als auch für Jungen im Bereich der Kinderund Jugendbildung (Kindertageseinrichtungen, Jugendfreizeiteinrichtungen), • Überprüfung der Gebührenregelungen in Bereichen der Fort- und Weiterbildung hinsichtlich möglicher diskriminierender Effekte für Frauen und Männer, Jungen und Mädchen.

1.2.6 Gleichwertige Förderung individueller Talente und Begabungen Die Forderung einer gleichwertigen Förderung individueller Talente und Begabungen von Frauen und Männern, Jungen und Mädchen lässt sich an Hand zweier Aspekte veranschaulichen: der Lesekompetenz von Mädchen und Jungen und der Wertigkeit von Schulabschlüssen. Wird der oben beschriebene Tatbestand der quantitativen Dominanz von Jungen in Haupt- und Sonderschulen in Verbindung mit Ergebnissen der PISA-Studie hinsichtlich unterschiedlicher Lesekompetenzen von Mädchen und Jungen betrachtet, stellt sich einerseits die Frage einer gleichwertigen Förderung individueller Talente und Begabungen sowie daran anknüpfend andererseits die Wertigkeit unterschiedlicher Bildungsabschlüsse. Wie die PISA-Studie gezeigt hat, kann nicht von einer generellen Leseschwäche bei Jungen gesprochen werden, sondern vielmehr von einer Leseschwäche bei Jungen in Bezug auf spezifische Textarten.93 So sind Mädchen besonders gut im Umgang mit kontinuierlichen Texten – Erzählungen, Kommentaren und Argumentationen – Jungen hingegen haben einen eindeutigen Vorsprung beim Umgang mit Tabellen, Diagrammen, Graphen, Karten und schematischen Zeichnungen.94 Ebenso zeigt sich bei Mädchen gegenüber Jungen ein spezifischer Zugang und eine spezifische Haltung gegenüber naturwissenschaftlichen Fächern und Fragestellungen. Während Jungen ein generelles Interesse an Physik mitbringen, fragen Mädchen nach der Anwend-

barkeit und dem gesellschaftlichen Bezug der Naturwissenschaften. Die Relevanz einer gleichwertigen Förderung individueller Talente und Begabungen von Jungen und Mädchen wird durch diese Beispiele noch einmal sehr deutlich. Folglich gilt es, Unterrichtsformen zu entwickeln, die beiden Interessenlagen gerecht werden und auf diese Weise Diskriminierungen vermeiden: Die Inhalte dessen, was gelesen wird, sind jedoch bereits an Interessen gebunden. Ebenso wie im naturwissenschaftlichen Bereich gefordert wird, an den Interessen und Erfahrungen von Mädchen wie Jungen anzusetzen, müsste dies für die Auswahl von Lektüren gelten.95 Eine stärkere Förderung individueller Fähigkeiten und Talente im gesamten Bildungsbereich kann aber nur dann erfolgreich sein, wenn unterschiedliche Bildungsabschlüsse auf dem Arbeitsmarkt gleichwertiger behandelt werden und eine Abwertung von Bildungsabschlüssen in als weiblich geltenden Bereichen nicht länger bestehen bleibt. Vor diesem Hintergrund ergeben sich für die Realisierung einer gleichwertigen Förderung individueller Talente und Begabungen von Frauen und Männern, Jungen und Mädchen folgenden Ansatzpunkte: • stärkere Berücksichtigung unterschiedlicher Talente

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

und Begabungen bei Jungen und Mädchen bzw. Frauen und Männern im gesamten Bereich von Bildung und Ausbildung, • daran anschließend eine allgemeine Forderung nach mehr individueller Förderung: Individuelle Förderung entscheidet darüber, ob Menschen sich nach ihren Fähigkeiten und Interessen entwickeln können. Individuelle Förderung ist gleichermaßen Voraussetzung für das

Vermeiden und den rechtzeitigen Abbau von Benachteiligungen wie für das Finden und Fördern von Begabungen96, • gleichwertige Anerkennung unterschiedlicher Schulund Bildungsabschlüsse, • Aufwertung von Bildungsabschlüssen in als weiblich geltenden Bereichen (z. B. in der Hauswirtschaft und Pflege).

1.3 Die praktische Umsetzung von Gender Mainstreaming im Bildungsbereich Entwicklung von Maßnahmen am ausgewählten Schwerpunkt Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Anforderungen zur praktischen Umsetzung von Gender Mainstreaming im Bildungsbereich wird im Folgenden die Entwicklung von Maßnahmen an einem ausgewählten Schwerpunkt der oben eingeführten Matrix (Abb. 3) vorgestellt. Hierzu wurde sowohl in Anlehnung an die Ergebnisse

der PISA-Studie als auch bezogen auf die Empfehlungen des ‚Forum Bildung’97, das u. a. insbesondere die frühe Förderung sowie die individuelle Förderung als vordringlich ansieht, der Bildungsbereich der vorschulischen bzw. außerschulischen Kindheit am Beispiel der Kindertageseinrichtungen ausgewählt.

1.3.1 Akteure/Bildungsträger im Bereich der vorschulischen/außerschulischen Kindheit am Beispiel der Kindertageseinrichtungen Besondere Aufmerksamkeit bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming im Bildungsbereich verdient u. E. der gesamte Bereich der vorschulischen Erziehung, hier dargestellt am Beispiel der Kindertageseinrichtungen. Gerade diesem Bereich wird im Kontext einer Reform des Bildungswesens in Folge der Debatte um die Ergebnisse der PISA-Studie besondere Bedeutung zugeschrieben.

Darüber hinaus ist dieser Bereich sehr bedeutsam bezüglich einer Perpetuierung und Veränderung traditioneller Geschlechterrollen.98 Dabei ergeben sich in Orientierung an den Ziel-Dimensionen der Matrix (Abb. 3) zur Implementierung eines Gender-Mainstreaming-Prozesses im Bereich der Kindertageseinrichtungen nachfolgend beschriebene Aspekte.

1.3.2 Gleiche Zugangsmöglichkeiten von Frauen und Männern zu allen Bereichen und Positionen in Kindertageseinrichtungen Gleichstellung der Erziehenden/in der Bildung Tätigen Bei einer Betrachtung der Präsenz von Frauen und Männern in Kindertageseinrichtungen sind insbesondere die Geschlechterstereotype bezüglich der Stellenverteilung bei den Erziehenden bzw. in der Bildung Tätigen augenfällig. Vor dem Hintergrund der eingangs dargestellten Kompetenz- und Rollenzuweisungen bezüglich der Betreuung von Kindern ist das Erziehungspersonal in diesem Bereich dann auch zu fast 100 % weiblich. Hier wird eine Erhöhung des Anteils männlicher Erzieher als erforderlich gesehen, denn die Kindergartenerziehung repräsentiert heute eine „... ‘traditionell weibliche Kultur’ im unguten Sinne ... nämlich eher die Vermittlung von Passivität, Be-

schränkung und Unterordnung“.99 Dabei werden Mädchen von den Erzieherinnen als unterstützenswert eingeschätzt, Jungen erhalten weniger Vertrauen und müssen ihre Bedürfnisse stärker einfordern.100 Von daher sind für die Kindertageseinrichtungen bezüglich einer Gleichstellung der Erziehenden oder in der Bildung tätigen Frauen und Männer zwei zentrale Forderungen zu stellen: 1. Erhöhung des männlichen Erziehungspersonals bis auf 50 % sowie 2. Ausgleich beim Führungspersonal der Einrichtungen (50/50).

1.3.3 Diskriminierungsfreie Ausgestaltung der Berufs-, Karriere- und Leistungsmuster Gleichwertigkeit weiblicher und männlicher Lebensentwürfe von in Kindertageseinrichtungen tätigen Frauen und Männer Hier sind Bewertungen von geschlechtergebundenen Mustern bezüglich Leistung, Beruf und Karriere beim Erziehungspersonal bzw. in der Bildung tätigen Frauen

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und Männern zu beachten. Von großer Bedeutung ist dabei, welche Wichtigkeit dem Beruf des Erziehungspersonals beigemessen wird und – damit verbunden –

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

welcher Wert der Tätigkeit des Erziehungspersonals einer Kindertageseinrichtung im Vergleich zu anderen Berufen zugeordnet wird. Die Relevanz dieses Bildungsbereichs hat in der Bundesrepublik Deutschland einen eindeutig geringeren Stellenwert als in den meisten Ländern der EU: hier sind öffentliche Bildungs- und Betreuungsangebote für diese Altersgruppe selbstverständlich und werden unterstützt mit der Festsetzung von Standards zu einer grundlegenden Aufwertung: dies bezieht sich sowohl auf Gruppengrößen, Erzieher-Kind-Schlüssel, Bau und Ausstattung als auch auf eine Anhebung des Qualifikationsniveaus des pädagogischen Personals durch eine entsprechende akademische Ausbildung. Vor diesem Hintergrund sind für die Kindertageseinrichtungen bezüglich einer Gleichwertigkeit weiblicher und

männlicher Lebensentwürfe von in der Bildung tätigen Frauen und Männern folgende Forderungen zu stellen: 1. Anhebung des Qualifikationsniveaus des pädagogischen Personals durch eine entsprechende akademische Ausbildung (Fachhochschule), 2. Aufwertung von Lehr- und Erziehungstätigkeit in Kindertageseinrichtungen durch eine verbesserte Bezahlung, 3. umfassende Verbesserung von Fort- und Weiterbildung für bereits Beschäftigte in Kindertageseinrichtungen, 4. Anpassung der Ausbildungsordnungen/Ordnungen zur Fort- und Weiterbildung in Kindertageseinrichtungen, um die Entwicklung von Geschlechtersensibilität bei dem Erziehungspersonal zu unterstützen und Gender-Kompetenz kontinuierlich zu fördern.

1.3.4 Diskriminierungsfreie Gestaltung und Vermittlung von Lerninhalten in Kindertageseinrichtungen Hier sollte eine zentrale Zielstellung der Ausbildung des Erziehungspersonals eine geschlechtssensible Reflexion der eigenen Tätigkeit ermöglichen, um auf diesem Weg geschlechtsspezifische Zuweisungen angenommener Potenziale und Fähigkeiten an Frauen bzw. Männer, Jungen bzw. Mädchen erkennen und gegebenenfalls korrigieren zu können. Eine diskriminierungsfreie Darstellung von Frauen und Männern in Lehr- und Spielmaterialien, die eine eingeschränkte rollenstereotype Zuweisung von Kompetenzen und Fähigkeiten an Frauen und Männern unterbindet und andere erweiterte Denkangebote unterstützt, muss gefördert werden, Potenziale von Frauen und Männern jenseits weiblicher und männlicher Rollenklischees müssen entwickelt und aufgezeigt werden. Vor diesem Hintergrund sind sowohl die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen mit Spielzeug, Kinderbüchern, Lehrmaterial als auch die angebotenen Aktivitäten für alle Altersstufen101 gleichermaßen wichtig.

Für die Kindertageseinrichtungen sind bezüglich einer diskriminierungsfreien Gestaltung und Vermittlung von Lerninhalten folgende Forderungen zu stellen: 1. Vermittlung gender-sensibler Kompetenz an das Erziehungspersonal in Bezug auf das eigene pädagogische Tun, 2. Gender-sensible, d.h. diskriminierungsfreie Gestaltung von Prozessen und Inhalten (sowohl materieller als auch immaterieller Art), dies beinhaltet u. a.: • Reduzierung des aktuellen – zu hohen – Erzieher-KindSchlüssels, der einen gender-sensiblen Umgang mit Mädchen und Jungen nicht zulässt, • Ausweitung der Vorbereitungszeit des pädagogischen Personals mit Blick auf die Anforderungen, die eine gender-sensible Gestaltung von Abläufen erfordert, • schrittweise Umwandlung und Auflösung der geschlechter-stereotypischen Ausstattung der Einrichtung mit Arbeitsmaterialien, Spielzeug, Büchern, etc., Abstimmung mit Herstellenden bezüglich Veränderungen.

1.3.5 Gleichberechtigter Stellenwert von als weiblich bzw. männlich geltenden Kompetenzen in Kindertageseinrichtungen Der Beruf des Erziehungspersonals102 im Elementarbereich ist: ... ein eindrückliches Beispiel dafür, wie eng das Berufssystem verknüpft ist mit den in der Gesellschaft vorherrschenden Vorstellungen über die geschlechtsspezifische Arbeits- und Rollenverteilung.103 Obwohl bereits namhaften Vertretern der Frühpädagogik im 18. Jahrhundert (z. B. Fröbel) stark daran gelegen war, Männer und Frauen in die institutionalisierte Kleinkindbetreuung gleichermaßen einzubeziehen, kreisten

die Diskussionen und Standortbestimmungen in diesem Arbeitsgebiet seit jeher wesentlich um eine Balance zwischen Mütterlichkeit und Fachlichkeit. Gleichwohl ist es nicht gelungen, junge Männer zu motivieren und zu rekrutieren; die außerfamiliale Pflege und Betreuung von kleinen Kindern war von Anbeginn eine weibliche Domäne.104 Der Beruf der Erzieherin ist immer noch angesiedelt in einem Spannungsfeld zwischen Professionalisierungsdebatten und pädagogischem Handeln einerseits und

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

beruflichen Anforderungen und realen Erziehungsmöglichkeiten andererseits105. Er reiht sich damit ein in die Liste klassischer „Frauenberufe“ und den mit ihnen verknüpften Unsicherheiten und Diskontinuitäten, in eine Arbeitssituation also, die gekennzeichnet ist „durch eine insgesamt diffuse Alltagsorganisation“.106 Auf Grund von Erfahrungen aus Modellversuchen und einigen empirischen Untersuchungen wird der Beruf u. a. so beschrieben, dass er als mit Belastungen überfrachtet wahrgenommen wird und Unzufriedenheit hier weit verbreitet ist. Diese Einschätzung beruht nicht zuletzt darauf, dass er „ein von der Öffentlichkeit ‚vergessener Beruf’“ sei. Vor dem Hintergrund der eindeutigen Wertung als weiblich und des geringen gesellschaftlichen Stellenwerts, den der Erzieherinnen-Beruf hat, wird deutlich, dass die als weiblich angesehenen Kompetenzen, die mit der Ausübung dieses Berufs verbunden werden, keine Ebenbürtigkeit im Vergleich zu als männlich angesehenen Tätigkeiten – z. B. Handwerksberufen – erfahren. Bezüglich eines gleichberechtigten Stellenwerts von als weiblich und männlich angesehenen Kompetenzen in

Kindertageseinrichtungen sind daher folgende Forderungen zu stellen: • jede Form von Abqualifizierung geschlechtsspezifischer Fähigkeiten und Kompetenzen ist zu vermeiden, die Vermittlung der Gleichrangigkeit von als weiblich und männlich geltenden Tätigkeiten und Fähigkeiten ist anzustreben und umzusetzen, • vor diesem Hintergrund muss die hohe soziale Bedeutung der erzieherischen Tätigkeit in der Öffentlichkeit sichtbar und nachvollziehbar gemacht werden, damit sie Raum greifen kann, • hierzu muss das Berufsbild dieses Berufsstandes profiliert und gefestigt werden, • in dem Zusammenhang wäre eine Anhebung der Ausbildung auf Fachhochschulniveau zu diskutieren und abzuwägen, • eine Anhebung der Vergütung wäre konsequenterweise von Nöten, • grundsätzlich sollte eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse mit anderen europäischen Ländern angestrebt werden bzw. gegeben sein, • geschlechterdifferenzierte Forschungsaktivitäten im Elementarbereich, die Lehrende, Lernende, Inhalte und Strukturen zum Ziel haben, sind intensiv zu fördern.

