Tobias Daub, San Francisco State University, WS 2012/2013

Ein Semester in San Francisco

Tobias Daub Lehramt, Anglistik/Englisch, 7. Semester Heimatuniversität: Universität Stuttgart Gastuniversität: San Francisco State University August 2012 – Januar 2013 [email protected]

Tobias Daub, San Francisco State University, WS 2012/2013

Formalitäten vor der Abreise Die Vorbereitung für ein Auslandssemester in den USA beginnt sehr früh. Man sollte etwa eineinhalb Jahre bis ein Jahr vorher anfangen seinen Aufenthalt zu planen. Anfangs sollte man sich für ein bestimmtes Land entscheiden, welches zu seinem Studienziel passt. Meine Wahl fiel schnell auf die USA, da ich Englischlehrer werde und mich die amerikanische Kultur sehr interessiert. Zur Bewerbungsvorbereitung muss man verschiedene Formalitäten erledigen. Der TOEFL Test muss abgelegt werden, was man nicht unterschätzen sollte, da die meisten Universitäten in den USA eine gewisse Mindestpunktzahl fordern. Ende September ist die Bewerbungsfrist für das Austauschprogramm der Universität Stuttgart. Bei der ersten Bewerbung entscheidet man sich für drei Staaten, die mit der Universität Stuttgart kooperieren. Die Staaten habe ich in Bezug auf die verfügbaren Universitäten ausgewählt. Nach meiner Erfahrung sollte man sich nicht abschrecken lassen von den genannten verfügbaren Plätzen, sondern die Staaten wählen, die einem wichtig sind. Ich habe Ende Dezember Bescheid bekommen, dass ich für das Landesprogramm Kalifornien nominiert wurde. Danach habe ich mich speziell für drei Universitäten in Kalifornien bewerben müssen, mit passendem Motivationsschreiben und Kursauswahl. Im März 2012 habe ich die Zusage für die San Francisco State University erhalten, welche auch meine erste Wahl war. Ebenfalls Anfang des Jahres habe ich mich für verschiedene Stipendien für einen Auslandsaufenthalt beworben. Ich habe mich für drei verschiedene Stipendien beworben, das Auslandsbafög, Promos und das Stipendium der gemeinnützigen Baden-Württemberg Stiftung GmbH. Das Auslandsbafög ist mit sehr viel Aufwand verbunden und wird im Endeffekt auf die anderen Stipendien angerechnet. Promos und das Stipendium der BadenWürttemberg Stiftung GmbH sind einfacher anzufordern. Ich habe das Baden-Württemberg Stipendium bekommen, was meinen Aufenthalt in finanzieller Hinsicht sehr erleichtert hat und ich jedem höchstens empfehlen kann. Die Bewerbungsfrist ist Ende März und ich habe eine monatliche Unterstützung von 600€ bekommen. Im Gegensatz zu einigen anderen Staaten gab es für das Landesprogramm Kalifornien kein Vorbereitungsseminar. Des Weiteren sollte man sich früh um einen Termin bei einer amerikanischen Botschaft (in München/ Frankfurt) kümmern, da man sonst mit dem Visum Probleme bekommt. Bei diesem Besuch ist es wichtig wirklich alle Gebühren im Voraus zu zahlen und alle Papiere dabei zu haben. Meine Krankenversicherung habe ich bei STA Travel abgeschlossen, da die billigere ADAC-Variante nicht von meiner Gastuniversität anerkannt wurde. Deshalb sollte man unbedingt mit der Gastuniversität abklären, ob die Auslandskrankenversicherung ausreicht, da man sonst im Gastland Probleme bekommt. Da in den USA der Großteil über Kreditkarte bezahlt wird, sollte man sich um eine Kreditkarte kümmern, bei der auch möglichst geringe Gebühren beim Geldabheben in den USA anfallen. Als internationaler Student hatte ich die Möglichkeit vor den anderen Studenten meine Kurse zu wählen, weshalb man vorher mit seinen Dozenten abklären sollte, welche Kurse

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einem an der Universität angerechnet werden können. Die San Francisco State unterhält ebenfalls ein Buddy-Programm, so dass man einen Studenten der dortigen Universität als Hilfe zur Seite gestellt bekommt. Abschließend habe ich noch ein Urlaubssemester an der Universität Stuttgart beantragt.

