Gemeinsamer Schlussbericht zum Verbundprojekt „Identifizierung der Einflussgrößen der Porenbildung beim Edelstahlguss und Entwicklung integraler Vermeidungsmaßnahmen (Legierung - Formenbau - Formenwerkstoffe)“
Förderkennzeichen 01RI0724
Projektpartner: Projektkoordinator TU-Bergakademie Freiberg, Institut für NE-Metallurgie und Reinststoffe (Teilprojekt 01RI0724 A) Forschungsinstitut für Anorganische Werkstoffe – Glas/Keramik GmbH (Teilprojekt 01RI0724 B) Edelstahlwerke Schmees GmbH (Teilprojekt 01RI0724 C)
Projektlaufzeit 01.11.2008 bis 31.05.2011
Schlussbericht Projekt 01RI0724
Inhaltsverzeichnis
Seite 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Kurzdarstellung Aufgabenstellung Voraussetzungen für die Projektdurchführung Planung und Ablaufes des Vorhabens Wissenschaftlich-technischer Stand zum Projektbeginn Zusammenarbeit mit anderen Stellen
3 3 4 5 6 8
2.
Ausführliche Darstellung
8
Teilbericht der TU-Bergakademie Freiberg (Teilprojekt 01RI0724 A) Teilbericht vom Forschungsinstitut für Anorganische Werkstoffe -Glas/Keramik GmbH Höhr-Grenzhausen (Teilprojekt 01RI0724 B) Teilbericht von Edelstahlwerke Schmees GmbH Pirna (Teilprojekt 01RI0724 C) 3.
Anlagen Erfolgskontrollbericht der TU-Bergakademie Freiberg Erfolgskontrollbericht vom Forschungsinstitut für Anorganische Werkstoffe Glas/Keramik GmbH Höhr-Grenzhausen Erfolgskontrollbericht von Edelstahlwerke Schmees GmbH Pirna
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
1.
Kurzdarstellung
1.1
Aufgabenstellung Gussteile aus Edelstählen werden besonders in Bereichen wie der Lebensmittelindustrie, der Chemie- und Pharmaindustrie eingesetzt, in denen es auf qualitativ hochwertige, z.T. polierte Oberflächen ankommt. Höchste Ansprüche an polierte Oberflächen werden auch im Kunstguss gestellt. Weisen die Gussteile Oberflächenfehler in Form von Poren auf, führt dass in Anlagen
für
Lebensmittel
zur
verstärkten
Keimbildung
und
in
Chemiearmaturen zur Spaltkorrosion. Im Inneren von Gussteilen setzen Poren die Dichtheit und Belastbarkeit der Bauteile herab, so dass bei Auftreten von Poren immer mit Ausfällen gerechnet werden muss. Auch für dekorative Flächen sind Poren unzulässig. So verursachen Poren im Stahlguss, besonders im Edelstahlguss aus hochlegierten Cr- und CrNi-Stählen, jährlich hohe Kosten für Ausschuss und Nacharbeit. Die
sichere
Vermeidung
der
Porenbildung
ist
besonders
bei
der
Einzelfertigung im Handformguss mit kunstharzgebundenen Formstoffen wie auch bei Kleinserien mit
Einsatz keramischer Formstoffe aufgrund vieler
Einflussfaktoren technologisch schwer beherrschbar. Um die Ausschussquote und die damit verbundenen Kosten deutlich zu senken und zugleich die Ergebnisse des Projektes 01 RK 0406 zum verstärkten Einsatz von Keramikformen zu sichern und optimal verwerten zu können, bestand die Aufgabe darin, in einem ersten Schritt die verschiedenen Ursachen der Porenbildung zu ermitteln. Grundsätzlich sind hierbei vier Schwerpunkte zu betrachten, die in unterschiedlicher Intensität zur Porenbildung beim Stahlguss beitragen •können: Zusammensetzung der Schmelze: Legierungsbestandteile und Gasgehalte (Stickstoff, Wasserstoff, Sauerstoff) •
Schmelzprozess:
Temperaturführung,
Abstich,
Desoxidation,
Pfannenbehandlung •
Formkonstruktion: Mengenverhältnis
Gestaltung
des
Einguss-
Stahl/Formenwerkstoff,
Entlüftung Seite 3 von 84
und
Speisersystems,
Wandstärkenunterschiede,
Schlussbericht Projekt 01RI0724
•
Formwerkstoff: Gasentwicklung, Gasdurchlässigkeit, Wärmeleitfähigkeit, Zusammensetzung und Dicke der Schlichte
•
Gießtechnik:
Gießzeit,
Gießgeschwindigkeit,
Gießtemperatur,
Formtemperatur Ein wesentliches Ziel ist eine systematische Ursachenforschung, die den Einfluss der Zusammensetzungen der Einsatz- und Hilfsmaterialien und den Einfluss der Prozessführung auf die Porenbildung untersuchen soll. Anhand von Untersuchungen an ausgewählten Stahl- und Formstoffsorten sollen grundlegende Erkenntnisse zu den Mechanismen der Porenbildung beim Edelstahl erarbeitet werden. In einem zweiten Schritt galt es, Maßnahmen zur Vermeidung der Porenbildung sowohl bei den harzgebundenen als auch bei den neu eingeführten keramischen Formstoffen zu entwickeln. Aufgabe dieses Forschungsprojektes war es somit, • die Mechanismen der Porenbildung näher zu untersuchen, • die Primärursachen der Porenbildung aus der Vielzahl der technologischen Möglichkeiten herauszufinden, • Vorbeugungsmaßnahmen in kleintechnischen Versuchen zu erproben und deren Wirksamkeit zu bestätigen und •
geeignete Maßnahmen in die Praxis umzusetzen,
um die Ursachen der Porenbildung systematisch abzubauen und die diesbezüglichen Gussfehler zu minimieren.
1.2
Voraussetzungen und Bedingungen für die Projektdurchführung Die Voraussetzungen und Bedingungen für die Projektdurchführungen waren:
1.
die hohe Relevanz des Projektthemas für den Industriepartner ESW Pirna/Langenfeld und dessen Bestreben zur Problembearbeitung,
2.
die Bedeutung des Themas für die deutsche Gießereiindustrie,
3.
die Bereitschaft kompetenter Partner zur Mitarbeit am Projekt durch FGK und TU-BAF,
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
4.
die
Planung
der
notwendigen
Untersuchungen
und
der
hierfür
notwendigen technischen und personellen Ressourcen durch die 5.
die Projektpartner, Beantragung von Zuwendungen durch öffentliche Mittel zur Finanzierung der geplanten Forschungsleistungen,
6.
die Genehmigung der Zuwendungen zur Finanzierung der geplanten Kosten
durch
das BMBF
bzw.
den
Projektträger DLR gemäß
Zuwendungsbescheid vom 08.10.2008, 7.
die
gute
Zusammenarbeit
der
Projektpartner
gemäß
der
durch
den
Kooperationsvereinbarung vom 14.11.2008, 8.
die
Koordinierung
der
durchzuführenden
Arbeiten
Projektkoordinator TU-BAF, 9.
die
selbständige
Arbeitsplan
Bearbeitung
(Anlage
1
zur
der
Themenschwerpunkte
Kooperationsvereinbarung)
gemäß
durch
die
10. die Projektpartner, bilateralen Projektarbeiten und Projektberatungen zwischen den Projektpartnern gemäß Arbeitsplan, 11. die Nutzung der Infrastruktur und der wissenschaftlich-technischen Ausrüstungen der Projektpartner zur Themenbearbeitung, 12. die
Nutzung von Kooperationsleistungen
Untersuchungen,
für
die
den
(Leistungen Dritter) für
Projektpartnern
die
technischen
Voraussetzungen fehlen, 13. die regelmäßigen Projektberatungen unter Teilnahme aller Projektpartner zur Kontrolle des Arbeitsstandes, zur Vorstellung der Ergebnisse und zur Präzisierung der Forschungsleistungen durch den Projektkoordinator, 14. die ratenweise Auszahlung der Zuwendungen durch den Projektträger an die Projektpartner auf Basis der geplanten/angefallenen Kosten, 15. die Berichterstattung über den erreichten Stand der Projektrealisierung am Jahresende gegenüber dem Projektträger DLR.
1.3
Planung und Ablaufes des Vorhabens Zur inhaltlichen und zeitlichen Planung der einzelnen Themenschwerpunkte wurde für den Projektantrag ein Arbeitsplan erstellt, der, entsprechend präzisiert und gemeinsam abgestimmt, als Arbeitsplan der gemeinsamen Kooperationsvereinbarung vom 14.11.2008 verabschiedet wurde. Dieser Plan Seite 5 von 84
Schlussbericht Projekt 01RI0724
enthält in gestaffelter Weise für jeden Themenschwerpunkt ein Zeitfenster für dessen Realisierung. Aufgrund der personalwirtschaftlichen Abläufe an der TU-BAF konnte auf Basis des Zuwendungsbescheids vom 08.10.2008 der Projektstart erst einen Monat später als geplant, d.h. am 01.11.2008 erfolgen. Die Einhaltung dieses Planes stand unter Kontrolle des Projektkoordinators (TU-BAF). Die einzelnen Themenschwerpunkte wurden unter Einhaltung des vorgegebenen Zeitrahmens planmäßig bearbeitet und abgeschlossen. Aufgrund
der
guten
anlagentechnischen
Voraussetzungen
im
ESW
Langenfeld wurde in der Projektberatung am 09.06.2009 in gegenseitigem Einvernehmen festgelegt, dass die kleintechnischen Versuche zur Simulation und Vermeidung von Poren unter Federführung des ESW in Langenfeld durchgeführt werden. Im Gegenzug dafür übernahm die TU-BAF kleintechnische Schmelzversuche zur Untersuchung des Einflusses der Desoxidationsmittelzugabe auf die Ausbildung von Fehlern (Poren) an Gussteilen. Aufgrund des um einen Monat späteren Projektstarts und der gemeinsam abgestimmten Veränderung wurde eine kostenneutrale Verlängerung des Projekts um zwei Monate beim Projektträger beantragt, der auch stattgegeben wurde. Das Projekt endet damit nach einer Laufzeit von 2 Jahren und 7 Monaten am 31.05.2011.
1.4
Wissenschaftlich-technischer Stand zum Projektbeginn Die Produktion von Stahlgussteilen, besonders von Mittel- und Großguss (100 kg bis 15 t), die in geringen Stückzahlen als Handformguss, z.T. auch als Maschinenformguss, teilweise mit begrenztem Mechanisierungs-/Automatisierungsgrad und hohem Anteil an angelerntem Personal, hergestellt werden, unterliegt vielfältigsten Einflüssen durch manuelle Tätigkeiten und durch anlagentechnische Einschränkungen. Diese Prozesse werden im statistischen Sinne als nicht beherrschte Prozesse bezeichnet, d.h. Prozessschwankungen unterliegen nicht dem Zufall, sondern in erster Linie anlagentechnischen Störungen, manuellen Eingriffen, Fehlhandlungen und unterschiedlichsten systematischen Einflussgrößen. Seite 6 von 84
Schlussbericht Projekt 01RI0724
Unter diesen Bedingungen kann während der Gussteilfertigung eine breite Palette von Gussfehlern entstehen. Die Bezeichnung der verschiedenen Gussfehlerarten geschieht häufig pragmatisch, nach ihrem optischen Erscheinungsbild. Eine Klassifizierung von Gussfehlern existiert nur in sehr grober Form. Eine normierte Einteilung der Gussfehlerarten ist nicht bekannt. Werden bei der visuellen Inspektion der Gussteile Öffnungen oder Hohlräume an der Gussoberfläche oder auch bei der mechanischen Bearbeitung im Inneren entdeckt, spricht der Gießer von Poren, unabhängig von ihrer Größe, Ge-stalt, Ausdehnung und Füllung. Der Begriff „Poren“ ist im praktischen Sprachgebrauch der Gießereiindustrie somit ein weitläufiger Sammelbegriff für Gussfehlerarten, die sowohl an der Oberfläche als auch im Inneren eines Gussteils auftreten und in ihrer Erscheinungsform sehr weit gefächert sein können. In sofern gibt es den Gussfehler – Pore – als spezielle Gussfehlerkategorie nicht. So viel Erscheinungsformen von Gussfehlern als Poren bezeichnet werden, so viele Ursachen können für ihre Entstehung verantwortlich sein. Da im Rahmen der Projektplanung keine Einengung des Begriffes - Poren auf
bestimmte
Erscheinungsformen
erfolgte,
wurden
bei
der
Themenbearbeitung bis auf Lunker alle Gussfehlerarten berücksichtigt, die unter den allgemeinen Sammelbegriff der Poren fallen. Für diese Gruppe von Gussfehlern wurde im Projektantrag als Ausgangspunkt des zukünftigen Projektes eine ausführliche Darstellung des aus dem Schrifttum bekannten Kenntnisstandes
zur
Porenproblematik
im
Stahlguss
erarbeitet.
Zur
Präzisierung und Erweiterung dessen wurde zu Beginn des Projektes eine umfangreiche Literaturrecherche erstellt, die den derzeitigen Kenntnisstand der Fachliteratur bezüglich der Ursachen und der Bedingungen für die Entstehung
und
Ausbreitung
dieser
Fehler
und
zugleich
auch
die
technologischen Möglichkeiten der Einflussnahme zu deren Vermeidung beschreibt. Die Literaturrecherche wurde als eigenständige Studie allen Projektteilnehmern in elektronischer und schriftlicher Form zur Verfügung geDa stellt. aus dem vorlaufenden Projekt bekannt war, dass über den Einfluss der keramischen Formwerkstoffe auf die Entstehung von Poren im Stahlguss keine geeigneten Informationen aus dem Schrifttum zu entnehmen sind, wurde die theoretische Betrachtung der Thermodynamik von möglichen Seite 7 von 84
Schlussbericht Projekt 01RI0724
Reaktionen zwischen Keramik und Schmelze als Themenschwerpunkt in die Projektplanung mit aufgenommen.
1.5
Zusammenarbeit mit anderen Stellen Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden in Übereinstimmung mit dem bestätigten Projektantrag auch weitere Partner für die Durchführung wissenschaftlich-technischer Untersuchungen mit einbezogen. Das geschah für Lei-stungen, für die den Projektpartnern die technischen Voraussetzungen fehlten. Die kleintechnischen Schmelzversuche zur Untersuchung des Einflusses der Desoxidationsmittelzugaben erfolgten im SFZ Stahlzentrum Freiberg e.V. Ein Teil der Formsanduntersuchungen wurde im IfG Service GmbH Düsseldorf durchgeführt. In geringem Umfang wurde die GfE Fremat GmbH Freiberg mit speziellen chemischen Analysen beauftragt. Weitere externe Stellen wurden in die Projektrealisierung nicht einbezogen.
2.
Ausführliche Darstellung
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Teilbericht der TU-Bergakademie Freiberg
Teilprojekt 01RI0724 A „Identifizierung der Einflussgrößen der Porenbildung beim Edelstahlguss und Entwicklung integraler Vermeidungsmaßnahmen (Legierung - Formenbau - Formenwerkstoffe)“
1.
1.7 1.8
Durchgeführte Untersuchungen und Darstellung der Ergebnisse im Vergleich zur Zielstellung Literaturrecherche Bestandsaufnahme - Bildung von Poren im Stahlguss Gussfehleruntersuchungen Gussfehlerkatalog Kleintechnische Versuche zur Porensimulation Kleintechnische Versuche zur Untersuchung des Einflusses der Desoxidationsmittel auf die Entstehung von Gussfehlern Thermodynamische Betrachtungen Keramik-Schmelze Maßnahmenkatalog
14 18 22
2.