1.3.6 Gleiche Zugangsmöglichkeiten für Jungen und Mädchen zu allen Bildungsangeboten der Kindertageseinrichtungen Das ‚Forum Bildung’ kommt zu der Einschätzung, dass der Zugang zu und Erwerb von Bildung „... immer noch in starkem Maße von der sozialen, ethnischen und finanziellen Situation von Familien beeinflusst“ werden107 und verweist im Zusammenhang einer Förderung von Chancengleichheit zudem auf eine absolut notwendige „Bildung der Gefühle“. So würden beispielsweise tradierte Rollenvorstellungen Jungen auf mehr oder weniger subtile Weise einen Ausdruck von Gefühlen nicht zugestehen108, womit diesen dann ein Zugang zu einer „Bildung der Gefühle“ verwehrt würde. Der Ausschluss von Mädchen oder Jungen von unterschiedlichen Spiel- und Bildungsangeboten in Kindertagesstätten auf Grund ihrer Geschlechtszugehörigkeit ist in jedem Fall zu vermeiden. Dies erfordert eine kontinuierliche Reflexion des pädagogischen Umgangs mit den Kindern. Mit einer einmaligen Weiterbildung des Erziehungspersonals würde diesem hochgesteckten Ziel mit Sicherheit kaum Genüge getan. Zentrales Anliegen ist es, Geschlechterstereotype, mit denen die lernenden und spielenden Jungen und Mädchen konfrontiert werden, zu erkennen, für Kinder sichtbar zu machen und zu reflektieren bzw. zu vermeiden. Um gleiche Zugangsmöglichkeiten für Jungen und Mädchen zu allen Bildungsangeboten der Kindertagesein-

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richtungen zu gewährleisten, sind daher folgende Forderungen zu stellen: • Die Gestaltung von Bildungs- und Spielangeboten muss eine gleichberechtigte Teilhabe von Mädchen und Jungen gewährleisten, keine Genusgruppe darf zurückgesetzt oder ausgeschlossen werden, • Ressourcen (Raum, Zeit, Material, Unterstützung durch das Personal) zur Wahrnehmung unterschiedlicher Bildungs- und Spielangebote müssen Jungen und Mädchen gleichermaßen zur Verfügung stehen, • Mädchen und Jungen müssen gleiche Chancen haben, Kompetenzen in unterschiedlichen Bereichen zu erwerben (technisch-mathematisch, sozial-kommunikativ, kreativ-gestalterisch, mental-körperlich), • die Gebührenpolitik der Kindertageseinrichtung darf weder Jungen noch Mädchen benachteiligen, • der Aufenthalt der Kinder in Tageseinrichtungen sollte sowohl für Väter als auch für Mütter eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherstellen, • die unterschiedlichen Altersgruppen sollten in einem weitgehend ausgeglichenen Verhältnis mit Mädchen und Jungen besetzt sein. Wenn es notwendig scheint, sollten geschlechtshomogene Spielgruppen gebildet werden können.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

1.3.7 Gleichwertige Förderung individueller Talente und Begabungen von Mädchen und Jungen Um eine gleichwertige Förderung individueller Talente und Begabungen von Jungen und Mädchen unterstützen zu können, bedarf es von Seiten des pädagogischen Personals einer Sensibilität bezüglich sozialisatorischer und inhaltlicher Unterschiede in der Kindertageseinrichtung109. Dem steht neben „einer eher ‚verklärt verniedlichenden’ Betrachtung der Kinder in diesem Alter“110 jedoch zusätzlich entgegen, dass „... die Vorschulpädagogik nach wie vor am Kind [Hervorhebung durch Autor/innen] orientiert (ist) und in der Ausbildung sowie beruflichen Praxis (...) Fragen von Geschlecht kaum behandelt (werden)“.111 Im Kontext einer gleichwertigen Förderung von Mädchen und Jungen erscheint von zentraler Bedeutung, dass ihnen weniger ein „geschlechtsneutrales Verhalten“ abgefordert wird, sondern vielmehr eine geschlechtsbezogene Pädagogik Hilfestellung gibt, ihre Identität, ihr Selbst zu entwickeln (Blank-Mathieu).

Diese Ansätze, die den Jungen und Mädchen vor allem Anregungen und Unterstützung bezüglich der eigenen Identitätsentwicklung geben, sollten den Erziehenden in der Ausbildung vermittelt werden. Zu einer gleichwertigen Förderung individueller Talente und Begabungen von Mädchen und Jungen, die immer auch eine Erweiterung ihrer Erfahrungsräume darstellen sollte, ist die Berücksichtigung folgender Aspekte von zentraler Bedeutung112: • • • • • • • •

die Raumgestaltung, das verfügbare Material, das Mobiliar, die Bewegungsräume und -möglichkeiten, der Raum und die Gelegenheit für Ko-Konstruktionen, die Vielfalt möglicher Sinneserfahrungen, die Organisation des Tagesablaufs und die Situation des Alltags.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

1.4 Anhang: Erweiterbares methodisches Raster zum praktischen Umgang mit Gender Mainstreaming Ausgangssituation Wie alle Gesellschaften auf der Erde, besteht auch unsere Gesellschaft fast zur Hälfte aus Männern und Frauen. Gemäß Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist es erklärtes Ziel, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Artikel 3 (Gleichheit vor dem Gesetz) (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Neben der UNO-Deklaration von 1948, die gleichfalls die Gleichberechtigung von Frauen und Männern vorschreibt, hat die Bundesrepublik Deutschland auch den Amsterdamer Vertrag ratifiziert. Dieser verpflichtet alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, in allen Bereichen ihrer nationalen Politiken auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu achten. Der Vertrag von Amsterdam Artikel 2: Aufgabe der Gemeinschaft ist es, durch die Errichtung eines gemeinsamen Marktes und einer Wirtschaftsund Währungsunion sowie durch die Durchführung der in den Artikeln 3 und 4 genannten gemeinsamen Politiken und Maßnahmen in der ganzen Gemeinschaft eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen, ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum, einen hohen Grad von Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern. Artikel 3: (2) Bei allen in diesem Artikel genannten Tätigkeiten wirkt die Gemeinschaft darauf hin, Ungleichheiten zu

beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Gender Mainstreaming - die ChancengleichheitsPrüfung113 Auch die Bundesrepublik Deutschland ist von daher dem Ziel, in allen Bereichen staatlichen Handelns auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu achten, verpflichtet. Zur Umsetzung dieses Auftrags hat die Europäische Union das Instrument des Gender Mainstreaming entwickelt, das im Jahr 1999 auch von der Bundesregierung übernommen wurde. Gender Mainstreaming bedeutet laut der Definition der ExpertInnengruppe des Europarates die (Re-) Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Bewertung des Politikprozesses mit dem Ziel der Integration der Perspektive der Chancengleichheit der Geschlechter in alle Politiken, auf allen Ebenen und allen Stufen von allen politischen Akteuren. Ins Deutsche übersetzen lässt sich der Begriff Gender Mainstreaming ansatzweise mit dem Begriff der Chancengleichheits-Prüfung und ist in etwa vergleichbar mit der – ebenfalls gesetzlich vorgeschriebenen – Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Der doppelte Ansatz von Gender Mainstreaming Mit seiner Zielstellung geht Gender Mainstreaming über die bisherige Gleichstellungspolitik hinaus. Denn das Konzept zielt nicht nur auf eine de-jure-Gleichstellung der Geschlechter, die in der Bundesrepublik Deutschland und im Freistaat Sachsen in fast allen gesellschaftlichen Bereichen bereits erreicht ist, sondern auf die de-factoGleichstellung von Frauen und Männern. Gender Mainstreaming umschreibt immer einen doppelten Ansatz und beinhaltet zugleich die Ziele Gleichstellung und Gleichwertigkeit: Gleichstellung meint, dass Frauen und Männer zu allen Bereichen, Tätigkeiten und Positionen in der Gesellschaft im Allgemeinen und einer Verwaltung im Besonderen Zugang haben müssen. Gleichstellung zielt auf die Beseitigung direkter, mit dem (biologischen) Geschlecht verbundener Benachteiligungen. Gleichwertigkeit bedeutet, dass Mitglieder einer Geschlechtergruppe nicht aufgrund spezifischer Tätigkeiten, Kompetenzen und Lebensmuster benachteiligt werden dürfen. Gender Mainstreaming zielt mit dieser Perspektive auf die Beseitigung indirekter, mit den Ge-

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schlechterrollen (gender) verbundenen Benachteiligungen. Für die Umsetzung in der Praxis ergibt sich hieraus in einem ersten Schritt folgende Vierfeldermatrix, die in

jedem Bereich des Handelns nach innen (z. B. Personalpolitik) und nach außen (z. B. Entwicklung eines Förderprogramms, Aufstellung eines Haushalts) beachtet werden muss:

Nach innen

Nach außen

Gleichstellung

Keine Benachteiligung im Zugang zu Positionen und Angeboten

Keine Benachteiligung im Zugang zu Positionen und Angeboten

Gleichwertigkeit

Keine Benachteiligung von Tätigkeiten, Kompetenzen und Lebensmustern

Keine Benachteiligung von Tätigkeiten, Kompetenzen und Lebensmustern

Gender Mainstreaming in laufenden Verfahren Ausgehend von dieser Zielmatrix ergeben sich bei der Bewertung laufender Verfahren dann folgende Handlungsschritte zur Umsetzung von Gender Mainstreaming in allen Handlungsbereichen und auf allen Handlungsebenen von öffentlichen Einrichtungen, wobei jeweils folgende Fragen zu beantworten sind: 1. Schritt: Sind Menschen direkt oder indirekt davon betroffen oder profitieren sie direkt oder indirekt? 2. Schritt: Zielgruppe bestimmen • Wer genau ist die Zielgruppe eines Programms, eines Angebots einer Maßnahme? Wie setzt sie sich hinsichtlich der Geschlechter zusammen (Verhältnis Frauen - Männer)? • Welche unterschiedlichen Lebensmuster, Kompetenzen, Tätigkeiten finden sich in der Zielgruppe bei Frauen und Männern (z. B. Vollzeit- oder Teilzeitarbeitnehmerinnen/-arbeitnehmer, allein erziehende Mütter oder Väter, in Familie oder allein stehend lebend, Hochschulabschluss oder Hauptschulabschluss)? • Wie ist das Verhältnis der Geschlechter in der potenziellen Zielgruppe gegenüber dem Verhältnis der Geschlechter in der Gesamtpopulation? Ist die Zusammensetzung der Zielgruppe gegenüber der Zusammensetzung der Gesamtbevölkerung gerechtfertigt? • Wie werden Frauen und Männer in Broschüren, auf entsprechenden Internet-Seiten dargestellt? Entspricht die Darstellung der Realität in der Zielgruppe/in der Gesellschaft oder werden Stereotype zementiert? 3. Schritt: Gender-Analyse durchführen (= Analyse direkter und indirekter geschlechtsspezifischer Benachteiligungen bei der Verteilung von Frauen und Männern auf Positionen, Bereiche oder bei der Inanspruchnahme von Angeboten und Maßnahmen) • Wie verteilen sich Frauen und Männer auf Bereiche und Positionen in einer Verwaltung, einem Amt (z. B. Leitungspositionen)? • Wie viele Frauen/Männer nehmen welche Maßnahmen und Angebote in Anspruch (z. B. Kurse an der VHS)?

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• Welche Lebensmuster lassen sich sowohl bei den Frauen als auch den Männern, die die Maßnahme in Anspruch nehmen bzw. bestimmte Positionen besetzen, ausmachen? • Entsprechen die vorgefundenen Zahlen bezüglich der Inanspruchnahme den quantitativen Verhältnissen in der Zielgruppe oder finden sich Abweichungen bei den Geschlechtern und Lebensmustern (größer als +/- 10%)? • Sollten sich Abweichungen finden, worin lassen sie sich begründen (z. B. Uhrzeit und Ort eines Angebots, erforderliche Qualifikationen, Ausschluss von Mitgliedern einer Geschlechtergruppe aus Informationsnetzwerken)? • Liegt eine direkte oder eine indirekte Benachteiligung von Männern/Frauen vor? 4. Schritt: Entwicklung von Maßnahmen • Wie können die übergeordneten Ziele für Gleichstellung und Gleichwertigkeit erreicht werden? • Sind spezielle Fördermaßnahmen für eine Geschlechtergruppe (Frauenförderung, Männerförderung, Mädchenarbeit, Jungenarbeit, Frauengesundheitsförderung, Männergesundheitsförderung u. v. m.) erforderlich? • Wo müssen die Gender-Mainstreaming-Maßnahmen ansetzen (z. B. im eigenen Haus oder bei nachgeordneten Behörden oder bei Fördermittelempfängern)? • Welche Rahmenbedingungen müssen verändert werden? • Welche rechtlichen Regelungen müssen verändert werden? • Welche Arbeitsabläufe müssen in der betreffenden Einrichtung (Ministerium, Behörde, Fördermittelempfänger, Träger) verändert werden? • Was kann kurzfristig, was kann nur langfristig angegangen werden? • Was ist kostenneutral, was ist mit Kosten verbunden? • Welche zusätzlichen Kosten entstehen? • Wer ist in die Planung der Maßnahme einzubeziehen (z. B. nachgeordnete Behörden, Fördermittelempfänger) • Wer muss zuarbeiten (z. B. Daten bereitstellen)? 5. Schritt: Kontrolle und Evaluation • Welche Chancengleichheits-Ziele sollen in welcher Zeit erreicht werden?

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

• • • •

Welche Kennzahlen können gebildet werden? Wer ist für die Umsetzung der Ziele verantwortlich? Wer ist für die Kontrolle der Kennzahlen zuständig? Checklisten entwickeln.

