Gemeindereformen im Kanton Bern

Gemeindereformen im Kanton Bern Ein Überblick und Vergleich Dr. phil. Andreas Ladner Institut für Politikwissenschaft Reto Steiner, mag. rer. pol. In...
Author: Kevin Weiß
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Gemeindereformen im Kanton Bern Ein Überblick und Vergleich

Dr. phil. Andreas Ladner Institut für Politikwissenschaft Reto Steiner, mag. rer. pol. Institut für Organisation und Personal Kommentierte Auswertungen basierend auf den Ergebnissen eines Forschungsprojekts des Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Zukunft Schweiz“

Universität Bern

Engehaldenstrasse 4, CH-3012 Bern, Schweiz Tel: 031 631 80 69 Fax: 031 631 82 30 Internet: http://www.gemeindereformen.unibe.ch

Wichtigste Ergebnisse im Überblick Die hier vorliegenden Ergebnisse über die Reformtätigkeit in den Berner Gemeinden stammen aus einem gesamtschweizerisch angelegten Forschungsprojekt mit dem Titel „Gemeindereformen zwischen Handlungsfähigkeit und Legitimation“, welches im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Zukunft Schweiz“ vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert wurde. Ausgewertet wurden die Antworten einer schriftlichen Befragung von 84.5 Prozent der Schweizer, respektive 91.3 Prozent der Berner Gemeinden. Der Kanton Bern liegt hinsichtlich der Grösse seiner Gemeinden etwa im gesamtschweizerischen Mittelfeld. Rund 55 Prozent der Gemeinden haben weniger als 1000 Einwohner. In diesen 217 Gemeinden leben jedoch lediglich rund 10 Prozent der Berner Bevölkerung. Die Zahl der Gemeinden ist auch im Kanton Bern (Abgesehen von der Neugründung des Kantons Jura und dem Kantonswechsel des Laufenthals) in den letzten 150 Jahren relativ konstant geblieben. Die Leistungsfähigkeit der Gemeinden wird von den Gemeindeschreibern, vor allem was die Bürgerfreundlichkeit und die Qualität des Leistungsangebotes anbelangt, als hoch bezeichnet. Insgesamt fällt die Beurteilung der Berner Gemeinden noch etwas positiver aus als im gesamtschweizerischen Durchschnitt. Ausnahmen bilden die politische Führung und mit allerdings geringen Differenzen die Offenheit gegenüber Neuerungen und die finanzielle Situation. Gefragt nach den Leistungsgrenzen, macht den Berner Gemeinden vor allem die Betreuung von Asylsuchenden zu schaffen. Weitere häufig genannte Problembereiche sind „Neue Armut/Fürsorge“ und „Arbeitslosigkeit“ sowie „Gemeindepolizeiliche Aufgaben“ und „Zivilschutz“. Der Vergleich mit den gesamtschweizerischen Resultaten zeigt, dass die Berner Gemeinden vor allem bei Asylfragen, bei der Fürsorge, bei der Betreuung von Drogenabhängigen und bei den Gemeindepolizeilichen Aufgaben häufiger Leistungsgrenzen konstatieren. Demgegenüber weisen sie in bei der Wasserversorgung, beim Abfall, bei der Energieversorgung und beim Umweltschutz etwas weniger oft Leistungsgrenzen aus als alle Schweizer Gemeinden zusammen. Auffallend ist, dass bei der Bewältigung der Arbeitslosigkeit im Vergleich zu 1994 kein weiterer Anstieg des Anteils an Gemeinden mit Leistungsgrenzen stattgefunden hat, während sich die Situation bei den Fürsorgefällen noch etwas verschärft hat. Eine gewisse Entspannung lässt sich auch bei der Bewilligung von Baugesuchen und bei der Raum- und Zonenplanung feststellen sowie bei der Entsorgung von Abfällen und beim Umweltschutz. Häufiger an Leistungsgrenzen stossen die Gemeinden bei der Betreuung von Asylsuchenden, bei der Wirtschaftsförderung, beim Zivilschutz und beim öffentlichen Verkehr. -

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Zumindest aus Sicht der Gemeindeschreiber kann nicht festgehalten werden, dass die kleinen Gemeinden ausgesprochen häufig an Leistungsgrenzen stossen. Im Durchschnitt der letzten drei Jahre präsentieren etwas mehr als 30 Prozent der Berner Gemeinden einen Aufwandüberschuss. Im Vergleich zu einer Befragung 1994 liegt dieser Anteil 10 Prozent höher. Während 1994 über 80 Prozent der Gemeinden angaben, dass der reale Ertrag aus der Einkommens- und Vermögenssteuer zugenommen hat, sind es 1998 noch 40 Prozent. Dieser Anteil liegt leicht tiefer als der gesamtschweizerische Wert. Im Vergleich zu 1994 geben 1998 deutlich weniger Gemeinden an, dass der Steuerfuss in den letzten zwei bis drei Jahren gestiegen ist. Für die gesamte Schweiz liegt der Anteil der Gemeinden, die den Steuerfuss erhöht haben, leicht höher als im Kanton Bern. Die Unterstützung reformwilliger Gemeinden durch den Kanton wird nicht als schlecht beurteilt. Die Gemeindeschreiber sind der Meinung, dass der Kanton vor allem durch Beratung und auf keinen Fall durch eine zwangsweise Anordnung von Reformen die Gemeinden unterstützen soll. Gründe und Auslöser von Reformen sind das Bedürfnis nach Veränderungen, gefolgt von guten Erfahrungen in anderen Gemeinden sowie Leistungsgrenzen und finanzielle Probleme. Dies mag erstaunen und deutet darauf hin, dass es nicht in erster Linie die finanzschwachen Gemeinden sind, welche Reformen unternehmen. Betrachtet man die ganze Palette von Reformen, so zeigt sich, dass in den letzten Jahren mehr Kompetenzen an Exekutive, Verwaltung und Kommissionen übertragen wurden. Besonders oft wurde die Entschädigung der Exekutivmitglieder erhöht. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die Reformtätigkeit auf kommunaler Ebene im Kanton Bern über dem gesamtschweizerischen Wert liegt. New Public Management ist im Kanton Bern ein Thema. Mehr als die Hälfte aller bernischen Gemeinden haben sich bereits mit dem neuen Steuerungsmodell auseinandergesetzt. Dies ist im Vergleich zur gesamten Schweiz mit rund einem Drittel ein relativ hoher Wert. Auch in den Gemeinden der Nachbarkantone Freiburg und Luzern war NPM bisher weniger oft ein Diskussionsthema . Es sind auch bereits in verschiedenen Gemeinden erste NPM-Schritte unternommen worden: Die leistungsabhängige Entlöhnung und die Abschaffung des Beamtenstatus sind die am bislang häufigsten umgesetzten Reformschritte. Mehr als 80% der 159 Gemeinden, welche angeben, NPM-Reformen durchgeführt zu haben, haben die Anstellungsverhältnisse flexibilisiert. Damit liegen die Berner deutlich über dem gesamtschweizerischen Schnitt. Auch Personal- und Organisationsentwicklungsmassnahmen haben in den NPM-Gemeinden einen hohen Stellenwert. Noch wenig verbreitet sind die eigentlichen Kernelemente von New Public Management: Die Produktdefinitionen, Leistungsaufträge und Globalbudgets. Lediglich in 38 der antwortenden Gemeinden sind beispielsweise bislang Produkte definiert worden.

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Die Untergliederung nach den sieben bernischen Regionen zeigt, dass vor allem das Emmental und Oberland-Ost bereits erste NPM-Elemente umgesetzt haben. Erst wenig Verbreitung hat das Modell im Berner Jura gefunden. Der Stellenwert der interkommunalen Zusammenarbeit hat nach Auskunft der bernischen Gemeindeschreiber in den letzten fünf Jahren zugenommen. Zwei Drittel aller Gemeinden haben die IKZ intensiviert. Die bernischen Gemeinden arbeiten in durchschnittlich 8.5 Aufgabenbereichen zusammen (Auswahl aus 32 Bereichen). Damit liegen sie im schweizerischen Mittel. Eine Unterscheidung nach Gemeindegrösse zeigt kein einheitliches Bild. Die kooperativ erfüllten Aufgabenbereiche nehmen aber tendenziell mit zunehmender Gemeindegrösse zu. Interessant ist die Feststellung, dass die Regionen Emmental und Berner Jura, in welchen die IKZ in den letzten fünf Jahren überdurchschnittlich zugenommen hat, gleichzeitig auch diejenigen Regionen sind, in welchen absolut am häufigsten zusammengearbeitet wird¨ Für alle Gemeindeaufgaben gibt es Beispiele interkommunaler Zusammenarbeit. Am verbreitetsten ist die Zusammenarbeit aber in Schulfragen, der medizinischen Versorgung, Abwasserfragen und beim Abfall. Noch sehr wenig verbreitet ist die IKZ in den verschiedenen Bereichen der allgemeinen Gemeindeverwaltung, bei gemeindepolizeilichen Aufgaben, der Raum- und Zonenplanung, Baugesuchen, öffentlichen Bauten, dem Landschafts- und Ortsbildschutz, den Gemeindebehörden, dem Umweltschutz, privaten Verkehr und der Integration von Ausländern. Die Gemeindeschreiber sind gegenüber IKZ positiv eingestellt und äussern nur wenig Skepsis. Es ist aber auch keine Euphorie festzustellen. Als Vorteil wird unter anderem der Ausbau des Leistungsangebotes genannt. Im Gegensatz zum schweizerischen Mittel glaubt eine Mehrheit der bernischen Gemeindeschreiber, dass die Qualität der Leitungen nicht zunimmt. Die Gemeinden denken, dass mehr Absprachen mit den beteiligten Gemeinden nötig sind und kooperativ erfüllte Aufgaben tendenziell weniger flexibel an geänderte Verhältnisse angepasst werden können. Zudem glaubt eine Mehrheit nicht daran, dass durch IKZ der Finanzhaushalt entlastet werden kann. Die Bürgerinnen und Bürger müssten sogar höhere direkte Gebühren zahlen. Die bernischen Gemeinden denken lokal. Sie haben nur wenig Kontakt zu weiter entfernten Gemeinden innerhalb des Kantons. Kantonsübergreifend werden praktisch keine Kontakte gepflegt. Public-Private-Partnerships sind ebenfalls erst ansatzweise ein Thema. In der Regel sind staatliche Institutionen die wichtigsten Ansprechpartner der Gemeinden. In den bernischen Gemeinden sind Diskussionen über Gemeindefusionen kein Tabu: 18.4% aller Gemeinden haben bereits über einen Zusammenschluss mit einer oder mehreren Nachbargemeinden diskutiert. Dabei fällt auf, dass es sich mehrheitlich um kleinere Gemeinden handelt (weniger als 500 Einwohner). Interessiert zeigen sich zudem einige grössere Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern. 4-

Die Diskussion über eine Fusion bedeutet noch lange nicht, dass die Projekte auch umgesetzt werden. Konkrete Fusionsabsichten haben lediglich 3.6% aller Berner Gemeinden, oder absolut ausgedrückt 13 der antwortenden Gemeinden. Dies ist im Vergleich zum schweizerischen Mittel, das bei 7.9% liegt, ein tiefer Wert. Dies muss aber relativiert werden: In 15 Kantonen liegt der Wert nämlich noch tiefer. Er liegt vor allem im Tessin (43.6%) und in Freiburg (18.0%) sehr hoch. Der Kanton Luzern liegt hingegen mit 3.2% sogar noch hinter dem Kanton Bern zurück. Gemeinden, welche konkrete Fusionspläne haben, arbeiten bereits heute überdurchschnittlich intensiv zusammen. Der Anstoss für Fusionsdiskussionen und geplante Projekte kommt oft von der Gemeindeexekutive (Gemeinderat, Gemeindepräsident) oder vom Gemeindeschreiber. Manchmal sind es auch engagierte Bürgerinnen und Bürger, welche eine solche Diskussion in Gang setzen. Der Kanton hat bislang eine unwichtige Rolle gespielt, wenn es um Fusionsdiskussionen geht. Nur in rund 10% der Fälle gab er den entscheidenden Impuls. Als Pro-Argumente für Fusionen werden vor allem unternehmerische Überlegungen angeführt. Die Gemeindeschreiber glauben an eine professionellere, billigere und qualitativ bessere Leistungserstellung. Zudem könne gegenüber dem Kanton mehr Gewicht geltend gemacht werden. Ein weiterer Grund ist in den Augen der Gemeindeschreiber die Schwierigkeit vor allem von kleineren Gemeinden Nachfolger für politische Ämter zu finden. Gegen eine Fusion sprechen nach Ansicht der Gemeindeschreiber vor allem Gründe der Verbundenheit mit der Gemeinde. Es sei zu befürchten, dass die Bürgernähe und die Identifikation mit der Gemeinde verloren gehe. Zudem verliere die Gemeinde als Kernzelle der Demokratie an Bedeutung. Die Gemeindeschreiber geben sich zudem überzeugt, dass die bisherigen Formen der Zusammenarbeit genügen. Lediglich zwei der antwortenden Gemeinden können sich eine aktive Rolle des Kantons bei Fusionen mit Zwangsmöglichkeit vorstellen. Ebenfalls nur 19.6% sind mit einer aktiven Rolle mit sanften Massnahmen einverstanden. Die überwiegende Mehrheit wünscht sich den Kanton als Beratungspartner, falls die Gemeinde dies selber wünscht. 16.8% finden sogar, die Thematik gehe den Kanton nichts an. Kantonskritisch geben sich auch im Kanton Bern vor allem die Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern. Die Berner Gemeinden glauben, dass in Zukunft Kooperationen mit anderen Gemeinden einen markant höheren Stellenwert haben werden als Fusionen und Kooperationen mit Privaten. Dem Abbau von Leistungen wird für die Zukunft nur ein unterdurchschnittlicher Stellenwert beigemessen. Die Gemeindeschreiber zeigen sich dagegen eher überzeugt, dass neue Aufgaben auf die Gemeinden zukommen werden. Die Zusammenarbeit mit dem Kanton wird von knapp 60 Prozent der Gemeinden als eher gut respektive gut bezeichnet. -

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Etwas mehr als die Hälfte der Berner Gemeinden sind der Meinung, dass der Kanton in bestimmten Bereichen mehr Engagement zeigen und die Gemeinden arbeitsmässig entlasten soll. Gegen 60 Prozent der Gemeinden sind jedoch auch der Meinung, dass der Kanton den Gemeinden mehr Autonomie zugestehen soll und lediglich 15 Prozent der Gemeinden befürworten eine Vorgabe von Minimalstandards durch den Kanton

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Inhaltsverzeichnis Wichtigste Ergebnisse im Überblick.......................................................................................2 Inhaltsverzeichnis...................................................................................................................7 Abbildungsverzeichnis ...........................................................................................................9 Tabellenverzeichnis..............................................................................................................10 1 Einleitende Bemerkungen..............................................................................................13 1.1 Ausgangslage im Kanton Bern und in der Schweiz .................................................13 1.2 Reformen zwischen Handlungsfähigkeit und Legitimation .....................................15 1.3 Datenbasis ..............................................................................................................17 2 Die Ausgangslage in den Gemeinden.............................................................................18 2.1 Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsstärke .............................................................19 2.2 Leistungsgrenzen....................................................................................................23 2.3 Finanzen.................................................................................................................29 2.3.1 Rechnungsabschlüsse der Gemeinden .......................................................29 2.3.2 Veränderung des realen Ertrags aus Einkommens- und Vermögenssteuern 31 2.3.3 Veränderung des Steuerfusses ...................................................................32 2.3.4 Stellung im Finanzausgleich......................................................................33 3 Reformen des politisch-administrativen Systems ...........................................................34 3.1 Reformen im Bereich „Gemeindeexekutive“...........................................................39 3.2 Reformen im Bereich „Kommissionen“..................................................................41 3.3 Reformen im Bereich „Verwaltung“ .......................................................................42 3.4 Reformen im Bereich „Gemeindeparlament“ ..........................................................43 3.5 Reformen im Vergleich zwischen Kanton Bern und der Schweiz............................44 4 New Public Management...............................................................................................46 4.1 Einleitung...............................................................................................................46 4.2 Verbreitung im Kanton Bern...................................................................................47 5 Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ)........................................................................50 5.1 Einleitung...............................................................................................................50 5.1.1 Definition des Begriffs „Interkommunale Zusammenarbeit“ .....................50 5.1.2 Gründe für und gegen interkommunale Zusammenarbeit...........................52 5.2 Verbreitung im Kanton Bern...................................................................................53 5.2.1 Stellenwert der interkommunalen Zusammenarbeit ...................................53 5.2.2 Finanzielle Lage der kooperativen Gemeinden ..........................................55 5.2.3 Kooperative Aufgabenbereiche .................................................................56 5.2.4 Rechtsformen der Zusammenarbeit ...........................................................59 5.2.5 Argumente für und gegen Kooperationen..................................................61 5.2.6 Innovative Formen der Kooperation..........................................................62 5.2.7 Kontakt zu anderen Institutionen...............................................................64 6 Fusionen........................................................................................................................65 6.1 Einleitung...............................................................................................................65 6.1.1 Definition..................................................................................................65 6.1.2 Gründe für und gegen Gemeindefusionen..................................................66 6.2 Verbreitung im Kanton Bern...................................................................................69 6.2.1 Stellenwert der Fusionen...........................................................................69 6.2.2 Initiant von Fusionsprojekten ....................................................................72 -

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6.2.3 Einschätzung der Reformfreudigkeit .........................................................73 6.2.4 Argumente für und gegen Fusionen...........................................................74 6.2.5 Minimale Gemeindegrösse........................................................................76 6.2.6 Gewünschte Rolle des Kantons .................................................................77 6.2.7 Zusammenhang zwischen IKZ und Fusionen ............................................78 7 Zusammenarbeit mit dem Kanton..................................................................................81 8 Schlussbemerkungen .....................................................................................................88 9 Zitierte Literatur............................................................................................................89

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22:

Leistungsfähigkeit der eigenen Gemeinde gemäss Aussagen der Gemeindeschreiber .....................................................................................20 Leistungsfähigkeit der Gemeinde: Qualität und Quantität des Leistungsangebotes nach Gemeindegrösse..................................................21 Leistungsfähigkeit der Gemeinde: betriebswirtschaftliche und politische Führung nach Gemeindegrösse ...................................................21 Leistungsfähigkeit der Gemeinde: Infrastruktur und finanzielle Situation nach Gemeindegrösse ..................................................................22 Leistungsfähigkeit der Gemeinde: Kundenfreundlichkeit und Innovationsfähigkeit nach Gemeindegrösse.................................................22 Leistungsgrenzenindex nach Gemeindegrösse im Kanton Bern...................26 Leistungsgrenzen erreicht oder überschritten im Bereich „Neue Armut“ nach Gemeindegrösse.....................................................................27 Leistungsgrenzen erreicht oder überschritten im Bereich „Abfall/Entsorgung“ nach Gemeindegrösse ................................................27 Leistungsgrenzen erreicht oder überschritten im Bereich „Neue Armut/Fürsorge“ nach Region ....................................................................28 Leistungsgrenzen erreicht oder überschritten im Bereich „Abfall/Entsorgung“ nach Region...............................................................28 Konstanter Ertragsüberschuss und konstanter Aufwandüberschuss im Vergleich...............................................................................................31 Wie beurteilen Sie die Unterstützung reformwilliger Gemeinden durch den Kanton?......................................................................................35 Wie könnte der Kanton reformwillige Gemeinden unterstützen?.................36 Gründe und Auslöser, die zu Reformen geführt haben.................................38 Geplante und durchgeführte Reformen in den letzten 10 Jahren im Bereich „Gemeindeexekutive“ ....................................................................41 Geplante und durchgeführte Reformen in den letzten 10 Jahren im Bereich „Kommissionen“............................................................................42 Geplante und durchgeführte Reformen in den letzten 10 Jahren im Bereich „Verwaltung“.................................................................................43 Geplante und durchgeführte Reformen in den letzten 10 Jahren im Bereich „Gemeindeparlament“....................................................................44 Verschiedene erfolgreiche Reformen im Vergleich zwischen Bern und der Schweiz..........................................................................................45 Gemeinden, welche bereits erste Gehversuche mit NPM unternommen haben nach Gemeindegrösse.................................................49 Gemeinden, welche bereits erste Gehversuche mit NPM unternommen haben nach Region ...............................................................50 Aufgabenbereiche, in welchen die Gemeinden zusammenarbeiten, und Dauer der Zusammenarbeit ..................................................................57 9-

Abbildung 23: Argumente für und gegen Kooperationen....................................................62 Abbildung 24: Minimale sinnvolle Gemeindegrösse. .........................................................77 Abbildung 25: Zukünftiger vermuteter Stellenwert verschiedener Formen der Aufgabenerfüllung......................................................................................81 Abbildung 26: Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Kanton ....................................82 Abbildung 27: In welchen Aufgabenbereichen sollte der Kanton mehr Engagement zeigen? .......................................................................................................85 Abbildung 28: In welchen Aufgabenbereichen soll der Kanton den Gemeinden mehr Autonomie zugestehen? .....................................................................86 Abbildung 29: In welchen Aufgabenbereichen soll der Kanton vermehrt Vorgaben (Minimalstandards) machen? ......................................................................87

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15:

Die Grösse der Gemeinden im Kanton Bern................................................13 Die Grösse der Berner Gemeinden nach Region..........................................14 Verteilung der Einwohner im Kanton Bern auf die unterschiedlichen Gemeindegrössenkategorien .......................................................................14 Rücklauf nach Gemeindegrösse im Kanton Bern.........................................17 Rücklauf nach Regionen im Kanton Bern ...................................................18 Leistungsgrenzen nach Aufgabenbereich – Bern und Schweiz im Vergleich....................................................................................................24 Leistungsgrenzen nach Aufgabenbereich im Kanton Bern - 1994 und 1998 im Vergleich ......................................................................................25 Rechnungsabschlüsse in den letzten drei Jahren – Bern und Schweiz im Vergleich...............................................................................................30 Rechnungsabschlüsse in den letzten drei Jahren im Kanton Bern ................30 Rechnungsabschlüsse in den letzten 3 Jahren im Kanton Bern - 1994 und 1998 im Vergleich................................................................................31 Veränderung des realen Ertrags aus der Einkommens- und Vermögenssteuer in den letzten 3 Jahren – Bern und Schweiz im Vergleich....................................................................................................32 Veränderung des realen Ertrags aus der Einkommens- und Vermögenssteuer in den letzten 3 Jahren im Kanton Bern - 1994 und 1998 im Vergleich ......................................................................................32 Veränderung des Steuerfusses (1998) - Bern und Schweiz im Vergleich....................................................................................................33 Veränderung des Steuerfusses 1994 und 1998 im Kanton Bern...................33 Stellung im Finanzausgleich (1998) - Bern und Schweiz im Vergleich....................................................................................................33 -

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Tabelle 16: Tabelle 17: Tabelle 18: Tabelle 19: Tabelle 20: Tabelle 21: Tabelle 22: Tabelle 23: Tabelle 24: Tabelle 25: Tabelle 26: Tabelle 27: Tabelle 28: Tabelle 29: Tabelle 30: Tabelle 31: Tabelle 32: Tabelle 33: Tabelle 34: Tabelle 35: Tabelle 36: Tabelle 37: Tabelle 38: Tabelle 39: Tabelle 40: Tabelle 41: Tabelle 42:

Stellung im Finanzausgleich im Kanton Bern - 1994 und 1998 im Vergleich....................................................................................................34 Unterstützung reformwilliger Gemeinden durch den Kanton.......................34 Wie könnte der Kanton reformwillige Gemeinden unterstützen?.................36 Gründe und Auslöser für Reformen – Bern und Schweiz im Vergleich....................................................................................................37 Welche Kräfte/Personen/Gruppen haben den Anstoss zu den Reformen gegeben? ....................................................................................39 Gemeinden, welche sich mit der Theorie von NPM auseinandergesetzt haben............................................................................47 Institutionen, welche in den Gemeinden an NPM besonders interessiert sind...........................................................................................47 In den Gemeinden eingeführte NPM-Elemente ...........................................48 Veränderung der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in den letzten 5 Jahren .........................................................................................53 Gemeinden mit einer Zunahme der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in den letzten 5 Jahren nach Gemeindegrösse...........................54 Gemeinden mit einer Zunahme der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in den letzten 5 Jahren nach Region..........................................54 Durchschnittliche Anzahl Aufgabenbereiche, in denen zusammengearbeitet wird, nach Gemeindegrösse........................................55 Anzahl Aufgabenbereiche, in denen zusammengearbeitet wird, nach Steuerkraftindex..........................................................................................56 Anzahl Aufgabenbereiche, in denen zusammengearbeitet wird, nach Region ........................................................................................................56 Aufgabenbereiche, in welchen die Gemeinden zusammenarbeiten – Bern und Schweiz im Vergleich..................................................................59 Rechtsformen der Zusammenarbeit.............................................................60 Gemeinden mit einer innovativen/aussergewöhnlichen Form der Zusammenarbeit nach Gemeindegrösse.......................................................63 Innovative/aussergewöhnliche Formen der Zusammenarbeit.......................63 Intensität der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen.............................65 Bestandesveränderungen im Kanton Bern und in der Schweiz ....................69 Fusionsdiskussion nach Gemeindegrösse ....................................................70 Fusionsdiskussion nach Region...................................................................70 Fusionsdiskussion nach Selbstfinanzierungsanteil.......................................71 Konkrete Fusionspläne nach Gemeindegrösse.............................................71 Initianten von Fusionsdiskussionen und –projekten.....................................72 Vorstellbarkeit einer Fusion aus Sicht der Exekutive, Verwaltung und Bevölkerung nach Einschätzung der Gemeindeschreiber......................73 Vorstellbarkeit einer Fusion aus Sicht der Exekutive, Verwaltung und Bevölkerung nach Einschätzung der Gemeindeschreiber nach Gemeindegrösse..........................................................................................74 11 -

