Wirtschaftswissenschaftliches Zentrum Universit¨ at Basel ¨ Mathematik fu 1 ¨ r Okonomen Dr. Thomas Zehrt

Extrema von Funktionen mit Nebenbedingung Literatur: ¨ Gauglhofer, M. und M¨uller, H.: Mathematik f¨ur Okonomen, Band 1, 17. Auflage, Sankt Gallen, Verlag Wilhelm Surbir Seiten 133-146

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Einstimmung

Gegeben sei eine Funktion z = f (x, y). Zus¨atzlich sei eine Nebenbedingung in Form einer Gleichungen gegeben. Wir suchen ein Extrema der Funktion unter Ber¨ ucksichtigung der Nebenbedingung. Beispiel 1.1 Es bezeichne p1 und p2 die Preise von zwei G¨utern und I das verf¨ugbare Einkommen einer Person. Weiterhin sei u(c1 , c2 ) eine Nutzenfunktion, d.h. eine Funktion die den Nutzen (Grad der Bed¨urfnisbefriedigung der Person) als Funktion der konsumierten Mengen c1 und c2 der beiden G¨uter darstellt. Wir suchen einen Konsumplan (c⋆1 , c⋆2 ) (c⋆1 , c⋆2 ≥ 0), welcher die Nutzenfunktion u(c1 , c2 ) unter der Budgetrestriktion p1 c1 + p2 c2 = I maximiert, also kurz zu maximierende Zielfunktion : u(c1 , c2 ) Nebenbedingung : φ(c1 , c2 ) = p1 c1 + p2 c2 − I = 0 Beispiel 1.2 Ein Produzent mit der Produktionsfunktion f (K, A) will den Output b m¨oglichst kosteng¨unstig herstellen. Es bezeichne: • K : Kapital(einsatz) • A : Arbeit(seinsatz) • r : Kostensatz f¨ur Kapitalbenutzung • w : Lohnsatz Wir suchen einen Produktionsplan (K ⋆ , A⋆ ) (K ⋆ , A⋆ ≥ 0), welcher die Produktionskosten C(K, A) = r · K + w · A unter der Nebenbedingung f (K, A) = b minimiert, also kurz zu minimierende Zielfunktion : C(K, A) = r · K + w · A Nebenbedingung : φ(K, A) = f (K, A) − b = 0

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Allgemeine Formulierung: Gesucht ist (x⋆ , y ⋆), so dass die Zielfunktion z = f (x, y) unter der Nebenbedingung φ(x, y) = 0 maximiert (resp. minimiert) wird.

z Maximum

Maximum unter der Nebenbedingung

y

φ(x,y)=0 x

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Die Reduktionsmethode

In einfachen F¨allen l¨asst sich die Nebenbedingung φ(x, y) = 0 nach y aufl¨osen, d.h. es gibt eine (explizit darstellbare) Funktion h(x) so dass: φ(x, y) = 0 ⇐⇒ y = h(x). Dann kann die Variable y aus der Zielfunktion eliminiert werden und man erh¨alt eine Funktion die nur noch von der Variablen x abh¨angt. Beispiel 2.1 Wir betrachten die Nebenbedingung φ(x, y) = x3 − e2y = 0. Diese kann leicht nach y aufgel¨ost: φ(x, y) = x3 − e2y = 0 ⇐⇒ y = h(x) =

3 ln(x) 2

und in jede Zielfunktion eingesetzt werden. Das neue Problem ist dann die Maximierung (resp. Minimierung) der Funktion (in einer Variablen) F (x) = f (x, h(x)) mit den Methoden des vorhergehenden Kapitels.

Beachte: • Die Nebenbedingung φ(x, y) = 0 stellt nicht immer einen funktionalen Zusammenhang zwischen x und y dar. Deshalb ist die Reduktionsmethode nicht immer anwendbar. • Gravierend ist auch der Nachteil, dass die ¨okonomische Interpretation der Optimalit¨atsbedingungen bei Nutzung der Reduktionsmethode meist Probleme bereitet.

5 Aufgabe 2.1 Maximieren Sie die Funktion u(c1 , c2 ) = 5 ln(c1 + 3) + ln(c2 + 1) unter der Nebenbedingung φ(c1 , c2 ) = 2c1 + c2 − 5 = 0.