Gender Mainstreaming im Prozess

Zielgruppe bestimmen ➔ Gender-Analyse durchführen: Inanspruchnahme/Verteilung/Ausstattung analysieren im Verhältnis zur Zielgruppe ➔ Klären, ob direkte oder indirekte Benachteiligung vorliegt und ermitteln, worin diese besteht ➔ Entwicklung von Handlungsoptionen: Umsetzen von Gleichstellung und Gleichwertigkeit ➔ Evaluation und Kontrolle der Maßnahmen Gender Mainstreaming bei geplanten Maßnahmen Um das Spektrum sowohl intendierter als auch nicht intendierter Wirkungen von geplanten Maßnahmen zu erfassen, ist eine Abschätzung des Wirkungsgefüges im Vorfeld von Bedeutung, hier kommt das Gender Impact Assessment zur Anwendung. Es ist ein Instrument, mit dem eine Vorausschau auf Wirkungen politischer Maßnahmen/Programme auf beide Geschlechter ermöglicht wird. Frühzeitige bzw. rechtzeitige Abschätzung politischer Maßnahmen auf das Geschlechterverhältnis bedeuten, dass z. B. ein spezielles Fördervorhaben vor seinem in Kraft treten evaluiert werden kann und nicht erst, wenn vielleicht nicht gewünschte Folgen der beschlossenen Maßnahme sichtbar werden. Bei einer Ex-Ante-Abschätzung der Auswirkungen einer Maßnahme oder eines Gesetzes auf das Geschlechterverhältnis modifiziert sich das Procedere für die Umsetzung von Gender Mainstreaming im laufenden Verfahren etwas und stellt sich dann folgendermaßen dar: 1. Zielgruppe bestimmen: Genaue Bestimmung der Zielgruppe der jeweiligen Vorschläge und genaue Darstellung hinsichtlich der Verteilung der Geschlechter und der Verteilung der Lebensmuster, Qualifikationen, Kompetenzen 2. (Gender-)Indikatoren auswählen: Indikatoren zur Beschreibung des Geschlechterverhältnisses in der Zielgruppe bestimmen, welche hinsichtlich des jeweiligen (Gesetzes-)Vorschlags von Bedeutung sind (z. B. Einkommen, Sozialhilfeniveau, Arbeitszeit)

3. Gender-Analyse durchführen: Wie stellt sich das Geschlechterverhältnis im Hinblick auf diese Indikatoren im Moment in der Zielgruppe dar: Wer arbeitet wie viele Stunden am Tag? Wer verdient wie viel? Wer arbeit in Vollzeit, wer arbeitet in Teilzeit? Wer betreut Kinder oder pflegebedürftige Angehörige? Wer nimmt welche Position ein? Bei der Beantwortung dieser Fragen unbedingt auf die Situation von Frauen und Männern achten! 4. Mögliche Entwicklung abschätzen: Wie wird sich das Geschlechterverhältnis im Hinblick auf die Indikatoren bei Umsetzung des Vorschlags verändern: Wer wird mehr, wer wird weniger Einkommen haben? Wer wird eine Maßnahme stärker, wer diese weniger in Anspruch nehmen? 5. Mögliche Entwicklung bewerten: Wie ist diese Veränderung hinsichtlich der doppelten Zielsetzung – Gleichstellung und Gleichwertigkeit – des Gender-Mainstreaming-Ansatzes zu beurteilen? Ergeben sich direkte oder indirekte Benachteiligungen der Frauen oder der Männer hinsichtlich der gewählten Indikatoren? 6. Änderungen entwickeln: Wie muss die vorgeschlagene Maßnahme/das geplante Gesetz ggf. verändert werden, damit keine direkten und indirekten Benachteiligungen entstehen? Bausteine für eine erfolgreiche Umsetzung von Gender Mainstreaming Zur erfolgreichen Umsetzung dieser Schritte müssen in allen Einrichtungen bestimmte Rahmenbedingungen geschaffen werden, die in ihrer konkreten Ausgestaltung je nach spezifischer Organisationskultur unterschiedlich ausfallen können: 1. Verbindlichkeit herstellen • Beschluss eines entsprechenden Legislativorgans (Stadtrat, Kreistag, Landtag) herbeiführen, • Verpflichtung der Leitungsebene einer Einrichtung herbeiführen, • Informationsveranstaltungen für Führungskräfte von externen ExpertInnen durchführen lassen. Dabei ist darauf zu achten, dass Gender Mainstreaming nicht als neuer Ansatz der Frauenpolitik dargestellt wird. Am besten wird ein externes, gemischtgeschlechtliches Team eingesetzt, • in der Einführungs-/Erprobungsphase Gender Mainstreaming als Tagesordnungspunkt in Leitungsrunden fixieren (z. B. durch eine kontinuierliche „Berichterstattung über Stand/Probleme/Fortschritte bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming“ in Staatssekretärs-

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

runden, Dezernentenrunden, Abteilungsleitungen), • Teilnahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an entsprechenden Fort- und Weiterbildungen zum Gender Mainstreaming zur Pflicht machen, • Steuerung, Evaluierung und Controlling festlegen. 2. Gender-Kompetenz herstellen • Spezielle Fort- und Weiterbildungsangebote zum Gender Mainstreaming/zur Gender-Frage für unterschiedliche Zielgruppen entwickeln, • die Gender-Frage in bestehende Fort- und Weiterbildungsangebote integrieren (z. B. in Kurse zur Personalführung, in Kommunikationstrainings, in Kurse zum Projektmanagement), • zu speziellen Fragen der Umsetzung Gender-Mainstreaming-Workshops durchführen, • externe Beratung in Anspruch nehmen, • externe Beratungen und Gender-Training nur von einem Duo (Frau und Mann) durchführen lassen, • auf die Gender-Qualifikationen von Trainerinnen und Trainern achten, • Flying Experts ausbilden, die an unterschiedlichen Orten einer Einrichtung bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming helfen können. Bausteine zur Umsetzung von Gender Mainstreaming

Gender Verbindlichkeit

Gender Kompetenz Gender integrieren

Gender Verantwortlichkeit

Gender Ressourcen

 IAIZ 2002

3. Ressourcen zur Verfügung stellen • Geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselte Daten zu allen Bereichen sammeln und dokumentieren oder bei ent-

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sprechenden Stellen (Statistisches Landesamt, nachgeordnete Behörden, Fördermittelempfänger) anfordern, • Ergebnisse der Frauen-, Männer- und Geschlechterforschung nutzen (z. B. über Internet), • alle wichtigen Gender-Daten und Forschungsergebnisse der Geschlechterforschung allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugänglich machen (Datenbank, Intranet), • in der Anfangsphase der Umsetzung von Gender Mainstreaming externe Gender-Expertinnen und -Experten bei der Interpretation von Daten und der Entwicklung von Handlungsoptionen in Anspruch nehmen. 4. Verantwortlichkeiten klären • Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Organisation sind für Gender Mainstreaming verantwortlich und nicht allein die Gleichstellungsbeauftragte, • bei Bedarf Projektgruppen oder Koordinierungsgruppen einrichten, • immer auf eine geschlechtergemischte Zusammensetzung bei allen beteiligten Gruppen achten (z. B. bei der Benennung von Gender-Mainstreaming-Beauftragten). Wenn die Bausteine und die Umsetzungsschritte in Modellvorhaben erprobt werden sollen, sind darüber hinaus folgende grundlegende Anforderungen zu beachten: • bei den Verantwortlichen für die Modellvorhaben müssen Kompetenzen im Projektmanagement vorhanden sein (ggf. eine Fort- und Weiterbildung vorschalten), • Öffentlichkeitsarbeit: Anliegen, Vorgehen und die Ergebnisse der Modellvorhaben müssen nach innen und außen dargestellt werden, • Keinen Zeitdruck ausüben: Modellvorhaben sollten etwa ein Jahr dauern, • die an Modellvorhaben beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten: z. B. ein gewisses Quantum der Wochenarbeitszeit explizit für die Gender-Mainstreaming-Arbeit zur Verfügung stellen/ausweisen. Insgesamt ist für die flächendeckende Einführung des Gender-Mainstreaming-Konzepts als Querschnittsaufgabe in eine Einrichtung ein Zeitraum von etwa drei Jahren einzuplanen.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2

Rechtssetzungsvorhaben

2.1 Die Ausgangslage 2.1.1 Zur normativen Ausgangslage Die Verfassung des Freistaates Sachsen vom 27. Mai 1992 regelt im 1. Abschnitt, Die Grundlagen des Staates, in Artikel 8: Die Förderung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ist Aufgabe des Landes. und schreibt im Abschnitt 2, Die Grundrechte, in Artikel 18 fest: (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Frauen und Männer sind gleichberechtigt. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.

Regelungssituation geschaffen, die auf der Bundesebene erst mit der Grundgesetzänderung zu Artikel 3 Abs. 2 Satz 2 im Jahre 1994 verankert wurde, in dem die Förderung des individuellen Grundrechts auf Gleichberechtigung von Frauen und Männern expressis verbis als Aufgabe des Staates definiert wurde. Artikel 3 Abs. 2 GG lautet seither: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Auch die Berufung einer Sächsischen Staatsministerin für Gleichstellung von Frau und Mann markierte einen Unterschied zur Bundesregierung und insbesondere zu anderen Bundesländern, in denen schon die Benennung des Politikressorts ausschließlich Frauenpolitik signalisierte.

Mit dieser Regelung zur de-jure- und de-facto-Gleichstellung hatte der Freistaat Sachsen schon 1992 eine

2.1.2 Zur faktischen Ausgangslage In den ersten 10 Jahren Gleichstellungspolitik wurde jedoch auch im Freistaat Sachsen vorrangig traditionelle Frauenförderungspolitik praktiziert.114 Dieses Herangehen fand seinen Niederschlag in den rechtlichen Regelungen, mit denen Frauen begünstigt wurden, um sich – an männlichen Lebens- und Arbeitsmustern orientiert – in bestehende Strukturen und Prozesse zu integrieren und an ihnen zu partizipieren.115 So formuliert das Sächsische Frauenförderungsgesetz (SächsFFG) vom 31. März 1994116 als Gesetzesziel die Durchsetzung der Gleichberechtigung und Förderung des Ausgleichs der Unterrepräsentanz von Frauen in einzelnen Bereichen. Überdies hat es seinen Geltungsbereich ausschließlich für den öffentlichen Dienst.

rungserklärung anlässlich der Rückschau auf 10 Jahre Gleichstellungspolitik konstatieren. Inzwischen sind jedoch weitergehende Einsichten und politische Möglichkeiten gewachsen. Die Lebenswirklichkeiten und die Interessen von Frauen und Männern sind vielfältig und unterschiedlich. Dies bei politischen Entscheidungen zu berücksichtigen, geht weit über die klassische Förderpolitik hinaus. ... Eine solche gezielte Förderung von Frauen wird vielfach von Männern als Diskriminierung betrachtet. Richtig verstandene Gleichstellungspolitik ist aber nicht auf Diskriminierung von Männern ausgerichtet, sondern versucht, die Interessen von Männern und Frauen gleichermaßen zu berücksichtigen.117

Diese de facto Situation musste auch die Staatsministerin für Gleichstellung von Frau und Mann in der Fachregie-

2.1.3 Gleichstellungspolitik gleich Frauenförderungspolitik? Der konzeptionelle Rahmen von Frauenförderungspolitik ist vom Konzept der Gleichstellungspolitik ohne Zweifel zu unterscheiden. Die kritischen Aspekte einer auf Frauenförderungspolitik verkürzten Gleichstellungspolitik, wie sie bisher vorwiegend praktiziert wurde, wird in jüngster Zeit im Zuge der Diskussion zum Gender-MainstreamingKonzept in der Literatur verstärkt thematisiert.118 Eine ausdrückliche Differenzierung zwischen den Konzepten allgemeiner Frauenförderungspolitik und Gleich-

stellungspolitik ist im Freistaat Sachsen in den Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften nicht erkennbar.119 Lediglich im Hinweis des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Bestellung von Frauenbeauftragten nach dem Sächsischen Frauenförderungsgesetz120 wird die Differenzierung der Aufgabenbereiche der Frauenbeauftragten und der gemäß Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen (SächsLKrO)121 und Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO)122 berufenen Gleichstellungsbeauftragten unter Bezug auf die Ziele und Ziel-

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

gruppen der Tätigkeit – einerseits die Förderung der im öffentlichen Dienst beschäftigten Frauen, andererseits die Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung in der Kommune, die eine der Rechtsaufsicht unterliegende Pflichtaufgabe ist – vorgenommen. Inwieweit die Praxis zur Umsetzung der normativ verankerten Gleichstellungspolitik Aufschlüsse über die konzeptionelle Differenzierung gibt, muss einer weiteren, differenzierteren Untersuchung vorbehalten bleiben. Eine solche Untersuchung wäre durchaus sinnvoll, um zumindest gleichstellungspolitische Aktivitäten und damit Beispiele sichtbar zu machen, in denen Männer die Zielgruppe bzw. im normativen Bereich die Adressaten waren oder sind. Gleichstellung im Sinne von gleichen Rechten, Pflichten und Chancen von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen zu verbriefen und umzusetzen verlangt mehr, als Frauenförderungspolitik zu realisieren und in ausgewählten Bereichen zu normieren. Unter Gender-Mainstreaming-Gesichtspunkten bedeutet die bisherige vorherrschende politische Praxis, dass bislang nur eine Säule der im Gender-Mainstreaming-Konzept beinhalteten Doppelstrategie – diese zudem nicht umfassend, sondern „nur“ unter dem Aspekt der Frauenförderung und dies auch nicht in allen gesellschaftlichen Bereichen – etabliert und auch normativ abgesichert ist. Akzeptanz der Gleichwertigkeit von weiblich und männlich bestimmten Lebensmustern und Kompetenzen als zweite Säule des Gender-Mainstreaming-Konzepts123 verlangt jedoch, den Blick auch für gesellschaftliche, in Organisationen strukturell eingeschriebene Hemmnisse zu öffnen und zu schärfen. Denn während bei der Implementierung von Gleichstellungspolitik die Anpassung von Individuen an die Organisation erfolgt, bedarf es unter dem konzeptionellen Ansatz der Gleichwertigkeit der Veränderung von Prozessabläufen, Strukturen und damit von Organisationen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen und auf unterschiedlichen Ebenen. Die Organisation passt sich dabei den Individuen an.124 In diesen Veränderungsprozessen (der Organisationsentwicklung) werden gender-mainstreaming-gerechte Praxisroutinen entwickelt. Auch dafür müssen normative Voraussetzungen geschaffen werden. Da die Gender-Mainstreaming-Strategie derzeit im politisch-administrativen System im wesentlichen top-down umgesetzt wird, ist die normative Absicherung dieser Säule von besonderer Bedeutung. Eine Verankerung von Gender Mainstreaming im Konzept der Verwaltungsreform ist sinnvoll, obgleich dies nur ein erster Schritt in Richtung normative Absicherung der Umsetzung von Gender Mainstreaming sein kann.

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Mit der Gender-Mainstreaming-Doppelstrategie rückt generell das Geschlechterverhältnis mit seiner strukturellen und organisationalen Ausprägung in den unterschiedlichen Politik- und Handlungsfeldern, also auch in unterschiedlichen Regelungsfeldern deutlich ins Blickfeld. In den notwendigen politischen, auch rechtspolitischen Entscheidungen geht es jetzt darum, in allen gesellschaftlichen Bereichen solche Geschlechterverhältnisse zu fördern, die an zukunftsfähiger Entwicklung orientiert sind. Das bedeutet ganz allgemein gesagt, dass gesellschaftliche Benachteiligungen von Frauen und auch von Männern in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen analysiert, benannt und als veränderungsbedürftig eingestuft werden müssen, um sodann – an einer für den speziellen Bereich gemeinsamen Zukunftsvision nachhaltiger Entwicklung ausgerichtet – als gemeinsame Aufgabe auf die politische und speziell rechtspolitische Agenda gesetzt zu werden. In der Realität werden dadurch in unterschiedlichen Bereichen in unterschiedlichem Ausmaß Frauenförderungsund/oder Männerförderungsmaßnahmen erforderlich werden, um den konkreten Gleichstellungsanforderungen und den entsprechenden Bedingungen von Gleichwertigkeit der als männlich bzw. weiblich angesehenen Lebensmuster und Kompetenzen gerecht zu werden. Das gesellschaftspolitische Ziel der Politik für Chancengleichheit und Geschlechterdemokratie ist eine gerechtere125, eine demokratische Gesellschaft, ist zukunftsfähige Entwicklung. Mit diesen Begriffen ist zugleich das Plus der Gender-Mainstreaming-Politik beschrieben. Abb. 1: Zukunftsfähige Entwicklung

Gender Mainstreaming

→ Frauenförderpolitik



Männerförderpolitik

Chancengleichheit und Geschlechterdemokratie (Nach: Wünsche-Piétzka, H.,1999.)

