Ein gutes Land gerecht gestalten.

Das Wahlprogramm SPÖ Tirol Landtagswahlen 2013

Wahlprogramm LTW 2013

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Inhaltsverzeichnis

Bildung

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Soziales

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Gesundheit

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Kinder + Familie + Jugend

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Arbeit + Einkommen

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Wohnen

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Frauen

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andere Bereiche

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BILDUNG Bildung ist ein soziales Grundrecht für alle. Sozialdemokratische Bildungspolitik hat das Ziel, dass dieses Grundrecht auch von allen einlösbar ist. Die SPÖ Tirol kämpft für gleiche Bildungschancen für alle Menschen, gleich welcher sozialen, ethnischen, religiösen oder sprachlichen Herkunft. Bildung ist ein grundlegendes Element einer Kultur des Zusammenlebens und der Toleranz sowie zentrale Voraussetzung, den Lebensstandard des einzelnen wie der Gesellschaft zu erhalten. Bildung bestimmt wesentlich den Grad an demokratischer Reife einer Gesellschaft. Menschen, die Bildung als Chance erlebt und gelernt haben, sich selbst Meinungen zu bilden, sind besser gerüstet gegen Denken in Schwarz-Weiß-Mustern, gegen politische Verhetzung, gegen Vorurteile und gegen Demagogie. Bildung ermöglicht eine umfassende persönliche, berufliche und politische Entscheidungsfähigkeit und Kritikfähigkeit. Bildung erlaubt es den Menschen, über den egoistischen Eigennutzen hinaus kritisch, demokratisch und solidarisch am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben teilzuhaben. Bildung hat bei der Zuweisung von Lebenschancen eine immer größere Bedeutung. Deshalb wollen wir ein Bildungssystem, das die Menschen auch optimal auf das Erwerbsleben vorbereitet. Dabei darf Bildung auf keiner Stufe zur bloßen Ausbildung verkommen. Wir treten daher für ein Bildungsangebot ein, das neben Fachwissen und Berufsvorbereitung auch vernetztes Denken, soziale Kompetenz, Toleranz und kulturübergreifende Kooperationsfähigkeit entwickeln hilft. Bildung ist die Voraussetzung, um Chancen in der Gesellschaft wahrzunehmen und ist damit der Schlüssel für ein selbstbestimmtes, selbstgestaltetes Leben; Bildung macht frei von Abhängigkeiten! In Tirol und in ganz Österreich gilt folgendes Prinzip: Nicht Leistung oder Intelligenz sind für den Bildungseinstieg die bestimmenden Faktoren, sondern die soziale Herkunft! Gerade in der Oberschicht ist der Wunsch, sein Kind aufs Gymnasium zu schicken, mit 82 Prozent sehr groß, wohingegen nur 21 Prozent der Eltern aus der Unterschicht ihre Sprösslinge auf dieser Schulform sehen möchten. Ergebnis: am Gymnasium dominieren Oberschichtenkinder bei Weitem! Diese Dominanz setzt sich an den Universitäten und in den „Eliten“ fort: Lediglich 6,5% der Studierenden kommen aus Familien, in denen beide Elternteile höchstens einen Pflichtschulabschluss aufweisen. Das ist in höchstem Maß ungerecht – wenn man nicht der Meinung ist, dass die Kinder der Oberschicht von Geburt an intelligenter seien. Will man Leistung und Intelligenz als wichtige Faktoren aufwerten, dann darf die Bildungsweg-Entscheidung nicht für 10Jährige gefällt werden. Weil es um Gerechtigkeit geht, ist die differenzierte, inklusive Gesamtschule der 6 bis 14Jährigen für die SPÖ unabdingbar.

Inklusion: Für die SPÖ ist es selbstverständlich, dass jede Bildungseinrichtung auch für Tirolerinnen und Tiroler mit Behinderung zugänglich ist und die Voraussetzungen dafür geschaffen werden

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müssen, dass Inklusion gelebt werden kann. Für die SPÖ Tirol ist Bildung nicht eine Ware, von der Wohlhabende mehr erwerben können als Bedürftige. Bildung ist vielmehr ein öffentliches Gut, das allen in gleicher Weise zur Verfügung gestellt werden muss. Keine Kindergartengebühren! Keine Schulgebühren! Keine Studiengebühren!

SO WOLLEN WIR TIROL VERÄNDERN Vorschule:  Bedarfsgerechte Einrichtung von Kleinkinderbetreuung! Die SPÖ Tirol fordert qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsmöglichkeiten auch schon für (unter) 3Jährige (Krabbelgruppen, KITAS), wo die Sprach- und Integrationsförderung begonnen werden kann. Rechtsanspruch auf Aufnahme in die Kleinkinderbetreuung für alle Kinder.  Ausbau von ganztägigen und ganzjährigen Kindergartensystemen! Wir brauchen ausreichend viele ganztägige, ganzjährige Kindergärten, SchülerInnenhorte und Kinderkrippen in jeder größeren Gemeinde und Gemeindekooperationen mit Transfermöglichkeiten bei kleineren Gemeinden. Solange diese Einrichtungen nicht existieren, muss ein Rechtsanspruch auf Gewährung von Tagesmüttern garantiert sein.  Gratiskindergarten von 7 bis 19 Uhr, auch an Samstagen! Kindern aus sozial schwachen Schichten dürfen die Bildungsmöglichkeiten des Kindergartens nicht verwehrt sein. Kinder aus allen sozialen Schichten haben prinzipiell gleiche Talente, Begabungen und Interessen, diese sollen im (kostenlosen) Kindergarten erkannt und gefördert werden. Hier müssen auch soziale und sprachliche Defizite, die Kinder aus allen Schichten betreffen können, ausgeglichen werden.  Ausbau der Vernetzung von Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen mit Beratungs- und Therapieeinrichtungen (z.B. Logopädie): Von einer rechtzeitigen Beratung und Therapie profitieren alle betroffenen Kinder, unabhängig von ethnischer, sozialer oder sprachlicher Herkunft.

Schule der 6 bis 14-Jährigen:  Gesamtschule für alle 10 bis 14-Jährigen! Die Trennung der Bildungswege soll erst nach 8 Schuljahren (mit 14 Jahren) statt nach 4 Schuljahren (mit 10 Jahren) erfolgen, weil in diesen gemeinsamen 8 Jahren eventuell noch vorhandene Unterschiede nach sozialer und ethnischer Herkunft eher ausgeglichen werden können als in 4 Jahren (Volksschule). Die Richtigkeit dieser Forderung haben mittlerweile auch die Tiroler ÖVP und der Landeshauptmann erkannt. Es sollte also der Weg frei sein für ein Tiroler Modell (Schulversuch!) der Gesamtschule!

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 Ausbau der Ganztagesschule und der nötigen Infrastruktur! In Innsbruck und vereinzelt in weiteren Gemeinden wurde teilweise die schulische Nachmittagsbetreuung bereits eingeführt. Bewährte Einzelversuche sollen auf ganz Tirol umgelegt werden. Hier handelt es sich um ein Angebot, das es ermöglicht, Hausaufgaben und Lernen in der Schule unter Aufsicht von Lehrpersonal zu erledigen und in sinnvoller Weise mit der Freizeit zu verbinden: Zeit für Sport (tägliche Turnstunde!), für Musik und Kreativität, fürs Miteinander-Reden, für ein gemeinsames, gesundes Essen. Die Ganztagsschule macht soziales Lernen möglich, was PädagogInnen seit langem fordern. Die Ganztagsschule ermöglicht kostengünstige, spezielle Förder- und Unterstützungsmaßnahmen (logopädische Maßnahmen, Hilfe bei legasthenischen Problemen, Fördermaßnahmen in der deutschen Sprache). Mit erkannten Defiziten richtig und verantwortlich umzugehen heißt auch, die Schulen Tirols inklusiv zu führen, wie es in Südtirol und im Bezirk Reutte vorgemacht wird.  Keine teuren Nachhilfestunden mehr! Teure Nachhilfestunden fallen in einer Ganztagsschule mit verschränktem Unterricht weg, da am Nachmittag in der Schule der Stoff vertieft werden kann (Aktion „Stopp dem Nachhilfeunwesen!“).  Unterstützung bei Sport- und Projektwochen, Sprachreisen! Die SPÖ Tirol setzt sich für bedürftige SchülerInnen und deren Eltern ein. Sportund Projektwochen sowie Sprachreisen sind integrale Bestandteile des Unterrichts und deshalb unverzichtbar. Finanzielle Barrieren sind durch Zuschüsse abzubauen, was einen wesentlichen und deutlich spürbaren Beitrag zu mehr Gerechtigkeit darstellt. Bei Bedürftigkeit sind auch Schulstarthilfen anzudenken.  Laptop für alle PflichtschülerInnen! Neue Wissenssysteme, neue Technologien, neue Bildungserfordernisse und neue Erfahrungs- und Lernkulturen erfordern neue Lernbehelfe! Auch gratis Schulbücher waren nicht immer selbstverständlich. Und sind übrigens auch eine sozialdemokratische Errungenschaft!  Verpflichtende Berufsorientierung in der 7. und 8. Schulstufe! Berufsorientierung und Information über die beruflichen Möglichkeiten müssen Gegenstand des Regelunterrichts sein! Lehrer sind in dieser Hinsicht auszubilden!  „Schule ohne Schultasche“! Ganztagsschule und Laptop machen eine Schultasche überflüssig.  Die SPÖ Tirol fordert den Ausbau von Schulsozialarbeit an den Schulen. Schulsozialarbeit, als Drehscheibe zwischen SchülerInnen, Lehrkräften und Eltern, setzt sich mit den Problemen auseinander, mit denen Kinder und Jugendliche konfrontiert sind. Schulsozialarbeit zur Gewalt-Prävention, Lösung von Konflikten, bevor sie aufbrechen.

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Schulen der 15 bis 18-Jährigen:  Recht auf Schulabschluss und europäische Anerkennung der Abschlüsse! Alle Jugendlichen müssen ein Recht auf einen Schulabschluss haben, eine Ausbildungsgarantie! Andererseits besteht die SPÖ Tirol auf einer Ausbildungspflicht bis 18 Jahre (Beispiel „Südtirol“). (Berufs)Bildung und Arbeitsplatzsicherung hängen zusammen: Arbeitslosigkeit beginnt immer dort, wo geringere Bildung vorliegt. Mit der Bildung beginnt das Recht auf Arbeit. Die SPÖ Tirol fordert, dass Grundlagen einer europaweiten Anerkennung von Bildungsabschlüssen und Lehr-Abschlüssen erarbeitet und entsprechende europäische Verhandlungen geführt werden.

Berufsschulen:  Politische Bildung ausweiten! Die SPÖ Tirol fordert flächendeckende politische Bildungsprogramme in allen Tiroler höheren Schulen und Berufsschulen. Das Ziel einer jeden Gesellschaft muss es sein jungen Menschen das politische System näher zu bringen und damit ihr Interesse für Politik zu wecken, komplexe politische Strukturen einfach zu vermitteln und vor allem das Demokratiebewusstsein junger Menschen zu stärken. Anhand von Rollenspielen und Diskussionen wird Kritikfähigkeit und Demokratiebewusstsein gefördert.  Fachberufsschulen sollen Bildungszentren werden! Sie forcieren die Kooperation mit der Sekundarschule (NMS) bei der Berufsorientierung, erarbeiten Angebote der Weiterbildung im Beruf, organisieren den Lehrabschluss im zweiten Bildungsweg, die Vermittlung der Berufsreifeprüfung bzw. Studienberechtigungsprüfungen als direkten Zugang zu Studien und Fachhochschulen, organisieren Vorbereitungskurse für den Einstieg in berufsbildende höhere Schulen einschließlich Schulen für Berufstätige, organisieren Curricula und Kurse für „Lehre mit Matura“, für MeisterInnenprüfungen, Befähigungsprüfungen und sonstige berufliche Berechtigungen, organisieren die Fortbildung der BerufsschullehrerInnen.  Ausstattung der Berufsschulen mit Mitteln und Ressourcen analog zu den Landes-LehrAnstalten!  Erweiterung der Berufsschulzeit zur Stärkung der Allgemeinbildung! Bildung zur Förderung der Entscheidungsfähigkeit und der fachlichen Weiterentwicklung bei Reduzierung der Tagesschulzeit von derzeit bis zu 10 Stunden auf maximal 8 Stunden täglich. Eine Erweiterung der allgemeinen Grundbildung und zeitintensivere Formen des Unterrichtes sind nur möglich, wenn tatsächlich ausreichend Unterrichtszeit an den Fachberufsschulen zur Verfügung steht. Ausweitung und Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts.

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 Direktwahl der Landes- und Bundesschulvertretung!

