EIN SCHATZ NICHT VON GOLD

AUSSTELLUNGSBEGLEITHEFT Nach Rundgang bitte wieder zurücklegen! EIN SCHATZ NICHT VON GOLD Benno von Meißen Sachsens erster Heiliger 2. ZWISCHEN KAI...
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AUSSTELLUNGSBEGLEITHEFT Nach Rundgang bitte wieder zurücklegen!

EIN SCHATZ NICHT VON GOLD Benno von Meißen Sachsens erster Heiliger

2. ZWISCHEN KAISER UND PAPST  Benno von Meißen 

2.1

Urkunde mit Ersterwähnung Bennos

GOSLAR, 13. MÄRZ 1062 | STADTARCHIV GOSLAR, INV. NR. STADT GOSLAR, PETERSBERG 1

König Heinrich IV. schenkt dem Kloster auf dem Peters­berg zu Goslar mit dieser Urkunde ein ihm vom Sohn des Grafen Christoph überlassenes Gut in Barleben. Die Zustimmung dazu gibt Benno, Bruder Christophs und königlicher Kaplan. Da ein Ben­ no 1066 zum zehnten Bischof von Meißen ernannt wird, gilt diese Urkunde als seine Ersterwähnung und ist Beleg dafür, dass er zuvor Hofkaplan am Stift St. Simon und Judas zu Goslar war. 2.2

2.4

Zur liturgischen Kleidung eines Bischofs zählen auch sogenannte Pontifikalschuhe. Die prächtigen Schuhe Bischof Bernhards I. von Hildesheim stellen eine für das hohe Mittelalter typische Zwischenform von Sandale und festem Schuh dar. Die Lederschuhe Bernhards I. wurden gleich einer Reliquie verehrt. Als Hildesheimer Bischof betrieb er die Heilig­ sprechung seines Vorgängers Godehard, in dessen Amtszeit Benno von Meißen im Hildesheimer Michaels­kloster gelebt haben soll.

UM 1160/70 ODER UM 1183 | MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE HAMBURG, INV. NR. 1877.155

2.5

BYZANZ, ENDE 11. JH. | DIÖZESANMUSEUM OSNABRÜCK

2.  Z WISCHEN KAISER UND PAPST BENNO VON MEISSEN

Slawisches Fußgefäß

10. JH. | DRESDEN, LANDESAMT FÜR ARCHÄOLOGIE SACHSEN, INV. NR. 00091110

Machart und Wellenverzierung des tönernen Ge­ fäßes weisen auf die slawischen Bewohner des Elb­ raumes hin, deren Missionierung zu den Aufgaben Bischof Bennos gezählt haben dürfte. Gefunden in einem Körpergrab bei Riesa ist die Zuordnung des Kelches dennoch nicht eindeutig. Es könnte sich sowohl um eine heidnische Grabbeigabe als auch ein Symbol für die christliche Eucharistiefeier handeln.

Sogenannte Kasel Bischof Bennos II. von Osnabrück

Die Kasel aus Seidengewebe wird Bischof Benno II. von Osnabrück, einem Zeitgenossen Bennos von Meißen, zugeschrieben. Sie ge­ hört zum feierlichen Ornat eines Bischofs. Der Überlieferung nach schenkte Kaiser Heinrich IV. ihm den Stoff zum Dank dafür, dass dieser ihn als Vermittler bei seinen schwierigen Unterhandlungen mit Papst Gregor VII. nach Canossa begleitet hatte. Möglicher­weise gelangte das Gewand noch im 11. Jahrhundert in das von Benno II. gegründete Benediktinerkloster Iburg. Der Klostertradition nach soll die Kasel 1408 nach einem Kirchenbrand unver­ sehrt im Grab des Klostergründers gefunden und bis zur Auflösung des Konvents von den Mönchen am Jahrestag Bennos II. getragen worden sein. Aufgrund des guten Erhaltungszustandes erscheint es jedoch

Pontifikalschuhe des Bischofs Bernhard I. von Hildesheim

WOHL HILDESHEIM, 1. H. 12. JH. | DOMMUSEUM HILDESHEIM, INV. NR. DS 87

Emailtafel mit Investiturdarstellung

Hochmittelalterliche Herrscher sahen es als ihr gottgegebenes Recht an, neue Bischöfe zu bestim­ men und in ihr Amt einzuführen. Die Tafel zeigt die Investitur Erzbischof Annos II. von Köln (reg. 1056–1075), einem Förderer Bennos, durch Kaiser Heinrich III. (reg. 1039–1056) im Jahr 1056. Benno selbst wurde 1066 auf Empfehlung Annos II. durch Heinrich IV. als Meißner Bischof eingesetzt. 2.3

zweifelhaft, ob es sich bei der Kasel tatsächlich um das bischöfliche Grabgewand handelt.

2.6

Griffel vom Meißner Burgberg (Kopie)

10./11. JH. | DRESDEN, LANDESAMT FÜR ARCHÄOLOGIE SACHSEN, INV. NR. 1208/65K

Als Mittelpunkt von Markgrafschaft und Bistum befindet sich Meißen zur Zeit Bennos im Umbruch. Schriftlichkeit ist im slawisch geprägten Daleminzi­ en noch nicht alltäglich und wird erstmals in diesem Verwaltungszentrum auf dem Meißner Burgberg greifbar. Der Griffel zeigt an beiden Schmalseiten je­ weils einen stilisierten Menschen. Vermutlich wurde er zum Einritzen auf einer Wachstafel genutzt. 2.7

Schläfenringe

11. JH. | DRESDEN, LANDESAMT FÜR ARCHÄOLOGIE SACHSEN, INV. NR. DD-117/SF 6.1, DD-117/SF 6.2, DD-117/SF 7.1

In seinem Amtsgebiet traf Benno vor allem auf Ein­ wohner, denen christliche Vorstellungen nicht mehr 2.  Z WISCHEN KAISER UND PAPST BENNO VON MEISSEN

fremd waren, deren Anschauung von Leben und Tod jedoch noch fest in der slawischen Glaubenswelt verankert war. Die Schläfenringe entdeckte man im Grab eines Mädchens. Während die Grabbeigaben aus Keramik noch auf heidnische Begräbnisriten ver­ weisen, ist die Ausrichtung der Toten mit dem Kopf nach Westen typisch christlich. 2.8

Halsring

WOHL 11. JH. | DRESDEN, LANDESAMT FÜR ARCHÄOLOGIE SACHSEN, INV. NR. DD-100/R6892

Bei Amtsantritt Bennos als Meißner Bischof war das Land um Meißen noch weitgehend slawisch geprägt. Zu den Überresten der slawischen Kultur im Elbtal zählen typische Schmuckstücke wie Halsringe aus Bronze oder Eisen. Die Herstellung dieses Ringes aus verdrillten Drähten zeugt vom hochentwickelten Stand des slawischen Handwerks. 2.9

Anhängerkreuz

MITTELALTERLICH | DRESDEN, LANDESAMT FÜR ARCHÄOLOGIE SACHSEN, INV. NR. 00090327

Das kleine Anhängerkreuz aus Blei entstammt einem Streufund an der Ortenburg in Bautzen. Vom Meiß­ ner Elbland durch dichte Wälder getrennt gehörte auch diese Gegend zum Amtsbereich Bischof Ben­ nos. Der Legende nach soll Benno um 1074 den Umbau einer ursprünglichen Johanniskirche zur Bautzner Pfarrkirche St. Petri veranlasst haben. 2.10 Brakteat, wohl Wiprecht von Groitzsch

MEISSEN, 1123/1124 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. AFB16

In der auf dem Münzbild dargestellten Person wird Markgraf Wiprecht von Groitzsch vermutet. Al­ lerdings ist diese Zuweisung keineswegs gesichert. Während sich ein Großteil der sächsischen Fürsten und Bischöfe nach 1073 gegen Heinrich IV. gestellt hatte, unterstützte er den König weiterhin. Im Ge­ folge Heinrichs IV. gelang ihm der Aufstieg zu einem der mächtigsten Fürsten seiner Zeit. 2.11 Siegelstempel des Benediktinerkonvents St. Jakob Pegau

PEGAU, VOR 1269 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, SIGN. 12880 SIEGEL, NR. 2645

Der Konvent des Benediktinerklosters Pegau im Bistum Merseburg führte das Siegel mit einer Dar­ 2.  Z WISCHEN KAISER UND PAPST BENNO VON MEISSEN

stellung des Klosterpatrons Jakob seit 1269. Pegau ist eine Stiftung Markgraf Wiprechts von Groitzsch. Bei der Weihe des Klosters fehlte Benno von Mei­ ßen, wohl wegen seines schlechten Verhältnisses zu Wiprecht. Wiprechts Schwiegervater König Vratis­ lav II. von Böhmen hatte einst Bennos Gegenbischof Felix gestützt. Im Bistum Meißen existierte bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts noch kein Kloster. 2.12 Schenkung Heinrichs IV. an die Stiftskirche Meißen GOSLAR, 11. DEZEMBER 1071 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, SIGN. 12856 DOMKAPITEL MEISSEN, NR. 6

Zum Gedächtnis Markgraf Ekberts von Meißen schenkt König Heinrich IV. dem Domkapitel zu Meißen mit dieser Urkunde acht königliche Hufen zu Görlitz. Der Besitz der Meißner Kirche erwei­ terte sich damit erheblich. Es ist eine der wenigen Urkunden für Meißen aus der Amtszeit Bennos. Das gut erhaltene Siegel zeigt Heinrich IV. in thronender Pose. 2.13 Benno schließt einen Tauschvertrag mit dem slawischen Edlen Bor

ANGEBLICH 1071 (WOHL FÄLSCHUNG DES 12. JH.) | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, SIGN. 10001 ÄLTERE URKUNDEN, NR. 30

In dieser Urkunde bezeugt Benno eine Tausch- und Nutzungsvereinbarung über zehn Dörfer mit dem Slawen Bor. Von der Forschung wird die Urkunde inzwischen als Fälschung aus dem 12. Jahrhundert angesehen. Allerdings scheint der Inhalt auf einem tatsächlichen Rechtsakt aus der Amtszeit Bennos zu beruhen. Das gefälschte Siegel zeigt die erste erhal­ tene Darstellung Bennos. 2.14 Reitersporn vom Burgberg Meißen

MITTELALTERLICH | DRESDEN, LANDESAMT FÜR ARCHÄOLOGIE SACHSEN, INV. NR. S.: 443/70

2.15 Wellenförmige Hufeisen und Eisennägel

10.–12. JH. | DRESDEN, LANDESAMT FÜR ARCHÄOLOGIE SACHSEN, INV. NR. M-62/00086707, M-62/00086705, M-62/00086676, M-62/00086700, M-62/00086704 (M. NAGEL)

Nach der Eroberung des Landes der slawischen Daleminzier waren die Markgrafen von Meißen zur Grenzsicherung auf einheimische militärische Dienstleute (Vethenici) angewiesen. Vor allem im 2.  Z WISCHEN KAISER UND PAPST BENNO VON MEISSEN

Wohnbereich des westlichen Meißner Burgareals wurde eine größere Zahl von Hufeisen und -nägeln gefunden. Möglicherweise waren in diesem Areal die berittenen Truppen der Burgbesatzung unterge­ bracht. 2.16 Schwert mit Griff (Deutsches Schwert)

SACHSEN, 10. JH. | SBG GGMBH, ALBRECHTSBURG MEISSEN, INV. NR. ALB_IN_001889

Die Markgrafschaft Meißen blieb bis in das 11. Jahrhun­dert hinein unsicheres Grenzland. Die Burg Meißen selbst wurde mehrmals belagert oder ein­ genommen. Das vollständig erhaltene Schwert mit guter Metallsubstanz entstammt einem Bodenfund und deutet auf die militärischen Konflikte in der Frühzeit des Meißner Bistums hin. 2.17 Lanzenspitze vom Meißner Burgberg

10.–12. JH. | SBG GGMBH, ALBRECHTSBURG MEISSEN, INV. NR. ALB_IN_002508

Nach der Eroberung des slawischen Daleminzien durch Heinrich I. um 928/29 wurden Grenzbur­ gen errichtet, um die deutsche Herrschaft über das Meißner Umland zu festigen und die Grenze entlang der Elbe zu sichern. Die Lanzenspitze zeugt von der damaligen Funktion der Meißner Burg als Militär­ stützpunkt.

2.19 Schenkung Rudolfs von Rheinfelden an die Stiftskirche Meißen

QUEDLINBURG, 25. MÄRZ 1079 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, SIGN. 10001 ÄLTERE URKUNDEN, NR. 32

König Rudolf von Rheinfelden (reg. 1077–1080) schenkt der Stiftskirche Meißen mit dieser Urkunde das Dorf Rothiboresdorf (Rottewitz bei Meißen) im Gau Daleminzien. Als Führer der sächsischen Fürstenopposi­tion fand Rudolf die Unterstützung Bischof Bennos, der bei der Wahl Rudolfs zum Ge­ genkönig 1077 in Forchheim möglicherweise anwe­ send war. 2.20 Brunos Buch vom Sachsenkrieg (Saxonicum Bellum) (Reproduktion) KLOSTER ALTZELLE, 1500 | UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG, SIGN. MS 1323

Zu den wenigen zeitgenössischen Quellen, die über Meißen zur Zeit Bischof Bennos berichten, gehört der Saxonicum Bellum. Der Verfasser vertritt da­ rin konsequent die Position der sächsischen Fürs­ tenopposition gegen Heinrich IV., der auch Benno von Meißen nahestand. Die spätmittelalterliche Abschrift aus dem Kloster Altzelle gilt als einzige vollständige Überlieferung des Werkes.

2.18a Brakteat, Heinrich II. von Eilenburg

MEISSEN, ZWISCHEN 1115 UND 1123 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. AFB 7

2.18b Brakteat, Heinrich II. von Eilenburg

MEISSEN, ZWISCHEN 1115 UND 1123 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. AFB 4

In der Zeit Bennos entwickelte sich Meißen all­ mählich zu einem regionalen Wirtschaftszentrum. Die Prägung einseitiger Pfennige (Brakteaten) in Meißen setzte gar erst nach dem Tod des Bischofs ein. Am Anfang der meißnischen Münzstätte stehen Brakteaten Markgraf Heinrichs II. von Eilenburg (1103–1123) mit dem Bildnis des Markgrafen und einer Burganlage.

2.  Z WISCHEN KAISER UND PAPST BENNO VON MEISSEN

2.  Z WISCHEN KAISER UND PAPST BENNO VON MEISSEN

3. WUNDER, WALLFAHRT, HEILIGER  Heiliger Anfang   im Meißner Dom 

3.1

Sogenannter Benno-Stab: Funeralstab des Bischofs Benno von Meißen

KRÜMME: WOHL SCHOTTLAND, ENDE 10. JH., STAB: WOHL UM 1100, BESCHLAG UND FASSUNG: SACHSEN, UM 1270 | MÜNCHEN, METROPOLITAN- UND PFARRKIRCHENSTIFTUNG ZU UNSERER LIEBEN FRAU

Als man Bischof Benno um 1270 in dem neu errichteten Grab im Mittelschiff des Meißner Domes beisetzte, legte man ihm vermutlich diesen Funeralstab, eine Nachbildung eines hölzernen Bischofsstabes, bei. Zur Gestal­ tung des Stabes nutzte man offenbar ein Wal­ beinmesser, dessen Dekor auf eine Entste­ hung im letzten Viertel des 10. Jahrhunderts in Schottland hinweist. Das Messer zeigt umfangreiche Benutzungsspuren und könn­ te bereits 1106 als Beigabe in das erste Grab Bennos gelegt worden sein. Bei der Umbet­ tung Bennos um 1270 hielt man den Griff für den Teil eines Bischofsstabes und montierte ihn als Krümme auf den nachgebildeten Stab. Gemeinsam mit den Gebeinen Bennos gelangte der Hirtenstab 1576 nach München. Heute wird er im Liebfrauendom im Retabel­sockel des Benno-Altars aufbewahrt. 3.2

mit der Verlegung des Bistumssitzes nach Dresden 1980 wurde die Mitra schließlich in die Hofkirche überführt. 3.3

MEISSEN, 6. AUGUST 1285 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, SIGN. 12856 DOMKAPITEL MEISSEN, NR. 140

Die Urkunde Bischof Withe­ gos I. ist der älteste archiva­ lische Nachweis für die Ver­ ehrung des heiligen Benno im Meißner Dom. In ihr verspricht der Bischof allen Gläubigen, die den Meißner Dom und dort das Grab des seligen Bennos besuchen so­ wie für den Dombau spenden, einen Nachlass zeitli­ cher Sündenstrafen von vierzig Tagen. Erstmals wird in dieser Urkunde das Grab Bennos genannt und als ein Ort herausgestellt, der von Gläubigen aufgesucht wurde. Die Gebeine Bennos waren um 1270, sicher aber vor 1285 durch Bischof Withego I. erhoben und in das Hochgrab überführt worden. Dieser Akt ist einer ortskirch­lichen Heiligsprechung gleichzuset­ zen, die für das Bistum Meißen galt. Am 29. Juli 1455 bestätigte Bischof Caspar von Schönberg den Ab­ lass. Ein entsprechender Vermerk findet sich auf der Rückseite der Urkunde.

Sogenannte Mitra Bischof Bennos

13. ODER 4. V. 14. JH., SPITZE 16. JH. | PROVENIENZ: MEISSEN, DOM – 1576–1580 IM BESITZ DER HERZÖGE VON BAYERN, MÜNCHEN, NEUE VESTE – 1580–1962 IM BESITZ DER LIEBFRAUEN­K IRCHE MÜNCHEN – 1962 DEM BISTUM MEISSEN GESCHENKT, ZUNÄCHST IN BAUTZEN AUFBEWAHRT – AB 1980 IN DER SS. TRINITATISKIRCHE DRESDEN | DRESDEN, BISTUM DRESDEN-MEISSEN

Die Mitra Bennos wurde um 1270 dem neuen Hochgrab des Bischofs beige­ geben. Die Verwendung grüner orien­ talischer Seide auf einer Unterlage aus grobgewebtem Leinen erscheint für eine Mitra des Hochmittelalters ungewöhn­ lich. Auf die Bischofsmütze waren mit Gold­fäden, Flussperlen und blauer Seide Ranken und lilien­artige Blüten gestickt, die nur noch teilweise erhalten sind. Die starken Beschädigungen der Mitra wur­ den schon bei der Übergabe nach Mün­ chen 1576 festgestellt. Anlässlich der Wiederein­ weihung des Hochaltars der 1945 schwer zerstörten Dresdner Hofkirche gelangte die Mitra 1962 wieder nach Sachsen. Da der Sitz des Bistums damals Baut­ zen war, wurde sie zunächst dort aufbewahrt. Erst 3.  W UNDER, WALLFAHRT, HEILIGER

HEILIGER ANFANG IM MEISSNER DOM

Ablassurkunde Bischof Withegos I. von Meißen (1266–1293)

3.4

Ältestes erhaltenes Mirakelbuch des Benno-Kults

MEISSEN, 14./15. JH. | MÜNCHEN, BAYERISCHE STAATS­ BIBLIOTHEK, SIGN. CLM 27044; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Wohl seit dem frühen 13. Jahr­ hundert dokumentierte man in Meißen die Wunder, die am Grab Bischof Bennos gesche­ hen sein sollen. Unter Bischof Withego II. von Colditz (reg. 1312–1342) begann man schließ­ lich, die Wunder aus diesen äl­ teren Dokumenten zu sammeln und in diesem Mirakelbuch zu kompilieren. Gemeinsam mit den Benno-Reliquien wurde die Handschrift 1576 an Herzog Albrecht von Bayern übergeben. Das Buch ist nur fragmentarisch erhal­ 3.  W UNDER, WALLFAHRT, HEILIGER

HEILIGER ANFANG IM MEISSNER DOM

ten. Überliefert sind 89 Wunderberichte vor allem aus dem 14. Jahrhundert. Das Manuskript belegt die große Verehrung, die Benno seit der Erhebung seiner Gebeine erfuhr. 3.5

(­Brakteaten) abgelöst. Diese vier Silbermünzen wur­ den in der Zeit der Markgrafen Friedrich III., Fried­ rich IV. sowie Wilhelm I. von Meißen geprägt. Sie zeigen auf der Vorderseite jeweils ein Lilien­kreuz im Vierpass. Die Rückseite ziert ein steigender Löwe, das Wappentier der Markgrafschaft Meißen. Die Umschriften nennen die jeweiligen Prägeherren und ihre Titel und tragen die Nominalbezeichnung gros­ sus march(ionis) Misnensis (Groschen des Markgra­ fen von Meißen).

