Formatiertes Fernsehen

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Author: Gertrud Feld
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Die Bedeutung von Formaten für Fernsehsender und Produktionsmärkte

U Formatiertes Fernsehen Von Andrea Esser* Anzahl international gehandelter Formate stark gestiegen

Auswertung des Abendprogramms im deutschen Fernsehen 2008 und 2009

Seit ungefähr zehn Jahren findet weltweit ein be­ achtlicher Anstieg des Geschäfts mit Programmen, die zum Zweck lokaler Adaption auf dem inter­ nationalen Fernsehmarkt gehandelt werden, statt. Laut der von der Format Recognition and Protec­ tion Association (FRAPA) beauftragten zweiten For­ matstudie „The FRAPA Report 2009: TV Formats to the World“ (1) ist der Produktionswert lokal adap­ tierter Programme von geschätzten 6,4 Mrd Euro für den Zeitraum 2002 bis 2004 auf 9,3 Mrd Euro für den Zeitraum 2006 bis 2008 gestiegen – ein Wachstum von 45 Prozent. Die Anzahl der interna­ tional gehandelten Formate in den 14 untersuchten Fernsehmärkten stieg im selben Zeitraum von 259 auf 445. Die Auswirkungen des Formatgeschäfts auf die Produktionsmärkte und die Bedeutung die­ ser relativ neuen „dritten Programmquelle“ (2) für Rundfunkveranstalter sind jedoch unzureichend un­­ tersucht. Sender unterscheiden nach wie vor ledig­ lich zwischen Eigen- bzw. Auftragsproduktionen und importierter Ware, und auch die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle und andere Insti­ tute, die die Herkunft der in der EU gesendeten Fernsehprogramme erfassen, haben bisher keine eigene Kategorie für lokale Adaptionen internatio­ naler Formate eingeführt. Sie werden durchweg als einheimische Produktion klassifiziert. Da Formate aber sowohl neue Einnahmequellen darstellen als auch wesentlich zur Internationalisierung des Fern­ sehens beitragen, ist es interessant, diese Kategorie etwas genauer zu untersuchen. Der vorliegende Artikel soll einen Überblick geben über das Formatgeschäft und über den Einsatz von Formaten in der wichtigsten Programmschiene der großen deutschen Sender (ARD, ZDF, RTL, Sat.1, ProSieben), dem Abendprogramm – traditionell ge­ füllt mit Eigenproduktionen, mittels derer sich die Sender bei Zuschauern und Werbekunden profilie­ ren. Für die Analyse wurden alle in den Jahren 2008 und 2009 zwischen 19.00 Uhr und 23.00 Uhr (3) gesendeten Programme ausgewertet: 18 166 Ein­zelsendungen, insgesamt 2 002 unterschiedliche Pro­grammtitel. (4) Titel mit zwei und mehr Aus­ strahlungen wurden recherchiert (5) und nach drei Kategorien kodiert: Format, kein Format und mög­ liches Format. Als Format wurden diejenigen Pro­ gramme definiert die, neben dem Land, in dem das Format ursprünglich entwickelt wurde, zur Adap­ tion in mindestens ein weiteres Land verkauft wor­ den sind. (6) Programme, die als Format angeboten werden, aber bislang noch nicht verkauft oder le­ diglich optioniert sind, wurden als mögliches For­ mat kodiert; alle anderen Programme als „kein Format“. Informationen über Sendezeit, Sendedau­ ................................................................................. * Roehampton University, School of Arts, London.

er und Sehbeteiligung (7) der einzelnen Program­ me wurden hinzugezogen, um die Bedeutung und die Effektivität (8) von Formaten im Vergleich zu anderen Programmen und Sendungsformen zu er­ fassen. Bevor wir uns der Senderanalyse zuwenden, soll jedoch die historische und geografische Ent­ wicklung des Formatgeschäfts umrissen sowie ein Überblick gegeben werden über die wichtigsten Produktions- und Vertriebsunternehmen des Format­ handels und diesbezüglich zu beobachtende Trends und Auswirkungen auf die nationalen Produktions­ märkte. Dem folgt eine kurze Zusammenfassung der Gründe für den beachtlichen Bedeutungsan­ stieg formatierter Fernsehprogramme und das da­ raus zu schließende Fortbestehen des Programm­ franchisings. Das Formatgeschäft im Überblick: historische und geografische Entwicklung

Von einem systematischen, substantiellen Format­ handel lässt sich ungefähr seit Beginn dieses Jahr­ hunderts sprechen. Die internationalen Quoten­ erfolge „Who Wants to Be a Millionaire?“ (1998; mit mittlerweile 80 Adaptionen), „Big Brother“ (1999) und „Survivor“ (2000) (beide über 40 Adaptionen) werden gemeinhin als Grund dafür gesehen, dass Fernsehschaffende weltweit die Möglichkeit der Formatentwicklung und -nutzung verstärkt in Be­ tracht zogen und so das Geschäft mit Formaten fest etabliert und ausgebaut haben. Internationale Programmtrends, die lizenzierte wie auch unlizen­ zierte Nachahmungen umfassen, lassen sich seit ei­ nigen Jahren vermehrt beobachten: Nonfik­tionale Unterhaltung wurde weltweit populär mit so ge­ nannten Make-over-Shows (z. B. „10 Years Younger“, „The Swan“), Kindererziehung („Supernanny“), Heim­ werkerprogrammen („Changing Rooms“), Dating­ shows („Farmer Wants a Wife“, „The Bachelor“) und Kochshows („Kitchen Nightmares“, „Come Dine With Me“). Weltweit kehrten in den letzten Jahren Gameshows in das Abendprogramm zurück („Fa­ mily Feud“, „1 vs 100“), und Talentshows („Idols“, „The X Factor“, „Got Talent“) erwiesen sich eben­ falls als international erfolgreich.

Anstieg des Format­ handels seit Beginn der 2000er Jahre

Wenig überraschend sind laut FRAPA-Studie Ta­ lent-, Quiz- und Gameshows die “Topverdiener” des Formathandels. (9) Interessant ist jedoch, dass sich der Handel auf immer mehr Genres ausweitet, selbst dort, wo noch vor wenigen Jahren eine Grenz­ überschreitung aus kulturellen Gründen für eher unwahrscheinlich galt. So gibt es heute zum Beispiel einige Comedyformate, die sich erfolgreich ins Aus­ land verkauft haben, unter anderem das deutsche „Schillerstraße“ (bereits in über 20 Länder zur Ad­ aption verkauft) oder das französische, gescriptete Comedyformat „Caméra Café“ (55 Länder). Auch kostspielige US-amerikanische fiktionale Serien wie zum Beispiel „Law & Order“ oder „Desperate House­ wives“ sind bereits adaptiert worden: „Law & Order“ in Frankreich, Russland und Großbritan­ nien, „Desperate Housewives“ in einer brasilianischen und zwei spanischen Versionen für Argentinien, Kolumbien, Brasilien und Ecuador. Die kolumbia­

Formate in immer mehr Genres üblich

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nische Telenovela „Yo soy Betty, la Fea“ („Verliebt in Berlin“ in der deutschen Adaption) hat bislang 18 lokale Adaptationen hervorgebracht (vgl. Tabel­ le 1). Markt wird ­zunehmend globaler

Britische Produ­ zenten mit Formaten am erfolgreichsten

Alte Handelsstrukturen und -muster werden so auf­ gebrochen, der Markt wird zunehmend globaler. Das betrifft sowohl die Verbreitung als auch die Herkunft von Formaten. Meldungen in der interna­ tionalen Fachpresse wie Auswertungen für die letz­ te FRAPA-Studie deuten darauf hin, dass Produzen­ ten aus immer mehr Ländern in das Formatge­ schäft einsteigen. Allerdings gibt es starke Ungleichgewichte: Laut FRAPA-Studie waren britische Produzenten für 98 der 295 in 2008 insgesamt (in den 14 unter­ suchten Märkten) verkauften Formate verantwort­ lich – ein Anteil von 33 Prozent. Die USA lagen an zweiter Stelle mit 56 Formaten (19 %), gefolgt von den Niederlanden mit 23 (8 %) und Argentinien mit 20 (7 %). Die anderen zehn Länder, darunter Deutschland, teilten sich die verbleibenden 98 ver­ kauften Titel (33 %), mit Anteilen zwischen 5 Pro­ zent (Schweden) und 1 Prozent (Norwegen). Deutsch­ land stand mit zwölf exportierten Formaten, zu­ sammen mit Australien, Frankreich, Japan und Spanien, an sechster Stelle (4 %) (vgl. Tabelle 2). Die Relationen und teilweise auch die Rangfol­ ge ändern sich, wenn man statt der Anzahl der Formattitel die Zahl der insgesamt für Adaptions­ märkte produzierten Stunden oder den Produk­ tionsumsatz der Adaptionen betrachtet. Im Jahres­ vergleich ist auffällig, dass aus den USA kommen­ de Formate 2008 deutlich zulegten, was die Zahl adaptierter Programmstunden anbelangt. Dies galt jedoch nicht für den Produktionsumsatz. Formate aus den Niederlanden wiederum lagen in den Jah­

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Lokale Adaptionen der Telenovela „Yo Soy Betty, La Fea“ 1 .......................................................................................................................