Darstellung der Ergebnisse als Kennziffern
23
3.
Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit
24
4.
Vorrausichtlicher Nutzen und Verwertbarkeit der Ergebnisse
25
5.
Entwicklung des Kenntnisstandes zum Thema außerhalb des Projektes 25
6.
Geplante Veröffentlichung der Ergebnisse
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
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2 2 4 5 13 13
26
Schlussbericht Projekt 01RI0724
1.
Durchgeführte Untersuchungen und Darstellung der Ergebnisse im Vergleich zur Zielstellung Basis für die Darstellung der erbrachten Forschungsleistungen und deren Ergebnisse ist der Arbeitsplan aus dem bestätigten Projektantrag bzw. der präzisierte Arbeitsplan der gemeinsamen Kooperationsvereinbarung vom 14.11.2008.
1.1
Literaturrecherche Im Projektantrag wurde als Ausgangspunkt des zukünftigen Projektes bereits eine Darstellung
des
aus
dem
Schrifttum
bekannten
Kenntnisstandes
zur
Porenproblematik im Stahlguss erarbeitet. Zur Präzisierung, Erweiterung und Qualifizierung dessen wurde zu Beginn des Projektes eine umfangreiche Literaturrecherche erstellt, die den derzeitigen Kenntnisstand der Fachliteratur bezüglich der Ursachen und der Bedingungen für die Entstehung und Ausbreitung dieser Fehler und zugleich auch technologischen Möglichkeiten der Einflussnahme zu deren Vermeidung beAls Poren im weitesten Sinne wurden alle offenen und geschlossenen Hohlräume schreibt. im Gussteil bezeichnet, die in fehlerhafter Weise nicht durch den Gusswerkstoff, sondern •
mit Gasen (Luft, Gießgase, Ausscheidungen aus der Schmelze) oder
•
mit festen/flüssigen oxidischen Phasen (nichtmetallische Einschlüsse) oder
•
zu unterschiedlichen Anteilen mit beiden ausgefüllt sind.
Hierunter fallen alle Gussfehler, die in der Fachliteratur als
Gasblasen
Gasporosität
(H2/N2-)Pinholes
CO-Schlackenpinholes
Kommafehler
narbige Oberflächen
Winkelblasen
Blaslunker
Mikroporen
Mikrolunker
Schlackeneinschlüsse
nichtmetallische Einschlüsse
bezeichnet werden. Diese Gussfehlerarten sind häufig nicht exakt definiert. Zwischen den einzelnen Arten sind fließende Übergänge und Überdeckungen zu verzeichnen.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
In die Literaturrecherche gingen Informationen, Ergebnisse und Erkenntnisse aus drei Handbüchern für Gussfehler, einer Reihe von Fachbücher, Tagungsunterlagen und
Firmenschriften,
aus
mehr
als
dreizehn
periodisch
erscheinenden,
gießereitechnisch orientierten Fachzeitschriften des deutschen (Gießerei, GießereiPraxis,
Gießereitechnik,
Gießerei-Erfahrungsaustausch,
Gießereiforschung,
Gießerei-Rundschau, Maschinenmarkt) sowie des englisch-, französisch- und russischsprachigen
Schrifttums
(Modern
Casting,
Transactions
of
American
Foundrymen Society, Foundry Practice, Foderie, Fondeur d’aujourd’hui, Litejnoe Proizvodstvo, Stal) ein.
Als Hauptursachen für die Entstehung der Poren, besonders der gasbedingten Fehler, werden der Fachliteratur nach in erster Linie •
zu hohe Gehalte an organischen Bindemitteln (Harz+Härter) im Formstoff,
•
zu hohe Gehalte an thermisch unvollständig oder nicht zersetzen Bindemittelresten im Regeneratsand,
•
zu starke Gasentwicklung der eingesetzten organischen Binder- und Schlichtesysteme,
•
zu hohe Feuchtigkeit der Formstoffe in der Gießform,
•
zu hohe Feinanteile im Formstoff,
•
zu geringe Gasdurchlässigkeit der Formstoffe und
•
ungenügende Abführung der Kern- und Formstoffgase aus der Gießform
angesehen. Die Literaturstudie war eine wesentliche Voraussetzung zur Beurteilung der Ursachen für die während der Projektlaufzeit untersuchten 56 Gussfehler (Abschn. Parallel zu den laufenden Arbeiten wurde die Literaturstudie während der restlichen 1.3). Projektlaufzeit durch neu hinzu kommende Fachinformationen weiter angereichert und ergänzt. Die Literaturrecherche wurde planmäßig erarbeitet und als eigenständige Studie allen Projektteilnehmern in elektronischer und schriftlicher Form zur Verfügung gestellt.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
1.2
Bestandsaufnahme – Bildung von Poren im Stahlguss Die Bestandsaufnahme erfolgte gemeinsam von ESW und TU-BAF. Zur Erfassung der Ausgangssituation zu Beginn des Projektes wurden die betrieblichen Daten des Ausschussanfalls, bezogen auf guten Guss; beim Projektpartner ESW heran gezogen.
Tabelle 1.2
Betriebliche Daten (Ausschuss) zu Projektbeginn
Jahr
Ausschuss
Ausschuss
ESW Pirna
ESW Langenfeld
2008
3,2%
3,1%
2009
4,8%
3,9%
Darüber hinaus wurden über einen Zeitraum von einem Jahr (08/2008 bis 06/2009) vom
ESW
53
Gussteile
mit
gravierenden
Gussfehlern
und
deren
Fertigungsbedingungen erfasst. Da eine Prozessdatenerfassung entsprechend dem Stand der Technik im ESW zu diesem Zeitpunkt nicht verfügbar war und letztlich auch erst im Ergebnis dieses Projektes im Jahr 2010 in Angriff genommen wurde (und z.Z. noch im Aufbau begriffen ist), sind die für die Fehlerbeurteilung per Hand erfassten technologischen Daten z.T. lückenhaft. An den 53 Gussteilen wurden insgesamt sechs verschiedene Gussfehlerarten in der Kategorie Poren registriert. Die Häufigkeit einzelner Gussfehler ist sehr unterschiedlich, z.T. sehr gering. Die verfügbaren Daten wurden in verschiedenen Richtungen ausgewertet. Aus den betrieblichen Aufzeichnungen der technologischen Bedingungen zur Fertigung dieser Gussteile lassen sich jedoch keine statistisch gesicherten Abhängigkeiten
und
signifikanten
Zusammenhänge
zu
den
Gussfehlerarten
herstellen. Zur Bestandsaufnahme der technologischen Abläufe wurden zwei einwöchige Arbeitsbesuche in den Betriebsstätten Pirna und Langenfeld durchgeführt. Während dieser Arbeitsbesuche wurden Prozessanalysen und im Rahmen von Workshops zwei Prozess-FMEA erstellt. Als Hauptursachen der Poren, die schwerpunktmäßig durch oxidische Einschlüsse (Schlacken) im ESW Pirna entstehen, wurden in erster Linie •
Turbulenzen im Einlaufsystem und
•
Störungen während des Gießprozesses
angesehen. Seite 12 von 84
Schlussbericht Projekt 01RI0724
Als die wesentlichsten Ursachen für die Bildung von stickstoff-/wasserstoffbedingten Poren (Pinholes) im ESW Langenfeld wurden • die z.T. unkontrollierte Beaufschlagung der Gießformen oder Teilen davon mit Lösungsmittel (Alkohol bzw. Wasser) beim Schlichten, • der direkte und indirekte Eintrag von Feuchte in den Formstoff durch Kunstharz und Härter und deren Abbindeprozesse und • die ungesteuerte Trocknung der Gießformen und Kerne angesehen. Im Ergebnis der Prozessanalysen und der FMEA’s wurde für jede Betriebsstätte ein innerbetrieblicher Bericht (Interna) mit einer Zusammenstellung von Prozessen, die technologische Unsicherheiten beherbergen, und notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung von Gussfehlern dem Projektpartner übergeben. Die Schwerpunkte lagen
hierbei
auf
den
Prozessen
der
Planung
und
Technologie
der
Gießformherstellung. Die an der TU-BAF durchgeführten Gussfehleruntersuchungen dienten letztlich als Ergänzung zur Bestandsaufnahme bezüglich der Schwerpunkte der Gussfehlerarten in der Kategorie Poren.
1.3
Gussfehleruntersuchungen Über
den
Zeitraum
11/2008
bis
04/2011
wurden
insgesamt
56
Gussfehleruntersuchungen durch die TU-BAF an den vom ESW zur Verfügung gestellten Stahlgussproben durchgeführt. Zu jeder der Untersuchungen wurde ein Werkstoffuntersuchungsbericht erstellt, der •
eine umfassende Charakterisierung des Fehlerbildes vornimmt,
•
den wahrscheinlichen Ablauf zur Bildung des Fehlers rekonstruiert, soweit das aus dem Fehlerbild möglich ist,
•
einen Bezug zur Fertigungstechnologie herstellt und die wahrscheinlichen Ursachen des Gussfehlers herleitet,
•
konkrete Maßnahmen vorschlägt (ggf. unter Mitwirkung von ESW), um die Wiederholung dieses Fehlers zukünftig zu verhindern.
Im Ergebnis der Werkstoffuntersuchungen ließen sich die als Poren bezeichneten Gussfehler in unterschiedliche Fehlerarten differenzieren, aus deren Häufigkeit sich unterschiedliche
Qualitätsschwerpunkte
bezüglich
Pirna/Langenfeld ableiten lassen.
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ihrer
Ursachen
im
ESW
Schlussbericht Projekt 01RI0724
Einer der wesentlichsten Qualitätsschwerpunkte ist das Auftreten von offenen und geschlossenen Gasblasen, die aus Einschlüssen von Gießgasen entstanden sind. Die folgenden Bilder zeigen zwei Beispiele dieser Fehlerart.
Bild 1.3a Schnittfläche vom Flanschteil des Gussteils Verbindungsstü ck
Bild 1.3b Längsschnitt durch ein Förderwendel, Gussteil Zubringerschne cke
Die Ursachen dieser Fehler liegen in der ungenügenden Gasdurchlässigkeit der Formstoffe und in der ungenügenden Entlüftung der Gießform, besonders des Unterkastens. Ist das Entlüftungssystem nicht in der Lage, die in jedem Falle entstehenden Gießgase rasch aus der Form nach außen abzuleiten, pressen sich die Gase in die noch flüssige Schmelze. Eine weitere, häufig auftretende Fehlerart, die sich an der Gussoberfläche als Poren darstellt, sind Einschlüsse von festen (kristallinen) und flüssigen (amorphen) oxidischen Phasen. Als feste Einschlüsse (Bild 1.3c) treten Verschleißpartikel von der feuerfesten Auskleidung der Aggregate in Erscheinung, die direkten Kontakt zur flüssigen Schmelze
haben.
Hierbei
sind
besonders
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die
Feuerfestmaterialien
der
Schlussbericht Projekt 01RI0724
Pfannenstopfen, der Pfannenzustellung und des Einlaufsystems der Form zu nennen, die sich als feste Einschlüsse im Gussteil wieder finden.
Bild 1.3c Feste kristalline Einschlüsse aus Aluminiumsilika ten an der Gussoberfläche einer Gießfilterkamm er Die Ursachen liegen in erster Linie in der ungenügenden Verschleißbeständigkeit der verwendeten Feuerfestmaterialien bei vorliegenden Prozesstemperaturen (1650°C). Als besonders anfällig haben sich die trichterförmigen Formstücke für den Direkteinguss der Form durch den Speiser (sogen. Speisereingüsse) erwiesen.
Einschlüsse von flüssigen Phasen (Bild 1.3d) entstehen hauptsächlich durch Reoxidation
der
Schmelze
bei
starken
Verwirbelungen
des
Gießstrahles
im
Einlaufsystem der Form. Als flüssige Phasen wurden aber auch Teile der Ofen- und Pfannenabdeckschlacke gefunden, die vom Gießstrahl mitgerissen wurden.
Bild 1.3d Einschlüsse flüssiger Phasen im Gussteil Gehäuse
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Die Zusammensetzung der festen und flüssigen Einschlüsse kann in der Regel durch EDX-Analysen
am
REM
bestimmt
werden.
Durch
Vergleich
mit
der
Zusammensetzung der verwendeten Hilfsmaterialien und Zuschlagstoffe lässt sich meist die Herkunft der Einschlüsse nachweisen. Eine weitere Ausprägung von Poren an Gussteilen sind schlackenbedingte Gasblasen. Im Zusammenwirken mit Kohlenstoff können FeO/MnO-Schlacken, entstanden durch intensiven Kontakt mit Luftsauerstoff, während der Abkühlung und Erstarrung teilweise reduziert werden, was in der Schmelze zur Bildung von COBlasen, sogen. CO-Schlackenpinholes (Bild 1.3e), führt. Hierbei sind die Poreninnenflächen vollständig mit einer schaumigen Schlackenschicht ausgekleidet.
Bild 1.3e Einschlüsse von flüssigen Schlacken und Gasen im Gussteil Druckstutzen
Die Ursachen für diese Fehler sind die FeO/MnO-Schlacken, die sowohl durch eine unzureichende Desoxidation der Schmelze in der Pfanne als auch durch Turbulenzen im Einlaufsystem der Form entstehen können. Eine häufig auftretende Porenart sind Wasserstoff-/Stickstoff-bedingte Gasblasen, sogen. Pinholes. Sie entstehen durch die örtlich begrenze Aufnahme von Stickstoff und/oder Wasserstoff durch die Schmelze aus dem umgebenden Formstoff und die erneute Abscheidung dieser Gase an der Erstarrungsfront im Werkstoffinneren. Sie beginnen
unter
der
Gussoberfläche
und
bilden
mit
Voranschreiten
Erstarrungsfront lang gestreckte schlauchförmige Poren (Bild 1.3f).
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der
Schlussbericht Projekt 01RI0724
Bild 1.3f Pinholes im Gussteil Klemmring
In Abhängigkeit von der Erstarrungsgeschwindigkeit können auch gedrungene, ins Werkstoffinnere spitz zulaufende Hohlräume, sogen. Kommafehler, entstehen. Ursachen sind stickstoffhaltige Bestandteile im Formstoff sowie Feuchtigkeit im thermischen Einflussbereich der Schmelze. Als Stickstoffträger haben sich exotherm wirkende Speisereinsätze und Bestandteile der Schlichte erwiesen.
Besonders gefährdet sind Bereiche im Unterkasten, wo die Formentlüftung erschwert ist, und solche, wo eine große Formstoffoberfläche einem kleinen Metallvolumen gegenübersteht (Kanten, Rippen). Gefährdet sind auch Bereiche, die beim Fluten der Form mit Schlichte zur Taschenbildung führen (Bild 1.3g).
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Bild 1.3g Pinholes im Gussteil Stufengehäuse
Gelegentlich treten auch narbige Oberflächen in Erscheinung, die durch eine Vielzahl regellos verteilter kleiner Poren hervorgerufen werden. Wie die Bilder 1.3h und 1.3i zeigen, können die Erscheinungsbilder und damit auch die Ursachen für narbige Oberflächen sehr vielfältig sein.