Stiftungsurkunde des Domherrn Konrad Preuß (Pruse) zu Ehren von Bischof Benno

MEISSEN, 12. JUNI 1366 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, SIGN. 12856 DOMKAPITEL MEISSEN, NR. 396

Das Domkapitel bestätigt in dieser Urkunde aus dem 14. Jahrhundert die Stiftung eines Jahrgedächt­ nisses zu Ehren Bennos. Konrad Preuß, Domherr und Archidia­konus der Lausitz, stellte für die jähr­ lich zu begehende Feier ein Pfund Freiberger Pfen­ nige (vier Schillinge Meißner Groschen oder 240 Pfennige) zur Verfügung. Die Stiftung enthielt auch die Bestimmung, dass das Jahrgedächtnis im Fall einer Heiligsprechung Bennos in ein Heiligenfest umzuwandeln sei.

3.7

ROM, 18. JULI 1455 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, SIGN. 12856 DOMKAPITEL MEISSEN, NR. 703

Mitte des 15. Jahrhunderts lebte die Bestrebung, eine päpstliche Bestätigung des Benno-Kultes zu erhal­ ten, wieder auf. Das bezeugt eine in Rom ausgestell­ te Ablassurkunde, die mit den Siegeln der Kardinäle Isidor von Thessaloniki, Alain de Coëtivy und Pro­ spero Colonna versehen wurde. Sie gewährten den Gläubigen, die das Grab Bennos an hohen Feiertagen besuchten, einen Ablass von jeweils hundert Tagen.

3.6a Kreuzgroschen, Meißner Groschen, Markgraf Friedrich III.

MÜNZSTÄTTE FREIBERG, ZWISCHEN 1364 UND 1381 | MÜNZ­ KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. AGB255

3.8

3.6b Kreuzgroschen, Meißner Groschen, Markgraf Friedrich IV.

3.6c Kreuzgroschen, Meißner Groschen, Markgraf Wilhelm I.

MÜNZSTÄTTE FREIBERG, ZWISCHEN 1382 UND 1395 | MÜNZ­ KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. AGB530

MÜNZSTÄTTE FREIBERG, ZWISCHEN 1405 UND 1406 | MÜNZ­ KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. AGB566

In seiner Stiftung zu Ehren Bischof Bennos be­ stimmte Domherr Konrad Preuß (Pruse) 1366 für die Begehung des Jahrgedächtnisses jährlich vier Schillinge Meißner Groschen. Um 1338/39 hatte der Meißner Groschen die ältere Pfennigwährung 3.  W UNDER, WALLFAHRT, HEILIGER

HEILIGER ANFANG IM MEISSNER DOM

Siegelstempel des Meißner Domkapitels (Kopie) MEISSEN, VOR 1264 | HOCHSTIFT MEISSEN

Seit dem 13. Jahrhundert führte das Meißner Dom­ kapitel ein eigenes Siegel. Das Typar des Kapitelsie­ gels ist erhalten geblieben. In der Bildmitte erkennt man die beiden Bistumsheiligen Johannes und Dona­ tus. Das Siegel weist das Domkapitel als eigenstän­ dig handelnde Institution neben dem Bischof aus. Bis heute nutzt das Hochstift Meißen das Siegelbild, das die Vorlage für den 2017 neu geschaffenen amtli­ chen Stempel des Hochstifts bildete.

MÜNZSTÄTTE FREIBERG, ZWISCHEN 1381 UND 1390 | MÜNZ­ KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. AGB261

3.6d Kreuzgroschen, Meißner Groschen, Markgraf Wilhelm I.

Ablassurkunde dreier Kardinäle für den Besuch des Benno-Grabes

3.9

Bischofsring Bernhards III. von Kamenz (1293–1296) WOHL PRAG, UM 1293 | PANSCHWITZ-KUCKAU, ZISTERZIENSERINNEN-ABTEI ST. MARIENSTERN

Neben Stab und Mitra gehört auch der Bischofsring zu den bischöflichen Insignien. Der einzige erhaltene Pontifikalring eines vorreformatorischen Meißner Bischofs stammt nach der lokalen Überlieferung von Bernhard III. von Kamenz (reg. 1293-1296). Er besteht aus einem Sardonyx und trägt auf dem Rand neben dem Mariengruß wohl auch eine Gebetsbitte an den heiligen Bernhard von Clairvaux. 3.  W UNDER, WALLFAHRT, HEILIGER

HEILIGER ANFANG IM MEISSNER DOM

3.10 Weihrauchfass

SÜDDEUTSCHLAND, UM 1500 | DOMSCHATZKAMMER ST. PETRI BAUTZEN, SIGN. VS 2

Im mittelalterlichen Gottesdienst kam eine Vielzahl liturgischer Geräte zum Einsatz. 1246 bestimmten Domkapitel und Meißner Bischof, dass Kanoniker beim Aufstieg in eine höhere Präbende (Pfründe) einen Teil ihrer Einnahmen zur Verbesserung des li­ turgischen Schmuckes der Kirche verwenden sollten. Der Deckel dieses Weihrauchfasses ist in Form einer Kuppel mit sechsseitigem Turm und Fenstern als Symbol des himmlischen Jerusalems gestaltet.

3.13 Glasmalerei aus dem Chor des Meißner Domes MEISSEN, UM 1260 | HOCHSTIFT MEISSEN

Die Scheibe stammt aus der ursprünglichen Ver­ glasung des Hohen Chores im Meißner Dom und dort offenbar aus einem der dem Chorachsfenster benachbarten Fenster. Das Fenster war Teil einer programmatischen Ausschmückung des Chores, die das Verhältnis von Altem und Neuem Testament sowie die Erlösungsverheißung für die Menschen durch den Opfertod Christi thematisierte.

3.11 Sammelablass für den Meißner Dom

WÜRZBURG, 18. MÄRZ 1287 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, SIGN. 12856 DOMKAPITEL MEISSEN, NR. 147

Auf einem Konzil im März 1287 konnte der Meißner Bischof Withego I. einige der Kirchenfürsten über­ zeugen, Ablässe für den Meißner Dom auszustellen. Da jeder Bischof nach dem Kirchenrecht nur einen Nachlass an Sündenstrafen von maximal vierzig Tagen vergeben konnte, war es üblich geworden, Ablassurkunden von möglichst vielen Bischöfen unterzeichnen zu lassen. Der Ablass richtete sich an Gläubige, die den Meißner Dom an hohen Feierta­ gen besuchten und für die Vollendung des Dombaus spendeten. 3.12 Papst Bonifaz IX. erneuert die Exemtion des Bistums Meißen

ROM, 12. DEZEMBER 1399 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, SIGN. 12856 DOMKAPITEL MEISSEN, NR. 546

Ende des 14. Jahrhunderts entwickelte sich die Di­ özese Meißen zum „Landesbistum“ der Markgrafen von Meißen. Unter anderem versuchte Markgraf Wilhelm I. das Bistum Meißen, seit seiner Gründung ein Suffraganbistum Magde­burgs, aus diesem Metro­ politanverband zu lösen. Dazu ließ er sich von Papst Bonifaz IX. eine Urkunde ausstellen, die die direkte Unterstellung des Bistums unter die Aufsicht des Papstes verfügte.

3.  W UNDER, WALLFAHRT, HEILIGER

HEILIGER ANFANG IM MEISSNER DOM

3.  W UNDER, WALLFAHRT, HEILIGER

HEILIGER ANFANG IM MEISSNER DOM

4. SACHSENS ERSTER HEILIGER  Heiligsprechung   mitten in der   Reformation 

4.1

Gedicht über Benno für Papst Julius II. (reg. 1503–1513)

für die Weltanschauung seiner Entstehungszeit. Benno entspricht deshalb dem humanistisch-reform­ orientierten Idealbild eines Bischofs. Das Titel­ bild zeigt die einzige überlieferte Darstellung des ­Benno-Grabmals im Meißner Dom.

EPITOME AD SANCTISSIMUM DOMINUM NOSTRUM PAPAM JULIUM SECUNDUM SUPER VITA, MIRACULIS ET TESTIMONIA DIVI PATRIS BENNONIS EPISCOPI; HIERONYMUS EMSER, LEIPZIG: MELCHIOR LOTTER D. Ä., 1505 | UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG, SIGN. 01A-2009-11609

Der Theologe Hieronymus Emser verfasste ein Ge­ dicht auf Bischof Benno, um den Papst für den seit 1499 laufenden Kanonisationsprozess zu gewinnen. Das Gedicht ist dem Kunstmäzen Papst Julius II. (Giuliano della Rovere) gewidmet, der darin zur Re­ form der Kirche aufgerufen wird. In gekürzter Form ist das Gedicht als Anhang in Emsers „Vita Benno­ nis“ enthalten. 4.2

4.4

HENNING ROSE ZUGESCHRIEBEN; HILDESHEIM, ANF. 16. JH.; PAPIER MITTLERES 15. JH., BL. 5 14. JH. | MÜNCHEN, ­B AYERISCHE STAATSBIBLIOTHEK, SIGN. CLM 27045; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

4.3

Lebens- und Wunderbeschreibung Bischof Bennos von Meißen in Latein

DIVI BENNONIS MISNENSIS QUONDAM EPISCOPI VITA, MIRACULA ET ALIA QUEDAM : NON TAM MISNENSIBUS QUAM GERMANIS OMNIBUS DECORA; HIERONYMUS EMSER; LEIPZIG: MELCHIOR LOTTER D. Ä. 1512 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATSUND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. HIST.SAX.L.7; 2. LEIHZEIT: UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG, SIGN. OFF. LIPS. LO. 74

Für den Erfolg des laufenden Kanonisationsprozes­ ses beauftragt Herzog Georg den Dresdner Hofka­ plan Hieronymus Emser mit einer Vita zu Benno. Auf der Grundlage historischer Zeugnisse kann er jedoch nur wenig in Erfahrung bringen. So entsteht daraus ein Bild des Heiligen, das aussagekräftig ist 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

HEILIGSPRECHUNG MITTEN IN DER REFORMATION

WOHL 11. JH.; FUNDORT: DRESDEN-KADITZ | DRESDEN, LANDESAMT FÜR ARCHÄOLOGIE SACHSEN, INV. NR. DD-31/96/R 3259, FUND-ID 00049102

Der Schlüssel ist neben dem Fisch das Heiligenattri­ but Bennos. Dieser Schlüssel wird in die Amtszeit Bennos datiert. Der Legende nach soll der seines Amtes enthobene Bischof nach Rom zum Papst gereist sein, um sein Amt wiederzuerlangen. Zu­ vor hatte er die Domschlüssel in die Elbe geworfen, damit der Gegenbischof und vor allem König Hein­ rich IV. diesen nicht betreten konnten. Nach seiner Rückkehr in Meißen speiste er in einem Gasthaus und fand unter Zeugen in dem ihm servierten Elb­ fisch die Domschlüssel. Benno wurde daraufhin erkannt und feierlich in den Dom geführt. Erstmals belegt ist die Erzählung 1499, als sie während der ersten Zeugenbefragung im Rahmen des Kanonisati­ onsprozesses protokolliert wurde.

Vita divi Bennonis episcopi eccle(sia) misnensis, fabulosa

Da bislang eine Benno-Vita fehlt, begeben sich der Meißner Domdekan Dr. Hennig und der Theologe Hieronymus Emser 1510 in Hildesheim und Goslar auf die Suche nach historischen Zeugnissen über ihn. Im Hildesheimer Kloster St. Michael lernen sie den Mönch Henning Rose kennen, der schließlich eine Vita über Benno (fol. 4v–9r) verfasst. Diese erweitert er mit zahlreichen erfundenen Details, teils Übernahmen aus der Biografie des heiligen Bern­ ward von Hildesheim. Der Autor begründet damit die Relevanz von Hildesheim als Wirkungsstätte des späteren Heiligen und verknüpft geschickt zwei Heiligenkulte miteinander.

Schlüssel

4.5

Kompendium mit Benno-Vita und Bernward-Viten aus St. Michael in Hildesheim

VITA SANCTI ET / INCLITI BERNWAR / DI EPISCOPI BEN / ­N OPOLITANI ALI /AS HILDENSEMEN /SIS VEL BENONIEN /SIS ET DE MIRACU /LIS EIUSDEM INCI / PIT FELICITER; HENNING ROSE; HILDESHEIM, 1. V. 16. JH. | DOMBIBLIOTHEK HILDESHEIM, SIGN. HS 123B

Das Kompendium wurde von Henning Rose, nach­ weislich zwischen 1512 und 1532 Mönch von St. Mi­ chael, angelegt. Rose bündelt hierin Lokalgeschicht­ liches, speziell zum heiligen Bischof Bernward von Hildesheim (reg. 993– 1022). Die Bernward-Vita ist ihm Muster für seine Benno- Fälschungen. Auch gibt er Benno als Verfasser der Grabschrift Bernwards aus (fol. 27v). Enthalten ist außerdem Material zu Benno (fol. 43r–110r): gleich zu Beginn eine Ben­ no-Vita aus der Feder des Meißner Dekans Hen­ nig, mit dem er in regem Briefwechsel stand, und ­Benno-Wunder.

4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

HEILIGSPRECHUNG MITTEN IN DER REFORMATION

4.6

Lebens- und Wunderbeschreibung Bischof Bennos von Meißen in Deutsch

DAS HEILIG LEBEN VND LEGEND DES SELIGEN VATTERS ­B ENNONIS WEYLUND BISCHOFFEN TZU MEYSSEN: GEMACHT VÑ IN DAS TEWTSCH GEBRACHT: DURCH JERONYMŨ EMSER; HIERONYMUS EMSER; LEIPZIG: MELCHIOR LOTTER D. Ä., 1517 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. HIST.SAX.L.53; 2. LEIHZEIT: UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG, SIGN. OFF. LIPS. LO. 116

Die Bedeutung volkssprachlicher Agitation erken­ nend verfasst der Dresdner Hofkaplan Hieronymus Emser eine deutsche Fassung von Bennos Leben und Wundertätigkeit. Er kürzt die Lebensbeschreibung von Benno, fügt jedoch einen Anhang mit 54 Wun­ derberichten an. Dazu stützt er sich auf die am Dom geführten Wunderbücher und nutzt Material der Zeugenbefragungen von 1499 und 1515 in Meißen. Diese und 1518 protokollierte Wunder werden mit Abschriften der Wunderbücher aus dem Dom nach Rom gesandt. 4.7

Einblattdruck mit der Publikation eines Ablasses Albrechts von Brandenburg, Erzbischof von Magdeburg, auf Benno (Reproduktion)

LEIPZIG: MELCHIOR LOTTER, NACH 3. OKTOBER 1515 | PROVENIENZ: CULEMANNSCHE SAMMLUNG VON WIEGENUND FRÜHDRUCKEN; MUSEUM AUGUST KESTNER HANNOVER, INV. NR. 4353

Die Ablassurkunde, mit der der Magdeburger Erzbi­ schof das wieder angelaufene Kanonisationsverfah­ ren Bennos unterstützt, ruft die Gläubigen dazu auf, an das Benno- Grab in Meißen zu kommen und „ihre hilfreiche Hand den Unkosten dieser Sache nicht zu verschließen“. Seit 1497 war ein Teil der dort ein­ kommenden Opfergaben für die Kosten der Kanoni­ sation bestimmt. Nach Reue und Beichte verspricht die Urkunde den Gläubigen einen Strafnachlass von hundertvierzig Tagen, sofern sie an dem Geschäft der Kanonisation teilnehmen oder auf andere Weise Unterstützung leisten. 4.8

Schautaler auf Herzog Georg den Bärtigen (reg. 1488/1500–1539)

HIERONYMUS MAGDEBURGER; SACHSEN, 1527 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BGB2570

Herzog Georg von Sachsen ist über drei Jahrzehnte hinweg der entscheidende Initiator und Förderer der Heiligspre­chung Bennos. – Der vergoldete Schauta­ ler mit dem Brustbild des Fürsten auf der Vorderseite

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geht auf eine Porträtmedaille des berühmten Augs­ burger Künstlers Hans Schwarz zurück, die anläss­ lich des Augsburger Reichstages von 1518 entstand. 4.9

Medaille auf Kurfürst Friedrich den Weisen (reg. 1486–1525)

NACH LUCAS CRANACH D. Ä.; SACHSEN, 1507 (ENTSTANDEN 1508) | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BGB2129 (KOPIE VORDERSEITE), BGB2284 (KOPIE RÜCKSEITE)

Friedrich der Weise ist vor allem als Beschützer Luthers bekannt geworden. Er unterstützt in enger Absprache mit seinem Cousin Herzog Georg aber auch die Heiligsprechung Bennos. Friedrichs Bitt­ schreiben an Papst Leo X. ergeht noch 1518, im Jahr nach Luthers Thesenanschlag! – Die silberne Me­ daille entsteht 1507 anlässlich von Friedrichs Wahl zum Reichsvikar, also zum Vertreter des nach Italien ziehenden Königs Maximilian I. im Reich. 4.10 Medaille auf Kaiser Maximilian I. (reg. 1486–1519)

NACH HANS BURGKMAIR; 1518 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BJD4033

Habsburger und Wettiner sind seit Generationen eng verbunden. Auch deshalb unterstützt Kaiser Maximilian die von Herzog Georg forcierte Heilig­ sprechung Bennos. Der damals vielleicht mächtigs­ te Herrscher Europas bittet 1518 bei Papst Leo X. nachdrücklich für Benno. – Die Medaille auf Maxi­ milian entsteht 1518 im Auftrag seines alten Feindes Franz von Sickingen, mit dem sich der Kaiser damals aussöhnt. 4.11 Medaille auf Jakob Fugger d. Ä. (1459–1525)

WOHL VALENTIN MALER; DRESDEN, O. J. | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. B1D4575

Die Fugger betreiben das bedeutendste Handelshaus ihrer Zeit und sind den Wettinern eng verbunden. Über Jakob Fugger und seine Faktoreien in Rom, Augsburg und Leipzig laufen Nachrichten und Geld­ ströme zwischen Dresden und Italien. Damit sichern die Fugger Bennos Heiligsprechung logistisch ab. – Die in Zinn gegossene Medaille zeigt Jakob Fugger mit Pelzrock und pelzbe­setzter Mütze.

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4.12 Medaille auf Papst Alexander VI. (1492–1503)

GIROLAMO PALADINO; O. J. (1664) | MÜNZKABINETT, STAAT­ LICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BTC1386

In der Zeit des Kanonisationsverfahrens für Benno zwischen 1499 und 1523 amtieren fünf Päpste. Unter Papst Alexander VI. aus dem Hause Borgia nimmt das Verfahren zunächst zügig Fahrt auf. So setzt er unter anderem 1499 eine deutsche Untersuchungs­ kommission ein und beruft 1501 eine römische Kar­ dinalskommission. Sein Tod stürzt den Prozess nach 1503 in eine Krise. 4.13 Medaille auf Papst Pius III. (1503)

GIROLAMO PALADINO; O. J. (1664) | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BTC1389

Mit der Wahl Papst Pius III. scheinen die Aussich­ ten für Bennos Heiligsprechung bestens. Pius III. spricht deutsch, ist im Reich gut vernetzt und gilt als Förderer der „deutschen Nation“ in Rom. Nach dem Renaissancepapst Alexander VI. erhofft man sich von ihm endlich auch kirchliche Reformen. Doch alle Hoffnungen sind dahin, als Pius nach lediglich 26 Tagen im Amt stirbt. 4.14 Medaille auf Papst Julius II. (1503–1513)

GIROLAMO PALADINO; O. J. (1664) | MÜNZKABINETT, STAAT­ LICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BTB8549

Papst Julius II. aus dem Haus Rovere gehört zu den Feinden der Borgia und lässt alle von Alexander VI. begonnenen Projekte ruhen. Das gilt auch für die Heiligsprechung Bennos. Julius II. verweigert sich sogar der persönlichen Bitte Herzog Georgs, eine neue Kardinalskommission für das Verfahren zu berufen. 4.15 Medaille auf Papst Leo X. (reg. 1513–1521)

UNBEKANNTER MEISTER; ROM, O. J. (1513) | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BTC1398

Mit der Wahl Papst Leos X. gibt es wieder Hoffnung für den Kanonisationsprozess Bennos. Schon 1513 setzt Leo X. hierfür eine neue Kardinalskommis­ sion ein. Über Kardinal Nikolaus von Schönberg, einen Jugendfreund Herzog Georgs, bestehen enge Kontakte zu den Medici. 1521 fällt schließlich die Entscheidung des päpstlichen Konsistoriums, Benno heiligzusprechen. Doch bevor Leo X. diese Kanoni­ sation durchführen kann, stirbt er.