Anreise und Unterkunft Ich bin am 14. August nach Amerika geflogen, eine Woche später gab es eine verpflichtende Einführungswoche, bis das Semester am 27. August begann. Ich kann jedem empfehlen nicht am Campus in San Francisco zu wohnen, da es in diesem Bereich wirklich nur den Campus gibt und Innenstadt oder andere Sehenswürdigkeiten weiter entfernt liegen. Man sollte sich rechtzeitig nach San Francisco begeben, da die Suche nach einer Wohnung etwas komplizierter ist. Sowohl internationale, wie auch nationale Studenten haben Problem dort eine Wohnung zu finden. Ich rate zu der Seite craigslist.com, bei welcher neben Wohnungsangeboten auch andere hilfreiche Sachen verkauft werden. Zur Wohnungssuche generell ist es wichtig sich schnell zu melden und sich sicher sein, dass man früher oder später etwas findet. Ich hatte ein sehr billiges Zimmer mit 600€ Monatsmiete, andere internationale Studenten haben bis zu 1100€ für ein Zimmer bezahlt. Mein Zimmer lag im Stadtbezirk Sunset, was die perfekte Lage für mich war, da ich schnell an der Universität, so wie in der Innenstadt war.

Studium Die Einführungswoche begann mit einer Orientierung, in welcher sich uns Ansprechpartner vorgestellt haben und wir alle nötigen Informationen zu unserem Studium, verschiedenen Organisationen und Freizeitmöglichkeiten erhalten haben. Während dieser Zeit lernt man viele seiner internationalen Kommilitonen kennen und bekommt einen guten Einblick in die Universität. Das IEEC, eine Studentenorganisation der Universität, kümmert sich sehr gut um die internationalen Studenten. Jeder ausländische Student muss während seines Aufenthalts eine bestimmte Arbeit für die Organisation erfüllen, wie Sprachaustausch oder Flyer verteilen. Das IEEC eröffnet viele Möglichkeiten für die ausländischen Studenten. Sie organisieren viele Aktivitäten außerhalb der Universität, wie ein Barbecue am Strand oder den Besuch eines Basketballspiels. Zudem trifft man sich jede Woche in einer anderen Bar in San Francisco, um sich besser kennen zu lernen. Im Landesprogramm Kalifornien der Universität Stuttgart ist man nur als Undergraduate Student zugelassen, was unserem Grundstudium entspricht. In den ersten Wochen sollte man sich über seine Kurse entscheiden und auf jeden Fall alle besuchen, da fast alle komplett überlaufen sind und in den ersten Sitzungen aussortiert wird. Zudem ist es wichtig zu entscheiden, ob man die Kurse belegen will oder ob sich Alternativen besser eignen. Der Großteil der internationalen Studenten hat die meisten Kurse noch einmal geändert, nachdem man wusste, ob der Kursinhalt für sein eigenes Studium passte oder nicht. Das Studieren selbst unterscheidet sich deutlich von dem Universitätssystem hier.

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Man hat zwar nur 4-5 Kurse, diese aber öfter pro Woche. Zudem muss man für jede Sitzung Texte lesen oder etwas anderes vorbereiten. Es gibt vielmehr Prüfungen und Präsentationen während des Semesters und Hausarbeiten werden am Ende des Semesters bereits abgegeben. So ist das Studieren dort um einiges zeitaufwendiger. Die Kurse an sich haben mir sehr gut gefallen. Ich hatte sehr angenehme Dozenten, die auch alle höchst kompetent waren. Als internationaler Student wird man auch speziell berücksichtigt und kann sich jederzeit an die Dozenten wenden, falls man Probleme hat. Das Niveau der Kurse war nicht ganz so hoch wie in Deutschland. Die Dozenten stellen dar, was sie in den Klausuren hören wollen, so dass man sich gezielt darauf vorbereiten kann. Die Kurse sind also nicht so anspruchsvoll, aber umfangreicher. Ich habe dort die Hälfte meiner Kurse neu gewählt und einen Sprach-, Literatur-, Politik- und Geschichtskurs belegt. Einen Kurs über amerikanische Politik aus amerikanischer Sichtweise zu belegen, kann ich jedem empfehlen.

