Emissionsmessungen im Umweltschutz

RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Lehrstuhl für Grundbau und Bodenmechanik Emissionsmessungen im Umweltschutz Prof. Dr.-Ing. Günter Bröker Ringvorlesung UTRM ...
Author: Kilian Böhm
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RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Lehrstuhl für Grundbau und Bodenmechanik

Emissionsmessungen im Umweltschutz

Prof. Dr.-Ing. Günter Bröker Ringvorlesung UTRM 2013

Emissionsmesstechnik 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Definitionen, Historie Rechtlicher Rahmen Beispiele von Emissionssituationen Messprinzipien (kontinuierliche/manuelle Messverfahren) Messen von Feinstäuben Messen organischer Stoffe; z.B. chlorierte Dioxine, PCB, PAH Diffuse Emissionsquellen Fernmessverfahren: FTIR und LIDAR Messunsicherheit

Emissionsmessungen im Umweltschutz

Die vier ineinander wandelbaren Elemente Erde – Wasser – Luft – Feuer sind für das Leben entscheidend Aristoteles (350 v. Chr.)

Definitionen

• Emissionen  von einer Emissionsquelle ausgehende Luftverunreinigungen • Luftverunreinigungen  Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Atmosphäre durch ► ►

Partikel, Tropfen, Gase Gerüche

Beispiele von Emissionssituationen Gefasste Quellen

Beispiele von Emissionssituationen Diffuse Quellen

Beispiele von Emissionssituationen Diffuse Quellen

Beispiele von Emissionssituationen Diffuse Quellen

Quelle: Dr. A. Gärtner

Emissionsmessungen im Umweltschutz Immissionsschutz Römische Rechtsprechung

„Aerem corrumpere non licet“ – die Luft darf nicht verunreinigt werden

Deutsches Reich Medizinalordnung Kaiser Friedrich II (1250) England König Eduard II (1307 – 1327) Zwickau (1348)

Enthält einen Titel über die Reinhaltung der Luft, die durch Gottes Willen der Fürsorge des Königs oblag.

Böhmen (1550) Preussen (1796)

Norddeutscher Bund (1869)

Deutsches Reich (1871) Bundesrepublik Deutschland (1960) Bundesrepublik Deutschland (1964) Bundesrepublik Deutschland (1974)

Einschränkung der Kohleverbrennung Vorschriften zur Kohleverbrennung (1343) Den Schmieden wurde die Verwendung von Steinkohlen innerhalb der Stadt untersagt. In den Joachimsthaler Hütten wurden Rauch- und Staubkammern eingebaut. Das Preussische Generaldirektorium wies die Behörden an Gerbereien und ähnliche Anlagen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung ... an solche Orte der Stadt zu verlagern, die weniger dicht bebaut und bewohnt sind ... Erlaß einer Gewerbeordnung, durch die Behörden zu Maßnahmen ermächtigt wurden, die eine Beeinträchtigung der Bevölkerung durch den Bau neuer Intustrieanlagen verhindern sollen. Übernahme der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes als Reichsgewerbeordnung. Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – Ergänzung zum BGB Erlaß einer technischen Anleitung Luft – TA-Luft Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG

Emissionsmessungen im Umweltschutz „Noch eine Ursache der Krankheiten der Bergleute, welche auch besonders die Hüttenarbeiter und Metallschmelzer mit ihnen gemein haben, ist die Ausdünstung der mineralischen Theilchen, welche sie durch Einathmen sowohl, als durch die Haut in ihren Körper ziehen. Daher kommt es, daß bei denjenigen Bergwerken, wo Blei, Kupfer, Silber, Quecksilber, Arsenik, Kobold, Vitriol und andere Metalle und Mineralien gewonnen werden, die Bergleute sehr kränklich werden und früh sterben. Man hat nach ihrem Tode wirklich Theilchen solcher Metalle, womit sie umgingen, oft in ihren Körpern gefunden.“ Johann Karl Arnold Kortum (1798)

Emissionsmessungen im Umweltschutz

Emissionsmessungen im Umweltschutz

Emissionsmessungen im Umweltschutz

Die Hütten St. Antony, Gute Hoffnung (Bild) und Neu-Essen nahmen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Herstellung von Roheisen, Gußwaren, später auch von Schienen und Dampfmaschinen auf