Erwachsenenbildung:  Bildung in jedem Alter ermöglichen! Kostenloses Nachholen von öffentlich-rechtlichen Bildungsabschlüssen (Berufsreifeprüfung, vorbereitende Kurse und Ablegung von Lehrabschlüssen in anerkannten Lehrberufen, WerkmeisterInnenschulen, gewerbliche MeisterInnenprüfungen) kann durch Ausweitung der Förderungen ermöglicht werden. Kostenlose Weiterbildung für LehrlingsausbildnerInnen und Förderung der LehrlingsausbildnerInnen durch bezahlte Bildungsfreistellung. Öffentliche Wertschätzung der Arbeit und Tätigkeit von LehrlingsausbildnerInnen.  Zuschüsse des Landes Tirol für die Ausbildungskosten bei Bildungskarenz! Zur Basisfinanzierung durch das AMS soll das Land Tirol berufliche Weiterbildung fördern.  Erstellung eines Strukturplans für die Erwachsenenbildung! Das Erwachsenenbildungswesen ist vielfach durch ein „Nebeneinander“ verschiedener Aktivitäten der Erwachsenenbildungsinstitutionen gekennzeichnet. Öffnung der Schulen und Nutzung der Infrastruktur für die Erwachsenenbildungseinrichtungen. Schaffung eines leicht zugänglichen Informationssystems über alle Kursangebote und alle möglichen Förderungen.  Tiroler Erwachsenenbildungsoffensive im Kampf gegen Arbeitslosigkeit! Eine Tiroler Erwachsenenbildungsoffensive soll Qualifikationsveränderungen auf dem Arbeitsmarkt mit adäquaten Mitteln begegnen und branchenweite Konjunktureinbrüche und das damit verbundene erhöhte Risiko der Arbeitslosigkeit durch Aus- und Weiterbildung verhindern oder in ihren Auswirkungen vermindern.  Tabubereich Analphabetismus In Österreich stellt vor allem die Gruppe der funktionellen Analphabeten ein Problem dar (Schätzung der EU: 10% bis 20%). Für diese Menschen sind trotz Absolvierung der Pflichtschule Zeitungs- und Buchtexte nicht verständlich. Sie trauen sich allerdings nur selten, sich zu deklarieren und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hier müssen Einrichtungen zur Unterstützung der Betroffenen weiter ausgebaut werden!  Einrichtung eines Lehrstuhls für Erwachsenenbildung an der Universität oder der PH-Tirol, der u.a. auch den Forschungsauftrag „Zukunft der Arbeit“ abdeckt.

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SOZIALES DIE POSITION DER SPÖ TIROL Die Sozialpolitik ist das wichtigste politische Betätigungsfeld der Arbeiterbewegung. Gerade die Sozialdemokratie hat sich (über die Bildung und) über die Sozialpolitik definiert und ist heute noch erster Ansprechpartner für die Menschen in diesem so wichtigen Thema.

ARMUT Im Bereich der Einkommensgerechtigkeit haben das Land Tirol und die SPÖ Tirol wenig Handlungsspielraum, da die einschlägige Gesetzgebung Bundesangelegenheit ist. Auf die vermögendsten fünf Prozent entfällt fast die Hälfte (45 Prozent) des Gesamtvermögens, während sich die untere Hälfte aller Haushalte nur vier Prozent aufteilt. Die Zahlen belegen eindeutig: Der allgemeine Wohlstand steigt, aber nicht alle haben etwas davon! Hier müssen wir ansetzen um den Wohlstand besser zu verteilen. Es ist genug für alle da! Was in Tirol weiterhin geschehen muss, ist eine möglichst effiziente Abfederung der eklatantesten Missstände: In Tirol gibt es 100.000 armutsgefährdete Menschen, darunter 20.000 Kinder, über 20.000 Arbeitslose (2012), 30.000 Menschen, die trotz Anstellung mit 770 € Gehalt pro Monat auskommen müssen. Für viele reicht es nicht für eine ausreichende Beheizung der Wohnung oder für neue Kleidung, wenn die alte zerschlissen ist! Bei Personen mit Migrationshintergrund ist die Armutsgefährdungsquote mit 28,2 Prozent fast zweieinhalbmal so hoch wie bei den Personen ohne Migrationshintergrund. Zu den besonders armutsgefährdeten Gruppen gehören alleinerziehende Frauen und PensionistInnen. Jede Förderung dieser Bedürftigen ist zugleich eine Förderung der Wirtschaft und des Wirtschaftsstandorts Tirol, denn jeder Euro dieser Förderung fließt direkt in den Konsum! Armutsbekämpfung ist also auch Förderung der Wirtschaft. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist ein wichtiges Instrument zur Armutsbekämpfung. Tirol ist das beste Beispiel von allen Bundesländern – das ist der SPÖ zu verdanken. Die von der Bundesregierung beschlossene bedarfsorientierte Mindestsicherung hilft, Menschen den Weg aus schwierigsten finanziellen Verhältnissen, Armut und Perspektivenlosigkeit zu erleichtern. Bisher gibt es in Tirol über 14.000 BezieherInnen der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Das Tiroler Sozialangebot wächst zwar aufgrund von Initiativen durch die SPÖ Tirol und dadurch, dass das Sozialressort in sozialdemokratischer Hand ist. Mit der jährlichen erreichten Ausweitung des Sozialbudgets des Landes bleibt die Finanzierung sozialmedizinischer Betreuung (z.B. Hauskrankenpflege), von Pflegeheimen, der bedarfsorientierten Mindestsicherung, des Heizkostenzuschusses, der Hospizinitiativen, der SchuldnerInnenberatungen, der Frauenhäuser sowie Maßnahmen zur sozialen Eingliederung und vieler Sozialförderungen gewährleistet. Die Ausgaben im Bereich der Grundsicherung und im gesamten Sozialbudget steigen jedoch jedes Jahr rasant an. Dieser Umstand weist auf eine Verschärfung der Armutsproblematik hin.

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PFLEGE Mit den Sozial- und Gesundheitssprengeln verfügt Tirol seit dem 1. Jänner 2010 durch die Umstellung auf ein landesweit einheitliches System über ein stabiles Fundament, auf das in den nächsten Jahren aufgebaut werden kann. Die Menschen wollen so lange wie möglich zu Hause bleiben, wenn dies nicht mehr geht, dann zumindest in der Nähe ihres Wohnortes. Mit dem Strukturplan Pflege 2012 – 2022 wurden die Weichen gestellt, um der großen Herausforderung im Pflegebereich gerecht zu werden. Die nicht-stationären Angebote müssen in den nächsten Jahren deutlich schneller wachsen als die Anzahl der Heimbetten, auch neue Formen der Pflege und Betreuung werden notwendig sein. Bis 2031 wird die Zahl der über 85 Jährigen in Tirol um 148 Prozent zunehmen. Die gesellschaftliche Entwicklung geht dahin, dass die Betreuung in der Familie deutlich zurückgehen wird (Singlehaushalte). Grund dafür ist auch die abnehmende Familienbindung. Diese Singularisierung könnte auch zu Vereinsamung führen. Die Zukunft soll aber für die älteren Menschen planbar sein, sie sollen nicht Armut und Vereinsamung fürchten müssen. Mit der Einrichtung des Pflegefonds ist für die nächsten Jahre ein Instrument gefunden worden, das den Ländern und Gemeinden hilft, die steigende finanzielle Belastung im Pflegebereich zu bewältigen. Der Pflegefonds ist aber derzeit zeitlich befristet bis zum nächsten Finanzausgleich. Mittel- und langfristig ist daher die Finanzierung der Pflege abzusichern – etwa durch eine Erbschaftssteuer – was allerdings nicht für Tirol allein entschieden werden kann.

 Das Sozialressort in Tirol muss in sozialdemokratischer Hand bleiben! Der bisher eingeschlagene Weg ist der richtige und muss fortgeführt werden.  Die SPÖ Tirol fordert eine Ausweitung und Absicherung des Sozialbudgets auch in Zukunft, um die sozialen Standards in Tirol halten bzw. ausbauen zu können.  Armut ist zu verhindern, bevor sie auftritt! Durch mehr Vollzeitarbeit für Frauen, Vollbeschäftigung, ausreichend Kinderbetreuungsangebote etc. Niemand darf in Tirol, obwohl er/sie regulär und Vollzeit arbeitet, in die Armut abdriften.  Die Bezahlung (Vordienstzeiten, Anerkennung von Abschlüssen) und die Arbeitsbedingungen im Pflegebereich sind neu zu evaluieren!  Professionelle Sozialarbeit und aktive Beratungsarbeit auf allen BHs im Bereich der bedarfsorientierten Mindestsicherung!  Längerfristige Verträge für soziale Vereine und logistische wie materielle Unterstützung von NGOs, deren Arbeit wesentliche Sozial-Bereiche wie Betreuung von AsylwerberInnen, Flüchtlings-Betreuung, Spontanhilfe, Linderung akuter Notsituationen betrifft.

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 Der „Strukturplan Pflege 2012 – 2022“ des Landes Tirol wurde unter sozialdemokratischer Ressort- Führung eingeleitet und soll fortgeführt werden! Er sieht einen verstärkten Ausbau des nicht-stationären Bereiches vor, dem entsprechend sind diese Pflegeangebote zu stärken:  Tagespflege: Hier braucht es eine attraktivere Finanzierung für die Gemeinden, um flächendeckende Angebote bereitstellen zu können.  Kurzzeitpflege: Sie dient in erster Linie der Entlastung der pflegenden Angehörigen, das Land gewährt (für die Pflegestufen 0, 1 und 2) einen Zuschuss.  Betreutes/Betreubares Wohnen: Dieser Bereich soll besonders forciert werden, da er in der Lage ist, die stationären Einrichtungen zu entlasten.  Personal: Der Pflegebereich ist bereits jetzt ein ganz wichtiger Arbeitgeber, gerade im ländlichen Raum. Für die Umsetzung der im „Strukturplan“ beschriebenen Ziele braucht es zusätzliche Ausbildungsplätze an allen bestehenden Ausbildungsstandorten.  24-Stunden-Betreuung: Dieses Angebot wird von immer mehr TirolerInnen in Anspruch genommen. Das Land Tirol muss gemeinsam mit dem Bund für eine entsprechende Qualitätskontrolle sorgen. Wir fordern, dass das Land (und die Gemeinden) einen finanziellen Zuschuss beiträgt, um dieses Modell leistbarer zu machen.  Übergangspflege: Das Pilotprojekt im Sozialzentrum Schwaz zeigt gerade im Bereich der „remobilisierenden Übergangspflege“ (z.B. Pflege nach einem Krankenhausaufenthalt) sehr positive Ergebnisse, die Übergangspflege muss schrittweise im ganzen Land angeboten werden.  Schwerpunktpflege: Die Pflege von besonders schwierigen Fällen soll – neben der Landespflegeklinik in Hall – mit Einrichtungen im Oberland, Unterland und in Osttirol ausgeweitet werden.  Ausweitung spezieller Therapieangebote wie aktivierende Pflege, Ergo- und Physiotherapie, Logopädie, basale Stimulation etc. im ambulanten und stationären Bereich.  Demenz ist ein Thema, das in der Pflege immer wichtiger wird. Geeignete Modelle für eine spezielle Betreuung und Pflege der dementen Menschen sind zu erarbeiten.  Technische Hilfen und Pflegehilfsmittel müssen leichter zugänglich gemacht werden und bezahlbar gemacht werden.  Wir fordern eine engere Verknüpfung zwischen stationärem und ambulantem Bereich, der auch einen Personalaustausch ermöglicht.

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JUGENDWOHLFAHRT  Schrittweiser Ausbau der Schulsozialarbeit in allen wichtigen Tiroler Schulstandorten, in Zusammenarbeit mit den Gemeinden. Die erfolgreiche Arbeit an den bisherigen Standorten sollte uns diesen wichtigen Schritt erleichtern, je früher Hilfe und Unterstützung angeboten werden kann, umso effizienter.  Weiterer Ausbau von Kinderschutzzentren an den bestehenden Standorten und Erweiterung um neue Standorte (z.B. Reutte).  Weiterentwicklung von umfassenden Sozialzentren in den Bezirken, also gemeinsame Einrichtungen von Behindertenhilfe, Mindestsicherung und Jugendwohlfahrt unter einem Dach. Zur Verbesserung einer raschen und wohnortnahen Hilfeleistung und einer optimalen Abstimmung aller beteiligten Landesstellen.

INTEGRATION Migration und Integration: Migration ist Realität. Die Geschichte aller Länder und aller Zeiten lehrt uns, dass Migration ein ständiger Prozess ist. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir Migration und Integration für alle betroffenen Gruppen positiv gestalten können. Wir müssen zusammen mit allen betroffenen Gruppen daran arbeiten, dass keine Parallelgesellschaft entsteht. Wir wollen keine Verhältnisse, wie wir sie aus französischen Vorstädten kennen! Dass es nicht zu solchen Verhältnissen kommt, liegt zuallererst an uns, nicht an den MigrantInnen.

