Fokus Mittelstand & Familienunternehmen

Flick Gocke Schaumburg Fokus Mittelstand & Familienunternehmen — Ausgabe 02/2015 Fokus Mittelstand & Familienunternehmen In dieser Ausgabe Editoria...
Author: Lukas Falk
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Flick Gocke Schaumburg Fokus Mittelstand & Familienunternehmen — Ausgabe 02/2015

Fokus Mittelstand & Familienunternehmen

In dieser Ausgabe

Editorial

Berichte

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

Besonderheiten bei der Bewertung von Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

wir freuen uns, Ihnen die zweite Ausgabe unseres „Fokus Mittelstand & Familienunternehmen“ präsentieren zu kön­ nen. Auf die erste Ausgabe haben wir viel positives Feed­ back erhalten – dafür sagen wir herzlich danke. Wir hof­ fen, dass auch diesmal viele interessante Themen für Sie dabei sind.

BFH: Gewerbesteuerlich keine Schachtelstrafe auf Dividenden, die von Organgesellschaften bezogen werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Neuregelung zum Zusammenschluss von Einzelunternehmen und zum Gesellschafterbeitritt in eine Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Die monistische SE im Mittelstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Ausweitung der unternehmerischen Mitbestimmung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Bonn Johanna-Kinkel-Straße 2-4 53175 Bonn Telefon +49 228/95 94-0 [email protected] Frankfurt MesseTurm, Friedrich-Ebert-Anlage 49 60308 Frankfurt a.M. Telefon +49 69/717 03-0 [email protected] Berlin Friedrichstraße 69 10117 Berlin Telefon +49 30/21 00 20-20 [email protected] München Brienner Straße 29 80333 München Telefon +49 89/80 00 16-0 [email protected]

Hamburg Amelungstraße 8–10 20354 Hamburg Telefon +49 40/30  70  85-0 Telefax +49 40/30  70  85-100 [email protected]

Gestaltungsinstrument „Inkongruente Gewinnthesaurierung“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Repräsentanzen:

Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Wien Am Heumarkt 7 1030 Wien Österreich Telefon +43 1/713 08 14 [email protected] Zürich Bahnhofstraße 69a 8001 Zürich Schweiz Telefon +41 44/225 70-10 [email protected]

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Reform der Unternehmens­­erbschaftsteuer: Gesetzentwurf der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Lesen Sie einen Beitrag über aktuelle Entwicklungen bei der Bewertung von Familienunternehmen – ein Thema, das insbesondere nach der anstehenden Reform des Erb­ schaftsteuerrechts stark an Bedeutung gewinnen wird. Auch zu der Reform an sich bringen wir Sie auf den aktu­ ellen Stand. Wir stellen ein für viele Unternehmen erfreu­ liches Urteil des Bundesfinanzhofs vor, bei dem es um Auslandsdividenden geht, die von Organgesellschaften bezogen werden. Ferner erhalten Sie einen Überblick über die geplante Änderung des Umwandlungssteuergesetzes, die den Zusammenschluss von Einzelunternehmen und den Gesellschafterbeitritt zu Personengesellschaften betrifft. Ein häufig nicht beachtetes Gestaltungsmittel für Familienunternehmen im Bereich der unternehmerischen Mitbestimmung ist die monistische SE – wir fassen die Möglichkeiten für Sie zusammen. Außerdem berichten wir über aktuelle Entwicklungen bei der unternehmerischen Mitbestimmung in Deutschland. Wir wünschen viel Vergnügen beim Lesen!

Ihr Team Fokus Mittelstand & Familienunternehmen

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Besonderheiten bei der Bewertung von Familienunternehmen Das Institut der Wirtschaftsprüfer und die Bundessteuerberaterkammer haben sich in den letzten Jahren mit den Besonderheiten bei der Bewertung personenbezogener Unternehmen beschäftigt. Ihre Erkenntnisse haben sie in einem überwiegend gleichlautenden Praxishinweis konkretisiert. Angesichts der darin enthaltenen Ausführungen zur sachgerechten Bewertung inhabergeprägter Unternehmen stellt sich mehr denn je die Frage: Inwieweit kann das – in der Praxis insbesondere bei steuerlichen Bewertungsanlässen verwendete bzw. im Rahmen von gesellschaftsrechtlichen Abfindungsklauseln häufig vorgeschriebene – vereinfachte Ertragswertverfahren (§ 199 BewG ff.) noch zu sachgerechten Ergebnissen führen? Die sachgerechte Berücksichtigung der inhaberbezogenen Einflüsse auf die Ertragskraft stellt einen zentralen Aspekt bei der Bewertung von Familienunternehmen dar. Im Fokus steht die Frage, inwieweit die Ertragskraft losgelöst vom bisherigen Eigentümer übertragbar ist. Der nachfol­ gende Beitrag zeigt auf, wie den Besonderheiten von Familienunternehmen bei der Unternehmensbewertung Rechnung getragen werden kann. Des Weiteren wird der Frage nachgegangen, inwieweit diese Überlegungen im vereinfachten Ertragswertverfahren Eingang finden. Bei der Ableitung objektivierter Unternehmenswerte ist grundsätzlich auf die dem Unternehmen innewohnende und übertragbare Ertragskraft abzustellen. Hierbei wird regelmä­ ßig unterstellt, dass das bisherige Management im Unterneh­ men verbleibt oder ein gleichwertiger Ersatz gefunden wird. Eine Eliminierung personenbezogener Einflüsse auf die finan­ ziellen Überschüsse ist daher regelmäßig nicht notwendig.