Asien chinesische Version (China, Taiwan, Shanghai, Hongkong, Macau, Singapur, Malaysia)

Indien, Indonesien, Vietnam, Philippinen

Europa Belgien, Tschechien, Griechenland, Niederlande, Polen, Russland, Spanien, Türkei serbokroatische Version (Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro, Mazedonien, Slowenien) deutsche Version (Deutschland, Österreich, Schweiz, Lu­ xemburg, Liechtenstein) Lateinamerika Kolumbien (Original), Brasilien, Mexiko Nordamerika

USA

Naher Osten arabische Version (Algerien, Ägypten, Bahrain, Eritrea, (Option) Irak, Iran, Jemen, Jordanien, Kuwait, Libanon, Libyen, ­Marokko, Oman, Palästinensische Gebiete, Qatar, Somalia, Sudan, Syrien, Tschad, Tunesien, Vereinigte Arabische Emirate) Quelle: R  CN television S. A. – Ventas Internacionales, Email-Korrespondenz mit Lina Maria Waked im Frühjahr 2010.

ren 2006 und 2007 umsatzmäßig noch vor den USA, wurden 2008 aber von amerikanischen For­ maten überholt. (10) Der deutliche Vorsprung von Großbritannien, ge­ folgt von den USA und den Niederlanden, wurde auch von anderen Studien bestätigt. (11) Die starke Position dieser drei Länder lässt sich mit einem frühen Einstieg ins Formatgeschäft und frühen Er­ folgen erklären, die das Augenmerk auf die Produ­ zenten dieser Länder richteten. Außerdem existie­ ren hier vorteilhafte Distributionsstrukturen und

Günstige Bedingun­ gen für Formate in GB, USA und NL

Anzahl exportierter Formattitel und Formatstunden 2008 und damit generiertes Einkommen 2 .....................................................................................................................................................................................................................................................

Anteil Anteil Umsatz generiert Anzahl exportierter Anzahl exportierter mit dem Export Rang- exportierter Formate exportierter Formatstunden von Formaten folge* Herkunft Formate in % Formatstunden in % in Mio Euro

Anteil der Länder am Umsatz generiert mit dem Export von Formaten in %

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  1   2   3   4   5   6   6   6   6   6   7   8   9 10

Großbritannien USA Niederlande Argentinien Schweden Frankreich Deutschland Australien Japan Spanien Italien Dänemark Kanada Norwegen



Gesamt

98 56 23 20 16 12 12 12 12 12 9 6 4 3

33 19 8 7 5 4 4 4 4 4 3 2 1 1

4 929 4 638 2 447 2464 576 1127 934 850 723 305 267 107 66 45

25 24 13 13 3 6 5 4 4 2 1 1 0 0

295

100

19 478

100

701,41 377,55 345,83 133,79 112,75 77,19 54,04 183,30 67,97 23,17 15,04 13,86 12,09 3,45 2 121

33 18 16 6 5 4 3 9 3 1 1 1 1 0 100

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Nach Anzahl exportierter Formate.

Quelle: Esser, Andrea auf Basis von Informationen von Jäger, Elfi/Sonja Behrens: The FRAPA report 2009 – TV formats to the world. Hürth 2009.

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Andrea Esser

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Rahmenbedingungen, die unabhängigen Produzen­ ten Anreiz verleihen, kommerziell erfolgreiche, in­ ternational vermarktbare Programme zu entwickeln. So wurden in Großbritannien, nach erheblicher Lobbyarbeit des Produktions- und Vertriebsverban­ des PACT, in 2004 „New Terms of Trade“ einge­ führt, die britischen Produzenten erlauben, die Rechte an ihrem geistigen Eigentum zu behalten. In Deutschland bemüht sich die im März 2008 ins Leben gerufene Allianz Deutscher Produzenten – Film und Fernsehen e.V. um eine Verbesserung der Terms of Trade. Erste Verhandlungen resultierten in Vereinbarungen von Eckpunkten für Produk­ tionen im Auftrag der ARD-Landesrundfunkanstal­ ten (Dezember 2009) und des ZDF (September 2010). (12)

Kein spezifischer Schutz des geistigen Eigentums an ­Formaten

Was das geistige Eigentum an Formaten betrifft, so muss allerdings hervorgehoben werden, dass es weltweit derzeit keinen spezifischen Schutz für Formate als Intellectual Property gibt. Um Formate verwerten und vor unlizenzierter Nachahmung schüt­ zen zu können, haben sich deshalb neben der An­ drohung rechtlicher Schritte eine Reihe weiterer Strategien herausgebildet: Dazu gehören die For­ malisierung der Formate, der Verkauf von Knowhow mittels Formatbibel sowie die vom Lizenz­ geber zur Beratung (und teils auch zur Überwa­ chung) abgestellten „Flying Producer“. Eine weitere Strategie ist der sorgfältige Aufbau und Schutz der Marke durch Registrierung, Merchandising und kontrollierter Lokalisierung. Schließlich gehört dazu die Etablierung weltweiter Distributions- und Pro­ duktionsnetzwerke, die nicht nur den Prozess loka­ ler Adaptionen beschleunigen, sondern auch die Markmacht der Lizenzgeber vergrößern und damit einhergehend die Wirkung drohender Vergeltungs­ maßnahmen für unlizenzierte Nachahmungen. (13) Trends und Akteure im Formatgeschäft

Formate öffnen auch kleineren ­Produzenten Türen zum Weltmarkt

Tendenz zur ­Marktkonzentration

Auf dem internationalen Markt mit Formaten lässt sich derzeit eine zweigleisige Entwicklung beob­ achten: Auf der einen Seite öffnet der Formathan­ del kleinen Produzenten mit geringen finanziellen Mitteln sowie Produzenten aus traditionell nichtFernsehexportländern verstärkt Türen zum Welt­ markt. Laut Formatexpertin Virginia Mouseler von der Agentur The WIT kann ein international er­ folgreiches Format heute ebenso aus einem „obs­ kuren“ Land kommen wie aus einem der traditio­ nellen, großen Formatländer Großbritannien, USA oder den Niederlanden. (14) Auf der anderen Seite lässt sich eine Tendenz zur Marktkonzentration beobachten. Kleine Produzen­ ten werden zunehmend von Produktionsgruppen aufgekauft. (15) Zusätzlich beobachten wir speziell im Formatgeschäft eine Konsolidierung der von Alt­ meppen u. a. identifizierten Stufen im Ablauf des Formatgeschäfts: Entwicklung, Verkauf, Original­ produktion, internationaler Vertrieb und, darauf fol­ gend, die Produktion lokaler Adaptionen. (16) Die

Konvergenz diverser Stufen birgt den Vorteil grö­ ßerer Kontrolle und damit Schutz für die Marke sowie der Gewinnsteigerung durch eigene Produk­ tion. In extremen, aber offenbar zunehmenden Fäl­ len werden verschiedene lokale Adaptionen an einem Drehort realisiert, so etwa im Fall von “Wipeout”/ Endemol, “101 Ways to Leave a Gameshow”/Ende­ mol, “Fort Boyard”/Zodiak oder “Desperate House­ wives”/Disney. Besonders weit in der Konsolidierung fortgeschrit­ FremantleMedia und ten sind die beiden altetablierten Formatproduzen­ Endemol besonders ten FremantleMedia und Endemol, die in den letz­ stark konsolidiert ten Jahren kontinuierlich ihre internationalen Pro­ duktionsstätten ausgebaut haben. Beide Gruppen, die auch insgesamt die mit Abstand größten Pro­ duktionsgruppen in der EU sind (FremantleMedia zusammen mit den deutschen Grundy/UFA-Schwes­ tern im Rahmen der RTL Content Group), haben heute Produktionsbüros in über 20 Ländern. (17) Die Bertelsmann-Tochter FremantleMedia mit Haupt­ sitz in London produziert in Europa, Asien, Latein­ amerika und den USA; im Jahr 2008 fast 10 000 Stunden für insgesamt 57 Märkte. (18) Was For­ mate anbelangt, so besitzt und produziert die Un­ ternehmensgruppe einige der international erfolg­ reichsten Marken: „Idols“/„DSDS“ (in 43 Länder verkauft), „Got Talent“/„Das Supertalent“ (27), „Fa­ mily Feud“/„Familienduell“ (48), „The Price is Right“/ „Der Preis ist heiß“ (30), „Hole in the Wall“/„Ab durch die Wand“ (35), „The X Factor“ (17) und „The Farmer Wants a Wife“/„Bauer Sucht Frau“ (16). In Deutschland ist die Fremantle-Schwester Grundy Light Entertainment in den letzten vier Jahren mit „DSDS“ und „Das Supertalent“ als die mit Abstand erfolgreichste Produktionsfirma aus dem Kress-Pro­ duzentenranking hervorgegangen. Die Konzentra­ tion an der Spitze, was Zuschauerzahlen anbelangt, nahm dabei zu: Während in vergangenen Jahren auch andere Produzenten mit ihren regelmäßigen Sendungen noch über drei Millionen Zuschauer der Zielgruppe 14 bis 49 Jahre erreichten, schaffte dies im Kress-Saisoncheck 2009/10 nur Grundy Light Entertainment. (19)

Grundy Light ­Entertainment ­erfolgreichster ­Formatproduzent in Deutschland

Der andere globale Formatriese, Endemol, seit Endemol besitzt 2007 im Besitz des Finanzkonsortiums Goldman Rechte an über Sachs, Mediacinco und Cyrte, produziert unter an­ 2 000 Programmen derem in Deutschland, England, Frankreich, Spani­ en, Italien, Polen, den USA, Mexiko, Brasilien, Chile, Argentinien, Russland, Indien, Südafrika, Marokko und Australien. Die Gruppe besitzt die Rechte an über 2 000 Programmen mit einer Sendedauer von zusammen ca. 21 000 Stunden. International erfolg­ reiche Formate sind „Big Brother“ (in 42 Ländern produziert), „Deal or No Deal“ (60), „1 vs 100“/„Einer Gegen 100“ (33), „Fear Factor“ (25), „Wipeout“ (23) und „Star Academy“/„Fame Academy“ (11). Ende­ mol Deutschland, 2009 noch auf dem zweiten Platz im Kress-Produzentenranking, wurde in diesem Jahr von Brainpool überholt und rutschte mit „Wer wird Millionär?“, „Vermisst“, „Die Farm“, „18 – Die beste Zeit meines Lebens“ und „Nur die Liebe zählt“ auf den dritten Platz. (20)

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Auch HollywoodStudios im Format­ handel aktiv