Tabelle 43: Tabelle 44: Tabelle 45: Tabelle 46: Tabelle 47: Tabelle 48: Tabelle 49: Tabelle 50: Tabelle 51: Tabelle 52: Tabelle 53: Tabelle 54:

Pro-Argumente für Fusionen.......................................................................75 Contra-Argumente gegen Fusionen.............................................................76 Gewünschte Rolle des Kantons bei Gemeindefusionen nach Gemeindegrösse..........................................................................................78 Zusammenhang zwischen Fusionsdiskussionen und der Intensität der interkommunalen Zusammenarbeit .......................................................79 Zusammenhang zwischen Fusionsdiskussionen und innovativer Form der interkommunalen Zusammenarbeit ..............................................79 Zusammenhang zwischen Fusionsdiskussionen und NPMGehversuchen .............................................................................................79 Zusammenhang zwischen Kooperation in den letzten 5 Jahren und vermutetem zukünftigen Trend ...................................................................80 Zusammenhang zwischen Diskussion über Fusion und vermutetem zukünftigen Trend.......................................................................................80 Zusammenarbeit mit dem Kanton Bern nach Gemeindegrösse ....................82 Zusammenarbeit mit dem Kanton Bern nach Region...................................83 Verhältnis zwischen Kanton Bern und Gemeinden nach Gemeindegrösse..........................................................................................83 Verhältnis zwischen Kanton Bern und Gemeinden nach Region .................84

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EINLEITENDE BEMERKUNGEN

1.1

Ausgangslage im Kanton Bern und in der Schweiz

Die Gemeindeorganisation in der Schweiz hat sich im Vergleich zu anderen Staaten als äusserst stabil erwiesen. In den letzten 150 Jahren ist nie ernsthaft versucht worden, durch Gemeindezusammenlegungen eine Vereinheitlichung der bezüglich ihrer Grösse stark variierenden Gemeinden zu schaffen. Seit 1848 ist die Zahl der Gemeinden lediglich um rund 9 Prozent von 3203 auf 2903 gesunken. Die Zahl der Gemeinden im Kanton Bern hat sich demgegenüber - zumindest auf den ersten Blick - überdurchschnittlich stark verändert: 519 Gemeinden im Jahre 1850 stehen heute noch 400 Gemeinden gegenüber. Verantwortlich für diesen Rückgang sind allerdings nicht Gemeindezusammenlegungen, sondern die Neugründung des Kantons Jura im Jahre 1979, welche dem Kanton Bern einen Verlust von 82 Gemeinden einbrachte, sowie der Wechsel der 13 Laufenthaler Gemeinden zum Kanton Basel-Land. Auffallend ist weiter, dass im Kanton Bern nicht in grösserem Masse Eingemeindungen stattgefunden haben, bei denen, wie beispielsweise in Zürich, Agglomerationsgemeinden mit der Stadt vereinigt wurden. Damit gilt auch für den Kanton Bern: Die Gemeinden sind eine grosse Konstante in der politischen Landschaft. Die Konstanz der Zahl der Gemeinden ist erstaunlich, wenn man die Grösse der Gemeinden in Betracht zieht. Die Mehrheit der Schweizer Gemeinden ist sehr klein. Rund 60 Prozent weisen heute weniger als 1000 Einwohner auf. Die Gemeinden im Kanton Bern sind nicht wesentlich grösser (vgl. Tabelle 1). Hier beträgt der Anteil an Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern rund 54 Prozent. Zwischen den Regionen bestehen jedoch beachtliche Unterschiede, was die Grösse der Gemeinden anbelangt (vgl. Tabelle 2). Allerdings, das muss immer wieder betont werden, lebt in den Kleinstgemeinden heute nur noch ein kleiner Teil der Bevölkerung: Etwas mehr als 10 Prozent der Berner Bevölkerung lebt in den 217 Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern (vgl. Tabelle 3). Tabelle 1:

Die Grösse der Gemeinden im Kanton Bern

Einwohnerzahl Anzahl Gemeinden 1-249 250-499 500-999 1000-1999 2000-4999 5000-9999 10000-19999 20000-49999 ab 100000 Total

In %

Prozentanteile kumuliert

55 76 86 70 82 17 10 3 1 400

13.8 19.0 21.5 17.5 20.5 4.3 2.5 0.8 0.3 100.0 -

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13.8 32.8 54.3 71.8 92.3 96.5 99.0 99.8 100.0 100.0

Tabelle 2:

Die Grösse der Berner Gemeinden nach Region Anzahl

Oberland Ost Bern Region Oberaargau Seeland Berner Jura Oberland West Emmental Total

Tabelle 3: Gemeindegrösse

In % 50 113 51 65 49 29 43 400

Mittelwert 12.5 28.3 12.8 16.3 12.3 7.3 10.8 100.0

Standardabweichung Median

2863 3414 1312 2358 1045 1573 2157 2347

5948.7 12266.5 2136.8 6199.8 1451.6 1555.6 2565.6 7428.6

974 840 560 1088 520 661 1518 870

Verteilung der Einwohner im Kanton Bern auf die unterschiedlichen Gemeindegrössenkategorien Anzahl Einwohner

In %

1-249 250-499 500-999 1000-1999 2000-4999 5000-9999 10000-19999 20000-49999 ab 100000 Total

8699 28479 61667 100638 249950 115742 123823 125237 124412 938647

0.9 3.0 6.6 10.7 26.6 12.3 13.2 13.3 13.3 100.0

Bedingt durch die Grössenunterschiede sowie durch die unterschiedliche geographische Lage und wirtschaftliche Orientierung bestehen zwischen den Gemeinden hinsichtlich den zu erfüllenden Aufgaben und der Organisation ihrer politisch-administrativen Systeme beachtliche Differenzen. Von einer Stadt werden ganz andere Leistungen (Zentrumsaufgaben, Lösung von A-Problemen wie Arbeitslose, Ausgesteuerte, Ältere, Ausländer, Auszubildende) erwartet als von einer kleinen Berggemeinde, was nicht zuletzt auch ein deutlich stärker ausdifferenziertes politisches Vertretungs- und Entscheidungssystem (Parlament, professionalisierte Exekutive, politische Parteien) und eine ausgebaute, professionelle und arbeitsteilige Verwaltung notwendig macht. Ganz allgemein drängt sich heute die Frage auf, wie weit die aus dem 19. Jahrhundert stammende politische Feingliederung noch in der Lage ist, den sozialen und politischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden: Die politischen Gemeinden sehen sich in den letzten Jahren mit immer zahlreicheren und komplexeren Aufgaben konfrontiert. Vor allem in Fragen, die in einem engeren oder weiteren Sinne die Umwelt tangieren (Entsorgung, Abwasser, Bauvorhaben, Ortsplanung), aber auch im Sozialbereich (Fürsorge, Unterstützung von Arbeitslosen) hat die Belastung in den 1980er und 1990er Jahren zugenommen. Zahlreiche Gemeinden stossen an Leis14 -

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tungsgrenzen (vgl. Geser et al. 1996). Verstärkt wird das Problem durch die angespannte Finanzlage der öffentlichen Hand, die auch die Gemeinden und vor allem die Kernstädte erfasst. Der soziale Wandel mit seinen Prozessen der Individualisierung, Pluralisierung und Säkularisierung macht sich auch in den Gemeinden immer stärker bemerkbar. Die Bürgerinnen und Bürger sind, was die Leistungen des politisch-administrativen Apparates anbelangt, immer kritischer und anspruchsvoller geworden. Sie sind jedoch immer weniger bereit, sich selbst über längere Zeit im Dienste des Gemeinwohls zu engagieren und sich für ein politisches Amt zur Verfügung zu stellen. Kritisiert wird auch die staatsrechtliche Gleichstellung der Städte mit den kleinen ländlichen Gemeinden, da ein grosses Ungleichgewicht in der Erfüllung von Aufgaben und hinsichtlich der Belastung besteht. Ähnlich gelagerte Probleme finden sich auch im Verhältnis zwischen den Kernstädten und den Agglomerationsgemeinden (vgl. Arbeitsgruppe „Überkommunale Zusammenarbeit“ 1992). Hier sind neue Formen des Lastenausgleichs und der politischen Berücksichtigung auf nationaler Ebene gefragt (vgl. auch Frey et al. 1994, Klöti et al. 1993). Zudem besteht heute Einigkeit darüber, dass, bedingt durch die gesteigerte Mobilität und die immer wichtiger werdenden überlokalen Lebenszusammenhänge, den Gemeindegrenzen nicht mehr dieselbe Bedeutung zukommt wie noch vor einigen Jahrzehnten. Die Wirtschaft hat ihren Orientierungsrahmen schon seit längerer Zeit vom politischen System abgekoppelt (so sind etwa die National- und Ständeräte immer weniger in den Verwaltungsräten grosser, international tätiger Firmen vertreten) und orientiert sich nicht mehr an nationalen, geschweige denn an kommunalen Grenzen. Die grossen Probleme der nächsten Jahrzehnte in den Bereichen Umwelt und Migration können kaum lokal gelöst werden. Allen Globalisierungstendenzen zum Trotz wäre es jedoch falsch, von einem Untergang der weitgehend selbständigen Verwaltungskörperschaften auf der untersten Staatsebene zu sprechen. Ebenso eindeutig zeigt sich nämlich, dass der Staat (wie übrigens auch suprastaatliche Organisationen) in der Erfüllung bestimmter Aufgaben auf leistungsfähige lokale Körperschaften angewiesen ist. Dies nicht nur, weil ihm die finanziellen und organisatorischen Ressourcen für eine zentrale Steuerung fehlen, sondern auch aufgrund der Einsicht, dass gewisse Entscheidungen von den direkt Betroffenen besser gefällt werden können. Es gibt durchaus Aufgaben, bei denen eine möglichst geringe Distanz zwischen Leistungserbringern und Nutzniessern von Vorteil ist. Deshalb erstaunt es auch nicht, dass das Subsidiaritätsprinzip zum Leitmodell einer künftigen politischen Organisation der EU geworden ist. -

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1.2

Reformen zwischen Handlungsfähigkeit und Legitimation

Mit einer gewissen Verspätung wurden in den 1990er Jahren auch die Schweizer Gemeinden von einer bis anhin noch nie dagewesenen Reformwelle erfasst. Die Palette der Reformbestrebungen reicht von einer Professionalisierung des politischen Entscheidungsapparates über New Public Management bis zu verschiedenen Formen der interkommunalen Zusammenar-

15 -

beit und einer Neugestaltung der Beziehungen zwischen den Gemeinden und den höheren politischen Ebenen. Dabei lässt sich unterscheiden zwischen gemeindeinternen und gemeindeübergreifenden Reformen. Die gemeindeinternen Reformen beziehen sich entweder auf das politische Entscheidungssystem im engeren Sinne (Exekutive) oder auf das gesamte Entscheidungssystem (Exekutive, Legislative, Stimmbürgerschaft), auf die Verwaltung (Ausbau, Reorganisation der Verwaltung) respektive auf das gesamte politisch-administrative System (z.B. New Public Management). Bei den gemeindeübergreifenden Reformen stehen vor allem horizontale (Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden, Zweck- und Mehrzweckverbände, Zusammenarbeit mit Privaten) und vertikale (Zusammenarbeit mit dem Kanton, Aufgabenverteilung, Neuordnung des vertikalen Finanzausgleichs) Kooperationsbeziehungen und Abhängigkeitsverhältnisse zur Diskussion. Ziel dieser Reformen ist es in der Regel, die Leistungsfähigkeit der Gemeinden zu steigern. Die Leistungsfähigkeit einer Gemeinde ist allerdings keine absolute Grösse. Sie muss an konkreten politischen und gesellschaftlichen Zielvorgaben gemessen werden. Beispiele solcher Zielvorgaben sind: effizienter Einsatz finanzieller Ressourcen, Kundenorientierung und Responsivität von Verwaltung und Behörden, politische Partizipation und demokratische Mitbestimmung, Rechtsstaatlichkeit und Legitimation, Rechtsgleichheit u.a.m. Nicht alle Reformvorhaben tangieren die politischen Zielvorgaben in gleichem Masse. Die Zielvorgaben stehen zudem in wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnissen. Den Zielvorgaben ist gemeinsam, dass sie sich auf zwei sich häufig widersprechende Grundanforderungen an staatliches Handeln zurückführen lassen. Sie sind angesiedelt im Spannungsfeld zwischen der Handlungsfähigkeit der Gemeinden und der demokratischen Legitimation ihrer Handlungen. Entsprechend stehen auch die verschiedenen Reformen selbst in diesem Spannungsverhältnis. Reformprojekte, die ausschliesslich oder in erster Linie auf eine Steigerung der Handlungsfähigkeit des Staates (Verkleinerung der Exekutive, Professionalisierung, Externalisierung von Aufgaben, usw.) abzielen, sind - so die These - im Hinblick auf die Legitimation staatlichen Handelns defizitär. Reformen, welche hinsichtlich einer Verstärkung der demokratischen Legitimation staatlicher Tätigkeiten Vorteile aufweisen (z.B. Einbezug der Betroffenen in die Planung, Einführung eines Gemeindeparlaments) sind einer schnellen und möglichst kostengünstigen Aufgabenerfüllung nicht immer dienlich. Welche Reformen ergriffen werden, ist letztlich ein politischer Entscheid. Die Qualität des Entscheids wird ohne Zweifel erhöht, wenn Klarheit über die Auswirkungen der Reformen besteht. Prognosen hinsichtlich Effizienz und Effektivität und vor allem auch hinsichtlich der Legitimation des politischen Systems sind jedoch nicht leicht zu stellen. Unmöglich ist es, prospektiv einen Gesamtertrag der Leistungssteigerung zu beziffern. Man hat sich damit zu begnügen, mögliche Folgen darzulegen und Pro- und Contra-Argumente gegeneinander abzuwägen. Es muss zudem davon ausgegangen werden, dass je nach gesellschaftlichem und politischen Kontext, je nach Gemeinde, die Auswirkungen derselben Reformmassnahme unterschiedlich sein können.

-

16 -

1.3

Datenbasis

Die diesem Bericht zugrundeliegenden Daten stammen aus einem Nationalfondsprojekt mit dem Titel „Gemeindereformen - zwischen Handlungsfähigkeit und Legitimation“, welches im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Zukunft Schweiz“ durchgeführt wurde. Im Herbst 1998 wurde eine schriftliche Erhebung bei sämtlichen Schweizer Gemeinden durchgeführt und ein 16-seitiger Fragebogen in den entsprechenden Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch an die Gemeindeschreiber aller damals noch existierenden 2914 Gemeinden verschickt. Insgesamt haben 2465 Gemeinden geantwortet, was einer Rücklaufquote von 84.5 Prozent entspricht. Für den Kanton Bern beläuft sich die Rücklaufquote mit 365 antwortenden Gemeinden auf rund 91 Prozent. Etwas weniger stark vertreten sind die kleineren Gemeinden, während ab 10'000 Einwohner alle Gemeinden geantwortet haben (vgl. Tabelle 4). Aber auch bei den kleinen Gemeinden ist die Rücklaufquote mehr als befriedigend. Tabelle 4: Gemeindegrösse

Rücklauf nach Gemeindegrösse im Kanton Bern Anzahl Gemeinden im Kanton Bern Antwortende Gemein- In % den

bis 249 250-499 500-999 1000-1999 2000-4999 5000-9999 10000-19999 20000-49999 ab 100000 Total

55 76 86 70 82 17 10 3 1 400

48 69 75 64 79 16 10 3 1 365

87.3 90.8 87.2 91.4 96.3 94.1 100.0 100.0 100.0 91.3

Was die regionale Herkunft der Gemeinden anbelangt, so ist der Berner Jura und das Oberland West leicht untervertreten, wobei auch hier die Rücklaufquoten noch immer nicht allzu weit von der 80-Prozent Grenze entfernt sind (vgl. Tabelle 5).

-

17 -

Tabelle 5:

Rücklauf nach Regionen im Kanton Bern

Region

Anzahl Gemeinden im Kanton Bern Antwortende meinden

Oberland Ost Bern Region Oberaargau Seeland Berner Jura Oberland West Emmental Total

50 113 51 65 49 29 43 400

Ge- In % 49 102 50 63 38 23 40 365

98.0 90.3 98.0 96.9 77.6 79.3 93.0 91.3

Die Ergebnisse werden jeweils nach verschiedenen Kriterien gegliedert: Die Einwohnerzahlen per 31.12.1997 bilden dabei die wichtigste Grösse. Zudem wird die offizielle Regionengliederung (7 Regionen) des Kantons Bern verwendet. Als Indikator für die Steuerkraft dient der Steuerkraftindex1 von 1997. Stellvertretend für die Finanzkennzahlen wird der Selbstfinanzierungsanteil2 zur Beurteilung der Finanzkraft hinzugezogen. Folgende Forscher waren am Nationalfonds-Projekt beteiligt: Dr. Daniel Arn, Fürsprecher, Dr. Ueli Friederich, Fürsprecher, Dr. Andreas Ladner. Mag. rer. pol. Reto Steiner und Jürg Wichtermann, Fürsprecher. Verantwortlich für diesen Bericht zeichnen Andreas Ladner und Reto Steiner.

2

DIE AUSGANGSLAGE IN DEN GEMEINDEN

Während ursprünglich die Gemeinden vor allem für die Armenfürsorge und die Nutzung der gemeinsamen Güter verantwortlich waren und die Einnahmen in Form von naturalen Gütern und Frondiensten anfielen, sind ihnen im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben zugefallen. Neben den Gemeinschaftsdiensten wie der Aufrechterhaltung der lokalen öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der Einwohnerkontrolle, der Durchführung von Wahlen und Abstimmungen sowie Volkszählungen sind dies eine ganze Reihe von wichtigen Ver- und Entsorgungsdiensten (Wasser, Elektrizität, Gas, Kehricht und Abwasser) sowie der ausgedehnte Bereich der Sozialen Wohlfahrt, der Bau und Unterhalt von Strassen und teilweise eines öffentlichen Verkehrsnetzes, die Gesundheitsdienste, Bildung, Kultur und Freizeit. 1

2

Der Steuerkraftindex ist die relative Steuerkraft geteilt durch das Mittel der relativen Steuerkraft aller bernischen Gemeinden multipliziert mit 100. Die relative Steuerkraft ist die absolute Steuerkraft geteilt durch die mittlere Wohnbevölkerung. Die absolute Steuerkraft sind die ordentlichen Gemeindesteuern geteilt durch die Gemeindesteueranlage. Das Kantonsmittel liegt bei 100%. Der Selbstfinanzierungsanteil charakterisiert die Finanzkraft und den finanziellen Spielraum einer Gemeinde. Ein Anteil unter 10% weist auf eine schwache Investitionskraft hin. Werte über 20% sind sehr gut. Selbstfinanzierungsanteil= Selbstfinanzierung in Prozenten des Finanzertrages. -

18 -

Der starke Ausbau öffentlicher Einrichtungen und Institutionen (Schulen, Wasserversorgungen, Abwasserreinigungen) in den Wachstumsjahren und der Zeit der Hochkonjunktur in den 1950er und 1960er Jahren hat zu einem Anwachsen laufender Betriebs-, Budgetierungs- und Rechnungsführungsaufgaben geführt. Komplexe und immer kostspieligere öffentliche Projekte und zunehmende Auflagen (Raumplanung, Umweltschutz) machen Management- und Expertenwissen unumgänglich. Aber nicht nur die fachlichen, sondern auch die politischen Anforderungen an die Gemeinden haben in den letzten Jahren zugenommen. Im Gegensatz zu den Entscheidungsproblemen in der Auf- und Ausbauphase der Gemeinden stehen in den 1980er und 1990er Jahren Fragen zur Diskussion, die weniger auf der sachlichen Ebene, sondern viel mehr auf der Basis von Wertvorstellungen entschieden werden. 2.1

Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsstärke

Wie leistungsfähig sind die Berner Gemeinden? Zumindest aus Sicht der Gemeindeschreiber kann sich die Situation durchaus sehen lassen. Mehr als 80 Prozent der Berner Gemeinden schätzen die Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsstärke ihrer Gemeinde hinsichtlich der Kundenfreundlichkeit mindestens als hoch wenn nicht gar als sehr hoch ein, und rund 70 Prozent tun dies hinsichtlich der Qualität der Leistungen (vgl. Abbildung 1). Auch wenn die Gemeindeschreiber bei der Beantwortung dieser Fragen nicht ganz unbefangen sein mögen, so kann dies doch als ein erfreuliches Resultat gewertet werden. In eine ganz ähnliche Richtung deuten übrigens auch Umfragen bei den Bürgerinnen und Bürgern, bei denen das Vertrauen in die Gemeindeverwaltung relativ hoch ist. Probleme orten die Gemeindeschreiber vor allem bei der finanziellen Situation der Gemeinde. Bei rund 30 Prozent der Gemeinden wird die Leistungsfähigkeit in finanzieller Hinsicht als tief bezeichnet. Allerdings beurteilen auch hier fast 30 Prozent die diesbezügliche Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsstärke ihrer Gemeinde als hoch bis sehr hoch. Der Vergleich mit allen Schweizer Gemeinden zeigt, dass die Berner Gemeinden in den Bereichen „Kundenfreundlichkeit“, „Qualität und Quantität des Leistungsangebots“ und „Infrastruktur“ eher besser abschneiden. Eher schlechter stehen die Berner Gemeinden bezüglich der finanziellen Situation und der Offenheit gegenüber Neuerungen da, während die Leistungsfähigkeit der betrieblichen Führung überdurchschnittlich und diejenige der politischen Führung unterdurchschnittlich bewertet wird. Die Leistungsfähigkeit einer Gemeinde ist - so kann angenommen werden - abhängig von der Grösse der Gemeinde. Die folgenden Figuren zeigen, dass dies für viele, aber nicht für alle Leistungsbereiche zutrifft.

-

19 -

Abbildung 1: Leistungsfähigkeit der eigenen Gemeinde gemäss Aussagen der Gemeindeschreiber (Prozentanteil der Gemeinden mit hoher Leistungsfähigkeit) (N= 2230 bis 2396 für die Schweiz, resp. N=365 für Bern) politische Führung

betriebswirtschaftliche Führung

Innovation, Offenheit

Bern

für Neuerungen

Schweiz

finanzielle Situation

Bürger/Kundenfreundlichkeit

Qualität der Leistung

Umfang des Leistungsangebotes

Infrastruktur

0

20

40

60

80

100

%

Was den Umfang und die Qualität des Leistungsangebots anbelangt, so zeigt sich bis zu einer Grössenordung von rund 5000 Einwohnern ein sehr ähnlicher Verlauf: in den kleinsten Gemeinden liegt die Leistungsfähigkeit etwas tiefer und bleibt dann auf etwas höherem Niveauziemlich stabil (vgl. Abbildung 2). In den Gemeinden ab 5000 Einwohnern übersteigt der Umfang erstmals die Qualität und in den noch grösseren Gemeinden geht die Leistungsfähigkeit eher wieder etwas zurück. Die Leistungsfähigkeit hinsichtlich der politischen und der betriebswirtschaftlichen Führung der Gemeinde wird in Gemeinden bis zu 10'000 Einwohner nahezu identisch eingeschätzt (vgl. Abbildung 3). In den Gemeinden über 10'000 Einwohner kann - immer aus Sicht der Verwaltung - die Leistungsfähigkeit der betriebswirtschaftlichen Führung mit derjenigen der politischen Führung nicht mehr Schritt halten. Sowohl was die finanzielle Situation der Gemeinden wie auch was die Infrastruktur anbelangt, nimmt die Leistungsfähigkeit mit steigender Gemeindegrösse eher zu (vgl. Abbildung 4). Auffallend sind hier die Kleinstgemeinden, bei denen die finanzielle Situation besser eingeschätzt wird als die Qualität der Infrastruktur. Abbildung 5 zeigt, wie die Kundenfreundlichkeit mit zunehmender Gemeindegrösse tendenziell eher zurückgeht, währenddem die Innovationsstärke und eine damit verbundene Offenheit für Neuerungen zunimmt.