Rechtliche Ausgangssituation Smog –Situation im Ruhrgebiet

Emissionsmessungen im Umweltschutz Smog Smog ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den beiden englischen Begriffen Smoke (Rauch) und Fog (Nebel). Es bezeichnet eine stark erhöhte Luftschadstoffkonzentration über industriell genutztem oder städtischem Gebiet infolge ungünstiger meteorologischer Bedingungen (kaum Austausch der Luft während einer längeren Zeitperiode). Der Begriff Smog wurde erstmalig 1905 von H.A. Des Voeux zur Beschreibung der atmosphärischen Verhältnisse in vielen britischen Städten gebraucht. Man unterscheidet zwei Typen von Smog: • Der London-Smog ist ein hauptsächlich mit Ruß und Schwefedioxiden beladener Nebel, der sich während nasskalter Wintertage bei austauscharmen Wetterlagen bildet und sich in der Nacht verstärkt. • Zur Bildung des Los-Angeles-Smogs sind eine starke Sonneneinstrahlung und eine erhöhte Konzentration an Stickoxiden nötig. Durch eine photochemische Reaktion (unter Einwirkung der Sonne) bildet sich vor allem Ozon, das insbesondere die Schleimhäute reizt. Die chemische Reaktion läuft vereinfacht wie folgt ab: NO2 + hν → NO + O O + O 2 → O3 Smog kann zur Erkrankung der Atemwege führen. Kreislaufkranke sind einer erhöhten Belastung ausgesetzt. Bei erhöhter Ozonbelastung sollte die körperliche Betätigung eingeschränkt werden.

Emissionsmessungen im Umweltschutz Smog-Episoden Datum 1873 1880 1892 1909 1930 1948 1948 1952 1953 1956 1957 1958 1959 1962 1962 1963 1963 1966 1979 1985

9. – 11.12 26. – 29.1. 28. – 30.12. 1. – 5.12. 26. – 30.10. 26.11. – 1.12. 5. – 9.12. 15. – 24.11. 3. – 6.1. 2. – 5.12. 26. – 31.1. 3. – 7.12. 5. – 10.12. 7. – 22.1. 9.1. – 12.2. 23. – 25.11. 17.1. 16. – 20.1.

Ort London London London Glasgow Maas-Tal (Belgien) Donora, Pa. (USA) London London New York London London New York London Ruhrgebiet London London New York New York Ruhrgebiet Ruhrgebiet

Todesfälle

Krankheitsf.

24h - SO2

63 1000 80 - 176 63 20 700 – 800 4000 250 1000 700 – 800 200 – 250 156 700 700 200 – 400 168

6000 6000

25 mg/m³ 1,6 mg/m³ 3,8 mg/m³ 2,2 mg/m³ 1,5 mg/m³ 1,6 mg/m³ 0,8 mg/m³ 5,0 mg/m³ 3,3 mg/m³ 1,3 mg/m³ 0,9 mg/m³ 0,85 mg/m³

Rechtliche Ausgangssituation Smog –Situation im Ruhrgebiet

Emissionsmessungen im Umweltschutz Auswahl gesetzlicher Regelungen zum Umweltrecht (Zusätzlich sind noch Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft zu beachten) Allgemeines Umweltverwaltungsrecht Gesetz zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres

FÖJG

Umweltstatistikgesetz

UStatG

Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz

UVPG

Umweltinformationsgesetz

UIG

Umweltauditgesetz

UAG

Besonderes Umweltverwaltungsrecht des Bundes

Bundes-Immissionsschutzgesetz

BImSchG

Bundes-Bodenschutzgesetz

BBodSchG

Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

KrW-/AbfG

Wasserhaushaltsgesetz Bundesnaturschutzgesetz Bundeswasserstraßengesetz

WHG BNatSchG

Infektionsschutzgesetz Chemikaliengesetz Energieeinsparungsgesetz Bundeswaldgesetz Fluglärmgesetz Atomgesetz Strahlenschutzvorsorgegesetz Stromeinspeisungsgesetz Hohe-See-Einbringungsgesetz Pflanzenschutzgesetz Gentechnikgesetz Tierschutzgesetz Wasch- und Reinigungsmittelgesetz Umweltprivatrecht Bürgerliches Gesetzbuch Umwelthaftungsgesetz Umweltstrafrecht Strafgesetzbuch Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

IfSG ChemG EnEG

StrVG PflSchG GenTG WRMG

Rechtliche Ausgangssituation Übersicht über die Vorschriften zur Emissionsmessung:

Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) Verordnungen zum BImSchG z.B.