 Mit den MigrantInnen ist ein Integrationsvertrag zu schließen, bei dem beide Seiten gleichwertige PartnerInnen mit Rechten und Pflichten sein sollen.  Es sollte ein engerer Kontakt zu Kulturvereinen hergestellt werden! Wir fordern Information und Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung! Die Aufklärungsarbeit muss bereits in den Schulen erfolgen!  Es müssen verstärkt Informationskampagnen unternommen werden gegen die landläufige Gleichsetzung von Migration und Kriminalität, gegen die Gleichsetzung von Islam und Terrorismus und gegen das irrationale Gefühl der Bedrohung durch Migration.  Für die Errichtung von religiösen Gebäuden sind für alle anerkannten Religionsgemeinschaften dieselben Vorschriften anzuwenden  Wir treten für großzügige und früh beginnende Sprachförderung von Menschen mit Migrationshintergrund ein. Das verpflichtende Vorschuljahr zur Anhebung der Sprachkompetenz halten wir für den richtigen Weg.  Eine großflächige Aufklärungskampagne mit dem Ziel, so viel gegenseitiges Verständnis

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zu erreichen, dass zuletzt ein Zusammenleben als PartnerInnen ermöglicht wird.  Den positiven Einfluss der Migration auf die österreichische Gesellschaft und Wirtschaft unterstreichen.  Wichtigkeit von Migration und Integration für den Generationenvertrag betonen.  Integration (insbesondere) jugendlicher MigrantInnen (insbesondere junger Frauen) am Arbeitsmarkt und Schaffung von integrativen Frauenprojekten.  Sofortiger, eigenständiger Aufenthaltstitel und Arbeitserlaubnis für Zuwanderinnen.  Bedarfsgerechte Planung bei Wohnbauvorhaben. Integration funktioniert, wenn die Besiedlung nicht in Ghettos erfolgt, sondern in durchmischter Form, wobei die Mischung den tatsächlichen Bevölkerungsverhältnissen entsprechen soll.  Bei Anstellungen im öffentlichen Bereich Fachleute mit migrationsrelevanter Muttersprache stärker berücksichtigen - in der Polizei, in den Kindergärten, im Gesundheitswesen, Schulen, Gerichten, Verwaltungsbehörden usw. Beispielsweise sollten Sprachkenntnisse in slawischen oder türkischen Sprachen gleich bewertet werden wie solche in Englisch, Französisch oder Italienisch.  Gleichen Zugang zu Sozialleistung, Partizipation, Arbeit, Gesundheit und Bildung gewährleisten.  Im Bereich des Asylwesens bekennen wir uns zu Österreich und Tirol als Flüchtlingsland. AsylwerberInnen sind bis zum Abschluss ihres Verfahrens menschenwürdig zu unterstützen.

MENSCHEN MIT BEHINDERUNG Wir sind für die Gleichstellung und Gleichbehandlung von Menschen mit und ohne Behinderung. Tirol ist ein reiches Land. Aber gerade Menschen mit Behinderung bleiben oft auf der Strecke und leben am Rande der Armut. Das muss sich ändern. Und das ist möglich, denn es ist genug für alle da. Beginnend beim Sozialbudget des Landes bis hin zu konkreten Förderungen ist die SPÖ Tirol Garant für Hilfe in verschiedensten Lebenssituationen und unterstützt Menschen mit Behinderungen, die zuhause leben wollen und soziale und sozialmedizinische Pflegedienste in Anspruch nehmen müssen.

Unsere Forderungen:  Schulische Integration/Inklusion.  Weiterführung der Regionalisierung der Beratungsstellen im Bereich der Hilfe für Menschen mit Behinderung – niederschwelligen Zugang für die Bevölkerung

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ermöglichen.  Das Land Tirol und die landeseigenen Unternehmungen müssen mit Vorbildwirkung endlich selbst der Behinderteneinstellungspflicht nachkommen. Das Freikaufen mittels Ausgleichstaxe ist für die SPÖ Tirol inakzeptabel.  Betriebe mit Lehrlingsausbildung und mit der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung sind zu unterstützen. Dies muss auch in Vergaberichtlinien einfließen.  Menschen mit Behinderung sollen mehr Möglichkeiten haben Kultur zu erleben und selbst zu gestalten.  Die Forcierung des Ausbaus von barrierefreien Wohnungen für ältere Menschen, die sich am gleichen Ort oder in der Nähe von Einsatzstellen mobiler Dienste sowie von Altenwohn- oder Pflegeheimen befinden.  Barrierefreies Bauen bzw. seniorengerechte Adaptierungen von Seniorenwohnungen, nachträgliche Lifteinbauten, und -gemeinschaften als Ergänzung zum „Betreuten Wohnen“.  Die Mobilität des Einzelnen muss sichergestellt werden. Auch ohne Privatauto. Derzeit sind auch Menschen mit Behinderung die MobilitätsverliererInnen. Ihnen muss es ermöglicht werden am öffentlichen Leben auch außerhalb ihrer Heimatgemeinden teilzunehmen.

GESUNDHEIT DIE POSITION DER SPÖ TIROL Alle Bevölkerungsgruppen haben ohne Unterschied auf ihre Herkunft, ihr Geschlecht oder ihre Finanzkraft ein gleiches Recht darauf, medizinisch bestmöglich versorgt zu werden. Eine ZweiKlassen-Medizin lehnt die SPÖ Tirol strikt ab. Hauptziele sind vor allem die Sicherung eines hohen allgemeinen Gesundheitsniveaus, die professionelle Berücksichtigung von medizinischen und sozialen Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten und die Sicherung des bedarfsgerechten Zuganges zu den Leistungen des Gesundheitssystems. Ein leistungsfähiges Gesundheitssystem dient der Sicherung gleicher Lebenschancen. Es muss der Vielfalt der Anforderungen entsprechen, insbesondere im Bedarfsfall rasche und leicht zugängliche Betreuung für alle gewährleisten und eine regional ausgewogene und hochwertige Versorgung sicherstellen. Es ist Aufgabe einer verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Gesundheitspolitik, permanent zu überprüfen und zu hinterfragen, ob Angebots- und Qualitätslücken gegeben sind oder ob der Zugang zu den notwendigen Leistungen für alle in gleicher Weise möglich ist.

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Das Gesundheitssystem ist solidarisch und gerecht zu finanzieren und so zu gestalten, dass alle beteiligten AkteurInnen ihre Leistungen patientInnenorientiert, bedarfsgerecht und effizient erbringen können. Die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen, vor allem aber im Spitalsbereich, sind zu durchleuchten um das solidarische Gesundheitssystem für die kommenden Generationen zu erhalten. Die Verhandlungen dazu sind bereits im Gange, noch nie zuvor sind alle PartnerInnen an einem Tische gesessen und haben über grundlegende Strukturänderungen beraten. Die kürzlich beschlossene Gesundheitsreform soll ein Garant für eine laufende positive Entwicklung der Gesundheitsversorgung in Tirol darstellen. Eine enge Zusammenarbeit von Medizinischer Universität, TILAK und den Bezirkskrankenhäusern ist für die Versorgung der Menschen in unserem Land unabdingbar. Der hervorragenden medizinischen Versorgung in den Zentren durch Universitätsklinik, Landes- und Bezirkskrankenhäuser stehen zu wenig FachärztInnen in den Bezirken gegenüber. Die Ausweitung des ambulanten Bereichs ist additiv zur stationären Versorgung zu sehen und nicht ersetzend. Die Vernetzung des ambulanten und stationären Bereichs muss vorangetrieben werden (Planung und Umsetzung). Dazu gehört auch eine enge Kooperation im intra- und extramuralen Bereich bei medizinischen Großgeräten. Das große Thema für die Zukunft stellt die sog. integrierende Gesundheitsplanung dar (Umsetzung Palliativkonzept, Schlaganfallpfad, Onkologie in der Praxis, etc.). Durch jahrelanges Kämpfen der SPÖ Tirol ist es gelungen im Bereich der Rehabilitation stark nachzubessern. Lücken gibt es allerdings im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung. Es gibt Regionen, in denen ÄrztInnen keine Kassenverträge annehmen. Dadurch müssen die PatientInnen Wahlärzte in Anspruch nehmen, die oftmals weit über dem Kassentarif abrechnen. Das stellt für viele eine nicht zumutbare finanzielle Belastung dar. Neben Mängeln in der flächendeckenden Versorgung mit Kassen-FachärztInnen mangelt es insbesondere in der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung: Kinder leiden immer mehr an psychischen Störungen und psychiatrischen Erkrankungen, die ambulante Versorgung (Kassenstellen für Kinder- und Jugendpsychiatrie) ist unzureichend. Psychische und Zivilisationserkrankungen: Psychische Erkrankungen haben in den letzten 10 Jahren um 50 Prozent zugenommen, am augenfälligsten sind die Zuwächse bei Depression und Demenz. Die Gesundheitspolitik muss auf diese Tatsache mit einer besseren personellen Ausstattung im stationären und ambulanten Bereich reagieren. Ebenso sind Zivilisationskrankheiten auch in Tirol im Steigen. Allgemein ist zu berücksichtigen, dass eine längere Lebenserwartung eine Reihe von Krankheitsbildern zum Vorschein bringen wird, auf welche die Medizin vorausschauend eingehen muss. Hospiz- und Palliativmedizin: Sterbebegleitung und Palliativmedizin (die umfassende Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen) werden in Zukunft eine stets wichtigere Rolle spielen. Die SPÖ Tirol tritt für die Umsetzung eines Hospiz- und Palliativkonzeptes ein. Frauenspezifische Gesundheitspolitik: Zur Weiterentwicklung eines hochwertigen

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Gesundheitswesens gehört auch die besondere Berücksichtigung von frauenspezifischen Gesundheitsproblemen: Frauen gehen später zum Arzt als Männer; Frauen leiden doppelt so oft an Depressionen wie Männer; die Zahl der Selbstmordversuche liegt bei Frauen dreimal höher als bei Männern; es gibt geschlechts-spezifische Unterschiede bei Krankheitssymptomen und Behandlungsmöglichkeiten in der männerdominierten Medizin. Auf diese frauenspezifische Gesundheitsprobleme wird noch immer viel zu wenig geachtet. Arbeits- und Sozialmedizin: Unsere Gesundheit wird zu 60 Prozent vom sozialen Umfeld, vom Arbeitsplatz, von der Ernährung und vom allgemeinen Lebensstil bestimmt. Weil Gesundheit und Krankheit vor allem auch Ergebnis von Lebensumständen und sozialen Bedingungen sind, ist es umso wichtiger, Gesundheitsvorsorge und Krankheitsbehandlung nach arbeitsmedizinischen, sozialmedizinischen und ganzheitlichen Gesichtspunkten auszurichten. Ein wichtiger Bereich ist die betriebliche Gesundheitsförderung. Gesundheitswesen und MigrantInnen: MigrantInnen weisen einen durchschnittlich schlechteren Gesundheitsstatus auf als die einheimische Bevölkerung. Das liegt nicht zuletzt an unzureichend professionellen Dolmetschdiensten. Dadurch entstehen Zugangsbarrieren, es kommt zu Verzögerungen bei der Diagnose und Krankheitserkennung. Insbesondere bei Flüchtlingen besteht ein hoher Bedarf an Versorgung im Bereich der psychischen Gesundheit (Traumatisierungen). Gesundheitswesen und SeniorInnen: Die steigende Lebenserwartung bringt es mit sich, dass SeniorInnen eine immer größere Bevölkerungsgruppe bilden. Dies bringt auch für die Gesundheitspolitik besondere Herausforderungen mit sich. Spezielle Vorsorgeprogramme und Informationen für die ältere Generation sind zu entwickeln. Krankenhäuser sollten sich neben der medizinischen Grundversorgung noch mehr auf die Versorgung schwerkranker geriatrischer PatientInnen einrichten.

GESUNDHEIT UND GERECHTIGKEIT Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen sozialen Lebensbedingungen und dem Gesundheitszustand. Auch in Gesellschaften mit hoch entwickeltem Niveau und günstigen Lebensbedingungen, also auch in Tirol, wirken sich soziale Unterschiede auf die körperliche und psychische Befindlichkeit aus. Es ist als gesichert anzusehen, dass sowohl die Sterblichkeit als auch die Erkrankungswahrscheinlichkeit in Bezug auf verschiedene Krankheiten umso schlechtere Werte aufweisen, je tiefer der soziale Status der betreffenden Gruppe ist. Für Frauen bestehen tendenziell höhere Armutsrisiken als für Männer und die am stärksten armutsgefährdete Gruppe sind Kinder jedes fünfte Kind ist von Armut bedroht. Sozial schwächere Personen suchen seltener FachärztInnen auf. Auch Vorsorgeuntersuchungen nehmen sie - wenn auch nur um einen sehr niedrigen Prozentsatz - in einem geringeren Ausmaß in Anspruch. Besonders wichtig ist daher, anhaltende Armut, Langzeitarbeitslosigkeit sowie dauerhafte Überschuldung als bedeutsame krankheitsverursachende Faktoren zu erkennen, und diese ursächlichen Determinanten zu bekämpfen.