Andere internationale Produktionsgrößen, wie BBC Worldwide, Buena Vista International, NBC Univer­ sal, 20th Century Fox, Warner Bros International TV, TV Globo und Telemundo, haben ihr Augen­ merk erst in den letzten drei bis vier Jahren auf das Franchising von Inhalten gerichtet. Inzwischen haben jedoch alle diese Unternehmen Abteilungen aufgebaut, die sich gezielt mit der Entwicklung und dem Verkauf von Formaten beschäftigen. Die Hollywood-Studios durchforsten auch alte Kataloge nach starken fiktionalen Marken, für die interna­ tional Interesse bestehen könnte. So bot 20th Cen­ tury Fox Television Distribution zum Beispiel auf der MipTV 2010 Adaptionsrechte für „24“, „Bones“, „Prison Break“ und „How I Met Your Mother“ an; CBS Studios International verkaufte die Rechte für „Numb3rs“ nach Russland und Japan. (21) Des Weiteren richten sich die großen Produk­ tionshäuser wie Fremantle und Endemol darauf aus, ihre Gewinne zu maximieren, indem sie mög­ lichst viele und umfassende Formatrechte erwer­ ben (entweder durch die Akquise von internationa­ len Rechten oder durch den Einstieg in kleine, un­ abhängige Formatentwickler und -produzenten) und indem sie selbst zunehmend die Produktion loka­ ler Adaptionen übernehmen. Unter den HollywoodStudios ist Sony Pictures Television Interna­tional (SPTI) das Unternehmen mit der derzeit größten Auslandspräsenz mit Produktionsstätten in Deutsch­ land, Frankreich, Italien, Spanien, Groß­britannien, Miami (für Lateinamerika), Hongkong, China, Bra­ silien und Russland. Um seine Stellung im Format­ geschäft zu stärken, kaufte SPTI 2008 das nieder­ ländische Produktions- und Vertriebsunternehmen 2waytraffic, Rechteinhaber der Klassiker „Who Wants To Be A Millionaire?“, „Dragons Den“ und „Pyra­ mid“. 2waytraffic ist nach Endemol und Fremantle und zusammen mit ITV Global der Distributeur mit dem größten Angebot an Formaten. (22)

Warner Bros. kaufte sich in britischen Markt ein

NBC Universal und Warner Bros. sind laut Berich­ ten ebenfalls weltweit auf der Suche nach auf For­ mate spezialisierten Produzenten und Vertrieben. Warner Bros. machte jüngst Schlagzeilen, als sich das Unternehmen mit dem Erwerb von knapp 56 Prozent der Anteile an der Shed Media Group in den wichtigen britischen Markt einkaufte. Die Gruppe umfasst mit Shed Productions, Wall to Wall, Ricochet, Twenty Twenty und dem Vertrieb Outright Distribution eine Reihe erfolgreicher Un­ ternehmen im Formatgeschäft.

Auch BBC ­international ­engagiert

Auch der kommerzielle Arm der BBC folgt dem Trend sowohl in das Format- als auch das lokale Produktionsgeschäft. Nach der Gründung der For­ mat Factory in 2007 erwarb BBC Worldwide die australische Freehand Group und eröffnete Pro­ duktionsbüros in Los Angeles und New York, um „Dancing with the Stars“, „Clash of the Choirs“ und „Dance War“ zu produzieren. Später etablierte es Produktionsbüros in Mumbai und Paris, Partner­ netzwerke in Toronto, Sydney und Buenos Aires sowie exklusive Partnerschaften in Moskau und Sao Paolo. In Deutschland gründete BBC World­ wide Ende 2009 ein Joint Venture mit All3Media

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Deutschland, die Tower Productions GmbH, um hauseigene Formate für den deutschen Fernseh­ markt zu produzieren. Deutsche Akteure im Formatgeschäft

Deutschland wurde in der ersten Formatstudie als größter Formatimporteur identifiziert. (23) Die hier ansässigen Produzenten haben in den letzten fünf Jahren jedoch aufgeholt. Während im Zeitraum 2002 bis 2004 nur fünf deutsche Formate expor­ tiert worden waren, waren es im Zeitraum 2006 bis 2008 immerhin 23, darunter „Clever!“, „Galileo“, „Schillerstraße“, „Schlag den Raab“, „Wetten dass . .?“, „K11“ und „Lenßen & Partner“. (24) Die wichtigs­ ten deutschen Formatentwickler und -produzenten (auch als Lizenznehmer) sind – Bavaria Fernsehproduktion („Die Große Show der Naturwunder“; „Pisa – Der Ländertest“), – Brainpool TV („Schlag den Raab“, „Ladykracher“, „Hilfe Hochzeit!“, „Stromberg“), – Constantin Entertainment („Clever!“, „Lenßen & Partner“, „K11“), – Endemol Deutschland („Big Brother“, „Nur die Liebe Zählt“, „Die 100.000 Euro Show“, „101 Wege aus der härtesten Show der Welt“, „Rette die Million!“), – Eyeworks („Rach – der Restauranttester“, „Schwie­ gertochter gesucht“, „Ich weiß, wer gut für Dich ist.“), – Granada Deutschland („Ich bin ein Star – holt mich hier raus“, „Die Abzocker“, „Mensch Mar­ kus“, „Let’s Dance“), – Grundy Light Entertainment (“Das Super­ talent”,”Popstars”, “DSDS”, “The X Factor”), – I&U TV („Typisch Frau – Typisch Mann“, „Die ultimative Chart Show“, „Setzen! 6!“), – MME Entertainment („Bauer sucht Frau“, „Hel­ fer mit Herz“, „Einsatz in 4 Wänden – Spezial“, „Die singende Firma“), – Filmpool („Verdachtsfälle“, „Familien im Brenn­ punkt“), – Sony Pictures FFP („Böse Mädchen“, „Der Leh­ rer“), – Tresor TV („Germany’s Next Top Model“, „Er­ wachsen auf Probe“, „Teenager außer Kontrol­ le“, „Die Super Nanny“, „Mission Hollywood“), – Redseven Entertainment („Mister Perfect“, „Ga­ lileo Big Pictures“, „Die Model WG“, „Austria’s Next Top Model“, „Mascerade – Deutschland verbiegt sich“). Viele dieser Firmen sind von ausländischen Unter­ nehmen gegründete Töchter oder in den letzten Jah­ ren gekauft und integriert worden. Neuere Töchter ausländischer Formatproduzenten sind die in 2008 gegründete Yellow Bird Pictures (Tochter der skan­ dinavischen Zodiak Entertainment Gruppe, die wiederum in 2008 von der italienischen De Agos­ tini Media Group gekauft wurde), die in 2009 ge­ gründete Shine Germany (Tochter von Elisabeth Murdochs Shine Group) und das ebenfalls in 2009

Export deutscher Formate wächst

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gegründete BBC/All3Media Joint-Venture Tower Productions. Fast alle, mit Ausnahme von Tresor TV und I&U, haben aktiv zur Konsolidierung des Produktionsmarktes beigetragen.

SevenOne I­ nternational ­wichtigster deutscher Vertrieb für Formate

Der Vertrieb für deutsche Formate steckt überwie­ gend noch in den Kinderschuhen, wie die geringe Auswahl an einheimischen Unternehmen, die Ex­ pertise im Formatgeschäft haben, zeigt. Das zwei­ felsfrei wichtigste deutsche Saleshouse für Formate ist SevenOne International, eine Tochter der Pro­ SiebenSat.1 Media AG – laut FRAPA-Studie im Zeitraum 2006 bis 2008 für über 60 Prozent der Verkäufe deutscher Formate verantwortlich. Diese herausragende Stellung ist auch durch die vorlie­ gende Studie belegt, und es ist anzunehmen, dass sie sich weiter festigen wird. Durch den Zusam­ menschluss mit der SBS-Gruppe in 2007 verfügt die ProSiebenSat.1 Media AG über ein internatio­ nales Fernsehnetzwerk. Das garantiert keine inter­ nationale Verbreitung, erleichtert sie aber. Zudem gibt es mit der Gründung der Produktionsgesell­ schaft Redseven Entertainment, dann der Holding Red Arrow Entertainment, die Produktion und Ver­ trieb zusammenbringt, und nun auch dem Einstieg in die in Los Angeles ansässige Produktionsfirma Kinetic Content Anzeichen, dass auch ProSieben­ Sat.1 plant, auf allen Stufen des Formatgeschäfts tätig zu sein, um Synergien und Gewinne zu maxi­ mieren. Neben SevenOne International vertreibt in Deutschland seit neuerem auch Telepool Formate, ebenso das britische Produktions- und Vertriebs­ konglomerat All3Media International (seit 2007 Be­ sitzer von MME Moviement) und das niederländi­ sche, auf Formate spezialisierte Distributionsunter­ nehmen Absolutely Independent. Die Internationali­ sierung und damit einhergehende Konsolidierung der im globalen Formatgeschäft tätigen Distribu­ teure ist für Letztere vorteilhaft, insofern es ihnen ermöglicht, Kataloge mit einem vielfältigen Ange­ bot an Formaten sowie formatspezifische Netzwer­ ke und Expertise aufzubauen. Gründe für die wachsende Bedeutung von Formaten in der Fernsehproduktion

Wie aber lässt sich das starke Interesse der Produ­ zenten und Distributeure am Formatgeschäft erklä­ ren? Die auf das Formatgeschäft ausgerichteten Bestrebungen der Produzenten und Vertriebe er­ klären sich mit der Tatsache, dass Rundfunkveran­ stalter weltweit zunehmend auf Formate zurück­ greifen. Diese Neuausrichtung wiederum ist die Konsequenz veränderter ökonomischer Rahmenbe­ dingungen sowie zahlreicher Vorteile, die Formate mit sich bringen – manche formatinhärent, andere Resultat der Programmgenres, die Formate abde­ cken und die sich, in vielen Fällen unerwartet, als besonders zuschauergewinnend und -bindend er­ wiesen haben.