4 Verordnungen für Verbrennungsanlagen (1., 13., 17., 27. BImSchV) Verwaltungsvorschriften

TA-Luft, TA-Lärm, Länderbekanntmachungen Richtlinien z.B. LAI, BMU

Technische Regelwerke z.B. DIN EN, (CEN), VDI, DIN, ISO

Beispiele von Emissionssituationen

Emissionsmessungen im Umweltschutz

Beispiel der SO2-Jahresmittelwerte im Rhein- Ruhr-Gebiet

Messprinzipien Visuelle Messverfahren

aus Handbuch Kohle

Messprinzipien

Emissionsmessungen im Umweltschutz

Die Schaltwarte ist heute in aller Regel räumlich von der Anlage getrennt. Der Anlagen-Fahrer muss sich zu 100% auf die angezeigten Messwerte verlassen können – ein „hautnaher“ Kontakt zur Anlage ist nicht mehr gegeben.

Leitwarte der AVA Velsen

Dr. Waeber, TÜV-Süd

Emissionsmessungen im Umweltschutz Registrierende Messverfahren 

kontinuierliche Messungen



automatisiert



zeitgleich oft mehrere Stoffe mit einem Gerät messbar



Justierung meist mit Prüfgasen

Manuelle Messverfahren 

diskontinuierliche Einzelmessungen (einzelne Proben)



separate Analyse im Labor



oft als Referenzverfahren verwendbar (keine Prüfgase erforderlich)



nahezu jeder Stoff ist messbar

Emissionsmessungen im Umweltschutz

Messprinzipien PFT-Messung an einer Klärschlammverbrennungsanlage

Messprinzipien Staubmessung nach VDI 2066 Probenahme filtergängiger Stoffe VDI 3868

Messprinzipien Beispiel einer Staubmesseinrichtung

Messprinzipien Photometrische Staubmessung

Messprinzipien Messprinzipien für automatische Messgeräte zur Gasmessung

Bei der Messung gasförmiger Schadstoffe werden bestimmte physikalische und/oder chemische Eigenschaften der Substanzen genutzt. Die angewandten Messverfahren beruhen auf einer begrenzten Anzahl von Messprinzipien.

Messprinzipien Messprinzipien für automatische Messgeräte zur Gasmessung • optische Eigenschaften (Photometrie)

• Chemolumineszenz • Kolorimetrie • Flammenionisation • Konduktometrie • Wärmetönung • Potentiometrie

Messprinzipien Photometrie Es wird die Absorption infraroter (IR), sichtbarer (visible, VIS) oder Ultravioletter Strahlung (UV) durch die Schadgase als Messeffekt genutzt. Die Strahlungsabsorption wird durch das LambertBeersche Gesetz beschrieben: 𝐼 = 𝐼0 ∙ 𝑒 −𝜖𝐶𝑑 I0: Intensität der eindringenden Strahlung I: Intensität der austretenden Strahlung ε: Extinktionskoeffizient C: Konzentration des Schadgases 𝑑: Lichtweglänge in der Küvette

Gemessen wird so z.B. SO2, CO, NOx.