Dieser Paradigmenwechsel muss seine Widerspiegelung im Rechtssystem finden. Um die Gestaltungsfunktion des Rechts ausgerichtet an der Zukunftsvision von Gleichstellung der Geschlechter und Gleichwertigkeit als männlich und weiblich geltenden Lebensmuster und Kompetenzen so effizient wie nur möglich zu entfalten, müssen die zur Rechtsverwirklichung unumgänglichen Verwaltungsvorschriften ebenso wie die Rechtsnormen selbst einem gleichstellungspolitischen bzw. GenderMainstreaming-Check unterzogen werden.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2.2 Rahmen für die Gender-Mainstreaming-Implementierung in der Gesetzgebung 2.2.1 Der Verfassungsauftrag Der Auftrag nach Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes und Artikel 8 der Verfassung des Freistaates Sachsen bietet mit dem breiten gleichstellungspolitschen Ansatz einen hinreichenden Rahmen für die weitere landesspezifische Ausformung und Implementierung des GenderMainstreaming-Konzeptes in den der Setzung von Rechtsnormen (Stammgesetze, Änderungsgesetze und Rechtsverordnungen) vorbehaltenen Bereichen.

Die Implementierung und weitere Ausformung des Gender Mainstreaming ist jedoch nur durch einen komplementären systematisch anzulegenden Organisationsprozess von Politik und Verwaltung möglich. Auch hier gilt, dass es Aufgabe der Politik ist, einen ordnenden Rahmen zu setzen und die Gesellschaft wertorientiert zu steuern126.

2.2.2 Gender Mainstreaming als Leitprinzip Die gesellschaftliche und individuumsbezogene Wirksamkeit von politischen, rechtlich-normativen und Verwaltungsregelungen wird durch deren Ausrichtung an Gender-Mainstreaming-Erfordernissen erhöht. Deshalb ist es wichtig, für alle politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Staatsministerien und nachgeordneten Einrichtungen Gender Mainstreaming als Leitprinzip zu verankern. Damit ist eine Ausgangsbasis sowohl für ein systemisches Vorgehen als auch für die stete Ausprägung von Innovationskompetenz in den Gender-Mainstreaming-Umsetzungsprozessen in unterschiedlichen Teilbereichen geschaffen. Diese Verankerung als Leitprinzip127 ermöglicht den Entwurf eines Prozessdesigns und im Weiteren eine implementierende Prozessgestaltung, welche: • vom politischen Willen der gesetzgebenden Körperschaft wie auch von der Spitze der jeweiligen Organisationseinheit getragen ist, • einem einheitlichen Konzept mit einheitlicher Begrifflichkeit folgt, • durch klare Verantwortlichkeiten auf allen Umsetzungsebenen gekennzeichnet ist,

• die erforderliche Ressourcenbasis verfügbar macht, • adäquate Steuerungsprozesse einschließlich Kontrolle und Evaluation initiiert und umsetzt, • die Veränderungsprozesse in der Organisation (Organisationsentwicklung) an den gleichen Werten und Prinzipien orientiert und systemisch128 ist, • die Organisation durch bewusst gesteuerte Veränderungsprozesse zur „lernenden Organisation“129 macht. Als Beispiel kann hierzu die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO)130 herangezogen werden, die im Zuge der Maßnahmen zur Modernisierung von Staat und Verwaltung entwickelt wurde. Sie ist eine der Gender Mainstreaming-Modellaktivitäten der Bundesregierung. Durch die festgeschriebene Regelprüfung von Rechtssetzungsvorhaben auf ihre gleichstellungspolitischen Auswirkungen wird der Fortschritt in der Gleichstellungspolitik nachhaltig dokumentiert. Der Paragraph 2, Gleichstellung von Frauen und Männern regelt: „Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist durchgängiges Leitprinzip und soll bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Bundesministerien in ihren Bereichen gefördert werden (Gender Mainstreaming).“

2.2.3 Systemische Gestaltung des Gender-Mainstreaming-Prozesses Der Vorzug eines systemischen Ansatzes bei der normativen Verankerung von Gender Mainstreaming liegt darin, dass: • eine ressortübergreifende Synergiebildung zur Optimierung gleichstellungspolitischer Ziele erfolgt,131 • der Erwerb der erforderlichen personalen und organisationalen Genderkompetenz gefördert wird,132 • das systemische Generieren von Genderkompetenz die notwendigen individuellen/personalen und organisationalen Lern- und Veränderungsprozesse133 verstärkt, • die Gleichzeitigkeit von gemeinsamen normierungsbezogenen und fachressortbezogenen Lernprozessen gefördert wird, • ein effizientes Wissensmanagement für die normenge-





• •

stützte Umsetzung der Gesamtstrategie von Gender Mainstreaming erfolgen kann, die notwendige personelle und organisationale hohe Innovationskompetenz in Einzelmaßnahmen wie auch im kontinuierlichen Prozess durch eine verbreiterte Erfahrungsbasis entwickelt werden kann,134 die Erfolgsaussichten für die zielgerechte Normenverwirklichung in den einzelnen speziellen Regelungsgebieten gesellschaftlicher Verhältnisse mit dem synergetischen Verdichten der Nachfolgeregelungen steigen, eine normierungsbezogene und interdisziplinäre ressortbezogene Ressourcenbündelung stattfinden kann, in Begleitforschung und Evaluierungsverfahren schneller generalisierte Aussagen und somit Ergebnisse erzielt

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

werden, die wiederum unverzüglich in den Umsetzungsprozess einfließen können. Das nach innen (in die jeweilige Organisation hinein-) wirkende und das nach außen (in das entsprechende Handlungsfeld) gerichtete Verwaltungshandeln zur Berücksichtigung der Interessen und unterschiedlichen Lebenslagen von Frauen und Männern bedarf ebenso der gendermainstreaming-adäquaten Normgebung. Auch dieser Pro-

2.3

zess der Normgebung ist Teil des Gender-MainstreamingProzesses und unterliegt somit den gleichen inhaltlichen und formalen Anforderungen wie das Wirken „nach außen“ in das politische Handlungsfeld hinein. Die Synergien der systemischen Vorgehensweise liegen auf der Hand. Sowohl die Legislative wie die Exekutive einerseits, als auch die unterschiedlichen Adressaten der dem Gender-Mainstreaming-Prozess unterzogenen Gesetzgebung profitieren nachhaltig.

Gender Mainstreaming in der Gesetzgebung

2.3.1 Ziele von Gender Mainstreaming in der Gesetzgebung Wenngleich die Verfassungsregeln manchmal auch das Fehlen spezieller Chancengleichheitsgesetzgebung kompensieren, so zeigt die weltweite Praxis, dass explizite und konkrete Aufmerksamkeit für Chancengleichheit und Diskriminierungen auf der Basis des Geschlechts für eine tatsächliche Sicherung von Chancengleichheitsrechten notwendig ist.135 Die Existenz von Rechtsnormen für den Prozess der Umsetzung von Gender Mainstreaming kann die Aufmerksamkeit auf Fragen der Chancengleichheit richten und als Katalysator für andere Veränderungen dienen. Das Fehlen speziellerer Gleichstellungsgesetzgebung kann bedeuten, dass es an dem politischen Willen fehlt, die Gleichstellung der Geschlechter ernst zu nehmen. Daher sind spezielle rechtliche Bestimmungen zur Gleichstellung der Geschlechter eine Frage der Glaubwürdigkeit und Verantwortung der Regierung. Gender-neutrale Gesetzgebung führt nicht zu spezieller Förderung von Gleichstellung und Beendigung von Diskriminierung. Indirekte Diskriminierung, die aus inadäquaten rechtlichen Regelungen resultiert, verstärkt de facto die Nichtgleichstellung der Geschlechter, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt und im Familienleben. Der Schutz durch rechtliche Regelung beeinflusst wesentlich und direkt die Fähigkeit von Frauen und Männern, von den Möglichkeiten, die auf ökonomischem, sozialem, politischem und kulturellem Gebiet bestehen, zu partizipieren. Hierbei sollte nicht außer Acht bleiben, dass die de facto Ungleichheit ein signifikanter Hemmfaktor für das ökonomische und soziale Wachstum eines Landes ist. Allgemeine Beispiele der Gesetzgebung für den Rechtsschutz von Chancengleichheit sind: • Allgemeines Anti-Diskriminierungsrecht, in dem geschlechtsbezogene Diskriminierung ein Aspekt ist,

• spezifische Gesetzesvorlagen zur Diskriminierung wegen des Geschlechts, • Chancengleichheitsgesetze oder auch speziellere, z. B. Gleichstellungsgesetz für Beschäftigung, • Frauenrechtsgesetze, häufig auf der Basis der Konvention zur Beseitigung aller Formen von Diskriminierung gegen Frauen (CEDAW), • lokale Verfügungen zur Umsetzung der CEDAW-Prinzipien. Alle diese Gesetze haben einen anderen Focus und repräsentieren eine Vielfalt von Annäherungen an das Gleichstellungsrecht. Das Ziel von Gender-Mainstreaming-Umsetzung im Kontext der Gesetzgebung und des existierenden Rechtssystems kann als ein dreifaches beschrieben werden: • Sicherzustellen, dass der demonstrierte starke politische Wille und die Notwendigkeit, die Gleichstellung zu fördern, mit normativer Verbindlichkeit ausgestattet, zur de facto Gleichstellung von Frau und Mann führt, • sicherzustellen, dass die Gesetzgebung zur Gleichstellung der Geschlechter adäquaten Rechtsschutz vor geschlechtsbedingter Diskriminierung bietet, • sicherzustellen, dass jeder Fall von Geschlechterdiskriminierung in der bestehenden Gesetzgebung identifiziert und beseitigt wird. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Verfassungsvorschriften, die Gleichstellung garantieren, mit spezielleren Gesetzen im Widerspruch stehen, woraus spezielle Umstände von Geschlechterdiskriminierung resultieren können. Das ist der Grund, warum eine Gender-Analyse während der Erarbeitung, der Annahme und auch der Überprüfung von Rechtsakten unverzichtbar ist.

2.3.2 Überprüfung der Gesetzgebung durch Personen mit Gender-Expertise Die Überprüfung der Gesetzgebung im Gender-Mainstreaming-Prozess setzt Gender-Wissen, juristische Fachkompetenz sowie Fachwissen über und Erfahrungen mit

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Gender Mainstreaming – also kurz: Gender-MainstreamingExpertise – voraus. Neben dieser umfassenden Fachkompetenz erfordert dies auch Methodenkompetenz im

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Gender-Mainstreaming-Prozess. Idealer Weise sollte die Überprüfung jeweils von einem „Gender-DUO“136 ausgeführt werden. Folgende Leitfragen sind in einer Überprüfung aus der Gender-Perspektive vor der Detail-Prüfung einer speziellen Norm zu klären: • Welche speziellen Regelungen, die Individuen explizit vor Geschlechterdiskriminierung schützen, existieren oder existieren nicht? • Manifestieren Gesetze direkte Geschlechterdiskriminierung in der Gesetzgebung (z. B. gibt es rechtliche Regelungen, die Frauen oder Männern ausdrücklich gleiche Rechte oder Chancengleichheit verweigern?)?

• Manifestieren Gesetze Potenzial für indirekte Geschlechterdiskriminierung (z. B. Gibt es rechtliche Regelungen, aus denen Diskriminierungen gegen Männer oder Frauen bezüglich der sozialen Rollen und Verantwortlichkeiten, die sie üblicherweise in der Gesellschaft erfüllen, resultieren?)? Eine Analyse potenzieller indirekter Diskriminierung für bestimmte Gruppen von Männern und Frauen, die gegenüber anderen diskriminiert werden (z. B. Mütter, Väter, junge oder alte Männer und Frauen, bestimmte Berufe, die vorherrschend von Frauen oder Männern ausgeübt werden u.s.w.) sollte ebenfalls vorgenommen werden.

Abb. 2 Leitfragen für gender-sensible Bewertung von Gesetzgebung

Gibt es im Rechtsgebiet (Verfassungsrecht, Zivilrecht, Strafrecht, Urheberrecht, Verwaltungsrecht, Arbeitsrecht ...) Gender-Relevanz bezüglich der Adressaten, der unmittelbar oder mittelbar Betroffenen/Begünstigten? Wenn „JA“, dann ...

Welche speziellen Regelungen, die Individuen explizit vor Geschlechterdiskriminierung schützen, existieren oder existieren nicht? Manifestieren Gesetze/Gesetzesentwürfe direkte Geschlechterdiskriminierung in der Gesetzgebung? Manifestieren Gesetze/Gesetzesentwürfe Potenzial für indirekte Geschlechterdiskriminierung?

2.3.3 Entwicklung und Einführung von Gender-Mainstreaming-Verfahrensabläufen Um eine Gender-Perspektive in jedem geltenden und zu verabschiedenden Gesetz sicherzustellen, ist es wichtig, dafür systematische Verfahrensabläufe im Geschäftsprozess zu entwickeln und allen Beteiligten zur Verfügung zu stellen. • Die Ausbildung oder Einbeziehung von Gender-Experten oder -Expertinnen in den Rechtsabteilungen, die die Gesetzgebung überprüfen. • Erklärungen zu den Gender-Implikationen, die das jeweilige Gesetz hat, einschließlich der Empfehlung von Ergänzungen oder Änderungen vorbereiten. • Beim Einbringen von Gesetzesanträgen sollte eine Stellungnahme zu den Gender-Implikationen des Rechts für die erste Lesung verpflichtend gemacht werden. Als Beispiel kann die Geschäftsordnung des Kabinetts137 herangezogen werden, die im August 2002 unter der

Rubrik „Inhalt der Kabinettsvorlagen“ um einen Punkt: „Gleichstellungspolitische Relevanz“ und eine dazugehörige interne „Checkliste zur Beurteilung der gleichstellungspolitischen Relevanz von Kabinettsvorlagen“ ergänzt wurde. Ein vorrangig notwendiger Schritt ist die gender-mainstreaming-gerechte Überprüfung der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über den Erlass von Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften (VwV Normerlass) vom 25. Mai 1999 in der Fassung vom 14. November 2001 und damit die Ergänzung der Anlage 1, Prüffragen, zur Nummer 2, „Erforderlichkeitsprüfung“ um die Frage nach der Gender-Mainstreaming-Relevanz. In Folge der Schlüsselstellung dieser Vorschrift werden dadurch gleichermaßen das Verfahren, die Prozessorganisation, Strukturfragen wie auch die „Produkte“, die Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften um die Geschlechterperspektive erweitert.