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SO WOLLEN WIR TIROL VERÄNDERN Die Tiroler Gesundheitspolitik muss klare, nachvollziehbare und prüfbare Zielvorgaben für die kommenden fünf Jahre definieren. Für diese Zieldiskussion fordern wir:  Rasche, niederschwellige psychische und psychiatrische Betreuung und Behandlung von erkrankten oder gefährdeten Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren bzw. bis Abschluss des Studiums oder der Lehre (Mobbingopfer in der Schule, Familienprobleme usw.). Psychische Erkrankungen müssen enttabuisiert werden! Es sollte mehr fachärztliches und pflegerisches Personal für die Betreuung psychisch kranker Menschen im ambulanten und stationären Bereich geben, mehr Beschäftigungsinitiativen, mehr psychiatrische FachärztInnen mit Kassenverträgen. Eine kostenlose psychotherapeutische Versorgung für alle, die sie brauchen, ist endlich anzubieten!  Kein Selbstbehalt für Zahnspangen und Sehbehelfen für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren, wenn diese medizinisch notwendig sind.  Kein Medikamentenselbstbehalt für Kinder und Jugendliche bzw. Lehrlinge und Studenten.  Kein Selbstbehalt für Begleitpersonen von Kindern bis 10 Jahren, wenn für diese ein Krankenhausaufenthalt notwendig ist.  Kostenlose Impfung für Mädchen und Frauen gegen Gebärmutterhalskrebs.  Ausbau der integrierenden Gesundheitsplanung! Das Behandlungsangebot muss vom Hausarzt/von der Hausärztin bis zu den Nachsorgeeinrichtungen vollständig sein. Der/die praktische ÄrztInnen wird aufgewertet und übernimmt die Leitfunktion für den/die PatientInnen. Der Problematik des mangelnden Nachwuchses, insbesondere im ländlichen Raum muss rasch entgegengesteuert werden. In allen Bezirken soll eine ausreichende fachärztliche Versorgung gewährleistet sein.  Akutgeriatrische Angebote müssen in allen Tiroler Spitälern angeboten werden  Rasche Umsetzung des Palliativkonzeptes des Landes Tirol! Ausbau des Schlaganfallpfades auf ganz Tirol! Ausbau des Konzeptes „Onkologie in der Praxis“!  Einen nicht zu unterschätzenden positiven Faktor in der medizinischen Betreuung stellen die verschiedenen Selbsthilfegruppen dar. Sie sollen für ihre Leistungen entsprechend finanziell unterstützt werden und sollten in die Planung und Entwicklung neuer Gesundheitsprojekte eingebunden werden.  Ausbau ambulanter Rehabilitationseinrichtungen! Ausbau der pflegerischen Versorgung außerhalb der Krankenhäuser ist dringend notwendig (bessere Vernetzung von Krankenhäusern und ambulanten Pflegeeinrichtungen ist zu forcieren). Das Pflegepersonal muss die Möglichkeit haben vom stationären in den ambulanten Bereich unkompliziert und unbürokratisch auch für kurze Zeit zu wechseln.

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 Wir fordern mehr Massenscreenings bei einzelnen Krankheiten mittels direkter Verständigung der Bevölkerung: Früherkennung von Erkrankungen und rechtzeitige Therapie verhindern viel Leid und sind zudem volkswirtschaftlich günstiger. Impfungen, die im österreichischen Impfplan empfohlen werden, sind gratis anzubieten.  Schwangerschaftsabbrüche müssen in öffentlichen Krankenhäusern durchgeführt werden! Frauengesundheitsmaßnahmen sind dezentral, niederschwellig in allen Bezirken anzubieten.  Genderorientierte Gesundheitsversorgung ins Bewusstsein der MedizinerInnen bringen!  Der Frauengesundheitsbericht des Landes soll regelmäßig erscheinen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen rasch umgesetzt werden. Schaffung gleicher, leichterer Zugangsmöglichkeiten bzw. Abbau von Zugangsbarrieren für MigrantInnen zur Gesundheitsund Sozialversorgung: Professionelle Dolmetschdienste in den Krankenhäusern und im niedergelassenen Bereich müssen ausgebaut werden. Alle schriftlichen Informationen sind in der Muttersprache der Hilfesuchenden abzufassen. Qualitätssicherung in den Krankenhäusern zum Thema MigrantInnen muss verpflichtend sein. Dolmetschangebote in den KHs sollen im Tiroler Krankenanstalten-Gesetz verankert werden.  Ausbau von ambulanten therapeutischen Angeboten (Physio-, Logo-, Ergotherapie etc.)!  Flächendeckender Ausbau der Krankenhaussozialarbeit in ganz Tirol!  Gesundheitsförderung von älteren Menschen ausbauen.  Einrichtung eines Lehrstuhles für Altersmedizin in Tirol  Ein Modell zur verschuldensunabhängigen Medizinhaftung forcieren  Präventionsmaßnahmen und Bewusstseinsbildung in Schulen zum Thema Drogen und Alkohol ausbauen  E-Medikation- und E-Health- Modelle zu einer besseren Gesundheitsversorgung forcieren  Gute Bezahlung des medizinischen Personals garantieren (u.a. gerechte Verteilung der Privathonorare!)

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FAMILIE + JUGEND + KINDER Als Familie bezeichnen wir nicht nur die traditionelle Vater-Mutter-Kinder Form, sondern auch Alleinerziehende, gleichgeschlechtliche Eltern mit Kindern, Patchworkfamilien. Die Gesellschaft hat dafür Sorge zu tragen, beiden Elternteilen ein Erwerbsleben zu ermöglichen und zugleich den Kindern eine bestmögliche Betreuung zu garantieren. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss garantiert sein. Dazu braucht es den Ausbau qualitätsvoller Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen und ein flächendeckendes Ganztags- und Ganzjahresangebot bei Krippen, Horten und Kindergärten. Dazu braucht es auch ein klares Bekenntnis zur Väterkarenz in der Privatwirtschaft und eine Förderung der Väterkarenz. Kinder- und Jugendpolitik beginnt bei einem Kinderschutzgesetz, welches das gesamte System aus Gewalt-Prävention, frühen Hilfen für Familien, einem verbindlichen Einladungswesen zu den Früherkennungsuntersuchungen sowie Interventionsmaßnahmen umfasst. Kinder- und Jugendpolitik darf sich nicht auf der Ebene der Politik für Kinder und Jugendliche erschöpfen (Modell „Jugend-Anwaltschaft“), sondern muss auch Politik von Kindern und Jugendlichen sein (Modell „Jugend-Parlament“). Kindheit und Jugend werden von der SPÖ Tirol als eigenständige Lebensphasen anerkannt. Mit eigenen Bedürfnissen und Rechten. Das Ziel ist, Jugendpolitik als eigenständiges Politikfeld zu etablieren, das diese Lebensphasen als jeweils Ganzes in den Blick nimmt, überzeugende und stimmige Lösungen entwickelt und umsetzt. Strukturell heißt das, die auf verschiedene Ressorts und föderale Ebenen verstreuten Kompetenzen besser zu koordinieren und zu vernetzen und Gesetze und andere politische Maßnahmen darauf zu überprüfen, ob sie mit der jugendpolitischen Gesamtstrategie vereinbar sind. Dafür sollen ein Kinder- und Jugendparlament eingerichtet und die Jugend-Anwaltschaft aufgewertet und ausdrücklich verantwortlich werden.

SO WOLLEN WIR TIROL VERÄNDERN  Beschluss eines umfassenden Kinderschutzgesetzes zur Gewalt-Prävention und zur Hilfe für Kinder in problematischen Situationen.  Flächendeckendes Ganztags- und Ganzjahresangebot bei Krippen, Horten und Kindergärten in allen größeren Gemeinden und Kooperationen mit den kleineren Nachbargemeinden! Die Öffnungszeiten sind dem Bedarf der Familien anzugleichen!  Flächendeckender Ausbau eines Ganztags-Schulwesens mit verschränktem Unterricht. Die Nachmittage sind nicht bloße Zeiten der Beaufsichtigung, sondern auch Unterrichtszeiten und Lern-Betreuungszeiten!  Bei gemeindeübergreifenden Kinderbildungs- und -betreuungs-Projekten muss die Frage des Transportes geklärt sein. Eine Betreuung über Mittag mit Mittagstisch ist notwendig.

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 Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr. Damit könnte auch der „Landflucht“ entgegen gewirkt werden.  Reform des Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes: Die Zahl der BetreuerInnen muss so erhöht werden, dass dem tatsächlichen Bedarf der Familien entsprochen werden kann.  Einrichtung eines Kinder- und Jugendparlaments  Es soll die Jugend-Anwaltschaft aufgewertet werden: youth-proofing aller Gesetze und Verordnungen im Hinblick auf die jugendpolitische Gesamtstrategie.  Rechtsanspruch auf Papamonat auch in der Privatwirtschaft, Väterkarenz fördern.  Politische Bildung an den Schulen forcieren; Projekte wie die Demokratiewerkstatt des Landes müssen fortgeführt werden. Junge Menschen sollen sich beteiligen und einbringen.  Mobilität junger Menschen fördern: Einführung eines Kinder- und Jugendtickets für alle öffentlichen Verkehrsmittel. So lernen junge Menschen zudem schon früh, nicht auf den Individualverkehr angewiesen zu sein.  Einführung eines kostengünstigen Jugend-Pauschal-Tickets für ganz Tirol! Seit September gibt es in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland ein einheitliches Jugendticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel um 60 Euro im Jahr. Die Ticketpreise sind in Tirol, auch im Vergleich mit anderen Ländern, eklatant höher. Was im Osten Österreichs möglich ist, muss auch im Westen machbar sein. Wenn man für dieselben Leistungen in Tirol mehr als das Vierfache bezahlen muss, dann steht das in keiner Relation. Mobilität ist ein wichtiges Recht vor allem für Jugendliche. Die Einführung eines Jugendtickets in Tirol stellt eine klare Verbesserung für junge Menschen dar. Ein leistbares Jugendticket für alle: Lehrlinge, Studierende und SchülerInnen bis 24, ganzjährig und ganztägig, österreichweit. Die Fahrten von und zum Ausbildungsplatz und von und zur Berufsschule müssen kostenfrei sein.  Einheitliches Jugendschutzgesetz in ganz Österreich. Die SPÖ Tirol fordert die Landesregierung auf, sich den sieben Bundesländern anzuschließen, die sich auf ein einheitliches österreichisches Jugendschutzgesetz geeinigt haben.  Anerkennung unterschiedlicher Formen von „Familie“. Eingetragene Partnerschaften von gleichgeschlechtlichen Paaren sollen am Standesamt geschlossen werden können.  Unterstützung einkommensschwacher Familien, Reform der Familienbeihilfe! Von den Steuerzuckerln und Abschreibmöglichkeiten profitieren BesserverdienerInnen, während einkommensschwache Familien durch die Finger schauen (Absetzbeträge etc.). Einkommensschwache Familien profitieren von Sachleistungen (Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen und Erhöhung der Familienbeihilfe) mehr.  Gegen eine automatische gemeinsame Obsorge und Doppelresidenz, Besuchsrecht vor

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Scheidungen klären.  Das Pilotprojekt Familiengerichtshilfe am Bezirksgericht Innsbruck scheint sich bei Konflikten bei Scheidungen im Sinne der Kinder zu bewähren, Evaluierung nach der Testphase und Überführen in den Regelbetrieb.  Lücken beim Unterhaltsrecht (Unterhaltsvorschuss für AlleinerzieherInnen) schließen! Unterhaltszahlung bis zum Ende einer Ausbildung.

ARBEIT + EINKOMMEN DIE POSITION DER SPÖ TIROL Das zentrale Ziel der SPÖ ist die Wiedererlangung der Vollbeschäftigung und damit der Abbau der Arbeitslosigkeit. Das Recht auf Arbeit ist ein Grundrecht für alle Menschen. Bezahlte Arbeit ist auch von zentraler Bedeutung für das Selbstwertgefühl der Menschen und von zentraler Bedeutung für die Selbstverwirklichung des Individuums. Sichere, angemessen entlohnte Arbeitsplätze sind wichtig für die soziale Sicherheit der Menschen. Dafür kämpft die SPÖ Tirol! In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder der mühsam und doch im gesellschaftlichen Konsens errichtete Sozialstaat in Frage gestellt. Vor allem wird der Eindruck vermittelt, alle „Übel“ gingen vom Sozialstaat aus. Der Staat sind wir alle, wir brauchen einen funktionierenden Staat, das müssen auch jene zur Kenntnis nehmen, die die reine Marktwirtschaft predigen. Dieser Sozialstaat sorgt dafür, dass unser tägliches Leben funktioniert und dass wir gegen Risiken wie Armut, Arbeitslosigkeit oder Krankheit geschützt sind. Das Ausbildungsniveau in Tirol zählt den höchsten in Europa. Dazu kommen ein hochprofessioneller Verwaltungsapparat sowie höchste Lebensqualität und Sicherheit. All diese Faktoren bieten ein ideales Umfeld für wirtschaftliche Aktivitäten, sowohl für bestehende wie auch für ansiedelungswillige Unternehmen. Wir verlangen daher von der Wirtschaft ein klares Standortbekenntnis. „Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen, nicht der Mensch der Wirtschaft“. Arbeit muss gerecht entlohnt sein, darf nicht krank machen und muss menschenwürdig sein. Eine moderne, erfolgreiche Arbeitswelt steht für Gleichstellung von Frau und Mann. In einer modernen Arbeitswelt sollen gerechte Löhne und Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen, insbesondere durch BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen, selbstverständlich sein. Die Realität sieht leider anders aus. Es braucht daher Intervention für die Gleichstellung, für die Mitbestimmung und die steuerliche Entlastung der niederen Einkommen und der Mittelschicht. Oftmals sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse auf Kosten von Vollzeit-Arbeitsplätzen entstanden. Besonders die Erwerbsformen, die zu unregelmäßiger, nicht ganzjähriger und nicht ganztägiger

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Beschäftigung führen (geringfügige Beschäftigungen, freie Dienstverhältnisse, neue Selbständige, Zeitarbeit, Teilzeit, Leiharbeit), haben die Armutsgefährdung stark erhöht. Ziel der SPÖ kann also nicht nur die Schaffung neuer Arbeitsplätze sein, sondern auch der Kampf um die Qualität der bestehenden Arbeitsplätze. Auf Grund der in den letzten Jahren eingetretenen hohen Flexibilisierung des Arbeitsmarktes stagniert die Zahl der Ganztagesarbeitsplätze, während Teilzeitarbeit, befristete und geringfügige Beschäftigung zunehmen und eine „Praktika-Generation“ schamlos ausgebeutet wird. Die Arbeitslosigkeit steigt seit 2008 an (Arbeitslosenquote 2008 4,8%, 2012 über 6,0%). Vor allem die Zahl der Menschen, die länger als ein halbes Jahr keine Arbeit gefunden haben, ist in diesem Zeitraum um 62,4% angestiegen. Die Zukunft unserer Heimat Tirol ist in entscheidendem Ausmaß davon abhängig, dass der Beschäftigtenstand bestmöglich abgesichert wird, Einrichtungen zur Überwindung von Strukturanpassungen aufgebaut werden und davon, welche Chancen den neu in den Arbeitsprozess eintretenden Menschen eingeräumt werden. Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, insbesondere die Verhinderung von Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit, ist somit der zentrale Themenschwerpunkt der SPÖ Tirol. Es ist ein elementares Anliegen, jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen, sie in Beschäftigung zu bringen um ihnen mit einem fairen Einkommen die Teilnahme an der Gesellschaft zu ermöglichen.