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4.16 Medaille auf Papst Hadrian VI. (1522–1523)

GIROLAMO PALADINO; O. J. (1664) | MÜNZKABINETT, STAAT­ LICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BTC1401

Es dauert fast ein Jahr, bis nach dem Tod Papst Leos X. ein neuer Papst gewählt wird. Solange muss auch die Kanoni­sation Bennos warten. Doch der neue Papst Hadrian VI. lässt hoffen. Mit dem ge­ bürtigen Niederländer gelangt erstmals wieder ein „Deutscher“ auf den Papststuhl. Am 31. Mai 1523 führt Hadrian VI. die erste Doppelkanonisa­tion durch und nimmt mit Benno auch Antoninus von Florenz in das Register der Heiligen auf. 4.17 Medaille auf Martin Luther (1483–1546)

HIERONYMUS MAGDEBURGER; SACHSEN, O. J. | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. B1D3608

Für Martin Luther ist die Heiligsprechung Bischof Bennos Herausforderung und Provokation. Erneut prallen hier der Kirchenreformer Herzog Georg und der Reformator Luther ganz grundlegend aufeinan­ der. Mit seiner Streitschrift gegen Bennos Erhebung bezieht Luther öffentlichkeitswirksam gegen die Ka­ nonisation Stellung. – Der zeitgenössische Bleiguss zeigt Luther mit Barett und Talar. 4.18 Medaille auf Kardinal Albrecht von Brandenburg (1513–1545)

MEISTER DER GRUPPE NÜRNBERG; 1525/1526 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BOB2507

Kardinal Albrecht von Brandenburg, Erzbischof von Mainz und von Magdeburg, ist der einflussreichste kirchliche Würdenträger im Reich. Albrecht resi­ diert in Halle und nimmt an den mitteldeutschen Geschehnissen großen Anteil. Natürlich unterstützt er Bennos Heiligsprechung. Die für den 16. Juni 1524 im Meißner Dom geplanten Feierlichkeiten soll er leiten, kann dann aber doch nicht teilnehmen. 4.19 Brief Herzog Georgs von Sachsen an Bernhard Sculteti in Rom

MEISSEN, 19. MÄRZ 1509 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, 10004 KOPIALE, NR. 112, FOL. 269V; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Herzog Georg bittet Dr. Sculteti in diesem Brief, sich bei Papst Julius II. für die Kanonisation Bennos einzusetzen. Sculteti ist mittlerer Beamter an der Kurie und langjähriger Vertrauter Herzog Georgs in dem unter Papst Julius II. stockenden Kanonisati­ 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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onsprozess. Ab 1514 treibt er die Kanonisation quasi als Projektleiter entscheidend voran. Sculteti stirbt 1519 und erlebt die Heiligsprechung nicht mehr. 4.20 Brief Papst Leos X. an Herzog Georg von Sachsen ROM, 5. JULI 1520 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, 10024 GEHEIMER RAT (GEHEIMES ARCHIV), LOC. 08994/08, FOL. 106R–V

Die umfangreiche Akte belegt die jahrelange, auf­ wendige Lobbyarbeit Herzog Georgs für Bennos Heiligsprechung. In diesem Brief sagt Papst Leo X. dem sächsischen Herzog weitere Unterstützung im Kanonisationsprozess zu, erklärt und rechtfertigt aber auch das lange Verfahren. Georg hatte mit dem Abzug der Prokuratoren gedroht und damit, das bei den Fuggern für die Kurie hinterlegte Geld wieder zurückzunehmen. 4.21 Brief von Dr. Johannes Hennig (um 1455–1526) an Papst Leo X.

DRESDEN, 7. DEZEMBER 1521 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, 10024 GEHEIMER RAT (GEHEIMES ARCHIV), LOC. 08994/08, FOL. 133R–V (2. LEIHZEIT FÜR 4.20)

In diesem Brief dankt Dr. Johannes Hennig, De­ kan des Meißner Domkapitels, Papst Leo X. in der Kanonisations­angelegenheit Bennos. Er bittet ihn, das Verfahren mit der förmlichen Heiligsprechung nun zu vollenden. Die Nachricht vom Tod Leos X. am 1. Dezember 1521 hatte ihn offensichtlich noch nicht erreicht. – Die Akte enthält auch einen Plakat­ druck der Kanonisationsbulle Papst Hadrians VI. von 1523. 4.22 Relatio über den Markgrafen Leopold für dessen Heiligsprechung

JOHANNES FRANCISCUS DE PAVINIS (JOHANN FRANZISKUS VON PAVIA); ROM, UM 1483/85 | NAUMBURG, VEREINIGTE DOMSTIFTER ZU MERSEBURG UND NAUMBURG UND DES KOLLEGIATSTIFTS ZEITZ, HIST. FOL. 235 (INK)

Bereits seit dem Hochmittelalter wird der heilige Markgraf Leopold (gest. 1136) in Niederösterreich und Wien verehrt, 1663 wird er österreichischer Lan­ despatron. Der erste Versuch einer von den Habs­ burgern initiierten Heiligsprechung im 14. Jahrhun­ dert misslingt. Erst auf Betreiben Kaiser Friedrichs III. wird 1485 das langwierige Kanonisationsver­ fahren mit Erfolg beendet. Der erfahrene Rechtsge­ lehrte de Pavinis stellt das umfangreiche Material zur 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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Vorlage für drei Sitzungen des Kardinalskollegiums in Rom geschickt zusammen. Eines von vier erhalte­ nen Prachtexemplaren der Relatio gelangt aus dem Besitz von Kardinal Rodrigo de Borgia (später Papst Alexander VI.) früh an den Naumburger Bischof Johannes III. von Schönberg. Als Vorsitzender der vom Papst eingesetzten ersten Kommission im Ka­ nonisationsverfahren für den heiligen Benno kann er die Relatio den Beteiligten zugänglich machen. 4.23 Büste des heiligen Benno mit Familienwappen derer von Heynitz

SACHSEN, UM 1520 | HOCHSTIFT MEISSEN, LEIHGABE DER FAM. VON HEYNITZ

Die Adelsfamilie derer von Heynitz unterstützt das Kano­nisationsverfahren Bennos von Anfang an. Sie machen Benno zum Schutzheiligen ihrer Familie und benennen Söhne nach ihm. Der Meißner Dom­ herr Dr. Nikolaus von Heynitz ist einer der drei Gutachter der ersten lokalen Kommission. – Die Büste, eventuell eine Stiftung für die Kapelle von Schloss Heynitz, könnte für eine Nahwallfahrt ge­ nutzt worden sein. 4.24 Bildnis Papst Hadrians VI. (Reproduktion)

KOPIE NACH JAN VAN SCOREL; 16. JH. | UNIVERSITY OF LEUVEN

Das Bildnis Papst Hadrians VI. ist eine Kopie nach Jan van Scorel (1495-1562), der italienische Einflüs­ se in die niederländische Malerei übermittelt. Von Papst Hadrian fertigt Scorel mindestens zwei Bild­ nisse an, die in der Komposition dem Staatsporträt Papst Julius II. von Raffael folgen. Eines davon wird an das Papstkolleg der Universität Löwen übersandt (nachgewiesen bis 1797), an der Hadrian bis 1515 tätig ist. Erhalten blieb diese Kopie. 4.25 Bulle Excelsus Dominus Papst Hadrians VI. über die Kanonisation Bennos ROM, 31. MAI 1523; SCHREIBER: ANDREAS DE CASTILLO | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, 10001 ÄLTERE URKUNDEN, NR. 10412

Geschafft! Mit der Ausferti­ gung der feierlichen Kano­ nisationsurkunde wird das Verfahren zur Heilig­ sprechung Bennos formell abgeschlossen. Die 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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Pergamenturkunde in ihrem außergewöhnlichen Format und mit besonderen Ausschmückungen hebt sich von üblichen päpstlichen Ausstellungen ab. Sie beweist den besonderen Rang der Angelegenheit. Die Wappen des Papstes und seines Landsmannes und Datars Wilhelm von Enckenvoirt, zugleich wichtiger Prokurator Herzog Georgs, schmücken diese. – Die Urkunde wird rückwirkend zum Tag der Kano­nisation datiert, jedoch erst später ausgefertigt. Bischof Johann von Meißen erhält sie am 24. Juli in seine Residenz Stolpen. Bereits am nächsten Tag lässt er dem sächsischen Herzog Georg eine Ab­ schrift zukommen. 4.26 Anzeige der Kanonisationsbulle Papst Hadrians VI. als gedrucktes Urkundenplakat

ENTSTANDEN NACH DEM 7. SEPTEMBER 1523 UND WOHL VOR DEM 29. MÄRZ 1524, [LEIPZIG: MELCHIOR LOTTER D. Ä.]; BESIEGELTER UND HANDSCHRIFTLICH KORRIGIERTER DRUCK | MÜNCHEN, BAYERISCHES HAUPTSTAATSARCHIV, KL MÜNCHEN U.L.F. 344; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Beglaubigte Abschriften der Urkunde wer­ den zwischen September 1523 und März 1524 in einem repräsentativen Format gedruckt und durch den Bischof und Her­ zog Georg mit einem „offenen Brief “ reichs­ weit verbreitet. Geworben wird für den nun päpstlich approbierten Heiligen, dessen Fest in Meißen nach den Anweisungen der päpstlichen Fest­ liturgie erstmals am 16. Juni 1524 gefeiert wird. Man bittet die Adressaten der Briefe, Plakat und Brief zu veröffentlichen und vor Sabotage zu schützen. Nach­ weislich werden sie in den Städten Nürnberg, Wit­ tenberg und München ausgehängt. Auf diese Weise erfährt Martin Luther in ­Wittenberg davon. 4.27 Druck der Kanonisationsbulle Papst Hadrians VI. in Heftform mit Messtexten

BULLA SANCTISSIMI DOMINI DOMINI [SIC!] ADRIANI SEXTI: POTIFICIS MAXIMI: SUPER CANONISATIONE SANCTI PATRIS BENNONIS: SANCTE & INGENUE ECCLESIE MISNENSIS: QUONDAM PRESULIS: IN ORDINE DECIMI. ADIUNCTA NOUA HYSTORIA DE EIUSDEM FESTO PER CHORUM & DIOCESIM MISNENSEM SERUANDA; ENTSTANDEN NACH DEM 7. SEPTEMBER 1523; LEIPZIG: JACOB THANNER, 1523 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. HIST. SAX.L.56; 2. LEIHZEIT: UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG, SIGN. KIRCHG.966/5

Weitere Verbreitung als der aufwendige Plakat­ druck findet dieser Mehrblattdruck, der ebenfalls 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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noch 1523 erscheint. Er enthält die Beglaubigung des Meißner Bischofs vom 7. September 1523 mit dem eingefügten Text der Kanonisa­tionsbulle. Angefügt sind liturgische Zusätze. Daran zeigt sich, wie die Heiligsprechung in die Liturgie umgesetzt wird.

Die Begräbniskapelle für Herzog Georg von Sachsen und seine Gemahlin Barbara von Polen im Meißner Dom (zu: Portal Georgskapelle im Meißner Dom, Backlight) Die Georgskapelle ist ein kleiner Anbau im Eckbe­ reich zwischen Fürstenkapelle und Südwestturm im Meißner Dom mit bedeutender Ausstattung im Stil der deutschen Frührenaissance. Errichtet wird sie im Auftrag Herzog Georgs von Sachsen zwischen 1521 und 1524 als Begräbnis­kapelle für sich und seine Gemahlin. Angeregt wurde das Projekt 1518, als sich Herzog Georg auf dem Augsburger Reichs­ tag aufhält und dort Jakob Fugger und die eben erst fertiggestellte Familienkapelle der Bankiers­familie in der Kirche St. Anna besucht. Anschließend bestellt er auf Vermittlung Jakob Fuggers in der Werkstatt Adolf Dauchers d. Ä. den Hauptaltar für die St. Annenkirche in Annaberg. Wenig später wird der Auftrag zum Großauftrag, denn der Herzog bestellt jetzt auch den Portalaufsatz mit dem Beweinungsre­ lief für das Portal der Georgskapelle.

Ausgeführt werden die Einzelbestandteile durch die Daucher-Werkstatt und sächsische Bildhauer. Das zentrale Relief mit der Beweinung Christi stammt von einem Bildhauer aus dem näheren Umfeld Hans Dauchers. Es belegt eindrücklich die von Erasmus von Rotterdam beeinflusste christozentrierte Fröm­ migkeit des Herzogspaares. Bis zur Feier der Kanonisation Bennos im Juni 1524 sind die Arbeiten daran abgeschlossen. Stil, Materia­ lien und Farbigkeit verbinden das Portal mit dem zur Erhebung von Bennos Gebeinen erneuerten Grab­ mal des Heiligen. Das Triptychon (bemalter Flügel­ altar) für Herzog Georg und seine Gemahlin von Lucas Cranach d. Ä. wird nach dem Tod Barbaras 1534 gestiftet. Auch die beiden Messinggrabplatten des Herzogspaares aus der Freiberger Hilliger-Hütte werden erst kurz nach deren Tod in den Boden der Kapelle eingelassen.

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4.28 Schildhalter vom Portal der Begräbniskapelle Herzog Georgs von Sachsen im Meißner Dom

HANS DAUCHER UND WERKSTATT ADOLF DAUCHER D.Ä.; AUGSBURG, UM 1520/21; JURA-KALKSTEIN, AUS STEINBRUCH NÄHE SOLNHOFEN, NÖRDLICH VON AUGSBURG | NEW YORK, LENT BY THE METROPOLITAN MUSEUM OF ART, PURCHASE, GIFTS OF THE HEARST FOUNDATION, ALEXANDER SMITH COCHRAN, MRS. RUSELL SAGE, MR. AND MRS. WILLIAM RANDOLPH HEARST JR., AND BEQUEST OF EMMA A. SHEAFER, BY EXCHANGE, 1999, INV. NR. (1999.29)

Über den Briefwechsel zwischen dem Bildhauer Adolf Daucher d. Ä. und Herzog Georg ist die Bestellung des Portals der Georgskapelle 1518/1519 gesichert. Der Schildhalter gehörte wohl ähnlich denjenigen am Hauptaltar der Annenkirche in Annaberg-Buchholz mit einem weiteren Schild­ halter zum Portalschmuck. Stilistisch lässt er sich mit Prototypen der italienischen Renaissance ver­ gleichen. 4.31 Büstenreliquiar des Heiligen Benno

HILDESHEIM, UM 1524; ERLENHOLZ, BERGKRISTALL; PROVENIENZ: BENEDIKTINERKLOSTER ST. MICHAEL IN HILDESHEIM, WOHL SEIT 1803 ST. MAGDALENENKIRCHE HILDESHEIM; MEHRFACH EINGREIFEND VERÄNDERT | HILDESHEIM, KATHOLISCHE PFARRGEMEINDE ST. GODEHARD, ALS DAUERLEIHGABE IM DOMMUSEUM HILDESHEIM, INV. NR. L 1978-4

Eine Abordnung des Hildesheimer Michaelsklosters nimmt am Benno-Fest und der Erhebung seiner Ge­ beine 1524 in Meißen teil. Sie erbittet vom Bischof Reliquien für Hildesheim: ein großes Stück vom Hinterkopf des heiligen Benno. – Das Büstenreli­ quiar stammt aus dem ehemali­gen Benediktinerklos­ ter St. Michael in Hildesheim. Sie dürfte wohl zur Predella eines Passionsretabels auf dem Kreuzaltar der Michaelskirche (heute Magdalenenkirche) ge­ hört haben. 4.32 Bildnis Martin Luthers als Augustinermönch in der Druckschrift über den Wormser Reichstag

HANS BALDUNG GEN. GRIEN NACH LUCAS CRANACH D. Ä., TITELHOLZSCHNITT IN: [ACTA ET RES GESTAE] ACTA || ET RES GE||STAE,|| D. MARTINI LVTHERI,|| IN COMITIJS PRINCIPŨ VUOR=||MACIAE, ANNO || M D XXI.||; STRASSBURG: JOHANN SCHOTT, 1521 | STAATSBIBLIOTHEK ZU BERLIN – PREUSSISCHER KULTURBESITZ, ABTEILUNG HISTORISCHE DRUCKE, CM 7515; 2.  LEIHZEIT: REPRODUKTION

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Der Druck berichtet über die „Handlungen und Umstände, die Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms widerfuhren“. Der aufrei­ zend agitatorische Bildtyp, der bereits auf dem Reichstag kur­ siert, stellt Luther ikonografisch in eine Reihe mit Aposteln, Kirchenvätern und Heiligen. Denn Hans Baldung erweitert in freier Kopie ein Cranachbildnis von Luther als Augustinermönch von 1520 um einen Nimbus und die Taube des heiligen Geistes. Mit der beigegebenen Überschrift „Martinus Luther ein dyener Jhesu Christi, vnd ein / widervffrichter Christlicher leer“ wird der Verdienst Luthers als Reformator bekun­ det, der seine Erleuchtung aus der heiligen Schrift zieht. Luther, verehrt wie ein Heiliger: Der päpstli­ che Nuntius Aleander berichtet aus Worms, dass Menschen, die sein Bildnis gekauft haben, dies küssen und mit sich herumtragen. 4.33 Widder den newen Abgott vnd allten Teuffel der zu Meyssen sol erhaben werden

MARTIN LUTHER; WITTENBERG: HANS LUFT, 1524 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. HIST.ECCL.E.302,16; 2. LEIHZEIT: RATSSCHULBIBLIOTHEK ZWICKAU, SIGN. 16.7.7.(6)

Im Frühjahr 1524 reagiert Mar­ tin Luther auf die in Wittenberg ausgehängte Kanonisationsbulle und die Einladung zum Ben­ no-Fest nach Meißen. Anfang Juni publiziert er eine Flug­ schrift, in der er den heiligen Benno in höchst polemischem Ton als falschen Abgott, Teufel, vielfachen Mörder und „Blutver­ gießer“ geißelt. Christen sollten sich, so Luther, nicht in der kultischen Verehrung Heiliger, sondern in wahrer Nächstenliebe gegen­ über Armen und Bedürftigen üben. Da die erneute Erhebung der Gebeine Bennos am 16. Juni stattfand, konnten die Verteidiger Bennos jedoch nicht mehr rechtzeitig publizistisch darauf reagieren. Luthers Flugschrift erreichte reichsweites Aufsehen und erschien bei Hans Luft in drei Auflagen. Weitere sieben Nach­drucke folgten.