2.3.4 Das Instrumentarium - Gesetzesfolgenabschätzung (GFA) Als Instrumentarium bietet sich das Verfahren der Gesetzesfolgenabschätzung an, welches auf Bundesebene im Rahmen des Programms „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ entwickelt wurde. Es dient zur Erkundung, Beurteilung und vergleichenden Bewertung der wahrscheinlichen Folgen beabsichtigter rechtsförmiger Rege-

lungsvorhaben und auch zur Überprüfung der Bewährung in Kraft getretener Rechtsvorschriften. In die Folgenabschätzung müssen die gesellschaftlichen Entwicklungen und Zukunftsperspektiven unter sich verändernden Umfeldbedingungen (Globalisierung, Europäisierung, Umwelt etc.) einbezogen werden.138 Es ist sinnvoll

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

dieses Instrument bei Regelungen einzusetzen, die eine beträchtliche Wirkungsbreite haben und entsprechend breit gefächerte Folgen implizieren oder erwarten lassen.139 Alle genannten Aspekte dieser Methodik entsprechen passgenau den allgemeinen Erfordernissen, die an den gleichstellungspolitischen Check im Gender-Mainstreaming-Prozess gestellt werden müssen, denn: • Gender Mainstreaming ist eine Querschnittsaufgabe, deren Implementierung eine enorme Wirkungsbreite hat, • Gender Mainstreaming ist als Querschnittsaufgabe an nachhaltigen gesamtgesellschaftlichen gleichstellungspolitischen Zukunftsperspektiven orientiert, • Gender Mainstreaming bedingt eine ex post- und ebenso eine ex ante-Bewertung von Entscheidungsfolgen, • Gender Mainstreaming bedarf sowohl ex post als auch ex ante nicht nur personenbezogene, sondern auch organisationale Entscheidungsfolgen, • Gender Mainstreaming bedingt einer mit methodisch wiederholbaren, etablierten oder zu etablierenden Verfahren durchzuführenden Ist-Soll-Analyse. Der systemische Ansatz erfordert bei Anwendung der Gesetzesfolgenabschätzung (GFA) ein paralleles, dreigleisiges Vorgehen. Das bedeutet, dass die drei unterschiedlichen Module der Gesetzesfolgenabschätzung (GFA) prospektive GFA, begleitende GFA, retrospektive GFA gender-mainstreaming-gerecht – durch die Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen (Gen-

der Impact Assessment – GIA)140 erweitert – angewandt werden müssen. a) Die prospektive Gesetzesfolgenabschätzung (pGFA)141 ist ein vorausschauendes Verfahren der vergleichenden Folgenabschätzung auf der Basis von Regelungsalternativen und der daraus zu ermittelnden optimalen Regelungsmöglichkeit. b)Die begleitende Gesetzesfolgenabschätzung (bGFA)142 ist ein begleitendes Verfahren zur Prüfung und Testung von rechtsförmigen Entwürfen und Entwurfsteilen auf der Grundlage eines vorliegenden Regelungsentwurfes. Mit diesem Verfahren können: rechtsförmige Entwürfe oder Teile davon realitätsnah getestet werden. c) Die retrospektive Gesetzesfolgenabschätzung (rGFA)143 ist ein rückschauendes Verfahren zur Ermittlung eingetretener Folgen einer in Kraft befindlichen Rechtsvorschrift. Mit diesem Verfahren können: • die Zielerreichung einer Rechtsvorschrift erfasst, • Nebenfolgen und weitere eingetretene Effekte erkannt, • Novellierungsbedarf und Novellierungsumfang der in Kraft befindlichen Regelung festgestellt, • Novellierungsbedarf, Neufassung oder gegebenenfalls die Aufhebung der Rechtsvorschrift begründet werden. Die Gesetzesfolgenabschätzung bedarf der Ergänzung bezüglich der geschlechterspezifischen und gleichstellungsrechtlichen Relevanz.

2.3.5 Ergänzung der Gesetzesfolgenabschätzung (GFA) durch Gender Impact Assessment (GIA) Die Überprüfung der geschlechterspezifischen Relevanz mittels des Gender Impact Assessment (GIA) zielt darauf herauszufinden, ob unerwünschte Konsequenzen für die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erwarten sind. Sie ist auf die Vermeidung von Chancen-Ungleichheit durch die (neue) Norm gerichtet. Das Gender Impact Assessment ist also ein vorbeugendes analytisches Verfahren, das von Schadensbegrenzungsverfahren zu unterscheiden ist.144 Die praktische Anwendung dieses Instruments erfolgte vielfach und in verschiedenen Bereichen. Insbesondere im Kanadischen Justizministerium wurde es vielfach angewandt. Daraus entstand ein Leitfaden für Rechtsabteilungen, der gut anwendbar ist.145 Die Vorbereitung des Gender Impact Assessment besteht in der präzisen Klärung der politischen Gleichstellungszielstellungen. • Was ist Gegenstand der Regelung, über die entschieden werden muss? • Gibt es nationale oder internationale Regelungen bezüglich dieses Regelungsgegenstandes? • Ist es relevant, die sozialen, finanziellen, politischen oder familiären Umstände von Frauen und Männern oder

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speziellen Gruppen von Frauen und Männern zu diesem Regelungsgegenstand zu untersuchen? • Gibt es das notwendige Material, um die Konsequenzen der Entscheidung für beide Geschlechter zu untersuchen? Die Analyse selbst kann zweigeteilt werden. Zuerst sollte analysiert werden, ob die Regelung negative Konsequenzen für die Gleichstellung von Frauen und Männern hat. Danach sollte untersucht werden, welche unangemessenen Vermutungen oder unreflektierten Normen oder Standards, die diskriminierende Effekte haben, in der Entscheidungsprozedur selbst liegen. • Welche sozialen Gruppen von Bürgerinnen und Bürgern werden durch die Regelung berührt? • Wie werden Frauen und Männer von der Regelung berührt, wenn diese in Kraft ist/sein wird? • Werden einige Gruppen mehr als andere hinsichtlich ihrer finanziellen Position, ihres ethnischen Hintergrundes, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer psychologischen oder mentalen Verfassung, ihrer Familienverantwortlichkeiten, ihres Alters, ihrer Sprache, ihrer Religion u. a. berührt?

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

• Wird die Entscheidung zu einer gleichen Verteilung von Ressourcen, Dienstleistungen, Einfluss u. a. für beide, Männer und Frauen führen? • Wird diese Konsequenz zu noch größerer Ungleichheit zwischen Frauen und Männern führen? • Welche historische oder praktische Begründung hat die Regelung? Welche Erwägungen stecken dahinter? Sind diese Erwägungen modern oder reflektieren sie den Zeitabschnitt, in dem die Regelung geschaffen und verbindlich wurde? • Reflektiert das Verfahren Vorurteile, Stereotype oder Verallgemeinerungen bezüglich des sozialen Lebens, der Charakteristika oder des Verhaltens von Frauen und Männern? Zur Anwendung der Ergebnisse der Analyse ist zu beachten: • Die Schlussfolgerungen der Analyse sollten ein integraler Bestandteil des Entscheidungsprozesses werden! • Wenn die Analyse ergibt, dass eine gewisse Regelung/(rechts-)politische Entscheidung unangemessene Konsequenzen für die Gleichstellung der Geschlechter hat, dann muss diese Regelung/Entscheidung nochmals überprüft werden. Dafür muss überprüft werden, ob der Grund für dieses Problem in der Annahme dieser Regelung/Entscheidung liegt oder in der Verfahrensweise, wie sie getroffen wurde. Das Problem kann aber auch in dem Mechanismus des Prozesses der Entscheidungsfindung liegen. Diese Fragestellungen des Gender Impact Assessment146 müssen in Kenntnis der auf den Regelungsgegenstand bezogenen, rechtsmethodischen und rechtstechnischen Sachlage auf die Leitfragen des anzuwendenden Moduls der Gesetzesfolgenabschätzung zugeschnitten und an diese angepasst werden.

Dabei ist es wichtig, die entsprechenden Verfahrensabläufe der Gesetzesfolgenabschätzung ebenso dieser Prüfung zu unterziehen wie die bestehenden oder zu schaffenden normativen Regelungen selbst. Denn beide Prozesse, das Gender Mainstreaming der Organisation nach innen – in diesem Falle ist die diese Prüfung vornehmende Organisation gemeint – und des nach außen gerichteten Handlungsfeldes der Organisation – in diesem Falle die Gewährleistung des Bestehens geschlechtersensibler Normen als Handlungsanleitung – müssen parallel stattfinden. Das erfordert ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit für die Prozessstrukturierung. Aus systemischer Sicht muss das Gender Impact Assessment sozusagen als Folie über das gesamte Verfahren der Gesetzesfolgenabschätzung gelegt werden. Denn nur so kann die Gesetzesfolgenabschätzung der Tatsache gerecht werden, dass Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe in alle Bereiche der Gesetzgebung integriert wird. Die Leitfragen geben für den integrativen Ansatz die Grundorientierung. Für jeden einzelnen Verfahrensschritt des entsprechenden Moduls der Gesetzesfolgenabschätzung – für das prospektive, das begleitende und das retrospektive Modul – müssen die aus dem dargestellten Fragenspiegel relevanten Fragen auf den konkreten Regelungsgegenstand bezogen „herausgefiltert“ und beantwortet werden. Würde das Gender Impact Assessment „nur“ als ein zusätzliches Analyseverfahren oder als Prüfkriterium in einem Teilschritt des Verfahrens „angehängt“, so könnten die geschlechtsbezogenen Wirkungen auf den Regelungsgegenstand wie auch auf die Verfahrensgestaltung in der Organisation nur punktuell oder begrenzt sein. Damit wäre zwar formal dem administrativen Auftrag genüge getan, das Potenzial dieser Analyse zur Gestaltung geschlechtersensibler Gesetzgebung als Handlungsleitung für die Gesellschaft wäre jedoch nicht genutzt.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Die folgenden Abbildungen 3 bis 5 geben einen detaillierteren Überblick über die Kombination der Gesetzes-

folgenabschätzung mit dem Gender Impact Assessment.

Abb. 3 Gesetzesfolgenabschätzung unter Berücksichtigung der Querschnittsaufgabe Gender Mainstreaming

prospektive Gesetzesfolgenabschätzung

begleitende Gesetzesfolgenabschätzung

retrospektive Gesetzesfolgenabschätzung

Zeitpunkt

Bei beabsichtigter rechtsförmiger Regelung und zur Grobprüfung der Regelungsnotwendigkeit

Im Entwurfstadium sowie zum Test und zur Prüfung von Entwürfen oder ausgewählter Texte

Einige Zeit nach In-KraftTreten einer Rechtsvorschrift, wenn Anwendungserfahrungen vorliegen

Zentrale Fragestellungen

Welche Regelungsalternative verspricht die bestmögliche Zielerreichung? Welche Effekte sind wo, für wen und wann zu erwarten?

Sind die geplanten Regelungen für Normadressaten geeignet, für das Handlungsfeld treffend, sind Belastungen optimierbar?

Konnten Regelungsziele erreicht werden? Ist eine Novellierung ratsam?

GenderMainstreamingProzess relevante Verfahrensfragen

Sind Anforderungen des ressortspezifischen Gender-MainstreamingProzesses zu erfüllen? Welche für GenderMainstreaming relevanten Fragen sind im Normerlassprozess speziell zu bearbeiten?

Sind Anforderungen des ressortspezifischen Gender-MainstreamingProzesses zu erfüllen? Welche für GenderMainstreaming relevanten Fragen sind im Normerlassprozess speziell zu bearbeiten?

Sind Anforderungen des ressortspezifischen Gender-MainstreamingProzesses zu erfüllen? Welche für GenderMainstreaming relevanten Fragen sind im Normerlassprozess speziell zu bearbeiten?

Zu erwartendes Ergebnis

Auswahl einer optimalen Regelungsalternative; gegebenenfalls auch Nicht-Regelung

Bestätigung, Ergänzung, Verbesserung des Entwurfs und von Entwurfsteilen

Grad der Bewährung (z. B. Zielerreichung, Akzeptanz); erforderliche Änderungen

GenderMainstreaming relevante Aspekte für optimales Ergebnis

In Auswertung, Dokumentation + Empfehlung gehen alle Ergebnisse des GIA ein, für geschlechtergerechte politische Entscheidung einzutreten de lege ferenda

Bestätigung, Ergänzung, Verbesserung des Entwurfs und von Entwurfsteilen

Dokumentation der GIA-basierten Evaluation + Empfehlung für gendermainstreaming-gerechte politische Entscheidung (Novellierung, Aufhebung, Neufassung, Fortbestand) der Norm de lege lata

Modul Merkmal

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Abb. 4 Vorgehensweise für Gender Mainstreaming in prospektiver GFA Konzeptionsphase

Vorbereitung • präzise Klärung der politischen Gleichstellungszielstellungen • Was ist Gegenstand der Regelung, über die entschieden werden muss? • Gibt es nationale oder internationale Regelungen bezüglich dieses Regelungsgegenstandes? • Ist es relevant, die sozialen, finanziellen, politischen oder familiären Umstände von Frauen und Männern oder speziellen Gruppen von Frauen und Männern zu diesem Regelungsgegenstand zu untersuchen? • Gibt es das notwendige Material, um die Konsequenzen der Entscheidung für beide Geschlechter zu untersuchen?

Anstoß zur pGFA

Hilfsinstrumente

Auswahl und Aufbereitung geeigneter Instrumente

-

Kreativitätstechniken Literaturauswertung Experteninterviews andere Qualitative Verfahren und Instrumente

Durchführungsphase Workshops mit Experten und Normadressaten Prüfung und nötigenfalls Modifikation der Regelungsalternativen

- Strukturierte Experten- und Normadressatendiskussion - Nutzwertanalyse - Science Court-Verfahren - Effektivitäts-Kosten-Abschätzung - andere

→ Abschätzung der Folgen pro Regelungsalternativen unter Anwendung der Instrumente, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der Szenarien

Quantitative Verfahren und Instrumente - Delphi-Befragung - Andere standardisierte Befragungen Systematisierende Verfahren und Instrumente

Auswertungsphase Auswertung, Aufbereitung und Dokumentation inklusive Empfehlungen für eine optimale Regelungsalternative

- Folgenorientierte Systemanalyse - Computer-Simulation - andere Auswahlkriterien: Experten





Problemanalyse Zielanalyse Systemanalyse andere

Entwicklung von Szenarien





-

Entwicklung von Regelungsalternativen





Analyseverfahren





Anwendung der Ergebnisse Die Schlussfolgerungen der Analyse sollten ein integraler Bestandteil des Entscheidungsprozesses werden! Wenn die Analyse ergibt, dass eine gewisse Regelung/(rechts-)politische Entscheidung unangemessene Konsequenzen für die Gleichstellung der Geschlechter hat, dann muss diese Regelung/Entscheidung nochmals überprüft werden. Dafür muss überprüft werden, ob der Grund für dieses Problem in der Annahme dieser Regelung/Entscheidung liegt oder in der Verfahrensweise, wie sie getroffen wurde. Das Problem kann aber auch in dem Mechanismus des Prozesses der Entscheidungsfindung liegen.

Analyse des Regelungsfeldes



Analyse • Welche sozialen Gruppen von Bürgerinnen und Bürgern werden durch die Regelung berührt? • Wie werden Frauen und Männer von der Regelung berührt, wenn sie in Kraft ist/ sein wird? • Werden einige Gruppen mehr als andere hinsichtlich ihrer finanziellen Position, ihres ethnischen Hintergrundes, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer psychologischen oder mentalen Verfassung, ihrer Familienverantwortlichkeiten, ihres Alters, ihrer Sprache, ihrer Religion u. a. berührt? • Wird die Entscheidung zu einer gleichen Verteilung von Ressourcen, Dienstleis-tungen, Einfluss u. a. für beide, Männer und Frauen führen? • Wird diese Konsequenz zu noch größerer Ungleichheit zwischen Frauen und Männern führen? • Welche historische oder praktische Begründung hat die Regelung? Welche Erwägungen stecken dahinter? Sind diese Erwägungen modern oder reflektieren sie den Zeitabschnitt, in dem die Regelung geschaffen und verbindlich wurde? • Reflektiert das Verfahren Vorurteile, Stereotype oder Verallgemeinerung bezüglich des sozialen Lebens, der Charakteristika oder des Verhaltens von Frauen und Männern?