-

20 -

Abbildung 2:

Leistungsfähigkeit der Gemeinde: Qualität und Quantität des Leistungsangebotes nach Gemeindegrösse (N= 358 bis 364)

5 4,5

Umfang des Leistungsangebotes

4 3,5 3

Qualität der Leistung

2,5 2 1,5 1

-249

250499

500999

1000- 2000- 5000- 10000- 200001999 4999 9999 19999

5: sehr hoch – 1: sehr tief

Abbildung 3:

Leistungsfähigkeit der Gemeinde: betriebswirtschaftliche und politische Führung nach Gemeindegrösse (N= 358 bis 364)

5 4,5 betriebswirtschaftliche Führung der Gemeinde

4 3,5 3

politische Führung der Gemeinde

2,5 2 1,5 1

-249

250499

500999

1000- 2000- 5000- 10000- 200001999 4999 9999 19999

5: sehr hoch – 1: sehr tief

- 21 -

Abbildung 4:

Leistungsfähigkeit der Gemeinde: Infrastruktur und finanzielle Situation nach Gemeindegrösse (N= 358 bis 364)

5 4,5 4

Infrastr uktur

3,5 3 2,5

finanzielle Situation

2 1,5 1

-249

250499

500999

1000- 2000- 5000- 10000- 200001999 4999 9999 19999

5: sehr hoch – 1: sehr tief

Abbildung 5:

Leistungsfähigkeit

der

Gemeinde:

Kundenfreundlichkeit

und

Innovationsfä-

higkeit nach Gemeindegrösse (N= 358 bis 364)

5 4,5 Bürger-/ Kundenfreundlichkeit

4 3,5 3

Innovationsstärke, Offenheit für Neuerungen

2,5 2 1,5 1

-249

250499

500999

1000- 2000- 5000- 10000- 200001999 4999 9999 19999

5: sehr hoch – 1: sehr tief

- 22 -

Auch

wenn

insgesamt

die

Einschätzung

von

Leistungsfähigkeit

und

Wettbewerbsstärke

durchaus positiv ausfällt, so stossen zahlreiche Gemeinden - wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden - zumindest in gewissen Aufgabenbereichen an Leistungsgrenzen.

2.2

Leistungsgrenzen

Gemäss Aussagen der Gemeindeschreiber macht den Berner Gemeinden vor allem die Betreuung von Asylsuchenden zu schaffen. Hier gibt rund die Hälfte der antwortenden Gemeinden an, die Leistungsgrenzen erreicht oder sogar teilweise überschritten zu haben (vgl. Tabelle 6). Weitere häufig genannte Problembereiche sind „Neue Armut/Fürsorge“ und „Arbeitslosigkeit“ sowie „Gemeindepolizeiliche Aufgaben“ und „Zivilschutz“. Auffallend ist schliesslich auch, dass fast ein Drittel der Gemeinden im Bereich der Gemeindeexekutive an Leistungsgrenzen stösst. Der Vergleich mit den gesamtschweizerischen Resultaten zeigt, dass die Berner Gemeinden vor allem bei Asylfragen, bei der Fürsorge, bei der Betreuung von Drogenabhängigen und bei den Gemeindepolizeilichen Aufgaben häufiger Leistungsgrenzen konstatieren. Demgegenüber weisen sie in bei der Wasserversorgung, beim Abfall, bei der Energieversorgung und beim Umweltschutz etwas weniger oft Leistungsgrenzen aus als alle Schweizer Gemeinden zusammen. Auffallend ist, dass bei der Bewältigung der Arbeitslosigkeit im Vergleich zu 1994 kein weiterer Anstieg des Anteils an Gemeinden mit Leistungsgrenzen stattgefunden hat, während sich die Situation bei den Fürsorgefällen noch etwas verschärft hat (vgl. Tabelle 7).3 Dies kann als Hinweis dafür genommen werden, dass die Einführung der regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zur Entlastung der Gemeinden beigetragen hat. Eine gewisse Entspannung lässt sich auch bei der Bewilligung von Baugesuchen und bei der Raum- und Zonenplanung feststellen sowie bei der Entsorgung von Abfällen und beim Umweltschutz. Häufiger an Leistungsgrenzen stossen die Gemeinden bei der Betreuung von Asylsuchenden, bei der Wirtschaftsförderung, beim Zivilschutz und beim öffentlichen Verkehr.

3

Dieselbe Frage wurde im Rahmen eines anderen Nationalfondsprojekts bereits 1994 gestellt (vgl. Geser et al. 1996), so dass nun die Veränderungen über mehrere Jahre hinweg verfolgt werden können. - 23 -

Tabelle 6:

Leistungsgrenzen nach Aufgabenbereich – Bern und Schweiz im Vergleich (N= alle antwortenden Gemeinden 1998)

Aufgabenbereich Unterstützung und Betreuung älterer Personen Jugendfragen Unterstützung und Betreuung von Arbeitslosen Neue Armut/Fürsorgefälle/ Vormundschaftsfälle Betreuung von Asylsuchenden Betreuung von Drogenabhängigen Integration von Ausländern medizinische Versorgung Schulfragen Kulturelle Veranstaltungen/Kulturfragen Sport/Sportanlagen Bewilligung von Baugesuchen Raum- und Zonenplanung Landschafts- und Ortsbilder öffentliche Bauten öffentlicher Verkehr privater Verkehr Wirtschaftsförderung Wasserversorgung Abwasser/Kanalisation Abfall/Entsorgung Energieversorgung Umweltschutz Zivilschutz Feuerwehr Gemeindepolizeiliche Aufgaben Gemeindeverwaltung Informatik Gemeindeverwaltung Personalmanagement Gemeindeverwaltung Rechnungswesen Gemeindeverwaltung Einwohnerkontrolle Gemeindeverwaltung Kanzlei Gemeindeexekutive

Leistungsgrenzen erreicht und überschritten: Bern In % N

-

Leistungsgrenzen erreicht Differenz und überschritten: Schweiz In % N

13.3 14.0

347 335

19.4 15.1

2294 2221

-6.1 -1.1

30.5

331

31.5

2242

-1.0

38.1 50.6 25.2 18.2 13.3 18.4 11.6 18.3 17.8 17.0 17.3 20.0 22.2 18.1 18.2 12.4 18.5 18.4 10.1 14.9 26.1 22.4 32.9 20.0 13.7 15.3 11.5 15.1 29.2

352 348 318 314 332 337 318 334 353 352 342 335 325 343 296 339 351 354 306 343 353 353 350 355 335 352 356 352 342

32.9 31.2 21.6 19.5 17.8 21.8 13.3 20.6 19.9 20.9 20.1 20.5 24.0 20.2 17.9 19.4 20.9 23.3 15.9 19.6 25.2 22.0 24.8 21.5 19.5 19.4 18.0 21.4 29.3

2282 1995 1989 2097 2231 2277 2179 2237 2359 2345 2280 2297 2160 2266 1935 2309 2349 2374 2095 2253 2251 2333 2094 2374 2267 2372 2373 2313 2295

24 -

5.2 19.4 3.6

-1.3 -4.5 -3.4 -1.7 -2.3 -2.1 -3.9 -2.9 -0.5 -1.9 -2.1 0.3 -7.1 -2.4 -5.0 -5.8 -4.7 0.8 0.4 8.0 -1.5 -5.7 -4.0 -6.5 -6.4 -0.1

Tabelle 7:

Leistungsgrenzen nach Aufgabenbereich im Kanton Bern - 1994 und 1998 im Vergleich (N= alle antwortenden Gemeinden 1994 und 1998)

Aufgabenbereich

Leistungsgrenzen Leistungsgrenzen Differenz erreicht und übererreicht und schritten: überschritten: Bern 1998 Bern 1994 In % N In % N 13.0 254 12.2 237 0.8 13.1 244 6.6 229 6.6 31.3 246 41.1 253 -9.8 38.4 258 34.4 253 4.0 47.3 256 34.7 248 12.6 24.2 236 19.9 221 4.2 18.1 232 10.6 218 7.6 12.9 241 12.1 224 0.8 18.5 249 13.3 248 5.2 11.9 236 6.7 224 5.2 18.7 246 11.9 226 6.8 16.5 261 23.2 254 -6.8 17.8 259 22.9 253 -5.2 16.7 252 17.1 246 -0.4 21.5 251 16.1 249 5.4 21.9 237 11.6 224 10.3 17.1 252 10.9 238 6.1 19.5 221 5.8 208 13.7 11.6 249 12.4 233 -0.8 18.2 258 17.5 251 0.7 17.4 259 26.0 254 -8.6 9.8 225 13.5 252 19.8 248 -6.3 26.2 260 14.5 248 11.6 22.0 259 * * 12.7 245 33.2 256 * 21.5 261 * 15.3 249 * 14.2 260 * 12.3 261 * 15.9 258 * 28.9 253 *

Unterstützung und Betreuung älterer Personen Jugendfragen Unterstützung und Betreuung von Arbeitslosen Neue Armut/Fürsorgefälle/Vormundschaftsfälle Betreuung von Asylsuchenden Betreuung von Drogenabhängigen Integration von Ausländern medizinische Versorgung Schulfragen Kulturelle Veranstaltungen/Kulturfragen Sport/Sportanlagen Bewilligung von Baugesuchen Raum- und Zonenplanung Landschafts- und Ortsbilder öffentliche Bauten öffentlicher Verkehr privater Verkehr Wirtschaftsförderung Wasserversorgung Abwasser/Kanalisation Abfall/Entsorgung Energieversorgung Umweltschutz Zivilschutz Feuerwehr Reorganisation von Behörden/Verwaltung Gemeindepolizeiliche Aufgaben Gemeindeverwaltung Informatik Gemeindeverwaltung Personalmanagement Gemeindeverwaltung Rechnungswesen Gemeindeverwaltung Einwohnerkontrolle Gemeindeverwaltung Kanzlei Gemeindeexekutive * = Item wurde nicht abgefragt

Welche Gemeinden stossen an Leistungsgrenzen? Diese Frage ist insofern von grossem Interesse, als in der Regel davon ausgegangen wird, dass vor allem die kleinen Gemeinden nicht mehr in der Lage sind, die ihnen zufallenden Aufgaben zu erfüllen. Entsprechend wäre zu erwarten, dass vor allem die Gemeindeschreiber aus den Kleinstgemeinden angeben, die Leistungsgrenzen erreicht zu haben. Bekannt ist zudem, dass in den letzten Jahren auch die Städte, -

25 -

von finanziellen Sorgen geplagt, immer mehr Schwierigkeiten haben, mit der wachsenden Problemlast (A-Probleme wie Arbeitslose, Ausgesteuerte, Ältere, Ausländer, Auszubildende) fertig zu werden. Der Zusammenhang zwischen dem Ausmass der Leistungsgrenzen und der Gemeindegrösse müsste sich demzufolge in Form einer U-Kurve manifestieren: Leistungsgrenzen in kleinen Gemeinden und in Städten, weniger Probleme in den mittelgrossen Gemeinden. Wie aus Abbildung 6 hervorgeht, ist - zumindest wenn wir uns auf die durchschnittliche Einschätzung der Leistungsgrenzen über alle Aufgabenbereiche (Leistungsgrenzenindex) abstützen - von einem u-förmigen Verlauf wenig zu spüren. Mit zunehmender Gemeindegrösse stossen die Gemeinden stärker an Leistungsgrenzen. Während für alle Schweizer Gemeinden sich die Situation 1998 gegenüber 1994 eher verschlechtert hat, lässt sich für den Kanton Bern mit Ausnahme der Kleinstgemeinden keine Veränderung feststellen. Abbildung 6: Leistungsgrenzenindex nach Gemeindegrösse im Kanton Bern. (N= Gemeinden, die an beiden Befragungen 1994 und 1998 teilgenommen haben) 3 2,5 2

Leistungsgrenzenindex 1994 Leistungsgrenzenindex 1998

1,5 1 0,5 0

1-99

100249

250499

5001999

2000- 5000- 100004999 9999

Der Leistungsgrenzenindex berechnet sich aus dem Mittelwert der Antworten der Gemeinden, welche sowohl 1994 als auch 1998 an der Befragung teilgenommen hatten. Dabei wurden 32 Aufgabenbereiche berücksichtigt. Der Index kann variieren zwischen 0 (keine Leistungsgrenzen), über 1 (Leistungsgrenzen in Sicht), 2 (Leistungsgrenzen erreicht) bis zu 3 (Leistungsgrenzen überschritten).

Bei dem hier verwendeten Leistungsgrenzenindex handelt es sich um ein sehr „grobes“ Mass, welches im besten Fall einen allgemeinen Eindruck vermittelt. Wir betrachten deshalb zwei Problemkreise noch etwas genauer. Die „Neue Armut“, ein Bereich, in dem die Gemeinden sehr häufig an Leistungsgrenzen stossen, ist vor allem ein Problem der mittelgrossen Gemeinden (vgl. Abbildung 7). Ab 5000 Einwohner nimmt der Anteil der Gemeinden, welche die Leistungsgrenzen erreicht oder überschritten haben, wieder deutlich ab. Ganz ähnlich sieht es auch beim Abfallwesen aus (vgl. Abbildung 8): Hier stossen allerdings die grossen Gemeinden etwas weniger und die kleineren eher etwas mehr an Leistungsgrenzen. -

26 -

Abbildung 7: Leistungsgrenzen erreicht oder überschritten (in %) im Bereich „Neue Armut“ nach Gemeindegrösse 70 60 50 40 30 20 10 0 bis 100

Abbildung 8:

101-250 251-500

Leistungsgrenzen

5011000

erreicht

10012000

oder

20015000

500110000

überschritten

1000125000

(in

%)

im

25000-

Bereich

„Ab-

fall/Entsorgung“ nach Gemeindegrösse

70 60 50 40 30 20 10 0

bis 100 101-250 251-500

5011000

10012000

20015000

500110000

1000125000

25000-

Aufgeschlüsselt nach den Regionen ergibt sich, dass die Gemeinden der Region Bern sowohl im

Bereich

„Neue

Armut/Fürsorge“

(vgl.

Abbildung

9)

wie

auch

im

Bereich

fall/Entsorgung“ (vgl. Abbildung 10) besonders häufig Leistungsgrenzen ausweisen.

-

27 -

„Ab-

Abbildung 9:

Leistungsgrenzen

erreicht oder überschritten (in %) im Bereich „Neue Ar-

mut/Fürsorge“ nach Region

Neue Armut/Fürsorge 70 60 50 40 30 20 10 0

Oberland Ost

Abbildung 10:

Bern

Region Seeland Berner Jura Oberland Emmental Oberaargau West

Leistungsgrenzen

erreicht

oder

überschritten

(in

%)

im

Bereich

fall/Entsorgung“ nach Region

Abfall/Entsorgung

70 60 50 40 30 20 10 0

Oberland Ost

Region Oberaargau

Berner Jura

- 28 -

Emmental

„Ab-

2.3

Finanzen

Den Finanzen kommt im Hinblick auf die Erklärung von Reformen eine wichtige Rolle zu. Die Annahme, dass Gemeinden vor allem dann Veränderungen anstreben, wenn sie durch die schlechte Finanzlage dazu gezwungen werden, liegt auf der Hand. Allerdings beschränken fehlende Ressourcen auch den Handlungsspielraum, so dass gerade diejenigen Gemeinden, die es besonders nötig hätten, nicht in der Lage sind, grössere Reformprojekte in Angriff zu nehmen. Die finanzielle Lage der öffentlichen Hand hat sich in den 1990er Jahren stark verschlechtert. In besonderem Masse davon betroffen sind vor allem der Bund und die Kantone. Die konsolidierten Finanzhaushalte aller drei politischen Ebenen verzeichneten beispielsweise 1997 einen Ausgabenüberschuss von 9 Mrd. Franken. Bei den Gemeinden belief sich dabei das Defizit lediglich auf 0.6 Mrd. Franken. Die Schulden der Schweizer Gemeinden belaufen sich 1999 nach Schätzung der Eidgenössischen Finanzverwaltung auf 38,8 Mia. Fr. bei Gesamtschulden des Staates von 212,1 Mia. Fr. (vgl. EFV 1999: Internet). Dieser verhältnismässig geringe Anteil der Gemeinden an der Gesamtschuld darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass zwischen den Gemeinden grosse Unterschiede bestehen. Stark verschuldet sind vor allem die Städte, während die umliegenden Gemeinden häufig bei einem deutlich tieferen Steuersatz ausgeglichene Rechnungen präsentieren 2.3.1

Rechnungsabschlüsse der Gemeinden

Gemäss den Aussagen der Gemeindeschreiber schrieben knapp ein Drittel der Gemeinden im Durchschnitt der letzten drei Jahre (1995-1997) rote Zahlen, während rund 26 Prozent eine ausgeglichene Rechnung präsentierten (vgl. Tabelle 8). Mehr als 40 Prozent der Gemeinden können demgegenüber einen Ertragsüberschuss aufweisen. Damit unterscheiden sich die Berner Gemeinden ganz leicht von den Schweizer Gemeinden. Der Anteil der Gemeinden mit Ertragsüberschuss liegt um rund vier Prozentpunkte höher, derjenige mit einer ausgeglichenen Rechnung um vier Prozentpunkte tiefer. Der Vergleich zu 1994 zeigt für die Berner Gemeinden eine markante Veränderung (Tabelle 9). 1998 liegt der Anteil der Gemeinden mit einem Aufwandüberschuss im Durchschnitt der letzten drei Jahre rund zehn Prozent höher und der Anteil der Gemeinden mit einer ausgeglichenen Rechnung rund 10 Prozent tiefer. Es muss also davon ausgegangen werden, dass sich zumindest für einen Teil der Berner Gemeinden die finanzielle Lage in den letzten vier Jahren verschlechtert hat.

-

29 -

Tabelle 8:

Rechnungsabschlüsse in den letzten drei Jahren – Bern und Schweiz im Vergleich Rechnungsabschlüsse in den letzten drei Jahren (Gemeinden, die an der Befragung 1998 teilgenommen haben)

Anzahl Bern In % Aufwandüberschuss 115 ausgeglichen 92 Ertragsüberschuss 149 Total 356

Tabelle 9:

32.1 25.0 42.9 100.0

Anzahl Schweiz

768 693 942 2403

In %

32.0 28.8 39.2 100.0

Rechnungsabschlüsse in den letzten drei Jahren im Kanton Bern Rechnungsabschlüsse in den letzten drei Jahren (Gemeinden, die an den Befragungen 1994 und 1998 teilgenommen haben)

Anzahl 1998 In % Aufwandüberschuss 86 ausgeglichen 69 Ertragsüberschuss 105 Total 260

33.1 26.5 40.4 100.0

Anzahl 1994

58 92 104 254

In %

22.8 36.2 40.9 100.0

Die Verknüpfung der beiden Befragungen von 1994 und 1998 ergibt, dass die Mehrheit der Gemeinden, die 1998 einen Aufwandüberschuss ausweisen, 1994 einen Ertragsüberschuss oder zumindest eine ausgeglichene Rechnung präsentieren konnten (vgl. Tabelle 10). Von denjenigen Gemeinden, die 1998 einen Ertragsüberschuss ausweisen konnten, hatte nahezu die Hälfte bereits 1994 einen Ertragsüberschuss. Auffallend in einem gesamtschweizerischen Vergleich ist, dass sich im Kanton Bern die finanzielle Lage für eine Reihe von Gemeinden erst in den letzten vier Jahren verschlechtert hat oder anders gesagt, dass es denjenigen Gemeinden, die heute einen Aufwandüberschuss aufweisen, vor vier Jahren noch verhältnismässig gut ging. In Abbildung 11 sind aufgeschlüsselt nach der Grösse sowohl die Gemeinden, die 1994 und 1998 einen Aufwandüberschuss auswiesen, wie auch denjenigen, die bei beiden Befragungen einen Ertragsüberschuss vermelden können, dargestellt. Ein Zusammenhang mit der Gemeindegrösse ist wenig evident. Offenbar scheinen die Kleinstgemeinden und Gemeinden zwischen 10'000 und 25'000 Einwohnern am häufigsten über einen konstanten Ertragsüberschuss zu verfügen. Es trifft nicht zu, dass vor allem die kleinen Gemeinden konstant einen Aufwandüberschuss haben. Nicht aufgeführt in der Abbildung sind Gemeinden, bei denen sich (durchschnittliche) Aufwand- und Ertragsüberschüsse ablösen.

-

30 -

Tabelle 10:

Rechnungsabschlüsse in den letzten 3 Jahren im Kanton Bern - 1994 und 1998 im Vergleich Rechnungsabschlüsse in den letzten drei Jahren (1991-1993)

Rechnungsab- Aufwandüberschuss Anzahl schlüsse in den In % letzten drei ausgeglichen Anzahl Jahren (1994In % 1997) Ertragsüberschuss Anzahl In % Total Anzahl In %

Aufwandüberschuss ausgeglichen Ertragsüberschuss Total 19 31 32 23.2 37.8 39.0 13 33 21 19.4 49.3 31.3 26 46 26 26.5 26.5 46.9 58 90 99 23.5 36.4 40.1

82 100 67 100 98 100 247 100

Abbildung 11: Konstanter Ertragsüberschuss und konstanter Aufwandüberschuss im Vergleich % 60 50 40 Aufwandüberschuss

30

Ertragsüberschuss

20 10 0 bis 100

2.3.2

101250

251500

5011000

10012000

20015000

5001- 10001- 2500010000 25000

Veränderung des realen Ertrags aus Einkommens- und Vermögenssteuern

Der reale Ertrag aus den Einkommens- und Vermögenssteuern hat im Durchschnitt der letzten drei Jahre bei knapp 40 Prozent der Gemeinden zugenommen, bei etwas mehr als 20 Prozent ist er gleich geblieben und bei etwas weniger als 40 Prozent hat er abgenommen (vgl. Tabelle 11). Damit schneiden die Berner Gemeinden insgesamt etwas schlechter ab als alle Schweizer Gemeinden zusammen. Noch deutlich negativer wird das Bild, wenn wir die Veränderung des realen Ertrags aus Einkommens- und Vermögenssteuern betrachten. Während 1994 noch eine absolute Mehrheit -

31 -

(über 80 Prozent) der Gemeinden angab, dass der reale Ertrag zugenommen hat, waren es 1998 nur noch etwas mehr als 40 Prozent (vgl. Tabelle 12). Tabelle 11:

Veränderung des realen Ertrags aus der Einkommens- und Vermögenssteuer in den letzten 3 Jahren – Bern und Schweiz im Vergleich Realer Ertrag aus der Einkommens- und Vermögenssteuer (alle Gemeinden, die geantwortet haben)

stark zugenommen zugenommen gleichgeblieben abgenommen stark abgenommen Total

Tabelle 12:

Anzahl Bern

5 133 76 98 36 348

In %

1.4 38.2 21.8 28.2 10.3 100.0

Anzahl Schweiz

46 1043 545 594 130 2358

In %

2.0 44.2 23.1 25.2 5.5 100.0

Veränderung des realen Ertrags aus der Einkommens- und Vermögenssteuer in den letzten 3 Jahren im Kanton Bern - 1994 und 1998 im Vergleich Realer Ertrag aus der Einkommens- und Vermögenssteuer (nur Gemeinden, die an beiden Befragungen teilgenommen haben)

stark zugenommen zugenommen gleichgeblieben abgenommen stark abgenommen Total

2.3.3

Anzahl 1998

2 103 45 78 27 255

In %

.8 40.4 17.6 30.6 10.6 100.0

Anzahl 1994

21 185 23 14 3 246

In %

8.5 75.2 9.3 5.7 1.2 100.0

Veränderung des Steuerfusses

Für die Mehrheit der Berner Gemeinden kann kaum davon ausgegangen werden, dass die Steuern in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen sind. In jüngster Zeit haben sich die kommunalen Steuerfüsse stabilisiert. Lediglich rund 15 Prozent der Gemeinden geben an, dass der Steuerfuss gestiegen ist. Damit liegt der Kanton Bern noch etwas unter dem gesamtschweizerischen Wert (vgl. Tabelle 13). 1994 verteilten sich die Gemeinden, in welchen der Steuerfuss gestiegen, gleichgeblieben oder gesunken ist, relativ gleichmässig auf drei Gruppen (vgl. Tabelle 14).