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4.34 Wyder den Wittenbergischen Abtgot Martin Luther WYDER DEN WITTENBERGISCHEN ABTGOT MARTIN LUTHER; AUGUSTIN VON ALVELDT; DRESDEN: EMSER-PRESSE 1524 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSI­ TÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. HIST.ECCL.E.232,27; 2. LEIHZEIT: UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG, SIGN. LIBRI. SEP. 2034/14

Zu den Antworten auf Luthers Streitschrift zählt die Druck­schrift von Augustin von Alveldt, da­ mals Guardian im Franziskanerkloster zu Halle. In ebenso polemischer Diktion nimmt Alveldt Martin Luther dabei persönlich ins Visier. Er charakteri­ siert Luther als Vertreter der schlechten Kirche: „So kommet der teuffel selbst auff einem meyneidigen munich, auff Mertten Luther geritten, welcher des teuffels sattil sein.“ 4.35 Antwort auff das lesterliche buch wider Bischoff Benno

ANTWORT AUFF DAS LESTERLICHE BUCH WIDER BISCHOFF BENNO ZU MEYSSEN UND ERHEBUNG DER HEYLIGEN IUNGST AUSSGEGANGEN; HIERONYMUS EMSER; LEIPZIG: WOLFGANG STÖCKEL, 1524 | UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG, SIGN. LIBRI. SEP. A 2034/13

Auch Hieronymus Emser reagiert auf Luthers Po­ lemik gegen Benno und verteidigt den Heiligen und dessen Fest. Ihm geht es vor allem darum, die Widersprüche in der Argumentation Luthers aufzu­ zeigen. So schreibe Luther beispielsweise, er wolle den toten Benno in Ruhe lassen, beschimpft ihn anschließend jedoch auf das Schlimmste. Gedruckt wird die Flugschrift in der von Herzog Georg finanzierten Emserpresse. 4.36 Wyder das wild Geyffernd Eberschwein Luthern, so ynn dem weyngartten des Herren der krefften wület, grabet vnd sich vnderstehet mit seynem besodeltenn Rüssel vmbzustossen die Canonizacion Divi Bennonis vnd aller heyligen ehr erbietung zu vertilgen PAUL BACHMANN; DRESDEN: EMSER-PRESSE, 1524 | ­U NIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG, SIGN. KIRCHG. 989/6

Zu den entschiedensten Verteidigern Bennos zählt Paul Bachmann, Abt des Zisterzienserklosters Alt­ zella. Zur Charakterisierung Luthers nutzt Bach­ mann immer wieder das Bild des Ebers, der den Wein­berg des Herrn, also die Kirche, zerstören will. Bei aller Polemik geht es dem Zisterzienser darum, die kultische Verehrung von Heiligen theologisch zu legitimieren. 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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4.37 Von der rechten Erhebung Bennonis eyn sendbriff

J. N.; WOHL ERFURT, 1524 | UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG, SIGN. LIBRI. SEP. 6695

Der Druck enthält die Beschreibung der Spottpro­ zession einer Gruppe von Reformationsanhängern nach 20. Juli und vor Mitte August 1524 im ernesti­ nischen Buchholz. Der Eklat zielt auf die feierliche Erhebung der Gebeine Bennos in Meißen, deren Echtheit angezweifelt wird. Mit Spott, Parodie und Ernied­rigung gemäß dem volkstümlichen Ritual des Karne­vals wird die Meißner Prozession als „ver­ kehrte Welt“ mitten in der Stadt nachgespielt. Als heilige Gebeine trägt man „eynen rosskopff, eynen kynbacken von eyner kue, zwey rossbeyn“ umher. Der „Papst“ wird zuletzt samt seinem Stuhl in einen Brunnen geworfen. Dies und anderes berichtet der Augenzeuge und Lutherfreund Friedrich Mykonius, einst Franziskanermönch in St. Annaberg, nun evan­ gelischer Prediger in Buchholz, in einem u­n­datierten Brief. Der Herausgeber „J. N.“ erfährt davon und verbreitet diesen in leicht veränderter Form im Druck, wodurch das Geschehen bis an den Ober­ rhein bekannt wird. 4.38 Ach Benno du vil heilger man – Ach Luter du vil bößer man, Preislied auf den heiligen Benno und Spottlied auf Martin Luther

HIERONYMUS EMSER (ZUGESCHRIEBEN); [DRESDEN: EMSERPRESSE] 1524 | MÜNCHEN, BAYERISCHE STAATSBIBLIOTHEK, INV. NR. EINBL. III 52 G; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Der deutschsprachige Choral „Lobgedicht auf den göttlichen Benno“ entstand wohl in Dresden, wo ihn Hieronymus Emser als Flugblatt drucken ließ. In den ersten drei Strophen wird die Fürsprache des Heili­ gen bei Gott zugunsten der Gläubigen hervorgeho­ ben. Die nächsten drei Strophen sind als Gegenrede gegen Luther und seine Anhänger angelegt. 4.39 Ein sermon des Abts zur Cellen yn auffnhemung der Reliquien Sancti Bennonis / gehabt am 21. tag des Monats Julii 1527

PAUL BACHMANN; DRESDEN: WOLFGANG STÖCKEL, 1527 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. HIST.ECCL.E.235,2.; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Drei Jahre nach dem Ausbruch der reichsweiten Kontro­verse über Benno greift Paul Bachmann das Thema in einer Predigt erneut auf. In diesem Text ist die Wortwahl Bachmanns wesentlich gemäßigter als 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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noch bei seinem polemischen Angriff auf Luther ei­ nige Jahre zuvor. Zwei Punkte betont er nun beson­ ders: zum einen die Strafen, die jene treffen, welche gegen die Heiligen lästern, zum anderen die Funk­ tion der Heiligen als Fürbitter, da Gott seine Gnade nicht ohne Mittler verleihe. 4.40 Herzogin Zdena bittet ihren Sohn Herzog Georg von Sachsen darum, mit seiner Gemahlin an der Heiltumsweisung im Meißner Dom teilzunehmen

29.  JULI [1500] | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, 10024 GEHEIMER RAT (GEHEIMES ARCHIV), LOC. 8498.1, FOL. 223; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

In diesem Brief bittet die streng-gläubige Herzogin Zdena, die gerade in der Albrechtsburg in Meißen residiert, ihren Sohn darum, mit seiner Gemahlin Barbara von Polen an der bevorstehenden Heiltums­ weisung im Meißner Dom teilzunehmen. Anreisen soll er zur Vesper am 6. August („abent vor Dona­ ti“). Die Herzogin von Bayern werde auch kommen, daher mögen sie nicht mit allen Hofjungfrauen anreisen. 4.41 Dye zaigung des hochlobwirdigen hailigthums der Stifftkirchen aller hailigen zu wittenburg

HOLZSCHNITTILLUSTRATIONEN VON LUCAS CRANACH D. Ä., WITTENBERG: SYMPHORIAN REINHART 1509 [1510] | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. S.B.1034; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Kurfürst Friedrich der Weise sowie sein Bruder Ernst, Erzbischof von Magdeburg, und dessen Amts­ nachfolger Albrecht von Brandenburg vervielfachen durch ihr Enga­gement in kurzer Zeit den Bestand ihrer Heiltumsschätze. Die Wittenberger Samm­ lung der Schlosskirche wird in kostbaren Schreinen aufbewahrt. Insgesamt werden hier 1520 schließlich 19 013 Partikel in kostbaren Reliquiaren präsentiert. Für den Besuch der festlichen Heiltumsschau wirbt dieser Druck. 4.42 Brief Herzog Georgs, in dem er sich an einen Besuch der Weisung des Wittenberger Heiltums erinnert (Reproduktion) 27. DEZEMBER 1519 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, 10024 GEHEIMER RAT (GEHEIMES ARCHIV), LOC. 10300/02, FOL. 42

Herzog Georg von Sachsen besaß eine genaue Kenntnis des Wittenberger Heiltumsschatzes. Im Jahre 1506 besucht er die Weisung des Wittenberger 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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Heiltums am Montag nach Misericordias Domi­ ni, woran er sich in dem Brief von 1519 am Rande ­erinnert. 4.43 Medaille auf Herzog Albrecht von Sachsen aus der sogenannten sächsischen Fürstenserie

TOBIAS WOLFF; DRESDEN, UM 1570 BIS 1575 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BGB2329

Das religiöse Engagement seiner Frau Zdena und später seines Sohnes Georg war Herzog Albrecht fremd. Trotzdem hatte er sich 1476 auf eine aben­ teuerliche Pilgerfahrt ins Heilige Land begeben und dort auch Heiltümer erworben. Dem Domschatz Meißen schenkte er eine päpstliche goldene Rose. – Die silberne Medaille aus der sogenannten sächsi­ schen Fürstenserie zeigt Herzog Albrecht als Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies. 4.44 Medaille auf Kurfürst Moritz von Sachsen (reg. 1547–1553)

HANS REINHART D. Ä. (SCHULE); LEIPZIG, 1553 | MÜNZ­ KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. 1926/136

Nach der Reformation im albertinischen Landesteil lässt Herzog Moritz die Gold- und Silberschätze der Meißner Kirche 1542 inventarisieren und – vorgeb­ lich zu ihrem Schutz – in seine Silberkammer nach Dresden bringen. Nur wenig später wird der größte Teil der Kostbarkeiten freilich eingeschmolzen und zugunsten der Kriegskasse vermünzt. 4.45 Medaille auf Kaiser Karl V. (reg. 1519–1555)

LEONE LEONI; O. J. (1549) | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BJB2227

Die lange Herrschaft Karls V. ist ein immerwähren­ der Kampf für den alten Glauben. Bei ihm beschwe­ ren sich Bischof und Domkapitel zu Meißen über die Zerstörung des Benno-Grabmals, ohne dass der Kaiser unmittelbar helfen kann. – Der Silberguss zeigt Karl V. mit der Ordens­kette vom Goldenen Vlies und Feldbinde. Im Sturz der Titanen auf der Rückseite wird an den Sieg Karls über die lutheri­ schen Fürsten erinnert. 4.46 Der Dom Kirchen zu Meißen Kleinodien

MEISSEN, 1542 | HOCHSTIFT MEISSEN, SIGN. D 1000

Herzog Moritz von Sachsen lässt am 15. Mai 1542 durch Gesandte die Kleinodien des Meißner Dom­ 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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schatzes protokollieren und in seine Silberkammer nach Dresden bringen. Das Domkapitel befürchtet deren Verlust. Am 11. Mai 1542 erstellt Subcustos Blasius Kneusel dazu ein Inventar. Dieses führt 51 Gegenstände aus Gold, Silber und Edelsteinen, 45 Kelche sowie eine nicht genannte Zahl an Pazifi­ kalen auf. Das Übergabeprotokoll ist ein einzigarti­ ges Dokument zum Umfang des Meißner Domschat­ zes und zugleich sein einziges Inventar. Zahlreiche ­Reliquiare werden aufgeführt, darunter auch das wertvollste Stück, ein Reliquienkreuz mit einem Splitter des Heiligen Kreuzes, und eine silberne Benno‑­Büste. 4.47 Pazifikale in Kreuzform

DEUTSCHLAND, 1. H. 15. JH.; FUSS WOHL ANFANG 16. JH. | HOCHSTIFT MEISSEN

Das Pazifikale ist das einzige Stück des Domschat­ zes, das 1542 nicht nach Dresden abgegeben wurde. Warum es bei der Inventarisierung des Domschatzes nicht erfasst wurde, lässt sich nicht ermitteln. Mög­ licherweise wurde das Stück an einem anderen Ort aufbewahrt. 4.48 Abendmahlskelch

WOHL POSEN, 1520 | HOCHSTIFT MEISSEN

Am 15. Mai 1542 übergibt der Meißner Domherr Benno von Heynitz an die Abgesandten des Herzogs Moritz von Sachsen ingesamt 45 Kelche aus dem Meißner Dom. Heute befindet sich im Besitz des Hochstifts Meißen lediglich ein vorreformatorischer Abendmahlskelch. Eventuell ge­langt er in den Jahren der Auseinandersetzungen um die Einführung der Reformation aus dem polnisch-schlesischen Raum nach Meißen. Erst nachdem die altgläu­bi­gen Dom­ vikare gestorben sind und 1565 nahezu alle geistli­ chen Stiftungen von Kurfürst August von Sachsen eingezogen werden, hört man auf, im Meißner Dom römisch-katho­lische Messen zu feiern.

Hüllen, die keinen materi­ellen Wert besitzen. Ein Beispiel dafür ist das Armreliquiar des heiligen Lau­ rentius. Die Armknochenpartikel des Heiligen soll Markgraf Wiprecht von Groitzsch im 12. Jahr­hundert aus Italien mit nach Leisnig gebracht haben. 4.50 Deckelpokal, sog. Widerholt-Pokal

AUF DER RÜCKSEITE DES BEKRÖNENDEN WAPPENS DIE GRAVIERTE JAHRESZAHL 1510; AUF DER VORDERSEITE DAS EMAILLIERTE WAPPEN KAISER MAXIMILIANS I., DAS ZWISCHEN 1650 UND 1667 DURCH EINEN ZWEITEN SCHILD MIT DEM WIDERHOLT-WAPPEN UND DEN INITIALEN C. W. V. V. Z. N. VERDECKT WURDE; PROVENIENZ: AUS DEM BESITZ KAISER MAXIMILIANS  I., UM 1650 BEI CONRAD WIDERHOLT VON UND ZU NEIDLINGEN (1598-1667), OBERVOGT VON KIRCHHEIM UND OBRIST; MIT DESSEN STIFTUNG 1697 AN DIE STADT KIRCHHEIM GELANGT | STADTVERWALTUNG KIRCHHEIM UNTER TECK, STÄDTISCHES MUSEUM IM KORNHAUS, INV. NR. 13032A 10-04-14

Der silbervergoldete Pokal befand sich einst im Be­ sitz Kaiser Maximilians I. Die genaue Herkunft des Pokals, wohl ein Ehrengeschenk an den Kaiser, ist nicht geklärt. – Deckelpokale in Apfel- oder Birnen­ form – in Meißen ein silbervergoldeter Apfelpokal – werden in den Heiltumssammlungen von Halle, Wittenberg und Meißen zur Aufbewahrung von Re­ liquien benutzt. 4.51 Zwei Nautiluspokale in Gestalt eines Hahns und einer Henne

FRIEDRICH HILLEBRANDT; NÜRNBERG, UM 1593–1602; VER­ ZIERUNG DER NAUTILUSGEHÄUSE: SÜDCHINA (WOHL GHANGZHOU/KANTON), 2. H. 16. JH. | PROVENIENZ: ERSTMALS ERWÄHNT IM INVENTAR DER KURFÜRSTLICH-SÄCHSISCHEN KUNSTKAMMER IN DRESDEN VON 1640, FOL. 143V; GRÜNES GEWÖLBE, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, HAHN: INV. NR. III 156, HENNE: INV. NR. III 193

Für das Vogelpaar verwendet der Nürnberger Gold­ schmied zwei Nautilusgehäuse mit Fischschup­ penmustern, stilisierten floralen Elementen sowie chinesischen Figuren. – Erste Trinkgefäße in Gestalt von Hähnen werden seit dem 14. Jahrhundert an französischen Höfen aufgeführt. Östlich des Rheins erscheint der Typus zuerst in sakralen Schatzkam­ mern. Ein Paar Hahn und Henne gehörte einst auch zum Meißner Domschatz.

4.49 Armreliquiar des heiligen Laurentius

SACHSEN, 15. JH. | PROVENIENZ: LEISNIG, STADTKIRCHE ST. MATTHÄI; LEISNIG, SBG GGMBH, BURG MILDENSTEIN, INV. NR. 4966 KC

Infolge der Reformation werden im mitteldeut­ schen Raum nahezu überall die Reliquiare aus dem Gebrauch genommen. Wenn Reliquienbehältnisse erhalten bleiben, dann handelt es sich meist um 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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4.52 Monstranz aus dem Dom St. Petri in Bautzen

HANS OCHS; BAUTZEN, 1520; NACHTRÄGLICHES OSTENSORIUM VON JOHANN GOTTFRIED KÖRNIG 1744 | PROVENIENZ: DOM ST. PETRI; BAUTZEN, DOMSCHATZKAMMER ST. PETRI, VS 9

Im 13. Jahrhundert gewinnt die Schau des Aller­ heiligsten – die Ausstellung und Verehrung der geweihten und gewandelten Hostie – zunehmend an Bedeutung. 1311 wird das Fronleichnamsfest zur Verehrung des Corpus Christi (Leib des Herrn) in der ganzen katholischen Kirche eingeführt. Hostien werden zunehmend in immer größeren und pracht­ volleren Monstranzen ausgestellt. Das Meißner Kleinodienverzeichnis von 1542 listet zehn Mons­ tranzen. 4.53 Chorbuch aus dem Meißner Dom

LEIPZIG, 1500–1504 | NAUMBURG, VEREINIGTE DOMSTIFTER ZU MERSEBURG UND NAUMBURG UND DES KOLLEGIATSTIFTS ZEITZ, CHORBUCH VII

Die liturgische Pracht­ handschrift aus Perga­ ment gehört zu einer Gruppe von acht heute in Naumburg aufbewahr­ ten, ursprünglich aber für Meißen bestimmten Chor­ büchern. Diese entstehen im Auftrag des Bischofs Johannes VI. von Salhausen und des Domkapitels. Sie enthalten Gesänge für die Messfeier und das Stundengebet und sind in Winter- und Sommerteil untergliedert. Dieser Codex wurde zum Lob Gottes, der Gottesmutter sowie der Patrone des Meißner Domes angelegt. Bemerkenswert ist, dass neben dem heiligen Evangelisten Johannes und dem heili­ gen Donatus dabei bereits der erst 1523 kanonisierte „selige und verehrungswürdige Benno, Bischof dieser Diözese“ als Patron genannt wird. Im Zuge der Reformation geraten die Chorbücher nach 1539 in landesherrlichen Besitz und werden nach Dresden verbracht. 1580 werden sie nach Naumburg über­ führt. 4.54 Sammelband aus Schriftstücken, handschriftlichen Teilen und Drucken, Leben und Kanonisation Bischof Bennos von Meißen betreffend

TÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. MSCR.DRESD.A.12; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Die wohl vom kurfürstlichen Rat und Archivar Anton Weck 1679 zusammengestellte Sammlung von Manus­kripten und Drucken betrifft das Leben und die Kanoni­sation von Bischof Benno. Zu den ältesten Aktenbestand­teilen gehören ein Benno-Of­ fizium, ein Exemplar der Benno-Vita von Hennig von 1521 und Vorschläge für das Zeremoniell der Erhebungsfeier 1524. Das allein hier über­lieferte vollständige Offizium wurde wohl von dem Leipziger Theologen Hieronymus Dungersheim von Ochsen­ furt wohl im Auftrag des Domkapitels für Meißen verfasst. 4.55 Missale Misnense

BISCHOF JOHANN V. VON WEISSENBACH, BISCHOF VON MEISSEN (HG.); MAINZ: PETER SCHÖFFER, 27. JUNI 1485 | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDEN-MEISSEN, SIGN. I 50; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Bereits 1483 wird ein „Breviarium Misnense“ als frü­ hester Druck des Bistums Meißen in Mainz in Auf­ trag gegeben. 1485 druckt Peter Schöffer das „Mis­ sale Misnense“. Für die dreißig Exemplare berechnet er 133 Gulden für das Pergament und 180 Gulden für den Buchverkauf. Das Missale enthält die Ordnung der Heiligen Messe für die Diözese Meißen mit la­ teinischen Gebeten, die an den einzelnen Tagen des Kirchenjahres vom Priester zu singen oder zu beten sind. 4.56 Breviarium Misznensis

BREVIARIUM SZM RUBRICAM ECCLESIE MISZNENSIS, AD ECCLESIAM S. PETRI BUDISSINAE SPECTANS; BISCHOF JOHANN VI. VON SAALHAUSEN, BISCHOF VON MEISSEN (HG.); LEIPZIG: MELCHIOR LOTTER D. Ä., 1502 | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDEN-MEISSEN, SIGN. BREV IV 2

Das Brevarium Misznensis enthält Gebete, die im Verlauf des Kalenderjahrs für die Diözese Meißen vorgeschrieben waren. Der Holzschnitt auf dem Vorsatzblatt zeigt die beiden Bistumspatrone vor dem Wappen des Bischofs. Auf einem handschrift­ lichen Nachtrag wohl aus dem späten 17. oder frü­ hen 18. Jahrhundert befinden sich die Gebete zum Benno-Fest am 16. Juni. Auch im Buch wurde zum 16. Juni ein Gebet nachgetragen.