Familienunternehmen zeichnen sich jedoch oftmals dadurch aus, dass die Ertragskraft in hohem Maße vom Eigentümer geprägt ist, was sich bspw. in bestimmten Know-how, Fähigkeiten oder Kundenbeziehungen nieder­ schlägt. Wesentliches Merkmal solcher Unternehmen ist insbesondere das Vorhandensein bestimmter immateriel­ ler Faktoren, die durch die prägende Tätigkeit eines oder mehrerer Eigentümer bedingt sind und maßgeblich zum Erfolg dieser Unternehmen beitragen. Familienunterneh­ men verfügen daher oftmals über kein von den Unterneh­ menseignern weitestgehend unabhängiges Management, sondern die Unternehmensführung obliegt in erster Linie den Unternehmenseignern, was sich in vielfältigen Unter­ nehmensbereichen niederschlägt. Soweit wertbestimmende Faktoren für die Erzielung der finanziellen Überschüsse künftig nicht mehr oder nur noch zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen, ist daher die in der Vergangenheit vorhandene Ertragskraft nur partiell oder zeitlich begrenzt übertragbar. Die bewertungsrelevanten Überschüsse sind in einem solchen Fall während der Detailplanungsphase abzuschmelzen. An dieser Stelle sei auch auf die in der Praxis oftmals beob­ achtbaren sog. „KMU-Zuschläge“ auf den Kapitalisierungs­ zinssatz hingewiesen, welche sollen bspw. eine geringe Unternehmensgröße, fehlende Fungibilität, ein erhöhtes Insolvenzrisiko, mangelnde Diversifikation oder eine ausge­ prägte Inhaberbezogenheit berücksichtigen sollen. Die Ermittlung des Risikozuschlags sollte grundsätzlich auf Grundlage des Capital Asset Pricing Model (CAPM) vorge­ nommen werden. Hierbei werden sowohl das operative Risiko als auch das Kapitalstrukturrisiko unternehmensindi­ viduell berücksichtigt. Eine Erhöhung des Kapitalisierungs­ zinssatzes um nicht nachvollziehbare (pauschale)

„KMU-Zuschläge“ steht hingegen nicht im Einklang mit dem CAPM und ist daher nicht mit den Grundsätzen objek­ tivierter Unternehmensbewertung vereinbar. Im Gegensatz zu der oben dargestellten Vorgehensweise zur Ableitung objektivierter Unternehmenswerte zeichnet sich das vereinfachte Ertragswertverfahren (§ 199 BewG ff.) dadurch aus, dass sämtliche Unternehmen über den gleichen „Risikokamm“ geschoren werden. Anstelle einer individuellen Berücksichtigung des operativen Risikos und des Kapitalstrukturrisikos tritt ein gesetzlich vorgeschrie­ bener, pauschaler Zuschlag in Höhe von 4,5%. Es wird somit keine Unterscheidung vorgenommen, ob es sich bei dem Bewertungsobjekt um ein anlagenintensives Unter­ nehmen aus der Automobilbranche, ein IT-Unternehmen oder um ein Unternehmen aus der Energiebranche han­ delt. Weiterhin ist in diesem stark von Typisierungen geprägten Verfahren kein Platz für die sachgerechte Berücksichtigung der inhaberbezogenen Einflüsse auf die Ertragskraft. Eine Abschmelzung der Erträge im Zeitablauf ist hier nicht vorgesehen und methodisch auch nicht umsetzbar. Insbesondere bei Familienunternehmen wird dieses Verfahren daher mehr denn je zu überhöhten Unternehmenswerten führen. Eine Anwendung sollte daher immer kritisch hinterfragt werden. Benjamin Ballhorn Steuerberater [email protected] Jan König Steuerberater, CVA [email protected]

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BFH: Keine Schachtelstrafe auf Dividenden, die von Organgesellschaften bezogen werden Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs sind in bestimmten Konstellationen ausländische Dividenden vollständig von der Gewerbesteuer befreit, das heißt, die faktische Besteuerung von 5% als nicht-abzugsfähige Betriebsausgaben unterbleibt (keine „Schachtelstrafe“). Die Finanzverwaltung hatte dies bislang anders gesehen und in den betreffenden Fällen auf 5% der Dividende Gewerbesteuer erhoben. Soweit die Bescheide verfahrensrechtlich noch änderbar sind, können Steuerpflichtige diese nun zurückverlangen.

Hintergrund dieser weitgehenden Steuerbefreiung ist die Vermeidung einer Doppel- bzw. Mehrfachbesteuerung. Würden die Unternehmensgewinne auf jeder Beteili­ gungsstufe der regulären Steuerbelastung unterworfen, würde dies zu einer Mehrfachbesteuerung derselben Erträge führen. Die Schachtelstrafe kann im inländischen Konzern durch die Bildung einer ertragsteuerlichen Organschaft (also durch Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags) voll­ ständig vermieden werden:

Hintergrund Bezieht eine Kapitalgesellschaft Dividenden von einer anderen Kapitalgesellschaft, so sind diese Dividenden steu­ erfrei, wenn die beziehende Kapitalgesellschaft mindestens 10% (dann körperschaftsteuerbefreit) bzw. 15% (dann zusätzlich gewerbesteuerbefreit) an der ausschüttenden Gesellschaft hält, sog. Schachtelprivileg. Allerdings gelten 5% der Dividende als nicht-abzugsfähige Betriebsausgaben, was die Steuerfreiheit im Ergebnis auf 95% reduziert. Dieser Umstand ist auch als „Schachtelstrafe“ bekannt. Grafisch veranschaulicht (bei einem Gewerbesteuer­ satz von 15% und unter Ver­ nachlässigung des Solidaritäts­ zuschlags):

Dies hilft allerdings dann nicht, wenn eine Organschaft nicht möglich ist. Dies ist insbesondere (zumindest nach gegenwärtiger Gesetzeslage) bei Beteiligung an einer Auslandsgesellschaft nicht möglich. Die Entscheidung des BFH Werden solche ausländischen Beteiligungen allerdings ihrerseits von einer Organgesellschaft gehalten, ist nach neuer Rechtsprechung des BFH (v. 17.12.2014, I R 39/14, DStR 2015, 637) die Schachtelstrafe in der Regel gewer­ besteuerlich nicht anwendbar, sodass sich die Gesamt­ steuerbelastung der Ausschüttung – in Abhängigkeit vom Gewerbesteuerhebesatz – auf etwa die Hälfte ver­ mindert. Gemeint ist beispielsweise folgende Konstella­ tion:

Der Grund für dieses – vom Gesetzgeber wohl nicht beab­ sichtigte – Ergebnis ist die Technik der gewerbesteuerli­ chen Gewinnermittlung bei der Organgesellschaft. Voraus­ setzung für den Steuervorteil ist, dass das sog. gewerbesteuerliche Schachtelprivileg greift. Das setzt in nationalen Fällen (wenn die ausschüttende Gesellschaft eine deutsche Gesellschaft ist, also statt der E-Ltd. bspw. eine E GmbH) eine Mindestbeteiligung von 15% voraus. Bei Beteiligungen an Gesellschaften, die grds. unter die Mut­ ter-Tochter-Richtlinie fallen (d.h. Kapitalgesellschaften in der EU bzw. im EWR), ist eine Mindestbeteiligung von 10% erforderlich. Bei Beteiligungen an Drittstaatengesellschaf­ ten ist dagegen über eine 15%ige Mindestbeteiligung hin­ aus (vereinfacht) erforderlich, dass die Auslandsgesell­ schaft ausschließlich oder fast ausschließlich aktive Einkünfte i.S.d. Außensteuergesetzes bezieht. Sind Betriebsausgaben abziehbar? Nicht thematisieren musste der BFH die Frage, ob Betriebsausgaben der inländischen Organgesellschaft im Zusammenhang mit der Beteiligung an der

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ausschüttenden Auslandsgesellschaft steuerlich geltend gemacht werden können. Dies betrifft z.B. Finanzierungs­ aufwand für die Anschaffung der Beteiligung. In den Ver­ anlagungszeiträumen vor 2004 und 2005 ist dies vollum­ fänglich der Fall. In den Jahren ab 2006 sollte dies im Ergebnis zumindest weitestgehend der Fall sein, nämlich i.H.v. 95%. Auch dies hat seine Ursache in der besonderen gewerbesteuerlichen Gewinnermittlung in der Organschaft. Was sollten betroffene Unternehmen tun? Liegt eine der dargestellten Konstellationen vor und sind die Bescheide verfahrensrechtlich noch offen, sollten Steu­ erpflichtige die Änderung der Bescheide verlangen. Wie im Einzelfall verfahrensrechtlich vorzugehen ist, hängt von der jeweiligen Situation ab. In ein laufendes Einspruchs­ verfahren kann dieser Aspekt durch einen Schriftsatz ein­ gebracht werden; ebenfalls möglich ist eine Aufnahme im Rahmen einer Betriebsprüfung. Die dargestellten Grundsätze gelten für alle Fälle seit dem Veranlagungszeitraum 2004. Für die Jahre zuvor bestehen je nach Konstellation Besonderheiten. Aber auch insoweit kann sich – insbesondere im Zusammenhang mit Aus­ landsdividenden – erhebliches Steuerminderungspotential ergeben. Dr. Jens Schönfeld Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht [email protected] Dr. Malte Bergmann, LL.M. Rechtsanwalt [email protected]

Neuregelung zum Zusammenschluss von Einzelunternehmen und zum Gesellschafterbeitritt in eine Personengesellschaft

a) 25 Prozent des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder b) EUR 300 000, höchstens jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens.“

Der Entwurf des Zollkodexanpassungsgesetzes (ZKAnpG) sieht auch eine Änderung des § 24 UmwStG vor. Die Norm wird unter anderem relevant, wenn sich Einzel­unter­neh­men zu einer Personengesellschaft zusammenschließen oder wenn neue Gesellschafter in eine bestehende Personengesellschaft gegen Einlage von Wirtschaftsgütern eintreten. Häufig erhalten die neuen Gesellschafter im Zuge der Einbringung ein sog. Mischentgelt, das sich aus Gesellschaftsrechten an der aufnehmenden Gesellschaft und sonstigen Gegenleistungen – also Geld, Forderungen etc. – zusammensetzt. Überschreiten die sonstigen Gegenleistungen eine bestimmte Höhe, entsteht ein zu versteuernder Einbringungsgewinn. Das angedachte ZKAnpG zieht die Grenzen neu, bis zu denen sonstige Gegenleistungen steuerunschädlich gewährt werden können. Da die geplante Änderung rückwirkend zum 1.1.2015 in Kraft treten soll, ist es bei Einbringungsvorhaben schon jetzt angezeigt, neu Maß zu nehmen.

Bisher beurteilten der Bundesfinanzhof (BFH v. 18.09.2013, X R 42/10, BFH/NV 2013, 2006) und die Finanzverwaltung (Rn. 24.07 UmwSt-Erlass 2011) sonstige Gegenleistungen unterschiedlich. Der BFH wandte die für den Steuerpflichtigen günstige sog. Einheitstheorie an, die Finanzverwaltung dagegen die sog. Trennungstheo­ rie, die schneller zu einem steuerpflichtigen Einbrin­ gungsgewinn führt.

Die geplante Änderung des § 24 UmwStG Nach dem ZKAnpG-Entwurf soll § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG um eine neue Nr. 2 ergänzt werden, die bestimmt, dass der Buchwertansatz des übernommenen Betriebsvermögens auf Antrag nur soweit möglich ist, wie „der gemeine Wert von sonstigen Gegenleistungen, die neben den neuen Gesellschaftsanteilen gewährt werden, nicht mehr beträgt als

Einordnung und Grundlagen

Bei sonstigen Gegenleistungen bis EUR 300.000 und einem ausreichend hohen Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens ergibt sich kein Einbringungsgewinn. Das Ergebnis entspricht demjenigen der Einheitstheorie. Sofern die 25%-Quote zur Anwendung kommt, wird die Einheitstheorie einschränkend modifiziert. Das Ergebnis nähert sich dann der bislang durch die Verwaltung vertre­ tenen Trennungstheorie an. Was als Gegenleistung i.S.d. § 24 UmwStG anzusehen ist, ist teilweise strittig. Bei der Gewährung von Wirtschafts­ gütern durch den übernehmender Rechtsträger handelt es sich in jedem Fall um eine Gegenleistung. Dagegen ist es fraglich, ob auch Zuwendungen durch die Mitgesell­ schafter als Gegenleistungen im Sinne der Regelung anzusehen sind. Seitens des Einbringenden dürfte es unbeachtlich sein, ob die sonstige Gegenleistung in sein Privatvermögen, sein Sonderbetriebsvermögen oder in ein anderes ihm zuzuordnendes Betriebsvermögen gelangt.