Gender Impact Assessment

Auswahl der Regelungsalternative durch polit. Führungsebene; Entscheidung über Fortgang der GFA

-

Kreativitätstechniken Literaturauswertung Experteninterviews andere Auswahlkriterien: Normadressaten

-

Interdisziplinarität verschied. Bereiche verschiedene Ebenen andere Prüfkriterien

-

Zielerreichung Kosten-Effektivitäts-Verhältnis Nebenfolgen Kompatibilität zu anderen Bereichen andere

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Abb. 5 Vorgehensweise für Gender Mainstreaming in begleitender GFA Konzeptionsphase

Vorbereitung • präzise Klärung der politischen Gleichstellungszielstellungen • Was ist Gegenstand der Regelung, über die entschieden werden muss? • Gibt es nationale oder internationale Regelungen bezüglich dieses Regelungsgegenstandes? • Ist es relevant, die sozialen, finanziellen, politischen oder familiären Umstände von Frauen und Männern oder speziellen Gruppen von Frauen und Männern zu diesem Regelungsgegenstand zu untersuchen? • Gibt es das notwendige Material, um die Konsequenzen der Entscheidung für beide Geschlechter zu untersuchen?

Anstoß zu Test + Prüfung

Auswahl und Zuordnung geeigneter Testverfahren und Prüfinstrumente zu Prüfkriterien

→ Konzeptionelle und organisatorische Vorbereitung der Tests sowie der Prüfungsinstrumente

Durchführungsphase Durchführung der Tests mit Normadressaten und/oder Anwendung der Prüfinstrumente

Auswertungsphase Auswertung und Aufbereitung der Ergebnisse Dokumentation

→ Empfehlungen, Veränderungen, Ergänzungen, Bestätigung



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Auswahl der folgenrelevanten Regelungsteile



Anwendung der Ergebnisse • Die Schlussfolgerungen der Analyse sollten ein integraler Bestandteil des Entscheidungsprozesses werden! • Wenn die Analyse ergibt, dass eine gewisse Regelung/(rechts-)politische Entscheidung unangemessene Konsequenzen für die Gleichstellung der Geschlechter hat, dann muss diese Regelung/Entscheidung nochmals überprüft werden. • Dafür muss überprüft werden, ob der Grund für dieses Problem in der Annahme dieser Regelung/Entscheidung liegt oder in der Verfahrensweise, wie sie getroffen wurde. • Das Problem kann aber auch in dem Mechanismus des Prozesses der Entscheidungsfindung liegen.

Festlegung der Prüfkriterien



Analyse • Welche sozialen Gruppen von Bürgerinnen und Bürgern werden durch die Regelung berührt? • Wie werden Frauen und Männer von der Regelung berührt, wenn sie in Kraft ist/sein wird? • Werden einige Gruppen mehr als andere hinsichtlich ihrer finanziellen Position, ihres ethnischen Hintergrundes, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer psychologischen oder mentalen Verfassung, ihrer Familienverantwortlichkeiten, ihres Alters, ihrer Sprache, ihrer Religion u.a. berührt? • Wird die Entscheidung zu einer gleichen Verteilung von Ressourcen, Dienstleistungen, Einfluss u. a. für beide, Männer und Frauen führen? • Wird diese Konsequenz zu noch größerer Ungleichheit zwischen Frauen und Männern führen? • Welche historische oder praktische Begründung hat die Regelung? Welche Erwägungen stecken dahinter? Sind diese Erwägungen modern oder reflektieren sie den Zeitabschnitt, in dem die Regelung geschaffen und verbindlich wurde? • Reflektiert das Verfahren Vorurteile, Stereotype oder Verallgemeinerung bezüglich des sozialen Lebens, der Charakteristika oder des Verhaltens von Frauen und Männern?



Gender Impact Assessment

Gegebenenfalls Modifikation des Regelungsentwurfs

Prüfkriterien -

Zielerreichbarkeit Praktikabilität Verteilungswirkungen mit Kostenfolgen Verstehbarkeit Wechselwirkungen Akzeptierbarkeit andere

Exemplarische Zuordnung Prüfkriterien - Praktikabilität - Verstehbarkeit Geeignetes Testverfahren · Planspiel · Praxistest Prüfkriterien - Zielerreichung - Verteilungswirkungen - Wechselwirkungen - Verträglichkeit - Verstehbarkeit - Akzeptanz Geeignetes Testverfahren · Nutzwertanalyse · Kostenfolgenanalyse · Kosten-Nutzen-Analyse · Leistungsflussanalyse · Interdependenzanalyse · Schnittstellenanalyse · Verständlichkeits-Prüfung · Konsistenzprüfung · Akzeptanzstudien

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

2.4 Implementierungsvoraussetzungen Um Gender Mainstreaming in der Gesetzgebung als Prozess in einzelnen Organisationen und Organisationseinheiten147 zu implementieren, müssen auf unterschiedlichen Ebenen Voraussetzungen geschaffen werden. Die mit dem Auftrag zum Gender Mainstreaming befassten Personen wie auch die Organisationen müssen GenderKompetenz herausbilden und gender-mainstreaminggerechte Praxisroutinen entwickeln. Dazu sind sowohl individuelle wie auch gemeinsame und kollektive Lernprozesse erforderlich. Gender Mainstreaming bedeutet nicht nur Reform, sondern ist ein Paradigmenwechsel.148 Im „doing gender“, d.h. dem immer wieder Herstellen von Weiblichkeiten und Männlichkeiten als neue Geschlechterwirklichkeiten, sind die mikrostrukturelle und die makrostrukturelle Interakti-

onsebene zwangsläufig miteinander verknüpft.149 Bei der Implementierung von Gender Mainstreaming sind die individuellen, die organisationalen und die gesellschaftlichen Aspekte unter der Zielstellung von Veränderung für zukunftsfähige individuelle wie auch organisationale und gesellschaftliche Entwicklung miteinander verknüpft. Diese Komplexität mit den erwachsenden Dependenzen und Interdependenzen ist u. E. nur im systemischen Herangehen adäquat zu erfassen.150 Lernprozesse für einen Paradigmenwechsel auf individueller und organisationaler Ebene brauchen ein entsprechend aufeinander bezogenes Design, um die jeweils Verantwortlichen zu befähigen, Gender Mainstreaming in der Organisation (nach innen) wie auch im Handlungsfeld (nach außen) erfolgreich umzusetzen.

2.4.1 Individuelle Lernprozesse In Bezug auf individuelle Lernprozesse muss generell Gender-Bildung im Sinne einer Sensibilisierung für individuelle Geschlechterkonzepte – eigene wie fremde – und das Erkennen von Geschlechterkonstrukten erfolgen. Aus individueller Sicht wird damit die Akzeptanz von Gender Mainstreaming allgemein sowie die Umsetzung dieses Konzepts in der eigenen Organisation begünstigt.151 Daneben ist aber auch individuelles Lernen im Sinne des Generierens personalen Wissens bezüglich der Herausbildung von Beobachtungskompetenzen, Relevanzmustern, Erfahrungswelten hinsichtlich des Gender-Mainstreaming-Prozesses notwendig. Dabei muss im koope-

rativen (gemeinsamen) Lernen organisationales Wissen angeeignet und in die individuellen Wissenslandkarten integriert werden, so dass es dann als vorhandenes personales Wissen operational, schrittweise, optimierend und regelbasiert gemanagt werden kann.152 Diese Gender-Mainstreaming-Kompetenz ist ein wichtiger Baustein, teilweise sogar Voraussetzung für die effiziente Partizipation Einzelner am Gender Mainstreaming-Prozess. Es ist deshalb sinnvoll, nicht ausschließlich den Begriff „GenderTraining“ für alle erforderlichen individuellen Bildungs-, Fort- und Weiterbildungsarrangements zu verwenden, sondern stärker zu differenzieren.153

2.4.2 Organisationale Lernprozesse Bei organisationalen Lernprozessen wird der Fokus auf die innerorganisatorischen Lernprozesse, die Lernprozesse in der entsprechenden Organisation gelenkt. Es wird organisationales Wissen generiert bezüglich der systemischen Kognition, der Wertmuster, der Organisationskultur, der Regelsysteme und Praxisroutinen. Das individuelle Lernen ist in gewisser Weise irrelevant für das organisationale Lernen. Der Einzelne kann unter Umständen unentwegt lernen, ohne dass die Organisation etwas lernt. Aber wenn Teams lernen, werden sie zu einem Mikrokosmos für das Lernen in der ganzen Organisation. Gewonnene Einsichten werden in die Tat umgesetzt. Entwickelte Fertigkeiten können an andere Einzelpersonen oder Teams weitergegeben werden ... die Leistungen des Teams können zum Vorbild und zum Maßstab für gemeinsames Lernen in der Gesamtorganisation werden, führt Peter Senge, Mitbegründer und einer der führenden Vertreter der Society of Organizational Learning (Gesell-

schaft für organisationales Lernen) aus.154 Diese aus wissenschaftlich und praxisbezogen arbeitenden Mitgliedern bestehende „Lerngemeinschaft“ (learning community) forscht seit etwa 10 Jahren am Massachusetts Institute of Technology in Boston intensiv zu diesem Thema und hat ein breites Spektrum von Praxiserfahrungen mit der Führung von paradigmatischen Veränderungsprozessen in unterschiedlichen, staatlichen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Organisationales Lernen ist kollektives Lernen. Zumindest ist es ein kollektives Handeln, denn nur wenn alle ihr Verhalten ändern, kann von organisationalem Lernen gesprochen werden.155 Organisationsformen des Teamlernens sind Arbeitsgemeinschaften (communities of practice), die durch gemeinsames Interesse, informellen Austausch, infrastrukturelle Stützung, professionelles standing, stateof-the-art, cutting edge, in-group und erkennbare Wertschöpfung gekennzeichnet sind.156 Neben speziell zu entwickelnden Formen für das kollek-

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

tive Lernen sind die Methoden und Techniken ebenso wichtig. Bei Sensivitätstrainings liegt der Schwerpunkt darauf, die Gefühle der anderen zu hören und sämtliche Kommunikationsebenen zu nutzen. Obgleich diese Trainingsmöglichkeiten wichtig und in Anfangsphasen des Erwerbs von Gender-Kompetenz notwendig sind, wird eines deutlich: Es werden im Implementierungsprozess mehr und mehr dialogische Methoden notwendig. Dialog stellt die Denkprozesse in den Mittelpunkt und wie unsere Wahrnehmungen und Kognitionen von unseren vergangenen Erfahrungen geprägt werden. In Dialogprozessen können die Beteiligten auf gemeinsame Annahmen zurückgreifen und eine gemeinsame Sprache entwickeln.157 Peter Senge erläutert dazu ausführlich: Zur Disziplin des Team-Lernens gehört, dass die Beteiligten die Techniken des Dialogs und der Diskussion beherrschen, d.h. sie beherrschen die zwei unterschied-

lichen Gesprächsmethoden von Teams. Kennzeichnend für den Dialog ist, dass man frei und kreativ komplexe und subtile Fragen erforscht, einander intensiv zuhört und sich nicht von vornherein auf eine Ansicht festlegt. Im Gegensatz dazu werden in einer Diskussion unterschiedliche Meinungen präsentiert und verteidigt, man sucht nach den besten Argumenten für gerade anstehende Entscheidungen. Dialog und Diskussion können sich potenziell ergänzen, aber die meisten Teams verfügen nicht über die Fähigkeit, zwischen beiden zu unterscheiden und bewusst zwischen beiden hin- und her zu wechseln.158 Wie wichtig die Dimension dialogischen, geschlechtergerechten Lernens und Kommunizierens gerade zwischen den Geschlechtern - auf der Individualebene wie auch auf der organisationalen Ebene - ist, das liegt angesichts der gängigen Kommunikationsweisen auf der Hand.

2.5 Umsetzungsvorschläge/Operationalisierung Um einerseits die geschlechtersensible Rechtsoptimierung und andererseits die Entwicklung der damit befassten organisatorischen Einheiten zu „lernenden Organisationen“ im Gender-Mainstreaming-Prozess zu fördern, sind in erster Linie die Prozessverantwortlichen durch GenderMainstreaming-Veranstaltungen verschiedener Art fortzubilden. Die Führungsverantwortung für den zu initiierenden Top-Down-Prozess muss auf der obersten Hierarchieebene verankert werden. Demzufolge sollten die ersten Gender-Mainstreaming-Veranstaltungen nach sorgfältiger Erhebung des Ist-Zustandes bezüglich der GenderKompetenz in zielgruppengerechten Lernarrangements durchgeführt werden. Die Leitung derartiger Veranstaltungen sollte von einem männlich/weiblich zusammengestellten DUO mit interdisziplinärer Fachkompetenz und Erfahrung auf dem Gebiet der Gender-Mainstreaming-Bildung übernommen werden. Im Idealfall sollte ein DUO-Part juristische Fachkompetenz haben. Es muss die Befähigung zu gender-sensibler Arbeitsweise und Prozessbeteiligung für alle diejenigen Personen erfolgen, die Regelungsentwürfe verfassen, Regelungen überprüfen und Gesetze verabschieden. Dabei muss unter Gender-Mainstreaming-Aspekten sowohl die Fachkompetenz als auch Methodenkompetenz ausgebildet werden.159 Information, Wissen, Bewusstseinsbildung und Training für die Gender-Dimension benötigen aus heutiger Sicht folgende Zielgruppen: • Verantwortliche im parlamentarischen Raum, • die Rechtsabteilung des Landtags, • Parlamentarier,

90

• Rechtsabteilung der Sächsischen Staatskanzlei, • Rechtsabteilung der Ministerien. Die Führungskräfte, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen über die Stationen des Planens und Handelns ihr explizites Wissen in Handlungswissen verwandeln. Einbezogen (z. B. durch Großgruppenmethoden wie Open Space, Szenario-Technik, Preferred Futuring und andere partizipative Methoden160) in die Gestaltung des Gesamtprozesses schreiben sie sozusagen die Entstehungsgeschichte des Gender-Mainstreaming-Prozesses in ihrer Organisation und die gender-mainstreaming-bezogene Regelungsgeschichte in ihren Fachgebieten mit und entwickeln dabei Praxisroutinen. Da Gender Mainstreaming nicht auf den öffentlichen Dienst beschränkt bleiben darf, sondern mit geschlechtergerechter Gesetzgebung auch die normative Ausgangsbasis für die verpflichtende Implementierung von Gender Mainstreaming im gesellschaftlichen Handlungsfeld initiiert wird, können die in den Prozess Involvierten in relativ kurzer Zeit Führungswissen (Prozesswissen, Systemwissen, Faktenwissen) erlangen und damit einen „Wettbewerbsvorteil“ verbuchen. Die so genannten „flying experts“, Experten, die in bestimmten kritischen Phasen beigezogen werden können, um in einem konkreten Team konkrete Umsetzungsschritte zu unterstützen, sollten fachbezogen vorrangig ausgebildet werden. Es empfiehlt sich ebenso, für die organisationalen Lernund Veränderungsprozesse Experten von außerhalb einzubeziehen und im Prozessdesign einzuplanen.