Bild 1.3h Pore in der narbigen Oberflächen am Gussteil Einlaufdüse
Hier hat ein Gas punktuell von außen die Gusshaut linsenförmig nach innen gedrückt, die aufgerissen ist, und hat kleine Gasblasen im Randbereich des Gussteils gebildet.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Am dem folgenden Gussteil (Bild 1.3i) haben offenbar Reaktionen an der Grenzfläche Formstoff-Metall stattgefunden und kleine Gasblasen zusammen mit Schlacken an und unter der Gussoberfläche hinterlassen.
Bild 1.3i Kleine Poren an und unter der narbigen Gussoberfläche Gussteil am Stutzen
Auch bei der Ausbildung narbiger Oberflächen stellt somit die ungenügende Gasdurchlässigkeit der Formstoffe eine entscheidende Ursache dar, da die entstehenden Gießgase nicht in erforderlichem Maße durch den Formstoff entweichen konnten. Ein weiteres Erscheinungsbild von Poren sind Mikroporen (auch als Mikroporosität bezeichnet),
die
im
Innern,
d.h.
im
thermischen
Zentrum
dickwandiger
Gussteilbereiche, auftreten. Sie sind von außen nicht erkennbar und werden erst bei der Werkstoffprüfung, z.B. bei der Ultraschallprüfung, als Fehler erkannt.
Bild 1.3j Mikroporen (quer angeschnitten) im Inneren des Gussteils Turbinengehäu se
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Hierbei handelt es sich um eine Ansammlung von vielen kleinen, lang gestreckten Poren mit rundem Querschnitt, Durchmesser 1 mm bis herab zu 0,1 µm. Als Ursachen werden geringe Gehalte (unterhalb zulässiger Grenzkonzentrationen) an gelösten Gasen (Stickstoff, Wasserstoff) angesehen, die auch bei geringer Konzentration
unter
den
Bedingungen
des
Unterdruckes
durch
die
Volumenkontraktion während der Erstarrung zur Ausscheidung gelangen. Der Unterdruck ist ein Zeichen ungenügender Speisung der Gussteils mit flüssiger Schmelze. Wird der Unterdruck nicht durch die Ausscheidung von Gase ausgeglichen, entstehen im Gussinneren aufgelockerte Gefügebereiche (Mikrolunker) oder richtige Hohlräume (Lunker). Die Ausbildung von Lunkern (einschließlich der Mikrolunker) hängt ursächlich mit der Volumenkontraktion des Stahles während der Erstarrung zusammen. Ihr muss durch ein entsprechend dimensioniertes Einguss- und Speisersystem begegnet werden. Diese Thematik wird durch ein anderes Forschungsprojekt in der Firma ESW Pirna/Langenfeld bearbeitet und war nicht Gegenstand dieser Untersuchungen.
Die Ergebnisse der Gussfehleruntersuchungen wurden auf Basis der übergebenen Berichte in den regelmäßig stattfindenden Arbeitsberatungen vorgestellt, gemeinsam mit dem Projektpartnern diskutiert und die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen und zukünftigen Vermeidung der Fehler festgelegt.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
1.4
Gussfehlerkatalog Im Ergebnis der Gussfehleruntersuchungen wurde als ein eigenständiges, 75 Seiten umfassendes Dokument ein Gussfehlerkatalog zum Gesamtthema „Poren im Stahlguss“ erarbeitet und allen Projektpartnern zur Verfügung gestellt. In
diesem
Gussfehlerkatalog
fanden
die
Ergebnisse
aus
den
Gussfehleruntersuchungen und der in der Literaturrecherche zusammengefasste Wissensstand ihren Niederschlag. Hier wurden zunächst die Merkmale zusammengestellt, nach denen Gussfehler charakterisiert werden sollten, um sie den typischen Gussfehlerarten zuzuordnen und Aussagen über ihre Ursachen machen zu können. Im Folgenden wurden alle Gussfehlerarten, die unter den hier definierten Begriff der Poren fallen und im Rahmen der Untersuchungen im ESW auch festgestellt wurden, mit ihren typischen Erscheinungsbildern dargestellt und verbal beschrieben. Für jede dieser Gussfehlerarten wurden im Gussfehlerkatalog die in den Untersuchungen festgestellten Ursachen genannt. Darüber hinaus wurden auch weitere mögliche Ursachen analysiert und die notwendigen und möglichen Vorbeugungsmaßnahmen
gegen
die
Ursachen
dieser
Gussfehlerarten
Vorgesehen ist eine Veröffentlichung des Gussfehlerkataloges in Form einer zusammengetragen. Broschüre durch den Projektpartner ESW Schmees GmbH im Shaker-Verlag Aachen.
1.5
Kleintechnische Versuche zur Porensimulation Die kleintechnischen Versuche zur gezielten Erzeugung und Vermeidung von Poren im Stahlguss wurden nach gemeinsamer Abstimmung aller Projektpartner aufgrund der günstigeren anlagentechnischen Voraussetzungen am Standort Langenfeld von ESW Schmees übernommen und eigenverantwortlich durchgeführt.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
1.6
Kleintechnische Versuche zur Untersuchung des Einflusses der Desoxidationsmittel auf die Entstehung von Gussfehlern Ziel der Untersuchungen war es, den Einfluss von •
der Zusammensetzung,
•
der Temperatur und
•
der Menge
der Desoxidationsmittelzugabe auf die Größe und Verteilung oxidischer Phasen im Gussgefüge zu ermitteln, um Aussagen über die Auswirkung der Desoxidationsmittel auf die Bildung von einschlussbedingten Poren in der Gussoberfläche zu erhalten. Die
Untersuchungen
Desoxidationsmittel
für
wurden eine
vergleichsweise Schmelze
der
mit
Al
und
hochlegierten
CaSiMn
als
Stahlmarke
G-
X5CrNiMoNb19.11.2 (1.4581) bei den Solltemperaturen 1600° und 1700°C Die Desoxidationsmittel wurden in der Stufung 0,1 und 0,2 kg/t Flüssigstahl durchgeführt. zugegeben. Die sauerstoffaffinen Elemente binden den in der Schmelze gelösten Sauerstoff ab und führen im Stahl zur Bildung von Desoxidationsprodukten, die als Einschlüsse z.T. nach der Erstarrung im Gussgefüge verbleiben. Die Einschlüsse wurden mit Hilfe einer Partikelanalyse über eine automatischen Zählund Auswerteeinheit am REM, differenziert nach Zusammensetzung, Größe und Häufigkeit, tabellarisch erfasst und grafisch dargestellt. Die Ergebnisse wurden in einem separaten Bericht dokumentiert. Hiernach bestehen im Einschlussgehalt erhebliche Unterschiede zwischen den Alund CaSiMn-desoxidierten Stählen.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Desoxidation mit 0,2% AL bei 1600°C
Desoxidation mit 0,2% CaSiMn bei 1600°C
Bild 1.6a Darstellung der Einschlussverteilung bei Desoxidation mit Al und CaSiMn bei 1600°C (zu beachten sind die unterschiedlichen Maßstäbe der Histogramme) Während sich die Einschlüsse nach einer Desoxidation mit Al in einem relativ breiten Kornband bewegen, steigt nach Bild 1.6a, rechte Seite, bei Desoxidation mit CaSiMn die Zahl der Einschlüsse geringster Partikelgröße drastisch an. Die Gesamtzahl der Einschlüsse verdoppelt bis vervierfacht sich nach der CaSiMn-Desoxidation. Das kann negative Auswirkungen auf das Formfüllungsvermögen (Viskosität) der Schmelze haben. Diese Ergebnisse decken sich mit betrieblichen Erfahrungen, nach denen es bei Desoxidation der Schmelze mit CaSiMn zu Verstopfungen und „Abfrieren“ der Gießfilter kam.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Die Zusammensetzung der Einschlüsse wechselt dabei von Al2O3 (Bild 1.6b) auf komplexe CaO-SiO2-Mo/Nb-Einschlüsse (Bild 1.6c).
Bild 1.6b Zusammensetzung der Einschlüsse nach Desoxidation mit Al
Bild 1.6c Zusammensetzung der Einschlüsse nach Desoxidation mit CaSiMn
Mit Temperaturanstieg von 1600 auf 1700°C (Bild 1.6d) verschiebt sich die Einschlussverteilung, besonders bei Desoxidation mit CaSiMn, zu größeren Partikeldurchmessern mit einer etwas geringern Gesamtzahl an Einschlüssen. Insgesamt ist aber der Temperatureinfluss bei beiden Desoxidationsmitteln von geringerer Bedeutung.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Desoxidation mit 0,2% AL bei 1700°C
Desoxidation mit 0,2% CaSiMn bei 1700°C
Bild 1.6d Darstellung der Einschlussverteilung bei Desoxidation mit Al und CaSiMn bei 1700°C (zu beachten sind die unterschiedlichen Maßstäbe der Histogramme) Unter den gewählten Versuchsbedingungen hatte die Menge der zugesetzten Desoxidationsmittel
oberhalb
0,1%
keinen
gravierenden
Einfluss
auf
die
Einschlussgehalte. Der in der Schmelze gelöste Sauerstoff wurde offenbar mit dem Zusatz von 0,1% an Desoxidationsmitteln weitgehend abgebunden. Ein Einfluss der Desoxidationsprodukte auf die Ausbildung von Poren, die mit festen oder flüssigen oxidischen Einschlüssen angefüllt waren, konnte nicht festgestellt werden.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
1.7
Thermodynamische Betrachtungen Keramik-Schmelze In einer gesonderten schriftlichen Ausarbeitung wurde das System KeramikSchmelze-Gießgas einer thermodynamischen Betrachtung unterzogen. Hierbei wurde ein schmelzflüssiger Gusskörper als Volumenelement mit einer Masse von 1,0 kg mit einer keramischen Formmasse von 100 g und einem Gießgasvolumen von 1,0 l theoretisch in Reaktion gebracht. Für die Schmelze wurden von den unlegierten Stählen Stahlmarke GS-C25 und von den hochlegierten G-X2CrNiMoN 26.7.4 ausgewählt. Die betrachteten keramischen Formstoffe sind die ESKAFOS-, die sogen. Front- und die Kernmasse. Als Gießgas wurde Luft von 20°C bei 1,0 bar, gesättigt mit Wasserdampf, angenommen. Betrachtet
wurde
der
Temperaturbereich
von
1150°
bis
zur
maximalen
Gießtemperatur (1650°C), da in diesem Intervall mit erhöhten thermischen und chemischen Belastungen der Reaktionspartner zu rechnen ist.
Im ersten Schritt wurden die Gleichgewichtszustände betrachtet, die sich für die drei Reaktionspartner zunächst allein nur durch die thermische Belastung bis 1650°C ergeben. Im zweiten Schritt wurde der gasförmige Reaktionspartner mit jeweils einem der zwei Reaktionspartner
(Keramik,
Schmelze)
in
Kontakt
gebracht
und
die
Gleichgewichtszustände betrachtet, die sich daraus ergeben können. Im dritten Schritt wurde jeweils eine der drei Keramikarten mit jeweils einer der zwei Stahlmarken
zur
Reaktion
gebracht
und
die
sich
daraus
ergebenden
Reaktionsprodukte betrachtet, die sich bis 1650°C aus thermodynamischer Sicht ergeben. Die Ergebnisse wurden in erster Linie aus Sicht der Eignung der Keramikmassen für den Einsatz als Formstoff für Gießformen zur Herstellung von Stahlgussteilen beurteilt. Die Zusammensetzung der im Formhohlraum befindlichen Luft (Gießgase) verändert sich allein durch die thermische Belastung bis 1650°C beim Gießprozess nur unwesentlich. Im Kontakt mit der Keramik beeinflussen die Gießgase die Zusammensetzung der keramischen Formstoffe nicht. Im Kontakt mit der flüssigen Schmelze werden die Komponenten der Luft nahezu vollständig von der Schmelze aufgenommen. Größere Luftmengen können zur Schlackenbildung in der Schmelze führen.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Einen spürbaren Einfluss haben diese Reaktionen auf die möglichen Reaktionen zwischen der keramischen Masse und der flüssigen Schmelze unter den gewählten Bedingungen nicht. ESKAFOS Die Keramik aus ESKAFOS-Masse besteht nach vorliegenden Angaben aus folgenden Komponenten: •
58% aus Mg-Spinell (MgAl2O4),
•
25% aus Struvit (K-Mg-PO4),
•
10% aus Forsterit (Mg2SiO4),
•
7% aus Periclas (MgO).
Da für das Mineral Struvit keine thermodynamischen Daten vorliegen, wurde ersatzweise entsprechend dem Mol-Verhältnis mit •
13,8% aus Mg-Phosphat (Mg3(PO4)2) und
•
11,2% aus K-Phosphat (K3PO4)
gerechnet. Hierdurch können Fehleinschätzungen zum Verhalten der ESKAFOSKeramik nicht ausgeschlossen werden. Allein durch den Einfluss der Temperatur wird das Mg-Phosphat in der ESKAFOSMasse oberhalb 1347°C instabil und geht in den flüssigen Zustand über. Oberhalb 1600°C bildet sich aus Teilen mehrerer Keramikkomponenten eine flüssige Al2O3-MgO-SiO2-K2O-Mischphase. Durch den Kontakt mit Bestandteilen der Schmelze, besonders mit Fe und den sauerstoffaffinen Elementen Al, Si, Mn und Cr, können sich aus thermodynamischer Sicht von der Gießtemperatur (1650°C) bis herab zur Solidustemperatur der Schmelze durch Bildung gemeinsamer flüssiger Schlackenphasen aus den Komponenten MgO, Al2O3, SiO2, K2O, MnO, FeO und CrO/Cr2O3 wesentliche Teile der
Keramikmasse
auflösen.
Das
kann
Verklebungen,
Penetrationen
und
Vererzungen zwischen Keramik und Gussteil zur Folge haben.
Mit Auflösung oxidischer Keramikbestandteile steigt auch der Sauerstoffgehalt der Schmelze, was bei kohlenstoffhaltigen Stählen zur Entkohlungsreaktion und Bildung von CO-Blasen führen kann. Außerdem kommt es in den beeinflussten Werkstoffbereichen zu einer erheblichen Anreicherung an P und zur Verarmung an Si, Mn, Cr, Al und C, wodurch die
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
zulässigen Toleranzgrenzen zumindest partiell erheblich über-/unterschritten werden können.
Das
Auflösungsverhalten
der
ESKAFOS-Keramik
ist
für
die
beiden
Referenzstahlmarken etwa gleich. Im Vergleich zu den anderen Keramikarten ist bei der ESKAFOS-Keramik die aufgelöste Keramikmenge im Kontakt mit den hochlegierten Stählen am geringsten. D.h. bei den anderen beiden Keramikarten geht im Kontakt mit den hochlegierten Stählen ein größerer Keramikanteil in die Schlacke über. Frontmasse Nach den vorliegenden Unterlagen besteht die Frontmasse-Keramik zu 86 % aus Andalusit (Al2Si2O5) und zu 13 % aus Quarz (SiO2). Teile der Frontmasse können sich allein durch den thermischen Einfluss erst oberhalb 1600°C durch Bildung einer flüssigen Al2O3-SiO2-Mischphase auflösen. Im Kontakt mit der Schmelze wird unter Teilauflösung der Keramik die Bildung einer Al2O3-SiO2-MnO-FeO-CrO-Schlacke möglich, wodurch die Grenztemperatur zur Bildung
dieser
Schlacke
im
flüssigen
Zustand
auf
Werte
unterhalb
der
Solidustemperatur der Schmelze sinkt. Entscheidend für die „Verflüssigung“ sind hauptsächlich die FeO-MnO-Anteile. Die flüssige Schlacke an der Grenzfläche Gusskörper/Formwand kann erhebliche Verklebungen, Penetrationen und Vererzungen zwischen Keramik und Gussteil zur Folge haben. Das Auflösungsverhalten der Keramik aus Frontmasse ist aus thermodynamischer Sicht für die beiden Referenzstahlmarken stärker. Zwischen der Gieß- und der Erstarrungstemperatur der Schmelze geht bei der Frontmasse ein größerer Anteil in Lösung als bei der ESKAFOS- und Kernmasse. Kernmasse Die Keramik aus Kernmasse besteht zu 97% aus Mullit (Al6Si2O13) und zu 2% aus Korund (Al2O3). Bis zur untersuchten Temperatur von 1650°C findet kein rein thermischer Zerfall von Komponenten der Kernmasse statt.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Im Kontakt mit der Schmelze wird auch hier die Bildung einer flüssigen Al2O3-SiO2MnO-FeO-CrO-Schlacke möglich, wobei die Grenztemperatur zur Bildung dieser Schlacke während der Abkühlung bei den unlegierten Stählen auf Werte bis unterhalb Solidustemperatur der Schmelze, bei den hochlegierten Stählen aber nur bis
kurz
unterhalb
der
Liquidustemperatur
sinkt.