Der Großteil der Fernsehmärkte befindet sich seit Beginn dieses Jahrhunderts in einer schwierigen ökonomischen Lage. Nach dem Rückgang der Wer­ beeinnahmen im Gefolge des Crashs der Internet­ blase im Jahr 2000, wurde die kurzfristige Erho­ lung einige Jahre später durch die seit 2007 welt­ weit angespannte Finanz- und Wirtschaftssituation wieder zunichte gemacht. Selbst im Falle einer po­ sitiven Wirtschaftsentwicklung wird in reifen Fern­ sehmärkten jedoch nicht wieder der alte Zustand zurückkehren. Aufgrund der Digitalisierung des Fernsehens wird der relativ konstante Umsatz aus Werbeeinnahmen, Fernsehgebühren und -abonne­ ments auf eine kontinuierlich steigende Zahl von Sendern verteilt, was die Einnahmen jedes einzel­ nen Senders schmälert. Das Wachstum des Werbe­ markts ist möglicherweise auch nicht mehr dem Fernsehen, sondern den neuen Medien vorbehal­ ten.

Fernsehmärkte seit Jahren in ­schwieriger Lage

Das Problem stagnierender oder gar schrumpfen­ der Einnahmen wird verstärkt durch die Tatsache, dass Sender um so mehr gezwungen sind, publi­ kumsattraktive Programme zu senden, je wettbe­ werbsintensiver das Umfeld ist. Meist bedeutet dies höhere Programmausgaben. In der Finanzierung entsteht nun eine Zwickmühle: Während sich kost­ spielige Produktionen fast nur noch auf dem inter­ nationalen Markt finanzieren lassen, führen die er­ höhten Ausgaben für (die als notwendig betrachte­ ten) lokalen Produktionen zu einem Rückgang an Lizenzverkäufen, was sich negativ auf die interna­ tionale Finanzierung auswirkt. Statistiken der Euro­ päischen Audiovisuellen Informationsstelle verzeich­ nen eine, wenn auch nur leichte, Abnahme des An­ teils amerikanischer Fiction in den Programmsche­ mata europäischer Fernsehsender. Statistiken für Großbritannien, dem zweitgrößten Exportland von Fernsehprogrammen, zeigen, dass der britische Verkauf von fertigen Programmen („off-the-shelf“) seit Jahren rückläufig ist. In 2007 betrug dagegen der Anteil von Formaten am gesamten britischen Export audiovisueller Programme bereits 41 Pro­ zent. (25)

Intensiver Wettbe­ werb fördert Bedarf an publikumsattrak­ tiven Programmen

Das Dreifachproblem stagnierender oder gar sin­ kender Werbeeinnahmen und sinkender Einnah­ men aus internationalen Lizenzverkäufen fertiger Programme bei gleichzeitig steigenden Produk­ tionskosten bedeutet, dass die alten Geschäftsmo­ delle unzureichend geworden sind. Neue Einnah­ mequellen müssen erschlossen und die Kosten für Eigenproduktionen gesenkt werden, möglichst ohne Einschaltquoten einzubüßen. Erfolgreiche Formate haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sie bei­ des, neue Einnahmequellen und hohe Zuschauer­ quoten bei durchschnittlich geringeren Kosten, bie­ ten können.

Dreifachproblem: stagnierende ­Werbeeinnahmen, sinkende Programm­ verkäufe, steigende Produktionskosten

Formate, so haben auch die Interviews im Rahmen der vorliegenden Studie gezeigt (26), bieten eine Reihe von Vorteilen, sowohl für Rundfunkveran­ stalter als auch Produzenten. Für Sender ist vorteil­ haft, dass sich diese Produktionen bereits in ande­ ren Märkten als erfolgreich erwiesen haben und

Formate bieten ­Potenzial zur Mini­ mierung des Risikos

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Anzahl an Formaten im deutschen Fernsehen 2008 und 2009 3 ..............................................................................................................................................................................................................



ARD ZDF RTL Sat.1 ProSieben Öff.-Rechtl. Private 2008 2009 2008 2009 2008 2009 2008 2009 2008 2009 2008 2009 2008 2009

Format mögliches Format

1 4

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2 3

2 0

3 18 16 18 16 12 17 0   4   7   2   1   1   1

3 4

5 48 49 3   7   9

Quelle: Esser, Andrea: Formatanalyse 2008 und 2009.

somit eine Risikominimierung bieten. Auch errei­ chen Formate, als oft lang laufende wöchentliche oder tägliche Sendungen, eine höhere Zuschauer­ bindung als Filme, Dokumentationen und selbst als auf zwei Dutzend oder weniger Episoden be­ grenzte Serien. Viele Formate (z. B. „Big Brother“ oder „Wer wird Millionär?“) haben sich als erfolg­ reich erwiesen, was Zusatzeinnahmen durch SpinOffs, Merchandising und Call Media betrifft – Ein­ künfte, die bei fertiger Lizenzware nicht gegeben sind. Dazu kommen oft bessere Möglichkeiten, Einkommen durch Sponsoring zu steigern, wie das Beispiel von „Germany’s Next Top Model“ gezeigt hat. Zukünftig könnte vermehrt auch Product Placement, legalisiert für Unterhaltungssendungen, Serien, Spielfilme und Sportsendungen durch den im April 2010 in Kraft getretenen 13. Rundfunkän­ derungsstaatsvertrag eine Rolle spielen. Für Sender sind Formate weiterhin vorteilhaft, weil sie den Pool an kreativem Talent vergrößern und weil sie wesentlich schneller produziert wer­ den können als neue Eigenentwicklungen, was be­ deutet, dass sie Lücken im Programm verhältnis­ mäßig rasch füllen können. Nicht zuletzt ermög­ licht der Einsatz von Formaten einen hohen Anteil an populären „lokalen“ Programmen und hilft Sen­ dern, europäische Produktionsquoten zu erfüllen.

seltenen) Falle eines wahrhaft internationalen Er­ folgs übertreffen die Einnahmen bei weitem das, was nicht-amerikanische Produzenten selbst mit internationalen Rechten fertiger Programme errei­ chen können. Zudem bedeutet das Formatgeschäft, dass auch kleine Produzenten mit geringeren Fi­ nanzmitteln eine Chance haben, Programme für den internationalen Markt zu entwickeln. Der Schutz des geistigen Eigentums ist für sie allerdings schwie­ riger. Es fehlen die Überwachungsmöglichkeiten, die Finanzmittel und das Heer an hausinternen Anwälten, um international die eigenen Interessen ebenso wirksam zu verteidigen, wie es den großen Konzernen möglich ist.

Vorteil für Produzen­ ten: Formate lassen sich leichter verkaufen

Nicht nur Sender, sondern auch Produzenten profi­ tieren vom wachsenden Formatgeschäft. Laut Inter­ views profitieren Produzenten als Format-Lizenz­ nehmer dadurch, dass Senderverantwortliche leich­ ter von einem Format zu überzeugen sind als von einer Idee, die rein auf dem Papier besteht. Für das Format gibt es einen Piloten oder sogar eine fertig produzierte Sendung mit Zuschauerdaten aus an­ deren Märkten. Zusätzlich profitiert der Lizenzneh­ mer vom Know-how-Transfer, was sich sowohl po­ sitiv auf die Qualität der Produktion auswirken kann als auch auf die Geschwindigkeit, mit der neue Programmtrends bedient werden können. Durch die Konzentrationstendenz und den erstark­ ten Wettbewerb um Formatrechte wird es aller­ dings immer schwieriger für kleine unabhängige Produzenten, Formatrechte für die lokale Adaption zu erwerben. Auch haben Letztere nicht dieselben Möglichkeiten der internationalen Programmbeob­ achtung wie die großen Sender- und Produktions­ netzwerke.

Formate im deutschen Fernsehen

Auch kleinere ­Produzenten haben international eine Chance

Für die Produzenten, die selbst Formate entwickeln, sind die Vorteile finanzieller Natur: Wo sonst nur ihre Produktionsleistung entlohnt wird, wird bei multipler Formatlizenzierung auch die kreative Entwicklungsleistung vergütet. Im (wenn auch eher

Ein letzter Vorteil, sowohl für Produzenten als auch Sender ist die Tatsache, dass man mit Forma­ ten eine starke globale Marke schaffen kann, was in der heutigen Zeit des Informationsüberflusses zunehmend wichtig ist. Das gilt für Produzenten, die ihre Vorschläge Senderverantwortlichen andie­ nen, aber auch für Sender, die ihre Programme dem Publikum schmackhaft machen müssen. Auch lässt sich davon ausgehen, dass globale Unterhal­ tungsmarken – ebenso wie internationale Celebri­ tys aus Sport und Unterhaltung – für global agie­ rende Werbekunden attraktiv sind.

In Deutschland wie auch international ist das For­ matgeschäft und der Einsatz von Formaten in den Programmschemata der Fernsehsender zweifelsfrei gewachsen. Wie groß der Stellenwert von forma­ tierten Programmen heute ist, zeigt die vorliegende Programmanalyse der öffentlich-rechtlichen Sender ARD/Das Erste und ZDF sowie der drei reichwei­ tenstärksten privaten Sender RTL, Sat.1 und Pro­ Sieben. Die Gesamtzahl der von den fünf Sendern in der Primetime ausgestrahlten Formate lag 2008 bei 51, 2009 bei 54. Jedoch wich der Einsatz von Formaten bei den öffentlich-rechtlichen stark von dem der privaten Sender ab. ARD und ZDF sende­ ten 2008 zusammen nur drei und 2009 fünf For­ mate, während die Privaten insgesamt 48 bezie­ hungsweise 49 Formate ausstrahlten (vgl. Tabellen 3 und 4). RTL und Sat.1 lagen gleichauf mit jeweils 18 Formaten in 2008 und 16 in 2009. ProSieben zeichnete sich durch eine markante Steigerung von zwölf auf 17 Formate aus. Alle Sender mit Ausnah­ me des ZDF sendeten außerdem noch eine Reihe „möglicher Formate“, das heißt Programme deut­

Formate können sich zu globalen ­Marken entwickeln

ARD und ZDF nur mit wenigen ­Formaten im Programm

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x

Andrea Esser

508 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Gesendete Formate im deutschen Fernsehen 2008 und 2009 4 ..............................................................................................................................................................................................................

Deutscher Titel Internationaler Titel

Ursprungsland

Sender

Die Große Show der Naturwunder Marienhof Aktenzeichen xy … ungelöst Doktor Martin Wetten, dass . .? Ab durch die Wand Bauer sucht Frau Böse Mädchen Das Supertalent Der Hotel-Inspektor Deutschland sucht den Superstar Die 100.000 Euro Show Die singende Firma Die Super Nanny Die Ultimative Chart Show Doctor’s Diary Erwachsen auf Probe Gute Zeiten, schlechte Zeiten Hausfrauenstreik Ich bin ein Star – Holt mich hier raus Papa gesucht Rach – Der Restauranttester Raus aus den Schulden Schwiegertochter gesucht Teenager außer Kontrolle Wer wird Millionär? Clever – Die Show, die Wissen schafft Das Iteam – Die Jungs an der Maus Das weiß doch jedes Kind! Deal Or No Deal Deutschland wird schwanger Die Abzocker – Das sind ihre Tricks! Die Beste Idee Deutschlands Die Comedy-Falle Die Dreisten Drei – Die Comedy WG Die Superlehrer Geheime Helfer Genial daneben Hilfe! Hochzeit! Die schlimmste Woche meines Lebens Ich Tarzan – Du Jane K 11 – Kommissare Im Einsatz Ladykracher Lenßen & Partner Mensch Markus Mister Perfect – Der Männertest Nur die Liebe zählt Rich List – Jede Antwort zählt Schillerstraße Yes We Can Dance Comedy-Street Das Große Kipp-Roll-Fall Spektakel Die 100 nervigsten … Die einzig wahren Hochzeitscrasher Elton Vs. Simon – Die Show Galileo Germany’s Next Topmodel Gülcan und Collien ziehen aufs Land Mascerade – Deutschland verbiegt sich Popstars

GER GER GER UK GER JAP UK GER USA UK UK NL NL UK GER GER UK AUS UK UK FIN UK GER NL UK UK GER UK USA UK (NL) UK UK NL GER GER SWE UK GER UK NL/GER GER GER GER UK GER NL UK GER UK UK GER GER USA CAN GER USA USA JAP AUS (NZ)

ARD ARD ZDF ZDF ZDF RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 Sat.1 ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben

..............................................................................................................................................................................................................

Nature’s Best Inventions Sotto Casa in Italien Aktenzeichen Xy Doc Martin Wanna Bet . .? Hole In The Wall The Farmer Wants A Wife Nasty Girls Got Talent The Hotel Inspector Idols The 100.000 Euro Show The Singing Office Supernanny The Ultimative Chart Show Doctor’s Diary Baby Borrowers The Restless Years Mum’s On Strike/I Want My Mummy I’m A Celebrity – Get Me Out Of Here! Mum Looks For Love Ramsay’s Kitchen Nightmare Help I’m Broke Who Wants To Marry My Son Brat Camp Who Wants To Be A Millionaire? Clever! The IT-Crowd Are You Smarter Than A Fifth Grader? Deal Or No Deal Make Me A Baby The Real Hustle The Best Idea The Comedy-Trap The Shameless Three Klass 9a The Secret Millionaire Clueless Genius The Worst Week Of My Life Born To Be A Musical Star K11 Ladykracher Lenssen & Partners Hale And Pace Mister Perfect All You Need Is Love The Rich List Schiller Street Let‘s Dance Trigger Happy TV The Big Chain Reaction The Most Annoying Top 100 … The Real Wedding Crashers Kenny VS Spenny Galileo (America’s) Next Top Model The Simple Life Kasou Taishou Popstars

(Fortsetzung nächste Seite)

Formatiertes Fernsehen

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Gesendete Formate im deutschen Fernsehen 2008 und 2009 (Fortsetzung) 4 ..............................................................................................................................................................................................................

Deutscher Titel Internationaler Titel

Ursprungsland

Sender

Schlag den Raab Singing Bee Sommermädchen 2009 Spoons Stars auf Eis Stromberg Superspots Switch Reloaded The Biggest Loser The Next Uri Geller Wipeout – Heul nicht, Lauf!

GER USA GER UK USA UK GER AUS USA ISR USA (Jap)

ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben ProSieben

Mögliche Formate: Berlin, Berlin Das Duell im Ersten Face To Face Ich weiß, wer gut für Dich ist! I Know Who‘s Good For You Quiz mit Jörg Pilawa Türkisch für Anfänger

GER GER GER GER GER

ARD ARD ARD ARD ARD

4 Singles 4 Singles Der Lehrer Die 90er Show Die Ausreißer – Der Weg zurück Einsatz in vier Wänden Einsatz In Vier Wänden Helfer mit Herz Mission Hollywood Mission Hollywood Nachbarschaftsstreit – Kolb greift ein

GER GER GER GER GER GER GER GER

RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL RTL

Anna und die Liebe Gräfin gesucht

Anna Countess Wanted

GER GER

Sat.1 Sat.1

All About Sex – Promis klären auf Das Model und der Freak

All About Sex The Model & The Freak

GER GER

ProSieben ProSieben

..............................................................................................................................................................................................................

Beat Your Host! Singing Bee Summer Girls Spoons Skating With Celebrities The Office Superspots Fast Forward The Biggest Loser The Successor – The Next Uri Geller Wipeout (Takeshi’s Castle)

Quelle: Esser, Andrea: Formatanalyse 2008 und 2009.

schen Ursprungs, für die Adaptionsrechte angebo­ ten werden oder nachgefragt worden sind, die bis­ lang aber noch nicht verkauft wurden. Ergebnisse für Deutschland ­entsprechen FRAPAStudie und Daten aus den USA

Von den insgesamt 70 unterschiedlichen Formaten, die 2008 und 2009 in der Primetime gesendet wur­ den, stammten 23 aus Deutschland, ein weiteres war eine gemeinsame deutsch-niederländische En­ demol-Entwicklung. Aus dem Ausland stammten 46 Formate: 23 aus Großbritannien, neun aus den USA, fünf aus den Niederlanden, drei aus Australi­ en, zwei aus Japan und je ein Format aus Israel, Kanada, Schweden und Finnland. Wenn man von den einheimischen Formaten und dem Fehlen ar­ gentinischer Formate absieht, spiegelt dieses Er­ gebnis in etwa die Befunde der FRAPA-Studie wider. Auch die Ergebnisse einer Programmanaly­ se der fünf US-Networks (ABC, CBS, NBC, Fox, The CW) für die Primetime im Fernsehjahr 2007/2008 wiesen eine ähnliche Bandbreite und Herkunft auf. Von den dort insgesamt 47 in der Primetime ge­ sendeten Formaten stammten, neben den 23 ein­ heimischen, 14 aus Großbritannien, zwei aus den Niederlanden, Schweden und Kolumbien, und je ein Format aus Kanada, Israel, Japan und Frank­ reich. (27)

Bei ARD und ZDF finden wir unter den insgesamt fünf Formaten lediglich eines aus dem Ausland, „Doc Martin“ aus Großbritannien (ITV). Bei den deutschen Privatsendern ist interessant zu sehen, dass ProSieben vergleichsweise wenige Programme aus der Formatschmiede Großbritannien ausstrahl­ te, nur drei von insgesamt 21. Die meisten Formate auf ProSieben kamen aus den USA (7), gefolgt von Deutschland (6). Bei RTL und Sat.1 kam jeweils knapp die Hälfte der Formate aus Großbritannien: zehn von insgesamt 21 bei RTL, neun von 23 bei Sat.1. RTL und Sat.1 unterscheiden sich allerdings, was den Anteil an in Deutschland entwickelten Formaten betrifft: Bei RTL waren es nur vier, bei Sat.1, mit traditionell hohem Anteil an einheimi­ schen Produktionen, waren es neun. Dass einige davon sich nun in der Formatkategorie wiederfin­ den, ist sicherlich auch den erfolgreichen Verkaufs­ bemühungen von SevenOne International zu ver­ danken. Dass RTL die quotenträchtigsten britischen und amerikanischen Formate hat, mag sich zumindest im Fall von „Das Supertalent“, „DSDS“ und „Bauer

Unterschiedliche Herkunft der Formate

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Andrea Esser

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510 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5 Anteile der Formate am Fernsehprogramm in der Primetime 2008 und 2009

19.00 bis 23.00 Uhr, in %

..............................................................................................................................................................................................................



ARD ZDF RTL Sat.1 ProSieben Öff.-Rechtl. Private 2008 2009 2008 2009 2008 2009 2008 2009 2008 2009 2008 2009 2008 2009

..............................................................................................................................................................................................................

Format mögliches Format Nicht-Format Sendedauer gesamt in Std.

0 10 90

1 9 91

2 0 98

3 0 97

32 2 67

33 3 64

27 2 71

32 1 68

38 1 61

41 1 58

1 5 94

2 4 94

32 2 66

35 2 63

1 303 1 306 1 403 1 376 1 150 1 178 1 050 1 028 1 117 1 113 2 706 2 682 3 317 3 318

Quelle: E sser, Andrea: Formatanalyse 2008 und 2009 auf Basis der von Discovery Communications Deutschland bereitgestellten Sendungslisten der AGF/GFK Fernsehforschung (TV Scope, D+EU).

6 Einsatz von Formaten nach Sendemonat 2008 und 2009

19.00 bis 23.00 Uhr, Anteil an der Sendedauer, in %

................................................................................



Öff.-Rechtl. 2008 2009

Private 2008 2009

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

1,2 0,7 2,3 1,4 1,3 0,0 1,3 0,7 0,7 2,8 1,9 1,7

1,9 2,2 2,1 1,8 1,6 4,1 1,0 2,0 1,5 1,9 2,0 1,9

41,1 35,2 33,0 35,1 33,3 24,2 25,8 22,0 30,9 36,0 40,3 30,7

42,5 41,8 37,7 37,9 38,2 31,0 28,8 30,6 33,9 36,5 36,8 29,5

Gesamtjahr

1,3

2,0

32,3

35,4

................................................................................