BISCHOFF BENNENS ZU MEISSEN LEBEN, TOD, BEGRÄBNUS UND CANONISATION; DRESDEN, 16. UND 17. JH. | 103 BL.; SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSI-

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4.57 Benedictionale sive Agenda secundum ritum et consuetudinem ingenue ecclesie Misnensis

BISCHOF JOHANN VI. VON SALHAUSEN, BISCHOF VON MEISSEN (HG.); LEIPZIG: MELCHIOR LOTTER D. Ä., 1512 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. HIST.SAX.L.72; 2. LEIHZEIT: 4.56

Bei diesem Druck handelt es sich um ein „Segens­ buch“, das die liturgischen Riten bei der Segnung und Weihe von Weihwasser, Kerzen, Erntegaben usw. im Bistum Meißen aufführt. Daneben enthält das Buch Agenden für wichtige Kirchenfeste sowie die liturgischen Formulare für Taufen, Trauungen und andere kirchliche Handlungen. Auf den letzten Seiten wird wohl nach der Kanonisation ein Lied mit Noten nachgetragen. In der Liste der Heiligen findet sich der heilige Benno. 4.58 Missale Misnense

BISCHOF JOHANN VII. VON SCHLEINITZ (1518–1537), BISCHOF VON MEISSEN (HG.); LEIPZIG: MELCHIOR LOTTER D. Ä., 1519 | KLOSTERKIRCHE UND SAKRALMUSEUM ST. ANNEN, EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHGEMEINDE KAMENZ IN ZUSAMMENARBEIT MIT DEN STÄDTISCHEN SAMMLUNGEN KAMENZ, SIGN. EKK 22

Die Kirchgemeinde St. Marien in Kamenz verfügt über zahlreiche vorreformatorische Drucke. Allein das „Missale Misnense“, das Bischof Johann VI. von Salhausen 1498 drucken lässt, ist in sechs Ausgaben vorhanden. Sie sind wohl ein Geschenk des letzten Meißner Bischofs Johann IX. von Haugwitz. – Wie ein Eintrag auf der Innen­seite des vorderen Buch­ deckels belegt, wurde dieses Messbuch 1523 für 140 Mark Silber von Jakob Fritsch für den St. Annen-Al­ tar in der Kamenzer Marienkirche erworben. 4.59 Stadtansicht von Meißen

MISENA HERMUNDURORUM URBS (MEISSEN, DIE STADT DER HERMUNDUREN); FRANZ HOGENBERG; KÖLN, UM 1570; AUS: CIVITATES ORBIS TERRARUM, BD. 2; HG. GEORG BRAUN & FRANZ HOGENBERG (UM 1517-1620), KÖLN [WOHL 1575] | KUPFERSTICH-KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. A 1995-5829; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Diese Ansicht der Stadt Meißen wird nach einer Zeichnung von Hiob Magdeburg, Lehrer an der Meißner Fürsten­schule, geschaffen. Nach Magde­ burgs Vedute entsteht dieser Kupferstich für das sechsbändige Monumental­werk „Civitates Orbis Terrarum“ mit über fünfhundert Stadtansichten der damals bekannten Welt, 1572 bis 1618 publiziert. Die Gesamtansicht repräsentiert den Besitzanspruch des Landesherren Kurfürst August, der Meißner ­Bischöfe und den Stolz der Stadtbürger. 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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4.60 Stiftungen der Witwe Margaretha Nytschin

MEISSEN, 3. APRIL 1475 | STADTARCHIV MEISSEN, BESTAND URKUNDEN, SIGN. 01 NR. 54

Die Stiftungen der Margaretha Nytschin (Nitzsche) für ihr Seelenheil und das ihres verstorbenen Man­ nes stehen ganz im Zeichen spätmittelalterlicher Frömmigkeit. Zudem zeigen sie die Meißner Kir­ chenorganisation: Margaretha stiftet für die städ­ tische Frauenkirche am Markt und eine Brücken­ kapelle, die Filialen der Afrakirche sind. Deshalb beurkundet Nikolaus, Propst der Augustiner-Chor­ herren zu St. Afra, den Vorgang. 4.61 Schiedsspruch von 1525 über die Frühmesse in der Frauenkirche von Meißen

MEISSEN, 9. DEZEMBER 1525 | STADTARCHIV MEISSEN, BESTAND URKUNDEN, SIGN. 01 NR. 121, FOL. 1R–V, 2R–V

Es gibt Streit: Die Chorherren zu St. Afra haben die täg­lichen Frühmessen in der städtischen Frauen­ kirche vernachlässigt. Hier schlichten der Meißner Amtsmann und der Bautzner Dompropst im Auftrag Herzog Georgs und verpflichten das Stift, die Mes­ se künftig wieder zu bestellen. Die Frühmesse war 1441 für die tagsüber arbeitenden, vor allem ärmeren Bürger eingerichtet worden. 4.62 Johannes Capistrano nimmt die Bürger zu Meißen in die Gemeinschaft der Guten Werke auf MEISSEN, 18. MÄRZ 1452 | STADTARCHIV MEISSEN, BESTAND ­ RKUNDEN, SIGN. 01 NR. 41 U

Der berühmte Franziskaner Johann Capistrano predigt quer durch Europa. 1452 ist er in Meißen. Mit der eigenhändig unterschriebenen Urkunde lobt Capistrano die frommen Meißner und nimmt den Stadtrat, die Bürger und ihre Angehörigen in die Gemeinschaft der Guten Werke des Franziskaneror­ dens und in dessen Gebets­verbrüderung auf. 4.63 Quittung des Probstes zu St. Afra an den Rat, wegen der Seelmesse

MEISSEN, 17. JUNI 1527 | STADTARCHIV MEISSEN, BESTAND URKUNDEN, SIGN. 01 NR. 125B

Nur scheinbar funktioniert jetzt die Frühmesse in der Frauenkirche. Der Propst von St. Afra quittiert hier, dass er von der Stadt 75 Groschen dafür erhal­ ten hat. Doch schon bald beschwert sich der Stadt­ rat erneut beim Herzog, weil die Chorherren ihre Pflichten vernachlässigen. Schließlich übertragen die 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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Bürger die Frühmesse an die Konkurrenz vor Ort, die Meißner Franziskaner. 4.64 Totenbuch der Meißner Fleischhauer (1448–1561) FLEISCHHAUERINNUNG MEISSEN; 1448–1561 | STADTARCHIV MEISSEN, BESTAND URKUNDEN, SIGN. 01 NR. 969

Das Totenbuch dient der Seelsorge. Die Meißner Fleischer haben gleich zwei große Anniversarien (Totengedenken) im Jahr für ihre verstorbenen Mit­ glieder und deren Familien­angehörige in der Frau­ enkirche bestellt. Dabei werden alle Namen aus dem Buch verlesen und in die Fürbitte eingeschlossen. Nach der Reformation wird das Buch weiter be­ nutzt, hauptsächlich trägt man nun prak­tische Dinge des Innungsgeschäfts hier ein.

Hauptaltar der St. Annenkirche Annaberg-Buchholz

(ZU: HAUPTALTAR DER ST. ANNENKIRCHE ­A NNABERG-BUCHHOLZ, BACKLIGHT)

Unter den etwa dreitausend Kommunen im Reich, die um 1500 das Stadtrecht besitzen, ist die von Herzog Georg im Erzgebirge 1497 gegründete „Ne­ westat“ am Schreckenberg beinahe die jüngste. Der Boom im Bergbau führt zu ihrer Gründung und ei­ nem rasanten Wachstum. Mit der Umbenennung in „Santt Annabergk“ 1499 verschafft der Stadtgründer dem populären Annenkult einen festen und promi­ nenten Standort, wird die Großmutter Jesu doch als Schutzpatronin des Bergbaus verehrt. Bereits acht Jahre nach den ersten Silberfunden wird 1499 auch der Grundstein für die Stadtpfarrkirche gelegt. Drei Baumeister leiten den Bau, der im Stil der Spätgotik und der deutschen Frührenaissance errichtet und schon 26 Jahre später der heiligen Anna geweiht wird. Allein die Ausmaße der größten rein spätgoti­ schen Hallenkirche in Sachsen zeugen vom Reich­ tum und Anspruch des Stadtherren, der Einwohner und Förderer. Den Chronisten zufolge kostet der Bau 210 000 Gulden. Finanziert wird er durch Her­ zog Georg von Sachsen, durch Spenden von zahlrei­ chen Pilgern und Bürgern sowie durch Ablasshandel. Die reiche Ausstattung wird hauptsächlich von der St. Annenbruderschaft und kommunalen Gemein­ schaften – der Bergknappschaft, der Münzer und Schmelzer, der Bäcker – gestiftet. 1539, mit Ein­ führung der Reformation, wird ein großer Teil der Altäre abgebaut.

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Das wichtigste Bildwerk, den Hauptaltar, stiftet das Herrscherpaar, Herzog Georg von Sachsen und seine Gemahlin Barbara aus dem polnischen Königs­ haus. Gelegenheit zur Auftragsvergabe bekommt der Herzog während seines Aufenthalts 1518 auf dem Reichstag von Augsburg, der im Palast des Bankiers Jakob Fugger stattfindet. Dabei sieht der Herzog die eben fertiggestellte Fuggerkapelle in der dortigen St. Annenkirche. Den Mittelpunkt der Kapelle bilden eine Figurengruppe und eine Predella, die vermutlich der Augsburger Bildhauer Hans Daucher gefertigt hat. Kurz darauf bestellt der Herzog persönlich den Annaberger Hauptaltar in der von Adolf Daucher d. Ä. geleiteten Werkstatt. Bis 1521 arbeitet daran zu großen Teilen sein Sohn Hans. Der Hauptaltar zeigt die Wurzel Jesse und gilt als ein Erstlingswerk der deutschen Frührenaissance, die über Augsburg nach Sachsen vermittelt wird. 4.65 Schildhalter vom Retabel des Hauptaltars der St. Annenkirche in Annaberg

HANS DAUCHER UND WERKSTATT ADOLF DAUCHER D. Ä., AUGSBURG 1520/21 | EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCH­ GEMEINDE ANNABERG-BUCHHOLZ

Der lebhafte Putto-Engel aus Jurakalkstein mit dem polnischen Wappenschild gehört zum 1522 im Stil der venezianischen Früh­ renaissance errichtetem, über sechs Meter hohen Hauptaltar der St. Annenkirche. Mit seinem Pendant, der das sächsische Wap­ pen präsentiert, stehen die beiden behelmten Schildhalter auf dem Architrav­gebälk des Steinretabels und repräsentieren das landes­ herrliche Stifterpaar.

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4.66 Das Epitaph der Familie Schumann, rechte Tafel: Christus segnet die Kinder

ANTHONIUS (ANTON) HEUSLER; ANNABERG, DATIERT: 1557; BEZEICHNET: AH; PROVENIENZ: ANNABERG, ST. TRINITATISFRIEDHOF, SEIT 1684/85, HOSPITALKIRCHE ST. TRINITATIS, AB 1885 ERZGEBIRGSMUSEUM | STÄDTISCHE MUSEEN ANNA­B ERGBUCHHOLZ, ERZGEBIRGSMUSEUM, INV. NR. EM-V-2273-K

Auf der rechten Tafel des Schu­ mann-Epitaphs steht der die Kinder segnende Christus vor der Ann­ aberger St. Annenkirche. Geschaf­ fen wird es 1557 für die Rückwand des Familienschwibbogens auf dem Annaberger St. Trinitatisfriedhof. Es erinnert an das Ehepaar Margareta (gest. 1547) und Paul Schumann (gest. 1551). – Anthonius Heusler kommt 1525 in die Bergstadt. Für die Sicherung der Existenz als Maler ist das Erz­ gebirge damals kein Garant. Die Schaffenszeit der Maler und Schnitzer in der Region nach 1500 endet mit dem Einzug der reformatorischen Ideen 1523/24 fast abrupt. Niemand erteilt mehr neue Aufträge für Bildtafeln zur Heiligenverehrung. Erst in den 1530er-Jahren und vor allem nach dem Tod Herzog Georgs 1539 setzen sich mit der Reformation neue Bildthemen durch. Das Schumann-Epitaph ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür. 4.67 Abendmahlskelch

ANNABERG, 1540; SILBER, VERGOLDET, EMAIL | EVANGELISCHLUTHERISCHE KIRCHGEMEINDE ANNABERG-BUCHHOLZ

Die zum Kelch dazugehörige und bis 1929 vorhande­ ne Patene zeigt das Stadtwappen Annabergs und die Jahres­zahl 1540. Der Kelch trägt neben anderen die Inschrift „VDMIEA“ [sic]: „Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit“. Das Stadtwappen lässt vermuten, dass es sich hierbei um eine Stiftung des Rates zur Ein­ führung der Reformation handelt. 4.68 Medaille auf Herzog Georg den Bärtigen (reg. 1488/1500–1539)

MEISTER DER KARDINAL-ALBRECHT-GRUPPE; 1537 | MÜNZ­ KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. 1911/245

Für ihren ältesten Sohn Georg hatte Herzogin Zde­ na zunächst eine geistliche Laufbahn vorgesehen. Von Theologie versteht der spätere Herzog deshalb deutlich mehr als alle seine Standesgenossen. Mit 4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

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dem berühmtesten Gelehrten seiner Zeit, Erasmus von Rotterdam, verbinden ihn ein intensiver Brief­ wechsel und der Wille, die Kirche zu reformieren – aber innerhalb der römischen Kirche und mit dem Papst. Deshalb wird Georg zum entschiedenen Feind Luthers. 4.69 Medaille auf Erasmus von Rotterdam (1469–1536)

WOHL HIERONYMUS MAGDEBURGER; SACHSEN, 1531 | MÜNZ­ KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. B1D3808

Die Medaille ist eine Nachbildung einer weitverbrei­ teten Arbeit des niederländischen Meisters Quentin Massys von 1519, die der Humanist als „Monument für die Ewigkeit“ an wichtige Personen und Freunde als Geschenk oder Gegengabe für Präsente verteilte. – Vergeblich versucht Herzog Georg seinen Brief­ freund, den großen Humanisten Erasmus von Rot­ terdam, an die Leipziger Universität zu locken. 4.70 Medaille auf Herzog Heinrich den Frommen (reg. 1539–1541)

HIERONYMUS MAGDEBURGER; SACHSEN, 1539 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BGB9054

Unter dem Einfluss seiner Frau Katharina wendet sich Heinrich der Fromme der lutherischen Lehre zu. Gegen den heftigen Widerstand seines regieren­ den Bruders Georg führt er 1537 in seinen beiden Ämtern Freiberg und Wolkenstein die Reformation ein – und als Nachfolger seines Bruders ab 1539 im gesamten albertinischen Sachsen. 4.71 Medaille auf Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen (reg. 1532–1547/1554)

HANS REINHART D. Ä.; SACHSEN, 1532 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. 1911/246

Als Kurfürst von Sachsen ist der Ernestiner Johann Friedrich der vielleicht mächtigste Fürst des Reiches und als Landesherr Luthers zugleich das Haupt der wachsenden lutherischen Opposition gegen Kaiser Karl V. Die latente Rivalität mit dem benachbarten albertinischen Sachsen wird durch den religiösen Zwist mit Herzog Georg erheb­lich verschärft. Nach dessen Tod unterstützt Johann Friedrich die dorti­ ge Einführung der Reformation mit Material und Personal.

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4.72 Visitationsakten der Klöster in Meißen und Thüringen

EXTRAKT ÜBER DIE REFORMATION UND GESCHEHENE VISITATION DER KLÖSTER IN MEISSEN UND THÜRINGEN SACHSEN, 1522–1540 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATS­ ARCHIV DRESDEN, 10024 GEHEIMER RAT (GEHEIMES ARCHIV), LOC. 10297/17

Reform und Reformation – die umfangreiche Akte do­ku­men­tiert beides; zunächst die Bemühungen Herzog Georgs, gerade im Vorfeld der Heiligspre­ chung Bennos die sächsischen Klöster umfassend zu evaluieren. Nach Georgs Tod führt man die Akten mit reformatorischem Eifer weiter, erfasst Insassen, Besitz und Einkünfte der Klöster – jedoch nicht um sie zu reformieren, sondern um deren Auflösung vorzubereiten. 4.73 Herzog Heinrich übergibt das Franziskanerkloster an die Stadt Meißen

DRESDEN, 9. JULI 1541 | STADTARCHIV MEISSEN, BESTAND URKUNDEN, SIGN. 01 NR. 148

Die Urkunde Herzog Heinrichs besiegelt das Ende: Über dreihundert Jahre haben die Franziskaner das religiöse Leben in Meißen mitgeprägt. Jetzt wird ihr Kloster an die Stadt übereignet. Die Stadt muss da­ von auf Geheiß des Herzogs die Lateinschule unter­ halten, die sich gleich im ehemaligen Kloster ansie­ delt. Der Kreuzgang des Klosters wird zur beliebten Begräbnisstätte für die Meißner. 4.74 Gründungsurkunde der fürstlichen Landesschule St. Afra Meißen

MEISSEN, 23. JANUAR 1544 | STADTARCHIV MEISSEN, BESTAND URKUNDEN, SIGN. 01 NR. 1221

Eine Gründung mit großer Zukunft! 1542 hatten die letzten beiden Chorherren das alte St. Afra­ stift verlassen. Herzog Moritz begründet hier 1543 eine humanistische Landesschule, die auch begabte nichtadlige Knaben aufnimmt. – Dem bedeutenden Gründungsakt entspricht die repräsentative Urkun­ de auf Pergament in großem Format, die allerdings nicht vom Fürsten selbst, sondern von seinen Räten unterschrieben wurde.

4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

HEILIGSPRECHUNG MITTEN IN DER REFORMATION

4.75 Schmähschrift gegen die Zerstörung des Benno-Grabmals

DRESDEN/STOLPEN/BAUTZEN, 1542 | SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN, 10024 GEHEIMER RAT (GEHEIMES ARCHIV), LOC. 08987/03

Nicht bei allen stößt die Reformation auf vorbehalt­ losen Jubel. 1542 taucht eine anonyme Schmähschrift auf, in der die Zerstörung des Benno-Grabmals 1539 gegeißelt wird. Die neue evangelische Obrigkeit setzt eine Untersuchung in Gang, die in der Akte doku­ mentiert ist. Nachdem man kurzzeitig Schulmeister, Schüler und den Dechanten des altgläubigen Baut­ zener Stifts gefangen gesetzt hat, wird das Verfahren letztlich wegen Geringfügigkeit eingestellt. 4.76 Brustbild des Naumburger Bischofs Julius Pflug (1541/1547–1564)

SACHSEN, NACH 1564, VOR 1600 | NAUMBURG, VEREINIGTE DOMSTIFTER ZU MERSEBURG UND NAUMBURG UND DES KOLLEGIATSTIFTS ZEITZ

Julius Pflug, Bischof zu Naumburg, gehört zu den großen moderaten Gestalten der Reformationszeit. Als Meißner Domherr und Rat Herzog Georgs bekämpft er bis 1539 den lutherischen Glauben. Er ist Zeuge der Zerstörung des Benno-Grabmals und flieht dann vor der Reformation zunächst nach Mainz. Schon 1541 wird Pflug zum Naumburger Bischof gewählt, kann aber erst 1546, nach dem Sieg Kaiser Karls V., in diesem Amt agieren. Hier steht er einem weitgehend lutherisch gewordenem Bistum vor und ist in außerordentlicher Weise um Ausgleich und Dialog bemüht. 4.77 Resignation des Bischofs Johann IX. von Haugwitz (1555–1559/1581) 1581 | HOCHSTIFT MEISSEN, DOMARCHIV B 10302

Der letzte Meißner Bischof geht freiwillig. 1559 ver­ liert Johann IX. auch die alte bischöfliche Herrschaft Stolpen und muss seitdem in Wurzen und Stolpen residieren. 1577 bekennt er sich zur lutherischen Konfession. 1581 gibt er das Bischofsamt auf, heira­ tet und verbringt seine letzten Jahre in Mügeln. Das evangelisch gewordene Domkapitel besteht formell fort, tritt aber die Regierung über das Hochstift an die wettinischen Landesherren ab.