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Beim Entwurf des Prozessdesigns ist die Ressourcenfrage von großer Bedeutung, da die Budgetierung bei knapper werdenden öffentlichen Finanzen vorgenommen werden muss. Dennoch muss eine deutliche

3

Grundsatzentscheidung für den Gender-MainstreamingProzess getroffen werden, weil Gender Mainstreaming eine Strategie zur Beschleunigung des Fortschritts ist.161

Förderrichtlinien-Erstellung und Vergabe der Landesfördermittel nach Gender-Mainstreaming-Gesichtspunkten

Ausgehend von den dargestellten Ansatzpunkten zur Umsetzung von Gender Mainstreaming im Bildungsbereich wäre ein verallgemeinerbares Raster zur Förderrichtlinienerstellung und Vergabe der Landesfördermittel nach

Gender-Mainstreaming-Gesichtspunkten durch den Freistaat Sachsen, das sich gleichfalls am doppelten Ansatz von Gender Mainstreaming ausrichtet, folgendermaßen zu strukturieren:

Abb. 6: Allgemeines Raster zur praktischen Umsetzung von Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Zielgruppe

Maßnahme

Gleichstellung

Verteilung von Frauen und Männern

Zugang von Frauen und Männern zur Maßnahme

Gleichwertigkeit

Zusammensetzung hinsichtlich der Kompetenzen, Tätigkeiten und Lebensmuster

Stellenwert von als männlich bzw. weiblich geltenden Kompetenzen, Tätigkeiten und Lebensmuster

Hieraus ergeben sich folgende allgemeine Zielformulierungen: • Frauen und Männer sollen gleich in Relation zur geschlechtsspezifischen Zusammensetzung der Zielgruppe bei der Inanspruchnahme von Maßnahmen repräsentiert sein, • als männlich bzw. weiblich geltende Tätigkeiten, Kompetenzen und Lebensmuster sollen gleichwertig behandelt werden. Mit Bezug auf diese allgemeinen Zielformulierungen müsste die Mittelzuweisung an Förderempfänger im Freistaat Sachsen dann allgemein an folgende Bedingungen geknüpft werden: a) Darstellung der Ist-Situation durch die Mittelempfänger des Bereichs/der Maßnahme, für den/die eine Förderung beantragt wird, dabei u. a. Beantwortung folgender Fragen: • Wie setzt sich die Zielgruppe für die beantragte Förderung/der zu fördernden Maßnahme bezüglich Frauen und Männer zusammen? • Welches Lebensmuster bildet in der Zielgruppe die Norm? Dominieren als männlich geltende Lebensmuster (z. B. Vollzeit-Arbeitsbiografie) und Kompetenzen (z. B. technische Kompetenzen) gegenüber als weiblich geltenden Lebensmustern (z. B. Patchwork-Biografie) und Kompetenzen (z. B. Familienkompetenzen) in der Zielgruppe? • Entspricht die geschlechtsspezifische Inanspruchnah-

me einer Maßnahme der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung ihrer Zielgruppe? • Wie werden in der Maßnahme unterschiedliche – weiblich oder männlich angesehene – Kompetenzen, Tätigkeiten und Lebensmuster behandelt (Werden beispielsweise Existenzgründungen eher in – als männlich geltenden – technischen oder in – als weiblich geltenden – sozialen Bereichen, z. B. familiennahen Dienstleistungen, gefördert?)? Diskriminiert die geplante Maßnahme dadurch männlich oder weiblich angesehene Kompetenzen, Tätigkeiten und Lebensmuster? Abb. 7: Schematischer Ablauf zur Gestaltung von Förderrichtlinien unter Berücksichtigung von Gender Mainstreaming

Maßnahme

Zielgruppe

Inanspruchnahme

b) Ausgehend von der quantitativen und qualitativen Darstellung der Zielgruppen und Maßnahmen Formulierung von quantitativen und qualitativen Zielen hinsichtlich einer Veränderung bestehender Geschlechterdisparitäten.

91

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

c) Angabe von konkreten quantitativen und qualitativen Schritten zur Umsetzung dieser Ziele, Entwicklung von Maßzahlen sowie Vereinbarung eines Zeitraums, in welchem die Zielsetzungen realisiert werden sollen.

Zur Darstellung dieser Sachverhalte bietet sich unseres Erachtens als einschlägige Methode zur Beschreibung des Geschlechterverhältnisses innerhalb von Organisationen bzw. in einem Handlungsfeld von Organisationen die sogenannte 3-R-Methode an162. Die drei R stehen für Repräsentation, Ressourcen und Realia und bedeuten im Detail: Repräsentation Die Dimension Repräsentation zielt auf die Ermittlung und Abbildung der horizontalen (nach Bereichen oder Abteilungen) und vertikalen (nach Hierarchiestufen) Verteilung von Frauen und Männern in einer Organisation bzw. in der Zielgruppe einer Organisation.

Ressourcen Von der Präsenz von Frauen und Männern ausgehend ist weiterhin von Interesse, über welche Ressourcen Frauen und Männer in den jeweiligen Positionen verfügen. Von Bedeutung sind dabei etwa die Verfügung über Finanzmittel (z. B. als Einkommen oder als zu vergebende Fördermittel), über Zeit (z. B. als Zeit zum konzeptionellen Arbeiten) oder über Raum (wer hat in einer Organisation wie viel an Büroraum zur Verfügung). Realia Ermöglichen die beiden genannten Dimensionen quantitative Abbildungen, so beschreibt Realia eine qualitative Dimension und zielt auf die Abbildung der in einer Organisation vorherrschenden Wertstruktur sowie der Beschaffenheit der von einer Organisation hergestellten Güter und Dienstleistungen: Sind eher Frauen oder eher Männer angesprochen, welches Männer- und Frauenbild wird unterstellt, welche Männer und welche Frauen sind gemeint? Kurz gesagt lässt sich mit Hilfe des dritten R beschreiben, warum etwas so ist, wie es ist.

Abb. 8: Die 3-R-Methode

1. Repräsentation

Die horizontale und vertikale Repräsentation von Frauen und Männern in einer Organisation und der Zielgruppe einer Organisation wird dargestellt.

2. Ressourcen

Die geschlechtsspezifische Verteilung der Verfügbarkeit unterschiedlicher Ressourcen – etwa Zeit, Geld und Raum wird aufgezeigt.

3. Realia

Die in einer Organisation dominierende Wertstruktur und die von dieser Organisation hergestellten Güter und Dienstleistungen werden abgebildet.

Die Kontrolle der Umsetzung und der erreichten Ziele erfolgt dann durch den Zuwendungsgeber. Hierzu erscheint die Entwicklung förderprogramm- und bereichsspezifischer Check-Listen sinnvoll, die den potenziellen Zuwendungsnehmern bei der Antragstellung ausgehändigt werden. Zentrale Voraussetzung zur Realisierung der Kontrolle sind jedoch fundierte Gender-Kompetenzen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ressorts163. Hier ist der gesamte Bereich der internen Fort- und Weiterbildung gefordert, in dem entsprechende Kapazitäten vorgehalten werden müssen. Soll Gender Mainstreaming über die Förderrichtlinien flächendeckend umgesetzt werden, ist eine solide Implementierung des Ansatzes bei allen Zuwendungsgebern und in den zuständigen Ressorts als Grundvoraussetzung sicherzustellen. Ent-

Verzeichnis der verwendeten Materialien Bachmann, Günther: Nachhaltigkeit: Politik mit gesellschaftlicher Perspektive. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 31 - 32 (2002), S. 8 - 16.

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sprechende Informationskampagnen müssten entwickelt werden. Gender Mainstreaming verstanden als Top-Down-Ansatz bedarf vor allem der Unterstützung der Spitze der jeweiligen Einrichtungen und Ressorts. In diesem Zusammenhang gilt es zu verdeutlichen, dass nicht allein rechtliche Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Gender Mainstreaming verpflichten, sondern dass die Umsetzung von Gender Mainstreaming beachtliche Effektivitätsvorteile, Kostenvorteile, Kreativitätsvorteile und Personalmarketing-Vorteile stimulieren kann und einen Ansatz zur Optimierung von Humanressourcen sowie des Outputs von Organisationen darstellt.164 Die Durchführung entsprechender Modellprojekte in ausgewählten Bereichen könnte dies bestätigen.

Baumgartner I.; Häfele W.; Schwarz M.; Sohm, K.: OEProzesse. Die Prinzipien systemischer Organisationsentwicklung, 1998. Berthoin Antal, A./Dierkes, M./Child, J./Nonaka, I.: Or-

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

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Moser 1999. Vgl. hier und zum Folgenden: Döge 2002; Döge 22002; Stiegler 2000. Döge 2001a. Cockburn 1988. Heintz u.a. 1997. Europäische Kommission 2000, S. 15. UNDP 1995, S. 11. Council of Europe 1998, S. 11 (Übersetzung Peter Döge). Rees 1998, S. 40ff.; Döge 2000; Döge 2001, S. 117ff. Eine ausführliche Diskussion des Bildungsbegriffs ist hier nicht zu leisten, vielmehr wird lediglich auf zentrale Dimensionen, die im Projektkontext von Relevanz sind, Bezug genommen. 71 Beim Vorliegen eines Kabinettsbeschlusses zur Umsetzung von Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen wäre insbesondere bei diesen Bildungsträgern der politische Gestaltungsspielraum im Rahmen des Gender-Mainstreaming-Prozesses recht groß, hier könnten eindeutige Prioritätensetzungen durch den Gesetzgeber erfolgen (z. B. durch die Auflage entsprechender Programme, Weiterbildungsangebote, Stellenausschreibungen, Personalbeurteilungen, etc.). 72 Vgl. Faulstich-Wieland 2001, S. 10. 73 Vgl. hierzu insbesondere auch die Empfehlungen des 'Arbeitsstab Forum Bildung'.

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Eine eindeutige Abgrenzung der unterschiedlichen Zieldimensionen des Rasters ist weder machbar noch wünschenswert, da sich aufgrund der Alltagssituationen immer auch Schnittmengen zwischen den unterschiedlichen Dimensionen ergeben werden. Die aufgeführten Ansatzpunkte sind als ausgewählte Beispiele zu verstehen. Konkrete Umsetzungsstrategien können nur an präzise definierten Problemfeldern auf Basis vorangegangener Gender-Analysen entwickelt werden. Sinn und Zweck der folgenden Überlegungen ist vielmehr, zu zeigen, wie ein allgemeines Raster angewendet werden kann. Auf Basis der Grund- und Strukturdaten des BMBF ergibt sich ein Frauenanteil an den Grund- und Hauptschulen von 75 % , an den Gymnasien von 47 %. Zulehner/Volz 1998; Döge 2001. Schiebinger 2000, S. 128. Bönkost / Oberliesen 1997, S. 474. Derichs-Kunstmann u.a. 1999, S. 184. Vgl. Faulstich-Wieland 2002, S. 2ff. Faulstich-Wieland 2002, S. 5ff. Schiebinger 2000, S. 99ff.; Wertheim 2000, S. 308ff. Hier sollte geprüft werden, wie die Teilnahme an entsprechenden Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen bezüglich der Umsetzung von Gender Mainstreaming für diesen Personenkreis verpflichtend angesetzt werden kann. Cockburn / Ormrod 1997, S. 29; s.a. Wajcman 1994. Arbeitsstab Forum Bildung 2002, S. 34ff. Zuletzt: Bachmann 2002. Arbeitsstab Forum Bildung 2002, S. 14. An dieser Stelle gewinnen dann die oben genannten Familienkompetenzen einen besonderen Stellenwert. Derichs-Kunstmann u.a. 1999, S. 28f. Vgl. auch: Deutsche Shell 2002, S. 72ff. Im Bereich Gesundheit beträgt der Frauenanteil an den Teilnehmenden nach Angaben der Volkshochschulstatistik im Jahr 2001 im Freistaat Sachsen fast 88 %. Zusammenfassung der Ergebnisse bei: Smolka 2002. Faulstich-Wieland 2002, S. 4. Faulstich-Wieland 2002, S. 12. Arbeitsstab Forum Bildung 2002, S. 22. Arbeitsstab Forum Bildung 2001b, S. 9. Vgl. Faulstich-Wieland 2001a. Faulstich-Wieland 2002, S. 11. Faulstich-Wieland 2001a, S. 124ff. Untersuchungen belegen, dass Erzieherinnen häufig Mädchen zu "mädchentypischen" Spielen anhalten (vgl. Faulstich-Wieland 2001, S. 11). Angesichts der fast 100%igen Dominanz von Frauen bietet es sich an, im weiteren Verlauf ausschließlich von Erzieherinnen zu sprechen. Dippelhofer-Stiem 2001, S. 8. Ebd. Vgl. hierzu und im Folgenden: Dippelhofer-Stiem 2001, S. 26f. Ebd. Arbeitsstab Forum Bildung 2001b, S. 13. Arbeitsstab Forum Bildung 2001a, S. 30. Vgl. hierzu Faulstich-Wieland 2000, S. 638. Musiol 2000, S. 640. Ebd. Die Liste ist dem Aufsatz von Marion Musiol entnommen. Die inhaltliche „Übersetzung“ von Gender Mainstreaming mit Chancengleichheits-Prüfung wurde am Berliner IAIZ vor dem Hintergrund sowohl umfangreicher praktischer Erfahrungen durch Gender -Mainstreaming-Beratungen in unterschiedlichen Einrichtungen und Organisationen als auch intensiver theoretischer Arbeiten entwickelt. Vgl. Zehn Jahre Gleichstellungspolitik, Fachregierungserklärung der Staatsministerin für Gleichstellung von Frau und Mann Christine Weber am 4. April 2001, S. 15ff. Vgl. Zehn Jahre Gleichstellungspolitik in Sachsen – Entwicklung der Lebenslage von Frauen in den Jahren 1990 bis 2000, Anlage 2: Gesetzesverzeichnis, S. 1-3. Gesetz zur Förderung von Frauen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen (Sächsisches Frauenförderungsgesetz – SächsFFG) vom 31. März 1994, SächsGVBl. S. 684. Vgl. Zehn Jahre Gleichstellungspolitik, Fachregierungserklärung der Staatsministerin für Gleichstellung von Frau und Mann Christine Weber am 4. April 2001, S. 17. Vgl. ausführlicher dazu mit weiteren Verweisen: Döge, Peter: Gender Mainstreaming als Optimierungsprozeß von Humanressourcen. Ansatzpunkte zur Umsetzung von Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe, Gutachten im Auftrag der Stiftung Innovation und Arbeit Sachsen, 2002, S. 5. Vgl. Studie "Kommunale Gleichstellungsbeauftragte im Freistaat Sachsen", 1998. Hinweis des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Bestellung von kommunalen Frauenbeauftragten nach dem Sächsischen Frauenförderungsgesetz, Az.: 22-4910/26 vom 13. Februar 1997. Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen (SächsLKrO) vom 19. Juli 1993, i.d.F. vom 20. Februar 1997. Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO) Neufassung in der Bekanntmachung vom 14. Juni 1999. Vgl. Döge, Peter: Gender Mainstreaming als Modernisierung von Organisationen. Ein Leitfaden für Frauen und Männer, IAIZ-Schriften, Bd. 2, Berlin 2001, S. 15ff. Ebd., S. 16. Bilton, K. Mackay, F.: Learning from Experience: Lessons In Mainstreaming Equal Opportunities, Governance of Scotland Forum, University of Edinburgh, 2000. Vgl. auch: Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen, Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland. Entwicklung, Ursachen und Maßnahmen, Teil III, Bonn 1997, S. 36ff. Z. B. Beschluss des Bundeskabinetts vom 23. Juni 1999. Organisationsentwicklung als Veränderungsprozess einer Organisation und der darin tätigen Menschen, der sich an bestimmten Werten und Prinzipien orientiert, verweist mit dem Zusatz "systemisch" darauf, dass sich sowohl die Wahrnehmung der Organisation als auch die Art der Veränderung an den Prinzipien lebender Systeme orientiert. Vgl. Baumgartner, I.; Häfele, W.; Schwarz, M.; Sohm, K.: OE-Prozesse. Die Prinzipien systemischer Organisationsentwicklung, 1998. Vgl. dazu überblicksmäßig: Senge, Peter M.: Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation, Stuttgart 1998, S. 14ff. Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO), Beschluss des Bundeskabinetts vom 26. Juli 2000. Z. B. Beschluss des Bundeskabinetts vom 23. Juni 1999. Organisationsentwicklung als Veränderungsprozess einer Organisation und der darin tätigen Menschen, der sich an bestimmten Werten und Prinzipien orientiert, verweist mit dem Zusatz "systemisch" darauf, dass sich sowohl die Wahrnehmung der Organisation als auch die Art der Veränderung an den Prinzipien lebender Systeme orientiert. Vgl. Baumgartner, I., Häfele, W. Schwarz, M. Sohm, K.: OE-Prozesse. Die Prinzipien systemischer Organisationsentwicklung, 1998. Vgl. Berthoin Antal, A./Dierkes, M./Child, J./Nonaka, I.: Organiziational Learning and Knowledge: Reflections on the Dynamics of the Field and Challenges for the Future. In: Handbook of Organiziational Learning and Knowledge, Oxford UniversityPress; Heitger, B. Elemente für die Architektur lernender Organisationen, in Management unterwegs, Bd. 2, Intelligente Unternehmen – Herausforderung Wissensmanagement – Wissen strategisch nutzen, Beratergruppe Neuwaldegg (Hrsg.), S. 123ff.