Quelle: E sser, Andrea: Formatanalyse 2008 und 2009 auf Basis der von Discovery Communications Deutschland bereitgestellten Sendungslisten der AGF/GFK Fern­ sehforschung (TV Scope, D+EU).

Sucht Frau“ durch die Nähe zur Konzernschwester FremantleMedia erklären. Auch ließe sich speku­ lieren, dass RTL durch die langjährige Einbindung in Europas ältestes und größtes Fernsehnetzwerk insgesamt internationaler ausgerichtet ist. Aller­ dings kommt mit Ausnahme der Niederlande und Großbritannien kein Format aus einem der Län­ der, in dem die RTL-Gruppe Fernsehsender be­ treibt. Auch bei der ProSiebenSat.1-Gruppe sind keine Auswirkungen der Fusion mit SBS zu erken­ nen. Dies wäre wahrscheinlich aber auch etwas zu früh erwartet. ProSieben weist höchsten Anteil an Formaten auf

Betrachtet man den Anteil, den Formate an der Sendedauer in der Primetime 2008 und 2009 hat­ ten, so zeigt sich auch hier wieder die starke Diver­ genz zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern. Während ARD und ZDF auf einen Durch­ schnitt von lediglich 1 bzw. 2 Prozent kamen, waren es bei den Privatsendern 32 und 35 Prozent (vgl. Tabelle 5). Interessanterweise entspricht Letz­

teres ziemlich genau dem Durchschnittswert von 33 Prozent, der sich bei der Analyse der fünf ame­ rikanischen Netzwerke ergeben hatte. ProSieben weist mit 38 und 41 Prozent den größ­ ten Sendeanteil an formatierten Programmen auf. An zweiter Stelle liegt RTL mit 32 bzw. 33 Prozent, dicht gefolgt von Sat.1 mit 27 und 32 Prozent. Ver­ gleicht man diese Werte mit der Zahl gesendeter Formate, so fällt auf, dass bei RTL und Sat.1 zwar die Zahl der Formate in 2009 leicht gesunken ist, nicht jedoch ihr Sendeanteil. Untersucht man die Platzierung von Formaten im Jahresverlauf, so zeigt sich, dass es für die öf­ fentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter keine Sai­ sonalität gibt. Bei den Privaten dagegen sieht man einen klaren Zusammenhang zwischen der Bedeu­ tung der einzelnen Kalendermonate im Jahresge­ schäft des Werbezeitenverkaufs und dem, wie die weitere Analyse zeigen wird, quotensteigernden Einsatz zahlreicher Formate. Der höchste Anteil an Formaten im Programm der privaten Sender findet sich im Januar (41,1 % bzw. 42,5 %), dem Monat des Jahres, in dem die Mediaplaner besonders sorg­ sam die Quoten der einzelnen Sendeplätze und ih­ rer Einbuchungen studieren (vgl. Tabelle 6). Nicht nur die Erwartung hoher Einschaltquoten mag hier allerdings ausschlaggebend sein, sondern auch die Tatsache, dass formatierte Programme eine höhere Quotenverlässlichkeit versprechen. Als meist lang laufende und/oder in anderen Märkten getestete Programme lassen sie sich besser kalkulieren als neue Programme und solche mit kurzer Laufzeit. Ebenfalls über dem Jahresdurchschnitt von 32 bzw. 35 Prozent liegen die zuschauerstarken Mona­ te Februar, März, April und Mai, sowie die werbe­ relevanten Vorweihnachtsmonate Oktober und No­ vember. In den werbe- und zuschauerschwachen Monaten Juni, Juli und August dagegen sehen wir in beiden Jahren eine deutliche Verringerung des Sendeanteils von Formaten bei den Privatsendern. Effektivitätsanalyse (28)

Die Erwartungen, die Fernsehverantwortliche an formatierte Fernsehprogramme haben, was Sehbe­ teiligung und Quotenverlässlichkeit anbelangt, scheinen demnach höher zu sein als die an nichtformatierte Programme. Tatsächlich hatte sich bei der Untersuchung der Formate im US-Fernsehen im Programmjahr 2007/2008 gezeigt, dass Formate

Bei Privaten ­saisonale Unter­ schiede beim Einsatz von ­Formaten

Formatiertes Fernsehen

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media perspektiven 11 /2010

7 Anteil der Formate an Sendedauer und Sehbeteiligung 2008 und 2009

Erwachsene 14–49 Jahre, 19.00 bis 23.00 Uhr

.....................................................................................................................................................................................................................................................



ARD Anteil Anteil Sende- Sehbetei- dauer ligung in % in %

ZDF Anteil Anteil Sende- Sehbetei- dauer ligung in % in %

RTL Anteil Anteil Sende- Sehbetei- dauer ligung in % in %

Sat.1 Anteil Anteil Sende- Sehbetei- dauer ligung in % in %

ProSieben Anteil Anteil Sende- Sehbetei- dauer ligung in % in %

Öff.-Rechtl. Anteil Anteil Sende- Sehbetei- dauer ligung in % in %

Private Anteil Sende- dauer in %

2008 Format   0,3   0,3   2,2   5,9 Nicht-Format 90,1 95,7 97,8 94,1

31,5 35,7 66,6 62,3

27,0 21,7 71,2 77,0

38,1 37,4   1,3   3,1 61,3 62,3 94,1 94,9

32,3 33,0 66,3 65,8

2009 Format   0,7   0,6   3,2   7,8 Nicht-Format 90,7 95,4 96,8 92,2

33,1 38,6 63,9 58,4

31,6 24,0 67,8 75,6

41,2 39,4   2,0   4,2 58,1 60,2 93,8 93,8

35,4 35,5 63,2 62,9

Anteil Sehbeteiligung in %

.....................................................................................................................................................................................................................................................

Quelle: E sser, Andrea: Formatanalyse 2008 und 2009 auf Basis der von Discovery Communications Deutschland bereitgestellten Sendungslisten der AGF/GFK Fernsehforschung (TV Scope, D+EU).

überdurchschnittlich effektiv bei der Erzielung von Zuschauerreichweiten gewesen waren. Zwar hatte sich weniger als die Hälfte der gesendeten Formate als effektiv erwiesen, aber zusammengenommen war der Anteil von Formaten an der Sehbeteili­ gung (38 %) deutlich höher als ihr Anteil an der Sendedauer (33 %). Auch für jeden einzelnen USSender hatten sich Formate als effektiv erwiesen. (29) Enorme Zuschauer­ quoten für einzelne Formate

Formate im ­deutschen Fernsehen insgesamt nur leicht effektiv

– allerdings unter­ schiedlich bei ­einzelnen Sendern

Größtenteils war dies den außergewöhnlich hohen Zuschauerquoten einiger besonders erfolgreicher Formate zu verdanken. So wurden die fünf stärks­ ten Formate, „American Idol“, „Moments of Truth“, „Hell’s Kitchen“, „Dancing with the Star“ und „Sur­ vivor“, lediglich von einigen der ganz großen Sportübertragungen, einer Handvoll großer AwardsVeranstaltungen, zwei Spielfilmen und der Serie „Heroes“ übertroffen. Allerdings hatte der Streik der Writers Guild of America auch dazu geführt, dass die Zuschauerquoten einer Reihe von fiktiona­ len Serien (formatierter wie nicht-formatierter) durch die Unterbrechungen und vielen Wiederholungen im Durchschnitt gefallen waren. Bei der Programmanalyse für Deutschland erwie­ sen sich Formate ebenfalls als insgesamt effektiv, aber mit sehr knappem Ergebnis: 2008 hatten For­ mate bei den Privatsendern in der Zielgruppe ­Erwachsene, 14 bis 49 Jahre, einen Anteil an der Sehbeteiligung in der Primetime (19.00 bis 23.00 Uhr) von 33 Prozent bei einem Anteil an der Sen­ dedauer von 32,3 Prozent, 2009 war das Verhältnis 35,5 zu 35,4 Prozent (vgl. Tabelle 7). Bei den öffent­ lich-rechtlichen Sendern zeigte sich eine deutliche­ re Effektivität von Formaten, jedoch sind diese Werte aufgrund der sehr geringen Zahl an Forma­ ten und der Tatsache, dass sich ARD und ZDF nicht an der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen ausrichten, nur sehr eingeschränkt aussagefähig. Auch kommen wir bei der Betrachtung der einzel­ nen Sender zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Während sich Formate bei RTL (und beim ZDF) in ihrer Gesamtheit und gemessen an der Zielgruppe der Erwachsenen zwischen 14 bis 49 Jahren als be­

sonders effektiv erwiesen, zeigten sie sich bei Sat.1, ProSieben (und ARD) als nicht effektiv bzw. neutral. Wie in den USA, so waren auch in Deutschland bei Weitem nicht alle Formate effektiv, einige dafür aber besonders deutlich. (30) Im Falle der öffent­ lich-rechtlichen Sender wollen wir es aufgrund der oben genannten Einschränkung dabei belassen he­ rauszustellen, dass die deutliche Effektivität der Formatkategorie den beiden ZDF-Sendungen „Ak­ tenzeichen xy“ und „Wetten dass . .?“ zu verdanken war, die aufgrund ihres nationalen Zuschauerer­ folgs international als Format nachgefagt wurden. Insbesondere „Wetten dass . .?“ wies eine enorm hohe Effektivität auf. Bei den Privatsendern finden wir vor allem bei RTL Formate mit hoher Effektivi­ tät, allen voran die internationalen Hits „Das Su­ pertalent“, „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“, „Deutschland sucht den Superstar“ und „Bauer sucht Frau“. Auch finden wir bei RTL eine hohe Anzahl an effektiven Formaten, elf von insgesamt 16 im Jahr 2009 (vgl. Tabelle 8). Bei Sat.1 dagegen waren 2009 nur zwei von 16 For­ maten effektiv und auch die nur mäßig: „Schiller­ straße“ und „Nur die Liebe zählt“ lagen lediglich knapp über beziehungsweise auf der Effektivitäts­ grenze (vgl. Tabelle 9). Bei ProSieben waren vier („Germany’s Next Top Model“, „Schlag den Raab“, „Popstars“, „Das große Kipp-Roll-Fall Spektakel“) von 17 Formaten effektiv, diese aber dafür deutlich (vgl. Tabelle 10).