ARBEIT + EINKOMMEN UND GERECHTIGKEIT In der Einkommensverteilung in Österreich und damit wohl auch in Tirol besteht eine gewaltige Schieflage: Von allen Einkommen gehen fast 50 Prozent (genau 46,6 Prozent) an die reichsten 20 Prozent! Nimmt man die Vermögen dazu, dann verschieben sich die Verhältnisse noch mehr: 10 Prozent der wohlhabendsten MitbürgerInnen besitzen zwei Drittel des Gesamtvermögens! Die SPÖ fordert daher, dass bei der Sanierung der öffentlichen Haushalte die Vermögenssteuer – abzielend auf die wirklich Reichen im Land – sowie die Besteuerung großer Erbschaften und Schenkungen vorrangig heranzuziehen sind. Die immer wieder diskutierte Erhöhung der Mehrwertsteuer und die auch immer wieder verlangten Kürzungen im Sozialbereich lehnt die SPÖ kategorisch ab. Keinesfalls ist es akzeptabel, wenn Managereinkommen das 40 bis 100fache des durchschnittlichen ArbeitnehmerInneneinkommens betragen. Wir treten für Lohn- und Steuergerechtigkeit ein. Hier hat das Land besondere Vorbildwirkung und muss in seinem Einflussbereich dementsprechend wirken. Die SPÖ Tirol verlangt daher Transparenz und Offenlegung der Vorstandsbezüge und Pensionsregelungen auch bei TIWAG, TILAK, HYPO, UMIT und anderen landesnahen Unternehmen. Obwohl unterschiedliche Lohngruppen für Männer und Frauen bereits Ende der Siebzigerjahre abgeschafft wurden, bestehen nach wie vor Unterschiede bei den Ausbildungen, bei den Arbeitszeiten und bei den Aufstiegschancen in den von Männern und Frauen gewählten Berufen. Besonders die Einkommensdifferenzen zwischen den Geschlechtern gehen nicht auf objektive Unterschiede zurück, sondern sind schlicht und einfach Benachteiligung von Frauen. Die SPÖ steht

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für die tatsächliche Gleichstellung der Frauen in der Arbeitswelt. Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass Frauen aufgrund von Kindererziehung sowie Betreuung und Pflege von Angehörigen sehr oft ihre berufliche Karriere unterbrechen bzw. beenden. Der Wiedereinstieg in den Beruf stellt Frauen meist vor große Probleme und eine Rückkehr an den alten Arbeitsplatz ist häufig unmöglich oder führt zu Schlechterstellungen gegenüber vorher. Eine der Qualifikation entsprechende Arbeitsstelle ist oftmals nicht zu finden. Viele Frauen sind damit gezwungen, qualitativ schlechtere Arbeitsplätze oder überhaupt atypische Beschäftigungen anzunehmen. Immer mehr ArbeitnehmerInnen (vor allem Frauen!) arbeiten in Teilzeitbeschäftigung und verdienen zu wenig, um das Pendlerpauschale als steuerlichen Freibetrag nutzen zu können. Das ist eine Ungerechtigkeit gegenüber den GeringverdienerInnen. Die SPÖ Tirol fordert die Umstellung des derzeitigen Pendlerpauschales auf einen kilometerabhängigen Absetzbetrag, der auch negativ steuerfähig ist. Die SPÖ Tirol fordert gerechter verteilte Steuern. Wir sind klar für die Einführung von Vermögensund Erbschaftssteuer ab 1Mio Vermögen und eine Entlastung des Faktors Arbeit.

SO WOLLEN WIR TIROL VERÄNDERN  Öffentliche Aufträge an sozial engagierte und verantwortungsbewusste Firmen! Die Vergabe der öffentlichen Aufträge muss viel stärker als derzeit an soziale Qualitätskriterien gebunden werden. Diese Kriterien sind insbesondere: Lehrlingsausbildung, Einstellung von Langzeitarbeitslosen, Behindertenförderung, Frauenförderung, Kinderbetreuungseinrichtungen, Unterstützung der Arbeitnehmer bei Väterkarenz („Papamonat“), umweltgerechte Produktion etc. In diesem Sinn ist ein Bestbieterprinzip einem Billigstbieterprinzip vorzuziehen. Betriebe mit wiederholten schweren arbeits- und sozialrechtlichen Verstößen sowie nachgewiesenem Steuerbetrug sind von der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen.  Aufträge des Landes Tirol zur Sicherung von Tiroler Arbeitsplätzen! Soweit es mit dem Ausschreibungsgesetz vereinbar ist, sollen bei Auftragsvergaben zur Sicherung der Arbeitsplätze Tiroler Unternehmen bevorzugt berücksichtigt werden.  Keine Wirtschaftsförderung an verantwortungslose Firmen! Verstöße gegen arbeits- und sozialrechtliche Gesetze sowie laufende Verfahren wegen Steuerbetrug und Abgabenhinterziehung müssen zum Ausschluss von öffentlichen Aufträgen des Landes führen sowie zum Entzug von Wirtschaftsförderungen des Landes.  Schaffung neuer Arbeitsplätze in Tirol! Die Schaffung neuer Arbeitsplätze muss durch die künftigen EU – Strukturfondsmittel mitfinanziert werden! Die SPÖ Tirol fordert neue Arbeitsplätze und eine entsprechende

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Qualifizierung von Arbeitskräften: -

im Bildungsbereich des Landes, wo ein Schlüssel angestrebt wird, nach welchem nicht mehr als zehn SchülerInnen auf einen LehrerIn kommen dürfen (Berufsschulen, Volksschulen, Kindergärten)

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im Gesundheitsbereich, wo ein Anspruch auf lebenswertes Altern mehr Arbeitskräfte erforderlich macht (Pflegebereich, TILAK)

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im Sozialbereich, wo in der Jugendarbeit und in der Kinderbetreuung ebenso Bedarf an BetreuerInnen besteht wie in der schulischen Sozialarbeit

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Wiedereinführung der Winterbauoffensive

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Forcierung von Infrastrukturprojekten

 Keine Aufweichung der Arbeitszeitregelungen! Wir treten für gesundheitsfördernde Programme und bedarfsgerechte Arbeitszeitmodelle ein. Letztere sind aber jedenfalls auf ihre ArbeitnehmerInnenfreundlichkeit hin zu prüfen. Die SPÖ Tirol wehrt sich gegen Arbeitszeitmodelle, die zu einer Schlechterstellung ganzer Berufsgruppen führen. Keine Sonderstellung für den Handel! Insbesondere dürfen im Bereich „Handel“ die sowohl auf Kollektivvertragsebene als auch auf Landesebene ausgehandelten Vereinbarungen nicht durch Sonderregelungen hinsichtlich der Arbeitszeit („Lange Nacht des Einkaufs“) oder der Sonn- und Feiertagsregelungen ausgehebelt werden. Vom Landeshauptmann erteilte Ausnahmen müssen Zug um Zug mit einer angemessenen Entlohnung und entsprechenden Betreuungseinrichtungen für die Kinder der Betroffenen einhergehen. Überdies bedürfen sie jedenfalls des Prinzips der Freiwilligkeit.  500 neue Lehrstellen in den landes- und gemeindeeigenen Betrieben! Das Land Tirol muss arbeitslosen Jugendlichen einen Lehrplatz verschaffen. Wir fordern in Tirol 500 neue Lehrstellen (Land, Städte, Gemeinden).  Internate für Lehrlinge kostenfrei! Viele Tiroler Lehrlinge müssen noch immer die Kosten für das Berufsschulinternat selbst bezahlen. Oft sind die Internatskosten höher als die Lehrlingsentschädigung. Dadurch geraten viele Lehrlinge in finanzielle Schwierigkeiten. Der Internatsbesuch muss für alle Tiroler Lehrlinge kostenlos werden. Das Land Tirol betreibt die Internate, diese müssen auch kostenlos sein. Die Kosten für das Berufsschulinternat fressen fast das gesamte Einkommen der Lehrlinge auf. Da werden die Lehrlinge bestraft, für die es keine Berufsschule am Wohnort bzw. in der Nähe gibt und die daher im Berufsschulinternat übernachten müssen. Eine gerechte Regelung für alle Tiroler Lehrlinge muss her! Darüber hinaus sind die Heimordnungen in den Tiroler Lehrlingsinternaten auf Zeitgemäßheit zu überprüfen!  Lehrlings-Informationsarbeit und Berufs- und Bildungsorientierung an den Tiroler Schulen! Eine verpflichtende Berufs- und Bildungsorientierung (Ausbildungsorientierung) als verpflichtendes Unterrichtsfach schon vor der 7. Schulstufe an den Schulen und die Unterstützung von Unternehmen, die lernschwachen Jugendlichen Lehrstellen anbieten, sind

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ein Teil im Bemühen gegen einen drohenden Facharbeitermangel. Informationsarbeit an den Tiroler Schulen und entsprechende Strukturen beim Übergang von der Schule in den Beruf um zusätzlich Jugendliche für eine Lehrausbildung zu gewinnen. Alle jungen Menschen müssen ein Recht auf Arbeit haben und damit ein Recht auf Teilnahme an der Gesellschaft. Weiters muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass es in Tirol mehr als 160 Lehrberufe und viele höhere Schulen gibt, denn die Mehrzahl der Jugendlichen entscheidet sich immer für die gleichen fünf bis zehn Lehrberufe. Die gemeldeten freien Lehrstellen haben meist nichts mit den Berufswünschen der Tiroler Jugendlichen zu tun, die mit Sicherheit auch für eine andere Branche geeignet wären. Eine ausreichende Berufs/Bildungsorientierung mit z.B. einer Stärken/Schwächen Analyse, würde den Jugendlichen dabei helfen, sich für die richtige Lehrstelle zu entscheiden. Auch das Elternhaus muss in diese Frage unmittelbar miteingebunden werden.  Einrichtung einer Lehrlingsstiftung bzw. einer überbetrieblichen Lehrausbildung! Allen Jugendlichen muss eine berufliche Erstausbildung garantiert werden. Zu diesem Zweck sind eine Lehrlingsstiftung bzw. überbetriebliche Lehrwerkstätten einzurichten, mit deren Hilfe die in Tirol bestehenden Einrichtungen und Kapazitäten der Lehrlingsausbildung ausgelastet und falls erforderlich, neue Einrichtungen geschaffen werden. Mehr als die Hälfte der betrieblichen Lehrstellen wird nur in drei Branchen angeboten – im Handel, im Tourismus und bei FriseurInnen. Die Unternehmen bieten leider gerade in Zukunftsberufen zu wenig Lehrstellen an, dem muss mit überbetrieblichen Lehrwerkstätten entgegengewirkt werden. So sollen Jugendliche in den öffentlich finanzierten Lehrwerkstätten ihren Wunschberuf erlernen können, für den sie keine Lehrstelle in einem Betrieb gefunden haben.  Steuerfreies Jobticket: Pendlerförderung künftig als kilometerabhängiger Absetzbetrag! Das aktuelle Pendlerpauschale enthält viele Ungerechtigkeiten und es profitieren vor allem Besserverdienende und Vollzeitbeschäftigte. „Es kann nicht sein, dass jene, die gut verdienen, viel über das Pendlerpauschale an Geld zurück erhalten und eine Frau, die zu ihrem Teilzeit-Job pendeln muss, weniger oder fast gar nichts erhält“, so AK Präsident Herbert Tumpel. Nach Ansicht der Arbeiterkammer – und die SPÖ Tirol schließt sich dieser Forderung an – soll die Pendlerförderung künftig als kilometerabhängiger Absetzbetrag und nicht mehr als Freibetrag steuerlich geltend gemacht werden können. Ein Pendlerabsetzbetrag würde so zu einer gerechten Steuerentlastung unabhängig von der Höhe des Einkommens führen und über eine Negativsteuer insbesondere niedrige Einkommen und Teilzeitbeschäftigte entlasten. Die Möglichkeit, auch im innerstädtischen Bereich das steuerfreie Jobticket zu gewähren, fördert das Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr. Forderungen: 1. Die Pendlerförderung soll kilometerabhängig als Steuerabsetzbetrag anstelle des bisherigen Steuerfreibetrags geregelt werden, und zwar so, dass für die unteren und mittleren EinkommensbezieherInnen ein Plus entsteht.