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Einbringungen von Einzelunternehmen, Betrieben oder Teilbetrieben Sofern die Einbringung allein gegen Gesellschaftsrechte an der aufnehmenden Personengesellschaft erfolgt, ist der Anwendungsbereich der neuen „Soweit-Bedingung“ bereits dem Grunde nach nicht eröffnet. Falls eine sons­ tige Gegenleistung vereinbart werden soll, gilt es zur Abschätzung der Steuerkonsequenzen zweierlei zu ermit­ teln: erstens den als Bemessungsgrundlage der neuen „Soweit-Bedingung“ angelegten Buchwert des einge­ brachten Betriebsvermögens; und zweitens, was über­ haupt zu der „sonstigen Gegenleistung“ i.S.d. Gesetzes rechnet. Für die Beantwortung beider Fragen ist insbeson­ dere die Beurteilung von Sonderbetriebsvermögen (kurz: SBV) relevant. Wie bislang kann der Einbringende unschädlich Wirt­ schaftsgüter in seinem SBV bei der aufnehmenden Gesell­ schaft zurückbehalten. In so einem Zurückbehalt ist also keine sonstige Gegenleistung zu sehen. Die in das SBV überführten Wirtschaftsgüter sollten ein Teil der Bemes­ sungsgrundlage für die 25%-Quote sein. Sie erhöhen somit die Grenze, bis zu der sonstige Gegenleistungen steuerunschädlich bleiben. Wird dem Einbringenden durch die aufnehmende Gesell­ schaft ein Darlehen gewährt, hat er dies ebenfalls in sei­ nem SBV zu erfassen. Ein solches Darlehen ist laut Auffas­ sung des Bundesfinanzhofs (BFH v. 18.09.2013, s.o.) eine sonstige Gegenleistung. Dies dürfte auch unter dem neu angedachten § 24 UmwStG weiter gelten. Einbringungen von Mitunternehmeranteilen Wird statt eines Einzelunternehmens ein Mitunternehmer­ anteil eingebracht, entsteht eine Doppelstockstruktur aus

zwei Personengesellschaften. Mit einem Mitunternehmer­ anteil als Ausgangsbasis kann bereits vor der Einbringung ein funktional notwendiges SBV bestehen. Damit § 24 UmwStG in solchen Fällen sicher greifen kann, sollten die SBV-Wirtschaftsgüter zu Gesamthandsvermögen oder SBV der aufnehmenden Gesellschaft werden. Einen Verbleib der Wirtschaftsgüter im SBV der Mitunternehmerschaft, deren Anteil eingebracht werden soll, gilt es zu vermeiden. Diese Ausführungen gelten auch für den Fall, dass der Ein­ bringende in der Ausgangslage bereits eine Forderung gegen die Personengesellschaft in seinem SBV hat, deren Anteil er übertragen möchte. Solche im alten SBV befindli­ chen Gesellschafterforderungen sollten nach der Einbrin­ gung im neuen Gesamthands- oder Sonderbetriebsver­ mögen fortführbar sein, ohne dass darin eine sonstige Gegenleistung zu sehen ist. Die Bemessungsgrundlage der 25%-Grenze für etwaige zusätzliche Gegenleistungen setzt sich zusammen aus dem gesamten auf die aufnehmende Gesellschaft übertra­ genen Vermögen (Mitunternehmeranteil inkl. SBV). Bei bestehenden Forderungen des Einbringenden gegen die zu übertragende Mitunternehmerschaft zählt die Forde­ rung im Sonderbetriebsvermögen zu der Bemessungs­ grundlage der 25%-Grenze. Prof. Dr. Matthias Rogall Steuerberater [email protected] Dr. Daniel Dreßler Steuerberater [email protected]

Die monistische SE im Mittelstand Mit der Europäische Aktiengesellschaft (Socieatas Europaea, SE) können Unternehmen die europäische Rechtsform einer Aktiengesellschaft wählen, die ent­ weder das in Deutschland vorherrschende dualistische Leitungssystem mit Vorstand und Aufsichtsrat aufweist oder aber über eine sog. monistische Führungsstruktur mit nur einem einheitlichen Leitungsorgan verfügt. Während bei Großunternehmen mit paritätischer Mit­ bestimmung das aus der angelsächsischen Rechts­ tradition stammende monistische Leitungssystem auf Zurückhaltung stößt, erfreut sich die monistische SE im deutschen Mittelstand immer größerer Beliebtheit. Grundlagen der SE Die SE ist eine sog. supranationale Rechtsform, die neben die nationale Aktiengesellschaft tritt. Auf eine SE mit Sitz in Deutschland findet daher neben der (euro­ päischen) SE-Verordnung (SE-VO) und deren deutschen Ausfüh­rungs­­gesetzen (SE-Ausführungsgesetz (SEAG) und SE-Beteili­gungs­gesetz (SEBG)) sekundär auch das für eine deutsche Aktiengesellschaft geltende Recht Anwen­dung (AktG, HGB, UmwG, WpHG etc.). Die verschiedenen Gründungs­mög­lichkeiten für eine SE sind in der SE-VO abschließend geregelt. In der Praxis findet sich besonders häufig die form­wechselnde Umwandlung einer beste­henden Aktien­gesell­schaft, die seit mindestens zwei Jahren über eine Toch­ter­gesellschaft im EU-Ausland verfügen muss. Die SE hat mit EUR 120.000 ein im Ver­ gleich zur Aktiengesellschaft zwar etwas höheres Mindest­ grund­ka­pital, anders als nationale Aktiengesell­schaften kann sie ihren Sitz aber bei Bedarf in einen anderen EU-Mitgliedstaat verlegen. Neben der bereits aus der