Bei Sat.1 nur zwei von 16 Formaten in 2008 effektiv

Interessant ist dabei, dass sich in den weitaus meis­ ten Fällen jene Formate in Deutschland als deut­ lich effektiv erwiesen haben, die auch international sehr erfolgreich waren, sowohl in Bezug auf Ver­ kauf als auch Zuschauerquoten. Eine genauere Analyse einzelner Formate kann diese Untersu­ chung auf der Makroebene aber nicht leisten. Dazu müssten Informationen über die jeweiligen Sende­ plätze, das Konkurrenzprogramm sowie über ähn­

Keine Aussage über Kosteneffizienz möglich

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Andrea Esser

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512 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8 Effektivität und durchschnittliche Sehbeteiligung der Formate bei RTL 2009

19.00 bis 23.00 Uhr

..............................................................................................................................................................................................................

Anteil an Sendedauer in %

Anteil an Sehbeteiligung Erw. 14–49 J. in %

Effektivität (Anteil Sehbeteil. /Anteil Sendedauer * 100)

durchschnittliche Sehbeteiligung Erw. 14–49 J. in Mio.

..............................................................................................................................................................................................................

Das Supertalent   1,78   3,48 196 Ich bin ein Star – Holt mich hier raus   1,45   2,61 180 Deutschland sucht den Superstar   2,27   3,83 169 Bauer sucht Frau   0,91   1,36 149 Rach – Der Restauranttester   1,33   1,73 130 Raus aus den Schulden   1,91   2,36 124 Wer wird Millionär?   4,75   5,40 114 Teenager außer Kontrolle   0,61   0,66 108 Schwiegertochter gesucht   0,54   0,57 105 Die Super Nanny   1,49   1,50 100 Gute Zeiten, schlechte Zeiten   8,32   8,31 100 Doctor’s Diary   0,52   0,48   92 Die Ultimative Chart Show   5,46   4,89   90 Papa gesucht   0,56   0,48   86 Erwachsen auf Probe   0,63   0,54   85 Der Hotel-Inspektor   0,55   0,36   65

4,02 3,70 3,46 3,07 2,67 2,54 2,33 2,22 2,15 2,06 2,05 1,89 1,84 1,77 1,76 1,34

Gesamt

2,39

33,09

38,56

117

Quelle: E sser, Andrea: Formatanalyse 2008 und 2009 auf Basis der von Discovery Communications Deutschland bereitgestellten Sendungslisten der AGF/GFK Fernsehforschung (TV Scope, D+EU).

9 Effektivität und durchschnittliche Sehbeteiligung der Formate bei Sat.1

2009

19.00 bis 23.00 Uhr

..............................................................................................................................................................................................................

Anteil an Sendedauer in %

Anteil an Sehbeteiligung Erw. 14–49 J. in %

Effektivität (Anteil Sehbeteil. /Anteil Sendedauer * 100)

durchschnittliche Sehbeteiligung Erw. 14–49 J. in Mio.

..............................................................................................................................................................................................................

Schillerstraße   1,31   1,39 106 Nur die Liebe zählt   2,01   2,01 100 Clever – Die Show, die Wissen schafft   1,04   1,00   95 Ladykracher   0,69   0,64   94 Die Superlehrer   0,73   0,59   81 Yes We Can Dance   0,95   0,75   78 Die dreisten Drei – Die Comedy WG   0,66   0,51   78 Genial daneben – Die Comedy Arena   2,26   1,73   76 K 11 – Kommissare im Einsatz 11,28   8,30   74 Deutschland wird schwanger   0,51   0,37   72 Mensch Markus   0,07   0,05   68 Lenßen & Partner   7,71   5,19   67 Geheime Helfer   0,58   0,39   67 Mister Perfect – Der Männertest   0,38   0,25   66 Die Beste Idee Deutschlands   0,71   0,46   65 Die Comedy-Falle   0,72   0,41   57

1,24 1,17 1,11 1,09 0,94 0,91 0,91 0,89 0,86 0,85 0,79 0,79 0,78 0,77 0,76 0,66

Gesamt

0,89

31,63

24,03   76

Quelle: E sser, Andrea: Formatanalyse 2008 und 2009 auf Basis der von Discovery Communications Deutschland bereitgestellten Sendungslisten der AGF/GFK Fernsehforschung (TV Scope, D+EU).

Formatiertes Fernsehen

................................................................................................................................................................

x 513

media perspektiven 11 /2010

0 Effektivität und durchschnittliche Sehbeteiligung der Formate bei ProSieben 2009

19.00 bis 23.00 Uhr

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Anteil an Sendedauer in %

Anteil an Sehbeteiligung Erw. 14–49 J. in %

Effektivität (Anteil Sehbeteil. /Anteil Sendedauer * 100)

durchschnittliche Sehbeteiligung Erw. 14–49 J. in Mio.

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Germany’s Next Topmodel   2,50   4,71 189 Schlag den Raab   2,69   4,29 159 Popstars   2,78   3,39 122 Das große Kipp-Roll-Fall Spektakel   0,32   0,37 116 Wipeout – Heul nicht, Lauf!   0,51   0,50   97 Stromberg   0,27   0,25   94 The Biggest Loser   0,90   0,78   87 Die 100 Nervigsten …   0,13   0,11   84 The Next Uri Geller   1,24   1,04   83 Elton Vs. Simon – Die Show   0,42   0,35   83 Galileo 26,06 21,36   82 Mascerade – Deutschland verbiegt sich   0,45   0,37   82 Switch Reloaded   0,83   0,57   69 Comedy-Street   0,46   0,32   69 Sommermädchen 2009   0,90   0,53   59 Die einzig wahren Hochzeitscrasher   0,52   0,29   56 Superspots – Die besten Clips im Umlauf   0,26   0,14   55

2,79 2,35 1,80 1,72 1,43 1,39 1,28 1,24 1,23 1,22 1,21 1,20 1,02 1,02 0,88 0,83 0,81

Gesamt

1,41

41,24

39,37   95

Quelle: E sser, Andrea: Formatanalyse 2008 und 2009 auf Basis der von Discovery Communications Deutschland bereitgestellten Sendungslisten der AGF/GFK Fernsehforschung (TV Scope, D+EU).

liche Formate, die vorher oder in derselben Periode ausgestrahlt wurden, herangezogen werden. Auch Zielgruppenausrichtung, Marketingaufwand und kulturelle Faktoren haben Einfluss auf den Quoten­ erfolg und müssten berücksichtigt werden. Schließ­ lich und letztendlich kann die hier vorgenommene Effektivitätsanalyse keine Aussagen über die Kos­ teneffizienz (31) der einzelnen Formate machen. Ein Programm kann (im Sinne der Zuschauerbetei­ ligung) effektiv aber (ökonomisch) nicht effizient sein und umgekehrt. Fazit Vielschichtige ­Bedeutung ­formatierter ­Programme im Markt

Die Bedeutung von formatierten Programmen in den heutigen Fernseh- und Produktionsmärkten zeigt sich auf verschiedene Weise. Zum einen sehen wir einen hohen Anteil von Formaten in der Prime­ time, über 30 Prozent bei deutschen und amerika­ nischen kommerziellen Sendern. Zum anderen haben die Programmanalysen für Deutschland und auch die USA gezeigt, dass sich eine Reihe von Un­ terhaltungsformaten als besonders zuschauerstark erwiesen hat und selbst kostspielige Fiction quo­ tenmäßig überbietet. „American Idol“ wurde in den USA lediglich von „Superbowl“, „NFC Football“ und den „Academy Awards 2008“ übertroffen, in Deutschland lockten sowohl „Das Supertalent“ als auch „DSDS“ (das deutsche „Idol“), „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ und „Bauer sucht Frau“ im Durchschnitt über drei Millionen Zuschauer (14 bis 49 Jahre) vor die Fernsehbildschirme. Von allen fiktionalen Serien schaffte das nur „Dr. House“. Letztlich wird die Bedeutung von Formaten sicht­ bar durch den merklichen Anstieg des Umsatzvolu­ mens sowie die deutlichen Bestrebungen der gro­

ßen Produktionsfirmen und Vertriebe, ins Format­ geschäft einzusteigen. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation vieler Rundfunkveranstalter und der Notwendigkeit, neue Finanzierungsmodelle zu etablieren, kann davon ausgegangen werden, dass Formate, die zahlreiche Vorteile bieten, auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen werden. Insbesondere das Versprechen der Risikominimierung, zusätzliche Einnahmemöglich­ keiten und die aus verschiedenen Gründen schein­ bar gut funktionierende Kombination aus Impor­ tiertem und Lokalem sind dafür verantwortlich, dass sich Formate fest im Fernsehgeschäft etabliert haben. Internationale Sender- und Produktions­ netzwerke werden das ihre dazu beitragen, dass kommerziell erfolgreiche Programmideen auch wei­ terhin weltweit Verbreitung finden.

Wirtschaftliche ­Probleme der Sender lassen Formate ­attraktiver erscheinen

Positiv an dieser Entwicklung sind der entstandene rege Austausch von Know-how und die Möglich­ keiten, die das Formatgeschäft kleinen, unabhängi­ gen und nicht-amerikanischen Produzenten eröff­ net hat. Allerdings scheinen diese Chancen, zumin­ dest fürs Erstere, bereits wieder zu schrumpfen. Als Lizenznehmer können kleine, unabhängige Produ­ zenten den aufgrund des Erfolgs einiger Formate entstandenen Kampf selbst um lokale Rechte nicht länger aufnehmen. Auch ihre Chancen auf Produk­ tionsverträge für lokale Adaptionen werden ge­ schmälert durch die zwecks Ideensicherung und Gewinnmaximierung entstehenden globalen Pro­

Entstehung globaler Produktions- und Vertriebsnetzwerke

x

Andrea Esser

514 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

duktions- und Vertriebsnetzwerke. Was den Ver­ kauf von Eigenentwicklungen angeht, so mögen auch hier jene Produzenten, die nicht zu einer der großen, finanzstarken Produktions- und Vertriebs­ gruppen gehören, benachteiligt sein. Ihnen werden die Marketingbudgets und die Marktmacht fehlen, die die nun etablierten und auf den Markt drän­ genden Großen mitbringen und, wie auch bereits in der Vergangenheit, erfolgreich einsetzen. Forma­ te haben das internationale Fernsehgeschäft verän­ dert, indem sie neue (nicht-amerikanische) und oft kleine Produzenten ins Scheinwerferlicht befördert haben, und zweifelsohne haben sie das Fernsehen weiter internationalisiert und kommerzialisiert.