4.  S ACHSENS ERSTER HEILIGER

HEILIGSPRECHUNG MITTEN IN DER REFORMATION

5. ­ RIUMPH T DES KATHO­LI­ ZISMUS

 Lan­des­pa­tron Bayerns und   Heiliger in Rom 

5.1

Fischwunder des heiligen Benno

CARLO SARACENI; ROM, 1618; ROM, PONTIFICIUM INSTITUTUM TEUTONICUM ­S ANCTAE MARIAE DE ANIMA IN URBE

Das Gemälde zeigt, wie der heilige Benno im Bauch eines Fisches die Schlüssel des Meiß­ ner Domes wiederfindet. Der Heilige agiert unter Mitwirkung derer, die gerade zu Zeugen des Wunders werden und in der kreisförmigen Gruppierung gleichsam eine Gemeinschaft der Gläubigen bilden. – Das Ölgemälde entsteht für die erste, rechts neben dem Kirche­ neingang gelegene Kapelle von Santa Maria dell’Anima in Rom. Finanziert wird es durch die testamentarische Stiftung des aus Inns­ bruck stammenden, 1615 in Spanien verstorbenen Fugger-Faktors Johannes Lambacher, der in typi­ scher Stifterpose mit porträthaften Zügen wohl als Kniender dargestellt ist. 5.2

Übergabe der Reliquien an Herzog Albrecht V. von Bayern

WURZEN, 1. APRIL 1576 | MÜNCHEN, BAYERISCHES HAUPTSTAATSARCHIV, INV. NR. KOLLEGIATSTIFT MÜNCHEN, ­ URKUNDEN 1576 IV 1; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Johann IX. von Haugwitz, letzter katholischer Bi­ schof von Meißen, übergibt mit dieser Urkunde die Reliquien des heiligen Benno (samt Gewand, Mitra und Stab) sowie weitere Reliquien an Herzog Alb­ recht V. von Bayern. Er bestätigt deren Echtheit und berichtet vom Schicksal der Benno- Reliquien. In dem eigenhändig verfassten Begleitbrief an Albrecht V. wünscht Bischof Johann, dass die Reliquien an dem Ort, an den der Herzog sie zu bringen vorhabe, „ihm zu sunderlichen Lob, Ehr und Preiß und zu Erbawung der christlichen Kirchen gebracht werden mugen“. 5.3

katholischen Herzog Albrecht V. von Bayern verbin­ det ihn eine erstaunliche Freundschaft. Die zeitweise enge Beziehung der beiden mächtigsten Reichs­ fürsten trägt den konfessionellen Frieden im Reich.

Medaille auf Kurfürst August von Sachsen (reg. 1553–1586)

TOBIAS WOLFF; UM 1580 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BGB2167

5.4

Medaille auf Herzog Albrecht V. von Bayern (reg. 1550–1579)

HANS AESSLINGER; 1558 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BKD8815

Mit dem Transfer der Benno-Reliquien aus Sach­ sen nach München gelingt Herzog Albrecht V. 1576 ein ganz beson­derer Coup. Albrecht V. steht für die Bewahrung des katho­lischen Glaubens ein. Von Jesuiten erzogen verfolgt er die protestantischen Regungen in Bayern immer strenger. Im Reich steht er an der Spitze der katholischen Fürsten – und ist dennoch mit dem lutherischen Kurfürsten August von Sachsen befreundet. Vom heimlichen Abtrans­ port der Benno-Reliquien erfährt August allerdings erst im Nachhinein. 5.5

Silberreliquiar des heiligen Benno

MÜNCHEN, 1599 – 1602, PLASTISCHES WOLKENBAND ERGÄNZUNG DES 18. JH. | MÜNCHEN, METROPOLITAN- UND PFARRKIRCHENSTIFTUNG ZU UNSERER LIEBEN FRAU, ST. BENNO-KAPELLE

Die Wallfahrt blüht ab 1580 auf. Der Pfarrer der Frauen­stiftskirche gibt die Anregung für ein pracht­ volles Reliquiar aus Eben­ holz mit einer Silberbüste. Spenden des Hofes und der Münchner Bürger tragen zur Finanzierung bei. Die Reliquien sind durch ein Sichtfenster zu sehen. Vom zweiten Stiftspatron, dem heiligen Sixtus, existiert von dem Münchner Goldschmied Hanns Löffler bereits seit 1495 eine solche Büste. Verehrt wird das Benno-Reliquiar am Benno-Altar unterm Benno-Bo­ gen. Auch vom Diözesan­patron, dem heiligen Korbi­ nian, ist ein Kopfreliquiar seit Bischof Wolfram (reg. 926–937) im Freisinger Dom überliefert.

In Kursachsen sorgt August für eine harte Durchset­ zung der lutherischen Konfession. Im Reich unter­ stützt er den religiösen Ausgleich. Mit dem streng 5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

5.6

Prinz Maximilian Philipp Hieronymus von Bayern im Alter von fünf Jahren, Wachsvotivfigur

Gemälde. Dem Wallfahrer, der zum Benno-Altar der Münchner Frauenkirche kam, wurde das Bild des Heiligen auf Wolken thronend dargeboten, wenn die Reliquien entweder verschlossen oder feiertags auf dem benachbarten Untermessaltar ausgestellt waren.

WOHL ALESSANDRO ABONDIO; MÜNCHEN, 1644 | MÜNCHEN, METROPOLITAN- UND PFARRKIRCHENSTIFTUNG ZU UNSERER LIEBEN FRAU, ST. BENNO-KAPELLE, INV. NR. 62/17L

Gegenüber dem Benno-Altar lässt Kurfürst Maximi­ lian I. (reg. 1598–1651) 1640 und 1644 zwei lebens­ große Wachsfiguren aufstellen: Porträts seiner Söh­ ne, der Prinzen Ferdinand Maria und Maximilian Philipp von Bayern. In der Haltung ewiger Andacht sind sie kniend mit gefalteten Händen dargestellt. Zahlreiche Votivgaben werden am Altar des Heili­ gen aufgestellt, es entsteht ein Schatz. Davon erhal­ ten geblieben sind neben den beiden Wachs­prinzen nur noch eine vom polnischen König Sigismund III. gestiftete Goldschmiedearbeit, ein thronender ­Bischof Benno aus dem Jahr 1625. 5.7

Das Innere der Münchner Frauenkirche

MAX EMANUEL AINMILLER; 1837; RE. U. MONOGRAMM: M A (LIGIERT) / 1837 | SAMMLUNG DOMHERR VON SPIEGEL, HALBERSTADT, ERWORBEN 1963 VON DER GALERIE GRIESHABER, MÜNCHEN; MUSEUM GEORG SCHÄFER, SCHWEINFURT, INV. NR. MGS 4499; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Das Ölgemälde dokumentiert realistisch das Innere der Frauenkirche in München im Jahr 1837 und gibt mit der Darstellung einer Sakramentsprozession zugleich einen Einblick in die Frömmigkeitspraxis seiner Zeit. Damals steht der sog. Benno-Bogen mit dem barocken Benno-Altar noch, gleichfalls das Wittelsbacher-Kenotaph direkt darunter. Im Zuge der Regotisierung der Kirche wird er 1858 abgeris­ sen, weshalb das Gemälde ein wichtiges Zeugnis die­ ser Triumphbogenarchitektur nach dem Vorbild des italienischen Barock darstellt. Prominente Votivgabe ist der Kardinalshut von Melchior Klesl, aufgehängt in Erinnerung an sein 1607 am Benno-Altar erfülltes Gelübde. 5.8

Verschlusstür für das Benno-Reliquiar

HANS WERL; MÜNCHEN, 1604; ÖL AUF KUPFER; SIGNIERT AUF DER RÜCKSEITE: HANS WERL PINXIT 1604 | MÜNCHEN, METROPOLITAN- UND PFARRKIRCHENSTIFTUNG ZU UNSERER LIEBEN FRAU, INV. NR. M 411

Heilige befinden sich nach traditioneller Meinung im Himmel, sie schauen Gott und können bei ihm Für­ sprache halten. Aber sie sind auch in ihren Reliquien gegenwärtig. Diese doppelte Gegenwart der Heiligen – im Himmel und auf Erden – thematisiert Hans Werl, Hofmaler des bayeri­schen Herzogs, in diesem 5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

5.9

Sächsische Handwerker bauen mit am Benno-Bogen 1604 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. KOLLEGIATSTIFT MÜNCHEN-ZU UNSERER LIEBEN FRAU VN 95.4; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Ab 1604 arbeiten unter der Leitung des Hofbild­ hauers und Architekten Hans Krumpper (um 1570–1634) zahlreiche Künstler und Handwerker – Schreiner, Bildhauer, Steinmetze, Drechsler, Fassma­ ler und Vergolder, bayerische und italienische Maler – an der Errichtung und Ausgestaltung des Ben­ no-Bogens in der Münchner Frauenkirche. Darunter sind auch zwei Handwerker aus der Heimat des hei­ ligen Benno. Sie haben ihre Namen und Herkunfts­ orte (Leipzig und wahrscheinlich Torgau) auf einem Zettel vermerkt, der 1858 beim Abbruch des Ben­ no-Bogens unter den Brettern von dessen Galerie gefunden wurde. Der Text lautet: „Diese Arbeitt hatt Casparus Hasche von Darge aus Meisen undt Hans Sunner von Leibzig aus Meisen gemacht in Jar 1604 Gott allein die Ere undt uns allen den ewigen Fritte.“ 5.10 Der Benno-Bogen in den Acta Sanctorum

ACTA SANCTORUM JUNII (…), TOMUS III, ANTWERPEN: MEURSIUS 1701 | MÜNCHEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK, BIBLIOTHEK DES METROPOLITANKAPITELS MÜNCHEN, SIGN. H.S. 339

An Festtagen war das Reliquiar mit der Silberbüste des heiligen Benno auf dem Kreuzaltar mitten unter dem von 1604 bis 1606 errichteten Benno-Bogen ausgestellt. Dies zeigt eine von vier Abbildungen der Abhandlung über den heiligen Benno im dritten Band der „Acta Sanctorum“. Der umfangreiche Text stützt sich im Wesentlichen auf Werke des Dresdner Hofkaplans Hieronymus Emser, die „Bavaria Sancta“ des Münchner Jesuiten Matthäus Rader sowie die lateinische Übersetzung in München aufgezeichne­ ter Mirakel, die den Bollandisten vom Münchner Jesuiten­kolleg zur Verfügung gestellt wurden.

5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

5.11 Verzeichnis der Wallfahrts-Pfarreien zum heiligen Benno

MÜNCHEN, 1603 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUM MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. KOLLEGIATSTIFT MÜNCHENZU UNSERER LIEBEN FRAU VN 75.3; 2. LEIHZEIT: 5.12

Benno wird in Bayern populär. Scharenweise strö­ men Pilger zu den Reliquien Bennos. Das hand­ schriftliche Verzeichnis dokumentiert die Wallfahr­ ten von ganzen Gruppen aus den Pfarreien im Jahr 1603, zwischen April und Juli immerhin neunzig mit jeweils zweihundert bis tausend Teilnehmern. 5.12 Taufbuch der Pfarrei MünchenZu Unserer Lieben Frau

MÜNCHEN, 1588–1611 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. MATRIKELN 9262

Bis ans Ende des 16. Jahrhunderts ist der Vorname Benno in Altbayern nicht gebräuchlich. Im 17. Jahr­ hundert wächst die Zahl der auf den Namen Benno Getauften, vor allem im Umkreis des Hofes. Das Taufbuch der Münchner Frauenkirche führt zum November 1602 den ersten Benno auf, im Januar 1604 den nächsten und im September desselben Jah­ res dann gleich zwei Täuflinge dieses Namens. Von München aus verbreitet sich der Name im ganzen katholischen Altbayern. 5.13 Handschriftliches Mirakelbuch

DE MIRACVLIS S. BENNONIS EPISCOPI MONACHII PATRATIS & C; 1601 BEGONNEN | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. KOLLEGIATSTIFT MÜNCHEN-ZU UNSERER LIEBEN FRAU VN 75.7; 2. LEIHZEIT: 5.14

Die Wunder Bennos reißen auch in München nicht ab. Seit 1601 führt man deshalb in der Frauenkirche ein handschriftliches Mirakelbuch. Bis 1604 erfolgen immer­hin dreiundachtzig Einträge, zu denen zwi­ schen 1659 und 1661 sechs weitere nachgetragen wer­ den. Sie sind ein eindrucksvoller Spiegel der Sorgen und Nöte, mit denen sich vor allem gläubige Kranke vom Land an den heiligen Benno wenden. Die in einem Jahr aufgezeichneten Mirakel wurden jeweils am Benno-Fest öffentlich von der Kanzel verkündet – zum Dank an den heiligen Helfer und natürlich auch als Aufforderung zu seiner weiteren Verehrung. 5.14 Attest über ein Wunder des heiligen Benno

23. NOVEMBER 1601 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. KOLLEGIATSTIFT MÜNCHEN-ZU UNSERER LIEBEN FRAU VN 75.7

5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

Zahlreiche Gebetserhörungen und Wunder werden durch Atteste beglaubigt. Hier erklärt der Prior des Münchner Augustinerklosters, dass sein Konventu­ ale Georg von unstillbarem Blutfluss aus der Nase geheilt worden ist. Mehrere Zeugen bestätigen den Fall mit ihren Unterschriften. 5.15 Mirakelbuch des heiligen Benno

VMBSTENDIG: UND WARHAFFTER BERICHT / WAS SICH ZU END DESS 1602. UND 1603. GANTZE JAHR / BEY S. BENNO IN MÜNCHEN FÜR WUNDERWERCK BEGEBEN; MÜNCHEN: BERG 1603 | MÜNCHEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK, BIBLIOTHEK DES METROPOLITANKAPITELS MÜNCHEN, SIGN. TH 573; 2. LEIHZEIT: 5.16

Das erste 1602 gedruckte Mirakelbuch mit über tausend Exemplaren ist rasch ausverkauft, das zweite aus dem gleichen Jahr ebenso. 1603 folgt das hier ausgestellte Buch mit insgesamt nun schon einundsechszig Wundern und Gebetserhörungen aus den Jahren 1602 und 1603. Es wird 1604 erneut aufgelegt und im gleichen Jahr in einer weite­ren Fassung um achtundvierzig Wunder ergänzt. – Der Titelholzschnitt zeigt das Meißner Fischwunder Bennos, das erstmals in einer Münchner Fassung von 1601 bildlich belegt ist. Die Wallfahrer stammen aus vierhundertdreißig Orten, vornehmlich aus Oberund Niederbayern, aber auch aus Schwaben, Öster­ reich, der Oberpfalz und Württemberg, einzelne gar aus der Pfalz, dem Rheinland und Böhmen. 5.16 Mirakelbuch

EXTRACT UNND GRÜNDTLICHER BERICHT / ETLICHER GNADEN: VN(D) WUNDERWERCKEN / SO DER ALLMECHTIGE GOTT / DURCH DAS (!) ERSPRIESSLICHE FÜRBITT DES H. BISCHOFF BENNONIS, DER FÜRSTL. HAUPTSTATT MÜNCHEN GLORWÜRDIGEN PATRONEN / IN DEN NECHST ENTWICHENEN ACHT JAREN / AN VILEN PRESTHAFFTEN PERSONEN / INNER UNND AUSSERHALB DESS HERTZOGTHUMB BAYRN / GNEDIGLICH GEWIRCKT UND ERWISEN HAT; MÜNCHEN: BERG 1609 | MÜNCHEN, DIÖZESAN­ BIBLIOTHEK, BIBLIOTHEK DES METROPOLITANKAPITELS ­M ÜNCHEN, SIGN. V 572

Das 1609 im Auftrag des Kollegiatstifts Zu Unse­ rer Lieben Frau gedruckte Mirakelbuch versammelt zweiundneunzig Mirakel der Jahre 1601 bis 1608. Der Titelholzschnitt zeigt die Silberbüste des heili­ gen Benno, hier noch ohne Wolkenband. Die „Vor­ 5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

red an den günstigen Leser“ geht grundsätzlich auf die Bedeutung von Wundern ein und deutet sie als Bestätigungen des Glaubens, „so der wahren Kirchen eigenthumblich zugehören, und bey ihr biß ans end der Welt vnuerruckt verbleiben werden“. 5.17 Leben und Wunder des heiligen Bischofs

LEBEN UND WUNDERWERCK / DESS HEILIGEN BISCHOFFS UND BEICHTIGERS BENNO, DER CHUR-BAYRISCHEN HAUPT- UND RESIDENTZ-STATT MÜNCHEN / AUCH ALLGEMAINEN LANDPATRONS / UND SCHUTZ-HEYLIGEN. DESSEN HEILIGE / UND HAYL-WÜRCKENDE GEBAIN ALLHIER IN DER HOCHANSEHLICHEN CHUR-FÜRSTLICHEN STIFFT- UND PFARR-KIRCHEN BEY UNSER LIEBEN FRAUEN MIT GROSSEM ZULAUFF VEREHRT WERDEN (…); MÜNCHEN: MARIA MAGDALENA RAUCH 1697; KUPFERSTICH: CARL GUSTAV AMLING (STECHER) NACH JOHANN ANDREAS WOLFF (ZEICHNER) | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDEN- MEISSEN, SIGN. BM I 49

1697 veranlasst das Stift Zu Unserer Lieben Frau den Druck der umfassendsten Publikation, die in München zu Ehren des heiligen Benno erschienen ist. Den Text verfasst unter Nutzung älterer Publika­ tionen der Stifts­prediger Pater Kaspar Mendl. Ne­ ben einer ausführlichen Lebensbeschreibung Bennos enthält das Werk die Geschichte seiner Kanonisa­ tion und der Übertragung seiner Reliquien nach München, Informationen zur Benno-Bruderschaft sowie zur Verehrung Bennos in München und darü­ ber hinaus. 5.18 Heiliger Benno von Meißen

SÜDDEUTSCHLAND, 1. H. 18. JH. | DIÖZESANMUSEUM FREISING, INV. NR. D 8025

Das Ausmaß der Benno-Verehrung im 18. Jahrhun­ dert in Bayern dokumentieren verzierte Andachtssti­ che. Solche gerahmten Bilder sind zumeist nur von barocken Marien­gnadenbildern bekannt. Als Zim­ merschmuck hängen sie im „Herrgottswinkel“, kün­ den von besuchten Wallfahrtsorten und dienen der persönlichen Andacht. Häufig zählte das Anfertigen solcher Arbeiten zu einer wichtigen Einkommens­ quelle süddeutscher Frauenklöster. – Vorlage ist hier der Kupferstich in dem 1696 erschienenen Werk „Leben Und Wunderwerck / Deß heiligen Bischoffs und Beichtigers BENNO.“

5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

5.19 Benno als Schutzpatron Bayerns und der Stadt München

JOHANN GEORG WOLFGANG NACH JOHANN BAPTIST UNTERSTEINER (UNDERSTAINER); AUGSBURG, UM 1700; BEZEICHNET: (UNTEN LINKS) JOHANN UNDERSTAINER PINXIT, (UNTEN RECHTS) JOHANN WOLFFGANG FECIT AUG. VIND | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, GRAFIKSAMMLUNG

Den großformatigen Stich, die repräsentativste grafische Darstellung des heiligen Benno, fertigt der Augsburger Kupferstecher Johann Georg Wolfgang nach einer Zeichnung des Münchner Hofmalers Jo­ hann Baptist Unter­steiner. Die lateinische Inschrift rühmt Benno als Bayerns Schutzherr und Wunder­ täter: „Der heilige Benno, Bischof und Bekenner / Der große Schutzherr Bayerns und Wundertäter / Geboren in Sachsen im Jahr 1010 / Zum Bischof von Meißen gewählt 1066 / Heilig gestorben im Alter von 96 Jahren am 16. Juni 1106 / Unter die Zahl der Heiligen aufgenommen von Hadrian VI. im Jahr 1523 / Seine hei­ligen Reliquien nach Bayern in die Stadt München übertragen im Jahr 1576.“ 5.20 Mandat des Regensburger Domkapitels über den 16. Juni als Feiertag

14. MAI 1698 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. KOLLEGIATSTIFT MÜNCHEN-ZU UNSERER LIEBEN FRAU VN 76.3; 2. LEIHZEIT: 5.21

1698 wird der Benno-Tag am 16. Juni zum offiziellen baye­rischen Feiertag erklärt. Die Geistlichen der Di­ özese Regensburg werden hier angewiesen, den Tag gebührend zu begehen. Das Volk soll zur feierlichen Verehrung ermahnt werden – notfalls unter Anru­ fung der Obrigkeit. 5.21 Offizielle liturgische Texte zum Benno-Fest

ROM, 1698 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. KOLLEGIATSTIFT MÜNCHEN-ZU UNSERER LIEBEN FRAU VN 76.3

Auf Antrag des bayerischen Kurfürsten Max Emanu­ el genehmigt die römische Ritenkongregation am 22. November 1698 die Texte spezieller Lesungen und Gebete für Stundengebet und Messfeier am Ben­ no-Fest. Die Stunden­gebete behandeln Ausschnitte des Heiligenlebens, bei den Messgebeten ist in die allgemeinen Texte für einen Bekenner-Bischof nur der Name Bennos eingefügt.