-

32 -

Tabelle 13:

Veränderung des Steuerfusses (1998) - Bern und Schweiz im Vergleich

Steuerfuss im Vergleich zu den vergangenen vier Jahren (alle Gemeinden, die geantwortet haben) gestiegen gleichgeblieben gesunken Total

Tabelle 14:

Anzahl Bern

53 216 93 362

In %

14.6 59.7 25.7 100.0

Anzahl Schweiz

468 1549 421 2438

In %

19.2 63.5 17.3 100.0

Veränderung des Steuerfusses 1994 und 1998 im Kanton Bern Steuerfuss im Vergleich zu den vergangenen vier Jahren (nur Gemeinden, die an beiden Befragungen teilgenommen haben)

gestiegen gleichgeblieben gesunken Total

2.3.4

Anzahl 1998

38 160 67 265

In %

14.3 60.4 25.3 100.0

Anzahl 1994

86 87 88 261

In %

30.0 33.3 33.7 100.0

Stellung im Finanzausgleich

Nicht unwesentlich für die finanzielle Situation der Gemeinde ist der Finanzausgleich. Etwa 15 Prozent der Berner Gemeinden zahlen Geld in den Finanzausgleich, etwa 40 Prozent der Gemeinden erhalten Geld und etwas mehr als 45 Prozent der Gemeinden sind vom Finanzausgleich nicht direkt betroffen (vgl. Tabelle 15). Im gesamtschweizerischen Vergleich liegt der Anteil der Berner Gemeinden, die Geld in den Finanzausgleich einbringen, deutlich tiefer. Betrachtet man die Gemeinden, die 1994 und 1998 an der Befragung teilgenommen haben, so zahlen etwa gleich viele Gemeinde an den Finanzausgleich, aber etwas weniger profitieren davon (vgl. Tabelle 16). Tabelle 15:

Stellung im Finanzausgleich (1998) - Bern und Schweiz im Vergleich Finanzausgleich (alle Gemeinden, die geantwortet haben)

erhält Geld aus dem Finanzausgleich zahlt Geld in den Finanzausgleich zahlt nichts, erhält nicht es existiert kein Finanzausgleich Total

Anzahl Bern In % 146 53 161 360

-

33 -

Anzahl Schweiz In % 1007 649 516 161 100.0 2333 40.6 14.7 44.7

43.2 27.8 22.1 6.9 100.0

Tabelle 16:

Stellung im Finanzausgleich im Kanton Bern - 1994 und 1998 im Vergleich

Finanzausgleich (nur Gemeinden, die an beiden Befragungen teilgenommen haben) Anzahl 1998 In % erhält Geld aus dem Finanzausgleich 101 zahlt Geld in den Finanzausgleich 40 zahlt nichts, erhält nicht 123 es existiert kein Finanzausgleich Total 264

3

38.3 15.2 46.6

Anzahl 94

122 39 95

100.0

In %

256

47.7 15.2 37.1 100.0

REFORMEN DES POLITISCH-ADMINISTRATIVEN SYSTEMS

Etwas mehr als zwei Drittel der Berner Gemeinden (69.8 Prozent oder 263 Gemeinden) geben an, in den letzten Jahren Reformen durchgeführt zu haben. Auf die Frage, wie die Unterstützung reformwilliger Gemeinden durch den Kanton eingeschätzt wird, antworten rund 45 Prozent der Gemeindeschreiber mit „eher gut“ oder „gut“ (vgl. Tabelle 17, respektive Abbildung 12). Rund 45 Prozent bezeichnen demgegenüber die Unterstützung als mittelmässig. Der Vergleich mit den Antworten für die ganze Schweiz zeigt keine deutlichen Unterschiede, der Kanton Bern dürfte sich somit bezüglich Unterstützung reformwilliger Gemeinden - aus Sicht der Gemeindeschreiber - etwa im Mittelfeld befinden. Tabelle 17:

Unterstützung reformwilliger Gemeinden durch den Kanton Bern Anzahl

In %

Schweiz Anzahl

In %

gut

46

16.1

297

14.2

eher gut

84

29.4

701

33.4

mittelmässig

134

46.9

864

41.2

eher schlecht

19

6.6

190

9.1

schlecht Total

3

1.0

44

2.1

286

100.0

2096

100.0

-

34 -

Abbildung 12: Wie beurteilen Sie die Unterstützung reformwilliger Gemeinden durch den Kanton? % 50.0 45.0 40.0 35.0 30.0

Bern Schweiz

25.0 20.0 15.0 10.0 5.0 0.0 gut

eher gut

mittelmässig

eher schlecht

schlecht

Nach dieser allgemeinen Einschätzung wollten wir von den Gemeindeschreibern wissen, wie der Kanton die reformwilligen Gemeinden unterstützen könnte. Die Gemeindeschreiber sind zu nahezu 80 Prozent der Meinung, dass dies durch Beratung zu geschehen hätte (vgl. Tabelle 18). Von etwas mehr als jeder zweiten antwortenden Gemeinde werden genannt: finanzielle Anreize, Aufhebung von hinderlichen Vorschriften und gezielte Unterstützung von Pilotprojekten. Die zwangsweise Anordnung von Reformen steht für die Gemeindeschreiber nicht zur Diskussion. Der Vergleich mit den gesamtschweizerischen Ergebnissen zeigt, dass im Kanton Bern vor allem der Beratung und den Pilotprojekten ein verhältnismässig grösseres Gewicht beigemessen wird (vgl. Abbildung 13), während die Gemeinden finanziellen Anreizen und der Änderung von Vorschriften ganz leicht skeptischer gegenüberstehen.

-

35 -

Tabelle 18:

Wie könnte der Kanton reformwillige Gemeinden unterstützen? (Mehrfachnennungen möglich) (N=344) Anzahl Gemeinden

In %

Kanton kann reformwillige Gemeinden unterstützen durch: ... Änderung/Aufhebung hinderlicher Vorschriften

186

55.9

finanzielle Anreize

184

55.3

Beratung

257

77.2

gezielte Unterstützung von Pilotprojekten

167

50.2

8

2.4

zwangsweise Anordnung bestimmter Reformen

Abbildung 13:

Wie

könnte

der

Kanton reformwillige Gemeinden unterstützen? (Mehrfach-

nennungen möglich) - Bern und Schweiz im Vergleich

zwangsweise Anordnung von Reformen

Schweiz Bern

Unterstützung von Pilotprojekten Beratung

finanzielle Anreize Änderung hinderlicher Vorschriften 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90 %

Was die Gründe und Auslöser von Reformen anbelangt, so konkurrenzieren sich zwei Erklärungsmodelle. „Krisentheorien“ gehen davon aus, dass sich die grundsätzlich „trägen“ Gemeinden erst dann zu Reformen entschliessen, wenn ein gewisser finanzieller Druck vorhanden ist. Dem halten „Gestaltungstheorien“ entgegen, dass es in erster Linie motivierte und an Veränderungen interessierte Personen aus Politik und Verwaltung sind, die Reformprojekte auslösen. Aus Sicht der Gemeindeschreiber steht an erster Stelle der „Reformgründe“ das Bedürfnis nach Veränderungen, welches deutlich häufiger genannt wird als allfällige Leistungsgrenzen und finanzielle Probleme (vgl. Tabelle 19, respektive Abbildung 14).

-

36 -

Tabelle 19:

Gründe und Auslöser für Reformen – Bern und Schweiz im Vergleich

Gründe finanzielle Notlage der Gemeinde finanzielle Notlage des Kantons Bedürfnis nach Veränderung Profilierungsbestrebungen einzelner Personen/Gruppen Engagement/Unternehmertum Einzelner gute Erfahrungen in anderen Gemeinden zuwenig Leute für die verschiedenen Ämter in der Gemeinde Leistungsgrenzen erreicht

Bern Anzahl In %

Schweiz Anzahl

In %

73 63 136 27

29.8 25.7 55.5 11.0

462 262 679 135

36.1 20.5 53.0 10.5

62

25.3

291

22.7

85

34.7

411

32.1

64

26.1

272

21.2

83

33.9

434

33.9

Auch die positiven Erfahrungen in anderen Gemeinden werden im Verhältnis zu den „Krisenargumenten“ häufiger angeführt. Der Vergleich mit den gesamtschweizerischen Antworten zeigt, dass im Kanton Bern die finanziellen Probleme weniger häufig als Reformgründe angegeben werden als in den anderen Schweizer Gemeinden. Häufiger genannt werden demgegenüber Schwierigkeiten, für die verschiedenen Ämter genügend Kandidaten zu finden und die finanzielle Notlage des Kantons. Häufiger genannt werden auch Gründe, welche die „Gestaltungsthese“ unterstützen wie etwa das Engagement Einzelner, das Bedürfnis nach Veränderung und die guten Erfahrungen in anderen Gemeinden.

-

37 -

Abbildung 14: Gründe und Auslöser, die zu Reformen geführt haben - Bern und Schweiz im Vergleich Leistungsgrenzen erreicht

Schweiz zuwenig Leute für die

Bern

verschiedenen Ämter in der Gemeinde

gute Erfahrungen in anderen Gemeinden

Engagement/Unternehmertum Einzelner

Profilierungsbestrebungen einzelner Gruppen

Bedürfnis nach Veränderung

finanzielle Notlage des Kantons

finanzielle Notlage der Gemeinde

0

10

20

30

40

50

60

%

Der Anstoss zu Reformen kommt in erster Linie von der Exekutive. In fast 70 Prozent der Fälle sind es Mitglieder aus dem Gemeinderat (vgl. Tabelle 20). In etwa der Hälfte der Fälle ist es der Gemeindepräsident. Sehr oft ist es auch die Verwaltung (39.6 Prozent) respektive der Gemeindeschreiber (60.8 Prozent), deren Bedeutung nahezu gleich gross eingeschätzt werden kann. Deutlich weniger oft kommen die Anstösse von ausserhalb des politischadministrativen Systems, indem engagierte Bürgerinnen und Bürger oder Parteien den Anstoss zu Reformen geben.

-

38 -

Tabelle 20:

Welche Kräfte/Personen/Gruppen haben den Anstoss zu den Reformen gegeben? Anzahl

In %

Gemeindepräsident/in

126

51.4

Mitglied(er) aus Gemeindeexekutive

170

69.4

Partei, die in der Regel in der Gemeindeexekutive vertreten ist

25

10.2

FDP

16

6.5

CVP

1

0.4

SVP

28

11.4

SP

23

9.4

andere Partei

8

3.3

Oppositionspartei/Aussenseitergruppierung

5

2.0

Gemeindeschreiber/in

149

60.8

Verwaltung

97

39.6

engagierte (nicht organisierte) Bürgerinnen und Bürger

44

18.0

1

0.4

externe Berater

36

14.7

Parlament

12

4.9

Gemeindeverband (Verband der Gemeindepräsidenten/-schreiber)

24

9.8

2

0.8

Uni/Fachhochschule

Medien

Bevor wir uns ausführlicher mit den Hauptreformbereichen befassen, werfen wir einen Blick auf verschiedene kleinere Reformen, welche die Gemeinden in den letzten Jahren unternommen haben. Den Gemeindeschreibern wurde zu diesem Zweck eine Liste mit 24 Reformen der politischen und administrativen Organisation der Gemeinde vorgegeben. Gefragt wurde, welche dieser Reformen in den letzten 10 Jahren erfolgreich durchgeführt respektive ohne Erfolg unternommen wurden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich in den Gemeinden einiges bewegt hat. Eine überwiegende Mehrheit der Gemeinden hat mindestens einen der 24 Reformschritte eingeleitet, nur weniger als 10 Prozent der Gemeinden geben an, keine dieser Reformen unternommen zu haben. Im Durchschnitt haben die Gemeinden gegen 4 der aufgeführten Reformschritte in den letzten 10 Jahren erfolgreich durchgeführt. Auffallend ist, dass Versuche ohne Erfolg sehr viel seltener sind als erfolgreiche Reformversuche. 3.1

Reformen im Bereich „Gemeindeexekutive“

Der Gemeinderat ist das zentrale Gremium, was die Gemeindepolitik anbelangt. Insgesamt gibt es in der Schweiz rund 18'000 Personen, die Mitglied in einen Gemeinderat sind. Bei knapp 3000 Gemeinden erhalten wir somit eine durchschnittliche Exekutivgrösse von 6 Sitzen. Im Kanton Bern liegt die durchschnittliche Exekutivgrösse mit 7 Mitgliedern leicht höher. -

39 -

Die Gemeinderäte sind traditionell Milizgremien. Es gibt kaum mehr als 200 vollzeitig angestellte Gemeinderäte. Solche beschränken sich vor allem auf die grossen Städte sowie für den Fall des Gemeindepräsidenten, auf grössere Gemeinden in ausgewählten Kantonen (St. Gallen, Thurgau, Luzern). Zur Zeit bekunden die Gemeinden grosse Schwierigkeiten, für diese - vor allem in grösseren Gemeinden - sehr anspruchsvollen und zeitintensiven Ämter genügend Kandidatinnen und Kandidaten zu finden. Rund zwei Drittel der Gemeindeschreiber in unserer gesamtschweizerischen Untersuchung geben an, dass es in den letzten 10 Jahren schwieriger geworden ist, qualifizierte Personen für diese Aufgabe zu rekrutieren. Im Kanton Bern liegt der Anteil mit gegen 75 Prozent noch etwas höher. Umstritten ist in jüngster Zeit die Rolle der Exekutivmitglieder. Vor allem im Zusammenhang mit dem New Public Management stellt sich die Frage, wie stark sich Gemeinderäte noch mit operativen Fragen befassen sollen oder ob sie vor allem strategisch tätig werden müssen respektive können. Eine der häufigsten „Reformen“ in den Gemeinden ist die Erhöhung der Entschädigung für die Exekutivmitglieder (vgl. Abbildung 15): Rund 60 Prozent der Berner Gemeinden haben entsprechende Schritte in den letzten Jahren unternommen. Eine solche Massnahme scheint vor dem Hintergrund der zunehmenden Anforderungen an die Exekutivmitglieder sowie den steigenden Schwierigkeiten, für diese Ämter geeignete Kandidaten zu finden, durchaus nachvollziehbar. In etwa einem Viertel der Berner Gemeinden wurde versucht, die Zahl der Exekutivmitglieder zu verkleinern. Knapp 20 Prozent der Gemeinden waren dabei erfolgreich, was nicht zuletzt durch die etwas grösseren Berner Exekutiven erklärt werden kann. Eine Verkleinerung der Exekutive mag durchaus als Schritt in Richtung Straffung des Entscheidungsgremiums gedeutet werden, dürfte wohl aber auch mit den Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung und der nachlassenden Bedeutung einer historisch bedingten Berücksichtigung der verschiedenen Gemeindeteile und Bevölkerungsgruppen zusammen hängen. Nur in einer ganz kleinen Zahl von Gemeinden wurde die Zahl der Exekutivmitglieder erhöht. Die Verlagerung von Kompetenzen zur Gemeindeexekutive, welche fast 60 Prozent der Gemeinden unternommen haben, mag sicher zum Teil auf die Anpassung an die Teuerung zurückzuführen sein. Es entspricht allerdings auch dem NPM-Modell, der Exekutive innerhalb eines bestimmten Rahmens mehr Entscheidungsfreiheiten zuzugestehen und die demokratischen Einflussmöglichkeiten auf das Wesentliche zu beschränken. In nur wenigen Gemeinden ist es schliesslich zu einer Professionalisierung des Präsidiums respektive der Gemeindeexekutive ganz allgemein gekommen, und schliesslich scheint sich im Kanton Bern das Proporzwahlverfahren gegenüber dem Majorzverfahren weiter durchzusetzen.

-

40 -

Abbildung 15: Geplante und durchgeführte Reformen in den letzten 10 Jahren im Bereich „Gemeindeexekutive“ höhere Entschädigung für Exekutivmitglieder tiefere Entschädigung für Exekutivmitglieder Erweiterung der Gemeindeexekutive Verkleinerung der Gemeindeexekutive mehr Kompetenzen für Gemeindeexekutive weniger Kompetenzen für Gemeindeexekutive Einführung eines vollamtlichen Gemeindepräsidiums Abschaffung des vollamtlichen Gemeindepräsidiums mehr vollamtliche Exekutivmitglieder weniger vollamtliche Exekutivmitglieder erfolgreich durchgeführt

Änderung des Wahlverfahrens für Exekutive (zu Proporz)

Versuch ohne Erfolg nicht unternommen

Änderung des Wahlverfahrens für die Exekutive (zum Majorz) 0

3.2

10

20

30

40

50

60

70

80

90 100

%

Reformen im Bereich „Kommissionen“

Noch kaum bekannt ist das Ausmass des Kommissionswesens auf Gemeindeebene. Schon kleinere Gemeinden haben einer grössere Anzahl an Kommissionen (Rechnungsprüfungskommission, Planungskommission, Schulkommission, Fürsorgekommission, Baukommission usw.), so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Zahl der in der Gemeindepolitik aktiv tätigen Personen ein beachtliches Ausmass annimmt. Die Zahl der Kommissionen, die sich eine Gemeinde „leisten“ will, scheint allerdings nicht ganz unumstritten zu sein: Etwa 15 Prozent der Gemeinden geben an, in den letzten Jahren zusätzliche Kommissionen und Spezialbehörden geschaffen zu haben, rund 40 Prozent geben an, die Zahl etwas reduziert zu haben (vgl. Abbildung 16). Tatsächlich ist auch die Rolle der Kommissionen heute alles andere als unumstritten. Der „schlanke Staat“ verzichtet auf ein 41 -

schwerfälliges und personalintensives Kommissionswesen, während das NPM-Modell gewisse neue Kontrollkommissionen wieder einführen will. Ein klarer Trend zeigt sich demgegenüber, was die Kompetenzen der Kommissionen anbelangt: Wenn man Kommissionen hat, so sollen diese auch mit mehr Kompetenzen ausgestattet sein.

Abbildung 16:

Geplante und durchgeführte Reformen in den letzten 10 Jahren im Bereich „Kommissionen“

erfolgreich

zusätzliche Kommissionen und Spezialbehörden

Versuch ohne Erfolg nicht unternommen

weniger Kommissionen und Spezialbehörden mehr Kompetenzen für Kommissionen und Spezialbehörden weniger Kompetenzen für Kommissionen und Spezialbehörden 0

3.3

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

%

Reformen im Bereich „Verwaltung“

Die Möglichkeiten zu umfassenden Verwaltungsreformen sind in vielen Gemeinden relativ beschränkt, besteht doch die Verwaltung praktisch ausschliesslich aus der Person des Gemeindeschreibers. Mit zunehmender Gemeindegrösse wird jedoch auch eine grössere und differenziertere Verwaltung notwendig. Etwa 35 Prozent der Berner Gemeinden haben in den letzten Jahren ihre Verwaltung ausgebaut (vgl. Abbildung 17), was als Hinweis für die steigende Belastung durch die verschiedenen Aufgaben gewertet werden kann. Etwa 10 Prozent der Gemeinden haben demgegenüber ihre Verwaltung redimensioniert. Was die Kompetenzen anbelangt, so läuft der Trend eindeutig in Richtung Kompetenzverlagerung zur Verwaltung, was auch Bestandteil des NPM-Modells ist. Verhältnismässig häufig ist es in den Gemeinden auch zu einer Übertragung von Aufgaben an Dritte gekommen.

- 42 -

Abbildung 17: Geplante und durchgeführte Reformen in den letzten 10 Jahren im Bereich „Verwaltung“ erfolgreich

Ausbau der Verwaltung

Versuch ohne Erfolg nicht unternommen

Redimensionierung der Verwaltung Übertragung von mehr Zuständigkeiten an die Verwaltung Übertragung von Gemeindeaufgaben auf Dritte

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90 100

%

Reformen im Bereich „Gemeindeparlament“

3.4

Zumindest was die politische Organisation der Gemeinde anbelangt, so gehört die Einführung eines

Gemeindeparlamentes

rund

18

Prozent

der

zu

den folgenschwersten Massnahmen. In der Schweiz kennen

Gemeinden

ein

Gemeindeparlament.

Zahlreiche

Gemeindeparlamente

wurden in den 1970er Jahren eingeführt. Ursächlich dafür waren die Einführung des Frauenstimmrechts und die damit verbundene Verdoppelung der Stimmbürgerschaft, teilweise überschätzte Wachstumsprognosen für die Gemeinde und eine gewisse Unzufriedenheit mit interessenspezifischen

Mobilisierungen

und

Einflussnahmen

in

den oft schwach besuchten Ge-

meindeversammlungen. In den letzten Jahren haben gemäss unserer Erhebung mindestens 15 Gemeinden ohne Erfolg versucht, ein Gemeindeparlament einzuführen. In rund 10 Gemeinden waren diese Versuche erfolgreich, wobei auffällt, dass es sich hierbei praktisch ausschliesslich um französischsprachige

Gemeinden handelte. Mindestens sieben Gemeinden haben ihr Gemeindeparlament in

den letzten Jahren wieder abgeschafft. In einigen wenigen Gemeinden konnte die Abschaffung mit Erfolg verhindert werden. Im Kanton Bern konnte in den letzten Jahren keine Einführung von Gemeindeparlamenten erhoben werden (vgl. Abbildung 18), tendenziell zeigt sich, dass den existierenden Gemeindeparlamenten mehr Kompetenzen übertragen wurden.

-

43 -

Abbildung 18:

Geplante und durchgeführte Reformen in den letzten 10 Jahren im Bereich „Gemeindeparlament“

Einführung eines Gemeindeparlaments Abschaffung des Gemeindeparlaments erfolgreich Versuch ohne Erfolg nicht unternommen

mehr Kompetenzen für das Gemeindeparlament weniger Kompetenzen für das Gemeindeparlament 0

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 %

Generell kann gesagt werden, dass die Gemeinden mit einer Vereinfachung der Entscheidungsverfahren auf die steigende Aufgabenlast reagiert haben. Als weitere Möglichkeit der Leistungssteigerung erbot sich zudem der Ausbau der Verwaltung und die Übertragung von Aufgaben an Dritte. Reformen des politischen Systems wie beispielsweise die Veränderung des Wahlverfahrens für die Exekutive (Majorz vs. Proporz), die Veränderung der Zahl der Exekutivmitglieder oder die Einführung eines Gemeindeparlamentes machen insgesamt den kleineren Teil der Reformen aus. Im Kanton Bern kommen - zumindest in den ersten beiden Fällen - solche Reformen relativ häufig vor, was auf die eher grossen Exekutiven und die Möglichkeit, zwischen beiden Wahlverfahren zu wählen, zurückzuführen ist. Es gilt allerdings festzuhalten, dass es sich bei diesen aus politikwissenschaftlicher Perspektive zwar interessanten Reformen nicht um eine fundamentale Veränderung der Gemeindeorganisation handelt und dass von ihnen nur beschränkt eine Steigerung der Leistungsfähigkeit erwartet werden kann. Bedeutend einschneidender sind die umfassenderen Reformen, wie sie im Rahmen des New Public Managements vorgeschlagen werden. 3.5

Reformen im Vergleich zwischen Kanton Bern und der Schweiz

Der abschliessende Vergleich der im Kanton Bern erfolgreich durchgeführten Reformen mit den gesamtschweizerischen Werten bestätigt, dass der Kanton Bern auf kommunaler Ebene durchaus als Reformkanton bezeichnet werden kann. Vor allem was die Kompetenzverlagerung an Exekutive und Kommissionen anbelangt, ist der Anteil der Gemeinden, die im Kanton Bern entsprechende Schritte mit Erfolg eingeleitet haben, deutlich höher (vgl. Abbildung 19).

- 44 -

Abbildung 19: Verschiedene erfolgreiche Reformen im Vergleich zwischen Bern und der Schweiz weniger Kompetenzen für das Gemeindeparlament mehr Kompetenzen für das Gemeindeparlament Abschaffung des Gemeindeparlaments

erfolgreich Bern erfolgreich Schweiz

Einführung eines Gemeindeparlaments Änderung des Wahlverfahrens für die Exekutive (zum Majorz) Änderung des Wahlverfahrens für Exekutive (zu Proporz) Übertragung von Gemeindeaufgaben an Dritte Übertragung von mehr Zuständigkeiten an die Verwaltung Redimensionierung der Verwaltung Ausbau der Verwaltung weniger Kommissionen und Spezialbehörden zusätzliche Kommissionen und Spezialbehörden weniger Kompetenzen für Kommissionen und Spezialbehörden mehr Kompetenzen für Kommissionen und Spezialbehörden weniger Kompetenzen für Gemeindeexekutive mehr Kompetenzen für Gemeindeexekutive weniger vollamtliche Exekutivmitglieder mehr vollamtliche Exekutivmitglieder Abschaffung des vollamtlichen Gemeindepräsidiums Einführung eines vollamtlichen Gemeindepräsidiums tiefere Entschädigung für Exekutivmitglieder höhere Entschädigung für Exekutivmitglieder Verkleinerung der Gemeindeexekutive Erweiterung der Gemeindeexekutive 10

0

20

30

40

50 %

-

45 -

60

70

80

90

100

4

NEW PUBLIC MANAGEMENT

4.1

Einleitung

New Public Management (NPM) ist seit den 1980er Jahren ein Denkansatz für eine neue Managementphilosophie, welche Politik und Verwaltung stärker nach privatwirtschaftlichen Managementtechniken, unternehmerischen Erfolgsprinzipien und marktwirtschaftlichen Steuerungsmechanismen ausrichten will. Die Verwaltung soll ihre Leistungen sowohl rationeller als auch bürger- und kundennäher erbringen. Ungewöhnlich an NPM ist die Ganzheitlichkeit des Ansatzes. Verschiedene Merkmale können für NPM, auch Wirkungsorientierte Verwaltungsführung genannt, als charakteristisch bezeichnet werden (vgl. etwa Buschor 1993: 19 und VBG et al. 1999): -

-

-

-

-

-

-

Flache(re) Strukturen durch Schaffung weitgehend selbständiger Verwaltungseinheiten und Betriebe, Vermehrte Trennung der strategischen von der operativen Ebene in der öffentlichen Verwaltung, Abschluss von Leistungsvereinbarungen und Kontrakten zwischen den verschiedenen Führungsebenen kombiniert mit Globalbudgets, Schaffung (und Förderung) eines Marktbewusstseins innerhalb der Verwaltung im Hinblick auf die vermehrte Leistungsorientierung, Ausrichtung der Verwaltungs-, bzw. Betriebsführung auf die Wirkung der Leistungserbringung durch (vermehrte) Output-Steuerung, Einführung und Anwendung von (bislang vorwiegend) in der Privatwirtschaft eingesetzten Instrumenten wie Wettbewerb, Marketing, Controlling und Personalentwicklung im Hinblick auf die Output-Steuerung und (erhöhte) Kostentransparenz durch gezielte und nach einheitlichen Kriterien vorgenommene Erfassung und Verrechnung der Kosten der Leistungserbringung (Kosten- und Leistungsrechnung).

Die Umsetzung von NPM setzte im anglo-amerikanischen Raum ein. Die dahinterstehende Denkschule sind unter anderem der Managerialismus und Neo-Taylorismus (vgl. Keraudren/van Mierlo 1998: 40 ff.). Die Entwicklung erfolgte zuerst auf kommunaler Stufe, vor allem in grösseren Städten. „Reinventing Government“ in den USA, „The Next Steps“ in Grossbritannien, Christchurch in Neuseeland und das „Neue Steuerungsmodell der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung“ (KGSt) in Deutschland sind einige der ersten Schritte in Richtung New Public Management. Seit anfangs der 90er Jahre wird das Reformmodell auch in der Schweiz diskutiert und eingeführt (vgl. Schedler 1997: 121 ff.). Der Kanton Bern hat in Zusammenarbeit mit dem Verband Bernischer Gemeinden eine NPM Wegleitung für kleinere und mittlere Gemeinden herausgegeben. Deshalb wird an dieser Stelle auf zusätzliche Erläuterungen verzichtet. - 46 -

4.2

Verbreitung im Kanton Bern

New Public Management ist im Kanton Bern ein Thema. 55.1% aller bernischen Gemeinden haben sich bereits mit dem neuen Steuerungsmodell auseinandergesetzt. Dies ist im Vergleich zur gesamten Schweiz mit 34.3% ein relativ hoher Wert. Auch in den Gemeinden der Nachbarkantone Freiburg und Luzern war NPM bisher weniger oft ein Diskussionsthema (vgl. Tabelle 21). Tabelle 21:

Gemeinden, welche sich mit der Theorie von NPM auseinandergesetzt haben (N=2437)

Haben Sie sich in Ihrer Gemeinde bereits mit der Theorie von NPM auseinandergesetzt?

Kanton Bern Freiburg Luzern Schweiz

ja Anzahl

199 21 41 845

In %

55.1 10.2 44.1 34.7

nein Anzahl

162 184 52 1592

In %

44.9 89.8 55.9 65.3

Das Interesse an NPM scheint dabei überwiegend von der Verwaltung zu kommen (vgl. Tabelle 22). Die Gemeindeschreiber der Gemeinden, welche konkrete Projekte planen, meinen jedenfalls, dass das grösste Interesse in der Regel nur selten von der Legislative und den Bürgern komme. Von den Exekutiven würden sich 79% besonders für NPM interessieren, wohingegen in der Verwaltung das Interesse bei über 99% liege. Tabelle 22:

Institutionen, welche in den Gemeinden an NPM besonders interessiert sind (N=132 für Bern, resp. N=574 für die Schweiz)

Kanton Bern Verwaltung Exekutive Legislative Bürger

Anzahl

Schweiz

131 104 16 16

In %

99.2 78.8 12.1 12.1

Anzahl

546 421 65 51

In %

95.1 73.3 11.3 8,8

Unter dem Begriff New Public Management werden von den Gemeindeschreibern sehr unterschiedliche Elemente verstanden. Es macht den Anschein, dass beinahe alle Verwaltungsreformen in den Gemeinden mit dem Etikett „NPM“ verkauft werden. Vor diesem Hintergrund ist zu relativieren, dass 46.1% aller bernischen Gemeinden von sich sagen, sie hätten bereits NPM-Gehversuche unternommen. -

47 -

Die leistungsabhängige Entlöhnung und die Abschaffung des Beamtenstatus sind dabei die am häufigsten bislang umgesetzten Reformschritte (vgl. Tabelle 23). Mehr als 80% der 159 Gemeinden mit NPM-Reformen haben die Anstellungsverhältnisse flexibilisiert. Damit liegen die Berner deutlich über dem gesamtschweizerischen Schnitt. Auch Personal- und Organisationsentwicklungsmassnahmen haben in den NPM-Gemeinden einen hohen Stellenwert. Tabelle 23:

In den Gemeinden eingeführte NPM-Elemente (N=Alle Gemeinden, welche bereits erste Gehversuche mit NPM unternommen und die Fragen beantwortet haben.) Kanton Bern

Leistungsabhängige Entlöhnung Abschaffung des Beamtenstatus Personal- und Organisationsentwicklungsmassnahmen Bessere Trennung von strategischen und operativen Aufgaben Kompetenzdelegation von Politik an Verwaltung Erstellen eines Leitbildes für die Gemeindepolitik Übertragung von Aufgaben an Dritte Verstärkter Beizug von externen Experten/Firmen Leistungsvereinbarungen/Leistungsaufträge Förderung von Wettbewerb zwischen externen Anbietern Controlling Bevölkerungs-/Kundenbefragungen Globalbudgets Produktdefinition

Anzahl

151 148

Schweiz

In %

89.9 87.1

Anzahl

393 390

In %

65.2 65.2

88

60.3

327

58.0

79 82 74 75 67 58

57.7 57.3 51.0 50.3 48.2 42.0

293 313 317 296 312 226

53.9 55.7 54.7 51.5 55.8 42.0

56 52 49 40 38

40.3 38.8 34.3 29.2 27.9

281 252 234 170 106

51.4 46.8 41.4 31.5 20.5

Noch wenig verbreitet sind die eigentlichen Kernelemente von New Public Management: Die Produktdefinitionen, Leistungsaufträge und Globalbudgets. Lediglich in 38 bernischen Gemeinden sind beispielsweise bislang Produkte definiert worden. 58 Gemeinden geben an, sie arbeiteten mit Leistungsvereinbarungen und in 40 wird mit Globalbudgets gearbeitet. Eigentlich bilden diese drei Elemente eine Einheit, weshalb die unterschiedlichen Zahlenwerte erstaunen. Erst 18 der von uns erhobenen Gemeinden haben bislang alle drei Elemente gemeinsam umgesetzt. Diese 18 Gemeinden könnte man als echte NPM-Gemeinden im Sinne des Konzepts bezeichnen. Auch wenn dieser Wert bescheiden tönt, ist er im schweizerischen Vergleich sehr hoch: Es gibt gesamthaft nur 52 Gemeinden, welche bislang einen solchen Schritt gewagt haben. Die 18 Gemeinden haben dabei ein schrittweises Vorgehen gewählt. In 14 Gemeinden wird NPM aufgabenspezifisch und/oder in Pilotämtern umgesetzt. Der am häufigsten nach NPMGrundsätzen geführte Bereich ist dabei der Tiefbau (8 Nennungen), gefolgt von der Fürsorge 48 -

(6), der allgemeinen Verwaltung (6), der öffentlichen Sicherheit (6) und den Versorgungsbetrieben (6). Geht man vom weiter gefassten NPM-Begriffsverständnis der Gemeindeschreiber aus und nimmt die 46.1% der Gemeinden als Grundlage, welche bereits NPM-Elemente umgesetzt haben, dann zeigt sich, dass grössere Gemeinden reformfreudiger sind.4 In den 12 antwortenden Gemeinden mit mehr als 10000 Einwohnern hat nur eine einzige noch keine Projekte lanciert (vgl. Abbildung 20). Abbildung 20: Gemeinden, welche bereits erste Gehversuche mit NPM unternommen haben nach Gemeindegrösse (N=345) 100,0 80,0 60,0

% 40,0 20,0 0,0

bis 249

250-499 500-999

10001999

20004999

50009999

1000019999

2000049999

ab 100000

Einwohner in der Gemeinde

Die gleiche Aussage lässt sich auch über den Zusammenhang zwischen der Steuerkraft einer Gemeinde und NPM-Reformen machen: Je höher die Steuerkraft, desto öfter wurden bereits NPM-Reformen umgesetzt. Doch bei dieser Interpretation ist Vorsicht geboten. Unterscheidet man noch zusätzlich nach Gemeindegrösse, ist der Zusammenhang nicht mehr so eindeutig. Dies hängt damit zusammen, dass die Steuerkraft mit der Gemeindegrösse korreliert. Die Untergliederung nach den sieben bernischen Regionen zeigt, dass vor allem das Emmental (59%) und Oberland-Ost (56.3%) bereits erste NPM-Elemente umgesetzt haben. Erst wenig Verbreitung hat das Modell im Berner Jura gefunden mit nur 21.1% (vgl. Abbildung 21).5

4 5

Der Zusammenhang zwischen der Gemeindegrösse und NPM-Reformtätigkeit ist hochsignifikant auf dem 1%-Niveau. λ=0,28. Im Berner Jura läuft aber ein Pilotprojekt mit fünf Gemeinden. -

49 -

Abbildung 21:

Gemeinden, welche bereits erste Gehversuche mit NPM unternommen haben nach Region (N=345)

100,0 80,0 60,0

% 40,0 20,0 0,0

l t Os nta e d n m rla Em e Ob

d lan e Se

rn Be

t au es ura g J r W r a d rne era an l e b r B O e Ob ion g Re

Region

5

INTERKOMMUNALE ZUSAMMENARBEIT (IKZ)

5.1

Einleitung

5.1.1

Definition des Begriffs „Interkommunale Zusammenarbeit“

Unter interkommunaler Zusammenarbeit versteht man die Erfüllung einer öffentlichen Gemeindeaufgabe durch eine einzelne Gemeinde, gemeinsam durch zwei oder mehr Gemeinden oder durch eine dritte juristische Person, wobei die Aufgabenerfüllung mindestens zwei Gemeinden gleichzeitig dient und an der sich die beteiligten Gemeinden direkt („leistend“) oder indirekt („ordnend“) beteiligen (vgl. Arn/Friederich 1994: 5). Von Kooperation kann also nur gesprochen werden, wenn Gemeinden von einem bestimmten Sachverhalt nicht nur passiv betroffen sind, sondern sie selbst aktiv leistend oder ordnend mithelfen, eine Gemeindeaufgabe zu erfüllen. Es handelt es sich um eine Verflechtung über die Gemeindegrenzen hinweg. Die Aufgabenerfüllung muss dabei mehr als einer Gemeinde dienen. Nicht notwendig ist hingegen, dass sich mehr als eine Gemeinde an der Leistungserbringung als solcher beteiligt. Es sind verschiedene Formen der Kooperation möglich. Diese können von einem rechtlich unverbindlichen Meinungsaustausch bis hin zu einer rechtlich ausgestalteten oder sogar durch eine übergeordnete Staatsebene verordnete Zusammenarbeit reichen (vgl. zu den nachfolgenden Ausführungen etwa Friederich 1997: 1 ff., Arn/Friederich 1994: 3 ff., Horber-Parpazian 1997: 4 ff., Meylan 1972: 54 ff, Baumann 1998: 18 ff. und De Spindler 1998: 118 ff.). Die rechtlich verfassten Kooperationen werden auch als Gemeindeverbindungen bezeichnet. In - 50 -

der Schweiz gibt es kantonal unterschiedliche Regelungen, welche jeweils für alle Gemeinden eines Kantons Gültigkeit haben. Grundsätzlich ist es möglich, dass eine Aufgabe durch eine Gemeinde alleine für andere Gemeinden erfüllt wird (Sitzgemeindemodell), mehrere Gemeinden zusammen die Aufgaben erfüllen (gemeinsame Aufgabenerfüllung im engeren Sinne) oder eine juristische Person für die Aufgabenerfüllung zuständig ist. Merkmale des Sitzgemeindemodells sind die rein vertragliche Grundlage zwischen zwei oder mehreren Gemeinden, die ungleiche Stellung von Sitzgemeinde und Anschlussgemeinden und die beschränkten Mitwirkungsmöglichkeiten der angeschlossenen Gemeinden. Vorteile des Sitzgemeindemodells sind seine Einfachheit, der geringe administrative Aufwand und die Möglichkeit, die Zusammenarbeit bedürfnisgerecht auszugestalten. Die Sitzgemeinde kann als Nachteil das erhöhte finanzielle Risiko empfinden. Zudem hat die Anschlussgemeinde tendenziell weniger Mitsprache- und Kontrollrechte. Das Modell ist für Aufgaben mit einer gewünschten ausgewogenen politischen Willensbildung eher ungeeignet. Wird die Aufgabenerfüllung gemeinsam durch die Gemeinden erbracht (Aufgabenerfüllung im engeren Sinne), dann basiert auch dies auf vertraglicher Grundlage. Die beteiligten Gemeinden sind aber gleichgestellt und die gemeindeinternen Zuständigkeiten bleiben prinzipiell unverändert. Zudem sind die finanziellen Risiken gleichmässig verteilt. Weil alles zusammen erfüllt wird, ist diese Form der Kooperation tendenziell schwerfällig und innovationshemmend. Entschliessen sich mehrere Gemeinden die Aufgabenerfüllung an eine juristische Person zu übertragen, dann sind sie nur noch mittelbar an der Aufgabenerfüllung beteiligt, d. h. durch ihre Vertreter in den Organen. Es wird nämlich ein neues Rechtssubjekt mit eigenem Willen, eigenen Rechten und eigenen Pflichten geschaffen. Die juristischen Personen können privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich konstituiert sein. Zu den privatrechtlichen juristischen Personen gehören die Aktiengesellschaft (Merkmale: Ausrichtung auf Bewährung am Markt, Kapitalbezogenheit, Handelbarkeit der Beteiligungen, weitgehend zwingende Zuständigkeiten des Verwaltungsrates und umfangreiche gesetzliche Regelungen), der Verein (Merkmale: Personenbezogenheit, ideelle Zielsetzung, einfaches Gründungsverfahren und weitgehende Freiheit bei der Organisation), die Genossenschaft (Ausrichtung auf wirtschaftliche Selbsthilfe, Personenbezogenheit, Prinzip der „offenen Tür“ und der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Genossenschafter) und die privatrechtliche Stiftung (Merkmale: weitgehende Freiheit bezüglich Organisation, Starrheit von statutarischem Zweck, dienende, dem Zweck untergeordnete Funktion der Stiftungsorgane und staatliche Aufsicht).

-

-

-

-

Öffentlich-rechtlich sind die Gemeindeverbände und öffentlich-rechtlichen Stiftungen und Anstalten. Der sehr häufig verbreitete Gemeindeverband ist nach dem Vorbild der politischen Gemeinden organisiert und kann wie diese hoheitlich auftreten und untersteht der staatlichen Aufsicht. Der Gemeindeverband gewährleistet dabei als gemeindeähnliche Körperschaft de51 -

mokratische Mitsprache. Es gibt ein exekutives und ein legislatives Organ. Tendenziell sind die Entscheidungswege lang. Er eignet sich für politisch sensible Aufgabenbereiche und die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben. Erfüllt ein Gemeindeverband nur eine Aufgabe, spricht man von Einzweckverband, sind es mehrere Aufgaben, dann handelt sich um einen Mehrzweckverband. Schedler bezeichnet den Zweckverband als „Mischform des Outsourcing“ (Schedler 1995: 120). Als neue Form der Zusammenarbeit diskutiert wird der Agglomerationsverbund, bei dem sich eine Kernstadt mit umliegenden Gemeinden zusammenschliesst (vgl. Arn/Friederich 1994: 114 ff.). 5.1.2

Gründe für und gegen interkommunale Zusammenarbeit

Gründe für interkommunale Zusammenarbeit werden in der Literatur verschiedene genannt (vgl. dazu etwa Geser et al. 1996: 268 f., Baumann 1998 und Moquai 1996: 17 ff.): -

-

-

-

Die Gemeinde hat unter Umständen eine suboptimale Grösse für eine professionelle Aufgabenerfüllung. Durch eine Kooperation verschiedener Kleingemeinden können sowohl administrative Grössenvorteile als auch eine erhöhte Professionalität erreicht werden. Regionale Sozial- und Beratungsstellen sind beispielsweise im sozialen und gesundheitspolitischen Bereich häufig, weil damit ein professionelles Beratungsangebot auch für die Bevölkerung kleiner Gemeinden möglich wird (d. h. ein grösseres Angebot, bessere Qualität und tendenziell preisgünstiger). Ein weiterer Grund für Kooperationen kann ein zu geringes Einzugsgebiet der Gemeinde für die Errichtung der notwendigen teuren Infrastruktur sein, z. B. Schulen, Spital oder Altersheim. Durch den Zusammenschluss lassen sich Angebot und Nachfrage besser aufeinander abstimmen. Zudem gibt es Aufgaben, z. B. im öffentlichen Verkehr, welche die traditionellen Gemeindegrenzen überschreiten. Die kommunalen Grenzziehungen entsprechen immer weniger den historisch festgelegten Gemeindegrenzen. Die funktionalen Verflechtungen betreffen nicht mehr allein traditionell grenzüberschreitende Funktionen wie etwa die Wasserversorgung, sondern auch zunehmend soziale und kulturelle Dienstleistungen. Die Stellung der Gemeinden gegenüber dem Kanton wird tendenziell gestärkt. Zudem wird eine Duplikation von Angeboten vermieden, was kostengünstiger ist.

Ökonomisch ausgedrückt erbringen Gebietskörperschaften ihre Leistungen um so effizienter, je genauer Leistungsempfänger und Kostenträger übereinstimmen, d. h. je kleiner die „Spill overs“ sind (vgl. Frey 1997: 14 und De Spindler 1998: 30). Sinnvoll ist zudem die Nutzung von Skalenerträgen durch eine ausreichende Grösse der Leistungserstellung. Gegen Kooperationen werden vorab politische und organisatorische Gründe vorgebracht. Es besteht die Möglichkeit eines teilweisen Autonomieverlusts für die einzelne Gemeinde. Zudem können bei gewissen Formen der Zusammenarbeit Demokratiedefizite entstehen. Beklagt 52 -

werden aus der Organisationsperspektive unklare Aufträge und Zuständigkeiten, mangelnde Kostentransparenz und schliesslich, dass Gemeinden die Kostenfolgen für Entscheide zu tragen haben, auf die sie kaum oder wenig Einfluss ausüben können. Zudem sind viele Absprachen mit den beteiligten Partnern nötig, was Bürokratieängste weckt (vgl. dazu etwa Baumann 1998: 18, Della Santa 1996: 75 ff. und Zulliger 1998: 57 ff.). 5.2

Verbreitung im Kanton Bern

5.2.1

Stellenwert der interkommunalen Zusammenarbeit

Der Stellenwert der interkommunalen Zusammenarbeit hat nach Auskunft der bernischen Gemeindeschreiber in den letzten 5 Jahren zugenommen. 67.3% aller Gemeinden haben die IKZ intensiviert. In 32.4% der Gemeinden sind die Aktivitäten im Bereich der IKZ gleichgeblieben und nur eine Gemeinde (0.3%) gibt an, einen Rückgang zu verzeichnen (vgl. Tabelle 24). Im gesamtschweizerischen Vergleich hat die interkommunale Zusammenarbeit im Kanton Bern überdurchschnittlich zugenommen. Die Werte liegen aber in den Kantonen Luzern und Freiburg höher. Ein Grund mag sein, dass in diesen Kantonen Fusionen gefördert werden und die Gemeinden als Gegenreaktion darauf vermehrt zusammenarbeiten. Tabelle 24:

Veränderung der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in den letzten 5 Jahren (N=364 für Bern, resp. N=205 für Freiburg, resp. N= 95 für Luzern, resp. N=2445 für die Schweiz)

Zusammenarbeit mit abgenommen

Kanton Bern

Kanton Freiburg Kanton Luzern

Schweiz

Anzahl

Anzahl In %

Anzahl

In %

Anzahl In %

In %

1

0.3

0

0.0

1

1.1

15

0.6

anderen Gemeinden gleichgeblieben in den letzten 5

118

32.4

62

30.2

20

21.1

889

36.4

Jahren

245

67.3

143

69.8

74

77.9

1541

63.0

zugenommen

Je grösser die Gemeinden sind, umso eher hat die IKZ zugenommen, wobei die Unterschiede nicht sehr gross sind. Ein klarer Trend zeichnet sich bei Gemeinden mit mehr als 10000 Einwohnern ab, welche überdurchschnittlich oft die Zusammenarbeit mit ihren Agglomerationsgemeinden intensiviert haben (vgl. Tabelle 25).

-

53 -

Tabelle 25:

Gemeinden mit einer Zunahme der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in den letzten 5 Jahren nach Gemeindegrösse (N=364) Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in den letzten 5 Jahren

Einwohnerzahl

zugenommen Anzahl 31 44 49 44 56 10 7 3 1 245

bis 249 250-499 500-999 1000-1999 2000-4999 5000-9999 10000-19999 20000-49999 ab 100000

Total

In % 64.6 63.8 66.2 68.8 70.9 62.5 70.0 100.0 100.0 67.3

Am meisten Gemeinden haben ihre IKZ intensiviert im Emmental, dem Berner Jura und der Agglomeration Bern. Unterdurchschnittlich zugenommen hat die IKZ im Berner Oberland (vgl. Tabelle 26). Die bernischen Gemeinden haben vorwiegend (85.7%) den Weg der gemeinsamen Aufgabenerfüllung gewählt. Nur in 20% der Fälle haben die Gemeinden neu Aufgaben für andere Gemeinden übenommen und in 21.2% eigene Aufgaben an andere Gemeinden übertragen. Tabelle 26:

Gemeinden mit einer Zunahme der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in den letzten 5 Jahren nach Region (N=364) Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in den letzten 5 Jahren

Region

zugenommen Anzahl 30 28 70 42 32 14 29 245

Emmental Berner Jura Bern Seeland Region Oberaargau Oberland West Oberland Ost

Total

In % 75.0 73.7 68.6 66.7 64.0 60.9 60.4 67.3

Die bernischen Gemeinden arbeiten in durchschnittlich 8.5 Aufgabenbereichen zusammen (Auswahl aus 32 Bereichen). Damit liegen sie im schweizerischen Mittel. Eine Unterscheidung nach Gemeindegrösse zeigt kein einheitliches Bild. Die kooperativ erfüllten Aufgabenbereiche nehmen tendenziell mit zunehmender Gemeindegrösse zu (vgl. Tabelle 27). Eine Ausnahme bilden die ganz kleinen Gemeinden, welche intensiv kooperieren und die Gemeinden zwischen 10000 und 19999 Einwohnern, welche unterdurchschnittliche Werte zeigen. Gemeinden dieser Grösse sind wohl genug gross, um Aufgaben allein zu erfüllen, sie haben 54 -

aber noch nicht die Grösse, um ihre Leistungen auch anderen Gemeinden zur Verfügung zu stellen. Die vier grossen Gemeinden mit mehr als 20000 Einwohnern kooperieren dagegen intensiv mit den umliegenden Gemeinden. Auch wenn die kooperative Aufgabenerfüllung mit zunehmender Gemeindegrösse ansteigt, ist sie bei Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern unterdurchschnittlich ausgeprägt. Dies lässt sich wohl dadurch erklären, dass Gemeinden erst ab einer bestimmten Grösse gewisse Aufgaben erfüllen (z. B. im kulturellen Bereich). Tabelle 27:

Durchschnittliche Anzahl Aufgabenbereiche, in denen zusammengearbeitet wird, nach Gemeindegrösse (N=361 für Bern, resp. N=2391 für Schweiz) Kanton Bern

Einwohnerzahl

Schweiz

bis 249

9.8

8.3

250-499

7.5

8.2

500-999

8.0

8.1

1000-1999

8.3

8.6

2000-4999

8.7

8.9

5000-9999

10.5

9.0

10000-19999

7.6

8.9

20000-49999

14.0

10.1

50000-99999 ab 100000 Total

5.2.2

-

5.3

12.0

12.8

8.5

8.5

Finanzielle Lage der kooperativen Gemeinden

Der Steuerkraftindex hat keinen eindeutigen Einfluss auf die Anzahl Aufgabenbereiche mit IKZ. Es zeigt sich, dass die steuerschwachen Gemeinden (Index bis 60%) eher unterdurchschnittlich und die steuerstarken Gemeinden (Index mehr als 120%) überdurchschnittlich intensiv zusammenarbeiten. Auch hier hängt der Effekt aber wieder mit der Gemeindegrösse zusammen (vgl. Tabelle 28).

-

55 -

Tabelle 28:

Anzahl Aufgabenbereiche, in denen zusammengearbeitet wird, nach Steuerkraftindex (N=361) Anzahl Bereiche der Zusammenarbeit Bis 5

Steuerkraftindex

6-10

11-15

Ab 16

Anzahl

In %

Anzahl

In %

Anzahl

24 42 15 4 5

28.2 29.0 18.5 14.8 21.7

42 56 47 15 9

49.4 38.6 58.0 55.6 39.1

18 42 15 6 7

21.2 29.0 18.5 22.2 30.4

1 5 4 2 2

1.2 3.4 4.9 7.4 8.7

90

24.9

169

46.8

88

24.4

14

3.9

Bis 60% 60,01%-80% 80,01%-100% 100,01%-120% Mehr als 120%

Total

In % Anzahl

In %

Interessant ist die Feststellung, dass die Regionen Emmental und Berner Jura, in welchen die IKZ in den letzten fünf Jahren überdurchschnittlich zugenommen hat, gleichzeitig auch diejenigen Regionen sind, in welchen absolut am häufigsten zusammengearbeitet wird (vgl. Tabelle 29). Prozentual am meisten Gemeinden mit nur wenig Zusammenarbeit (Bis 5 Bereiche) finden sich im Berner Oberland. Dies ist die Landesgegend, in welcher die IKZ am wenigsten häufig zugenommen hat. Tabelle 29:

Anzahl Aufgabenbereiche, in denen zusammengearbeitet wird, nach Region (N=361) Anzahl Bereiche der Zusammenarbeit Bis 5

6-10

Anzahl Region

Total

5.2.3

Oberland Ost Bern Region Oberaargau Seeland Berner Jura Oberland West Emmental

11-15

Ab 16

In % Anzahl

In %

Anzahl

In %

Anzahl

In %

18 20 16

37.5 19.8 32.0

17 59 22

35.4 58.4 44.0

12 14 12

25.0 13.9 24.0

1 8

2.1 7.9

11 8 8 9 90

17.7 21.1 34.8 23.1 24.9

31 15 9 16 169

50.0 39.5 39.1 41.0 46.8

18 14 6 12 88

29.0 36.8 26.1 30.8 24.4

2 1

3.2 2.6

2 14

5.1 3.9

Kooperative Aufgabenbereiche

Für alle Gemeindeaufgaben gibt es Beispiele interkommunaler Zusammenarbeit. Am verbreitetsten ist die Zusammenarbeit aber in Schulfragen, bei der medizinischen Versorgung, bei -

56 -

Abwasserfragen und beim Abfall mit über 60% der Gemeinden, welche in diesen Bereichen zusammenarbeiten (vgl. Abbildung 22). Noch sehr wenig verbreitet mit Werten unter 20% ist die IKZ beispielsweise in folgenden Bereichen: Bei der allgemeinen Gemeindeverwaltung (Informatik, Rechnungswesen, Einwohnerkontrolle, Kanzlei und beim Personalmanagement), bei gemeindepolizeilichen Aufgaben, der Raum- und Zonenplanung, Baugesuchen, öffentlichen Bauten, dem Landschafts- und Ortsbildschutz, den Gemeindebehörden, dem Umweltschutz, privaten Verkehr und der Integration von Ausländern. Abbildung 22: Aufgabenbereiche, in welchen die Gemeinden zusammenarbeiten, und Dauer der Zusammenarbeit (N=361)

Betreuung von Drogenabhängigen Sportanlagen/Sport

weniger als 5 Jahre mehr als 5 Jahre

Jugendfragen Betreuung von Asylsuchenden Zivilschutz Feuerwehr Energieversorgung öffentlicher Verkehr Neue Armut/Fürsorge/Vormundschaft Unterstützung und Betreuung von Arbeitslosen Unterstützung und Betreuung älterer Personen Wasserversorgung Abfall/Entsorgung Abwasser/Kanalisation medizinische Versorgung Schulfragen

0%

20%

40%

-

57 -

60%

80%

100%

Dass es natürlich auch in diesen Bereichen prominente Beispiele für Zusammenarbeit gibt, zeigen die Berner Gemeinden, welche bei der Zusammenlegung (z. B. Bettenhausen und Bollodingen) oder dem Outsourcing (Mühledorf) der Gemeindeverwaltung an eine private Firma schweizweit eine Vorreiterrolle spielen. In den letzten fünf Jahren überdurchschnittlich zugenommen hat die IKZ bei der Betreuung von Arbeitslosen (Regionale Arbeitsvermitlungszentren), dem Zivilschutz, der Feuerwehr, der medizinischen Versorgung, der Fürsorge und der Betreuung von Asylsuchenden. Die markante Zunahme der Arbeitslosigkeit zu Beginn der 90er Jahre und die Kostenexplosion im Gesundheitswesen mögen die Notwendigkeit für IKZ bei der Betreuung von Arbeitslosen und der medizinischen Versorgung aufgezeigt haben. Mit der Feuerwehr und dem Zivilschutz wird neu auch in Bereichen zusammengearbeitet, welche bislang aus den Diskussionen ausgeklammert wurden, weil sie einen bedeutenden Bestandteil der lokalen Kultur bildeten. Der Kanton Bern arbeitet in einer Vielzahl von Aufgabenbereichen etwa im gleichen Mass zusammen wie die übrigen Schweizer Gemeinden. Überdurchschnittlich kooperativ gibt sich der Kanton Bern in der Betreuung von Asylsuchenden, der medizinischen Versorgung, der Arbeitslosenbetreuung, der Energieversorgung, der Fürsorge und bei Abwasserfragen (vgl. Tabelle 30). Nach wie vor klar unterdurchschnittlich kooperativ ist der Kanton Bern beim Zivilschutz und der Feuerwehr, obwohl hier in den letzten Jahren aufgeholt wurde.

-

58 -

Tabelle 30:

Aufgabenbereiche, in welchen die Gemeinden zusammenarbeiten – Bern und Schweiz im Vergleich (N=361 für Bern, resp. N=2391 für Schweiz) Zusammenarbeit Zusammenarbeit in der

Unterschied

im Kanton Bern

Schweiz

Betreuung von Asylsuchenden

26.3

15.2

11.1

medizinische Versorgung

79.5

69.3

10.2

Unterstützung und Betreuung von Arbeitslosen

50.7

42.7

8.0

Energieversorgung

33.0

26.0

7.0

Neue Armut/Fürsorge/Vormundschaft

45.7

39.6

6.1

Abwasser/Kanalisation

71.7

66.0

5.7

Schulfragen

80.6

76.2

4.4

Wasserversorgung

55.4

52.7

2.7

6.1

5.1

0.9

anderes Gemeindebehörde

7.8

7.5

0.2

Bewilligung von Baugesuchen

9.1

9.5

-0.3

Gemeindeverwaltung: Personalmanagement

2.8

4.1

-1.3

privater Verkehr

4.7

6.0

-1.3

Integration von Ausländern

3.6

5.1

-1.5

Gemeindeverwaltung: Rechnungswesen

6.9

8.5

-1.6

Landschafts- und Ortsbildschutz

6.4

8.0

-1.6

Gemeindeverwaltung: Kanzlei

3.6

5.5

-1.9

Betreuung von Drogenabhängigen

22.2

24.3

-2.2

kulturelle Veranstaltungen/Kulturfragen

19.7

22.3

-2.6

Abfall/Entsorgung

60.4

63.1

-2.7

Jugendfragen

25.8

28.8

-3.0

3.9

7.1

-3.2

öffentlicher Verkehr

33.8

37.7

-3.9

Unterstützung und Betreuung älterer Personen

Gemeindeverwaltung: Einwohnerkontrolle

53.7

58.0

-4.3

Umweltschutz

2.2

6.6

-4.4

Raum- und Zonenplanung

8.6

13.2

-4.6

Sportanlagen/Sport

23.0

28.5

-5.5

Gemeindeverwaltung: Informatik

11.9

17.8

-5.9

Wirtschaftsförderung

15.8

21.7

-5.9

öffentliche Bauten Gemeindepolizeiliche Aufgaben

3.0

9.1

-6.1

10.0

17.1

-7.2

Feuerwehr

32.4

43.2

-10.8

Zivilschutz

28.5

61.9

-33.3

5.2.4

Rechtsformen der Zusammenarbeit

Der Gemeindeverband ist die häufigste Rechtsform für kooperative Aufgabenerfüllung. Jede bernische Gemeinde arbeitet durchschnittlich in 3.0 Aufgabenbereichen in einem Gemeindeverband, in 2.3 Bereichen wird auf Vertragsbasis gearbeitet und in 1.6 Bereichen in Form einer eigenständigen privatrechtlichen Organisationsform. In 1.2 Bereichen wählen die Gemeinden eine andere Kooperationsform (vgl. Tabelle 31). 59 -

Tabelle 31:

Rechtsformen der Zusammenarbeit (Die je fünf höchsten Werte sind schraffiert) Vertrag

Gemeinde- privatrechtliche andere

In % Unterstützung und Betreuung älterer Personen

11.6

verband

Organisation

In %

In %

In %

40.0

37.9

N 10.5

190

Jugendfragen

18.4

14.9

34.5

32.2

87

Unterstützung und Betreuung von Arbeitslosen

35.2

26.7

9.1

29.0

176

Neue Armut/Fürsorge/Vormundschaft

23.9

65.0

7.4

3.7

163

Betreuung von Asylsuchenden

45.6

25.6

3.3

25.6

90

Betreuung von Drogenabhängigen

20.3

34.2

29.1

16.5

79

Integration von Ausländern

41.7

25.0

16.7

16.7

12

medizinische Versorgung

15.3

24.0

58.5

2.2

275

Schulfragen

41.7

52.4

0.4

5.5

271

kulturelle Veranstaltungen

35.3

10.3

26.5

27.9

68

Sport/Sportanlagen

40.0

17.5

15.0

27.5

80

Bewilligung von Baugesuchen

58.1

0.0

12.9

29.0

31

Raum- und Zonenplanung

7.1

50.0

28.6

14.3

28

Landschafts- und Ortsbildschutz

9.5

33.3

23.8

33.3

21

30.0

30.0

10.0

30.0

10

öffentliche Bauten öffentlicher Verkehr

23.5

29.6

27.0

20.0

115

privater Verkehr

46.7

13.3

0.0

40.0

15

Wirtschaftsförderung

16.4

38.2

27.3

18.2

55

Wasserversorgung

26.4

59.6

9.3

4.7

193

9.6

87.6

1.6

1.2

251

Abfall/Entsorgung

28.6

27.6

37.6

6.2

210

Energieversorgung

32.7

5.3

50.4

11.5

113

Umweltschutz

50.0

0.0

0.0

50.0

8

Zivilschutz

37.3

40.2

2.9

19.6

102

Feuerwehr

50.0

21.9

0.9

27.2

114

Gemeindepolizeiliche Aufgaben

48.6

5.7

2.9

42.9

35

Abwasser/Kanalisation

Gemeindeverwaltung: Informatik

47.5

0.0

5.0

47.5

40

Gemeindeverwaltung: Personalmanagement

42.9

0.0

0.0

57.1

7

Gemeindeverwaltung: Rechnungswesen

52.4

0.0

14.3

33.3

21

Gemeindeverwaltung: Einwohnerkontrolle

55.6

0.0

0.0

44.4

9

Gemeindeverwaltung: Kanzlei

40.0

0.0

0.0

60.0

10

4.2

8.3

4.2

83.3

24

47.8

34.8

0.0

17.4

23

Gemeindebehörde anderes

Der Gemeindeverband ist besonders beliebt bei der Wasserversorgung und beim Abwasser. Zudem wird diese Organisationsform auch häufig bei der Fürsorge und in Schulfragen gewählt. Damit liegt der Kanton Bern im schweizerischen Trend. Schweizweit wird auch der Zivilschutz sehr häufig in Form eines Gemeindeverbandes geregelt. Hier liegt der Kanton Bern unter dem Durchschnitt. -

60 -

Die Vertragslösung wird häufig gewählt bei der Bewilligung von Baugesuchen, dem Umweltschutz und der Feuerwehr. Auch bei der Gemeindeverwaltung entschliessen sich die Berner Gemeinden häufig für Vertragslösungen. Ein Grund mag sein, dass die Zusammenarbeit in der Gemeindeverwaltung erst in den letzten Jahren aufgebaut wurde und der Vertrag eine flexiblere Lösung darstellt. Die privatwirtschaftliche Organisationsform erfreut sich grosser Beliebtheit bei der medizinischen Versorgung, der Betreuung älterer Menschen und in der Energieversorgung. Es zeigt sich sowohl bei der Vertragslösung wie auch der privatwirtschaftlichen Organisationsform, dass der Kanton Bern ähnliche Lösungen wählt wie der schweizerische Durchschnitt. Bei den Gemeindebehörden, der Gemeindeverwaltung und auch beim Umweltschutz meinen viele Gemeinden, dass sie eine andere organisatorische Lösung gewählt haben. Was darunter zu verstehen ist, bleibt offen, denn eigentlich gibt es rechtlich gesehen keine andere Lösungen. Wahrscheinlich sind darunter viele informelle Zusammenarbeitsformen zu verstehen. 5.2.5

Argumente für und gegen Kooperationen

Die Gemeindeschreiber sind gegenüber IKZ positiv eingestellt und äussern nur wenig Skepsis, wie der morphologische Kasten in Abbildung 23 zeigt. Es ist aber auch keine Euphorie festzustellen. Als Vorteil wird unter anderem der Ausbau des Leistungsangebotes genannt. Im Gegensatz zum schweizerischen Mittel glaubt eine Mehrheit der bernischen Gemeindeschreiber, dass die Qualität der Leitungen nicht zunimmt. Die Gemeinden vermuten, dass mehr Absprachen mit den beteiligten Gemeinden nötig sind und kooperativ erfüllte Aufgaben tendenziell weniger flexibel an geänderte Verhältnisse angepasst werden können. Zudem glaubt eine Mehrheit nicht daran, dass durch IKZ der Finanzhaushalt entlastet werden könne, sondern im Gegenteil die Bürgerinnen und Bürger höhere direkte Gebühren zahlen müssten. Die Haltung ist bei diesen potentiellen Nachteilen der IKZ leicht kritischer als im schweizerischen Durchschnitt.

-

61 -

Abbildung 23: Argumente für und gegen Kooperationen (N zwischen 286 und 337 für Bern, resp. N= zwischen 1726 und 2241 für Schweiz) Mehr Absprachen mit beteiligten Gemeinden nötig Weniger flexible Anpassung an geänderte Verhältnisse Bürger zahlen höhere direkte Gebühren Leistungsangebot kann ausgebaut werden Qualität der Leistungen nimmt zu Einfluss von Interessengruppen nimmt zu Weniger Absprachen mit Kanton nötig Gemeindehaushalt wird entlastet Zusammenarbeitsformen mit Gesetzen schlecht vereinbar Einfluss der Exekutive nimmt zu Rechtssicherheit nimmt ab Einfluss des Parlaments/der Stimmberechtigten nimmt zu Kanton Bern Schweiz

5.2.6

1: Stimme völlig zu

Lehne völlig ab: 5

Innovative Formen der Kooperation

Jede fünfte Schweizer Gemeinde glaubt, dass sie eine innovative/aussergewöhnliche Form der Zusammenarbeit praktiziert. Es handelt sich dabei überdurchschnittlich oft um Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern (vgl. Tabelle 32). Zudem befinden sich diese Gemeinden gehäuft in den Kantonen Zug (38% aller Zuger Gemeinden), Neuenburg (34%), Basel-Stadt (33%), Appenzell-Innerrhoden (33%), Schaffhausen (26%), Thurgau (24%) und Luzern (24%). Der Kanton Bern liegt mit 22.4% leicht über dem Durchschnitt. Auch hier sind es die Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern und interessanterweise auch die ganz kleinen Ge-

62 -

meinden mit weniger als 250 Einwohnern, welche öfters angeben, eine innovative Zusammenarbeitsform zu praktizieren. Tabelle 32:

Gemeinden mit einer innovativen/aussergewöhnlichen Form der Zusammenarbeit nach Gemeindegrösse (N=353 für Bern, resp. N=2375 für Schweiz) innovative/aussergewöhnliche Form der Zusammenarbeit Kanton Bern

Schweiz

Anzahl Einwohnerzahl bis 249

Anzahl

Anzahl

In %

18

37.5

75

18.0

250-499

9

13.2

68

16.7

500-999

12

17.1

83

18.0

1000-1999

14

21.9

69

15.9

2000-4999

18

24.0

79

19.0

5000-9999

3

20.0

31

21.7

10000-19999

2

22.2

20

26.3

20000-49999

2

66.7

7

38.9

50000-99999

-

-

2

100.0

ab 100000

1

100.0

3

60.0

79

22.4

437

18.4

Total

Das genannte Spektrum ist sehr weit und zeigt auf, was die Berner Gemeinden unter innovativer Zusammenarbeit verstehen. Im Trend liegt die Zusammenlegung oder Kooperation von Feuerwehr und Zivilschutz (19 Nennungen). Zudem sind viele Gemeinden stolz auf ihre Fusionspläne (6 Nennungen) oder in einem weniger weitgehenden Rahmen auf die Zusammenlegung der Gemeindeverwaltung oder Informatik (10 Nennungen) (vgl. Tabelle 33). In der allgemeinen Verwaltung, einem eher neueren Bereich für Kooperationen, werden von den Gemeindeschreibern grundsätzlich die meisten innovativen Projekte genannt. Tabelle 33:

Innovative/aussergewöhnliche Formen der Zusammenarbeit

− Abfallentsorgung − Abwasser und Wasserversorgung (2 Nennungen): u. a. Vereinbarung mit ausserkantonaler Gemeinde für gegenseitige Wasserlieferung

− Allgemeine Verwaltung (19 Nennungen): Betrieb eines gemeinsamen Informatikzentrums mit Nachbargemeinden, Verwaltung mehrerer Gemeinden erfolgt gemeinsam, Gemeinsamer Gemeindeschreiber, Bürogemeinschaft, Finanzverwaltung durch Angestellten der Nachbargemeinde, Lehrlingsaustauschprojekt, NPMProjekt mit sieben bernischen Gemeinden, Outsourcing, Präsidententreff der Region, Vermehrte Zusammenarbeit mit ausserkantonalen Gemeinden, allgemeine Zusammenarbeit, Bürgerregister

− Asyl (3 Nennungen): u. a. zentrale Unterbringung − Bauwesen (2 Nennungen): u. a. Übertragung des Bauamtes an andere Gemeinde − Diverses (2 Nennungen): Dienstleistungsbörse in Amt, Schaffung eines Dienstleistungszentrums für andere Gemeinden

− Einbürgerung − Feuerwehr und Zivilschutz (19 Nennungen): Fusion oder Zusammenarbeit -

63 -

− − − − − − −

Fürsorge Fusion von Gemeinden (6 Nennungen): geplant oder in Prüfung Kultur: Regionale Kulturkonferenz Mietamt (2 Nennungen) Sicherheit (2 Nennungen): Gemeindepolizeiverband, Projekt öffentliche Sicherheit Spitex Schule (6 Nennungen): u. a. Schüleraustausch in allen Schulklassen, Schulverband, faktisch eine Primarschulkommission, formell zwei Kommissionen, Zusammenlegung der Primarschule

− Sozialdienst (6 Nennungen): u. a. regionalisiert, vermehrte Übertragung von Sozialfällen an regionalen Dienst

− Spitäler (2 Nennungen): Aktiengesellschaften, Zusammenschluss von vier Spitälern zu einem einzigen „Anbieter an vier Standorten“

− − − − −

Umwelt: Moorschutz Verkehr (2 Nennungen): Regionalbus mit Nachbargemeinden, Regionale Verkehrskonferenz Wirtschaftsförderung und Standortförderung mit mehreren Gemeinden (3 Nennungen) Unterhalt von Wegen: Arbeitsverträge mit Landwirten für Flurunterhalt Verbände (3 Nennungen): Städteverband, Verband Bernischer Gemeinden, Verband Region Bern

5.2.7

Kontakt zu anderen Institutionen

Gemeinden pflegen nicht nur zu den Nachbargemeinden Kontakte. Sie müssen sich mit unterschiedlichen Organisationen absprechen und verhandeln. Interessant ist die Einschätzung der Gemeindeschreiber zur Intensität dieser Beziehungsnetze (vgl. Tabelle 34). Im Kanton Bern hat der Kontakt zu Nachbargemeinden den höchsten Stellenwert. Der Wert von 3.9 liegt vergleichsweise hoch (5 bedeutet sehr intensiven Kontakt, 1 überhaupt keinen Kontakt). Wichtige Verhandlungspartner sind auch Gemeinden im Amt und der Kanton. Interessanterweise pflegen die Gemeinden auch intensiv Kontakt zum Verband Bernischer Gemeinden. Die bernischen Gemeinden denken sehr lokal. Sie haben nur wenig Kontakt zu weiter entfernten Gemeinden innerhalb des Kantons. Kantonsübergreifend werden praktisch keine Kontakte gepflegt. Public-Private-Partnership ist ebenfalls erst ansatzweise ein Thema. In der Regel sind staatliche Institutionen die wichtigsten Ansprechpartner der Gemeinden. Im Vergleich zur gesamten Schweiz sind die Beziehungsnetze der bernischen Gemeinden sehr ähnlich. Intensiver als in der übrigen Schweiz ist der Kontakt zu Verbänden und zu den Medien, was mit dem in Bern geltenden Grundsatz des Öffentlichkeitsprinzips zusammenhängen mag. Wenig Kontakt im Vergleich zur übrigen Schweiz pflegen die Berner Gemeinden zum Kanton und zu anderen Gemeinden im Kanton.

-

64 -

Tabelle 34:

Intensität der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen (N= zwischen 338 und 365 für Bern, resp. N= zwischen 2265 und 2444 für Schweiz) Kanton Bern

Schweiz

Kontakt mit Nachbargemeinden

3.9

3.8

Kontakt mit Gemeinden im Bezirk

3.2

3.1

Kontakt zu Kanton

3.1

3.4

Kontakt zu Verbänden

3.1

2.8

Kontakt zu Interessenorganisationen der Gemeinden

3.1

3.0

Kontakt zu Medien

2.8

2.5

Kontakt zu Parteien

2.4

2.2

Kontakt zu Gemeinden im Kanton

2.1

2.3

Kontakt zu Beratungsunternehmen

1.9

1.8

Kontakt zu anderen privaten Unternehmen

1.9

1.9

Kontakt zu Bund

1.8

1.8

Kontakt zu Wissenschaft

1.5

1.4

Kontakt zu ausserkantonalen Gemeinden

1.4

1.5

5: sehr intensiver Kontakt – 1: überhaupt kein Kontakt – Angabe der Mittelwerte

6

FUSIONEN

6.1

Einleitung

6.1.1

Definition

Die Fusion ist die einschneidendste Reformmassnahme. In Analogie zur Fusion im Privatrecht kann man unter einer Gemeindefusion den Zusammenschluss von zwei oder mehr Gemeinden zu einer neuen Gemeinde verstehen („Volleingemeindung im weiteren Sinne“) oder die Aufnahme einer Gemeinde durch eine andere im Sinne einer Eingemeindung („Volleingemeindung im engeren Sinne“ oder „Einverleibung“) (vgl. Friederich et al. 1998: 11 und Meyer 1978: 119 f.). Das wesentliche Merkmal für eine Fusion ist die vollständige Aufgabe der Selbständigkeit einer oder mehrerer Gemeinden. Alle Gemeindeaufgaben werden durch die neue Gemeinde erfüllt. Die Zahl der Schweizer Gemeinden hat in den letzten 150 Jahren lediglich um knapp 10 Prozent abgenommen (von 3204 Gemeinden im Jahre 1848 auf 2903 Gemeinden 1999, vgl. Kapitel 1.1). Nie ist es zu Gemeindereorganisationen im grösseren Stile wie in den nordeuropäischen Ländern gekommen. Gründe mögen sein, dass die Gemeinden in der Schweiz eine grosse politische Bedeutung haben. Zudem sind sie verhältnismässig autonom und für einen grossen Teil von Aufgaben zuständig. Die kantonalen Rechtssprechungen verlangsamen den Prozess ebenfalls, weil sie teilweise den komplizierten Weg über eine Verfassungsänderung verlangen. Ein weiteres Hin-

65 -

dernis ist eher finanzieller Art: Eine reiche Gemeinde wird sich wohl nicht ohne weiteres mit einer ärmeren zusammenschliessen. Auch Motive lokalpolitischer und sozialer Art (Rivalitäten, Grenzstreitigkeiten usw.) können ein Grund für die Konstanz des Gemeindebestandes sein (vgl. Ladner 1999: 5 f.) Der Bestand der Schweizer Gemeinden wird vom Bundesgericht nicht per se geschützt. Die Bestandesgarantie hat den Zweck, die individuelle Gemeinde in ihrer Existenz und in ihrem Gebietsbestand zu schützen und die Benachteiligung einer Gruppe individueller Gemeinden zu verhindern. Dazu gehört nicht nur die Aufhebung der Gemeinde, sondern auch die existenzbedrohende Aushöhlung ihres Status durch die Kantone. Das Bundesgericht hat in einem kürzlichen Entscheid im Zusammenhang mit der Thurgauer Gemeindereform festgehalten: „Der Bestand der Gemeinden wird in der Bundesverfassung nicht garantiert, auch wenn diese deren Existenz stillschweigend voraussetzt. Es bleibt somit grundsätzlich den Kantonen überlassen, ob sie ihr Gebiet in Gemeinden aufteilen und welche Aufgaben mit welchen Strukturen sie diesen übertragen wollen.“ (BGE zitiert nach ZBI 1998: 423). Die Bestandesgarantie richtet sich grundsätzlich nur nach kantonalem Recht und es ist deshalb ausschliesslich Sache der Kantone, über die Fusion von Gemeinden zu entscheiden. 6.1.2

Gründe für und gegen Gemeindefusionen

Ausgangspunkt der Fusionsdiskussion sind in der Regel Vermutungen über optimale Gemeindegrössen. In der ökonomischen Literatur wird denn auch gesagt, dass die Einwohnerzahl das entscheidende Kriterium für die Bestimmung einer optimalen Grösse einer Gebietskörperschaft sei: „(...) the relevant factor is population (...)“ (King 1996: 56): In der schweizerischen Literatur wird öfters auf Berechnungen in der Dissertation von Hans Peter Fagagnini aus dem Jahre 1974 verwiesen, der für den Kanton St. Gallen vermutet, dass eine Gemeinde erst ab etwa 3000 Einwohner kostenoptimal geführt werden könne: HansPeter Fagagnini gelangt zum Fazit, dass „(...) die Pro-Kopf-Ausgaben der Gemeinden mit unter 1000 Einwohner höher sind als jene mit 1000-2000 Einwohner, und diese wiederum höher als in Gemeinden mit 2000-3000 Einwohner.“ (Fagagnini 1974: 184). Andere neuere Studien bezweifeln generell, ob eine optimale Gemeindegrösse berechnet werden kann (vgl. Friederich et al. 1998). Im Ausland wird teilweise von deutlich grösseren Mindestgrössen ausgegangen. So erachten beispielsweise die Deutschen Nassmacher und Nassmacher (vgl. 1979: 14) für „die Gemeinde als Grundschule der Demokratie“ eine Mindestgrösse von zwischen 5000 und 50000 Einwohnern als ideal. In den USA wird teilweise sogar von einer sinnvollen Mindestgrösse von 20000 bis 40000 Einwohnern gesprochen (vgl. Frenkel 1980: 8). Die sehr unterschiedlichen Empfehlungen für Mindestgrössen in den einzelnen Ländern führt Frenkel zu einem kritischen Urteil: „(...) I think, that territorial reorganization plans show a considerable variety of minima, optima and maxima. Some of the variety may presumably be attributed to different structural and territorial variables. Yet I doubt whether this alone can explain such differences.“ (Frenkel 1980: 12). -

66 -

Sind die vorgeschlagenen Gemeindegrössen sehr unterschiedlich, so verfolgen Gemeindezusammenlegungen doch ähnliche Ziele (vgl. dazu etwa Frenkel 1980: 12 ff., Arn 1999: 242 f., Dafflon 1998: 139 ff., Mundwiler 1997: 16 ff. - Für eine internationale Sicht: Council of Europe 1995: 31 ff.): -

Effektivitäts- und Effizienzsteigerung: Von den Zusammenlegungen wird erwartet, dass sie die Effektivität und Effizienz der Aufgabenerfüllung steigern: Die Qualität der Dienstleistungen werde höher, die Kosten könnten gesenkt und die Responsivität verbessert werden. Nicht die staatlichen Leistungen an sich seien in Frage zu stellen, sondern die Strukturen. Die Qualität werde höher, weil grössere Gemeinden Leistungen anbieten könnten, welche die Leistungsgrenzen der bisherigen kleinen Gemeinden überschreiten (z. B. im Kulturbereich). Zudem werde die Aufgabenerfüllung professioneller („Mehr, besser, billiger“). Eine Fusion senke die Kosten, da kleine Gemeinden Skalenerträge nicht optimal ausnutzen könnten. Alle Stellen würden beispielsweise durch je eine Person besetzt, die nicht ausgelastet sei. Durch eine Fusion könnten mittelfristig Schulden abgebaut und auch die Steuern gesenkt werden. Zudem habe der Kanton höhere Ausgaben, weil er viele kleine Gemeinden beraten und viele finanzschwache Gemeinden im Finanzausgleich unterstützen müsse. Es sei für den Kanton nicht möglich, mehr Aufgaben an die Gemeinden zu übertragen, weil auf die kleinen Gemeinden Rücksicht genommen werden müsse. Als Argument wird teilweise auch die Responsivität vorgebracht. Darunter versteht man die Fähigkeit einer Gemeinde, auf die Anliegen und Bedürfnisse der Bevölkerung unmittelbar eingehen zu können. Es wird davon ausgegangen, dass grössere Gemeinden über professioneller ausgebildetes Personal verfügen und auch effektivere und effizientere Entscheidwege haben. Zudem könne eine grössere Gemeinde mehr Ressourcen einsetzen, um auf die Anliegen der Stimmberechtigten zu reagieren. Gassmann vermutet bei abnehmender Gemeindegrösse: „Für kommunalpolitische Akteure kann dann eine eher unspezifische Bereitstellung öffentlicher Güter – etwa in Form sichtbarer Prestigeobjekte – bei einer schlecht informierten Wählerschaft durchaus rational sein.“ (Gassmann 1993: 238). Als Gründe sieht er, dass es tendenziell eine Honorationenschicht gebe und keine richtigen Parteien mehr. Die Wähler würden dann nur nach wenigen Gesichtspunkten ihre Stimme abgeben und seien durch Uninformiertheit von der Politik abgekoppelt. Durch eine Zusammenlegung zweier oder mehrerer Gemeinden soll die Abhängigkeit von der übergeordneten Staatsebene verringert und die Gemeindeautonomie ausgebaut werden. Gegenüber dem Kanton habe man zudem mehr Gewicht bei Verhandlungen. Die Gemeindeaufteilung entspreche nicht mehr der Lebensrealität. Man wohne beispielsweise in der Agglomerationsgemeinde, arbeite aber in der Zentrumsgemeinde. Da kleine Gemeinden tendenziell Mühe haben, ihre politischen Ämter zu besetzen, könnten die Auswahlmöglichkeiten verbessert werden. Zudem werde die Attraktivität der Ämter steigen. 67 -

-

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-

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-

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-

Durch eine Zusammenlegung gewinne die Gemeinde an mehr Attraktivität und verbessere ihre Wettbewerbsposition, z. B. durch neuerschlossenes Bauland und eine professionellere Verwaltung. Wenn bereits intensiv interkommunale Zusammenarbeit praktiziert werde, sei der Zusammenschluss ein logischer Schritt.

Die Vorbehalte gegenüber Gemeindefusionen sind ebenfalls gross (vgl. dazu etwa Arn 1999: 241 ff., De Spindler 1998: 270 f., Frenkel 1999: 103 und Frenkel 1980: 1 ff.): -

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-

Die Public Choice-Theorie geht davon aus, dass es für jede Aufgabe eine optimale Gebietsgrösse gibt. Durch den Zusammenschluss mehrerer Gemeinden werde dieses Prinzip nicht umgesetzt, da für eine Schule vielleicht sinnvollerweise zwei Gemeinden zusammenarbeiten sollten, aber für ein Spital deren zehn. Eine Fusion berücksichtige diese unterschiedlichen Optima nicht. Die finanzielle Entlastung des Kantons ist in den Augen einiger Autoren eine Fiktion, da zwei finanzschwache Gemeinden weiterhin finanzschwach bleiben. Zudem werde die Beratungsintensität tendenziell nicht abnehmen, da grössere Gemeinden zwar weniger Fragen durch die kantonalen Experten beantworten liessen, dafür um so komplexere. Die Bestimmung einer allgemein gültigen optimalen Gemeindegrösse sei nur schwer möglich, da Fusionsentscheide eine Frage der Gewichtung unterschiedlicher Anforderungen an eine Gemeinde seien. Es handle sich um einen politischen Entscheid. Die Anzahl Einwohner sei dabei nur ein Kriterium unter vielen (vgl. Friederich et al. 1998: 26). Neben „Economies of scale“ gebe es auch „Diseconomies of scale“. Studien zeigten, dass nach einer Fusion in der Regel kein Personal abgebaut werde. Zudem seien die Personalkosten in grösseren Gemeinden höher als in kleinen Gemeinden, da das Personal nun mehr Verantwortung trage und auch entsprechend höhere Löhne erhalte. Die Bürokratie nehme tendenziell zu (Stabsstellen werden geschaffen usw.). Freiwilligenarbeit werde vermehrt durch festangestelltes Personal erledigt. Die Komplexität der Aufgabenerfüllung und auch der Informations- und Koordinationsaufwand nehmen zu. Fusionierte Gemeinden passten ihren Leistungsstandard in der Regel an das Niveau derjenigen Gemeinde an, die zuvor den höchsten Standard hatte. Es wird auch gesagt, dass „je kleiner eine Gemeinde ist, desto geringer ist der Pro-KopfAufwand“ (Arn 1999: 244). Die Verhältnisse in kleineren Gemeinden seien überschaubarer und die Probleme weniger komplex als in grösseren. Viele Probleme könnten zudem rasch und unbürokratisch erledigt werden. Zudem werden die Leistungen nicht mit dem gleichen Perfektionsgrad erbracht, wie dies in grösseren Gemeinden der Fall sei. Da die kleinen Gemeinden tendenziell finanzschwach seien, müssten sie einfacher leben. Professionalität sei nicht abhängig von der Gemeindegrösse, sondern vom Engagement und dem Ausbildungsstand des Personals. Zudem sei die politische Beteiligung der Bevölkerung in kleineren Gemeinden höher als in grösseren und das Zugehörigkeitsgefühl ebenfalls. Eine Univox-Befragung zeigt tatsächlich, dass die Identifikation mit der Gemeinde im Vergleich zum Kanton und Bund am höchsten ist (vgl. GfS 1997). 68 -

6.2

Verbreitung im Kanton Bern

Im Kanton Bern sind seit 1850 20 Einwohnergemeinden zusammengelegt worden. In der Periode zwischen 1950 und 1999 gab es nur eine einzige Fusion (Isenfluh und Lauterbrunnen). Der Kanton Bern verlor jedoch durch die Neugründung des Kantons Jura und die Abspaltung des Laufenthals 93 Gemeinden. In den Vergleichskantonen Freiburg und Luzern sieht die Situation sehr unterschiedlich aus (vgl. Tabelle 35). Im Kanton Freiburg ist seit 1950 die Gemeindezahl um 39 Gemeinden zurückgegangen, was auf 30 Fusionen zurückzuführen ist. Alle Fusionen waren freiwillig, da in einer Volksabstimmung 1974 Zwangsfusionen abgelehnt wurden. Die durchschnittliche Gemeindegrösse ist im Kanton sehr klein (Median: 418; Schweiz: 840), was ein Grund für die verhältnismässig vielen Fusionen sein dürfte. Zudem wird das Thema seit zwei Jahrzehnten regelmässig diskutiert. Der Kanton entrichtet auch finanzielle Anreize für fusionswillige Gemeinden. Noch keine einzige Fusion gab es bislang im Kanton Luzern. Der Regierungsrat des Kantons hat 1997 zwar das „Projekt Luzern 99“ initiiert, welches Fusionen fördern soll. Es befindet sich aber noch kein Projekt in der Realisierungsphase. Tabelle 35: Kanton

Bestandesveränderungen im Kanton Bern und in der Schweiz Median

Anzahl

Anzahl

Anzahl

Veränderung

Gemeindegrösse

Gemeinden

Gemeinden

Gemeinden

zwischen 1950

(per 31.12.1997)

1950

1988

1999

und 1999

Bern

870

493

412

400

-93

Luzern

1718

107

107

107

0

Freiburg

418

284

260

245

-39

Schweiz

840

3101

3022

2903

-198

6.2.1

Stellenwert der Fusionen

In den bernischen Gemeinden sind Diskussionen über Gemeindefusionen kein Tabu, wie die Gemeindebefragung Ende 1998 zeigt: 18.4% aller Gemeinden haben bereits über einen Zusammenschluss mit einer oder mehreren Nachbargemeinden diskutiert. Dabei fällt auf, dass es sich mehrheitlich um kleinere Gemeinden handelt (weniger als 500 Einwohner). Interessiert zeigen sich zudem einige grössere Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern (vgl. Tabelle 36). Die Daten der gesamten Schweiz zeigen ein ähnliches Ergebnis. Hier haben bereits 18.2% der Gemeinden über einen Zusammenschluss diskutiert. Es fällt auf, dass in den kleineren Gemeinden bis 500 Einwohnern im Kanton Bern Fusionen überdurchschnittlich oft ein Thema sind, hingegen bei den Gemeinden zwischen 500 und 5000 Einwohnern der Kanton Bern stark abfällt. -

69 -

Im Kanton Freiburg, in welchem der Kanton Fusionsprojekte fördert, haben bereits 32.8% aller Gemeinden Fusionen diskutiert, im Kanton Luzern sind es ebenfalls 28.4%. Die Vorstösse der Kantonsregierungen haben also Diskussionen in den Gemeinden ausgelöst. Tabelle 36:

Fusionsdiskussion nach Gemeindegrösse (N=365 für Bern, resp. 2432 für Schweiz) Wurde konkret über einen Zusammenschluss diskutiert? Kanton Bern

Schweiz

Anzahl Einwohnerzahl bis 249

In %

Anzahl

In %

13

27.1

106

24.9

250-499

23

33.3

88

21.2

500-999

9

12.0

87

18.4

1000-1999

7

10.9

70

15.9

2000-4999

11

13.9

62

14.7

5000-9999

3

18.8

17

11.6

1

33.3

10000-19999

7

8.8

2

10.0

50000-99999

2

66.7

ab 100000

1

20.0

442

18.2

20000-49999

Total

67

18.4

Die Unterteilung nach Regionen zeigt, dass Fusionen überdurchschnittlich oft im Oberaargau, dem Berner Jura und im Oberland West diskutiert werden (vgl. Tabelle 37). Tabelle 37:

Fusionsdiskussion nach Region (N=365) Wurde konkret über einen Zusammenschluss diskutiert? Anzahl

Region

In %

Region Oberaargau

16

32.0

Berner Jura

10

26.3

Oberland West

5

21.7

Emmental

7

17.5

15

14.7

Seeland

9

14.3

Oberland Ost

5

10.2

67

18.4

Bern

Total

Erstaunlich ist die Tatsache, dass Gemeinden, welche im Jahre 1997 einen Selbstfinanzierungsanteil von weniger als 5% hatten, durchwegs überdurchschnittlich oft über Gemeindefusionen nachgedacht haben. (Selbstfinanzierungsanteile unter 10% weisen auf eine schwache Investitionskraft hin.) (vgl. Tabelle 38). -

70 -

Die Resultate sehen für den Zusammenhang zum Steuerkraftindex weniger eindeutig aus. Es zeigt sich einzig, dass die steuerschwächsten Gemeinden des Kantons (Index unter 60%) überdurchschnittlich oft über Fusionen nachdenken, wohingegen die steuerstärksten Gemeinden (Index über 120%) mit einer einzigen Ausnahme noch nie über eine Fusion nachgedacht haben. Tabelle 38:

Fusionsdiskussion nach Selbstfinanzierungsanteil (N=361) Wurde konkret über einen Zusammenschluss diskutiert? Anzahl

In %

Selbstfinanzierungsanteil Bis -5%

8

33.3

-4,99%-0%

8

26.7

0,01%-5%

23

27.4

5,01%-10%

17

17.3

10,01%-15%

9

12.5

Mehr als 15%

2

3.8

67

18.6

Total

Die Diskussion über eine Fusion bedeutet noch lange nicht, dass die Projekte auch umgesetzt werden. Konkrete Fusionsabsichten haben lediglich 3.6% aller Berner Gemeinden, oder absolut ausgedrückt 13 (vgl. Tabelle 39). Dies ist im Vergleich zum schweizerischen Mittel, das bei 7.9% liegt, ein tiefer Wert. Dies muss aber relativiert werden: In 15 Kantonen gibt es weniger Projekte. Sehr viele gibt es im Tessin (43.6%) und in Freiburg (18.0%). Der Kanton Luzern liegt hingegen mit 3.2% sogar noch hinter dem Kanton Bern zurück. 5 der 13 Berner Gemeinden zählen weniger als 500 Einwohner und 8 zwischen 1000 und 10000 Einwohner. Tabelle 39:

Konkrete Fusionspläne nach Gemeindegrösse (N=361 für Bern, resp. N=2412 für Schweiz) Bestehen konkrete Fusionspläne/-absichten? Kanton Bern

Schweiz

Anzahl Einwohnerzahl bis 249

Anzahl

In %

2

4.2

57

13.6

250-499

3

4.5

39

9.5

500-999

0

0.0

32

6.8

1000-1999

3

4.7

29

6.6

2000-4999

4

5.1

20

4.8

5000-9999

1

6.3

8

5.5

10000-19999

0

0.0

3

3.8

20000-49999

0

0.0

1

5.0

50000-99999

0

0.0

1

33.3

0

0.0

0

0.0

13

3.6

190

7.9

ab 100000 Total

In %

-

71 -

7 Gemeinden liegen im Berner Jura, je 2 im Oberland Ost und im Oberaargau sowie 1 im Emmental und in der Region Bern. Im Seeland und im Oberland West besteht zurzeit noch keine konkrete Fusionsabsicht. Es fällt auf, dass manchmal nur eine der beteiligten Gemeinden eines Fusionsprojektes angibt, konkrete Fusionspläne zu haben. Dies lässt vermuten, dass diese Projekte nicht unumstritten sind und teilweise vor allem von einzelnen Gemeinden gefördert werden. 6.2.2

Initiant von Fusionsprojekten

Der Anstoss für Fusionsdiskussionen und geplante Projekte kommt oft von der Gemeindeexekutive (Gemeinderat, Gemeindepräsident) oder vom Gemeindeschreiber (vgl. Tabelle 40). Manchmal sind es auch engagierte Bürgerinnen und Bürger, welche eine solche Diskussion in Gang setzen. Eine unwichtige Rolle spielen die politischen Parteien. Dabei gilt zu bedenken, dass im Kanton Bern 33.3% der Gemeinden keine Parteien kennen, wobei es vorwiegend Gemeinden unter 1000 Einwohner sind. Auch der Kanton hat bislang eine unwichtige Rolle gespielt, wenn es um Fusionsdiskussionen geht. Nur in rund 10% der Fälle gab er den entscheidenden Impuls. Die Ergebnisse der gesamten Schweiz sehen deutlich anders aus: Der Gemeindeschreiber spielt hier eine unwichtige Rolle, hingegen ist es oft der Kanton, welcher Fusionsvorhaben fördert. Es wäre interessant zu überprüfen, weshalb die Gemeindeschreiber im Kanton Bern aktiver sind. Tabelle 40:

Initianten von Fusionsdiskussionen und –projekten (N=67 für Bern, resp. N=515 für Schweiz; Mehrfachnennungen möglich) Bern

Schweiz

In %

In %

Exekutivmitglied(ern)

50.7

45.8

Gemeindeschreiber/in

41.8

18.1

Gemeindepräsident/in

38.8

39.4

engagierte (nicht organisierte) Bürger

19.4

15.1

Verwaltung

14.9

11.7

Kanton

10.4

42.9

externe Berater

6.0

2.3

Medien

4.5

4.7

Legislativmitglied(er)

3.0

5.2

Partei(en)

3.0

6.2

Verband

1.5

3.5

Wissenschafter

1.5

1.0

-

72 -

6.2.3

Einschätzung der Reformfreudigkeit

Alle Gemeinden wurden gefragt, ob für die Exekutive, Verwaltung oder die Bevölkerung ein Zusammenschluss mit einer oder mehreren Nachbargemeinden am ehesten vorstellbar sei (auch Gemeinden, welche kein Projekt planen). Die Gemeindeschreiber glauben, dass die Verwaltung Territorialreformen gegenüber am aufgeschlossensten sei. Auch den Exekutiven wird eine gewisse Reformfreudigkeit zugeschrieben (vgl. Tabelle 41). Kritisch eingestellt sei hingegen die Bevölkerung. Nur 2.3% der antwortenden Gemeindeschreiber vermuten etwa, dass die Einwohnerinnen und Einwohner sich eine Fusion gut vorstellen könnten. Tabelle 41:

Vorstellbarkeit einer Fusion aus Sicht der Exekutive, Verwaltung und Bevölkerung nach Einschätzung der Gemeindeschreiber (N= zwischen 308 und 354) Gemeinderat (Exekutive)

gut vorstellbar eher vorstellbar eher nicht vorstellbar nicht vorstellbar

Anzahl 27 74 103 138

Verwaltung

In % 7.9 21.6 30.1 40.4

Anzahl 57 119 81 97

Bevölkerung

In % 16.1 33.6 22.9 27.4

Anzahl 7 30 129 142

In % 2.3 9.7 41.9 46.1

Mit zunehmender Gemeindegrösse steht die Bevölkerung in den Augen der Gemeindeschreiber einer Fusion positiver gegenüber (vgl. Tabelle 42). Umgekehrt sieht es bei der Exekutive aus: Bei kleinen Gemeinden sind die Gemeinderäte eher fusionsoffen. Uneinheitlich ist das Bild bei der Verwaltung. Diese ist bei Gemeinden zwischen 5000 und 9999 Einwohnern am offensten gegenüber Fusionen. Es muss betont werden, dass es sich hier um die Einschätzung der Gemeindeschreiber handelt.

-

73 -

Tabelle 42:

Vorstellbarkeit einer Fusion aus Sicht der Exekutive, Verwaltung und Bevölkerung nach Einschätzung der Gemeindeschreiber nach Gemeindegrösse (N= zwischen 308 und 354) Gemeinderat

Einwohnerzahl

Verwaltung

Bevölkerung

bis 249

2.0

2.7

1.5

250-499

1.8

2.2

1.6

500-999

1.8

2.0

1.6

1000-1999

2.0

2.4

1.6

2000-4999

2.1

2.4

1.9

5000-9999

2.7

3.4

2.3

10000-19999

2.1

2.2

1.7

20000-49999

3.0

3.7

2.0

ab 100000

4.0

3.0

3.0

2.0

2.4

1.7

Total

4: gut vorstellbar – 3: eher vorstellbar – 2: eher nicht vorstellbar – 1: nicht vorstellbar – Angabe der Mittelwerte

Die schweizweit feststellbare Vermutung der Gemeindeschreiber, dass die Bevölkerung gegenüber Fusionen sehr kritisch eingestellt sei, konnte bislang in dieser eindeutigen Form nicht bestätigt werden. In einer 1998 durchgeführten Bevölkerungsbefragung in den aargauischen Gemeinden Endingen (1749 Einwohner, Steuerfuss 119%) und Unterendingen (370 Einwohner, Steuerfuss 110%) zeigte sich beispielsweise bei einer Rücklaufquote von 44.5%, dass sich in Endingen 77.3% eine Fusion mit Unterendingen vorstellen könnten und im wohlhabenderen und kleineren Unterendingen immer noch deren 28.9% (vgl. Fivaz/Schwarz 1999: 97 ff.). Die Aussage der Gemeindeschreiber mag zwar tendenziell richtig sein, die Befragung in Endingen/Unterendingen und auch diverse erfolgreich durchgeführte Fusionsprojekte zeigen aber, dass die Bevölkerung Fusionen gegenüber nicht a priori so kritisch gegenüber eingestellt ist wie dies die Verwaltung vermutet. 6.2.4

Argumente für und gegen Fusionen

Alle Gemeinden wurden befragt, welche Gründe ihrer Meinung nach für eine Fusion sprechen und welche dagegen. Als Pro-Argumente wurden vor allem unternehmerische Überlegungen angeführt (vgl. Tabelle 43). Die Gemeindeschreiber glauben an eine professionellere, billigere und qualitativ bessere Leistungserstellung. Zudem könne gegenüber dem Kanton mehr Gewicht geltend gemacht werden. Ein weiterer Grund ist in den Augen der Gemeindeschreiber die Schwierigkeit vor allem von kleineren Gemeinden Nachfolger für politische Ämter zu finden. An eine Senkung des Steuerfusses glauben nur sehr wenige und auch das Argument des Standortvorteils ist eher nebensächlich. Interessanterweise wird auch die schon bislang prak-

74 -

tizierte Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden nur durchschnittlich oft als Pro-Argument für Gemeindefusionen angeführt. Schweizweit gibt es einige Unterschiede. In der Schweiz glauben 7% mehr Gemeindeschreiber als im Kanton Bern an eine Senkung der Kosten (41.9% gegenüber 48.5%). Sie sind auch eher davon überzeugt, dass das Gewicht gegenüber dem Kanton steigt. Hingegen sehen die bernischen Gemeindeschreiber die schon bislang praktizierte Zusammenarbeit vermehrt als einen Grund für eine Fusion an und sie denken auch häufiger, dass einzelne Gemeinden bei der Erbringung ihrer Leistungen überfordert sein könnten. Immerhin 16.7% aller Berner Gemeindeschreiber sind davon überzeugt, dass Fusionen keinen Vorteil bringen. Tabelle 43:

Pro-Argumente für Fusionen (N=353 für Bern und N=2301 für Schweiz) Kanton Bern Anzahl

Schweiz In %

Anzahl

In %

Möglichkeit zur Professionalisierung

189

53.5

1181

51.3

Senkung der Kosten

148

41.9

1117

48.5

Schwierigkeiten, Kandidaten für politische Ämter zu finden

147

41.6

885

38.5

Qualitätssteigerung der angebotenen Leistungen

137

38.8

828

36.0

mehr Gewicht gegenüber dem Kanton

111

31.4

884

38.4

Überforderung bei Erbringung gewisser Leistungen

99

28.0

550

23.9

mengenmässige Steigerung der angebotenen Leistungen

94

26.6

676

29.4

Koordination wird vereinfacht

87

24.6

543

23.6

Zusammenarbeit wird jetzt schon intensiv praktiziert

85

24.1

449

19.5

keine

59

16.7

360

15.6

Gemeindeaufteilung entspricht nicht mehr der Lebensrealität

46

13.0

300

13.0

Standort-/Wettbewerbsvorteile

41

11.6

272

11.8

Steuerfuss wird sinken

30

8.5

237

10.3

Zusammenarbeit mit Kanton wird besser

27

7.6

311

13.5

andere

10

2.8

47

2.0

Gegen eine Fusion sprechen nach Ansicht der Gemeindeschreiber vor allem Gründe der Verbundenheit mit der Gemeinde (vgl. Tabelle 44). Es sei zu befürchten, dass die Bürgernähe und die Identifikation mit der Gemeinde verloren gehe. Zudem verliere die Gemeinde als Kernzelle der Demokratie an Bedeutung. Die Gemeindeschreiber geben sich zudem überzeugt, dass die bisherigen Formen der Zusammenarbeit genügen. Bei praktisch allen möglichen Contra-Gründen zeigen sich die Berner noch eine Spur skeptischer als die übrige Schweiz. Dies zeigt sich auch daran, dass die Berner Gemeinden im Schnitt 5.2 Contra-Gründe angeben, die übrige Schweiz aber nur 4.7. Prozentual den grössten Unterschied gibt es beim fehlenden Sparpotential: Davon sind 48.9% der Berner Gemeindeschreiber überzeugt im Vergleich zu 37.4% in der gesamten Schweiz. -

75 -

Ein erstaunlicherweise wenig genannter Grund gegen Fusionen sind die Infrastruktur und die Lage der Gemeinde, welche einen Zusammenschluss sinnlos machen könnten. Tabelle 44:

Contra-Argumente gegen Fusionen (N=360 für Bern, resp. N=2340 für Schweiz) Kanton Bern

Schweiz

Anzahl

Anzahl

In %

In %

Bürgernähe geht verloren

281

78.1

1682

71.9

Gemeinde als Kernzelle der Demokratie verliert an Bedeutung

230

63.9

1361

58.2

Identifikation mit der Gemeinde geht verloren

217

60.3

1409

60.2

Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden genügt

216

60.0

1287

55.0

kaum Sparpotential ersichtlich

176

48.9

874

37.4

jetzige Gemeindeeinwohner werden in die Minderheit versetzt

148

41.1

848

36.2

Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse

129

35.8

853

36.5

historische Grenzen können nicht abgebaut werden

105

29.2

614

26.2

teilweise Abkehr vom Milizsystem wird notwendig

87

24.2

528

22.6

starker Anstieg des Verwaltungsaufwands

76

21.1

368

15.7

Steuerfuss wird steigen

73

20.3

455

19.4

keine Leistungssteigerung möglich

64

17.8

319

13.6

Örtlichkeiten machen einen Zusammenschluss sinnlos

63

17.5

390

16.7

andere

11

3.1

50

2.1

keine

6

1.7

85

3.6

6.2.5

Minimale Gemeindegrösse

39.2% der Gemeindeschreiber glauben, dass es eine sinnvolle minimale Gemeindegrösse gibt (gesamte Schweiz: 40.7%). Für ein Drittel von ihnen (36.1%) liegt die Minimalgrösse bei weniger als 1000 Einwohnern, für weitere 28.6% zwischen 1001 und 2000 Einwohnern und für 16.5% zwischen 2001 und 3000 Einwohnern. Nur 18,8% der Gemeindeschreiber glauben, dass die kleinsten Gemeinden mehr als 3000 Einwohner zählen sollten (vgl. Abbildung 24). Die Ergebnisse zeigen, dass die Gemeindeschreiber überzeugt sind, dass auch kleinere Gemeinden eine Zukunft haben. Dennoch stehen die Gemeindeschreiber ganz kleinen Gemeinden kritisch gegenüber. Im Kanton Bern hat die Hälfte aller Gemeinden weniger als 911 Einwohner, aber nur 17.3% der Gemeindeschreiber, welche glauben, es gebe eine minimale sinnvolle Gemeindegrösse, nennen eine Mindestgrösse unter diesem Wert.

-

76 -

Abbildung 24: Minimale sinnvolle Gemeindegrösse. Antworten der Gemeindeschreiber, welche glauben, es gebe eine minimale sinnvolle Gemeindegrösse (N=133) Mehr als 3000 Einwohner 18,8%

2001-3000 Einwohner 16,5%

0-1000 Einwohner 36,1%

1001-2000 Einwohner 28,6%

6.2.6

Gewünschte Rolle des Kantons

Die Mehrheit der Gemeinden in der Schweiz wünscht, dass der Kanton die Gemeinden bei Fusionsvorhaben berät und unterstützt, falls die Gemeinden dies wünschen. Eine aktive Rolle des Kantons wird grossmehrheitlich abgelehnt (vgl. Tabelle 45). Nur 3.8% der Gemeinden erachten eine Zwangsmöglichkeit als sinnvoll und weitere 22.3% können sich eine aktive Rolle des Kantons vorstellen, aber nur mit „sanften Massnahmen“. Die Haltung ist je nach Gemeindegrösse sehr unterschiedlich. 20% der Städte mit mehr als 25000 Einwohnern unterstützen die Zwangsmöglichkeit und weitere 50% eine aktive Rolle des Kantons. Eine überdurchschnittlich skeptische Rolle gegenüber dem Kanton ist bei Gemeinden bis 1000 Einwohnern anzutreffen. Die Ergebnisse im Kanton Bern sprechen eine noch deutlichere Sprache. Lediglich 2 Gemeinden können sich eine aktive Rolle des Kantons mit Zwangsmöglichkeit vorstellen. Ebenfalls nur 19.6% sind mit einer aktiven Rolle mit sanften Massnahmen einverstanden. Die überwiegende Mehrheit wünscht sich den Kanton als Beratungspartner, falls die Gemeinde dies selber wünscht. 16.8% finden sogar, die Thematik gehe den Kanton nichts an. Kantonskritisch geben sich auch im Kanton Bern vor allem die Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern.

-

77 -

Tabelle 45:

Gewünschte Rolle des Kantons bei Gemeindefusionen nach Gemeindegrösse (N=352) Rolle des Kantons bei Gemeindefusionen aktiv Rolle

aktive Rolle, aber

Beratung und Unterstützung, geht Kanton nichts

mit Zwangsmöglichkeit sanft

falls gewünscht

Anzahl

Anzahl

In %

Anzahl In %

an In %

Anzahl

In %

bis 249

9

19.6

25

54.3

12

26.1

250-499

8

11.9

45

67.2

14

20.9

500-999

8

11.1

46

63.9

18

25.0

1000-1999

6

9.8

46

75.4

9

14.8

20

26.0

50

64.9

5

6.5

5000-9999

6

40.0

8

53.3

1

6.7

10000-19999

8

80.0

2

20.0

20000-49999

3

100.0

ab 100000

1

100.0

69

19.6

222

63.1

59

16.8

2000-4999

Total

6.2.7

2

2

2.6

0.6

Zusammenhang zwischen IKZ und Fusionen

Zu interessanten Ergebnissen führt die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der bisher praktizierten interkommunalen Zusammenarbeit und der Einstellung gegenüber Fusionen. Dazu wurde ein Kooperationsindex gebildet, der aussagt, in wie vielen Bereichen die Gemeinde mit anderen Gemeinden zusammenarbeitet (aus einer Liste mit 32 möglichen Zusammenarbeitsbereichen). Sowohl bei der Frage, ob schon über einen Zusammenschluss mit anderen Gemeinden diskutiert wurde, als auch bei der weitergehenden Frage, ob konkrete Fusionspläne bestehen, zeigen sich schweizweit Gemeinden reformfreudiger, welche schon jetzt überdurchschnittlich intensiv mit anderen Gemeinden zusammenarbeiten. Im Kanton Bern ist die Situation ähnlich. Gemeinden, welche konkrete Fusionspläne haben, arbeiten tatsächlich überdurchschnittlich intensiv zusammen. Da die Fallzahl tief ist, sind diese Ergebnisse aber vorsichtig zu interpretieren. Gleich sieht es aus bei der Diskussion um Gemeindefusionen: Berner Gemeinden mit einer intensiven Zusammenarbeit haben Fusionsdiskussionen überdurchschnittlich oft geführt. Erstaunlicherweise liegen aber auch Gemeinden mit sehr wenig Zusammenarbeit (bis 5 Aufgabenbereiche) leicht über dem Durchschnitt. Tabelle 46 zeigt beispielhaft den Zusammenhang zwischen Intensität der Zusammenarbeit und Fusionsdiskussionen.

-

78 -

Tabelle 46:

Zusammenhang zwischen Fusionsdiskussionen und der Intensität der interkommunalen Zusammenarbeit (N=361) Wurde konkret über einen Zusammenschluss diskutiert? ja Anzahl

In %

Intensität der Zusammenarbeit Bis 5 (Anzahl Bereiche)

17

18.9

6-10

25

14.8

11-15

21

23.9

4

28.6

67

18.6

Ab 16 Total

Überdurchschnittlich oft werden Fusionen in Gemeinden diskutiert, die von sich sagen, sie praktizierten eine besonders innovative Form der Zusammenarbeit (vgl. Tabelle 47): Tabelle 47:

Zusammenhang zwischen Fusionsdiskussionen und innovativer Form der interkommunalen Zusammenarbeit (N=353) Wurde konkret über einen Zusammenschluss diskutiert? ja Anzahl

In %

innovative/aussergewöhnliche Form der ja

23

29.1

Zusammenarbeit

43

15.7

66

18.7

nein

Total

Einen gewissen Einfluss auf Fusionsdiskussionen hat die Einführung von NPM (vgl. Tabelle 48). Berner Gemeinden, die erste NPM-Elemente umgesetzt haben, führen weniger oft Fusionsdiskussionen. Schweizweit ist dieser Trend weniger ausgeprägt. Interne Managementreformen und Territorialreformen scheinen sich also tendenziell leicht zu konkurrenzieren. Tabelle 48:

Zusammenhang zwischen Fusionsdiskussionen und NPM-Gehversuchen (N=345 für Bern, resp. N=2307 für Schweiz) Wurde konkret über einen Zusammenschluss diskutiert? Ja

Ja Schweiz

Kanton Bern Anzahl Erste NPM-Gehversuche unternommen? nein ja Total

-

79 -

In %

Anzahl

In %

42

22.6

319

18.5

22

13.8

93

15.9

64

18.6

412

17.9

Gemeinden, die in den vergangenen fünf Jahren die Kooperation mit anderen Gemeinden ausgebaut haben, messen der IKZ in zehn Jahren einen grösseren Stellenwert bei als die Vergleichsgemeinden (vgl. Tabelle 49). Es lässt sich vermuten, dass in der Vergangenheit innovative Gemeinden auch in der Zukunft reformfreudig bleiben wollen. Tabelle 49:

Zusammenhang zwischen Kooperation in den letzten 5 Jahren und vermutetem zukünftigen Trend (N=348) Stellenwert in 10 Jahren: Kooperation mit anderen Gemeinden grosses oder sehr grosses Gewicht Anzahl

Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in den letzten 5 Jahren

In %

abgenommen

0

0.0

51

47.7

159

66.0

210

60.3

gleichgeblieben zugenommen

Total

Das Gleiche lässt sich über Gemeinden sagen, welche schon über Fusionen nachgedacht haben. Sie messen Fusionen in zehn Jahren einen grösseren Stellenwert bei (vgl. Tabelle 50). Diese beiden Zusammenhänge können auch schweizweit festgestellt werden. Tabelle 50:

Zusammenhang zwischen Diskussion über Fusion und vermutetem zukünftigen Trend (N=325) Stellenwert in 10 Jahren: Zusammenlegung/Fusion von Gemeinden grosses oder sehr grosses Gewicht Anzahl

Wurde konkret über einen Zu- Nein sammenschluss diskutiert

Ja

Total

In % 28

10.6

17

28.3

45

13.8

Die Berner Gemeinden glauben, dass in Zukunft Kooperationen mit anderen Gemeinden (Mittelwert: 3.7 auf einer Skala von 1 bis 5) einen markant höheren Stellenwert haben werden als Fusionen (Mittelwert: 2.1) und Kooperationen mit Privaten (Mittelwert: 2.4) (vgl. Abbildung 25). Dem Abbau von Leistungen wird für die Zukunft nur ein unterdurchschnittlicher Stellenwert beigemessen (Mittelwert: 2.6). Die Gemeindeschreiber zeigen sich dagegen eher überzeugt, dass neue Aufgaben auf die Gemeinden zukommen werden (Mittelwert: 2.7).

-

80 -

Abbildung 25: Zukünftiger vermuteter Stellenwert verschiedener Formen der Aufgabenerfüllung (N= zwischen 299 und 349 für Bern, resp. N= zwischen 1811 und 2277 für Schweiz) Zusammenlegung/Fusion von Gemeinden Kooperation mit Privaten Leistungsabbau, Verzicht auf Leistung

Kanton Bern Schweiz

Übernahme neuer Aufgaben verstärkte Zusammenarbeit mit Kanton Kooperation mit anderen Gemeinden 1

2

2

3

3

4

4

5

5

1: kein Gewicht - 5: sehr grosses Gewicht

7

ZUSAMMENARBEIT MIT DEM KANTON

Ein weiterer Themenbereich unserer Untersuchung befasst sich mit dem Verhältnis KantonGemeinden. Die Zusammenarbeit mit dem Kanton wird von den Berner Gemeinden mehrheitlich als eher gut respektive gut bezeichnet (vgl. Abbildung 26). Im Vergleich mit allen Schweizer Gemeinden liegt der Anteil der Gemeinden, welche die Zusammenarbeit als mittelmässig oder eher schlecht bezeichnen allerdings etwas höher. Hinsichtlich der Gemeindegrösse zeigt sich kein linearer Zusammenhang. Zum einen sind es die Kleinstgemeinden, welche die Zusammenarbeit besonders häufig als eher gut bezeichnen, zum anderen sind es Gemeinden zwischen 5000 und 20000 Einwohner (vgl. Tabelle 51).

-

81 -

Abbildung 26: Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Kanton (Bern – Schweiz) % 40 35

Bern

30

Schweiz

25 20 15 10 5 0 gut

Tabelle 51:

eher gut

mittelmässig

eher schlecht

schlecht

Zusammenarbeit mit dem Kanton Bern nach Gemeindegrösse

Zusammenarbeit mit dem Kanton eher gut in %

mittelmässig in %

eher schlecht in %

N

-249

75.0

22.9

2.1

48

250-499

54.4

38.2

7.4

68

500-999

56.8

33.8

9.5

74

1000-1999

55.6

39.7

4.8

63

2000-4999

50.6

40.5

8.9

79

5000-9999

60.0

26.7

13.3

15

10000-19999

70.0

20.0

10.0

10

20000-

25.0

25.0

50.0

4

alle Gemeinden

57.3

34.9

7.8

361

Aufgeschlüsselt nach Regionen sind es vor allem die Gemeinden im Berner Jura sowie in der Region

Bern,

die

die

Zusammenarbeit eher als gut bezeichnen, während das Seeland dem

Kanton gegenüber etwas kritischer eingestellt ist (vgl. Tabelle 52).

-

82 -

Tabelle 52:

Zusammenarbeit mit dem Kanton Bern nach Region

eher gut in % mittelmässig in % eher schlecht in %

N

Oberland Ost

47.9

43.8

8.3

48

Bern

64.4

26.7

8.9

101

Region Oberaargau

54.0

42.0

4.0

50

Seeland

42.9

46.0

11.1

Berner Jura

84.2

15.8

Oberland West

56.5

30.4

13.0

23

Emmental

52.6

39.5

7.9

38

alle Gemeinden

57.3

34.9

7.8

361

63 38

Etwas mehr als die Hälfte der Berner Gemeinden sind der Meinung, dass der Kanton in bestimmten

Bereichen

mehr

Engagement

zeigen

und

die

Gemeinden

arbeitsmässig

entlasten

soll. Gegen 60 Prozent der Gemeinden sind jedoch auch der Meinung, dass der Kanton den Gemeinden mehr Autonomie zugestehen soll und lediglich 15 Prozent der Gemeinden befürworten eine Vorgabe von Minimalstandards durch den Kanton (vgl. Tabelle 53). Berücksichtigt man die Grösse der antwortenden Gemeinden, so zeigt sich, dass vor allem die grösseren Gemeinden

vom

Kanton

häufiger

eine Entlastung wünschen, dass sie an mehr Autonomie

interessiert sind und sich - allerdings bei insgesamt sehr geringer Zustimmung - auch etwas häufiger die Vorgabe von Minimalstandards durch den Kanton vorstellen können.

Tabelle 53:

Verhältnis zwischen Kanton Bern und Gemeinden nach Gemeindegrösse

Soll Kanton in bestimmten

Soll der Kanton den Gemein-

Soll Kanton vermehrt Vorgaben

Bereichen mehr Engagement den in bestimmten Bereichen

(Minimalstandards) hinsichtlich

zeigen und Gemeinden ar-

mehr Autonomie zugestehen?

der Aufgabenerfüllung machen?

nein in %

nein in %

beitsmässig entlasten? nein in %

ja in %

ja in %

ja in %

-249

63.4

36.6

67.5

32.5

93.5

6.5

250-499

61.2

38.8

56.1

43.9

89.1

10.9

500-999

50.7

49.3

34.4

65.6

85.5

14.5

1000-1999

39.1

60.9

38.3

61.7

85.2

14.8

2000-4999

40.5

59.5

31.3

68.8

73.3

26.7

5000-9999

30.8

69.2

30.8

69.2

78.6

21.4

10000-19999

30.0

70.0

14.3

85.7

80.0

20.0

20000-

50.0

50.0

25.0

75.0

50.0

50.0

Total

48.5

51.5

42.1

57.9

83.7

16.3

N

167

177

130

179

287

56

Mehr Engagement von Seiten des Kantons wünschen sich besonders häufig die Gemeinden im Berner Jura, etwas häufiger mehr Autonomie wünschen sich die Gemeinden in den Regionen

Oberland

Ost

und

Oberland

West und gegenüber Minimalstandards besonders kritisch

eingestellt sind die Gemeinden im Berner Jura und im Oberland Ost (vgl. Tabelle 54).

- 83 -

Tabelle 54:

Verhältnis zwischen Kanton Bern und Gemeinden nach Region

Soll Kanton in bestimm- Soll der Kanton den Gemein- Soll Kanton vermehrt Vorgaben ten

Bereichen

mehr den in bestimmten Bereichen (Minimalstandards) hinsichtlich

Engagement zeigen und mehr Autonomie zugestehen? der Aufgabenerfüllung machen? Gemeinden arbeitsmässig entlasten? nein in %

ja in %

nein in %

ja in %

nein in %

ja in %

Oberland Ost

47.8

52.2

35.9

64.1

92.9

7.1

Bern

51.5

48.5

40.9

59.1

79.6

20.4

Region Oberaargau

47.7

52.3

40.0

60.0

83.0

17.0

Seeland

50.8

49.2

42.6

57.4

79.0

21.0

Berner Jura

27.8

72.2

56.3

43.8

94.7

5.3

Oberland West

57.1

42.9

37.5

62.5

78.3

21.7

Emmental

53.8

46.2

42.9

57.1

84.2

15.8

Total

48.5

51.5

42.1

57.9

83.7

16.3

N

167

177

130

179

287

56

Fragt man die Gemeindeschreiber, die grundsätzlich für mehr Engagement sind, bereichspezifisch, so zeigt sich, die Gemeinden vor allem bei der Fürsorge, bei der öffentlichen Sicherheit, im Gesundheitswesen, beim öffentlichen Verkehr und bei der Schule vom Kanton mehr Engagement erwarten (vgl. Abbildung 27). Allerdings gibt es auch - wiederum unter den Gemeindeschreibern, die grundsätzlich für mehr Autonomie sind - einen grösseren Anteil an Gemeinden, die sich bei der Schule und bei der Fürsorge mehr Autonomie wünschen (vgl. Abbildung 28), was darauf schliessen lässt, dass hier differenzierter über ein allfälliges stärkeres Engagement des Kantons diskutiert werden muss. Im Bauwesen und bei der eigenen Verwaltung fordern die Gemeinden hingegen vor allem mehr Autonomie. Was die Einführung von Minimalstandards anbelangt, so fällt vor allem die Fürsorge auf, wo eine grosse Mehrheit der allerdings geringen Zahl an Gemeindeschreibern, die überhaupt für Minimalstandards sind, der Meinung ist, dass hier der Kanton entsprechende Vorgaben machen sollte (vgl. Abbildung 29).

- 84 -

Abbildung 27:

In welchen Aufgabenbereichen sollte der Kanton mehr Engagement zeigen? (N=177)

Kultur, Erholung, Sport Schule öffentlicher Verkehr Versorgungsbetriebe

Abfall/Entsorgung Abwasser/Kanalisation

Tiefbau

Hochbau

öffentliche Sicherheit Gesundheitswesen Fürsorge/Sozialwesen allgemeine Verwaltung

0

10

20

- 85 -

30

40

50

60

%

Abbildung 28:

In welchen Aufgabenbereichen soll der Kanton den Gemeinden mehr Autonomie zugestehen? (N=179)

Kultur, Erholung, Sport Schule öffentlicher Verkehr Versorgungsbetriebe

Abfall/Entsorgung Abwasser/Kanalisation

Tiefbau

Hochbau

öffentliche Sicherheit Gesundheitswesen Fürsorge/Sozialwesen allgemeine Verwaltung

0

5

10

15

20

- 86 -

25

30

35

40

45

50

%

Abbildung 29:

In welchen Aufgabenbereichen soll der Kanton vermehrt Vorgaben (Minimalstandards) machen? (N=56)

Kultur, Erholung, Sport Schule öffentlicher Verkehr

Versorgungsbetriebe Abfall/Entsorgung

Abwasser/Kanalisation Tiefbau

Hochbau

öffentliche Sicherheit Gesundheitswesen Fürsorge/Sozialwesen

allgemeine Verwaltung

0

10

20

30

- 87 -

40

50

60

70

80

%

8

SCHLUSSBEMERKUNGEN

Vieles macht den Eindruck, dass in der Schweiz - mit einer gewissen Verspätung - dieselben Reformbestrebungen angelaufen sind wie in anderen Staaten. Die Aufgabenteilung zwischen den verschiedenen Staatsebenen und Gebietsreformen standen in zahlreichen anderen Ländern schon in den 1970er und 1980er Jahren zur Diskussion und führten auch zu neuen Lösungen. Allerdings haben sich die Ansprüche an die kommunale Ebene in den letzten Jahren gewandelt. Ging es früher in erster Linie darum, die lokale Ebene mit einem zusehends interventionistischen (Zentral-)Staat in Einklang zu bringen (vgl. Dante/Kjellberg 1988: 2), was in der Folge vor allem von den Anhängern der freien Marktwirtschaft kritisiert wurde, so finden die Reformen heute unter veränderten Bedingungen statt und werden wohl auch zu anderen Resultaten führen. Bei der Aufgabenteilungsdiskussion steht in den 1990er Jahren zwar nach wie vor der Anspruch einer optimalen und eine gewisse Verteilungsgerechtigkeit garantierenden Steuerung im Vordergrund, man ist sich jedoch sowohl der Gefahr der Übersteuerung wie auch den Schwächen der Marktwirtschaft bewusster geworden (zu den sich wandelnden Vorstellungen über die Möglichkeiten einer politischen Steuerung vgl. Mayntz 1996). Bei der Diskussion der Gemeindefusionen ist beispielsweise zu bezweifeln, dass es zu Territorialreformen im grossen Stil kommen wird. Wahrscheinlich liegt die Zukunft in der verstärkten Zusammenarbeit auf der Basis einer variableren Geometrie des Staates. Die aktuellen Reformprojekte hinterfragen die traditionelle Staatsorganisation. In welchem Raum soll Politik betrieben werden und welche Akteure sind daran beteiligt? Wer übernimmt die politische Verantwortung und wie können verbindliche Entscheide getroffen werden? Zur Zeit beschäftigen sich die Reformer allerdings vor allem mit Zuständigkeitsproblemen respektive mit der Frage der Steuerung und der Kontrolle. Die für eine demokratische Legitimation wichtigen Entscheidungs- und Verteilungsprobleme gestalten sich ungleich kontroverser und bleiben weitgehend ausgeklammert.

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ZITIERTE LITERATUR

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Friederich, Ueli/Arn, Daniel und Jürg Wichtermann (1998): Neubildung politischer Gemeinden im Kanton Schaffhausen. Überlegungen zu einer optimalen Gemeindegrösse und zu Vor- und Nachteilen von Gemeindefusionen. Bern 1998 Friederich, Ueli (1997): Rechtsformen interkommunaler Zusammenarbeit. In: Information der Dokumentationsstelle Raumplanungs- und Umweltrecht, o. J., Oktober 1997, S. 1-10 Gassmann, Uwe (1993): Kommunale Ausgaben als Ergebnis politisch-ökonomischer Entscheidungsprozesse? Bern, Stuttgart, Wien 1993 Geser, Hans/Höpflinger, François/Ladner, Andreas und Urs Meuli (1996): Die Schweizer Gemeinden im Kräftefeld des gesellschaftlich und politisch-administrativen Wandels. Zürich 1996 GfS (1997): UNIVOX-Datenbank. Modul II A Staat. Bern, Zürich 1997 Horber-Parpazian, Katja (1997): La collaboration intercommunale en Suisse: Document de synthèse. Unveröffentlichter Entwurf. Lausanne 1997 Keraudren, Philippe und Hans van Mierlo (1998): Theories of Public Management Reform and their Practical Implications. In: Verheijsen, Tony und David Coombes (Hrsg.). Innovations in Public Management. Perspectives from East and West Europe. Cheltenham, Northhampton 1998 King, David (1996): A Model of Optimum Local Authority Size. In: Development in Local Government Finance, hrsg. v. Pola, Giancarlo/George France und Rosella Levaggi. Cheltenham, Brookfield 1996, S. 55-76 Klöti, Ulrich, Theo Haldemann und Walter Schenkel (1993):. Die Stadt im Bundesstaat Alleingang oder Zusammenarbeit?, Zürich/Chur 1993 Ladner, Andreas (1999): Die Schweizer Gemeindeorganisation im Wandel – Ursachen, Auslöser und Strategien aktueller Reformprojekte. Unveröffentlichter Arbeitsbericht. Bern 1999 Mayntz, Renate (1996): Politische Steuerung: Aufstieg, Niedergang und Transformation einer Theorie. In: PVS Sonderheft Nr. 26, 1995, S. 148-168 Meyer, Hannes Anton (1978): Wandlungen im Bestande der Gemeinden. Belp 1978 Meylan, Jean/Gottraux, Martial und Philippe Dahinden (1972): Schweizer Gemeinden und Gemeindeautonomie. Lausanne 1972 Moquai, Patrick (1996): L’intercommunalité en 12 facteurs. Paris 1996 -

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BGE: Entscheide des Schweizerischen Bundesgerichts (Amtliche Sammlung)

-

ZBI: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht

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