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Rechts­form ersicht­lichen Internationalität und einer möglichen Verkleinerung des Aufsichtsrats dürfte auch die Möglichkeit, das beste­hende Mitbestimmungsniveau von bislang nicht oder nur drittelparitätisch mitbestimmten Gesellschaften „einzu­frieren“, die SE für den deutschen Mittelstand interessant machen, denn die Aufsichts­zu­sam­ mensetzung kann grund­sätzlich mit den Arbeit­neh­mer­ vertretern frei ausgehandelt werden. Vorteile für mitteständische und Familienunternehmen Für mittelständische, insb. inhabergeführte Unternehmen sowie Familiengesellschaften bietet die SE einen darüber hinausgehenden weiteren besonderen Vorteil gegenüber einer deutschen Aktiengesellschaft: Anstelle der für die Aktiengesellschaft zwingenden Trennung von Unterneh­ mensleitung (Vorstand) und Überwachung (Aufsichtsrat) kann sich die Gesellschaft ein einheitliches Leitungsorgan (Verwaltungsrat) geben. Dem Verwaltungsrat obliegt die (Ober-)Leitung der Gesellschaft. Er bestimmt die Grundli­ nien der Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung. Eine Mindestgröße für den Verwaltungsrat ist nicht vorgese­ hen. Die Geschäftsführung, d.h. das Tagesgeschäft sowie die Vertretung der Gesellschaft obliegen hingegen den geschäftsführenden Direktoren. Geschäftsführende Direk­ toren müssen nicht, können aber zugleich Verwaltungs­ ratsmitglieder sein, sofern die Mehrheit des Verwaltungs­ rats aus nicht geschäftsführenden Mitgliedern besteht. Gegenüber den geschäftsführenden Direktoren ist der Verwaltungsrat allerdings in jedem Falle weisungsberech­ tigt. Die Stellung von geschäftsführenden Direktoren ent­ spricht daher eher derjenigen von weisungsgebundenen GmbH-Geschäftsführern als der Stellung von wei­ sungsunabhängigen AG-Vorständen. Der Verwaltungsrat einer SE kann somit anders als der Aufsichtsrat einer

Aktiengesellschaft den geschäftsführenden Direktoren Weisungen in allen Fragen der Geschäftsführung erteilen. Damit erweist sich die monistische SE insb. für inhaberge­ führte mittelständische Unternehmen als eine überaus geeignete Rechtsform. Die monistische SE verbindet die allgemeinen SE-spezifischen Vorzüge (Internationalität, Mobilität, flexible Mitbestimmung) mit den Vorzügen einer Aktiengesellschaft und GmbH. So kann die SE als haftungs­ begrenzte Kapitalgesellschaft wie eine Aktiengesellschaft Anteile (Aktien) ohne unmittelbare Mitspracherechte aus­ geben, während in der GmbH auch Minder­heits­gesell­ schafter über z.T. weitgehende und nicht beschränkbare Beteiligungsrechte verfügen. Die Aktien der SE können dabei sowohl als stimmberech­ tigte Stamm- als auch als stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden, so dass bereits die Mehrheit der Stammaktien für die Beherrschung der Gesellschaft genügt. Anders als bei der GmbH ist auch eine bedingte Kapitalerhöhung zulässig, die die Ausgabe von Aktienop­ tionen und Wandelschuldverschreibungen zur Inzentivie­ rung des Managements und von Mitarbeitern sowie eine Eigenkapital schonende Unternehmensfinanzierung und Beteiligung von Dritten ermöglicht. Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft und dualistischen SE kann bei der monistischen SE ein Unternehmensgründer oder Mehrheitsaktionär sogar über einen ggf. mit nur einer Person besetzten Verwaltungsrat unmittelbar die Geschi­ cke der Gesellschaft leiten, ohne selbst für das Tagesge­ schäft verantwortlich zu sein oder aber über den Auf­ sichtsrat nur mittelbaren Einfluss ausüben zu können. Anders als bei der GmbH ist der Verwaltungsrat der monistischen SE dabei nicht auf die Einbindung sämtlicher Anteilseigner angewiesen. Schließlich lässt sich – wie

eingangs schon angedeutet – über die Wahl der neuen Rechtsform, soweit die Gesellschaft vor ihrer Umwandlung in eine SE nicht oder nur nach den Vorschriften des Drit­ telbG mitbestimmt war, quasi nebenbei die Einführung bzw. Ausweitung der Mitbestimmung im Verhandlungs­ verfahren dauerhaft verhindern. Dr. Michael Erkens Rechtsanwalt, Steuerberater [email protected] Stefan Thilo Rechtsanwalt [email protected]

Ausweitung der unternehmerischen Mitbestimmung? Vielen mittelständischen, insbesondere inhabergeführten Unternehmen ist die unternehmerische Mitbestimmung ein Dorn im Auge. Sie suchen daher nach Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen die Einrichtung eines mitbestimmten Aufsichtsrats vermieden werden kann. Neben der Wahl einer mitbestimmungsfreien Rechtsform wie der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) ist die Verlagerung des operativen Wachstums ins Ausland ein häufig gewähltes Mittel, um die für die unternehmerische Mitbestimmung relevanten Schwellenwerte im Inland zu vermeiden. Eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt a.M. hat diese Praxis nun in Frage gestellt.