5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

5.22 Kelch mit Benno unter den Patronen der Frauenkirche München

FRANZ KESSLER; MÜNCHEN, UM 1700 | STIFTUNG DES STIFTSDECHANTEN JOHANN MARTIN CONSTANTE VON WESTERNBURG; DIÖZESANMUSEUM FREISING, LEIHGABE DER METROPOLITANUND PFARRKIRCHENSTIFTUNG ZU UNSERER LIEBEN FRAU MÜNCHEN, INV. NR. M 608

Der Kelch von einem der Hauptmeister des Münch­ ner Barocks zeigt in den Medaillons am Fuß drei der vier Mitpatrone der Münchner Frauenkirche: die Bischöfe Benno (mit Fisch, Schlüssel und Stab), Arsacius (mit dem Sarg der Heiligen Drei Könige) und Donatus (mit Kelch und Märtyrerpalme). Der vierte Patron Papst Sixtus findet sich an einem der drei Cuppa-Reliefs; die beiden anderen zeigen die Kreuzigung Christi und die Mantelspende des hei­ ligen Martins. Letztere verweisen auf Funktion und Stiftung des Kelches, der laut einem Inventar von 1795 „Zum Herrnamt“ diente. 5.23 Antiphon zu den Heiligen Benno und Arsacius

CHORBUCH, UM 1725 | MÜNCHEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK, BIBLIOTHEK DES METROPOLITANKAPITELS MÜNCHEN, SIGN. CHORBUCH ULF 9; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Das speziell für die Münchner Frauenkirche ge­ schriebene Chorbuch ist bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts in Gebrauch. Die hier enthaltenen Rahmenverse (Antiphonen) sind für die Feste der heiligen Bischöfe Arsacius und Benno entstanden. Übergroße Texte und Noten sorgen dafür, dass mehrere Sänger gleichzeitig nach dem Buch singen können. 5.24 Schreiben der kurfürstlichen GeneralLandesdirektion an das Kollegiatstift Zu Unserer Lieben Frau

MÜNCHEN, 31. DEZEMBER 1800 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. KOLLEGIATSTIFT MÜNCHEN-ZU UNSERER LIEBEN FRAU VN 82; 2. LEIHZEIT: 5.25

Nur knapp entgeht die Benno-Büste der Einschmel­ zung. Für den Krieg gegen Napoleon soll alles „ent­ behrliche“ Kirchensilber abgeliefert werden, auch die Silberbüste des Benno-Reliquiars. Ein Münchner Tuchhändler löst die Büste schließlich für 1523 Gul­ den aus und bewahrt sie so vor der Zerstörung. Ein­ geschmolzen werden aber die zahlreich gespendeten Schmuckstücke, mit denen die Büste verziert war.

5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

5.25 Wiedereinführung des Benno-Festes

MÜNCHEN, 28. NOVEMBER 1826 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. REALIA 964A

Mit der von Napoleon diktierten Säkularisation schafft der bayerische Staat 1806 auch den Ben­ no-Feiertag ab; die Festlichkeiten werden auf den jeweils folgenden Sonntag verlegt. 1826 verfügt König Ludwig I. die Wiedereinführung. Hier ordnet der Münchner Erzbischof deshalb an, Benno künftig wieder am 16. Juni kirchlich zu feiern. 5.26 Maria die Himmelskönigin und die Heiligen Benno und Korbinian

CARL MAYER’S KUNST-ANSTALT, NACH EINER ZEICHNUNG VON JOSEF VINZENZ OBWEXER; NÜRNBERG, 1883, VORLAGE UM 1860 | DIÖZESANMUSEUM FREISING, INV. NR. D 2011-97

Die maschinellen Spitzenbildchen der Carl May­ er’schen Kunstanstalt in Nürnberg zeichnen sich durch eine feine Ausführung und gehobene Qualität aus. Das hier gezeigte Andachtsbildchen vereint die Patrone Bayerns und der 1821 neu gebildeten Erz­ diözese München und Freising Maria, Benno und Korbinian und wirbt für die neuen Verhältnisse. 5.27 Heiliger Benno von Meißen

VERLAG SERZ & CO., NACH EINER ZEICHNUNG VON G. HAHN; NÜRNBERG, MITTE 19. JH. | DIÖZESANMUSEUM FREISING, INV. NR. D 9614

Während Spitzenbildchen im 18. Jahrhundert in kunst­fertiger Fingerspitzenarbeit mit der Schere aus Pergamentpapier ausgeschnitten und handbemalt wurden, konnten sie mit der Entwicklung der ma­ schinellen Ausstanztechniken im 19. Jahrhundert zu einem „Luxus für alle“ werden. 5.28 Die Pfarrkirche St. Benno in München

AUS: ÜBER LAND UND MEER. DEUTSCHE ILLUSTRIERTE ZEITUNG 38 (1895/1896), BD. 75, NR. 4.; H. NISLE; MÜNCHEN, 1895/96; BEZEICHNET: NACH DEM ORIGINAL-ENTWURF VON PROFESSOR L. ROMEIS | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, INV. NR. GST 20305; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Das starke Anwachsen der Münchner Bevölkerung führt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Gründung neuer Pfarreien und zum Bau mehrerer großer Kirchen am damaligen Stadtrand. Vielleicht geben die Jubiläumsfeiern von 1880 den Anstoß, eine davon dem Stadtpatron zu weihen, der bislang noch keine „eigene“ Kirche hat. Nach nur siebenjähriger Bauzeit wird die imposante dreischiffige Kirche im 5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

neuromanischen Stil vollendet und am 13. Oktober 1895 durch Erzbischof Antonius von Thoma (reg. 1889-1897) feierlich geweiht. 5.29 Altarkreuz aus St. Benno in München

HARRACH & SOHN; MÜNCHEN, UM 1895 | MÜNCHEN, KATHOLISCHE KIRCHENSTIFTUNG ST. BENNO

Das prunkvolle Altarkreuz gehört zur kostbaren Ausstattung von St. Benno. Diese und der Kirchen­ bau entstehen unter enger Beteiligung und Förde­ rung des Prinzregenten Luitpold , der unter anderem 1893 den Hochaltar stiftet, und des Erzbischofs Anton von Steichele. 5.30 Kelch aus St. Benno in München

MÜNCHEN, 1895 | MÜNCHEN, KATHOLISCHE KIRCHENSTIFTUNG ST. BENNO

Auf der Cuppa des sogenannten Katakomben-Kelchs thront Christus in einer sehr byzantinischen En­ gelsgarde. Den Griff zieren eher gotische Vierpässe mit frühchristlichen Symbolen. Die vier Emails am Fuß sind Vorbilder aus dem Alten Testament für die Eucharistie. Die untere lateinische Inschrift besagt, dass der Kelch von der Jugend Bayerns gestiftet wur­ de. Er stammt wohl wie das Altarkreuz von St. Ben­ no aus der Münchner Goldschmiede­firma Harrach. 5.31 Festprogramm zum 300. Jubiläum der Reliquien-Übertragung in die Frauenkirche 1880

1880 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, SIGN. ERZBISCHÖFE 1821-1917, KASTEN 34/1; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Im Jahr 1880 ordnet Erzbischof Anton von Steichele zum 300. Jahrestag der Übertragung der Benno-Re­ liquien in die Frauenkirche an, das Benno-Fest mit erhöhter Feierlichkeit zu begehen. 5.32 Mitra aus der Münchner Frauenkirche

SÜDDEUTSCHLAND, UM 1870; STICKEREI MIT EDELSTEINBESATZ | DIÖZESANMUSEUM FREISING, LEIHGABE DER METROPOLITAN- UND PFARRKIRCHENSTIFTUNG ZU UNSERER LIEBEN FRAU MÜNCHEN, INV. NR. M 642

sentanten des 1821 neu gegründeten Bistums Mün­ chen-Freising. Korbinian vertritt die altehrwürdige Bischofsstadt Freising, Benno die neue Bistumsstadt München. Die Rückseite mit der Verkündigung an Maria verweist auf das Marienpatrozinium der Münchner Frauenkirche. 5.33 Wunderheilung durch den heiligen Benno von Meißen

LUDWIG FOLTZ (ENTWURF), JOHANN KRAUS (AUSFÜHRUNG); MÜNCHEN, ZWISCHEN 1864 UND 1868 | DIÖZESANMUSEUM FREISING, LEIHGABE DER METROPOLITAN- UND PFARRKIRCHENSTIFTUNG ZU UNSERER LIEBEN FRAU MÜNCHEN, INV. NR. M 301

Abgesehen vom Fischwunder gibt es bis ins 19. Jahr­ hundert hinein keine weiteren Darstellungen einzel­ ner Szenen aus dem Leben oder von Wundern des heiligen Benno. – Das Holzrelief ist ein Fragment vom einstigen neugotischen Retabel des Benno-Al­ tars, den die Münchner Bierbrauer stifteten. Es stellt Benno in einer Gruppe Kranker dar, die durch seine Fürbitte geheilt werden. In typischer Manier des 19. Jahrhunderts sind Personen und Handlung durch Gesten, Gesichter und Blicke einfach und eindeutig charakterisiert. 5.34 Gedenken an die „Glaubensbrüder hinter Mauer und Zaun“

MÜNCHEN, 26. NOVEMBER 1961 | DIÖZESANBIBLIOTHEK, BIBLIOTHEK DES METROPOLITANKAPITELS MÜNCHEN

Im Jahr des Baus der Berliner Mauer ruft Julius Kardinal Döpfner, von 1957 bis 1961 Bischof von Berlin, schon eine Woche nach seinem Amtsantritt als Erzbischof von München und Freising bei einer Abendmesse in der Frauenkirche dazu auf, die Not des Bistums Berlin und des ganzen mitteldeutschen Landes nicht zu vergessen, sondern brüderlich mit­ zutragen. Dabei bezog er sich ausdrücklich auf das Land, in dem der heilige Benno einst gewirkt hatte, und regt als Form des Gedenkens eine am Benno-Al­ tar brennende Kerze an.

Nachdem die Münchner Frauenkirche 1861 mit der Neuschöpfung ihrer Ausstattung zu einer gotischen Vorzeigekirche transformiert wird, werden neue liturgische Gewänder angefertigt. Die mit Stickerei­ en überzogene Mitra gehört dazu. Die Vorderseite zeigt die Heiligen Benno und Korbinian als Reprä­ 5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

5.35 Plakat zum Benno-Fest am 25. Juni 2016

MÜNCHEN, 2016 | MÜNCHEN, ARCHIV DES ERZBISTUMS MÜNCHEN UND FREISING, PLAKATSAMMLUNG

1976 erhält das Münchner Benno-Fest im Zusam­ menwirken von Bistumsleitung und Katholikenrat der Region München seine heutige Form. Das Fest besteht aus zwei Teilen: einem Festgottesdienst und einer Vesper einschließlich einer Reliquienprozessi­ on in der Frauenkirche. An einem anderen Tag wird – seit 2008 auf dem Odeonsplatz – das Gründungs­ fest der Stadt München gefeiert, deren Patron Benno ist. Genutzt wird es, um die Viefalt und Lebendig­ keit des kirchlichen Lebens in München zu präsen­ tieren.

6. BENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN  Auf dem Weg zum   Bistumspatron 

5.  T RIUMPH DES KATHOLIZISMUS

LANDESPATRON BAYERNS UND HEILIGER IN ROM

6.1

Medaille auf den Konfessionswechsel Augusts des Starken 1697

ist, präsentiert sechs Ansichten der im Bau befind­ lichen Dresdner Hofkirche nach Plänen des römi­ schen Architekten Gaetano Chiaveri (1689–1770). Ihr Stecher ist Lorenzo Zucchi (1704–1779). Die Mappe zeigt keine Entwürfe zur Bauplanung, son­ dern diente als reines Präsentations­stück, mit dem sich der Künstler empfahl und der Herrscher im Kreise seiner Gäste glänzte. Die aufwendig gestal­ tete Zucchi-Mappe belegt die künstlerische und politische Bedeutung der Dresdner Hofkirche Ss. ­Trinitatis.

SACHSEN, 1697 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BGB3951

Die Medaille zeugt von einem Ereignis, das die kur­ sächsische Geschichte in ein Davor und ein Danach teilte: den Übertritt des Kurfürsten August des Star­ ken zum Katholizismus 1697. Sie ist nicht offizieller Herkunft und wurde entweder von katholischer oder lutherischer Seite in Auftrag gegeben. Der Kopf auf dem Brustharnisch wird als Luther gedeutet. 6.2

Einseitige Medaille auf Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen

6.5

JOHANN WILHELM HÖCKNER; SACHSEN, 1751 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BGB2451

WOHL FICKLER; SACHSEN, UM 1730 | MÜNZKABINETT, STAAT­ LICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. 2012/4545

Nach dreizehnjähriger, teils stockender Bauzeit konnte am 29. Juni 1751 die Katholische Hofkirche in Dresden feierlich der Heiligsten Dreifaltigkeit (Ss. Trinitatis) geweiht werden. Vollendet, wie die Medaille vorgibt, war sie zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht: Der Turmbau war noch nicht abge­ schlossen.

Kurfürst Friedrich August I. gab mit seinem Konfessions­wechsel 1697 den Anstoß für die Rück­ kehr des „alten“ Glaubens nach Sachsen. Sein Über­ tritt brachte ihm die polnische Königswürde ein, worauf diese Medaille stolz hinweist. Zum Ausbau der katholischen Seelsorge holte er den Jesuitenor­ den nach Dresden. 6.3

Medaille auf König August III. von Polen und seine Gemahlin Königin Maria Josepha von Polen

6.6

HEINRICH FRIEDRICH WERMUTH, NACH 1733 | MÜNZKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. BGB3914

STAMPE DELLA NUOVA CHIESA […]; LORENZO ZUCCHI NACH VORLAGEN VON GAETANO CHIAVERI, ÁDÁM MÁNYOKI | DOMSCHATZKAMMER ST. PETRI BAUTZEN, LEIHGABE VON ERICH ILTGEN, INV. NR. DGR  49

Die Kupferstich-Mappe, die Friedrich August II. gewidmet 6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

Entrückung des heiligen Benno (Reproduktion)

FRANZ ANTON MAULBERTSCH; 1770 | ALBERTINA, WIEN, INV. NR. 23499

An der künstlerischen Ausgestaltung der Dresdner Hofkirche wirkten im 18. Jahrhundert viele namen­ hafte Künstler mit. Franz Anton Maulbertsch wurde 1770 mit der Anfertigung eines Deckenfreskos für die St. Benno-Kapelle der Kirche beauftragt, auf dem Benno bei der Predigt und seine Entrückung in den Himmel dargestellt ist. Die Vorzeichnung gibt einen seltenen Einblick in den Werkprozess.

Vereint auf einer Medaille sind hier der Kurfürst Friedrich August II. (als August III. König von Po­ len), Sohn Augusts des Starken, und seine Gemahlin Maria Josepha zu sehen. Sich in ihrer Konfession eng miteinander verbunden fühlend betrieben sie eine aktive Kirchenpolitik. Zahlreiche katholische Einrichtungen und nicht zuletzt die Hofkirche Ss. Trinitatis gehen auf ihre Initiative zurück. 6.4 Sogenannte Zucchi-Mappe mit der Kupferstichfolge zum Bau der Dresdner Hofkirche

Medaille auf die Einweihung der Katholischen Hofkirche in Dresden 1751

6.7

Barockes Reliquiar mit BennoReliquie WOHL DRESDEN, UM 1725 | DOMSCHATZKAMMER ST. PETRI BAUTZEN, INV. NR. REL 5

Im Jahr 1725 erhielt Kurprinzes­ sin Maria Josepha ein kostbares Geschenk vom bayerischen Kur­ fürsten Max II. Emanuel: eine Rippe des heiligen Benno. Ein­ gefasst in Gold, Edelsteine und Perlen war diese Reliquie eine 6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

Sensa­tion für die noch wenigen Katholiken in Sach­ sen, kehrte mit ihr doch der 1539 verloren geglaubte Reliquien­schatz zumindest teilweise zurück. Jährlich zum Benno- Tag am 16. Juni konnte sie fortan in der Dresdner Hof­kirche bewundert und verehrt wer­ den. Maria Josepha ließ von der Rippe einen Splitter lösen, der in dieses prachtvoll gearbeitete Reliquiar eingelassen wurde, das so selbst eine Reliquie dar­ stellt. 6.8

6.11 Ansichten der Katholischen Hofkirche Dresden

Reliquienkatalog

18. JH. | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDEN-MEISSEN, SIGN. A.I LOC. 3711A; 2. LEIHZEIT: 6.9

Das Reliquienverzeichnis gibt Einblick in die rei­ che Sammlung an Reliquien von Kurfürst Friedrich August II. (als August III. König von Polen), seiner Gemahlin Maria Josepha und ihrem gemeinsamen Sohn Friedrich Christian. Darin findet sich auch ein Eintrag zur Rippen-Reliquie des heiligen Benno, die 1725 aus München nach Dresden kam. 6.9

gerin wurde erst durch die von August dem Starken geschickt eingefädelte Heirat mit dessen Sohn Fried­ rich August II. zur sächsischen Kurprinzessin, später Kurfürstin von Sachsen und Königin von Polen. Als Katholikin war ihr die Förderung des Katholizismus im lutherischen Sachsen eine Herzensangelegenheit. Gemeinsam mit den Dresdner Jesuiten verhalf sie dem heiligen Benno zu neuem Ansehen.

Missionstagebuch der Jesuiten

CONTINUATIO DIARIJ SEU PROTOCOLLI A SERENISSIMO, ET POTENTISSIMO POLONIARUM REGE S. R. I. ELECTORE FRIDERICO AUGUSTO, DRESDAE IN URBE SUA ELECTORALI INSTITUTAE SOCIETATIS JESU MISSIONIS, AB ANNO 1721 AD ANNUM 1738; DRESDEN, 1721–1738 | DRESDEN, DOMPFARREI SS. TRINITATIS

Der Orden der Jesuiten war in Dresden im 18. Jahr­ hundert mit der Betreuung der noch wenigen dort lebenden Katholiken beauftragt. In ihren Missions­ tagebüchern hielten die Geistlichen ihre Tätigkeiten taggenau fest. In einem unscheinbaren Eintrag für den 16. Juni 1724 regten sie die liturgische Wieder­ belebung des Benno-Festes an, das fortan feierlich begangen wurde. 6.10 Kurprinzessin Maria Josepha von Sachsen (1699–1757) (Reproduktion)

LOUIS DE SILVESTRE D. J.; NACH 1719  | GEMÄLDEGALERIE ALTE ­M EISTER, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, GAL.-NR. 3952

Maria Josepha (1699–1757), hier meisterhaft vom kur­ fürstlichen Hofmaler Louis de Silvestre kurz nach ihrer Ver­ mählung porträtiert, kam als Erzherzogin von Öster­reich in Wien zur Welt. Die Habsbur­ 6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

6.11a Der Schlossplatz in Dresden von der Brühlschen Terrasse aus

UM 1835 | KUPFERSTICH-KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. A 1995-3007; 2. LEIHZEIT: 6.11B

6.11b Der Schlossplatz in Dresden von Nordosten

GEORG BALTHASAR PROBST; 2. H. 18. JH. | KUPFERSTICHKABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. A 1995-2913

6.11c Die Katholische Hofkirche in Dresden mit Truppenschau

NACH 1754 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. B1851; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Die Druckgrafiken aus dem späten 18. und 19. Jahr­ hundert zeigen die Katholische Hofkirche in Dres­ den nach ihrer architektonischen Vollendung im Jah­ re 1754. Alle Künstler wählten den wohlinszenierten Blick von Nordosten auf die Turmfassade und die südöstliche Seitenfassade mit den raumgreifenden Heiligenfiguren Lorenzo Mattiellis (1687–1748). Damit erfassten sie die städtebauliche Relevanz des monumentalen Baus zwischen Schloss und Augus­ tusbrücke. 6.12 Der heilige Bischof Benno STEFANO TORELLI; DRESDEN, UM 1750 | DOMSCHATZKAMMER ST. PETRI BAUTZEN, INV. NR. GEM 3

Das Gemälde stellt Ben­ no in halber Figur mit Heiligenschein bei der Predigt dar. Sein Maler ist Stefano Torelli, der auch für die Dresdner 6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

Hofkirche ein monumentales Benno-Bildnis schuf. Das Gemälde befand sich zunächst im Bautzener Dom, kam anschließend in der Kapelle des Domstif­ tes und später in der dortigen Domschatzkammer zur Aufstellung. 6.13 Domdekan Johann Leisentrit (1527–1586) NACH 1586 | DOMKAPITEL ST. PETRI DRESDEN

Johann Leisentrit wurde 1527 in stürmische Zeiten hinein­geboren. Als er im Jahr 1549 zum Priester ge­ weiht wurde und später zum Bautzener Domdekan aufstieg, war die kirchliche Neuordnung im Zuge der Reformation im sächsischen Teil des Bistums Meißen in vollem Gange. Lediglich in dem Teil, der zur Ober- und Niederlausitz und damit zur böhmi­ schen Krone gehörte, konnten die Meißner Bischöfe noch regieren. Kurz bevor das Bistum evangelisch wurde, ernannte der letzte Bischof Johann von Haugwitz Leisentrit 1560 zum Generalkommissar über beide Lausitzen. 6.14 Schreib- und Lesepult Johann Leisentrits

6.16 Sorbisches Gebetbuch

JĔZUSSOWA WINCZA HABÉ WUTZBÉ-HA MODLITWOW-KŇIHI; MICHAŁ JAN WAŁDA (MICHAEL WALDE); BAUTZEN, 1785 | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDEN-MEISSEN, SIGN. WB II 42; 2. LEIHZEIT: 6.17

Dieses Gebetbuch in obersorbischer Sprache aus dem Jahr 1785 belegt die kultische Bedeutung des heiligen Benno bei den sorbischen Katholiken. Für den 16. Juni, den Benno-Tag, empfiehlt das Buch eine Benno-Litanei, also ein Bittgebet, das an den heili­ gen Benno gerichtet ist. 6.17 Sorbisches Gesangsbuch

SPĔWAWA JĔZUSSOWA WINCZA TO JO BOCHOWNE HA POWNE KHERLUSCHOWE KŇIHI; MICHAŁ JAN WAŁDA (MICHAEL WALDE); BAUTZEN, 1787 | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDEN-MEISSEN, SIGN. WB II 43

Der Bautzener Kirchenmusiker und Theologe Mi­ chael Walde, der bedeutendste Editor von Kirchen­ liedern im obersorbischen Sprachraum, sammelte in seinem Gesang­buch 659 sorbische Kirchenlieder, da­ runter auch viele aus evangelischer Tradition. Auch der heilige Benno wurde zum 16. Juni mit einem eigenen Lied bedacht.