Verantwortlich
für
die
Schmelzpunktabsenkung der Schlacke sind auch hier die FeO-MnO-Anteile. Das kritische Temperaturfeld zur Schlackenbildung ist bei der Kernmasse gegenüber den anderen Keramikarten erheblich kleiner und wird dadurch bei der Abkühlung schneller durchschritten. Als Folge kann mit einer geringeren Schlackenbildung gerechnet werden. Allerdings kann auch hier die Schlacke an der Grenzfläche Gusskörper/Formwand zu Verklebungen, Penetrationen und Vererzungen zwischen Keramik und Gussteil führen. Die Auflösung der Kernmasse ist im Kontakt mit den unlegierten Stählen im Vergleich zu den anderen Keramikarten am geringsten.
Mit Bildung der gemeinsamen Mischphasen kommt es bei Einsatz der Front- und Kernmasse auf Seiten der Schmelze zur Anreicherung an Si und O und zur Verarmung an Al, Mn und ggf. Cr, wodurch deren zulässige Toleranzgrenzen zumindest partiell erheblich über-/unterschritten werden können.
Im Vergleich der Keramikarten unter einander schneidet die Frontmasse am schlechtesten ab. Die Verschlackung der Keramik ist hier bei Kontakt mit der Schmelze, unabhängig vom Legierungsgehalt, am stärksten. Bei Verwendung der Kernmasse ist die Verschlackung der Keramik bei unlegierten Stählen am geringsten. Bei Verwendung der ESKAFOS-Masse ist die Verschlackung der Keramik bei den hochlegierten Stählen am geringsten.
Diese aus den theoretischen Berechnungen abgeleiteten Schlussfolgerungen sollten mit bereits gesammelten Erfahrungen in der Firma ESW Schmees abgeglichen und durch praktische Versuche bestätigt werden, ehe sie für weitere Anwendungen herangezogen werden.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
1.8
Maßnahmenkatalog Als zusammenfassendes Ergebnis aus •
der Literaturrecherche,
•
den einzelnen Gussfehleruntersuchungen,
•
der Bestandserfassung, Prozessanalyse und FMEA,
•
der kleintechnischen Schmelz- und Gießversuche und
•
der Formstoffuntersuchungen
wurden die aus Sicht der Projektpartner TU-BAF und FGK in der Firma ESW Schmees notwendigen Vorbeugungsmaßnahme zur Vermeidung der festgestellten Gussfehlerarten in einem umfassenden Maßnahmenkatalog zusammengestellt. Dieser zählt als internes Dokument mit innerbetrieblichen Informationen und liegt nur den beteiligten Projektpartnern vor. Die hierin vorgeschlagenen Maßnahmen konzentriert sich auf •
die Erhöhung der Gasdurchlässigkeit der Formstoffe für Gießgase,
•
die Senkung der Gehalte an organischen Bestandteilen im Formstoff,
•
die Reduzierung stickstoffhaltiger Bestandteile in der Form,
•
die Reduzierung der Gehalte an Wasser und Lösungsmittel in der Form,
•
die Optimierung der Technologie der Gießformherstellung bezüglich der Formstoffverdichtung und des Auftrages der Schliche,
•
die Verbesserung der Abführung von Gießgasen aus der Form,
•
die Optimierung des Einguss- und Speisersystems (Wirbeltrichter, Gießfilter),
•
den Einsatz qualitativ besserer feuerfester Baustoffe für thermisch und strömungstechnisch
hoch
belastete
Komponenten
(Pfannenstopfen,
Eingusssystem) •
die Optimierung der Arbeitsweise der Formstoffaufbereitungsanlage.
Da der Begriff der Poren sehr weit gefasst wurde (siehe Abschn. 1.1), sind die Ursachen der Porenbildung für die weit gefächerten Erscheinungsformen von Poren sehr vielfältig und komplex. In sofern sind auch die notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung dieser Gussfehler sehr differenziert.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
2.
Darstellung der Ergebnisse als Kennziffern Die Ergebnisse lassen sich nur an den von der Firma ESW Schmees GmbH zur Verfügung gestellten Kennziffern darstellen. Die folgenden Daten geben einen Überblick über die Ausschussentwicklung in der ESW Schmees GmbH an den Standorten Pirna und Langenfeld.
Tabelle 2 Betriebliche Daten nach Abschluss des Projektes
Jahr
Ausschuss
Ausschuss
ESW Pirna
ESW Langenfeld
2008
3,2%
3,1%
2009
4,8%
3,9%
2010
2,7%
3,8%
2011
2,8%
3,6%
Hiernach war der Ausschussanfall 2009 an beiden Standorten am höchsten. Als Ausschuss wird jener Guss bezeichnet, der aufgrund der Art und des Umfanges der Gussfehler als irreparabel eingestuft und verschrottet wurde. Durch das Wirksamwerden jener Maßnahmen, die aus den Untersuchungen von Gussfehlern aus dem Zeitraum 2008/2010 abgeleitet wurden, ist der Ausschussanfall seitdem rückläufig. So konnte der Ausschussanfall 2010 am Standort Pirna fast halbiert werden. Die Werte für 2011 beziehen sich nur auf die ersten zwei Monate und sind weniger aussagekräftig. Allerdings ist der Ausschuss mit 2,7% am Standort Pirna und 3,8% am Standort Langenfeld nach wie vor als zu hoch einzustufen. Die zu Beginn des Vorhabens für die ESW Schmees GmbH aufgestellten Ziele, Ausschuss und Nacharbeit entscheidend zu senken, konnten somit bisher nicht voll umfänglich erreicht werden. In wieweit hierbei der im Unternehmen spürbare Trend in Richtung anspruchsvollerer Gussteile, höherer Prüfschärfe und problematischerer Werkstoffsorten mit höheren Ausschussrisiken nachteilig zu Buche schlägt, ist schwer einschätzbar. Erschwerend wirkt auch, dass viele Fehler gussteilspezifisch auftreten. Unter den Bedingungen einer Einzelfertigung bleibt die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Gussteile begrenzt. Da sich hinter dem Begriff - Poren - keine spezielle Gussfehlerart verbirgt, sondern ca. zehn Gussfehlerarten mit ebenso vielen Ursachen unter dem Begriff zusammengefasst werden, ergibt sich auch eine Vielzahl von Maßnahmen zu deren Vermeidung.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Von den vorgeschlagenen Maßnahmen (siehe Abschn. 1.8 Maßnahmenkatalog) konnte bisher nur ein Teil umgesetzt werden. Weitere Maßnahmen befinden sich noch
in
der
Umsetzungsphase,
so
dass
die
Auswirkungen
erst
in
den
betriebswirtschaftlichen Abrechnungen der Jahre 2011/2012 voll zur Geltung kommen können. Zur
Umsetzung
weiterer
Maßnahmen
sind
zunächst
noch
vertiefende
Untersuchungen, ggf. auch Investitionen notwendig.
3.
Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit Die technische und wirtschaftliche Notwendigkeit des Verbundprojektes wurde in der Aufgabenstellung (siehe hierzu Abschn. 1.1) des vorliegenden gemeinsamen Schlussberichtes ausführlich dargestellt. Mit der Realisierung des Projektes nach den im Arbeitsplan festgelegten Arbeitsstufen wurden die notwendigen Arbeitsschritte vollzogen, um die geforderten Teilergebnisse zu erreichen und sie zu einem Gesamtergebnis zusammen zu fügen. Die geplanten Arbeitsschwerpunkte wurden mit dem dafür vorgesehenen Aufwand realisiert. Mit Hilfe der Elektronenstrahlmikroskopie (REM) und der angeschlossenen Analysentechnik (EDX) konnten von Seiten der TU-BAF fundierte Aussagen über die Gussfehler und deren Ursachen getroffen werden. In Ergänzung dazu konnten von Seiten des FGK anhand umfangreicher Formstoffuntersuchungen Aussagen über die Formstoffqualität und deren Anteil an der Entstehung von Gussfehlern gemacht werden. In gegenseitiger
Abstimmung wurden die vorgesehenen Gießversuche zur
Erzeugung und gezielten Vermeidung von Poren im Guss vom Projektpartner ESW Langenfeld
übernommen,
weil
bei
ihm
günstigere
anlagentechnischen
Voraussetzungen zur Verfügung standen und die Versuche mit geringerem Aufwand durchgeführt werden konnten. Im Gegenzug wurden unter Nutzung der vorhandenen Laborschmelzöfen an der TUBAF die Untersuchungen zum Einfluss der Desoxidation auf die Porenbildung durch kleintechnische Schmelzversuche vertieft. Zusammenfassend kann
eingeschätzt
werden,
dass
der
Aufwand
für
die
durchgeführten Arbeiten gegenüber den unter Abschn.1 dieses Teilberichtes dargestellten, erreichten Ergebnissen angemessen ist.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
4.
Vorrausichtlicher Nutzen und Verwertbarkeit der Ergebnisse Die Verwertbarkeit der Ergebnisse liegt auf zwei Ebenen. Zum Einen werden die Ergebnisse unmittelbar beim Projektpartner ESW Schmees dadurch
genutzt,
dass
durch
Einführung
und
Umsetzung
vorgeschlagener
Vorbeugungsmaßnahmen der Anfall von Ausschuss und Nacharbeit erheblich reduziert werden kann. Außerdem multipliziert sich dieser Nutzen in der Gießereiindustrie durch Nachnutzung der im Verein Deutscher Gießereifachleute (VDG) zur Veröffentlichung vorgesehenen Ergebnisse und Erkenntnisse im Bereich der Stahlgießereien um ein Vielfaches. Zum Anderen finden die Ergebnisse mit ihrer Veröffentlichung Eingang in die Inhalte von
metallurgisch
orientierten
Lehrveranstaltungen
für
die
Ausbildung
von
Ingenieuren an der TU-BAF und erhöhen so das Verständnis für die technologischen Bedingungen zur Entstehung und für die Notwendigkeit zur Vermeidung von Gussfehlern.
5.
Entwicklung des Kenntnisstandes zum Thema außerhalb des Projektes Mit der Ermittlung der konkreten technologischen Ursachen für die Entstehung von Poren im Stahlguss ist jede Stahlgießerei mit unterschiedlicher Intensität im Rahmen ihrer Bestrebungen zur Ausschuss- und Kostensenkung beschäftigt. So werden auch neue Erkenntnisse gesammelt und in der Fachliteratur veröffentlicht. Diese Untersuchungen beziehen sich jedoch nur auf einzelne Fehlererscheinungen, wie
sie
unter
den
speziellen
technologischen
Bedingungen
eines
Fertigungsstandortes bzw. einer speziellen Produktgruppe entstehen. Dem Bearbeiter der TU-BAF ist nicht bekannt, dass ähnlich breit angelegte Untersuchungen zu dieser Thematik im Rahmen anderer Forschungsvorhaben bearbeitet und Ergebnisse hierzu während der Projektlaufzeit in der Fachliteratur veröffentlicht wurden.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
6.
Geplante Veröffentlichung der Ergebnisse Im
Ergebnis
des
Verbundprojektes
wird
ein
Gussfehlerkatalog
zum
Themenschwerpunkt Poren im Stahlguss (Abschn. 1.4) in der 2. Hälfte 2011 im Shaker Verlag GmbH Aachen veröffentlicht.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Teilbericht des Forschungsinstitutes für Anorganische Werkstoffe – Glas/Keramik GmbH
Teilprojekt 01RI0724 B „Identifizierung der Einflussgrößen der Porenbildung beim Edelstahlguss und Entwicklung integraler Vermeidungsmaßnahmen (Legierung - Formenbau - Formenwerkstoffe)“
A. Formstoffuntersuchungen (FGK-ESW) B. Thermische Belastung der Formstoffe in Abhängigkeit von der Entfernung vom Gussteil (FGK-ESW) C. Keramische Feuerfestmaterialien D. Weiterentwicklung keramischer Formstoffe (FGK) E. Maßnahmenkatalog (TU-BAF-FGK)
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
A: Formstoffuntersuchungen Im Hinblick auf die Ursachen für die Porenbildung in der Gussteiloberfläche resp. im gesamten Gussteil fällt den Formstoffen eine besondere Bedeutung zu. Die Formstoffe setzen auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung bei einer Temperaturerhöhung durch den Schmelzprozess Gase frei, die potentiell für die Blasenbildung verantwortlich sein können. Es ist daher erforderlich, die Gasentwicklung aus den verschiedenen Einsatzstoffen qualitativ und quantitativ zu kennen.
Exogene Gase sind Gase, •
die sich schon vor dem Gießen im Formhohlraum befinden (Luft, Argon) und
•
die sich durch die Wärmeeinwirkung während des Gießens im Formstoff noch zusätzlich entwickeln (Gießgase).
Beide Quellen müssen Beachtung finden, da man sie nicht ausschalten kann.
Die Luft im Formhohlraum ist in der Lage, bei Erwärmung auf 1500°C (Gießtemperatur) ihr Volumen auf das 6fache auszudehnen. Dem muss man Rechnung tragen, es sei denn, man gießt unter Vakuum.
Der kunstharzgebundene Formstoff enthält organische Bindemittel und Feuchtigkeit. Ein Teil der Feuchtigkeit wird mit dem Härter (30 bis 35% H2O) eingebracht, ein weiterer Teil entsteht während des Abbindeprozesses der Kunstharze durch Polykondensation.
Ein dritter Teil kommt über die aufgetragene Schlichte in die Form.
Aus 1,0 g Wasser entsteht bei 1500°C ein Gasvolumen von ca. 8 l an überhitztem Dampf. D.h. Wasser ist in der Lage, sein Volumen auf das 8000fache auszudehnen.
Die organischen Bindemittel (Furan-, Phenolharz) bestehen aus Kohlenwasserstoffen, die sich bis 600°C weitgehend, bis 1100°C vollständig in die Gase CO, CO2, SO2, C6H6 (Benzol) und H2O thermisch zersetzen [1]. Der Formstoff enthält die während der Formherstellung zugesetzte Bindemittelmenge (Kunstharz und Härter) sowie Bindemittelreste aus vorausgegangenen Sanddurchläufen des Regeneratanteils.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Darüber hinaus enthält auch die auf den Formstoff aufgetragene Schlichte organische Bindemittel, Suspensions- und Verdickungsmittel, die bei thermischer Belastung Gase bilden, z.T. auch stickstoffhaltige Gase. Diese Stoffe sind in der Lage, bei Wärmeeinwirkung, besonders im direkten Kontakt mit der flüssigen Schmelze, mit einer Verzögerung von 3 bis 6 sec einen Gasstoß auszusenden, der je nach Sandqualität nach 30 bis 90 sec wieder abklingt [2-4].