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

134 Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO), Beschluss des Bundeskabinetts vom 26. Juli 2000. 135 Gender Mainstreaming in Practice. A Handbook, United Nations Development Programme’s Regional Bureau for Europe and the CIS (UNDP RBEC), pp. 99. 136 Duo-Arbeit bedeutet in diesem Kontext, dass eine Fachfrau und ein Fachmann im Lernarrangement interdisziplinäre Kooperation dialogisch, in gegenseitiger

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Bezogenheit praktizieren und Synergieeffekte für die Bearbeitung von Gender-Mainstreaming-Aufgaben und die Weiterentwicklung des Gender-MainstreamingKonzepts ermöglichen. Vgl. SächsABl. vom 02.12.1999, S. 1003ff. Vgl. Moderner Staat – Moderne Verwaltung, Leitfaden zur Gesetzesfolgenabschätzung. Vgl. Moderner Staat – Moderne Verwaltung, Handbuch zur Gesetzesfolgenabschätzung. Vgl. Leitfaden zur Bewertung geschlechtsspezifischer Auswirkungen, Europäische Kommission, 1998. Vgl. Fußnote 14, S. 7ff. Vgl. Fußnote 14, S 14ff. Vgl. Fußnote 14, S. 19ff. Vgl. Verloo, Mieke/Roggeband, Connie: Gender Impact Assessment: the Development of a new instrument in the Netherlands. In: Impact Assessment, Vol. 14. März 1996, pp. 3-20. Vgl. Gender-based Analysis a guide for policy-making. Status of Women Canada-publications: 1996. (siehe auch: www.swc-cfc.gc.ca/pubs/gbaguide/gbaguide_e.html) Ebd., vgl. auch: Methods for Gender Mainstreaming. The Danish National Research and Documentation Centre on Gender Equality, S. 14-15. Hier wird bewusst der breite Organisationsbegriff benutzt, da nicht nur die politisch-administrativen Verwaltungseinheiten an der Umsetzung von Gender Mainstreaming beteiligt sind. Oetinger, B.v. 2000: Das Wesen der Strategie. In: Oetinger, B.v. (Hrsg.), Das Boston Consulting Group Strategie Buch, , S. 86-93. Vgl. zusammenfassend: Prosiegel, Marina: Chancen und Grenzen von Gender-Trainings. Mikrostrukturelle Aspekte von Gender Mainstreaming. In: Streitkultur, Heft 1/2002, Gender Mainstreaming . Theorie und Praxis, S. 25ff. Fatzer, Gerhard: Erfolgsforschung bei Veränderungsprozessen. OE und Supervision. In: Fatzer, Gerhard (Hrsg.): Organisationsentwicklung und Supervision: Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen, Köln 1996, S. 77ff.; Dörner, Dietrich: Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen, Reinbek 1992, S. 67. Ebd., S. 26. Vgl. Fußnote 21. Vgl. Wünsche-Piétzka, H.: Grundsatzfragen zur Implementierung von Gender Mainstreaming in der Bundeszentrale für politische Bildung. Prozessdesign und Begleitung, Bonn 2001, (zum Teil veröffentlicht unter www.bpb.de/gender); Wünsche-Piétzka, H.: Arbeitsblätter für Gender-Bildung, Modellstruktur für Gender-Mainstreaming-Fall-Lösungen, Bonn 1998. Senge, Peter M.: Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation, Stuttgart 1998, S. 287. Wilkesmann, Uwe: Lernen in Organisationen. Die Inszenierung von kollektiven Lernprozessen, 1999. Vgl. Wilke,H.: Systemisches Wissensmanagement, Felder der Systementwicklung, S. 64 ff. Vgl.: Prosiegel, Marina: Chancen und Grenzen von Gender-Trainings. Mikrostrukturelle Aspekte von Gender Mainstreaming. In: Streitkultur, Heft 1/2002, Gender Mainstreaming.Theorie und Praxis, S. 25ff. Senge, Peter M.: Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation, Stuttgart 1998; vgl. auch: Schein, Edgar H.: Prozessberatung für die Zukunft. Der Aufbau einer helfenden Beziehung, EHP.Organisation, Köln 2000, S. 253. Hängii, Gerhard 2001: Die Macht der Kompetenz. Ausschöpfung der Leistungspotentiale durch zukunftsgerichtete Konzeptentwicklung. Informationen zu Großgruppenmethoden siehe z. B.: Peggy Holman, Tom Devane (Hrsg.): Change Handbook. Zukunftsorientierte Großgruppen-Methoden. Heidelberg 2002. Weltgipfel für Soziale Entwicklung, Kopenhagen 1995, Deklaration und Aktionsprogramm. Die 3-R-Methode wäre im Rahmen von Informationsveranstaltungen zu Gender Mainstreaming bei den relevanten Akteuren im Freistaat bekannt zu machen, hierbei ist eine gemischtgeschlechtliche Zusammensetzung eines schulungserfahrenen Teams von großer Bedeutung für die Akzeptanz bei den Betroffenen und eine erfolgreiche Umsetzung. Vgl. Döge 22002.

E

Anreiz- und Motivationssystem für die Umsetzung von Gender Mainstreaming

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Die Entwicklung eines Anreiz- und Motivationssystems müsste sich letztendlich vor dem Hintergrund einer normativen Grundlage vollziehen, die auch Art und Umfang der Maßnahmen, die in diesem Zusammenhang für Organisationen festgelegt werden können, bestimmt. Dabei sind grundlegend zwei Bereiche zu unterschei-

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den: Der Bereich der Organisation selbst sowie das Handlungsfeld von Organisationen, wobei wir davon ausgehen, dass Gender-Mainstreaming-Prozesse innerhalb der Organisation die Voraussetzung für GenderMainstreaming-Umsetzung im Handlungsfeld der Organisation darstellen.

Anreiz- und Motivationsmöglichkeiten für Gender Mainstreaming innerhalb von Organisationen (hier: Verwaltung)

Personalentwicklung

Qualifikation

Gender- bzw. Familienkompetenz als Qualifikationskriterium bei der Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern;

Leistung

Erwerb und Einsatz von fachlicher Gender-Mainstreaming-Kompetenz honorieren über Bezahlung bzw. Aufstiegsmöglichkeiten

Geschäftsprozess/ Wissensmanagement

Kommunikation

Kommunikationsstrukturen nach innen schaffen, z. B. Gender Mainstreaming oder Gender-Analysen als regelmäßige Tagesordnungspunkte in Abteilungsleitungssitzungen

Organisationsentwicklung

Hierarchiebildung

strategische Anbindung des Gender-MainstreamingProzesses z. B. bei Stabsstellenleitung, Prozessdokumentation und Transparenz, Verkörperung der Geschlechterpolitik durch Männer und Frauen

2

Anreiz- und Motivationsmöglichkeiten für Gender Mainstreaming im Handlungsfeld von Organisationen

Neben den oben geschilderten Maßnahmen, die das Innere der Organisation betreffen, kann die Organisation auf der Grundlage solcher Prozesse parallel Anreiz- und Motivationsmaßnahmen in ihrem Handlungsfeld ergreifen. Hierbei können verschiedene Aspekte wirksam werden:

a) wirtschaftlicher Druck, b) Argumentation, welche die möglichen eigenen Vorteile aufzeigt, c) bewusstseinsbildende Maßnahmen, d) Vorbildfunktion der Verwaltung.

Handlungsfeld der Organisation Wirtschaftlicher Bereich

Zivilgesellschaftlicher Bereich

a) Auftragsvergabe; Bevorzugung von gendersensiblen Unternehmen a) Förderrichtlinien; obligatorische Berücksichtigung von Gender-Aspekten

a) Förderrichtlinien; obligatorische Berücksichtigung von Gender-Aspekten

b) Wettbewerbsvorteil Diversity c) Einbindung von Gender-Aspekten oder Veranstaltungen zu Gender Mainstreaming in Fortbildungsangeboten (zum Beispiel über die Handelskammer)

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c) Einbindung von Gender-Aspekten oder Veranstaltungen zu Gender Mainstreaming in Fortbildungsangeboten (zum Beispiel über die Volkshochschulen)

Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

a) Einflussnahme auf das Verbraucherinnen- und Verbraucherverhalten (zum Beispiel über Verbraucherzentralen)

c) Einflussnahme auf das Verbraucherinnen- und Verbraucherverhalten (zum Beispiel über Verbraucherzentralen)

d) Nutzung von Rundbriefen, Internet, Dokumentationen zur Transparenz von Gender-MainstreamingProzessen in der Verwaltung nach außen

d) Nutzung von Rundbriefen, Internet, Dokumentationen zur Transparenz von Gender-MainstreamingProzessen in der Verwaltung nach außen

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Nachweis: Erstellung eines „Konzeptes zur Umsetzung von Gender Mainstreaming auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Bereichen“ Das Projekt wurde von einem Team bearbeitet, dem die folgenden Personen angehören: • Prof. Dr. Ilse Nagelschmidt, Projektleiterin, Universität Leipzig • Melani Schröter, M.A., Universität Leipzig • Dr. Astrid Franzke, Universität Hildesheim • Dr. Heidemarie Wünsche-Piétzka, Strategie 21 e.V., Bonn A) Schaffung einer einheitlichen und praktikablen Definition des Begriffs „Gender Mainstreaming“ für den Freistaat Sachsen (...)

• Dr. Peter Döge, Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung (IAIZ) e.V., Berlin • Dipl.-Soz. Brigitte Fenner, Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung (IAIZ) e.V., Berlin • Dipl.-Soz. Christiane Thorn, Leipzig • Sandra Berndt, M.A., Leipzig (Manuskriptgestaltung/ Layout) Inhaltlich zeichnen folgende Personen für die entsprechenden Bereiche in der Verfasserschaft verantwortlich: Projektteam Redaktionsschluss: 01.11.2002

B) Ist-Analyse: - Bestandsaufnahme zu vorhandenen Konzepten und erprobten Gender-Mainstreaming-Modellen in anderen Staaten

Dr. Heidemarie Wünsche-Piétzka, Strategie 21 e.V., Bonn Redaktionsschluss: 01.11.2002

- ... in anderen Bundesländern sowie im nicht staatlichen Bereich

Prof. Dr. Ilse Nagelschmidt, Universität Leipzig, Dr. Astrid Franzke, Universität Hildesheim, Melani Schröter, M.A., Universität Leipzig Redaktionsschluss: 01.11.2002

C) Recherche zur Ausgangslage für Gender Mainstreaming in Sachsen (...)

Prof. Dr. Ilse Nagelschmidt, Universität Leipzig, Dr. Astrid Franzke, Universität Hildesheim, Melani Schröter, M.A., Universität Leipzig Redaktionsschluss: 01.11.2002

D) Erstellung eines erweiterbaren methodischen Rasters (...) für Anwendende. Thematische Schwerpunkte sind dabei: 1. Der Bildungsbereich im umfassendsten Sinne (...)

Dr. Peter Döge, IAIZ e.V., Berlin Dipl.-Soz. Brigitte Fenner, IAIZ e.V., Berlin Redakionsschluss: 01.11.2002

Anhang: Erweitertes methodisches Raster zum praktischen Umgang mit Gender Mainstreaming

Projektteam Redaktionsschluss: 30.06.2003

2. Rechtssetzungsvorhaben

Dr. Heidemarie Wünsche-Piétzka, Strategie 21 e.V., Bonn Redaktionsschluss: 01.11.2002

3. Förderrichtlinienerstellung und Vergabe der Landesfördermittel nach Gender-Mainstreaming-Gesichtspunkten

Projektteam Redaktionsschluss: 01.11.2002

E) Entwicklung eines Anreiz- und Motivationssystems für die Umsetzung von Gender Mainstreaming außerhalb des Strukturfondsbereiches in Verbindung mit zielgruppenorientierter Öffentlichkeitsarbeit

Projektteam Redaktionsschluss: 01.11.2002

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

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Gender Mainstreaming im Freistaat Sachsen

Impressum Redaktion:

Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung (IAIZ) e.V. in Berlin und Strategie 21 e.V. in Bonn

Herausgeber:

Sächsisches Staatsministerium für Soziales, Referat für Presse und Öffentlichkeitsarbeit Albertstr. 10, 01097 Dresden Tel. (03 51) 5 64 56 15. Fax (03 51) 5 64 56 14 E-mail: [email protected]

Verantwortlich:

Barbara Garthe, Gender-Mainstreaming-Referentin im Sächsischen Staatsministerium für Soziales

Redaktionsschluss:

Juni 2003

Druck:

Stoba-Druck GmbH, Lampertswalde

Auflage 2003:

2.000 Stück

Bezug:

Zentraler Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung Hammerweg 30, 01127 Dresden Tel. (03 51) 2 10 36 71, Fax (03 51) 2 10 36 81

Die Broschüre wird kostenlos abgegeben. Verteilerhinweis:

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Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Freistaates Sachsen herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf diese Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden.