Digitale Bibliothek Braunschweig

Digitale Bibliothek Braunschweig http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059 Digitale Bibliothek Braunschweig TOXIKOLOGISCH ODER FORENSISCH WICHTI...
Author: Britta Abel
3 downloads 6 Views 22MB Size
Digitale Bibliothek Braunschweig

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

TOXIKOLOGISCH ODER FORENSISCH WICHTIGE

PFLANZEN

UND VEGETABILISCHE DROGEN MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG

IHRER MIKROSKOPISCHEN VERHÄLTNISSE. VON

DR . WILHELM MITLACHER, PRIVATDOZENT FÜR PHARMAKOGNOSIE UND ASSISTENT AM PHARMAKOLOG.-PHARMAKOGNOST. INSTITUTE DER K. K. UNIVERSITÄ'.r IN WIEN.

MIT 106 IN DEN TEXT GEDRUCKTEN ABBILDUNGEN.

--

~_.

BIBLIOTHEK.

-\-.

i

HERZGGL

TECHN. HOC . H. SCHUUJ f

t

CAROLO-WIL "H.MINA

BRAUNSCHWEIG.

''':::''~~~;;;..;::--'-

-------------

URBAN & SCHWARZENBERG

BERLIN

WIEN I., MAXIMILIANSTRASSE 4

N., FRIEDRICHSTRASSE 105'

1904.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Alle Rechte vorbehalt.en.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Vorwort. Unter den Aufgaben der Toxikologie und forensischen Medizin ist bekanntlich die Führung des exakten Nachweises eines Pflanzengiftes nach dem gewöhnlichen chemischen, pathologischanatomischen oder physiologischen Untersuchungsvorgange unter Umständen sehr schwierig. Die ihrer Natur nach gewöhnlich leicht zersetzlichen Pflanzengifte, besonders die Alkaloide und Glykoside, sind häufig schon nach kurzer Zeit im Inhalte des Magendarmtraktes oder in den Exkreten und Organen des vergifteten Körpers nur unter großen Schwierigkeiten, oft überhaupt nicht mehr nachweisbar. In .solchen Fällen kann die pharmakognostische Untersuchung des vorhandenen Materiales von allergrößtem Vorteile sein. Sie weist vor allem in bezüglich ihrer Provenienz unklaren Fällen nach, ob die Vergiftung von einer Pflanze selbst, d. h. durch Pflanzenteile hervorgerufen wurde, oder ob bei negativem Befunde das Gift in Form irgend eines Präparates aus einer Pflanze in den Organismus gelangt ist. Sie vermag aber auch in den meisten Fällen die im Untersuchungsmateriale vorhandenen Pflanzenteile noch mit Sicherheit auf ihre Stammpflanze zurnckzuführen, wenn diese äußerlich bereits vollkommen unkenntlich, zerkaut, maceriert oder gepulvert vorliegen. Auf diese Weise ist die pharmakognostische Untersuchung in Fällen von Intoxikationen durch Teile giftiger Pflanzen eine sehr wesentliche Stütze des Chemikers, der durch sie auf dem kürzesten Wege Anhaltspunkte erhält, in welcher Richtung er zu untersuchen hat, um den Giftkörper darzustellen oder seine Reaktionen zu prüfen. a*

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

IV

Vorwort.

Tr:otz dieser in die Augen springenden Vorteile der pharmakognostischen Untersuchung ist im allgemeinen diese Methode sehr wenig benutzt, indem sich in den toxikologischen Lehrbüchern gewöhnlich gar keine oder doch nur so geringe Hinweise auf die anatomischen Verhältnisse der betreffenden Giftpflanzen vorfinden, daß darauf ein eingehender exakter Nachweis nicht zu gründen ist. Auch die zahlreichen, größtenteils populär geschriebenen Bücher über Giftpflanzen berücksichtigen ausschließlich die mit freiem Auge oder höchstens mit der Lupe sichtbaren morphologischen Verhältnisse derselben und sind aus diesem Grunde für den praktischen Toxikologen, dem ja gewöhnlich ein äußerlich sehr verändertes Materiale, fast niemals die ganze Pflanze zur Untersuchung vorliegt, von geringem Werte. Hingegen ist durch die gemeinsame Arbeit der Pharmakognosten und Botaniker die mikroskopische Untersuchung der Pflanzenwelt und besonders der medizinalen Pflanzen heute schon derart vorgeschritten, daß diese Methode sich bezüglich ihrer praktischen Bedeutung der chemischen Untersuchungsmethode in den für sie passenden Fällen vollkommen gleichwertig zur Seite stellen kann. Da in den pharmakognostischen Lehrbüchern gewöhnlich nur die giftigen Pflanzen oder Drogen besprochen sind, welche medizinal benutzt werden, und eine zusammenfassende Darstellung der für die Toxikologie oder die gerichtliche Medizin wichtigen Pflanzen mit besm:i.derer Berücksichtigung ihrer anatomischen Verhältnisse meines Wissens noch nie veröffentlicht wurde, unternahm ich es, eine derartige Zusammenstellung auszuarbeiten, in der Hoffnung, durch diese der pharmakognostischen Untersuchungsmethode in der praktischen Toxikologie mehr Geltung zu schaffen. Bei der ungemein großen Anzahl der physiologisch wirksamen Pflanzen mußte in der Auswahl des Stoffes mit großer Beschränkung vorgegangen werden, um nicht den Umfang dieser Arbeit zu sehr anwachsen zu lassen. Daher werden im speziellen Teile hauptsächlich nur jene Pflanzen und Drogen besprochen, welche für Deutschland und Österreich toxikologisch oder forensisch von Bedeutung sind. Ferner konnten im allgemeinen nur solche Pflanzen berücksichtigt werden, die bisher tatsächlich zu Vergiftungen geführt haben, oder zu verbrecherischen oder kurpfuscherischen Zwecken (Abortus etc.) benutzt wurden, während die enorme Zahl der Pflanzen, in welchen nur auf chemischem oder experimentellem