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2. ArbeitnehmerInnen, die keine Lohnsteuer zahlen, erhalten die Absetzbeträge als Negativsteuer ausbezahlt, wobei eine Obergrenze festzusetzen ist. 3. Auch Teilzeitbeschäftigte haben Anspruch auf den Pendlerabsetzbetrag. Legen Teilzeitbeschäftigte an weniger als drei Tagen in der Woche die Strecke WohnungArbeitsstätte zurück, soll es zu einer Aliquotierung kommen. 4. Bezahlt der Arbeitgeber ein Jobticket, dann ist dieses lohnsteuerfrei. Das Jobticket kann auch für jene ArbeitnehmerInnen zur Verfügung gestellt werden, die keinen Anspruch auf den Pendlerabsetzbetrag haben.  Erarbeitung eines Konzepts für Betriebsansiedlungen! Eine Ökologisierung der produzierenden Wirtschaft ist wünschenswert und muss zusammen mit einer teilweisen Umrüstung auf alternative Energien Arbeitsplätze schaffen. Industrielle Arbeitsplätze, Greenjobs, IT-Berufe, High-tech-Berufe, Gesundheitsberufe, High-tech Produktion unterstützen indirekt die Wertschöpfung von Dienstleistungen. Benachteiligte Bezirke müssen stärker unterstützt werden. Tirol lebt nicht nur vom Tourismus!  Keine weiteren Privatisierungen! Allen weiteren (Teil)Privatisierungen und Auslagerungen ist ein Riegel vorzuschieben. Das neoliberale Grundprinzip „Mehr privat, weniger Staat!“ hat sich wirtschaftspolitisch als der grundlegende Fehler der letzten Jahrzehnte erwiesen – im Bankenbereich haftet die öffentliche Hand direkt bzw. im Wege ihrer privatwirtschaftlichen Beteiligungen. Was in Tirol an Privatisierungen verhindert werden kann, muss verhindert werden (TIWAG, TILAK, und andere Landesbeteiligungen).  Arbeitsmarktförderung Arbeitnehmerförderung muss ausgebaut werden. Die finanziellen Mittel im Bereich der Arbeitnehmerförderung müssen bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode auf das doppelte der aktuell jährlichen Höhe erhöht werden. Zudem muss eine inhaltliche Neuausrichtung mit dem Fokus auf berufliche Verwertbarkeit unter Einbindung der Arbeitnehmer und Arbeitgebervertreter erfolgen.  Ausbau des 2. Arbeitsmarktes Der strukturelle Wandel am Arbeitsmarkt macht notwendig, dass der zweite Arbeitsmarkt weiter auszubauen ist. In Ergänzung zu den Angeboten des Bundes und des Arbeitsmarktservice in Tirol fordern wir die Ausweitung der bestehenden gemeinwohlorientierten Arbeit in Tirol.  Kleinbetriebe Für Kleinbetriebe sind unterstützende Rahmenbedingungen zu schaffen.

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WOHNEN Wohnen ist wie Nahrung und Kleidung ein Grundbedürfnis der Menschen. Eine gute und leistbare Wohnung ist neben einer geregelten, gerecht entlohnten und sicheren Arbeit die Lebensgrundlage für jeden Menschen. Wohnen muss für alle Menschen leistbar sein, Wohnungen und die Wohnumgebung müssen dennoch qualitativ hochwertig sein: Keinesfalls darf der soziale Wohnbau zur Bildung von Ghettos verkommen. Das alles zu erreichen steht für uns Tiroler SozialdemokratInnen an oberster Stelle. In der Legislaturperiode 2008 bis 2013 wurden unter sozialdemokratischer Ressortleitung deutliche Fortschritte und Reformen durchgesetzt. Der eingeschlagene Weg ist fortzusetzen: Wohnbau, Sanierungen und Adaptionen sichern Arbeitsplätze und bieten Entwicklungsmöglichkeiten in der Besiedlung unseres Landes. Das Landesprogramm „Einkommensunabhängige Gebäudesanierung“ wird von der SPÖ Tirol mitgetragen, sofern es zusammen mit einer Winterbauoffensive und einer Sanierungsoffensive Teil eines weitreichenden Beschäftigungsprogrammes ist. Primäres Ziel bleibt aber der soziale Wohnbau, also nicht die Einkommensunabhängigkeit, sondern die Berücksichtigung der sozialen Verhältnisse! Bei einem quantitativ und qualitativ hohen öffentlichen Wohnungsangebot und einer entsprechenden Wohnbauoffensive und Baulandmobilisierung ist mit einem Sinken der Wohnpreise am privaten Wohnungsmarkt zu rechnen. Das Senken der Wohnkosten ist ein zentrales politisches Ziel der SPÖ Tirol. Wir müssen der Spekulation mit Wohnraum und Grundstücken entschieden entgegen treten: Und zwar deshalb, weil durch die Spekulation in gleichem Ausmaß wie die einen wohlhabender werden, für die anderen das Wohnen – auch im sozialen Wohnbau! – teurer wird! Eine Linderung der hohen Miet- und Grundstückspreise durch Beihilfen mag für Einzelfälle unumgänglich nötig sein und wird in diesen Fällen von der SPÖ Tirol auch nicht infrage gestellt. Die Beihilfen lösen aber das Problem der hohen Miet- und Grundstückspreise nicht! Im Gegenteil: Die Überhöhung der Mieten und Grundstückspreise durch öffentliche Gelder zu finanzieren (in Form von Wohnbauförderungen und Mietzinsbeihilfen), ist eine eklatante Umverteilung von unten nach oben, macht also die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer! Die SPÖ Tirol fordert Mietobergrenzen!

SO WOLLEN WIR TIROL VERÄNDERN  Wohnbauoffensive Wir SozialdemokratInnen setzen uns dafür ein, dass bis 2020 rund (Bedarfserhebung!) 10.000 geförderte, soziale Miet- und Eigentumswohnungen (Mietkauf) neu gebaut werden. Dabei streben wir ein Verhältnis von drei Viertel Mietwohnungen zu einem Viertel Eigentumswohnungen bzw. Mietkauf an. Zu berücksichtigen sind jedenfalls geänderte demographische Bedingungen: SeniorInnenwohnungen, Kleinwohnungen für Singles, familiengerechte Wohnungen, StudentInnenwohnungen in ausreichender Anzahl!

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 Überprüfung der Mindeststandards im Hinblick auf Leistbarkeit! Eine Evaluierung der derzeitigen Standards und Normen im Hinblick auf die Leistbarkeit des Wohnens ist zwingend notwendig (Stellplätze, Aufzugsanlagen, bautechnische und umweltbezogene Standards). Die Fülle der Normen darf nicht zu einem untragbaren Kostendruck auf sozialen und gemeinnützigen Wohnbau führen. Stellplatzverordnung in die Landeskompetenz! Höchstens 1 Stellplatz pro geförderter Wohnung. Verordnung zu den Aufzuganlagen an Wohneinheiten binden (ab 5 Wohneinheiten).

Wohnbaugesellschaften:  Die Mieten der Wohnungen der Wohnbaugesellschaften müssen sozial verträglich gehalten werden, zumindest 10% unter der gesetzlich zulässigen Richtwertmiete. Für die Abschläge und eventuellen Zuschläge zu den Richtwertmietzinsen ist ein klarer Katalog vorzulegen und den MieterInnen gegenüber transparent zu kommunizieren.  Hausverwaltungs- und Bauverwaltungskosten müssen tatsächlich abgerechnet werden und dürfen nicht mehr pauschaliert werden. Gewinne daraus sind zu kontrollieren und einzuschränken. Sämtliche Mittel sind dem sozialen Wohnbau direkt zuzuführen.  Maklergebühren, Mietvertragsgebühren und Notariatsgebühren im öffentlichen, sozialen Wohnbau sind vermeidbar bzw. auf ein Minimum zu begrenzen.  Gemeinnützige Bauträger müssen zu leistbaren Mieten aktiv beitragen: Eigenmittelzinsen der Bauträger dürfen nicht über den Kapitalmarktzinsen liegen, sie sind daher bei Zinssenkung am Kapitalmarkt nach unten zu regulieren.  Smart Wohnen, Micro Wohnen, Startwohnen: Günstiger Wohnraum auf weniger Quadratmetern! Die Wohnungen der „Südtiroler Siedlungen“ sind beispielgebend. Auf 55 bis 60 m2 werden alle Bedürfnisse einer Jungfamilie, einer Alleinerzieherin oder Alleinerziehers, junger Paare oder auch Einpersonenhaushalten erfüllt: Wohnküche, Kinderzimmer, WohnSchlafzimmer, Bad/WC und Vorraum. Im derzeitigen Neubau müssen für eine Wohnung mit eigenem Kinderzimmer mindestens 70 m2, wenn nicht mehr, gemietet werden! Aber: Keine Singlewohnung unter 45 Quadratmeter! Trennung des Wohn-/Kochbereiches vom Schlafbereich, d.h. keine Ein-Raum-Lösung!  Es muss geprüft werden, ob alle Wohnbaugesellschaften im Einflussbereich des Landes Tirol den Gemeinnützigkeitsstatus annehmen sollen.

Beihilfen:  Alle finanziellen Leistungen zum Thema Wohnen sind umfassend und transparent in einer Broschüre darzustellen: Mietzinsbeihilfe, Wohnbeihilfe, Sozialhilfe für Wohnraum, AKDarlehen, Hausstandsgründungsdarlehen Stadt Innsbruck, Heizkostenzuschuss etc.

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 Keine Hürden beim Wechsel der Wohnsitzgemeinde! Das heißt: Die unterschiedlichen Zugangsbedingungen in den Gemeinden (Dauer des Aufenthaltes in den Gemeinden) müssen aufgehoben werden.

 Wohnen muss so leistbar gemacht werden, dass es in Zukunft keine Zuschüsse (Mietzinsbeihilfe) mehr braucht! Eine Finanzierungsmöglichkeit liegt in einer vom Land zu beschließenden Umwidmungsabgabe. Vom Wertzuwachs sind 25% Landesabgaben zu entrichten, die zweckgebunden dem sozialen Wohnbau zufließen müssen.  Besseres Beihilfensystem fürs Wohnen. Eine kontinuierliche Überprüfung der tatsächlichen Einkommenssituation der DarlehensnehmerInnen, um die Rückzahlungsraten auf das tatsächliche Einkommen abzustimmen, wäre eine wichtige Maßnahme. Sinngemäß sollen auch die Mieten einkommensabhängig festgesetzt werden: Überprüfung der Einkommen alle 5 Jahre – in Abhängigkeit dazu nicht nur Beihilfenanpassung sondern auch Mieten bzw. Rückzahlungskonditionen korrigieren, und zwar nach oben und nach unten!  Kein Mensch soll in seiner Wohnung frieren müssen! Der Heizkostenzuschuss ist bedarfsgerecht zu erhöhen und mehr bedürftigen Anspruchsberechtigten zu gewähren.  Von den MieterInnen nicht beeinflussbare Betriebskosten sind in die Mietzins- und Wohnbeihilfe einzubeziehen. Die Betriebskosten sollen zukünftig nicht mehr zu den PreistreiberInnen bei den Wohn- und Mietkosten gehören. Die öffentliche Hand kann hier regulierend eingreifen. Die nicht beeinflussbaren Betriebskosten sind in der Mietzinsbeihilfe mit zu berücksichtigen.  Die SPÖ Tirol fordert eine gesetzliche Begrenzung der Höchstmieten!

SeniorInnen:  Für SeniorInnen: Unterstützung und Erleichterung beim Tausch von einer großen in eine kleine seniorInnengerechte Wohnung. Ältere Menschen wollen oft in eine kleinere Wohnung ziehen. Bürokratische Wege, Übersiedlungsaufwand, oft auch höhere Mietkosten für die kleinere Wohnung behindern diese Wünsche, obwohl gerade die großen Wohnungen für die jungen Familien gebraucht würden.  Beratung, Begleitung, Unterstützung bei der Übersiedlung. Garantie, bzw. Ausgleichstopf, damit die Miete bei der neuen Wohnung nicht höher ist als bei der alten. Das Angebot einer seniorInnengerechten Kleinwohnung ermöglicht den persönlich und gesellschaftlich, aber auch wirtschaftlich sinnvollen Tausch.