Nicht nur Studium… Neben den Kursen konnte man auch viele andere Angebote an der San Francisco State wahrnehmen. Es gab ein hervorragendes Sportprogramm mit Nutzung von Fitnesscenter und Schwimmhalle, sowie eigene Universitätsligen, in denen man sich mit anderen Studenten in Basketball, Fußball, Volleyball und anderen Sportarten messen konnte. Die San Francisco State hat auch eigene Sportteams, denen man bei ihren Ligaspielen zuschauen kann. Viel wird neben der Universität von der IEEC angeboten. Die Studenten organisieren Ausflüge, Sporttage, Partys oder andere Sachen, so dass man Gelegenheit hat, nationale wie internationale Studenten kennen zu lernen. Es ist sehr hilfreich, wenn man über 21 ist, da einem die meisten Abendveranstaltungen verwehrt bleiben, wenn man jünger ist. Man wird dort genauestens kontrolliert, egal ob man in einem Club oder einer Bar ist und es gibt nur wenige Veranstaltungen für Jüngere. Die Stadt San Francisco ist ein Traum. Sie ist erstaunlich vielfältig und besteht nicht nur aus den typischen Hochhäusern, wie andere amerikanische Großstädte, sondern bietet sehr viel mehr. Es gibt mehrere Strände, Parks und natürlich die Golden Gate Bridge, so dass es einem auf keinen Fall langweilig wird während des Semesters. San Francisco hat verschiedene Viertel, die alle unterschiedlich sind, wie z.B. das Viertel der Mexikaner mit leckerem Essen oder das Viertel der Homosexuellen, in welchem die meisten Partys stattfinden. Generell gilt die Stadt als sehr europäisch und es herrscht eine sehr internationale Atmosphäre. Als Sportfan bietet die Stadt fast alle amerikanischen Sportarten mit den San Francisco 49ers (Football), die Golden State Warriors in Oakland (Basketball), San Francisco Giants (Baseball), sowie die San José Sharks (Eishockey), was allerdings weiter entfernt ist. In der Stadt selbst ist alles sehr einfach zu erreichen, das Transportsystem ist gut ausgebaut und fährt sehr regelmäßig. Man hat keine Probleme tagsüber oder nachts unterwegs zu sein.

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Die Situation als internationaler Student erschwert einem die Kontaktaufnahme zu den „locals“, also den Amerikanern selbst, da man den größten Teil seiner Zeit mit den anderen internationalen Studenten verbringt. Ich hatte Glück, da ich gleich am Anfang Amerikaner kennen gelernt habe. Dadurch wird das Semester dort um einiges interessanter, da einem die „locals“ die unbekannten Seiten und Orte der Stadt und Gegend zeigen können. Mit den Menschen sonst muss man vorsichtig umgehen, da die Amerikaner teilweise sehr verschieden sind. Es sind sehr hilfsbereite und freundliche Menschen, jedoch macht man oft die Erfahrung, dass dies sehr oberflächlich ist und man Probleme hat ein wirklich tiefes Verhältnis aufzubauen. Es gibt genügend Ausnahmen, aber man sollte sich nicht verunsichern lassen durch diese gefühlte Oberflächlichkeit mit der man dort konfrontiert wird. In Kalifornien lohnt es sich natürlich zu reisen, um den gesamten Staat zu sehen und ich habe während meines Semesters größtenteils die Gegend unter San Francisco bereist. Die schönste Gegend für mich ist die Küste von Südkalifornien von San Diego bis Santa Barbara. Sie besteht aus herrlichen Stränden, Küsten und vor allem sehr entspannten Leuten, die anderen Menschen in Bezug auf Lebensglück einiges beibringen können. Neben dieser Gegend kann ich noch den Yosemite National Park und natürlich Las Vegas empfehlen. Für größere Reisen hat man Zeit in der Thanksgivingwoche, während der man eine Woche frei hat und nach dem Semester, so lange das Visum noch gültig ist. Mein Semester war offiziell am 15. Dezember zu Ende und ich musste am 2. Februar das Land verlassen. Während dieser Zeit habe ich mir noch New York, Washington, Philadelphia und Florida. Diese Reise kann ich nur empfehlen. Jeder dieser Orte war besonders und man sieht selten ein solch vielfältiges, interessantes und schönes Land wie die USA.