BAUTZEN, 1570 | DOMKAPITEL ST. PETRI DRESDEN

Der Bautzener Domdekan Johann Leisentrit er­ reichte 1570 durch päpstlichen Beschluss, dass die Administratur über beide Lausitzen dem Bautzener Domkapitel übertragen wurde. Als Verwalter war er um Vermittlung zwischen Katholiken und Luthera­ nern bemüht. Junge sorbisch sprechende katholische Männer versuchte er für das Priesteramt zu gewin­ nen. Für das Domkapitel richtete er eine Bibliothek ein. Wohl von seinem Schreibpult aus verfasste Leisentrit viele theologische Schriften. 6.15 Gesangsbuch Johann Leisentrits

GEISTLICHE LIEDER UND PSALMEN […], JOHANN LEISENTRIT, BAUTZEN, 1573 | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDENMEISSEN, SIGN. BM III 23, SIGN. BM III 23BIS

Unter Leisentrits Veröffentlichungen ist das Gesang­ buch „Geistliche Lieder und Psalmen“ die bedeutens­ te. Es erlebte drei Auflagen und erschien zuerst 1567. Es enthält über 250 Kirchenlieder, darunter auch viele aus evange­lischen Quellen, sowie 41 Bilder und kunstvolle Randverzierungen. 68 der Lieder stam­ men vermutlich aus Leisentrits eigener Feder.

6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

6.18 Skulptur des sogenannten heiligen Benno

SACHSEN, WOHL UM 1510 | KATHOLISCHE PFARREI MARIA ­R OSENKRANZKÖNIGIN RADIBOR

Der heilige Benno spielt für die katholischen Sor­ ben bis heute eine besondere Rolle, so auch im Ort Radibor in der Oberlausitz, der nach der Reformati­ on katholisch blieb. Obwohl dieser feingearbeiteten Holzskulptur Fisch und Schlüssel als Attribute feh­ len, wurde sie von den Radi­borer Katholiken als der heilige Benno von Meißen angesehen und verehrt. 6.19 Fragment einer St. Benno-Glocke DRESDEN, 1896 | KATHOLISCHE PFARREI MARIA ROSENKRANZ­ KÖNIGIN RADIBOR

Das Fragment ist das letzte Überbleibsel einer dem hei­ ligen Benno geweihten Glo­ cke aus Radibor bei Baut­ zen. Unter dem Bildnis ist SWJATY BENO zu lesen, so die sorbische Bezeich­ nung des Heiligen. Die St. Benno-Glocke wurde 1896 6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

von der traditionsreichen Dresdner Glockengießerei „Bierling“ für die neue Radiborer Pfarrkirche ange­ fertigt. Nur einundzwanzig Jahre später verstummte sie für immer: Wie viele Kirchglocken musste sie während des Ersten Weltkrieges zur Einschmelzung für Kriegs­zwecke abgegeben werden. 6.20 Bischof Jakob Wosky von Bärenstamm (1692–1771)

WOHL 1860/1870 | KATHOLISCHE PFARREI ST. BENNO ZU OSTRO

Jakob Wosky von Bärenstamm war Dekan des Dom­ kapitels St. Petri Bautzen und Apostolischer Präfekt des Bistums Meißen in den beiden Lausitzen. Der Sorbe empfing als erster der Bautzener Dekane auch die Bischofsweihe. Wosky gründete unter anderem eine Kirche zu Ehren des heiligen Benno in Ostro. Auf dem Gemälde trägt er das hier ebenfalls ausge­ stellte Pektorale um den Hals. 6.21 Pektorale mit Ring und Etui

1751 | DOMSCHATZKAMMER ST. PETRI BAUTZEN, INV. NR. SIL 11

Das Pektorale, das auch auf dem Porträtgemälde Woskys zu sehen ist, erhielt Bischof Jakob Wos­ ky von Bärenstamm von höchster Stelle: Kurfürst Friedrich August II. schenkte es ihm 1751 dafür, dass Wosky die Nebenaltäre der Dresdner Hofkirche ge­ weiht hatte. Bei Hofe war der sorbische Bischof, der fünf Sprachen beherrschte, ein gern gesehener Gast. 6.22 Benno Episcopus olim Misenensis Redivivus

BENNO, EPISCOPUS OLIM MISENENSIS, REDIVIVUS, SEU VITA BENNONIS; MARTIN HEIDENREICH; DRESDEN UND LEIPZIG, 1694 | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDEN-MEISSEN, SIGN. BM  I 46BIS

Bereits 1694 legte der sächsische Pfarrer Martin Heidenreich eine Geschichte des heiligen Benno und dessen Heiligsprechung vor. Sein Werk gibt quellenkundliche Einblicke in den Kanonisations­ prozess und liefert eine Liste mit fünfzig Wundern, die in der Diözese Meißen von Benno bewirkt wor­ den sein sollen. 6.23 Ossilegium S. Bennonis Episcopi

OSSILEGIUM S. BENNONIS EPISCOPI QUONDAM MISNENSIS / SEU VITA ET ACTA IPSIUS, VETERUM MONUMENTIS AC DIPLO­ MATUM RELIQUIIS; CARL FRIEDRICH SEYFFARTH; MÜNCHEN, 1765 | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDEN-MEISSEN, SIGN. BM I 47

6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

Dieses von dem sächsischen evangelischen Pfarrer Carl Friedrich Seyffarth 1765 verfasste Werk ist eine der ers­ten gründlichen quellenkritischen Auseinan­ dersetzungen mit dem heiligen Benno. Neben einer umfangreichen Lebensbeschreibung des Bischofs enthält der Band auch Briefe, Berichte und Zeugen­ aussagen aus dem 16. Jahrhundert. 6.24 St. Benno-Kalender 6.24a Katholischer Kirchenkalender 1851

KATHOLISCHER KIRCHENKALENDER FÜR SACHSEN, INSBESONDERE FÜR DRESDEN AUF DAS JAHR 1851 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. HIST.SAX.L.96; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

6.24b St. Benno-Kalender 1866

ST. BENNO-KALENDER ODER KATHOLISCHER KIRCHEN- UND VOLKSKALENDER AUF DAS JAHR 1866; DRESDEN, 1866 | SÄCHSISCHE LANDESBIBLIOTHEK – STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK DRESDEN, SIGN. HIST.SAX.L.360-15/17.1865/67; 2.  LEIHZEIT: REPRODUKTION

Der St. Benno-Kalender und sein Vorläufer, der Katho­lische Kirchenkalender für Sachsen, versorg­ ten die Katholiken in Sachsen seit 1851 jährlich mit statistischem Material zu ihren Gemeinden, einem Kalendarium mit kirchlichen Feiertagen, Geschicht­ lichem zur Diözese Meißen und kurzweiligen belletristischen Texten. Seit 1865 trug der Haus­ kalender den Namen St. Bennos, seit 1866 prangte ein Bild des Heiligen auf dem Titelblatt. Nachdem die Reichspressekammer im Jahr 1941 kirch­liche Zeitschriften aus „kriegswichtigen Zwecken“ unter­ sagt hatte, mussten die Dresdner Herausgeber den St. ­Benno-Kalender nach 91 Ausgaben einstellen. Seit 2006 erscheint er wieder jährlich. 6.25 Akte zu zwei Vereinen unter dem Schutz des heiligen Benno

1863–1912 | BAUTZEN, DIÖZESANARCHIV DRESDEN-MEISSEN, SIGN. A.I, LOC. 4388

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erblühte auch in Sachsen das katholische Vereinswesen. Mindestens zwei dieser Vereine stellten sich unter den Schutz Bennos. Die „Bruderschaft zur Ewigen Anbetung des Allerheiligsten Altarsacraments unter dem Schutze des Heiligen Benno“ sammelte Spenden zur Aus­ stattung armer Kirchen mit liturgischen Geräten. Der „St. Benno-Meßbund“ diente durch Gebete dem Seelenheil seiner Mitglieder nach deren Tod. 6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

6.26 Rundschreiben über die Hinzufügung Bennos zur Allerheiligenlitanei 1859

14. JULI 1859 | BAUTZEN, DIÖZESANARCHIV DRESDEN-MEISSEN, SIGN. A.I. LOC. 3820, BL. 179V; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Per Rundschreiben informierte der Apostolische Vikar Ludwig Forwerk, der Oberste im Kirchenbe­ zirk Sachsen und in der Oberlausitz, am 14. Juli 1859 alle Pfarrer, dass der Name des heiligen Benno von nun an Teil der Aller­heiligenlitanei sein solle. Bei der Allerheiligenlitanei, einem Bittgebet im katholischen Gottesdienst, werden die Heiligen um ihre Fürbitte vor Gott angerufen. 6.27 Prozessionsbuch für die Meißner Pfarreien

PAROCHIALIS MISNENSIS PARS III. DE PROCESSIONIBUS SEU PROCESSIONALE; 1716 | BAUTZEN, DIÖZESANBIBLIOTHEK DRESDEN-MEISSEN, SIGN. BM III 68/7; 2. LEIHZEIT: REPRODUKTION

Dieses Prozessionsbuch, das für den Gebrauch in den Pfarreien des Kirchenbezirks Meißen bestimmt war, zeigt, dass der heilige Benno in die Liturgie aufgenommen wurde. Im Text zur Allerheiligenlita­ nei wurde sein Name vermutlich im 18. Jahrhundert handschriftlich ergänzt. 6.28 Schulring und Schülermütze des St. Benno-Gymnasiums Dresden 6.28a Schulring

DRESDEN, 1930ER-JAHRE | ST. BENNO GYMNASIUM DRESDEN, LEIHGABE VON URSULA NEUBERT

6.28b Schülermütze

DRESDEN, UM 1935 | ST. BENNO GYMNASIUM DRESDEN

Das St. Benno-Gymnasium ging aus dem im 18. Jahrhundert gegründeten Dresdner Kapellknabenin­ stitut hervor. 1941 wurde die Schule durch die Na­ tionalsozialisten geschlossen und konnte erst nach 1990 wiedergegründet werden. Ring und Mütze, in denen sich die Schulfarben wiederfinden, wurden in den 1930ern von den älteren Schülern zu besonderen Anlässen getragen. 6.29 Anstecknadel St. Benno

1975 | BAUTZEN, DIÖZESANARCHIV DRESDEN-MEISSEN, INV. NR. G.IX.02

Anlass der Anfertigung und Herkunft der Ansteck­ nadel, die von Benno, Fisch und Schlüssel geziert wird, sind nicht näher bekannt. 6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

6.30 Plakat St.-Benno-Bier, Spezial-Ausschank von Löwenbräu im „Palais de Saxe“, Dresden

H. HUSTEDT; DRESDEN, UM 1910 | KUPFERSTICH-KABINETT, STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, INV. NR. KG 37222

Benno diente auch als Namensgeber für eine Bier­ sorte der Münchner Löwenbräu-Brauerei. Das vom Heiligen gesegnete Bier wurde von München aus versandt und auch am Dresdner Neumarkt ausge­ schenkt, auf dem sich an der Ecke zur Moritzstraße seit Ende des 19. Jahrhunderts das „Palais de Saxe“, ein Wohn- und Geschäftshaus mit mehreren Loka­ len, befand. 6.31 Benno vor Münchner Kulisse

NACH EINEM GEMÄLDE VON JOSEPH ALBRECHT; 1906/1933 | DOMSCHATZKAMMER ST. PETRI BAUTZEN

Dieses Gemälde zeigt den heiligen Benno als ­alten Mann vor Münchner Kulisse. Es war im Jahr 1933 ein Geschenk an die Dresdner Ordensoberin Schwester Brunella von ihren Amtskolleginnen von den Ordens­niederlassungen der Borromäerinnen in Dresden-Striesen und Meißen. 6.32 Statuette Bischof Bennos von Meißen

WOHL CHRISTIAN GOTTFRIED JÜCHTZER (MODELL, 1804), STAAT­L ICHE PORZELLAN-MANUFAKTUR MEISSEN GMBH (AUSFORMUNG, 1999/2000) | KUNST- UND AUKTIONSHAUS MEISSEN VOLKMAR ULRICH

Diese Statuette aus Porzellan stammt aus der be­ rühmten Meißner Porzellanmanufaktur und wurde 1999/2000 neu ausgeformt. Die Grundlage dafür bildete ein 1804 von Christian Gottfried Jüchtzer im Stil des Klassizismus angefertigtes Modell des heili­ gen Meißner Bischofs. Die Porzel­lanmanufaktur be­ fand sich zu diesem Zeitpunk in der Albrechtsburg. 6.33 Skulptur des heiligen Benno 1891 | KATHOLISCHE PFARREI ST. ­B ENNO MEISSEN

Meißen gehörte zu den weni­ gen Orten im Kurfürstentum Sachsen, in denen seit dem 18. Jahrhundert wieder römisch-ka­ tholische Gottesdienste gefeiert werden durften. 1842 wurde erstmals wieder ein katholischer Pfarrer berufen und 1888 die katholische Pfarrei St. Benno 6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

gegründet. Mit der Namensgebung stellte man sich bewusst in die Tradition des alten Bistums Meißen. Die hölzerne Benno-Figur stammt von der 1891 er­ bauten Kanzel der St. Benno-Kirche in Meißen. 6.34 Kreuzreliquiar mit Benno-Reliquie

1922 | KATHOLISCHE PFARREI ST. BENNO MEISSEN

Nach dem Ende der Monarchie in Sachsen gaben die Wettiner die Benno-Reliquien an das wiedergegrün­ dete Bistum Meißen ab. 1922 erhielt die Meißner St. Benno- Pfarrei dieses Kreuzreliquiar mit einem Knochenpartikel Bennos, das wohl ebenfalls von der Rippen-Reliquie stammte, die 1725 zurück nach Sachsen kam. In einem Begleitschreiben bezeugte Bischof Christian Schreiber die Echtheit. 6.35 Skulptur aus dem ehemaligen St. Benno-Krankenhaus Bautzen

WOHL ENDE DES 19. JH. | DOMSCHATZKAMMER ST. PETRI BAUTZEN

Diese Skulptur stand lange Zeit im St. Benno-Kran­ kenhaus Bautzen, das es mittlerweile nicht mehr gibt. Das St. Benno-Krankenhaus ging aus einem Behelfs­ krankenhaus für die Zivilbevölkerung hervor, das im Mai 1945 auf Anordnung des russischen Stadtkom­ mandanten eingerichtet wurde. 1951 erhielt es, im Ge­ denken an den Bistumspatron, den Namen St. Benno. 6.36 Glasmalerei St. Benno

NACH 1921 | KATHOLISCHE PFARREI ST. BENNO MEISSEN

Benno ist in Meißen allgegenwärtig. Diese Glasma­ lerei mit dem bekannten Schlüssel-Fisch-Motiv, die nach der Wiedereinrichtung des Bistums Meißen 1921 entstand, schmückt heute das Pfarrhaus der St. Benno-Pfarrei. 6.38 Medaille zur Wiedererrichtung des Bistums Meißen MEISSEN, 1921 | SBG GGMBH, ALBRECHTSBURG MEISSEN

Die Wiedererrichtung des katholischen Bistums Meißen 1921 durch Papst Benedikt XV. bildet den Höhepunkt der neueren sächsischen Kirchenge­ schichte. Als Patron konnte es an die Verehrungs­ tradition im vorreformato­rischen Bistum Meißen anknüpfend nur einen geben: Benno von Meißen. 1980 wurde der Sitz des Bistums von Bautzen nach Dresden verlegt, der Name in Bistum Dresden-­ Meißen geändert. 6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

6.39 Benno-Stab von Otto Spülbeck HANS ADOLF; BURG (B. MAGDEBURG), 1955 | ­B ISTUM ­D RESDEN-MEISSEN

6.40 Bischofskreuz von Otto Spülbeck 1955–1957 | DOMSCHATZKAMMER ST. PETRI BAUTZEN

Fisch und Schlüssel sind auch in den Insignien von Otto Spülbeck (1904–1970) zu finden. Spülbeck, der zuvor den St. Benno-Verlag in Leipzig geleitet hatte, wurde 1955 zum Bischof geweiht und stand dem Bistum Meißen bis zu sei­ nem Tod 1970 vor. Er regte Reformen in der Diöze­ se an, die unter anderem die Rolle der Laien in der Gemeinde stärken sollten. Offen kritisierte er das SED-Regime und trat für eine Wiedervereinigung Deutschlands ein. 6.41 Benno-Medaille des Bistums Dresden-Meißen

MEISSEN, 1993 | BAUTZEN, DIÖZESANARCHIV DRESDEN-­M EISSEN, INV. NR. G. III

Die Benno-Medaille ist eine Auszeichnung des Bis­ tums Dresden-Meißen für Personen, die sich be­ sonders um das Bistum verdient gemacht haben. Sie wird jährlich am 16.  Juni, dem Benno-Tag, verliehen. 6.42 Gedenkmedaille zum Benno-Fest 2006

MEISSEN, 2006 | BAUTZEN, DIÖZESANARCHIV DRESDEN-­M EISSEN, INV. NR. G. III

Im Jahr 2006 jährte sich der angenommene Todes­ tag des heiligen Benno zum neunhunderten Mal. Aus diesem Anlass feierten Lutheraner und Katho­ liken aus ganz Deutschland am 10. Juni 2016 einen gemeinsamen Gottesdienst im Meißner Dom und anschließend ein großes Fest, woran diese Medaille erinnert. 6.43 Medaille zur Amtseinführung von Erzbischof Reinhard Marx 2008

MÜNCHEN, 2008 | BAUTZEN, DIÖZESANARCHIV DRESDEN-MEISSEN, INV. NR. G.III

Die Medaille wurde zur Amtseinführung von Rein­ hard Marx als Erzbischof von München und Freising im Jahr 2008 angefertigt. Als Landespatron Bayerns ist die Münchner Reliquienbüste des heiligen Benno darauf abgebildet.

6.  B ENNOS RÜCKKEHR NACH SACHSEN AUF DEM WEG ZUM BISTUMSPATRON

EINE AUSSTELLUNG DER STAATLICHEN SCHLÖSSER, BURGEN UND GÄRTEN SACHSEN GEMEINNÜTZIGE GMBH STAUFFENBERGALLEE 2A | 01099 DRESDEN

12. MAI –5. NOVEMBER 2017