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Die Voraussetzungen, unter denen Arbeitnehmer ein Recht auf unternehmerische Mitbestimmung im Aufsichts­ rat haben, sind im Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) und im Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) geregelt. Diese Gesetze greifen nur für Unternehmen mit einer bestimm­ ten Rechtsform ein, darunter die AG und die GmbH. Außerdem muss die Arbeitnehmerzahl des betreffenden Unternehmens inkl. der ihnen zuzurechnenden Arbeitneh­ mer anderer Konzerngesellschaften einen Schwellenwert erreicht haben, der für die Mitbestimmung nach dem Drit­ telbG bei i.d.R. mehr als 500 Arbeitnehmern und für die Mitbestimmung nach dem MitbestG bei i.d.R. mehr als 2.000 Arbeitnehmern liegt. Weder das DrittelbG noch das MitbestG trifft eine ausdrückliche Aussage dazu, ob die Regelungen für die Ermittlung dieser Schwellenwerte auch auf im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer Anwen­ dung finden oder auf das Inland beschränkt sind. Nach bislang einhelliger Ansicht war von einer Beschrän­ kung auf im Inland beschäftigte Arbeitnehmer auszuge­ hen. Auch der Gesetzgeber hat sich im Gesetzgebungs­ verfahren zum MitbestG ausdrücklich gegen eine Einbeziehung von Arbeitnehmern ausländischer Konzern­ gesellschaften ausgesprochen. In einer Entscheidung vom 16.02.2015 hat das LG Frank­ furt a.M. nunmehr die Ansicht vertreten, dass auch die bei Konzernunternehmen im Ausland beschäftigten Arbeit­ nehmer bei der Berechnung der maßgeblichen Schwel­ lenwerte zu berücksichtigen seien. Gegenstand des Rechtsstreits war der Antrag eines Aktionärs der Deut­ sche Börse AG auf Überprüfung der Zusammensetzung ihres Aufsichtsrats im Rahmen eines sog. Statusverfah­ rens gemäß § 98 AktG. Das Gericht argumentierte, eine Beschränkung der Regeln über die

Unternehmensmitbestimmung auf im Inland beschäftigte Arbeitnehmer finde im Gesetz keinen Ausdruck; einen eigenen mitbestimmungsrechtlichen Konzernbegriff gebe es nicht. Auch die Arbeitnehmer ausländischer Konzern­ unternehmen seien daher bei der Frage, wie sich der Auf­ sichtsrat zusammenzusetzen habe, zu berücksichtigen. Dies gelte jedenfalls für in der EU gelegene Konzernun­ ternehmen, da anderenfalls ein Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot vorläge. Die Entscheidung des LG Frankfurt a.M. wird in der juristi­ schen Fachliteratur ganz überwiegend abgelehnt. Gegen die Ansicht des Gerichts spricht insb. das für den deut­ schen Gesetzgeber geltende Territorialitätsprinzip, was sich auch bei der Regelung zur Konzernzurechnung nach § 2 Abs. 2 DrittelbG zeigt. Danach sind für die Schwellen­ wertermittlung nur mit einem Beherrschungsvertrag angebundene oder eingegliederte Konzernunternehmen zu berücksichtigen. Da diese konzernrechtlichen Vor­ schriften aber nur auf abhängige Unternehmen mit Sitz im Inland Anwendung finden, können insoweit auch nur deren Arbeitnehmer zur Ermittlung der Schwellenwerte herangezogen werden. Dieses territoriale Verständnis ist auch beim MitbestG zugrunde zu legen, auch wenn dieses für die Zurechnung bereits ein faktisches Konzernverhältnis ausreichen lässt. Andernfalls hätte dies zur Folge, dass DrittelbG und Mit­ bestG räumlich gesehen insoweit einen unterschiedlich weiten Anwendungsbereich hätten. In dieselbe Richtung geht auch eine Entscheidung des LG Berlin vom 01.06.2015 zu der Frage des Wahlrechts in ausländischen Betrieben tätiger Arbeitnehmer bei in Deutschland statt­ findenden Aufsichtsratswahlen. Das LG Berlin stellt sich hier auf den Standpunkt, solche Arbeitnehmer seien von

der unternehmerischen Mitbestimmung ausgeschlossen, da die Mitbestimmungsgesetze das Wahlverfahren auf betrieblicher Ebene verankern würden. Sollte sich die von dem LG Frankfurt a. M. vertretene Ansicht durchsetzen, hätte dies erhebliche Bedeutung für eine Vielzahl von deutschen Unternehmen. Unternehmen, die in der Vergangenheit durch SE-Gründung oder Ver­ schmelzung nach dem MgVG vermeintlich einen mitbe­ stimmungsfreien Zustand „eingefroren“ haben, müssten die Auswirkungen auf bestehende Beteiligungsvereinba­ rungen überprüfen. Ebenso wären bisherige Verlagerun­ gen des Unternehmenswachstums jedenfalls ins grenz­ nahe EU-Ausland als Mitbestimmungsvermeidungsstrategie auf den Prüfstand zu stellen. Dr. Jan C. Giedinghagen, LL.M. Rechtsanwalt [email protected] Maximiliane Kempermann Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht [email protected]