Neben der Auswertung von Publikationen wurden zunächst, soweit noch nicht vorhanden, aktuelle Produktdatenblätter, Sonderbroschüren und Anwenderinformationen der Roh- und Hilfsstofflieferanten
für
Gießereien
beschafft
und
ausgewertet,
um
rohstoff-
und
prozessbedingte Einflussgrößen auf die Eignung resp. auf das Entgasungsverhalten zu identifizieren. Über die Bewertung der originären Einsatzstoffe hinaus richtete sich ein wesentlicher Fokus auf die Kontrolle des Sandrücklaufs (Menge, Zusammensetzung, Restreaktivität der Komponenten,
gefügestörende
Feinkornanteile)
sowie
die
Mischungskonstanz
mit
Frischrohstoffen. Darüber hinaus wurden Produkt- und Rohstoffkontrolldatenblätter der aktuellen Roh- und Hilfsstofflieferanten angefordert, damit deren Aussagekraft im Hinblick auf Lieferkonstanz und damit auf Verarbeitungsvereinheitlichung überprüft werden können.
Ergänzend
zur
Bewertung
der
Unterlagen
wurde
ein
Abgleich
der
aktuellen
gießereitechnischen Prüfverfahren mit dem IfG Institut für Gießereitechnik in Düsseldorf durchgeführt, welches in der Vergangenheit auch Kontrollmessungen an den Formsanden der Fa. Schmees durchgeführt hat und weiter durchführt. Die Prüfverfahren wurden im Hinblick auf Präzision und Reproduzierbarkeit und damit auf ihre Aussagekraft auf das Formstoffverhalten, insbesondere auf die Beurteilung der Rücklaufsande betrachtet. Ebenfalls in die Bewertung mit einbezogen wurden Werte, die bei den Hilfsstofflieferanten ermittelt werden. Die Bewertung der Formstoffe bezog sich auf frisch angesetzte oder mit Rücklaufsanden versetzte Rohstoffe. Typische Merkmale sind der Schlämmstoffgehalt, die Bestimmung des Glühverlustes, die „Restsäure“, die AFS-Zahl und die „theoretische“ spezifische Oberfläche. Die Kontrolle des Sandrücklaufs, mit der im 1. Quartal 2008 gestartet wurde, wurde im Projektverlauf noch weiter intensiviert; die Anzahl der prozessbegleitenden Prüfungen an den Formstoffen wurde erhöht, es wurden zusätzliche Prüfverfahren eingeführt (Cges, GV bei 550 °C) und Ergänzungsmessungen sowohl in den Instituten (Mikrosondenanalytik, Röntgendiffraktometrie, stoßförmige Gasabgabe) als auch in der Produktion (Feuchte in den Produktionshallen und in den Formen) und bei den Hilfsstofflieferanten (Schlichtenanalytik) durchgeführt.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Die im 4. Quartal 2009 vom FGK durchgeführten wöchentlichen Messungen der Neusande und Regenerate an beiden Standorten erlaubten in Kombination mit den Messungen der Betriebsstätten und der Hilfsstofflieferanten eine in dieser Form erstmalige und umfassende Beurteilung der Prozessführung in der Sandaufbereitung und somit ein zielgerichtetes Eingreifen und eine Verbesserung der Formstoffaufbereitung. Um die Datenlage noch weiter zu verbessern, wurden an beiden Standorten jeweils intensive Probenahmen innerhalb einer Woche an beiden Standorten vorgenommen.
Die
Auswertung
der
Daten
erfolgte
dahingehend,
ob
Korrelationen
zwischen
Temperaturbeständigkeit der anorganischen Additive und/oder der Größe der Gussform und des Gussstückes im Hinblick auf das Wärmeabklingverhalten zwischen Anzahl, Ausbildung und Lage der Poren an der Gussstückoberfläche existieren. Mit der am FGK eingesetzten Simultanthermoanalyse, gekoppelt mit einem Infrarotspektrometer, konnte die Gasabgabe aus den Formstoffen (resultierend aus den Restharzgehalten) sowohl quantifiziert als auch den Temperaturbereichen exakt zugeordnet werden. Bei den Chromitsandformstoffen stellte sich heraus, das die Anwendung des Normprüfverfahrens des Gießereiwesens für die Bestimmung des Glühverlustes GV falsche Werte ergibt; mit der neu eingeführten Grenztemperatur von 550 °C für die Bestimmung des GV ist eine schnellere und reproduzierbare
Produktionsüberwachung
möglich.
Des
weiteren
wurde
erstmalig
festgestellt, dass die Restharzgehalte in den Quarzsandregeneraten auf einem zwei- bis dreifach höheren Niveau liegen als die der Chromitsandregenerate, und das an beiden Standorten. Untersuchungsprogramm Formstoffe Wg. der Bedeutung der Regeneratgüte wurden sowohl die anorganischen Einsatzstoffe im Anlieferungszustand untersucht (verschiedene Lieferdaten) als auch die Regenerate selbst. Dies bot sich auch deswegen an, da an den Standorten Pirna und Langenfeld baugleiche Anlagen zur Regenerataufbereitung vorhanden waren und damit ein Quervergleich beider Standorte durchgeführt werden konnte. Die Beprobung erfolge an unterschiedlichen Stellen im Aufbereitungsprozess, um so auch die Güte einzelner Aufbereitungsstufen zu erkennen. Im Hinblick auf die Ursachenforschung für die Blasenbildung in den Gussstücken war Ziel der Untersuchung, zum Einen die Konstanz der Regenerateinstellung zu ermitteln und zum Anderen festzustellen, ob vorgegebene Toleranzen einzelner Prüfmerkmale ggf. über- oder unterschritten werden, diese Abweichungen mit den Gussergebnissen (-fehlern) korrelieren und ggf. Toleranzgrenzen neu definiert werden müssen. Die Sollwerte waren auf Grund der betrieblichen Erfahrung seitens Schmees festgelegt worden. Insgesamt wurden aus Pirna 176 Proben, aus Langenfeld 184 Proben untersucht. Die Kontrolle des Sandrücklaufs starte in 2008, zusätzlich wurde auf Regeneratseite in Langenfeld eine monatliche Beprobung von September
bis
Dezember
2009
vorgenommen. Seite 38 von 84
Um
weitere
Erkenntnisse
über
Schlussbericht Projekt 01RI0724
Regeneratgüten in Abhängigkeit von Produktionsschichten und Arbeitsabläufen zu erhalten wurde an beiden Standorten eine wöchentliche Beprobungs- und Messkampagne durchgeführt:
Langenfeld:
01.02. – 05.02.10 (Probenkennzeichnung: Lxy)
Pirna:
22.02. – 26.02.10 (Probenkennzeichnung: Pxy)
Probenmaterial •
Chromerzsande (Modellsand, Anlegesand) mit Bindern
•
Chromerzregenerat
•
Chromerzsand neu (Anlieferungszustand)
•
Fertigsand Quarz (Anlegesand)
•
Hinterfüllsand (Mischung mit Chromerz)
•
Quarzsand neu (Anlieferungszustand)
Analysenspektrum Bei der Untersuchung wurden sowohl die mineralischen als auch die organischen Komponenten der Formsande berücksichtigt.
Mineralbestand und Gesamtchemismus Mittels der RFA-Analysen lässt sich sowohl die Güte der Neusande als auch der Regenerate i.W. schnell und sicher beurteilen. Ausreißer von Quarzsanden im Chromerz und vice versa von Chromerzen in Quarzsanden wurden in beiden Standorten beobachtet. Eine erhöhte Verschleppung von Zirkoniumsilikatschlichten wird in den Proben P 17 und P 45 festgestellt.
Organische Komponenten Eine wesentliche Ursache für die Blasenbildung kann die Gasentwicklung aus den organischen Komponenten des Formstoffs sein, resultierend aus der Verbrennung des Harzbinders, der Modellkleber, der ggf. verwendeten Schaumstoffe und möglicherweise Resten der Schlichten. Gasbildende Komponenten sind Restwassergehalte sowie die Zersetzungsprodukte der organischen Bindemittel, i.W. CO, CO2 und H2. Eine gängige und „einfache“ Kontrolle der Fertigsande und Regenerate ist die Bestimmung des Glühverlustes (GV) bei einer vorgegebenen Temperatur. Die Bestimmung des Anteils an organischem Kohlenstoff (C) kann mittels Verbrennungsanalyse erfolgen. Aus diesem Grund wurden beide Parameter bei jeder Probe gemessen.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Messtechnisch aufwändig ist die Anwendung der Simultanthermoanalyse, gekoppelt mit einem IR-Spektrometer. Dieses Verfahren erlaubt es jedoch, den Gewichtsverlust quantitativ und qualitativ einzelnen Temperaturbereichen zuzuordnen. Auf diese Weise lassen sich insbesondere die Reaktionsprodukte der organischen Binder, wie CO und CO2 und das Temperaturfenster ermitteln, in dem sie aus dem Formstoff ausgetrieben werden (s. Abb. 1, 2 und 3). Interessant sind die Vergleiche zwischen •
Quarz-Fertigsand L9
und Quarz-Regenerat L5: Abnahme des Glühverlustes resp. des
Gehaltes an organischer Substanz durch den Gießvorgang; Nachweis der Restgehalte an organischer Substanz im Regenerat •
Quarz-Regenerat L5 und Chromerzregenerat L7: Vergleich der Regeneratgüten
Für die gleichen Proben L5 und L7 wird nachfolgend auch die stoßweise Gasabgabe dargestellt.
Abb. 1: Ergebnisse der STA/IR-Kopplung von Quarz-Fertigsand L9 (C-Gehalt: 3,92 Masse%.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Abb. 2: Ergebnisse der STA/IR-Kopplung der Quarz-Regeneratprobe L5 (C-Gehalt: 2,72 Masse-%.
Abb. 3: Ergebnisse der STA/IR-Kopplung der Chromerzregeneratprobe L7 (C-Gehalt: 0,55 Masse-%); deutlich geringere Gasfreisetzung als bei den Quarzregeneraten.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
a) Glühverlust Bei der Herstellung der Schmelztabletten für die RFA-Analyse treten Temperaturen von ca. 1.050°C auf. Um die Elementkonzentrationen exakt berechnen zu können, wird parallel eine Glühverlustbestimmung bei eben dieser Temperatur durchgeführt. Bei den Chromerzen kommt es allerdings bei der Temperaturerhöhung zu einem Oxidationseffekt des Spinells Chromit und damit zu einem Glühgewinn resp. einem negativen Glühverlust, wenn man diese Auswirkung auf die Berechnung des GV nicht berücksichtigt. Die ebenfalls durchgeführten Simultanthermoanalysen (STA) an frischem Chromerz zeigen den Start des Oxidationsverlaufs ab ca. 600 °C (Abb. 4) und zeigen damit auf, dass eine GV-Bestimmung an Chromerzregeneraten oberhalb dieser Temperatur mit Fehlern behaftet ist.
Abb. 4: Darstellung der Spinelloxidation des Chromerzes (Probe L12), ausgedrückt durch die Gewichtszunahme ab ca. 600 °C. Bei Chromerzregeneraten, also Proben mit Restgehalten an mehr oder weniger stark verkohlten/verkokten Harzen, kann auf Grund der Kombieffekte (Glühverlust durch das Verbrennen der Harze bis teilweise 600 °C, Glühgewinn durch die Oxidation des Chromits ab ca. 600 °C), mit der Glühverlustbestimmung bei einer Temperatur von 1.050 °C keine ausreichend genaue Beurteilung des Restharzgehaltes vorgenommen werden. Ähnlich fehlerhaft wäre die Anwendung der VDG Prüfvorschrift P 33; hier beträgt die anzuwendende Seite 42 von 84
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Behandlungstemperatur zur Bestimmung des Glühverlustes zwar nur 900 °C, was aber ebenfalls bereits deutlich über der Starttemperatur der Spinelloxidation liegt.
Basierend auf den STA-Ergebnissen wurden an allen Proben ab Ende Oktober parallel Glühverlustbestimmungen bei 550 °C durchgeführt. Bei dieser Temperatur sollte sichergestellt sein, dass einerseits der echte, den Harzen zuzuordnende Glühverlust (der gleichzeitig das Potential für die Menge der Entgasung darstellt) sicher erfasst sein sollte und andererseits noch nicht durch die Oxidation der Chromite verfälscht wird. Zusätzliche Kontrollmessungen (Cnach
550°C)
an ausgewählten Proben (L 25, 26, 27, 34, 35,
39, 40, 41) bestätigten den vollständigen Verlust der organischen Komponenten bei 550 °C. Zusätzlich wurde die Plausibilität an allen Quarzproben ohne Chromitverunreinigungen überprüft, da in diesem Fall keine Oxidationseinflüsse die GV-Messung verfälschen. Über die beiden Verfahren wurde die grundsätzliche Anwendbarkeit der Bestimmung des GV bei 550 °C zunächst bestätigt. Allerdings zeigten sich teilweise immer noch gegenseitige Beeinflussungen zwischen Resten organischer Substanzen und dem Beginn der Spinelloxidation bei 600 °C, so dass den Aussagen über die Regeneratgüte über den GVGehalt noch eine Unsicherheit anhaftet. Die gemessenen Abweichungen müssen jedoch vor dem Hintergrund der eingesetzten Stoffsysteme, dem Regenerationsprozess der Formstoffe und den festgelegten Grenzwerten für den Glühverlust bewertet werden, die für die Standorte Langenfeld und Pirna jeweils max. 3 Masse-% betragen. Von diesem Wert ist man mit der derzeitigen Regenerationstechnik ausreichend weit entfernt auf der sicheren Seite, was auch durch die direkte Kohlenstoffmessung bestätigt wird.
b) Kohlenstoffmessungen Die Kohlenstoffmessungen wurden als Verbrennungsanalyse nach DIN ISO 10694 durchgeführt. Da der Kohlenstoffgehalt nur einen Anteil, wenn auch den wesentlichen, der Kohlenwasserstoffbindesysteme beschreibt, liegt er immer niedriger als die Ergebnisse der Glühverlustbestimmungen (vorausgesetzt, sie sind unbeeinflusst von der Spinelloxidation).
c) Gasabgabe Da die organischen Komponenten schlussendlich für die Gasabgabe verantwortlich sind, wurden nicht nur der C-Gehalt gemessen, sondern an ausgewählten Proben auch die Gasabgabe. Bei der vom IFG Düsseldorf durchgeführten Prüfung wird nicht nur die gesamte Menge der freigesetzten Gase ermittelt (Abb. 5), sondern es lassen sich auch Aussagen über die Freisetzung der Mengen über die Zeit treffen (Abb. 6). Nachfolgend dargestellt sind Quarz- und Chromerzregenerate aus Langenfeld (zu beachten ist die unterschiedliche
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Skalierung der y-Achsen: cm³/g). Deutlich erkennbar ist zunächst der initiale Gasstoß mit einer schlagartigen Gasfreisetzung, gefolgt von nachlassenden Gasmengen in Abhängigkeit von der Zeit.