Anmerkungen:   1) Vgl. Jäger, Elfi/Sonja Behrens: The FRAPA report 2009 – TV formats to the world. Hürth 2009.   2) Hallenberger, Gerd: Fernsehformate und internationaler ­Formathandel. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2002/2003. Hamburg 2002, S. 130–137.   3) Für die vorliegende Analyse wurde ein Zeitschnitt gewählt, der die höchste Fernsehnutzung aufweist. Er wird im Folgenden als Primetime bezeichnet. Die einzelnen deutschen Sender definieren die Primetime leicht unterschiedlich, aus Gründen der Vergleich­ barkeit wurde jedoch hier eine einheitliche Definition vorgezogen.   4) Ausgewertet wurden hierfür die Sendungslisten der AGF/GFK Fernsehforschung (TV Scope, D+EU). Mein Dank geht an Disco­ very Communications Deutschland, die mir die Daten freund­ licherweise zur Verfügung stellten, sowie an Discoverys Research Director Robert Meeger, der mich bei der Analyse beriet.   5) Die Recherche der einzelnen Titel wurde mittels öffentlich zu­ gänglicher Informationen im Internet sowie direkten Kontakten mit Produzenten, Vertriebsleuten und Senderverantwortlichen durchgeführt. Aufgrund der komplexen Rechteverhältnisse und Zuständigkeiten erwies sich die Zusammenstellung der Daten als relativ schwierig. Fehler sind allein der Autorin zuzuschreiben.   6) Es soll angemerkt werden, dass die Formatkategorie sowohl sol­ che Formate umfasst, die mit einem Auge auf den internationalen Markt konzipiert wurden (also vor allem neuere Formate), als auch solche Programme, die ursprünglich rein für den nationalen Markt konzipiert wurden, sich dann aber aufgrund großen Erfol­ ges als Format ins Ausland verkauften, wie z. B. „Wetten Dass . .?“ oder „Schillerstraße“. Desweiteren finden wir in der Formatkate­ gorie Programme wie „GZSZ“, für die ursprünglich eine Lizenz erworben wurde, die sich aber im Laufe der Zeit immer weiter vom Ursprungsformat entfernt haben. Eine feinere Differenzie­ rung ist aber nicht nur forschnungstechnisch und methodologisch schwierig, sondern würde auch dem Ziel der vorliegenden Ana­ lyse – die Bedeutung des Formathandels sowie die damit verbun­ dene Internationalisierung des Fernsehens in ihren wesentlichen Elementen zu erfassen – zuwiderlaufen.   7) Als Indikator für Zuschauererfolg wurde für die vorliegende Ana­ lyse die Sehbeteiligung dem Marktanteil vorgezogen, da sich ­dieser Wert besser kumulieren und zur Durchschnittsbildung her­ anziehen lässt. Um die kumulierte Sehbeteiligung aller Program­ me (eines Senders) zu berechnen, wurde die Durchschnittsseh­ beteiligung jeder Programmepisode längengewichtet und aufsum­ miert.   8) Die Effektivität ergibt sich aus dem Verhältnis des von einem Pro­ gramm geleisteten Beitrags zur Gesamtsehbeteiligung des ­Senders und seinem Anteil an der gesamten Sendedauer. Zur ein­ facheren Darstellung wurde dieser Quotient mit 100 multipliziert. Ein Indexwert von 100 bzw. über 100 bedeutet, dass ein Programm effektiv ist, ein Wert unter 100 bedeutet, es ist nicht effektiv.   9) Vgl. Jäger/Behrens (Anm. 1), S. 8. 10) Vgl. ebd, S. 13–17. 11) Vgl. Television Research Partnership (TRP): Rights of Passage 2007. London 2008 und FremantleMedia: Variety and talent shows still dominate prime time, but game shows are back with a vengeance. Presseerklärung. London, 4. 1. 2008.

12) Vgl. Allianz Deutscher Produzenten – Film und Fernsehen: ­Aktionsplan 2010 (www.produzentenallianz.de/die-allianz/aktions­ plan-2010.html). Die genauen Terms of Trade mit ARD und ZDF können unter www.produzentenallianz.de/positionen.html ein­ gesehen werden. 13) Vgl. Kretschmer, Martin/Sukhpreet Singh: Exploiting idols: A case study of international TV formats trading in the absence of intel­ lectual property protection. Bournemouth 2009 (http://tvformats. bournemouth.ac.uk/Downloads/Exploiting_Idols.pdf.) 14) Vgl. Mouseler, Virginia, zitiert in: FRAPA Newsletter: The story so far. Hürth, 28. 5. 2009. 15) Die zunehmende Konzentration zeigt sich zum Beispiel in den Listen der Produktionsunternehmen, die jedes Jahr in den statis­ tischen Berichten der Europäischen Audiovisuellen Informations­ stelle veröffentlicht werden, und in den regelmäßigen Beiträgen von Ulrich Pätzold und Horst Röper über den „Fernsehproduk­ tionsmarkt Deutschland“ zuletzt in Media Perspektiven 3/2008. 16) Vgl. Altmeppen, Klaus-Dieter/Katja Lantzsch/Andreas Will: Flow­ ing networks in the entertainment business: organizing interna­ tional TV format trade. In: The International Journal of Media ­Management 9, 3/2007, S. 94–104. 17) Vgl. Europäische Audiovisuelle Informationsstelle: Trends in ­European Television. Straßburg 2008, Band 2, S. 210f. 18) Vgl. FremantleMedia Ltd.: FremantleMedia – Production. London 2009 (http://www.fremantlemedia.com/Production.aspx.). 19) Vgl. Zarges, Torsten: Kress-Saisoncheck 2008/2009 – Grundy LE ist Deutschlands erfolgreichster TV-Produzent. In: Kressreport v. 10. 7. 2009 und Kress-Saisoncheck 2009/2010 – Grundys ­Vorsprung wächst und wächst. In: Kressreport v. 15. 10. 2010, S. 18–20. Vgl. auch Kressreport: Die Top-Leuchttürme strahlen immer heller. In: Kressreport v. 31. 5. 2010. 20) Vgl. Zarges (Anm. 19), S. 18f. 21) Vgl. Kressreport: Studios wollen Serien zu Formaten machen. In: Kressreport v. 16. 4. 2010. 22) Vgl. Television Business International (TBI): Distributor Survey. In: TBI Formats Supplement, Oct/Nov 2008, S. 14f. 23) Vgl. Schmitt, Daniel/Guy Bisson/Christoph Fey: The global trade in television formats. London 2005. 24) Vgl. Jäger/Behrens (Anm. 1), S. 55. 25) Vgl. Television Research Partnership (Anm. 11). 26) Interviewpartner der Autorin waren Holger Rettler (Tresor TV, Köln 2008), John Peek (Tape, London 2009) und Vasha Wallace (FremantleMedia, London 2009). Des Weiteren beruhen diese Aussagen auf Interviews, die Katja Lantzsch für ihre Doktorarbeit „Der Internationale Fernsehformathandel. Akteure, Strategien, Strukturen, Organisationsformen“ Wiesbaden 2008 durchführte (vgl. dort S. 170f. und S. 251). 27) Vgl. Esser, Andrea: Television formats: primetime staple, global market. In: Popular Communication 8, 4/2010, S. 273–292. 28) Es sollte angemerkt werden, dass die hier durchgeführte Effektivi­ tätsanalyse auf Basis der Sehbeteiligung nur ein erster Bewer­ tungsschritt ist, der besonders geeignet ist für Makroanalysen, die zum Ziel haben, ganze Programmkategorien und langlaufende, teils sendeplatzübergreifende Programme zu untersuchen. Weitere Bewertungskriterien werden und sollten hinzugezogen werden, wo Sender spezifische Erwartungen an einzelne Sendeplätze haben. Im Resultat kann dann zum Beipiel ein Programm, das im Durchschnitt aller Programme des Senders schwach abschneidet, auf einem speziellen Sendeplatz gegen starke Konkurrenz trotz­ dem als erfolgreich eingestuft werden. Für Sender sind solche Analysen auf Mikroebene wesentlich. Das Ziel der vorliegenden Analyse war, die Formatkategorie insgesamt in ihrer Effektivität zu bewerten. 29) Vgl. ebd. 30) Hier sei angemerkt, dass die frühen und späten Programme der Primetime einer gewissen Benachteiligung ausgesetzt sind. Da die höchste Sehbeteiligung normalerweise um 21.00 Uhr herum statt­ findet, ist es schwerer für frühe und späte Programme, dieselbe Sehbeteiligung und damit auch dieselbe Effektivität zu erreichen wie ein Programm, das um 21.00 Uhr herum ausgestrahlt wird. Allerdings sollte dies nicht als gravierende Einschränkung gese­ hen werden, da die Quotenerwartung in der Programmplanung berücksichtigt ist. In anderen Worten, es sind die erwartet zu­ schauerstärksten Programme, die zu den wichtigen Zeiten plat­ ziert werden. 31) Eine Effizienzanalyse (anders als die Effektivitätsanalyse) bewertet die Zuschauerleistung eines Programmes in Bezug auf die Pro­ duktionskosten. Da diese Informationen von den Sendern nicht zur Verfügung gestellt werden, konnte eine Effizienzanalyse hier leider nicht durchgeführt werden.  

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media perspektiven 11 /2010