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Gestaltungsinstrument „Inkongruente Gewinnthesaurierung“ Der Auskehrung von Liquidität von der Gesellschafts- auf die Gesellschafterebene können verschiedene Motive zu Grunde liegen, beispielsweise die Finanzierung privater Investitionen, die Herausnahme von Vermögen aus GmbH als Haftungseinheit, die Reduzierung des [Substanz-] Wertes der GmbH oder die Vorbereitung des Wegzugs eines Gesellschafters oder einer Unternehmensnachfolge. Dabei soll ein „Cash-Out“ häufig nur zu Gunsten eines bestimmten Familiengesellschafters erfolgen – nicht (quotal) an alle Gesellschafter. Eine Umsetzung der Transaktion kann (in Abhängigkeit vom Einzelfall) in Form einer inkongruenten Gewinnausschüttung erfolgen. Die inkongruente Gewinnausschüttung einer GmbH ist zulässig, wenn dies im Gesellschaftsvertrag geregelt ist (§ 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG; ggf. Aufnahme einer Öffnungs­ klausel in den Gesellschaftsvertrag). Ertragsteuerlich sind inkongruente Gewinnausschüttungen, die auf Grundlage des Gesellschaftsvertrages oder gesellschaftsvertraglicher Öffnungsklauseln erfolgen, von der Rechtsprechung aner­ kannt (m.w.N. BFH v. 4.12.2014, IV R 28/11, BFH/NV 2015, 495). Die (inkongruent) ausgeschütteten Gewinne werden steuerlich dem Gesellschafter zugerechnet, dem sie zuflie­ ßen (§ 20 Abs. 5 EStG). Die Zustimmung zu einer von den Beteiligungsverhältnissen abweichenden Gewinnausschüt­ tung hat keine Besteuerung nicht zugeflossener Kapitaler­ träge bei den benachteiligten Gesellschaftern zur Folge. Die Finanzverwaltung hat sich (im BMF-Schreiben v. 17.12.2013, BStBl. I 2014, 63) der Auffassung der

Rechtsprechung angeschlossen, dass zivilrechtlich wirk­ same und auf Grundlage der Satzung, des Gesellschafts­ vertrages oder einer gesellschaftsvertraglichen Öffnungs­ klausel erfolgende inkongruente Gewinnausschüttungen unter Beachtung der Grundsätze des Missbrauchs rechtli­ cher Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO anzuerken­ nen sind. Vom Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs i.S.d. § 42 AO sei nicht auszugehen, wenn für die vom gesetzlichen Gewinnverteilungsschlüssel abweichende Gewinnverteilung beachtliche wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe nachgewiesen werden können. Solche Gründe können, ohne dass die Finanzverwaltung dies voraussetzt, u.a. besondere Leistungen der Gesell­ schafter (z.B. Erbringen von Dienstleistungen, Übernahme einer besonderen Haftung) oder gesellschaftsbezogene Umstände (z.B. bereits beim Erwerb der Beteiligung ver­ traglich verankerte Gewinnvorzüge) sein. Unangemessen ist eine inkongruente Gewinnausschüttung auch dann nicht, wenn sie durch steuerliche Gründe gerechtfertigt ist, d.h. wenn sie den steuerrechtlichen Vorschriften zugrunde liegenden Wertungen und deren gesetzlichen Zielen ent­ spricht. Indiz für eine unangemessene Gestaltung sei es indes, wenn eine Gewinnverteilungsabrede nur kurzzeitig gelte oder wiederholt geändert werde. Inkongruente Gewinnausschüttungen sind u.E. regelmäßig steuerlich anzuerkennen bei Gesellschaften mit fremden Gesellschaftern. Aber auch in Familiengesellschaften sind inkongruente Gewinnausschüttungen steuerlich anzuer­ kennen. Eine Rechtfertigung, nahe Angehörige anders zu behandeln als fremde Dritte, ist nicht ersichtlich, sofern die inkongruenten Gewinnausschüttungen durch besondere Leistungen der Gesellschafter, durch gesellschaftsbezo­ gene Umstände oder durch steuerliche Gründe, die den

8 steuergesetzlichen Zielen entsprechen, gerechtfertigt sind. Dies sollte bei Familiengesellschaften jedenfalls gelten, wenn die inkongruente Gewinnverteilung tatsächlich bei­ behalten und nicht durch Weiterleitung des überquotalen Gewinns an die benachteiligten Gesellschafter – im wirt­ schaftlichen Ergebnis – eine quotenentsprechende Gewinnausschüttung hergestellt wird. Keine „echte“ inkongruente Gewinnausschüttung liegt u.E. vor, wenn der Gewinn einer GmbH zwar im Verhältnis der Gesellschaftsbeteiligung an die Gesellschafter ausge­ schüttet wird, die Ausschüttung jedoch in unterschied­ lichen Wirtschaftsjahren erfolgt (z.B. GmbH-Gewinn im WJ 1 beträgt EUR 2 Mio., Ausschüttung von EUR 1 Mio. an 50%-Gesellschafter A im WJ 1, Ausschüttung von EUR 1 Mio. an 50%-Gesellschafter im WJ 5). In diesem Fall unterliegt das Ergebnis der GmbH quotal der Besteuerung bei den Gesellschaftern, allerdings in unterschiedlichen Wirtschaftsjahren. Der Entscheidung des BFH vom 4. Dezember 2014 (IV R 28/11, BFH/NV 2015, 495; vorangehend FG Münster v. 12.04.2011, 1 K 3117/08 F, EFG 2012, 94) lag u.E. gleichfalls eine „unechte“ – nach Ansicht des FG Münster allenfalls zeitlich – inkongruente Gewinnausschüttung zu Grunde, da der Gesellschafter im Streitfall anlässlich seines Aus­ scheidens den auf ihn entfallenden thesaurierten Gewinn­ anteil im Rahmen dieser Gewinnausschüttung erhielt (der verbleibende Gesellschafter nahm an der Ausschüttung nicht teil). Praktisch setzt dies die Bildung gesellschafter­ bezogener Gewinnrücklagen voraus, sodass es zu einer „inkongruenten Gewinnthesaurierung“ kommt. Sollte zukünftig für eine schenkung- bzw. erbschaftsteuerliche Verschonungsprüfung auch das (steuerliche) Privatver­ mögen des Gesellschafters herangezogen werden, dürfte

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die Bedeutung „unechter“ (phasenverschobener) inkon­ gruenter Gewinnausschüttungen bzw. inkongruenter Gewinnthesaurierungen in der Gestaltungspraxis zuneh­ men. Durch die inkongruente Thesaurierung des GmbHGewinns kann die Erhöhung des steuerlichen Privatvermö­ gens einzelner Familiengesellschafter vermieden werden. Dr. Arne von Freeden, LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater [email protected] Dr. Dietmar Lange Steuerberater [email protected]

Reform der Unternehmens­­ erbschaftsteuer: Gesetzentwurf der Bundesregierung Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit seinem Urteil vom 17.12.2014 (Az. 1 BvL 21/12) die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verschonungsregeln für das unternehmerische Vermögen für verfassungswidrig erklärt hatte, hat das Bundeskabinett am 08.07.2015 den Gesetzentwurf zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beschlossen. Dieser beinhaltet unter anderem eine umfassende, sehr komplexe und streitanfällige Neuregelung für das begünstigte Vermögen.