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Wohnbauförderung:  Bei Auslaufen der Wohnbauförderungsdarlehen sind die Mieten nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zu berechnen. Die teilweise massiven Zinssprünge bei den Wohnbauförderdarlehen sind unsozial und bringen viele Familien in große Probleme. Die Wohnbeihilfe federt diesen Zustand nicht in angemessener Weise ab. Hier ist korrigierend einzugreifen. Die Annuitäten sollen gleichmäßig auf die gesamte Laufzeit aufgeteilt werden.  Ersetzen des Annuitätenzuschusses! Er ist verantwortlich dafür, dass Wohnungsmieten ab dem 10. bzw. 13. Jahr extreme Mietsprünge vorweisen und MieterInnen in günstigere Neubauwohnungen wechseln, weil neue Wohnungen günstiger als 10 Jahre alte sind. Anstatt des Annuitätenzuschusses sollten Möglichkeiten einer Förderung von Jungfamilien wie Wohnstarthilfe oder Eigenmittelersatzdarlehen angedacht werden. Damit war es vor Jahren auch für junge Familien, in finanziell nicht rosigen Situationen, möglich sich Eigentum zu schaffen. Die SPÖ steht dafür, allen Eigentum und Verbesserung ihrer Lebenssituation zu ermöglichen. Auch TirolerInnen aus kleinen Verhältnissen müssen in der Lage sein sich eine Wohnung zu erwerben!  Die Rückzahlungsdauer von Wohnbauförderdarlehen ist zu überprüfen. Die Lebensumstände und glücklicherweise auch die Lebenserwartung der Menschen in Tirol haben sich verändert. Deswegen soll die Rückzahlungsdauer der gewährten Darlehen wieder auf die tatsächliche durchschnittliche Lebensdauer angeglichen werden. Dadurch würden die monatlichen Rückzahlungen geringer ausfallen und eine spürbare Entlastung der Haushaltsbudgets wäre die Folge. Dadurch wird auch verhindert, dass bei abbezahlten Wohneinheiten die BauträgerInnen weiter die hohen Mieten vorschreiben und als Auslaufgewinne ihren Rücklagen zuführen.  Keine begünstigte vorzeitige Darlehensrückzahlung. Kein Verkauf der Wohnbauförderungsdarlehen. Keine Verwendung der Wohnbauförderungsmittel für das allgemeine Landesbudget. Die Wohnbaufördermittel müssen zweckgebunden ausschließlich für den sozialen Wohnbau verwendet werden.  Die Wohnbauförderung ist verstärkt an raumplanerische Kriterien zu knüpfen (Bodenverbrauch, Nähe zu bestehender Infrastruktur, öffentlichen Verkehrsmitteln). Für periphere Regionen ist die Wohnbauförderung gezielt gegen massive Abwanderung in die Zentralräume und den damit einhergehenden brain-drain einzusetzen. Für Osttirol beispielsweise sind 15 % Bevölkerungsverlust prognostiziert. Die jungen Aktiven, verlassen die Täler! Auf der anderen Seite hat der Zentralraum massive Probleme mit dem Zuzug: 35 % Plus und in Folge massiv steigende Mieten, Grundpreise sowie extreme Anforderungen an die Infrastrukturen! Die Wohnbauförderung mit einer speziellen Förderung für Wohnbau in peripheren Abwanderungsregionen kann nur ein Teil eines Gesamtprogrammes sein, um dieser Tendenz entgegen zu steuern, Raumordnungsschwerpunktprogramme müssen sofort eingeführt

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werden, wenn wir nicht leere, überalterte Regionen in unserem Land erleben wollen!  Die Förderung des sozialen Wohnbaus in Dorfzentren (Neubau und Revitalisierung) kann auch Hand in Hand mit Programmen der Dorferneuerung erfolgen. Schaffung von Wohnraum in Dorfzentren gelingt vielleicht auch durch Nutzung der Dachebenen, Nachverdichtung oder sonstige Aufwertung der Gebäudesubstanz. Baulandmobilisierung  Wohnungen, die länger als sechs Monate leer stehen und nicht der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses dienen, sollen besteuert werden. Zweitwohnsitze sollen besteuert werden. Leerstehende Büroräumlichkeiten lassen sich oft in attraktive Wohnungen umbauen.  Um ein Horten von Bauland zu verhindern, muss eine Rückwidmung von gehortetem Bauland über ein Landesgesetz möglich sein. Widmungen für den Eigenbedarf (Kinder) sollen weiter möglich sein. Bei Widmungen von weiterem Bauland muss ¼ des gewidmeten Grundes der Gemeinde für sozialen Wohnbau zur Verfügung gestellt werden.  Grundstücke im Verfügungsbereich von Land und Gemeinden (Verkauf oder Baurecht) sollen günstig für den sozialen Wohnbau zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, dass der laut Wohnbauförderung höchste zulässige Quadratmeterpreis bzw. Baurechtszins deutlich zu unterschreiten ist.  Aktive Grundstückspolitik durch das Land Tirol für den sozialen Wohnbau. Für uns SozialdemokratInnen heißt das: aktive und dauerhafte Baulandentwicklung von Grundstücken zur mittel- und längerfristigen Grundstücksvorsorge für den sozialen Wohnbau, z.B. durch Mischgebietswidmungen in „verträglichen“, immissionsarmen Gewerbegebieten. Was einmal als „Baulandmobilisierung“ angedacht war, muss endlich realisiert werden.  Verstärkte Nutzung der Vertragsraumordnung bei Baulandwidmung, Änderung der Bebauungspläne im Sinne des sozialen Wohnbaus, Ankauf von Grundstücken durch LandesWohnbaugesellschaften von Privaten, die preislich für den geförderten Wohnbau verwendet und günstig zur Verfügung gestellt werden können.  Raumordnung: geförderte Wohnungen nur in geschlossenen Wohnsiedlungen mit Infrastrukturanbindung und Anbindung von öffentlichem Verkehr.  In der Tiroler Landesverfassung verpflichtet sich das Land Tirol für die Menschen, die hier leben, dafür Sorge zu tragen, dass „…der Schaffung und Erhaltung von ausreichend Arbeitsund Wohnmöglichkeiten ein besonderer Stellenwert zukommt.“ Die SPÖ fordert, dass der Zusatz „leistbaren (Wohnmöglichkeiten)“ eingefügt wird, wodurch die Verpflichtung zum sozialen Wohnbau festgeschrieben wäre. Auf dieser Rechtsbasis kann dann die Rückwidmung von gewidmetem Baugrund durchgeführt werden, wenn der Baugrund nur gehortet wird und nicht dem öffentlichen Interesse zur Verfügung steht.

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FRAUEN Die SPÖ Tirol vertritt die Gleichstellung von Frauen und Männern, wie sie auch in den Grundwerten der Europäischen Union und im österreichischen Nationalen Aktionsplan (NAP) für Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt verankert ist: Wir fordern gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit für Frauen und Männer und gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. In Tirol verdienten Frauen im Jahr 2012 um 26,8% weniger als Männer (Vergleich ganzjährig vollzeitbeschäftigte ArbeitnehmerInnen; Statistik Austria, Lohnsteuerstatistik, AK)! In Tirol sind Teilzeitjobs so verteilt, dass fünfmal mehr Frauen als Männer davon betroffen sind (Statistik Austria, Arbeitskräfteerhebung, Ergebnisse des Mikrozensus 2010, Wien 2011)! Frauen, insbesondere Alleinerzieherinnen, sind besonders von Armut und Armutsgefährdung betroffen. Derzeit arbeiten viele Frauen in atypischen bzw. prekären Verhältnissen, in Teilzeit oder in schlecht bezahlten "Frauenberufen", oft fehlen Versicherungszeiten. Das wirkt sich auch auf die Pensionen aus. Frauenarbeit muss höher bewertet werden. Es ist nicht einzusehen, dass beispielsweise die Arbeit an einer Maschine höher entlohnt wird als die Arbeit mit Menschen.

Die SPÖ Tirol fordert Maßnahmen in allen Bereichen der Bildung und Ausbildung mit dem Ziel, Berufsstereotype (besser bezahlte „männliche“ und schlechter bezahlte „weibliche“ Berufe) abzubauen. Weiters fordert die SPÖ Tirol Maßnahmen zur Steigerung der Vollzeitbeschäftigung von Frauen durch eine tatsächliche Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie. Die flächendeckende, ganztägige und ganzjährige Einrichtung von Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen, die Einführung der Ganztagsschule mit verschränktem Unterricht und die partnerschaftliche Aufteilung der unbezahlten Arbeit sind Voraussetzungen für eine Gleichstellung von Frauen und Männern. Nur knapp drei Prozent der Tiroler Väter gehen in Karenz, dieser Anteil muss angehoben werden. Auch in der Privatwirtschaft wollen wir die Möglichkeit für einen bezahlten „Papamonat“ schaffen. Frauen im ländlichen Raum sind zudem noch durch mangelnde Infrastrukturen in ihrer Mobilität benachteiligt, wodurch sich die Ungerechtigkeit weiter verschärft. Frauen mit Migrationshintergrund müssen häufig mit doppelter Diskriminierung zurechtkommen. Sie werden einerseits in ihrer Herkunftskultur als Frauen und andererseits als Migrantinnen im aufnehmenden Land diskriminiert. Sprachkenntnisse und der Zugang zum Arbeitsmarkt sind wesentlich für ein eigenständiges Leben in Österreich. Die SPÖ Tirol setzt sich für eine Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen ein, indem transparente Auswahlverfahren und eine ausgewogene Repräsentanz von Frauen in den Entscheidungsprozessen angestrebt und realisiert werden müssen. Internationale Studien belegen, dass gemischte Führungsteams erfolgreicher wirtschaften.

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SO WOLLEN WIR TIROL VERÄNDERN  Bildung und Berufswahl diversifizieren Ausbau der Maßnahmen zur geschlechtersensiblen Berufsorientierung, Rollenstereotype aufbrechen.  Weiterbildung der ElementarpädagogInnen (ehemals KindergärtnerInnen) zu geschlechtersensibler Berufsorientierung  Erhöhen der Erwerbsbeteiligung und Vollzeitbeschäftigung von Frauen Bildungsbeteiligung und Abschlüsse von Frauen gezielt fördern Schaffung qualifizierter Teilzeitjobs für Frauen und Männer Kampagnen zur partnerschaftlichen Aufteilung und Anerkennung unbezahlter Arbeit von Männern und Frauen  Schaffung ausreichender Infrastruktur, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglich  Faire Bemessung der Kindererziehungszeiten für die Pension! Kein vorzeitiges Anheben des Pensionsantrittsalters für Frauen, solange eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Gleichstellung nicht erreicht ist. Als Durchrechnungszeitraum sollen die besten 15 Jahre herangezogen werden.  Mehr Frauen in Führungspositionen (Wirtschaft und Verwaltung) Erhöhung des Frauenanteils in (politischen) Entscheidungspositionen Zielvorgabe von 40% Frauenanteil in Aufsichtsräten der landeseigenen und landesnahen Betriebe (Selbstverpflichtung des Landes Tirol) Seminare für (potentielle) Aufsichtsrätinnen  Schließen der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen! Verpflichtende Einkommensberichte zur größtmöglichen Transparenz! Gleichwertige Arbeitsbedingungen für Frauen und Männer in Voll- und Teilzeitbeschäftigung sowie in männer- und frauendominierten Sektoren und Branchen!  Systematische Integration von Genderaspekten in die wesentlichen politischen Strategiedokumente des Landes Tirol: Wirtschaftsleitbild, Nachhaltigkeitsstrategie. Weitere Umsetzung / Implementierung von Gender-Budgeting in die Landesverwaltung begleitende Trainings, Weiterbildungsangebote regelmäßige Berichte zur Umsetzung von Gender-Budgeting (alle 4-5 Jahre) an den Landtag  Erstellung eines Masterplans: Gegen häusliche Gewalt in Tirol. Ausbau und Förderung der Opferschutzeinrichtungen, auch regional, nicht nur im Zentralraum Innsbruck! Unterstützung

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für muttersprachliche Beratungen in Opferschutzeinrichtungen  Frauen- und Mädchenberatungsstellen, Frauenprojekte in den Bezirken absichern; Regionale Frauenberatungsstellen für eine breite Palette an frauenspezifischen Themenangeboten  Die gesetzliche Verankerung der bestehenden Autonomen Frauenhäuser und den regionalen Ausbau auf 93 autonom geführte Frauenhausplätze!  Transparente, nachvollziehbare Förderung von Fraueneinrichtungen  Förderung von integrativen Frauenprojekten, Einrichtungen und Frauenräumen  Ausbau der interkulturellen Mädchenarbeit  Umsetzung des Gemeinde-Gleichbehandlungsgesetzes. Im öffentlichen Dienst muss es klare und transparente Aufnahmeregeln geben, die Einhaltung von Frauenförderprogrammen muss nachgewiesen werden. Es braucht Förderprogramme für die Rückkehr nach der Karenz.  Die Verknüpfung von Wirtschaftsförderungen an Frauenförderpläne: Wer Wirtschaftsförderung begehrt, muss die Einhaltung von Frauenförderplänen garantieren.  Quotenregelungen in den Führungsetagen und Frauenförderpläne von Unternehmen bringen eine Win-Win-Situation für Wirtschaft und Gesellschaft. Zahlreiche Studien belegen, dass frauenfreundliche Betriebe mehr Gewinn erwirtschaften als jene, in denen weibliche Führungskräfte noch immer unterrepräsentiert sind.  Berufsbegleitende Studienmöglichkeiten und Förderungen für Studierende über 30  Gender Medicine als grundlegendes Konzept - die biologischen und sozialen Unterschiede zwischen Frauen und Männern müssen berücksichtigt werden  Maßnahmen zur Förderung des Geschlechtergleichgewichts in medizinischen und Pflegeberufen  Die Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs in öffentlichen Krankenanstalten. Die Fristenregelung darf nicht angetastet werden.  Aufklärungskampagnen für alle Altersstufen und Verhütungsmittel auf Rezept

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ENERGIE  Tirol muss energieautark werden. Themen wie der Ausbau der Wasserkraft und der Windparks sind sachlich und wertfrei zu diskutieren. Auch bei der Sonnenenergie ist noch viel Potential vorhanden. Die Nutzung der Erdwärme ist noch ausbaufähig.  Bei der Erzeugung von Biogas und Biotreibstoff muss die Verarbeitung von Lebensmitteln tabu bleiben.  Die Energieversorgung muss in öffentlicher Hand bleiben (Tiwag und die Tigas). Gemeindeenergieversorger im Besitz der Gemeinden müssen unterstützt werden.