Wg. der Aussagekraft sind hier Regenerate mit verschiedenen Kohlenstoffgehalten von 0,55Masse-% (Chromerzregenerat) und 2,72 Masse-% (Quarzregenerat) gegenübergestellt worden. Damit wird unmittelbar der Zusammenhang zwischen den Kohlenstoffgehalten und den sich hieraus entwickelnden Gasmengen sowie die Notwendigkeit einer reproduzierbaren Formstoffregeneration auch im Hinblick auf die Restkohlenstoffgehalte deutlich (Abb. 7 und 8).
In den Abb. 9 und 10 ist die Entwicklung der Regeneratgüten über längere Produktionszeiträume dargestellt. Beurteilungsmerkmal ist ebenfalls der Kohlenstoffgehalt. Dargestellt sind sowohl Schwankungen als auch Gleichmäßigkeiten, so dass unmittelbar Korrekturmaßnahmen der Prozesse eingeleitet werden können, wenn die Messungen weiter durchgeführt werden.
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Abb. 5:
Probe 5: Gasabgabe des Quarzregenerates (Quelle: IFG Düsseldorf); C-Gehalt: 2,72 Masse-%
Abb. 6:
Probe L7: Gasabgabe des Chromerzregenerates (Quelle: IFG Düssedorf); C-Gehalt: 0,55 Masse-%
Abb. 7:
Probe L5: Gasabgabe des Quarzregenerates (Quelle: IFG Düsseldorf); C-Gehalt: 2,72 Masse-%
Abb. 8:
Probe L7: Gasabgabe des Chromerzregenerates (Quelle: IFG Düssedorf); C-Gehalt: 0,55 Masse-% Seite 45 von 84
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Abb.9: Darstellung der Güte der Chromerzregenerate anhand der Kohlenstoffgehalte; Wochenbetrachtung
Abb.10: Darstellung der Güte der Modellsande anhand der Kohlenstoffgehalte; zusammengefasste Monats- und Wochenbetrachtung Seite 46 von 84
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Ergebnisse Als Ergebnisse der Reihenuntersuchungen an beiden Standorten wurden festgestellt: •
Die Herstellung von Schmelztabletten und die RFA-Messungen haben sich bewährt. Sie geben einen guten Überblick über die gesamte anorganisch-chemische Zusammensetzung und zeigen unmittelbar die Konstanz der Regenerate an. Die Aufnahme des Elementes Zirkonium in das RFA-Messprogramm
ermöglicht den
Nachweis des Verschleppens von Zr-haltigen Schlichten. •
Mit der Bestimmung des Kohlenstoffgehaltes können die organischen Rückstände der Formsande und damit die Regeneratgüte reproduzierbar bestimmt werden.
•
Für
die
Bestimmung
des
Glühverlustes
in
Chromerzsanden
muss
die
Messtemperatur auf max. 550 °C beschränkt werden. Trotz der Messunsicherheit, resultierend aus der beginnenden Spinelloxidation kann dieses Verfahren genutzt werden, wenn der aktuelle Grenzwert von 3 Masse-% für den Glühverlust nicht reduziert wird. Die Messunsicherheit ließe keine belastbare Beurteilung zu, wenn die Sollgrenzen aus betriebsbedingten Gründen reduziert werden müssten. •
Die durchgängig in der Größenordnung von wenigen X00 ppm gemessenen Stickstoffgehalte
entsprechen
der
Konzentration,
wie
sie
auch
von
den
Hilfsstofflieferanten genannt werden. Sie sind lt. Diskussion vom 1.10.09 im Projektkonsortium unkritisch und stellen damit keinen überwachungsbedürftigen •
Parameter dar. Die Neusande zeigten keine Auffälligkeiten und sollten nur noch im Verdachtsfall gemessen werden. Hierzu sollte ein System der Probenahme und zeitlich begrenzten Einlagerung
von
Rückstellmustern
geschaffen
werden,
so
dass
bei
Unregelmäßigkeiten im Prozess auf diese zurückgegriffen werden kann. Die gemessenen Schwankungsbreiten der Neusande sind im tolerierbaren Bereich und können in Qualitätssicherungsvereinbarungen übertragen werden. •
Die Chromerzregenerate in Langenfeld zeigten nur in L62 mit einem SiO2-Wert von 2,63 Masse-% eine Überschreitung des Grenzwertes von 1 Masse-%; auch der Gesamtgehalt an Bindern unterschritt den Grenzwert immer. Dagegen wiesen die Quarzsandregenerate durchgängig zu hohe Verunreinigungen an Chromerzsanden, vielfach auch zu hohe Anteile an Bindersystemen auf (Abb. 11).
•
Analog zu Langenfeld war auch in Pirna lediglich in einer Probe der SiO2-Grenzwert des Chromerzregenerates überschritten. Im Gegensatz zu Langenfeld wurde jedoch
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der Chromitanteil im Quarzsandregenerat nur einmal überschritten. Die Binderanteile bewegten sich kontinuierlich unterhalb der Grenzwerte.
Abb. 11: Darstellung der Regeneratgüte von Quarzsand (Kombination der Daten aus Monats- und Wochenverläufen); Prüfmerkmal Cr2O3; rote Linie: Grenzwert Um Mischungsänderungen im Tages- und Wochenverlauf besser beurteilen, maximale Schwankungsbreiten ermitteln und konkrete Gegenmaßnahmen in der Prozesssteuerung vornehmen zu können, wurden an beiden Standorten kontinuierlich Proben gezogen, über die die Formstoffzusammensetzung im Tages- und Wochenverlauf ermittelt werden konnte. Die Probenahme in Langenfeld wurde von 6 h bis 13.30 h im 2-Stunden-Rhythmus durchgeführt (jeweils 4 Tagesproben), in Pirna von 7 bis 20 h (2-4 Tagesproben).
Bei der Beurteilung der Formstoffaufbereitung über den Wochenverlauf werden i.W. die Verunreinigungen von Quarz im Chromerzregenerat (repräsentiert durch den SiO2-Gehalt), die Verunreinigungen von Chromit im Quarzregenerat (repräsentiert
durch den Cr2O3-
Gehalt) und den Kohlenstoffgehalt herangezogen. Die Auswertung ergibt folgendes Bild:
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Formstoffaufbereitung Langenfeld •
die Quarzgehalte der Chromerzregenerate überschreiten den Grenzwert von 1 Masse-% regelmäßig. Die Kohlenstoffgehalte unterliegen nur leichten Schwankungen und bleiben immer deutlich unter dem Grenzwert von 3 Masse-%.
•
Wie schon in der Vorphase des Jahres 2009 überschreiten die Chromitgehalte in den Quarzsandregeneraten den Grenzwert von 1,5 % immer. Allerdings konnten durch die Maßnahmen der Prozessführung die zu Projektbeginn festgestellten Werte > 8 Masseprozent vermieden und der Durchschnittswert von 5,8 auf 4,3 Masseprozent reduziert werden.
Formstoffaufbereitung Pirna •
die Quarzgehalte der Chromerzregenerate liegen bis auf zwei Ausnahmen unterhalb des
Grenzwertes.
Die
Kohlenstoffwerte
zeigen
zwar
Abhängigkeiten
vom
Tagesverlauf, liegen aber im Maximum bei ca. 0,7 Masse-% und damit weit unterhalb des Grenzwertes von 3 Masse-%. •
Die Chromitgehalte des Quarzsandregenerates pendeln sich im Wochenverlauf von einem sehr niedrigen Niveau startend nach 2 ½ Tagen auf ein höheres Niveau unter dem
Grenzwert
ein;
erwartungsgemäß
treten
in
dieser
Lage
Grenzwertüberschreitungen auf, die jedoch im Vergleich zu Langenfeld sehr gering sind (Abb. 12). Analog zu Langenfeld zeigt sich auch eine Schwankung im Kohlenstoffgehalt um ca. 0,4 Masse-%, die sich jedoch im Gegensatz zu Langenfeld deutlich unter dem Grenzwert bewegt.
Abb.12 : Quarzsandregenerat Pirna, Cr2O3-Gehalte (m.-%).
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Formenherstellung Zusätzlich zu den potentiell gasbildenden Inhaltsstoffen des Formsandes ist die Gasdurchlässigkeit der Formen für die Abführung der Gase und damit zur Vermeidung von Poren in der Gussteiloberfläche von entscheidender Bedeutung. Für diese Gasdurchlässigkeit gibt es die Normprüfung „VDG Merkblatt P 41“. Mit diesem Verfahren können zwar Rückschlüsse auf eine bessere oder schlechtere Gasdurchlässigkeit gezogen werden, jedoch erhält man keine Erkenntnisse über den strukturellen Aufbau der Form.
Aussagen über diese Struktur können mit dem Verfahren der Quecksilberdruckporosimetrie gewonnen werden. Dabei wird durch Anlegen eines äußeren Druckes die Probe mit Quecksilber infiltriert. Das Intrusionsvolumen wird in Abhängigkeit des Druckes P ermittelt und an Hand der Washburn-Gleichung
unter
Berücksichtigung
der
Oberflächenspannung
des
Quecksilbers
γ
und
dem
Benetzungswinkel θ der Porenradius rP berechnet. Zur Anwendung im vorliegenden Projekt werden die bei Schmees verwendeten Verfahren zur Formenherstellung berücksichtigt. Die Formenherstellung erfolgt entweder über die automatische Anlage (Formanlage) oder mittels Verdichtung von Hand (Handformerei). Hierdurch entstehen Unterschiede in der Dichte des Formenmaterials bzw. unterschiedliche Oberflächen. Ferner kann es auch zu Entmischungen und Texturen kommen. Diese Dichteunterschiede können dann zu einer unterschiedlichen Gasdurchlässigkeit in der fertigen Form führen und es besteht die Möglichkeit der Entstehung von Gasblasen in der Metallschmelze durch eine unzureichende Entlüftung der Gießform während des Gießprozesses. Für eine ausreichend gute Entlüftung resp. Gasdurchlässigkeit sind somit die Porosität, Porengröße und die Porenform des Materials in der Sandform verantwortlich. Aus Betriebserfahrungen der Firma Schmees ist u.a. bekannt, dass die Entstehung von Gaseinschlüssen hauptsächlich in der Handformerei anzutreffen ist. Die mittels Formanlage hergestellten Sandformen und deren Gießergebnisse zeigen nahezu keine Besonderheiten im Bezug auf die Gasblasenbildung im Gießprozess. Zur Klärung, inwieweit signifikante Unterschiede in der Porosität und der Porengröße zwischen Formen aus der Handformerei und Formen aus der Formanlage bestehen sind Quecksilberdruckporosimeter-Messungen im FGK durchgeführt worden. Folgende Proben der Firma Schmees wurden für diese Analysen verwendet:
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Tab. 1: Detailauflistung der auf Porosität und Porengrößenverteilung untersuchten Sandformen Probe 1 2 3
Anteil Neusand 80 80 80
Anteil Altsand 20 20 20
Bauteil
Formgebung
Pressdruck
Brechriegel Probe aus Form Brechriegel
Formanlage Formanlage Handformerei
10 T
Untersuchunsergebnisse der Hg-Druckporosimetrie Die Messungen wurden an jeweils zwei Proben als unabhängige Doppelbestimmung durchgeführt, die Ergebnisse sind in Tab. 2 aufgelistet.
Tab. 2: Messergebnisse der Hg-Druckporosimetrie von Proben unterschiedlicher Herstellungsmethoden Probe
Messnr.
1 Anlage Bruchriegel 80/20 Mittelwert Standardabweichung
484
Median PorenDurchm. (Vol.) [µm] 167,1
489 -
2 Formanlage Mittelwert Standardabweichung 3 Hafo 80/20 10 T Mittelwert Standardabweichung
Rohdichte [g/cm3]
Reindichte [g/cm3]
Porosität [Vol.-%]
1,45
2,60
44,2
130,7 148,9 25,7
1,52 1,49 0,05
2,55 2,58 0,04
40,5 42,4 2,6
485 486 -
176,8 147,4 162,1 20,8
1,46 1,51 1,49 0,04
2,57 2,60 2,59 0,02
43,2 42,1 42,7 0,8
487 488 -
107,9 124,7 116,3 11,9
1,61 1,56 1,59 0,04
2,58 2,55 2,57 0,02
37,6 38,7 38,2 0,8
Die Messergebnisse zeigen, dass die anlagentechnisch hergestellten Proben höhere Porositätswerte und größere Porendurchmesser aufweisen. Somit ist zu erwarten, dass diese eine höhere Gasdurchlässigkeit aufweisen, wodurch die Bildung von Gasblasen im Gussteil verringert werden kann. Die Unterschiede im Bezug auf die Porengrößenverteilung wird in der graphischen Darstellung (Abb. 13) der Incremental Intrusion in Abhängigkeit der Porengröße deutlich. Die Graphik zeigt die Häufigkeit der jeweiligen Porengröße. Die anlagentechnisch hergestellten Proben weißen dabei ihre Hauptporosität im Bereich von 150 µm bis 220 µm auf. Die in der Handformerei hergestellte Probe hat ihr Maximum bei ca. 80 µm bis 100 µm.
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Abb. 13: Hg-Druckporosimetrie (inkrementelle Intrusionskurven) der untersuchten Proben Es ist zu berücksichtigen, dass lediglich Probe 2 (Formanlage) aus der direkten Produktion genommen wurde. Probe 1 und 3 wurden aus Brechriegeln genommen, welche im Labor standardmäßig hergestellt werden. Die Messabweichung in der Doppelbestimmung ist auf unterschiedliche Verdichtungsgrade und inhomogene Mischungen zurückzuführen. Für eine eindeutigere Bestimmung der Porosität und Porengrößenverteilung in Abhängigkeit der Formgebungsmethode sind gezielte Probennahmen aus der Produktion und an bestimmten Stellen der Formen durchzuführen. Desweiteren ist zu prüfen, in wie weit die Verarbeitungszeit einen Einfluss auf die Verdichtung und somit die Porosität und Porengröße zeigt. Mit den vorliegenden Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die Gasdurchlässigkeit von
ein
und
demselben
Material
durch
betriebsbedingte,
unterschiedliche
Formgebungsverfahren signifikant schwankt. Damit steht zusätzlich zur Gasdurchlässigkeit ein weiteres Verfahren zur Beurteilung der Verdichtung einer Form zur Verfügung welches zudem weniger Aufwand an die Probenvorbereitung stellt. Zukünftige Entwicklungsarbeiten mit zielgerichteten Änderungen der Korngrößenverteilungen in Kombination mit der Verdichtung lassen sich mit dem Verfahren der Hg-Druckporosimetrie gut auf ihre Wirksamkeit überprüfen.
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B: Thermische Belastung der Formstoffe in Abhängigkeit von der Entfernung vom Gussteil Um den Temperaturverlauf und die Änderung des Formstoffchemismus in Abhängigkeit von der Entfernung zum Gussteil zu ermitteln und hieraus mögliche Gasvolumina ableiten zu können wurde von Schmees eine spezielle Gussform entworfen. Zur Messung der Temperaturen und des Temperaturverlaufes während des Gießprozesses wurde eine spezielle Form hergestellt und diese mit Thermoelementen in unterschiedlichen Abständen zur Guss-Kontaktfläche versehen. Im Bereich der hohen Temperaturen kamen Pt/Rh-Pt und im Bereich mit niedrigeren Temperaturen Ni/Cr-Ni Thermoelemente zum Einsatz. Diese wurde mit Temperaturfühlern im Abstand von 2, 4, 10 und 20 cm zum Gussstück versehen und exakt an diesen Stellen beprobt (Proben P 173-176).