Messprinzipien (Photometrie) Lambert-Beer‘sches Gesetz: E = ε • C • d

mit

E = ln(I0/I)

(die Extinktion E ist proportional zur Konzentration C und Schichtdicke d – bei gleicher Wellenlänge)

Messen von Feinstäuben Die Größe von Partikeln

Mehl Pollen Meersalz Bakterien Viren Kohlenstaub Zementstaub Flugasche Kfz-Abgas und Abrieb Ruß Tabakrauch 0,001

0,01

0,1

1

10

Partikelgröße in µm

100

1000

10000

Messen von Feinstäuben

Partikeldeposition in den verschiedenen Bereichen des Atemtraktes in Abhängigkeit vom mittleren aerodynamischen Durchmesser der Partikel

Messen von Feinstäuben Definition des Abscheidegrades Abscheidung D = 10 µm 100

Abscheidung %

80

60

40

20

0 0

5

10

D µm

15

20

Messen von Feinstäuben Gesundheitliche Wirkung von Feinstäuben 65

Prävalenz von Bronchitis in %

Hallstadt

60

55

Zerbst

Bitterfeld

50 Hallstadt Hallstadt

45 Bitterfeld

40

Bitterfeld Zerbst

35 Zerbst

30 20

30

40

50

60

70

TSP in µg/m³ Hallstadt 1992/93 Zerbst Bitterfeld

Hallstadt 1995/96 Zerbst Bitterfeld

Hallstadt Zerbst Bitterfeld 1998/99

80

Messen von Feinstäuben Erste Hinweise Fünf-Städteuntersuchung in den USA

Relatives Mortalitätsrisiko

1,2

1,1

1

0,9 0

20

40

60

PM 10 Konzentration in µg/m ³

80

100

Messen von Feinstäuben Feinstaubmessung

Trennung der Partikelfraktion durch Impaktion Abscheidung von Partikel abhängig von  der Partikelgröße, -masse und –form (aerodynamischer Durchmesser)

 dem Abstand zwischen Düse und Sammelplatte  der Düsengröße bzw. der Gasgeschwindigkeit in der Düse  der Viskosität des Trägergases

Messen von Feinstäuben Probenahme Neu entwickelter Impaktor (Jonas)

Quelle: Dr. K.-J. Geueke

Messen organischer Stoffe, wie chlorierte Dioxine Polychlorierte Dibenzo-p-Dioxine und -Furane

Messen organischer Stoffe, wie chlorierte Dioxine Toxizität LD50 oral

(Reggiani 1980)

Messen organischer Stoffe, wie chlorierte Dioxine Toxizitäts-Äquivalente

Messen organischer Stoffe, wie chlorierte Dioxine Filter/Kühler-Methode

Messen organischer Stoffe, wie chlorierte Dioxine Schematische Darstellung einer GC-MS-Kombination

Messen organischer Stoffe, wie chlorierte Dioxine Chromatogramm eines PCB-Gemisches

Messen organischer Stoffe, wie chlorierte Dioxine Massenspektrum eines 6-fach chlorierten PCB

Beispiele von Emissionssituationen Beispiel: Messung von NH3- Emissionen aus einer Tierhaltungsanlage

Messstrecke: 105 m Berechnete Quellstärke: 0,35 kg NH3/h

Quelle: Dr. A. Gärtner

Fernmessverfahren: FTIR und LIDAR LIDAR-Fernmessverfahren

Diffuse Emissionsquellen Beispiel für eine LIDAR-Messung

Messprinzipien Zentrale Forderungen an eine Emissionsmessung Die Repräsentativität des Messergebnisses muss eine belastbare Bewertung der Emissionssituation zulassen. Die Messgenauigkeit muss hinreichend für die Bewertung der Emissionssituation sein. Die Verfügbarkeit des eingesetzten Messinstrumentariums muss bei kontinuierlichen Messungen ausreichend für die Bewertung des vorgegebenen Messzeitraums sein.

Messprinzipien Minimalforderungen an die Emissionsmesstechnik

nicht präzise nicht genau

nicht präzise genau

präzise nicht genau

präzise genau

aus Kaiser, Specker

Messprinzipien Auswertung von Daten nach ISO 5725 Bl. 1-6 Richtigkeit Trueness

Genauigkeit

Präzision

Accuracy

Precision

Wiederholbarkeit Repeatability Durch Vergleich mit: • Wahrem Wert • Akzeptiertem Standard • Arithmetischen Mittelwert

Reproduzierbarkeit Reproducibility

Einfluss auf Messwerte durch: • Bedienungspersonal • Messgerät/Konfiguration • Kalibrierung • Temperatur/Feuchte • Zeit zwischen Messungen

Messprinzipien

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