GRUNDVERKEHR  Jeder, ob Bauer, Arbeiter, Angestellter oder Unternehmer muss Freilandgrund kaufen können. Kriterium ist, dass diese Grundstücke bewirtschaftet werden. Unsere kleinflächige Kulturlandschaft muss erhalten werden.

RAUMORDNUNG Die Raumordnung hat großen Einfluss auf die Entwicklung unseres Landes und unserer Gemeinden. Sie entscheidet auch über den Wert eines Grundstückes. Spekulanten haben großen Anteil, dass die Raumordnungsgesetze immer umfangreicher werden. Es muss uns gelingen, dass wir diese Kosten reduzieren, ohne dass die Qualität der Raumplanung leidet. Aufwändige Bebauungspläne könnten teilweise durch eine Änderung der Bauordnung reduziert werden. Das Raumordnungskonzept ist aufzuwerten, die Flächenwidmung und die Bebauungspläne müssen näher bei der Gemeinde verankert werden.

BAUORDNUNG Einer Verdichtung der Ortskerne ist mehr Vorrang zu geben. Die Bauordnung ist dahingehend zu ändern. Die Mindestabstände bei neuen und in bereits bestehenden Objekten sind bei einvernehmlicher Vereinbarung unter den Nachbarn neu zu gestalten. Damit können auch alte Bausünden auf eine rechtliche Basis gestellt werden.

BARRIEREFREIHEIT Der öffentliche Raum muss barrierefrei werden. Dafür soll es einen Fördertopf für Gemeinden von Seiten des Landes geben.

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AGRARGEMEINSCHAFTEN + BAUERN  Die Herstellung der Rechtssicherheit durch Umsetzung der höchstgerichtlichen Urteile ist für die SPÖ Tirol unabdingbar. Die SPÖ Tirol fordert die Rückübertragung des Gemeindegutes an die Gemeinden!  Der Wohlstand in Tirol muss gerechter verteilt werden: Förderungen, Pensionen und Stipendien sind auf ihre Gerechtigkeit hin zu prüfen. Bei den Landwirtschaftsförderungen treten eklatante Bevorzugungen gegenüber der übrigen Bevölkerung zutage, z.B. die Kreditvergabe durch den aus Steuergeldern gespeisten Landeskulturfonds mit bis zu 0% Verzinsung. Für Bauern zahlt die öffentliche Hand zur Deckung ihrer Pension wesentlich mehr als für andere Pensionen: Für ASVG-Bezieher beträgt der staatliche Zuschuss 15%, im Gewerbe 53%, bei den Bauern hingegen beträgt der staatliche Zuschuss 78%. Wo die Ungerechtigkeiten im Kompetenzbereich des Landes liegen, muss Gerechtigkeit hergestellt werden.  Bei der Stipendienvergabe für die studierenden Kinder wird nicht jedes Einkommen bei der Berechnung gleich berücksichtigt. In der Landwirtschaft wird dazu der Einheitswert herangezogen, bei den Selbstständigen die Unternehmensbilanz, bei den ArbeitnehmerInnen der Lohnzettel. Dadurch entstehen große Unterschiede zum Nachteil der ArbeitnehmerInnen. Wo die Ungerechtigkeiten im Kompetenzbereich des Landes liegen, muss Gerechtigkeit hergestellt werden.  Auch unter den Bauern gibt es Gleichere unter Gleichen: Ein Nebenerwerbsbauer zahlt sehr wohl in den ASVG-Topf mit ein und muss aber gleichzeitig bei zu kleinen bewirtschafteten Flächen fürchten, um Förderungen umzufallen. Die SPÖ Tirol fordert Gerechtigkeit in der Landwirtschaftsförderung.  Bei der Landwirtschaftsförderung ist bewirtschaftete Fläche in Österreich nicht gleich bewirtschaftete Fläche. Die Differenzbeträge für einen Hektar können bei bis zu 650 Euro liegen. Die SPÖ fordert Gerechtigkeit für Tiroler Bauern!

GEMEINDEAUSGLEICHSFONDS Diese Mittel sind keine Fördergelder des Landes. Den Gemeinden werden von den ihnen zustehenden Bundesertragsanteilen ca. 90 Mio Euro pro Jahr abgezogen und dann für die Erfüllung ihrer Aufgaben wieder zur Verfügung gestellt.  Es sind klare Richtlinien zu erarbeiten, nach welchen die Zuteilung erfolgt. Die Finanzkraft der Gemeinde und die zu erfüllenden Aufgaben sind bei der Zuteilung zu berücksichtigen.

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LANDESVERWALTUNGSGERICHT Eine seit vielen Jahren von der SPÖ geforderte Einrichtung wird mit 1.1.2014 eingeführt. In Zukunft wird in Angelegenheiten der Verwaltung nur mehr eine Einrichtung als 2.Instanz bei Verwaltungsverfahren zuständig sein. Dies gilt auch für Angelegenheiten der Gemeinden, wie z.B. Bau- oder Abgabenbescheide. Auch die Landesagrarsenate und die Grundverkehrsbehörden (Gemeinde und Bezirk) wird es nicht mehr geben. Damit entscheidet in der 2. Instanz nicht mehr eine Verwaltungsbehörde, sondern ein unabhängiges Gericht.  Die SPÖ Tirol fordert, dass die Unabhängigkeit des Gerichts auch durch entsprechende Personalhoheit gewährleistet wird.

LANDESEIGENTUM Unsere Betriebe leisten große Beträge zur Finanzierung unseres Landesbudgets und für die Grundversorgung. Einrichtungen im Gesundheits-, Sozial-und Bildungsbereich sowie das Wohnen müssen in öffentlicher Hand bleiben. Dies gilt auch für die Wasserversorgung- und Entsorgung, für die Abfallwirtschaft und für die Energieversorgung. Das Familiensilber darf nicht verkauft werden.  Die Landesbank muss nach der Sanierung neu orientiert werden. Der Schwerpunkt ist auf die Finanzierung der Gemeinden und der Tiroler Klein- und Mittelbetriebe zu legen. Veranlagungen und Finanzierungen im eigenen Land leisten einen beschäftigungsbelebenden Beitrag.

ÖFFENTLICHER VERKEHR Insbesondere zu den Hauptzeiten des Pendlerverkehrs ist durch Verkürzung der Fahrt-Intervalle die Attraktivität des ÖPNV zu steigern. Hinsichtlich der Tarifgestaltung ist das Südtiroler Modell anzustreben! Jugendlichen muss ein kostengünstiges Tirol-Ticket zur Verfügung stehen.

 Öffentlichen Verkehr leistbarer machen gegenüber dem Individualverkehr und zum klaren Vorteil entwickeln – der Umwelt zuliebe, Pendler, die Öffis benutzen, stärker begünstigen  Alles unternehmen, dass das sektorale Fahrverbot für Massengüter wieder eingeführt werden kann, dazu wird auch ein „Lufthunderter“ notwendig sein. Die Kritiker des Lufthunderters muss man schon fragen, ob eine halbwegs gesunde Luft nicht wichtiger ist als ein paar Minuten schneller von A nach B zu kommen!  Der Ausbau von Park-and-Ride-Plätzen an Bahnhöfen muss landesweit forciert werden.  Zweigleisiger Ausbau der Bahn zwischen Ötztal Bahnhof und Landeck.

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Kultur Kunst und Kultur sind in all ihren vielfältigen Ausformungen ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität in unserem Land. Sie sind Garant für die bunte Vielfältigkeit, die Tirol ausmacht. Kultur bedeutet für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die gesamte Fülle an Ausdrucksformen des menschlichen Zusammenlebens und der Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Umwelt und seinen Lebensbedingungen. Kulturpolitik kann folglich Rahmenbedingungen schaffen, die die Möglichkeit zur künstlerischen Entfaltung ermöglichen bzw. unterstützen.  Unser Ziel ist neben der Sicherung des kulturellen Erbes besonders auch die Förderung von zeitgenössischer und experimenteller Kunst sowie des Nachwuchses.  Die Aufgabe des Landes ist es, künstlerische Freiräume zu erhalten bzw. zu schaffen und für die Zukunft sicherzustellen.  Die das Tiroler Kulturleben tragenden Leiteinrichtungen (z.B. Landestheater, Museen, Festspiele, Galerien, Musikschulen, etc.) sollen weiterhin öffentlich unterstützt werden. Das muss sowohl für den schöpferischen als auch den vermittelnden Bereich gelten.  Aber auch die vielen anderen Kultureinrichtungen bzw. –initiativen (PMK, Freirad, Alte Gerberei, Stadtkino Imst, etc.) müssen weiterhin (mehr) gefördert werden, besonders um ihnen Planungssicherheit zu geben. Der Innsbrucker Zentralraum ist sehr gut mit kultureller Infrastruktur versorgt. Die Struktur unseres Landes verlangt aber auch eine Regionalisierung des Kulturangebotes. Die Regionalisierung würde eine Stärkung des Kulturverständnisses in der Bevölkerung bewirken, ins besonders bei der Jugend. Der Jugend können über Kultur neue Lebensperspektiven und Wertvorstellungen vermittelt werden.  Sicherung des kulturellen Erbes sowie die Förderung von zeitgenössischer und experimenteller Kunst.  Der Genuss von Kunst und Kultur muss für alle möglich sein  Die Förderung für die zahlreichen Kulturinstitutionen und Kulturinitiativen (PMK, Freirad, Alte Gerberei, Stadtkino Imst, Ummi Gummi, etc.) müssen bestehen bzw. ausgebaut werden.  Die Regionalisierung des Kulturangebotes muss verstärkt werden.

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UMWELT UND NATUR Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten steht ein verantwortungsvoller Umgang mit unserer Umwelt im Vordergrund, um auch für kommende Generationen einen intakten Lebensraum zu bewahren. Tirol als Bergregion weist sehr spezifische Bedingungen hinsichtlich der vorhandenen Ressourcen und Lebensgrundlagen auf.Tirol verfügt über eine hohe Lebens- und Umweltqualität die unser Land als Wohn-, Urlaubs- und Wirtschaftsstandort äußerst attraktiv macht.  Die SPÖ Tirol setzt sich für eine nachhaltige Entwicklung in Tirol ein.  Die Schwerpunkte liegen in der Forcierung erneuerbarer Energien und der Steigerung der Energieeffizienz.  Zudem muss die Versorgungssicherheit mit leistbarer Energie oberste Priorität haben.  Die ungebremste Entwicklung, besonders im Wintersport haben bereits zu bedenklichen Verdichtungseffekten geführt- Verkehr-, Lärm- und Luftbelastung, steigender Energie- und Ressourcenverbrauch.  Touristische Infrastruktur ist daher qualitativ und nicht quantitativ zu verändern.  In den Ballungsräumen und im gesamten Inntal ist eine ausreichende Luftqualität nicht vorhanden. Es herrscht dringender Handlungsbedarf, die Ursachen für die Belastung durch Luftschadstoffe sind vielfältig, daher braucht es ein Paket von Gegenmaßnahmen.Die SPÖ Tirol hat in ihrem Geltungsbereich schon entsprechende Maßnahmen gesetzt, und sieht in der Einführung des permanenten 100 er die einzige Möglichkeit, das sektorale Fahrverbot für die Gesundheit der Menschen in der Europäischen Union umzusetzen.  Das Wohl und die Gesundheit der Menschen in Tirol stehen für die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an oberster Stelle und vor dem freien Waren und Personenverkehr.

Der Boden ist Träger des Lebensraumes, Produktionsgrundlage der Land und Forstwirtschaft, Rohstoffquelle und Puffer für den Grundwasserkörper. Daher stellt er ein wichtiges Schutzgut dar. Die Böden werden vor allem durch Versiegelung verbraucht sowie durch Bewirtschaftung (Düngung) und Schadstoffeinträge verändert.  Das Ziel der SPÖ ist daher, die Minimierung der Bodenversiegelung, die Minimierung der Schadstoffeinträge, die Erhaltung und Verbesserung der nachhaltigen Bodenfruchtbarkeit, die Sanierung von Schäden nach dem Verursacherprinzip.

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