Abb. 14: Gießform während des Einbaus der Thermoelemente Durch
den
Versuchsaufbau
Umwandlungsreaktionen
und
sollten
neue
entstehende
Erkenntnisse
Reaktionsprodukte
über sowie
zu über
erwartende Art
und
Zusammensetzung der entweichenden Gase gewonnen werden. In Verbindung mit den am FGK durchgeführten Simultanthermoanalysen und den Messungen der Gasabgabe beim Seite 53 von 84
Schlussbericht Projekt 01RI0724
durchgeführten Simultanthermoanalysen und den Messungen der Gasabgabe beim Institut für Gießereitechnik könnten so durch die Fa. Schmees Ergebnisse abgeleitet werden die für die Zusammensetzung des Gießsandes aus Frisch- und Recyclinganteil wichtig wären.
Die genauen Positionen der angebrachten Thermoelemente sind in nachfolgender Skizze dargestellt. Die Thermoelemente wurden an einen analogen Mehrkanalschreiber mit Datenspeicher angeschlossen. Die Temperaturkurven sind ebenfalls nachfolgend dargestellt.
Abb. 15 : Versuchsaufbau mit Lageskizze der in der Gießform eingebauten Thermoelemente
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Abb. 16: Temperaturkurven nach 15 min
Abb. 17: Temperaturkurven nach 1 Stunde
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Abb. 18: Temperaturkurven nach 24 Stunden Gegossen wurde mit einer Temperatur der Schmelze von 1630 °C in eine Chromerzsandform. Die Abkühlphase bis zum Ausformen betrug 24 Stunden. Während des Ausformens wurden Proben aus den Bereichen der jeweiligen Thermoelementplätze entnommen. Durch die Temperaturbeeinflussung werden die Kohlenwasserstoffe der Binders, abhängig von der Entfernung zum Gussstück, unterschiedlich stark oxidiert, i. w. zu CO und CO2. Entsprechend
zeigen
Blasenentwicklung) Regeneratgüte)
sich
die
potentielle
Gasentwicklung
einerseits
sowie
der
Restkohlenstoffgehalt
andererseits.
Diese
Messungen
wurden
(Einfluss (Einfluss
einmalig
auf
die
auf
die
durchgeführt;
Reproduzierbarkeitsuntersuchungen konnten aus betrieblichen Gründen während der Projektlaufzeit nicht mehr durchgeführt werden. Es zeigte sich, dass in der dem Gussteil am nächsten gelegenen Probe (2 cm Abstand, P173) immer noch ein hoher Gehalt von 0,72 Masse-% Kohlenstoff vorliegt, was etwa einem Drittel der ursprünglichen eingesetzten Bindermenge entspricht und so nicht erwartet wurde. In der nächsten Probe (4 cm Abstand, P174) ist der Restgehalt an Corg mit 1,47 % auch sehr hoch. Die beiden äußeren Proben zeigen praktisch keinen Verlust gegenüber der Ausgangskonzentration, was mit der nachgewiesenen schlusszufolgern,
geringen dass
Temperaturbeaufschlagung bei
der
Einstellung
der
plausibel
ist..
Regenerate
Daraus diese
ist
hohen
Restkohlenstoffgehalte berücksichtig werden müssen. Mit dieser Gießform-Anordnung liegt nun ein Verfahren vor, mit dem Temperaturverläufe durch die Formstoffe nachvollzogen und die Güte der Regenerate im Hinblick auf Seite 56 von 84
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Restgehalte
an
organischen
Substanzen
ermittelt
und
auf
dieser
Basis
Prozessoptimierungen vorgenommen werden können.
C: Keramische Feuerfestmaterialien Die Untersuchung des Feuerfestmaterials (Speiser), die auf und in den Formstoffen angebracht sind, wurde während des Vorhabens zusätzlich zu den im Antrag formulierten Aufgaben durchgeführt. Ausgangspunkt waren die Ergebnisse der Untersuchungen der TU BAF, die Bestandteile von Feuerfestmaterialien in den Gussteilen nachwiesen. Um den evtl. Einfluss unterschiedlicher ff-Materialien auf Oberflächenschäden und hier insbesondere die Schlackenbildung und somit Entstehung von Einschlüssen zu untersuchen, wurden seitens der Fa. Schmees verschiedene ff-Materialien ausgewählt und dem FGK für Untersuchungen zur Verfügung gestellt. Ferner wurden die zugehörigen technischen Informationen der Herstellfirmen mitgeliefert. Auswertung der techn. Unterlagen des Feuerfestmaterials Die Prüfung der technischen Information ergab, dass die verwendeten Materialien teilweise der Anwendungstemperatur von > 1500 °C nicht entsprechen und diese Materialien dadurch für den vorgesehenen Einsatz nur bedingt bzw. ungeeignet sind. So hat z.B. das Material SV 38 von P-D Refractories (WETRO) nur eine Anwendungsgrenztemperatur von 1380 °C und das Material SV 80 des gleichen Herstellers eine Anwendungsgrenztemperatur von 1500 °C. Nicht ausreichende Anwendungsgrenztemperaturen führen während des Gießprozesses an der Kontaktfläche zwischen ff-Material und der Metallschmelze zur Bildung von Schmelzphasen. Diese können sich von der Oberfläche lösen und gelangen so in die Schmelze und führen zu Einschlüssen. Oberflächenbewertung des Feuerfestmaterials Ferner war auffällig, dass die Oberflächen der ff-Materialien partielle Unterschiede in der Beschaffenheit aufweisen. Im Außenbereich ist dies, sofern loses ff-Material beim Zusammenbau der Formen nicht bereits ins Formeninnere gelangt, nicht so wichtig. Im Innenteil der Formstücke ist eine einwandfreie Oberfläche hingegen zwingend erforderlich. Vor allem das Material WETRO SV 80 zeigt im Innenbereich des Rohres ein starkes „Abmehlen“ bereits beim Berühren mit der Handfläche. Das Herauslösen von Partikeln aus dieser Oberfläche durch die hindurchfließende heiße Schmelze ist somit vorprogrammiert. Die mitgerissenen Partikel können sich somit in der Schmelze einlagern und führen letztendlich zu Einschlüssen im Formstück. Zur Verdeutlichung ist die Oberfläche des Materials SV 80 nachfolgend abgebildet.
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Abb.19:Innenseite eines ff-Gussrohres Um die Abriebbeständigkeit der verschiedenen ff-Materalien besser beurteilen zu können, wären Prüfungen auf Tiefenverschleiß erforderlich. Um die generelle Einsetzbarkeit der derzeit verwendeten Materialien zu prüfen sollte mit den entsprechenden Lieferanten das Gespräch gesucht werden; ein der Anwendung entsprechendes Lastenheft sollte erstellt werden.
D: Weiterentwicklung keramischer Formstoffe (FGK) Teilprojekt Keramikmasse ESKAFOS Neben der Beurteilung der Formstoffe als mögliche Ursache für die Porenbildung in GussStücken waren parallel auch Entwicklungsarbeiten zu den keramischen Gussformen basierend auf der durch das FGK entwickelten ESKAFOS-Masse 1 durchzuführen.
Versuchs-Guss-Stücke, die in Eskafos-Keramikformen abgegossen waren, wurden zunächst visuell, später auch mikroskokpisch auf Oberflächenfehler hin untersucht. Grundsätzlich zeigten die auf Basis ESKAFOS hergestellten Formen sehr gute Oberflächeneigenschaften, was sich, gegenüber herkömmlicher keramischer Formen sowie gegenüber Sandformen, in 1
BMBF-Verbundvorhaben vom 01.07.2007 bis zum 31.03.2008, Förderkennzeichen 01RK0406: „Entwicklung keramischer Stahlgussformen mit anorganischen Bindern in gewichtsreduzierter Ausführung unter Einsatz einer Pilotbrenneinrichtung“
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einer sehr positiven Bewertung der Metallgussoberflächen spiegelt. Abb. 20 zeigt die frische, unbearbeitete Gusshaut eines in ESKAFOS-Keramikmasse abgegossenen Bauteils.
a)
b)
Abb. 20: a) Gusshaut eines in ESKAFOS-Keramik abgegossenen Gussteils, b) Detail. Als ein wesentliches Anwendungsfeld der keramischen ESKAFOS-Massen wurde die Herstellung geteilter Kernsegmente erkannt. Bei kleinen, geometrisch anspruchsvollen, komplex geformten Bauteilen mit Hinterschneidungen müssen segmentierte Kerne eingesetzt werden. Mit der konventionellen keramischen Masse waren solche Kerne bislang nicht darstellbar, da die Einzelsegmente nicht ausreichen form- und dimensionsstabil waren. Durch die zur Verfügung stehende neue ESKAFOS-Masse sind solche Kernsegmente erstmals zugänglich. Hierzu wurden im Berichtszeitraum zunächst Musterteile mit segmentierten Kernen hergestellt (Abb. 21 - Abb. 24).
Abb. 21: Herstellung Kernsegment.
Abb. 22: Ausformung ESKAFOS-Kern.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Abb. 23: Zusammengesetzter Kern.
Abb. 24: ESKAFOS-Probe-Gussteil.
Aufgrund der guten Ergebnisse wurden im weiteren Projektverlauf auch Parallel-Versuche mit keramischen ESKAFOS-Formen im Vergleich zu Produktionsgüssen (Sandgussformen) durchgeführt.
Hierbei zeigte sich die größere Schadenstoleranz der ESKAFOS-Formen gegenüber Temperaturschock: Von 4 insgesamt gefertigten Teilen (3 x Sandguss, 1 x ESKAFOS) zeigte lediglich das in ESKAFOS abgegossene Bauteil (Abb. 25 und 26) keine Abrisse an den Innenflügeln (Riss zwischen Achse und Innenflügel an allen drei in Sand gegossenen Bauteilen, welche aufwändig nachbearbeitet werden mussten) und die Oberfläche wurde als gut bewertet.
Abb. 25 und 26: Gussteil mit Innenspirale, realisiert über segmentierten Kernguss mit neu entwickelter Masse ESKAFOS.
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
Um die Erfahrungen mit der ESKAFOS-Masse auf ein statistisch breiteres Fundament stellen zu können, wurde beschlossen, weitere Gießversuche auf Basis von ESKAFOSKeramikmassen durchzuführen. Abb. 27 a)-c) zeigt 3-D-Darstellungen eines weiteren geometrisch anspruchsvollen Bauteils (dreiflügeliger Ventilkorb), welches mit ESKAFOSKeramikformen / -kernen hergestellt und hinsichtlich der Poren auf den Gussoberflächen bewertet wurde.
a)
b)
c)
Abb. 27: Modellentwurf für dreiflügeligen Ventilkorb (Muster-Gussteil für ESKAFOSKeramikmassen zur Beurteilung der Praxistauglichkeit und Oberflächengüte).
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Abb. 28: Herstellung einer ESKAFOS-Form zum Guss des dreiflügeligen Ventilkorbes aus Abb. 27 in einzelnen Fertigungsschritten. Im letzten Bild ist im Vordergrund ein dreifach geteiltes Modell zu sehen (weiß), im Hintergrund ein in einem Schritt hergestelltes ungeteiltes Modell (blau). Ein wesentlicher Unterschied der keramischen ESKAFOS-Formmassen gegenüber der bislang hauptsächlich eingesetzten Keramikmasse auf Ethylsilikat-Basis besteht darin, dass die
ESKAFOS-Masse
keine
quasi-elastische
Gelphase
durchläuft.
Dies
kann
zu
Schwierigkeiten bei der Entformung führen, wenn die Formen starke Hinterschneidungen,
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Schlussbericht Projekt 01RI0724
enge Radien und / oder Winkel aufweisen. Aus den Erfahrungen von Praxis-Versuchen beim Projektpartner Edelstahlwerke Schmees ergab sich auch die Erkenntnis, dass die Probleme bei der Entformung der ESKAFOS-Massen vom Material der Urform abhängen. Neben dem im Abb. 21 gezeigten Modelllack (blau) kommt als Schal- und Formmaterial sogenanntes Multiplex (beschichtetes Formschalholz) sowie - wie am Beispiel des dreiflügeligen Ventilkorbmodells in Abb. 27 gezeigt - insbesondere mit Klarlack überzogenes Modellholz sowie ein spezielles Kunstharz zum Einsatz. Häufig werden die Materialien in Kombination miteinander verwendet. Die nachfolgende Abb. 29 zeigt einen Teil des Modells für den dreiflügeligen Ventilkorb, in welchem Kunstharz und Klarlack, die beiden zur Zeit meistverwendeten Materialien bei Edelstahlwerke Schmees in Kombination miteinander verwendet werden. Ferner ist dargestellt, wie beim Entformungsprozess am Übergang von Kunstharz auf Klarlack ESKAFOS-Masse am Urfomrmaterial (mit Klarlack lackierte Holzoberfläche) haften geblieben ist. Der entsprechende Ausbruch am gegossenen ESKAFOS-Kernsegment ist im rechten Bild dargestellt. Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass solche Ausbrüche durchaus noch händisch mit ESKAFOS-Masse repariert werden können, da
es
sich
hierbei
aber
um
zusätzlichen
Aufwand
handelt,
sollte
der
Formmodellherstellungsprozess hinsichtlich solcher Anhanftungen genauer Untersucht und in Richtung geringerer Haftungs- und Ausbruchneigung optimiert werden.
Abb. 29: Masseanhaftung von ESKAFOS an Klarlack-Urform (links) sowie dazu gehöriger Ausbruch an ESKAFOS-Formoberfläche (rechts) nach dem Entformen. Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche von Stahl-Gussteilen, die in ESKAFOS-KeramikFormen gegossenen waren, oder bei denen ESKAFOS-Keramik-Kerne eingesetzt wurden, rührten
nach
Auswertung
produktionsnaher
Versuche
vornehmlich
von
Entformungsrückständen her (verbleibende Massereste an Holz-Urform, s. Abb. 29). Poren hingegen, wie sie beim Sandformguss häufig auftreten, wurden in Verbindung mit ESKAFOS-Formen nicht beobachtet. Daher galt im weiteren Verlauf der Untersuchungen der ESKAFOS-Formmassen die Aufmerksamkeit der Charakterisierung des EntformungsSeite 63 von 84
Schlussbericht Projekt 01RI0724
verhalten unterschiedlicher Formmaterialien gegenüber der ESKAFOS-Masse und dem Einfluss verschiedener Trennmittel auf Wachsbasis zur Vermeidung respektive Reduzierung von Anhaftungen und der leichteren und weniger mit Fehlern behafteten Entformbarkeit.
Abb. 30: Entformungsrückstände ESKAFOSMasse auf Holzlaminat-Form ohne Verwendung von Trennmittel.
Um die Entformbarkeit von ESKAFOS-Massen gegenüber dem üblicherweise verwendeten Multiplex
(beschichtetes
Laminat-Holz-Material)
testen
und
ggf.
alternative
Formentrennmittel evaluieren zu können, wurden folgende unterschiedliche Messmethoden hinsichtlich ihrer Eignung zur Bewertung von Trennmitteln untersucht: -
Ausbreitmaß / Benetzungsfläche
-
Benetzung / Kontaktwinkel
-
Formenhaftung / Ablösekraft
Messungen des Ausbreitmaßes (Abb. 31) ermöglichten bedauerlicherweise ebensowenig wie Messungen des Benetzungswinkels (Abb. 32) zwischen nicht bestrichenen und mit unterschiedlichen Formtrennmitteln bestrichenen Holzformplatten und der ESKAFOS-Masse eine geeignete Differenzierung zwischen unterschiedlichen Trennmitteln.
Abb. 31: Formausfließen (Ausbreitmaß) auf Formholz ohne (li.) und mit (re.) Trennmittel.
Abb. 32: Kontaktwinkel von ESKAFOS auf Formholz.
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Bei den Versuchen zum Formausfließen (Bestimmung des Ausbreitmaßes) ergab sich allerdings beim anschließenden Reinigen der Platten, dass zum Einen mehr oder weniger Kraftaufwand erforderliche war zum Ablösen der ausgehärteten ESKAFOS-Massen und zum Anderen mehr oder weniger Masserückstände an der Multiplex-Oberfläche haften blieben, dies jeweils in Abhängigkeit davon, ob ein Trennmittel verwendet wurde oder nicht, und wenn ja, welches (s. Abb. 33).
a)
b)
c)
Abb. 33: Masseanhaftung nach Abformen von ESKAFOS von Multiplex-Unerlage a) ohne Trennmittel, b) mit Bodenwachs (Allrein Ofra GmbH, Langenfeld, bislang verwendet bei Edelstahlwerke Schmees) und c) von FGK eingeführtes Hochtemperatur-Modellwachs TR 104 High Temp. Mold Release (T.R. Industries, USA). Hier zeigte sich rein qualitativ bereits ein Vorteil der mit Bodenwachs behandelten Formmaterialien (bislang bei Edelstahlwerke Schmees eingesetztes Bodenwachs der Fa. Allrein-Ofra GmbH, Langenfeld) gegenüber unbehandelten Formmaterialien und eine weitere deutliche Verbesserung beim Wechsel zum vom FGK vorgeschlagenen HT-Modellwachs TR 104 (TR Industries, USA). Zur Quantifizierung des Effektes wurden Versuche zur Messung der erforderlichen Kraft zur Entformung von Norm-Proben durchgeführt. Hierzu wurden ESKAFOS-Blöcke mit den Maßen 50 x 50 x 165 mm gegossen. Nach einer Härtezeit von 30 Min. im Trockenschrank bei 55 °C wurden die Proben in einer Universalprüfmaschine (Zwick Z 250, Fa. Zwick-Röll, Ulm) aus dem Schalungsmaterial in longitudinaler Richtung herausgedrückt und die aufzubringende Kraft Fmax [N] zum Ablösen der Probe ermittelt (Flächenkontakt an je zwei Seiten und der Rückenwand). Prüfmaschine und Versuchsaufbau sind in Abb. 34 gezeigt.
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Abb. 34: Messung der Ablösekraft Fmax von ESKAFOS-Masse (hier: MultiplexFormschalung) mit Hilfe einer Universalprüfmaschine (Fa. Zwick, Modell Z 250). Es wurden die beiden bereits zuvor beschriebenen Wachse (Allrein-Flüssig-Bodenwachs und TR 104 Hochtemperaturwachs) und ihr Verhalten gegen die vier bei Edelstahlwerke Schmees am häufigsten eingesetzten Formschalmaterialien untersucht (Klarlack, Modellack, Kunstharz und Multiplex). Um die betriebliche Praxis optimal nachzustellen (nicht einmalige Nutzung einer Form sondern mehrmalige Verwendung) sollte eine mögliche Abnutzung bzw. ein mögliches Einlaufen der Form mit simuliert werden. Aus
diesem
Grund
wurden
Mehrfachuntersuchungen
durchgeführt
(sofern
das
Abbruchkriterium einer zuvor definierten maximalen Kraft von 2,5 kN nicht erreicht wurde, bis zu 15 Entformungen der ESKAFOS-Masse aus der identischen Form eines Materials), wobei weiterhin zwei unterschiedliche Vorgehensweisen hinsichtlich der Einwachsmethode differenziert betrachtet wurden: -
Einfachwachsen (E): in einer Versuchsreihe wurde jeweils zu Beginn nur einmal eingewachst, danach dieselbe Form ohne weiteres Nachwachsen zwischen den folgenden Abformungen weiter verwendet
-
Mehrfachwachsen (M): in einer weiteren Versuchsreihe wurde zu Beginn einmal eingewachst, danach wurde dieselbe Form für die nachfolgenden Abformungen weiter verwendet, wobei vor jeder weiteren Abformung die Form erneut eingewachst wurde.
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Die Ergebnisse sind zusammenfassend in der nachfolgenden Graphik mit tabellarischem Anhang (Abb. 35) dargestellt:
Abb. 35: Vergleich von Schmees-BodenWachs (SW) und Hochtemperatur-Wachs-TR 104 (HW) mit Unterscheidung zwischen Einfachwachsung (SWE bzw. HWE) vor Beginn der Versuche bei mehrfacher Verwendung derselben Form und Mehrfachwachsung (SWM bzw. HWM) vor Beginn der Versuche und vor jedem weiteren Abformen bei mehrfacher Verwendung derselben Form. Vorweggenommen sei, dass eine Abhängigkeit des Entformungsverhaltens von der Rauheit im Rahmen der Untersuchungen nicht beobachtet werden konnte. Die Rauheitswerte blieben über die Mehrfachentformungen nahezu konstant.
Als ein erstes Ergebnis zeigte sich unabhängig vom eingesetzten Wachs und der Einwachsmethode eine klare Differenzierung der Formmaterialien: Von gut nach schlecht: 1. Multiplex 2. Klarlack 3. Modelllack 4. Kunstharz
Folgende weiteren Ergebnisse und Erkenntnisse konnten aus den Unter-suchungen abgeleitet werden:
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Vergleich Einfach-Wachsen vs. Mehrfach-Wachsen Æ Unabhängig vom Material und vom Wachstyp ist das erneute Einwachsen nach jedem Abgussvorgang zu empfehlen! Æ Beim Mehrfachwachsen mit Schmees-Wachs kann die für die Entformung erforderlichen Kraft um bis zu -20 % verringert werden (im Mittel -5%). Æ Beim Mehrfachwachsen mit HT-Wachs kann die für die Entformung erforderliche Kraft um bis zu -22 % verringert werden (im Mittel -12 %) ÆÆ Vermeidung des Risikos von Anhaftungen! Vergleich Schmees Bodenwachs vs. HT-Modellwachs TR 104 Æ Bei Multiplex-, Klarlack- und Modelllack-Formen ist kein signifikanter Einfluss feststellbar. Æ Bei Kunstharz (meist verwendet mit ESKAFOS) ist beim Mehrfachwachsen ein positiver Einfluss festzustellen:
HWEÆHWM: -22% SWMÆHWM: -23%
Gerade bei komplizierteren Bauteilgeometrien, die mit ESKAFOS abgegossen werden, kann laut Aussage des Projektpartners Edelstahlwerke Schmees auf das eingesetzte Kunstharz, welches als Formaterial hinsichtlich der Entformbarkeit mit Abstand am schlechtesten abschnitt, grundsätzlich nicht verzichtet werden.
Da klarlacküberzogene Holzoberflächen im direkten Vergleich zu Kunstharzoberflächen zur Entformung nur ca. 40 % der erforderlichen Maximalkraft benötigten (vgl. Abb. 16), wurde weiterhin untersucht, ob es zur Verbesserung der Eigenschaften möglich wäre, Kunstharzteile mit Klarlack zu überziehen. Die Ergebnisse sind in Abb. 36 graphisch dargestellt, wobei hier wegen der vorher ermittelten Erebgebnisse hinsichtlich der unterschiedlichen
Wachse
nur
noch
der
Hochtemperaturwachs
in
Einfach-
und
Mehrfachwachsung gegen mit Klarlack behandelte und unlackierte Kunstharzplatten dargestellt wurde.
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Abb. 36: Vergleich unlackierter und mit Klarlack lackierter Kunstharzplatten, einmalig und mehrmalig gewachst (HT-Wachs TR 104). Der Vergleich zeigt, dass ein Mehrfachwachsen grundsätzlich von Vorteil ist, ferner, dass die Lackierung grundsätzlich einen deutlichen Vorteil bringt. Die Gegenüberstellung einer mehrfach eingewachsten unlackierten Kunstharzform mit einer mit Klarlack lackierten nur einmalig gewachsten Kunstharzform zeigt, dass bei Letzterer bei nur einmaligem Einwachsen erst nach ca. 7 – 9 Abformungen die gleiche Kraft zur Ausformung aufgebracht werden muss, wie bei einer unlackierten Kunstharzform, die vor jedem Abformvorgang eingewachst wurde. Hieraus ergibt sich, dass durch die Lackierung die Erfordernis, vor jeder Abformung die Form neu einwachsen zu müssen, nicht mehr grundsätzlich besteht und damit der Arbeits- und Zeitaufwand reduziert werden könnten. Æ Allerdings ist die optimale Lösung in einer lackierten Kunstharzform zu sehen, die darüber hinaus mehrfach, d.h. vor jeder neuen Abformung frisch ein gewachst wird. Hierdurch wird dauerhaft die zur Entformung erforderliche Kraft auf dem niedrigsten Niveau gehalten, womit gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit von Ausbrüchen und Masseanhaftungen minimiert werden kann.
Neben dem Fehlen der quasi-elastischen Gel-Phase, welche zu den gegenüber dem EthylSilikat-Verfahren schwieriger zu beherrschendem Entform-ungsverhalten führt, ist die ESKAFOS-Masse weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass sie auf Grund der chemischen Abbindereaktion der Komponenten innerhalb der Verfestigungsphase von der leicht fließfähigen Masse hin zum starren Körper (in der produktionsüblichen Zeit von ca. 30 Seite 69 von 84
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Minuten) eine ausgeprägte exotherme Wärmetönung aufweist. Bei kleinen offenen Formen (gemessen im Laborversuch, s. Abb. 37) werden so leicht Temperaturen von bis zu ca. 50 °C erreicht, bei großen geschlossenen Formen können sogar noch deutlich höhere Temperaturen von bis zu ca. 70 – 80 °C erreicht werden (mündliche Information aus der Produktion von Edelstahlwerke Schmees, Formengießerei für Versuchs-Gussteile).
Abb. 37: Temperaturentwicklung der exothermen Abbindereaktion von ESKAFOS.
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Abb. 38: Tropfenbildung und Laufspuren in ausgehärteter ESKAFOS-Gussform .
Anhand der untersuchten Mustergussteile zeigte sich, dass es durch die Exothermie der Abbindereaktion der ESKAFOS-Massen bei Verwendung des Allrein-Flüssigwachses teilweise zu Aufschmelzungen und Tropfenbildung des eingesetzten Bodenwachses gekommen ist (s. Abb. 38). Dies führte in der weiteren Folge zwar nicht zu Porenbildung im eigentlichen Sinne, jedoch zu einer Erhöhung der Rauhigkeit bzw. Bildung von Tropfen- und Laufspuren in der späteren Oberfläche des Metallgussteils (s. Abb. 20 a und b).
Die
beiden
Trennmittel-Wachse
unterschieden
sich
hinsichtlich
der
chemischen
Zusammensetzung in der Weise, dass Allrein-Bodenwachs als Hauptbestandteil > 50% eines
leichtflüchtigen
aliphatisch/aromatischen
Kohlenwasserstoffgemisches
(=
Naphtha/Erdöl/Benzin) enthält, sowie als zweiten wesentlichen Bestandteil niedrig schmelzende Paraffine (Schmelzintervall ca. 45 – 60 °C), wohingegen das HochtempteraturModellformwachs TR 104 als Hauptbestandteil Carnaubawachs (Schmelzintervall ca. 80 – 100°C) enthält. Somit ergeben sich in Zusammenhang mit ESKAFOS-Massen beim Umstieg des Trennmittels von Allrein-Flüssigwachs auf TR 104 Hochtemperaturwachs zusammenfassend folgende drei Vorteile, die zur Reduzierung von Oberflächenfehlern und Poren im Stahlgussteil beitragen: - Leichtere Entformbarkeit, reduzierte Oberflächenfehler durch Ausbrüche; Seite 71 von 84
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- Längerer Wachseffekt, geringerer Nachwachsbedarf; - Höherer Schmelzbereich, weniger Oberflächenfehler durch Wachsschmelze.
E: Maßnahmenkatalog Die vorbeugenden Maßnahmen gegen die Blasenbildung gehen in zwei Richtungen.
1. Den Gasen die Möglichkeit geben, schnell aus der Form zu entweichen. 2. Die Entwicklung von Gießgasen auf ein Minimum reduzieren.
Beide Richtungen müssen verfolgt werden.
Maßnahmen zur Abführung von Gießgasen aus der Form
Hierzu existieren in der Formerei vielfältige handwerkliche Möglichkeiten und technische Lösungen (z.B. Luftsteiger, Luftpfeifen, Gazeschläuche, von den Kernmarken wegführende Luftkanäle, in und unter der Form eingebrachte Luftkanäle).
1. In der heutigen Großformerei sollte die Art und Weise der Abführung der Gießgase nicht nur dem handwerklichen Geschick von Handformer und Meister überlassen werden, sondern bereits in der konzeptionellen Phase der Auftragsabwicklung Berücksichtigung finden. Das System zur Abführung der Gießgase aus der Form sollte fester Bestandteil der gussteilspezifischen technologischen Unterlagen und Vorgaben zur internen Auftragsrealisierung sein. Einen wesentlichen Einfluss auf die Abführung von Gießgasen aus der Form übt die Gasdurchlässigkeit der Formstoffe aus. Diese muss in der Lage sein, den Gasstoß abzufangen, der besonders in den ersten Sekunden nach Kontakt mit der Schmelze in und unter der Schlichte im Formstoff wirksam wird [2,3]. Entscheidend hierfür ist das Porenvolumen im verdichteten Formstoff (s.a. Abb. 13), das durch Korngrößenverteilung, den Grad der Verdichtung, durch die Fein- und Schlämmstoffanteile und den Bindemittelgehalt bestimmt wird. Hier gilt es, für die Sandqualitäten H31 (Pirna) und H32 (Langenfeld) nach Abtrennung der Feinanteile bei verfahrensbedingter Verdichtung und Einhaltung der geforderten Festigkeit mit einem Minimum an Bindemittel ein Maximum an Gasdurchlässigkeit zu erreichen. Es ist bekannt, dass die Quarzsandqualität H31 mit einer mittleren Korngröße (MK) von 0,35 mm gegenüber der Sandqualität H32 (MK 0,32 mm) ein größeres Porenvolumen und damit Seite 72 von 84
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eine wesentlich bessere Gasdurchlässigkeit besitzt [4]. Die Quarzsandqualität H31 wird vom Institut für Gießereitechnik, Düsseldorf, für Großguss als optimal empfohlen [5]. 2. Da die Fehlerart Gaseinschlüsse in Langenfeld einen wesentlichen Qualitätsschwerpunkt darstellt, sollte dort für Quarzsand eine Umstellung auf die Qualität H31 und für Chromitsand eine vergleichbare Korngrößenverteilung in Erwägung gezogen werden. Es sollten auch Versuche mit synthetischem Mineralsand bzw. CERATEC (Al2O3-Kugeln) fortgeführt werden. Die Feinanteile können das Porenvolumen im Formstoff und damit die Gasdurchlässigkeit erheblich reduzieren. Darüber hinaus binden die Feinanteile einen hohen Anteil an Kunstharz in Formstoff, der wiederum zur verstärkten Gasentwicklung beiträgt. 3. Deshalb sind technische Maßnahmen in der Sandaufbereitung notwendig, um die Feinanteile (