Der Gesetzgeber verfolgt das Ziel, in Abkehr vom bisheri­ gen Verwaltungsvermögenskatalog zielgenau das ver­ schonungswürdige vom nicht verschonungswürdigen Ver­ mögen abzugrenzen und damit die Gestaltungsanfälligkeit des Verschonungssystems zu reduzieren. In Zukunft muss für jedes Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens dessen Begünstigungswürdigkeit positiv festgestellt werden. Zum begünstigten Vermögen gehören in Zukunft nur noch die Wirtschaftsgüter, die im Zeitpunkt der Steuerentstehung jeweils überwiegend einer originär gewerblichen bzw. frei­ beruflichen Tätigkeit nach ihrem Hauptzweck dienen. Es ist folglich nicht nur ein originärer Gewerbebetrieb erfor­ derlich, sondern zusätzlich dürfen die Wirtschaftsgüter sich nicht aus dem Betriebsvermögen herauslösen lassen, ohne die eigentliche betriebliche Tätigkeit zu beeinträchti­ gen. Diese wirtschaftsgutsbezogene Prüfung ist in den einzel­ nen Unternehmen eines Konzerns durchzuführen und anschließend sind die Wirtschaftsgüter in einer Verbund­ vermögensaufstellung zusammenzufassen, damit Kaska­ deneffekte vermieden werden. Für die Frage, welcher Anteil des Unternehmenswerts letztlich begünstigt ist, soll das Verhältnis des Substanzwerts des begünstigten Ver­ mögens zum Substanzwert des gesamten Betriebsvermö­ gens maßgeblich sein. Der bisherige Verschonungsabschlag i.H.v. 85% bzw. 100% wird grundsätzlich nur noch auf das begünstigte Vermö­ gen gewährt. Das nicht begünstigte Vermögen ist konsoli­ diert nur noch zu 10% mitbegünstigt (Geringfügigkeits­ grenze). Die Verschonung wird aber nur dann gewährt, wenn der Erwerb des begünstigten Vermögens den Betrag von EUR 26 Mio. nicht übersteigt (Freigrenze). Die Frei­ grenze ist erwerberbezogen und z.B. nicht

9 unternehmensbezogen zu prüfen. Das ist positiv. Jedoch sind mehrere innerhalb von 10 Jahren von derselben Per­ son anfallende Erwerbe zusammenzurechnen. Bei Erfül­ lung (unrealistischer) Voraussetzungen beträgt die Frei­ grenze EUR 52 Mio., diese Voraussetzungen müssten z.B. auch 10 Jahre vor und 30 Jahre nach der Steuerentstehung vorliegen. Wird die Freigrenze überschritten, so kann der Erwerber den Erlass der auf das begünstigte Vermögen entfallenden Steuer beantragen, soweit er nachweisen kann, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen (sog. Verschonungsbedarfsprüfung). Zum verfügbaren Vermö­ gen gehören 50% der gemeinen Werte des miterworbenen und im Zeitpunkt der Steuerentstehung bereits dem Erwerber gehörenden sonstigen Vermögens. Zudem sind weitere Erwerbe innerhalb von zehn Jahren zu berücksich­ tigen. Der Erwerber soll bei Großerwerben auch die Möglichkeit haben, einen abschmelzenden Verschonungsabschlag zu beantragen, wenn der Wert des begünstigten Vermögens EUR 116 Mio. (Freigrenze EUR 26 Mio.) bzw. EUR 142 Mio. (Freigrenze EUR 52 Mio.) nicht übersteigt. Für darüber hinausgehende Erwerbe kann ein Verschonungsabschlag i.H.v. 20% (Regelverschonung) bzw. i.H.v. 35% (Optionsver­ schonung) für das begünstigte Vermögen beantragt wer­ den. Auch hierbei sind Erwerbe innerhalb von zehn Jahren zusammenzurechnen. Die bisherigen Behaltensfristen von fünf bzw. sieben Jah­ ren bleiben erhalten, die auch für die Verschonungsbe­ darfsprüfung und für die Verschonungsabschläge für Gro­ ßerwerbe gelten sollen. Die Verschonung wird auch in Zukunft für land- und forstwirtschaftliches Vermögen gewährt, was für Investments in diese Asset-Klasse

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wichtig ist. Der Lohnsummentest soll nur noch für Betriebe, die nicht mehr als drei Beschäftige haben, ent­ behrlich sein, beträgt die Anzahl der Beschäftigten mehr als drei aber nicht mehr als fünfzehn, wird es gewisse Erleichterungen bei der Lohnsummenkontrolle geben, im Übrigen werden die bisherigen Mindestlohnsummen von 400% bzw. 700% auch zukünftig gelten. Positiv ist für die Gestaltungspraxis, dass nach dem der­ zeitigen Stand des Gesetzentwurfs die Neuregelungen nicht rückwirkend in Kraft gesetzt werden sollen. Nach den derzeitigen Planungen ist aber der Gesetzgeber gewillt, das Gesetzgebungsverfahren noch dieses Jahr abzuschließen. Die CSU hat angekündigt, dass es u.a. im Bewertungsbereich im Laufe des Gesetzgebungsverfah­ rens noch gewisse Nachjustierungen geben soll. Durch die Neufassung der Verschonungsregelungen wird sich deren Komplexität nochmals drastisch erhöhen. Dr. Manfred Reich Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Steuerberater [email protected]

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