Gesamteindruck Ein Semester in San Francisco zu verbringen war die perfekte Entscheidung. Ein halbes Jahr ein Leben im Unbekannten zu verbringen hat mir persönlich extrem geholfen und weitergebracht. Die Eindrücke, Erfahrungen und Menschen, die man kennen lernt, würde man nie haben, wenn man dort nur Urlaub machen würde. Es war auch sehr interessant ein anderes Universitätssystem zu besuchen und das Studium an sich war kein Problem, da ich wusste, dass es viele Anlaufpunkte bei Problemen für mich gab. Es wird sich wirklich gut um die internationalen Studenten gekümmert an der San Francisco State University. Ich kann Kalifornien als Ziel sehr empfehlen, da es ein sehr vielfältiger Staat ist mit den Stränden, Küstengebieten, schönen Städten, aber auch Bergen und National Parks. Zudem sind die Kalifornier sehr entspannte Menschen und mir hat diese Lebensweise sehr gut gefallen. San Francisco ist eine wunderschöne Stadt, die einem sehr viel bietet und war für mich der perfekte Ort, um mein Auslandssemester zu verbringen.

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Am Semesteranfang war alles sehr spannend und neu und man denkt nicht viel über seine neue Situation nach. In den Seminaren daheim wurde öfters von dem Kulturschock erzählt, der früher oder später eintrifft. Bis vor dem Semester dachte ich nicht, dass dies wirklich so passiert. Jedoch hatte ich auch meine Probleme während des Semesters. Nach der anfänglichen Begeisterung über das Unbekannte hat sich schnell eine Art Ernüchterungsphase eingestellt, die von Heimweh und Motivationsschwierigkeiten gekennzeichnet war. Ich habe erfahren, dass es den meisten der internationalen Studenten so ging. Allerdings war diese Phase nach zwei Wochen bei mir zu Ende und ich konnte meinen restlichen Aufenthalt voll und ganz genießen. Man sollte also nicht verzweifeln, wenn man anfangs Probleme hat sich einzuleben oder Heimweh hat. Das Semester war auch aus sprachlicher Sicht ein voller Erfolg. Man ist gezwungen dauerhaft Englisch zu sprechen und nicht nur zu hören und das verbessert die Sprache. Zudem lernt man viele alltägliche Wörter, die man davor nicht kannte, aber während dem normalen Leben eben braucht. Mein Gesamteindruck dieses Semesters ist hervorragend. Kalifornien, San Francisco und die Universität waren die perfekte Wahl, um ein Semester im Ausland zu verbringen. Die Universität Stuttgart, bzw. das Internationale Zentrum, wie auch die San Francisco State University vor Ort haben mich gut vorbereitet und sich auch gut um mich gekümmert. Ich würde jedem Studenten empfehlen diese Möglichkeit zu nutzen und selbst solche Erfahrungen zu machen. Man entwickelt sich nicht nur sprachlich, sondern auch persönlich weiter. San Francisco und die San Francisco State University bieten beste Gelegenheiten dazu.