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Fotografie als Komposition

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Fotografie als Komposition

ute Bilder sind in aller Regel komponiert ‒ d.h. bewusst gestaltet. Die Kamera wird dazu in einen speziellen Blickwinkel zum abzubildenden Objekt gebracht, man wählt einen geeigneten Ausschnitt, die passende Schärfentiefe, die richtige Belichtung. Von wenigen ausgefallenen Schnappschüssen abgesehen macht zumeist erst dies das gute Foto aus. Dieses Kapitel erläutert deshalb knapp und anschaulich die wichtigsten Regeln und stellt dar, wie man vorhandene Aufnahmen aufbereitet, um eine optimale Bildwirkung zu erzielen. Dass die meisten Kompositionsregeln dabei ursprünglich nicht aus der Fotografie stammen, sondern aus der Bildgestaltung der klassischen Kunst, zeigt die Nachbarschaft von Fotografie und Malerei. Fotografieren ist – wie Zeichnen oder Malen – ein Abstrahieren. Der Fotograf muss also entscheiden, was er zeigen und was er weglassen möchte.

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3 Fotografie als Komposition

3.1

Überlegungen zum Bild

Der größte Teil der heute gemachten Aufnahmen sind Knipsereien – in guter Absicht, aber unüberlegt geschossene Bilder. Das Ergebnis ist dann zumeist nur für den Fotografen selbst als Erinnerung von Interesse und landet im Schuhkarton oder maximal in einem Album, das gnädig im Schrank verstaubt. Das schlechte Ergebnis liegt dabei nicht an der eingesetzten Kamera, denn man kann mit den meisten akzeptable Bilder machen. Der Grund liegt vielmehr darin, dass der Fotograf zu wenig überlegt hat und sich zu wenig Zeit für die Aufnahme genommen hat. Einen Augenblick vor dem Abdrücken nachzudenken kann das Ergebnis erheblich verbessern. Die Fragen sollten sein:

Für ein Passbild ( ) gelten andere Regeln als für ). das Porträt auf einer Geburtstagskarte (

u

d

r Warum mache ich diese Aufnahme? Eine Erinnerung, eine Dokumentation, das Festhalten einer Stimmung, eine spezielle Situation? Was ist dafür die beste Perspektive, der richtige Ausschnitt und das geeignete Licht? So kann der Zweck eines Porträts ein Passbild sein oder aber eine Erinnerung an eine geliebte Person – die Gestaltung wird jeweils unterschiedlich ausfallen. r Für wen ist das Bild bestimmt? Zur eigenen Erinnerung, um etwas zu erzählen, um etwas zu beweisen oder gar für einen Auftraggeber? Was sind dessen Erwartungen? r Was möchte ich festhalten, was möchte ich aussagen? Die Architektur, die Situation, die Stimmung, die Farbe, ein spezielles Detail? Was ist das wichtigste Objekt im Bild? Was davon ist relevant, typisch, was muss sichtbar sein? Was kann/soll entfallen?

In den meisten Fällen sollte das zentrale Objekt möglichst bildfüllend platziert sein.

r Was sehe ich ohne Kamera und wie kann ich dies im Bild zeigen? Unser Auge sieht im Zusammenspiel mit dem Gehirn, der Erfahrung und Assoziation sehr viel mehr, als es die Kamera tut – allein schon dadurch, dass wir mit zwei Augen stereo sehen, dass wir den Kopf bewegen und indem wir fast unbemerkt unseren Fokus ständig ändern. Andererseits sieht die Kamera mehr als wir es (bewusst) tun. Hier ergibt sich die Frage nach der geeigneten Aufnahmeposition und dem richtigen Licht, dem besten Ausschnitt und Schärfebereich. Möchte ich z.B. die Glockenspielfiguren am alten Münchner Rathaus aufnehmen, so ist das etwa auf gleicher Höhe liegende Café gegenüber im dritten Stock eine wesentlich bessere Position als die Menschenmenge auf dem Marienplatz. r Ist die Aufnahme den Aufwand wert? Zwar verursacht ein digitales Bild zunächst kaum direkte Kosten, es kostet jedoch zumindest meine aktuelle Zeit und später die Zeit zum Herunterladen, Anschauen, Bewerten und das eventuelle Löschen oder Speichern. Dann verursacht es zumindest gewisse Speicherkosten.

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3.1 Überlegungen zum Bild

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All dies sind Fragen, die hier in der Aufzählung vielleicht langatmig wirken, welche aber erst zu einem guten Bild führen – oder zuweilen zum Verzicht auf eine Aufnahme. Dabei gibt es eigentlich kein gutes Bild, sondern nur ein gutes Bild für einen bestimmten Zweck. Ein Bild sollte also überlegt erstellt werden, will vorbereitet sein, sollte komponiert werden. Die meisten Fotoanfänger schauen zwar durch den Sucher, fokussieren den Blick jedoch auf das sie interessierende Objekt und beachten nicht, dass es im Bild sehr klein und nur in ihrer Wahrnehmung groß und interessant erscheint. Sie übersehen Bildflächen und Bildelemente, die später Zuweilen stört die Schärfe von Objekten, die nicht im Fokus stehen (hier der Falkner rechts). den Betrachter stören, langweilen oder verwirren. Deshalb zurück zur Frage: Was ist die Hauptkomponente? Welche Umgebung braucht sie, um zu wirken? Was stört auf den ersten Blick? Einige Schritte vor oder zurück oder zur Seite ermöglichen oft, z.B. störende Zäune oder Masten auszublenden. Oft muss man nur ein bisschen warten, bis das Licht besser, die Straße leerer, die Wolkenformationen interessanter, das Tier einem zugewandt, die fotografierte Person entspannter oder die Gruppe offener steht. Fotografieren erfordert Geduld und Überlegung, und dies zeichnet den guten Fotografen aus – sehr viel weniger seine Ausrüstung. Fotografieren hat viele Parallelen zur Malerei – es ist Malen mit der Kamera. Das Ergebnis ist ein Bild. Licht und Farben, die bei der Aufnahme nicht vorhanden sind, fehlen Wie beim Zeichnen besteht beim auch später bei der Bearbeitung und bei der Darstellung und lassen sich in Fotografieren die Kunst darin, zu der Regel nicht oder nur unvollkommen hineinzaubern. Jedes störende entscheiden, was man zeigen und was und überflüssige Objekt im Bild, das ich bei der Aufnahme vermeide, spart man weglassen möchte – es ist ein später Zeit bei der Aufbereitung des Bilds. Jede Verzerrung, die ich bei der Abstrahieren. Aufnahme umgehe – etwa bei Architekturaufnahmen – erspart späteres Das, was man zeigen möchte, sollte mühsames perspektivisches Entzerren. Jeder störende Schatten muss später deutlich erkennbar und möglichst aufwendig retuschiert werden. Unschärfen lassen sich später nicht oder nur bildfüllend sein. mit viel Aufwand herausfiltern. Als Faustformel gilt, dass eine Minute zusätzliche Vorüberlegungen zehn Minuten oder mehr in der Nachbearbeitung ersparen oder das Bild überhaupt erst sinnvoll verwertbar machen. Hat man aber die Vorbereitungen einmal getroffen, so sollte man gleich mehrere Bilder schießen, jeweils mit leicht variierender Belichtung (gute Kameras bieten dafür Belichtungsreihen), verschiedenen Blickwickeln und unterschiedlichen Ausschnitten. Wie ein Maler seine Farben so sollte ein Fotograf auch seine Kamera kennen und beherrschen, ihre Einstellmöglichkeiten, ihre guten und problematischen Eigenschaften kennen, um ihre Möglichkeiten und Grenzen wissen. Nur dies schafft gute Bilder, die weniger dem Zufall überlassen und die (zeit-)effizient erstellt werden. Versuchen Sie Ihre Augen für Bilder zu schulen, für die richtigen Ausschnitte, die geeigneAuch ein nicht ganz scharfes Bild kann in Ausnahmen einmal brauchbar sein. ten Perspektiven, fotografisch interessante Szenen.

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3.2

Kompositionsschemata

Bei der Komposition von Bildern gibt es eine Reihe von Gestaltungsprinzipien, die auch für die Gestaltung von Grafiken, Zeichnungen und Gemälden gelten. Für ein gutes Foto oder eine Bildfolge überlegt man deshalb, welches Prinzip man dabei anwenden möchte – abgestimmt auf das abgebildete Objekt und die Aufnahme-Intention. Der Fotograf trifft mit dem Aufnahmewinkel und dem Bildausschnitt eine bildnerische Entscheidung, ebenso mit Licht, Schatten und Schärfentiefe. Der Anschaulichkeit halber verwenden wir zunächst Scribbels zur Erläuterung des Konzepts und ergänzen diese mit konkreten Fotobeispielen. Die nachfolgenden Schemata sind keine Patentrezepte und bedürfen jeweils der individuellen Anpassung an den Zweck der Aufnahme und andere Gegebenheiten. Sie sind ebenso wenig Dogmen, die nicht durchbrochen werden dürfen. Sie helfen aber vielfach, gestalterisch bessere Bilder zu machen. Es erfordert Erfahrung und Übung, um in einer gegebenen Situation zügig zu einem Bild zu kommen, bevor z.B. das Kind weggelaufen oder die Sonne untergegangen ist. Die eigene Urteilsfähigkeit schulen kann man auch an vorhandenen Bildern, indem man sich fragt, was gefällt oder stört. Ist es der abgeschnittene Fuß, die Unschärfe in wichtigen Bereichen, die blassen Farben oder harten Kontraste?

Eine Diagonale leitet das Auge des Betrachters. Dies bringt Dynamik und Spannung in das Bild.

B

Formatr Der erste Formataspekt ist das Verhältnis von Objektgröße zum Bildformat. Je größer das wichtigste darzustellende Objekt im Verhältnis zum Bildformat ist, umso stärker ist seine Präsenz und seine Aussagekraft. Ein kleines Objekt in großer, unruhiger Umgebung wird Teil eines Bildteppichs ohne große eigene Bedeutung. Das gleiche Objekt in ruhiger Umgebung behauptet sich mehr in seiner Eigenständigkeit. Bei der extremen Form ist das Objekt nicht nur bildfüllend, sondern auch nur im Ausschnitt sichtbar, so dass ein gewisser Verfremdungseffekt eintritt und der Betrachter unter Umständen raten muss, um was es sich handelt. Oft sind die Ansichtsvarianten B , D und E die interessantesten Darstellungen. Bei der Variante A muss sich das Objekt deutlich von der Umgebung abheben – etwa durch klare Farbkontraste.

A D

B

C

D

E

Während man kaum mehrere Bilder des gleichen Objekts mit unterschiedlichem Format malen wird, erlaubt die digitale Fotografie recht einfach, eine Serie zu erstellen und als Reihe zusammenzustellen. So kann auch eine Serie zu einem Bild werden. Was das bearbeitete Bild betrifft, sollte man sich nicht nur auf das Standard-Hoch- und -Querformat im 4 ⁄3-Verhältnis (oder 3⁄2-Verhältnis des Kleinbildformats) beschränken. Einige Bilder verlangen abweichende For-

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3.2 Kompositionsschemata

mate – Landschaften und Panoramen z.B. breite Formate, einzelne Personen oft hohe, schmale und Gesichter oder einzelne Blüten manchmal fast quadratische Formate. Schneiden Sie einfach im Computer überflüssige und störende Teile weg. Wenn das Präsentationsformat es nicht anders erlaubt, kann auch ein schwarzer Rand passen. Insbesondere bei Bildschirm-, Fernseh- und Beamer-Präsentationen stören weiße Ränder; schwarze oder dunkle Farbflächen wirken hier wesentlich angenehmer! Beim Papierbild hingegen muss man entscheiden, ob schwarze oder weiße Ränder (z.B. für einen Kalender mit schwarzem Hintergrund) oder ein Abschneiden der Ränder die beste Lösung sind. Hier kommen auch farbige Hintergründe in Frage. Das gleiche Motiv kann unterschiedliche Eindrücke ergeben, abhängig davon, ob es im Hoch- oder im Querformat aufgenommen wurde. Ein anderer Aspekt des Formats ist die Vollständigkeit. Formen bzw. Objekte benötigen eine gewisse Vollständigkeit. Dies kann durchaus von Objekt zu Objekt variieren. So ist es hässlich, wenn bei einem Gesicht das Kinn oder ein Auge ab- oder angeschnitten ist, während man die Haare durchaus anschneiden darf. Fotografiert man eine Person in der Totalen, so sollten die Füße entweder gar nicht oder vollständig vorhanden sein – vorzugsweise noch mit etwas Raum vor den Füßen. Auch ein halbes Auto ist zumeist unschön, wenn es wesentlicher Teil des Bilds ist.

Die Wirkung unterschiedlicher Formate (hoch/quer)

Achsenr Ein Bild lässt sich in eine horizontale und vertikale Achse gliedern, und die Position des Hauptobjektes zu diesen Achsen ist ein Gestaltungsmerkmal mit jeweils eigenen Bildeindrücken. Die Horizontale steht dabei für Ruhe und Raum, die Vertikale für Statik, die Diagonale für Dynamik, Bewegung, Leben und Perspektive. Der Bildmittelpunkt ist die prominenteste Position für ein Objekt – insbesondere, wenn keine klaren Achsen im Bild zu erkennen sind. Einzelne, im Fokus stehende Objekte platziert man in den Bildmittelpunkt. Nach der Mitte sucht das Auge zunächst im oberen rechten Bereich nach dem zentralen Objekt. Dort ist ein Objekt prominenter platziert als in der linken unteren Ecke.

Horizont und Schatten schaffen hier Achsen.

Bei größeren Objekten mit Umfeld ist oft auch eine Aufteilung nach dem goldenen Schnitt (etwa 3:5 oder 5:8) eine gute Anordnung.* Die lässt sich sowohl für horizontale als auch für vertikale Anordnungen einsetzen. Platziert man in einem Buch oder einer Zeitschrift ein Bild oder eine Grafik, so ist der obere Teil der rechten Seite die Position, an der ein Bild

* Auch 1:3 gibt eine brauchbare Aufteilung.

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Der Horizont betont die Mittelachse, die Fluchtlinien der Straße schaffen eine Diagonale. Die Farben wurden durch einen Polfilter verstärkt.

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am stärksten ins Auge fällt und damit dem Rest einer Doppelseite weitgehend die Schau stiehlt. Bei Landschaftsaufnahmen ist bei einem klar abgezeichneten, weitgehend geraden Horizont die vertikale Mittelachse oft nicht ideal. Hier ist eine Dreiteilung zumeist besser – bei hellem Himmel im oberen Drittel, bei kräftigem, dunkel gezeichnetem Himmel darf der Himmel auch 2 ⁄3 der Fläche einnehmen. Eine weitere oft eingesetzte Bildachse ist die Diagonale. Sie leitet das Auge mit einem Schwerpunkt von links oben nach rechts unten oder von links unten nach rechts oben. Die aufsteigende Richtung nach rechts oben wird insbesondere in der Werbung als positiver bewertet. Raum und Flächenr Ein Foto ist zwar zweidimensional und flach, durch einen geeigneten Blickwinkel und unter Einsatz von perspektivischen Elementen lässt sich jedoch auch hier eine Raumillusion erzielen. Fluchtlinien fördern den Eindruck von Raum – sie fliehen nach hinten oder oben. Perspektivisch zulaufende Linien – etwa die einer Straße – in Landschaftsaufnahmen verstärken den räumlichen Eindruck.

Die Spiegelung, die bis in den Vordergrund reicht, schafft einen deutlichen Raum-/Tiefeneindruck.

Stärker als in der Malerei gehören in der Fotografie zu Raum und Fläche Schärfe und Unschärfe. Ein geschickter Einsatz kann den räumlichen Eindruck deutlich verstärken. So erhöhen beispielsweise bei Landschaftsaufnahmen gut platzierte Objekte im Vordergrund, welche durchaus etwas unscharf sein dürfen, die Tiefenwirkung des Bilds. Der geschickte Einsatz von Schärfentiefe mit dem Übergang innerhalb eines Objekts von scharf nach unscharf kann Raumeindruck vermitteln. Bei Porträtaufnahmen verleiht ein unscharfer Hintergrund und die Schärfenebene auf den Augen dem Bild mehr Ausdrucksstärke als durchgehende Schärfe, die im Hintergrund meist stört. Geben Sie einzelnen wichtigen Objekten Freiraum. Oft wirkt das Bild erst durch diesen zusätzlichen Raum, wie die nebenstehende Aufnahme des Schiffs im Nebel zeigt. Die leichte Asymmetrie des Schiffs zum Bildmittelpunkt – sowohl horizontal wie vertikal – sorgt für Spannung und schafft dem Schiff Raum, in den es hineinfahren kann. Hier teilt die Nebelbank um das Schiff die Flächen des Meers und des Himmels, ohne die graue Fläche scharf zu trennen. Das Bild ist ein gutes Beispiel dafür, dass wenige Bildelemente einen starken Eindruck hinterlassen können.

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Kontraster Es gibt zahlreiche Kontrastmöglichkeiten – klein/groß, hell/dunkel, Solo/Gruppe, nah/fern, Ruhe und Bewegung, Schärfe und Unschärfe.

Beim Einsatz von Farbe kommt der Farbkontrast hinzu, der zahlreiche Varianten bietet, etwa der Kontrast von Komplementärfarben, von lauten (gesättigten) und leisen (gedeckten oder zarten) oder zwischen kalten und warmen Farben. Auch figürliche Kontraste wie eckig und rund können eingesetzt werden oder der Gegensatz zwischen scharf und unscharf.

Der kleine rote Ball unten rechts liefert sowohl von der Farbe als auch von der Größe her einen Kontrast zum Rest des Bilds.

Schwerpunktr Ein Bild hat zumeist einen optischen Schwerpunkt. Er wird bestimmt durch Figürlichkeiten, Farben und Anordnungen. Dunkle und kräftige Farben wirken schwerer und dominanter als helle oder zarte. Bei einer Dreiecksanordnung gleichwertiger Objekte liegt der Schwerpunkt im Zentrum des Dreiecks, selbst dann, wenn das Dreieck nicht im Mittelpunkt des Bilds liegt.

Der optische Schwerpunkt ist nicht unbedingt mit dem mathematischen Schwerpunkt identisch, liegt also z.B. nicht genau in der Bildmitte, sondern zumeist leicht dazu versetzt. Erst dies wird als harmonisch empfunden und baut eine leichte Spannung auf. Rahmenelemente können den optischen Schwerpunkt eines Bilds ebenso verändern wie starke Linien und Bewegungen mit einer klaren Richtung.

Der Bildschwerpunkt ist durch das rote Hemd nach links verschoben; der orange Ball kompensiert dies etwas; die ›Aktion‹ liegt ebenfalls in der Bildmitte.

Spannungr Verwandt mit dem Thema Kontrast ist der Aspekt der Spannung. Spannung lässt sich über Kontraste, über figürliche Gegensätze oder über Farbgegensätze sowie über räumliche Kompositionen aufbauen. Spannung erzeugt man, indem man absolute Symmetrie oder Uniformität vermeidet. Symmetrie, in der Renaissance als Symbol für Heiligkeit und Ruhe eingesetzt, wird heute leicht als monoton empfunden. Schatten oder kleine Abweichungen heben aber die als gleichförmig empfundene Symmetrie auf und bauen eine gewisse Spannung auf.

Obwohl nicht scharf, hat dieses Bild eine gewisse Spannung durch Farbkontraste (Rot/Blau, kalt/ warm), Bewegung und Anordnung.

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Spannung lässt sich jedoch ebenso durch eine für das Objekt ungewohnte Farbe oder Umgebung aufbauen oder dadurch, dass ein Objekt so dargestellt wird, dass ein Teil fehlt und der Betrachter sich fragt, wie es wohl weitergeht. Rhythmus und Reihungenr Eine interessante Gestaltung lässt sich mit mehreren gleichen oder ähnlichen Objekten durch deren Wiederholung und Anordnung erzielen. Achten Sie darauf, dass keine Monotonie aufkommt und so eine gewisse Spannung erhalten bleibt. Auch deutliche Strukturen können interessante Bilder ergeben (siehe nebenstehendes Bild).

Stärker als in der Malerei entstehen in der Fotografie interessante Bilder durch Strukturen aus der Natur, wobei das Muster das Bild weitgehend ausfüllen sollte. Hier findet man sowohl im Kleinen als auch in der Landschaft immer wieder Beispiele. Schöne Bilder ergeben sich oft auch durch Farben oder Strukturen, die in Variationen wiederholt werden.

Ruhe, Statikr Horizontale Linien erzeugen Ruhe und vertikale den Eindruck von Statik, insbesondere, wenn das Bild nicht zu detailreich oder zu bunt ist. Man kann mit vertikalen Elementen auch Solidität ausdrücken, was oft in der Werbung geschieht. Große und dunkle Elemente wirken statisch und ruhig. Bei Landschaftsaufnahmen vermittelt das übliche Querformat eher Ruhe, während ein hohes Format mit deutlichen perspektivischen Linien mehr Spannung und Dynamik kommuniziert.

Die Ruhe in dem Bild ergibt sich aus den gedämpften, kalten Farben und der horizontalen Ausrichtung.

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Auch die Farbigkeit des Bilds ist ein Element, bei dem kältere Farben wie Blau und Dunkelgrün sowie dunklere Farben mehr Ruhe ausstrahlen als warme und grelle Farben. Ebenso wirkt Symmetrie beruhigend. Dynamikr Perspektivische Linien – auch Fluchtlinien genannt – verleihen dagegen dem Bild den Eindruck von Dynamik. Offensichtliche Bewegungen und Bewegungsabläufe sorgen für Dynamik, etwa das Festhalten einer statisch nicht möglichen Schräglage eines Motorradfahrers, die Ausweichhaltung eines Boxers, ein in der Luft schwebender Mensch oder ein schräg liegendes Segelschiff. Dynamik durch Bewegung und Bewegungsunschärfe

Bewegungsunschärfe im Bild ergibt ein hohes Maß an Dynamik. Die Unschärfe kann sowohl im Hintergrund (wie beim kleinen fliehenden Karibu) als auch beim zentralen Objekt liegen, wobei jeweils eines von beiden scharf sein sollte. Farben können ebenso Dynamik unterstützen – etwa ein sattes Rot. Positiv-/Negativform, Figur und Zwischenraumr Haben wesentliche Objekte des Bilds klare Formen, so kann man mit der Form und dem Kontrast zur Umgebung spielen. Gleiches gilt für klare Farben und ihrem Kontrast zur Umgebung. Auch die rhythmische Anordnung mehrerer gleicher oder ähnlicher Objekte oder Formen schafft Gestaltung.

Eine besondere Gestaltungsart sind Spiegelungen. Sie wiederholen Formen in einem mehr oder weniger modifizierten Abbild. Spiegelungen in glattem Wasser vermitteln dabei Ruhe und Harmonie. Farber Farbe ist ein ausgesprochen stark wirkendes Gestaltungselement. Sie sollte deshalb bewusst und gezielt eingesetzt werden. Ebenso wie ein buntes gemaltes Bild zumeist kindlich oder billig wirkt, so sollte auch eine Fotografie nicht zu bunt sein. Unter bunt seien hier mehrere Farben verstanden, die gleichwertig in Intensität und Größe auftreten. Farbe kann beruhigend wirken, wenn das Bild wenig kontrastierende und gedeckte Farben benutzt. Sie können laut wirken, wenn es starke (gesättigte), grelle Farben sind oder das Bild starke Farbgegensätze enthält. Die Farben, in denen Gelb und Rot vorkommen, werden als warme Farben empfunden, während Farben mit starkem Blauanteil als kalt wahrgenommen werden. Farbe erlaubt ein Spannungsfeld aufzubauen, etwa mit den Kontrasten hell–dunkel, warm–kalt, kräftig–zart oder klar-getrübt.

Obwohl im Bild zahlreiche Farben vorkommen, ist das Bild nicht bunt – der Grundteppich ist grün und rot, die Farben Blau und Gelb sind harmonisch verteilt.

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Grün

Cyan

Gelb

komplementär

Blau

Rot

Magenta

RGB-Grundfarben und die Komplementärfarben CMG

Starke Kontraste entstehen, wenn Komplementärfarben aufeinandertreffen. Sie liegen im Farbkreis jeweils gegenüber bzw. um 180 ° versetzt, etwa Grün/Magenta, Blau/Gelb oder Cyan/Rot oder Violett. Eine etwas höhere Spannung bringen Farben, die nicht direkt komplementär sind, sondern leicht zur Komplementärfarbe versetzt im Farbkreis liegen, also z.B. Blau und Rot sowie dunkles Blau und sattes Grün. Je gesättigter die Farben sind, umso stärker wirkt der Kontrast. Steht eine laute Farbe im Blickpunkt des Bilds – etwa eine sattes Rot –, so benötigt sie in der Regel einen Ausgleich. Dieser kann z.B. dadurch erfolgen, dass sich die Farbkomponente etwas leiser – weil kleiner oder gedämpfter – an anderer Stelle im Bild wiederholt. So fehlt in dem (kleineren) Bild mit dem roten Mantel ein Ausgleich zum leuchtenden Rot und dem kalten Blau. In dem zweiten (größeren) Bild wurde dies durch die roten Farbtupfer erreicht, die hier provisorisch mit dem Pinsel nachträglich eingesetzt wurden. Im Idealfall wären dies in dem Beispiel kleine rote Blumen, die man z.B. aus einem anderen Bild einkopieren könnte und die dann im Gegensatz zum roten Mantel durchaus unscharf sein dürfen. Farben beeinflussen sich gegenseitig. So vermittelt ein sattrotes Objekt in einem rosa oder gelben Umfeld einen anderen Eindruck als in einer schwarzen oder blauen Umgebung. So gibt es Farbkombinationen, die sich beißen, solche, bei denen die Farben intensiver oder weniger intensiv wirken, oder solche, die wir als natürlich oder naturnah empfinden. Monochrome Bilder – solche mit weitgehend einer Farbe in mehreren Abstufungen – wirken ruhig, ohne langweilig zu sein. Sie eignen sich, um Stimmungen einzufangen, wie die nachfolgenden Bilder zeigen. Die Stimmungen findet man häufig kurz vor oder nach Sonnenaufgang, beim Sonnenuntergang, bei Bildern in mildem, indirektem Licht oder in nächtlichen Szenen. Auch Bilder mit sehr wenig Farbanteil, die auf den ersten Blick fast wie Schwarzweißfotografien wirken, können recht eindruckvoll sein, wenn sie

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3.2 Kompositionsschemata

entweder nur ganz zarte helle oder dunkle, fast schwarze Farben aufweisen. Hier lässt sich der Bildeindruck zuweilen verbessern, wenn man nachträglich in der Bildbearbeitung die Farbsättigung des Fotos vorsichtig reduziert. Bei einigen Motiven lassen sich Farben durch Verwendung eines UV-Filters gleich bei der Aufnahme stärker herausarbeiten, so etwa das Blau des Himmels bei entsprechendem Licht. Die Wirkung des Polarisationsfilters ist in bestimmten Situationen noch stärker (siehe z.B. die beiden oberen Bilder auf Seite 60). Farbe lässt sich auch nachträglich noch bearbeiten, d.h. abschwächen, verstärken oder partiell ersetzen. Hier spielt die digitale Bildbearbeitung ihre Stärken aus und ermöglicht Effekte, die mit konventioneller Technik kaum oder nur mit viel Aufwand möglich wären. Ein wesentliches Element bei der Farbgestaltung ist die richtige Belichtung. In einer Szene mit sehr gegensätzlichen Lichtverhältnissen kann es sinnvoll sein, mehrere Bilder mit unterschiedlichen Belichtungen aufzunehmen und später Teile dieser Bilder in einer Art Collage zusammenzuführen. Symbolikr Unbewusst reagieren wir auf eine gewisse Symbolik, sei es die Symbolik von Farben, Formen, Perspektiven oder Lichtsituationen. Man denke hier beispielsweise an das Lila der Kardinäle, an das Purpur der Könige, an das Rot der sozialistischen Parteien, an die Symbolik von Schwarz, assoziiert mit Trauer, und das Weiß, assoziiert mit Hochzeit und Freude. Diese Symbolik kann kulturabhängig sein. So ist z.B. in Indien Weiß die Farbe des Todes. Von der Symbolik her steht ein Rundbogen für behütet, das Portal für einen Eingang. Die Darstellung einer Person aus einer niedrigen Perspektive erhöht oder überhöht die Person. Dies wird beispielsweise in der sakralen Kunst benutzt – ebenso in der Autowerbung. Setzt man das Objekt auch noch ins Zentrum, so wird es symbolisch verstärkt. In der Werbung geschieht dies z.B., um einen Rennfahrer mit seinem Auto als Star erscheinen zu lassen. Auch der Blick auf den bei der Siegerehrung auf dem Podest und damit höher stehenden Sportler nutzt diese Symbolik. Natürlich kann man dies auch in anderen Zusammenhängen einsetzen, ohne dass gleich Heilige und Stars damit gemeint sind. Rahmenr Rahmenelemente können ein Bild einfassen, unterschiedliche Objekte zusammenfassen, den Blick auf das Bildelement führen, welches man in den Mittelpunkt stellen möchte. Der Rahmen kann auch symbolisch sein. Nicht selten erhält ein fotografiertes Objekt erst durch den Rahmen seinen Reiz. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, einen Rahmen zu finden. Eine offensichtliche Möglichkeit ist der Blick durch das Fenster, wobei der Fensterrahmen ruhig dunkel sein darf, was die Rahmenwirkung noch verstärkt. Als Rahmen können aber ebenso Gebäude, Bäume oder andere begrenzende Elemente dienen. In dem Bild mit der Gazelle bilden Baum-

Die Farbe hat hier eine Funktion, obwohl das Bild fast schwarzweiß wirkt.

Die Perspektive überhöht symbolisch.

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stämme den Rahmen. Im Idealfall wäre das Tier noch stärker in der Mitte des rahmenden Dreiecks positioniert – hier ist dann bei einem nicht mehr wiederholbaren Bild entweder eine aufwendige Retusche erforderlich oder man muss mit dem kompositorischen Kompromiss leben. Legt man eine Fläche als Rahmen um ein Bild an – z.B. in der Art eines Passepartouts –, so bietet es sich an, eine Farbe aus dem Bild als Rahmenfarbe aufzugreifen.

hier noch ein Bild

Hier bilden Baumstämme einen Rahmen für die Gazelle.

Objekt und Umgebungr Objekt und Umgebung oder Hintergrund haben eine wichtige Beziehung. So kann der Hintergrund ein Objekt hervorheben oder weitgehend durch die Farbe oder Unruhe der Umgebung verschlucken. Farbflecken, die Farbstimmung oder die Hintergrundstruktur können die Stimmung für das zentrale Objekt schaffen oder einen Kontrast zum Objekt bieten. Ein Hintergrund kann durch seine Farbe oder Hell-/Dunkelgrenzen ein Objekt auch optisch unschön anschneiden. Dies lässt sich oft durch kleine Positionsänderungen beim Fotografieren vermeiden. Man sollte sich überlegen, was zum Objekt gehört – z.B. die Füße bei einer Ganzkörperaufnahme einer Person –, was es ergänzt – z.B. das Handwerkzeug zu einem Handwerker – oder was es stört, wie etwa vorbeifahrende Autos bei einer Architekturaufnahme. Das Anschneiden von Köpfen im Foto war früher verpönt, wird heute aber akzeptiert, um die Präsenz des Modells hervorzuheben.

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3.3 Gestalten mit Kameratechnik

Gerade bei einem hellen Himmel als Hintergrund sollte man darauf achten, dass wichtige Teile entweder ganz oder gar nicht im hellen Himmelbereich liegen, wie die Bilder mit dem Straußenkopf demonstrieren. Oft muss man beim Fotografieren nur ein wenig die Position ändern – sich etwas höher stellen oder etwas mehr in die Knie oder etwas weiter nach links oder rechts gehen – um hier eine bessere Harmonie zu erreichen. Zuweilen hilft es, nachträglich in der Bildbearbeitung den Hintergrund oder die Umgebung weich oder unscharf zu zeichnen oder – wie im Fall des Buddhas – den Hintergrund zu ergänzen, die Figur freizustellen oder mit einem anderen Hintergrund zu hinterlegen. Dies kostet jedoch zumeist deutlich mehr Zeit, als bereits bei der Aufnahme diese Probleme zu vermeiden.

Eine vom Himmel angeschnittene Figur (oben) wirkt unglücklich. Unten wurde dies in der EBV korrigiert.

Kombination von Effekten und Bruch mit dem Schemar In den meisten Fällen wird man eine Kombination der zuvor beschriebenen Kompositionsschemata einsetzen. Vermeiden Sie dabei aber eine Anhäufung von Kompositionen in einem einzelnen Bild, da es sonst leicht eine optische Suppe wird. Wie man in der Typografie bewusst und zielorientiert typografische Regeln brechen darf, so darf man auch bewusst die aufgeführten Kompositionsschemata brechen, sollte aber auch hier wissen, was damit erreicht wird. Gerade die gekonnte Verletzung von Schemata ist manchmal interessant und spannend.

3.3

Gestalten mit Kameratechnik

Bestimmte Eindrücke lassen sich beim Fotografieren intensivieren oder abschwächen. So verstärkt z.B. eine niedrige, nahe Aufnahmeposition den Eindruck eines hohen Objektes, während eine Teleaufnahme aus größerer Distanz die Höhe oder Größe reduziert. Seitliches und hartes Licht verstärkt Falten und Oberflächenstrukturen, während diffuses Licht sie abmildert. Aus diesem Grund verwendet man für Porträts zumeist weiches, diffuses Licht oder sogar Weichzeichner-Vorsatzlinsen. Die Aufhellung der Kinnpartie durch zusätzliches möglichst weiches Licht von unten verleiht ein jüngeres Aussehen. Blitzt man beim Porträt, so können zusätzliche Lichtreflektoren aus hellem Karton seitlich und unterhalb des Kinns (natürlich im Bildausschnitt nicht sichtbar) das Bild verbessern. Stärkeres Licht von einer Seite kann einen interessanten Schattenwurf ergeben. Weitwinkel vergrößern visuell Abstände zwischen Objekten unterschiedlicher Ebenen – insbesondere in der Nähe; lange Brennweiten (Teleeinstellungen) verkürzen sie. Mit der richtigen Tiefenschärfe trennt man Objekt und Hintergrund – etwa in einem Porträt. Die Farbsättigung lässt sich elektronisch relativ gut verändern – sowohl um alle oder nur einzelne Farben kräftiger, satter erscheinen zu lassen oder auch um die Farbsättigung zu reduzieren und damit unter Umständen eine

Gestaltet durch Schärfe und Unschärfe

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Gestaltet mit Farbkontrasten und Bewegungsunschärfe

3 Fotografie als Komposition

bessere Farbharmonie mit weniger grellen Farben zu erreichen. Ebenso erlaubt die spätere elektronische Bildbearbeitung, einzelne Farben selektiv anzuheben, abzuschwächen oder komplett durch eine andere Farbe zu ersetzen. Für einzelne Farben geht dies recht problemlos, für viele Farben ist es mühsam. Eine viel eingesetzte Bildkorrektur ist die nachträgliche Anhebung des Kontrastes im Bild – dies kann auch auf einzelne, interessante Bereiche des Bilds beschränkt sein. Eine weitere Technik erlaubt das (moderate) Nachschärfen. Zwar ermöglichen dies einige Kameras über spezielle Einstellungen bereits bei der Aufnahme, flexibler und besser kontrolliert erfolgt es jedoch später am Computer. Manche Bilder erhalten erst durch eine bestimmte Größe ihre volle Wirkung. Dies gilt z.B. für das Bild des kleinen Karibus auf Seite 63. Dieses Bild und viele weitere hier gezeigte Bilder würden größer besser wirken.

3.4

Bildelemente auf Vorrat

In der digitalen Fotografie, bei der das einzelne Bild fast nichts kostet und der Speicher im Rechner oder auf CD inzwischen auch recht billig ist, empfiehlt es sich, interessante Bildelemente auf Vorrat zu sammeln, um damit später andere Bilder zu ergänzen und interessanter zu gestalten. Zu solchen Bildelementen zählen z.B. Himmel, Hintergrundflächen, Muster aus der Natur, Wasseroberflächen oder spezielle Lichter. Gerade für Montagen und Bildergänzungen benötigt man interessante Hintergründe, Muster und Kompositionsobjekte. Andere Elemente lassen sich als Rahmen für Bilder einsetzen. Auch Gesichter bzw. Komponenten mit Hauttönen sind brauchbare Objekte, wenn sie gut und möglichst farbgetreu erfasst bzw. abgespeichert werden. Sie stellen nützliche Vergleichsobjekte bei der Farbkorrektur dar, die man als zweites Bild öffnen kann und so einen guten Vergleich beim Abgleich eines problematischen Fotos hat. Natürlich kann man solche Bilder auch kaufen, hat aber dann bei kommerzieller Nutzung entweder hohe Lizenzkosten oder bewegt sich bei Publikationen in einem problematischen rechtlichen Bereich. Und wo bleibt dann der Stolz des Fotografen auf seine eigenen Bilder? Daneben ergeben die zuvor erwähnten Bildelemente, mit guter Qualität aufgenommen, auch eigenständige Bilder und können die Basis für Zusammenstellungen und Bildsammlungen bilden, etwa Haustüren, Schilder, Naturmuster und Ähnliches. Aber nicht nur als Hintergrundelemente lassen sich solche Bilder verwenden, sondern auch, um mit Collagen-Technik neue Bildkompositionen zu schaffen (siehe Seite 194). Man erreicht damit in aller Regel eine Verfremdung der einzelnen Elemente bis hin zum Grotesken. Während die konventionelle Fotografie durch Mehrfachbelichtungen solche Fotocollagen produziert, ist die digitale Fotografie und die nachfolgende Bildbearbeitung ideal für Collagen-Techniken und sehr viel einfacher und vielseitiger.