10 5 0

10 c2

5

−5

0

−10 −2

2

0 c1

4

6

7

3 3.1

Die Methode der Lagrange-Multiplikatoren Konstruktion der Methode

Wir haben wieder ein Optimierungsproblem der allgemeinen Gestalt zu l¨osen: zu maximierende (minimierende) Zielfunktion : f (x, y) = z Nebenbedingung : φ(x, y) = 0

Fl¨ache im Raum Kurve in der x-y-Ebene

z Maximum

Maximum unter der Nebenbedingung

y

φ(x,y)=0 x Tats¨achlich interessieren uns also nur die Punkte auf der durch z = f (x, y) definierten Fl¨ache, deren x-y-Koordinaten die Nebenbedingung φ(x, y) = 0 erf¨ ullen. Geometrisch sind das genau die Punkte auf der Fl¨ache, deren Projektionen in die x-y-Ebene auf der durch φ(x, y) = 0 definierten Kurve liegen. Die Fl¨ache z = f (x, y) wollen wir uns nun durch eine Schar von Niveaulinien veranschaulichen: f (x, y) = c = konstant c 0 < c1 < c⋆ < c2 < c3 Nehmen wir an, dass der Punkt M = (x⋆ , y ⋆) der gesuchte Punkt ist, d.h. es gilt φ(x⋆ , y ⋆) = 0 und f (x⋆ , y ⋆) ≥ f (x, y) f¨ ur alle (x, y) mit φ(x, y) = 0.

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y

φ(x,y)=0

y* x*

x

c0

c1 c*

c4 c3

Im Punkt M beru ¨hrt die Kurve φ(x, y) = 0 eine Niveaulinie f (x, y) = c⋆ , das heisst, die Kurve und die Niveaulinie haben in M gleiche Tangentensteigung. Daraus folgt mittels impliziter Differentiation, dass φx (x⋆ , y ⋆ ) fx (x⋆ , y ⋆ ) = fy (x⋆ , y ⋆ ) φy (x⋆ , y ⋆)

oder kurz oder

gelten muss.

φx fx = fy φy fx fy = φx φy

9 Wiederholung der impliziten Differentiation und der Kettenregel: Falls φy (x⋆ , y ⋆ ) 6= 0 ist, l¨ asst sich die Funktion φ(x, y) = 0 lokal (in der N¨ahe von ⋆ x ) nach y aufl¨ osen: y = h(x) und es gilt dann φ(x, h(x)) = 0. • Damit gilt einerseits f¨ ur die Nebenbedingung 0 = φ′ (x, h(x))|x⋆ = φx (x⋆ , h(x⋆ )) + φy (x⋆ , h(x⋆ )) · h′ (x⋆ ) = φx (x⋆ , y ⋆ ) + φy (x⋆ , y ⋆ ) · h′ (x⋆ ) oder h′ (x⋆ ) = −

φx (x⋆ , y ⋆ ) . φy (x⋆ , y ⋆ )

• Nutzen wir diese lokale Darstellung von y, so nimmt unsere Zielfunktion die Gestalt F (x) = f (x, h(x)) an und eine notwendige Bedingung f¨ ur die Existenz eines Maximums oder Minimums in x⋆ ist 0 = F ′ (x)|x⋆ = fx (x⋆ , h(x⋆ )) + fy (x⋆ , h(x⋆ )) · h′ (x⋆ ) = fx (x⋆ , y ⋆ ) + fy (x⋆ , y ⋆ ) · h′ (x⋆ ) oder h′ (x⋆ ) = −

fx (x⋆ , y ⋆ ) fy (x⋆ , y ⋆ )

Durch Kombination beider Gleichungen erh¨alt man nun fx (x⋆ , y ⋆ ) fy (x⋆ , y ⋆ )

=

φx (x⋆ , y ⋆ ) . φy (x⋆ , y ⋆ )

10 Dieses Verh¨altnis wird mit −λ abgek¨ urzt: fx = −λ φx

fy = −λ. φy

Die Zahl λ wird dabei als Lagrange-Multiplikator bezeichnet. Es ist also fx = −λφx fx + λφx = 0

und und

fy = −λφy oder fy + λφy = 0

Insgesamt m¨ ussen also in unserem gesuchten Punkt M = (x⋆ , y ⋆) folgende drei Gleichungen erf¨ ullt sein:

1. 0 = fx (x⋆ , y ⋆) + λφx (x⋆ , y ⋆) 2. 0 = fy (x⋆ , y ⋆ ) + λφy (x⋆ , y ⋆) 3. 0 = φ(x⋆ , y ⋆)

Betrachtet man die drei Gleichungen, so stellt man fest: Ihre rechten Seiten sind gerade die partiellen Ableitungen der Funktion F (x, y, λ) = f (x, y) + λ φ(x, y) nach x, y und λ. Das bringt uns zu einer kompakten Formulierung des oben konstruierten Algoritmus, die wir im folgenden Satz zusammenfassen. Satz 3.1 (Lagrange’sche Multiplikatorregel fu ¨r 2 Variablen) Zur Bestimmung der Extremwerte einer Funktion z = f (x, y) mit der Nebenbedingung φ(x, y) = 0 bildet man die Lagrange-Funktion F (x, y, λ) = f (x, y) + λ φ(x, y). Aus dem Gleichungssystem (drei Gleichungen und drei Unbekannte) Fx = 0 Fy = 0 Fλ = 0 werden dann die Koordinaten des m¨oglichen Extremwertes sowie der Lagrange-Multiplikator berechnet.

11 Aufgabe 3.1 In der Literatur wird das Verh¨altnis der partiellen Ableitungen von Zielund Nebenbedingungsfunktion oft auch mit λ abgek¨urzt: fx =λ φx

fy = λ. φy

¨ Das f¨uhrt zu eine anderen Lagrange-Funktion Fneu (x, y, λ) = f (x, y)−λ φ(x, y). Uberlegen Sie sich, dass F und Fneu die selben Extremalpunktkandidaten liefern.

12 Die Lagrange’sche Multiplikatorregel l¨asst sich direkt auf Funktionen in mehreren Variablen mit einer Nebenbedingung u ¨bertragen: Satz 3.2 (Lagrange’sche Multiplikatorregel fu ¨r n Variablen) Zur Bestimmung der Extremwerte einer Funktion z = f (x1 , x2 , · · · , xn ) mit der Nebenbedingung φ(x1 , x2 , · · · , xn ) = 0 bildet man die Lagrange-Funktion in n + 1 Variablen F (x1 , x2 , · · · , xn , λ) = f (x1 , x2 , · · · , xn ) + λ φ(x1 , x2 , · · · , xn ). Aus dem Gleichungssystem (n + 1 Gleichungen und n + 1 Unbekannte) Fx1 Fx2 ··· Fxn Fλ

= 0 = 0 ··· = 0 = 0

werden dann die Koordinaten des m¨oglichen Extremwertes sowie der Lagrange-Multiplikator berechnet.

13 Aufgabe 3.2 Man bestimme m¨ogliche Extremalstellen der Funktion f (x, y) = x2 + 2y 2 unter der Nebenbedingung φ(x, y) = y − x2 + 1 = 0.

14 Aufgabe 3.3 Man bestimme m¨ogliche Extremalstellen der Funktion f (x, y) = x2 + y 2 unter der Nebenbedingung φ(x, y) = 5x2 + 5y 2 − 8xy − 18 = 0.

15 Aufgabe 3.4 Wir l¨osen das Beispiel 1.1 aus der Einf¨uhrung: zu maximierende Zielfunktion : u(c1 , c2 ) Nebenbedingung : φ(c1 , c2 ) = p1 c1 + p2 c2 − I = 0

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3.2

Entscheidung u ¨ ber Maximum oder Minimum

Die Methode von Lagrange liefert notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen f¨ ur das Vorliegen eines Extremum und sie gibt uns keine M¨oglichkeit, zwischen Maximum und Minimum zu unterscheiden. Ohne Beweis geben wir eine hinreichende Bedingung an: Satz 3.3 0 φx φy φx Fxx Fxy φy Fyx Fyy | {z Determinante

= 2φx φy Fxy − Fxx φ2 − Fyy φ2 y x }



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