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

v

Vorwort.

Wege' Giftstoffe gefunden wurden oder die als reine Medizinalpflanzen anzusehen sind, von der Besprechung ausgeschieden wurden, denn diese gehören in das Gebiet der allgemeinen Pharmakognosie. Von unschädlichen Pflanzen mußten manche wegen ihrer forensischen Bedeutung aufgenommen werden. Die botanische, chemische und toxikologische Literatur über das abgehandelte Materiale wurde nach Tunlichkeit bei der Besprechung der einzelnen Pflanzen berücksichtigt, .soweit es dem Zweck der vorliegenden Arbeit entspricht. In der systematischen Beschreibung der Pflanzen wurden die Werke von Thome, Neilreich und Garl Müller hauptsächlich herangezogen. Die toxikologische Kasuistik, sowie die Chemie werden nur im allgemeinen, soweit sie für die Untersuchungen praktisch von Wichtigkeit sind, erwähnt, da diese in den toxikologischen und chemischen Lehr- und Handbüchern ohnehin genügend besprochen werden. Von der bildlichen Wiedergabe der botanisch-systematischen Verhältnisse der' besprochenen Pflanzen mußte ich Abstand nehmen, da hierdurch die Kosten des Buches zu sehr gesteigert worden wären. Im Hinblicke darauf, daß eine große Anzahl von Werken vorhanden sind, in welchen die Giftpflanzen abgebildet sind, erschien mir zudem eine Reproduktion derselben auch in diesem Werke überflüssig. Ein Verzeichnis der bei der Abfassung benutzten Literatur findet sich am Schlusse der Abhandlung. Bevor ich an die eigentliche Besprechung des Materiales schreite, fuhle ich mich verpflichtet, meinem verehrten gütigen Chef, Herrn Hofrat A. v. Vogl, für seine' Anregung zu dieser Arbeit und seine in jeder Hinsicht wertvolle und tatkräftige Förderung derselben meinen wärmsten und innigsten Dank abzustatten. Eine große Anzahl der in diesem Buche wiedergegebenen Abbildungen entstammt seinem phannakognostischen Atlas. Zugleich danke ich auch ergebenst Herrn Prof. A. Tschirch für die gütige Erlaubnis, eine Anzahl der in seiner "Angewandten Anatomie des Pflanzenreiches" erschienenen Abbildungen verwenden zu dürfen. Wien, im März 1904.

W. MitIacher.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Inhaltsverzeichnis. Die aus differentialdiagnostischen und anderen Rücksichten besprochenen Pflanzen und Drogen sind hier nicht separat angeführt.

Seite

Vorwort . . . . . . . . . . Allgemeine Vorbemerknngen. Präparation Reagenzien Mikrochemie Pulveruntersuchung und Maceration

Literatur

......... .

III X XI XIV . XVII XIX . XXI

I. Kryptogame Pflanzen. Fungi (Pilze).

1. Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum Anatomie . . . . . . . . .

1 1

2. Giftpilze. . . . . . . . . . . . .

5

Tabellarische Übersicht. 1. Hautpilze, Hymenomycetes 1I. S eh ei benpilze, Dys comycete s IU. Knollenpilze, Tuberaceae . . Verwechslungen mit giftigen oder für giftig gehaltenen Pilzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5 8 8 8

ll. Phanerogame Pflanzen. A. Gymnospermae.

3. Taxus baccata L., Eibe, Eibenbaum, Taxus. Anatomie der Blätter. . . . . . . . . . Anatomie der Samen . . . . . . . . . . 4. Juniperus Sabina L., Sevenbaum, Sadebaum . Anatomie der Blätter. . . . . . . . . . . 5. Thuja occidentalis L. und Biota orientalis L. (Lebensbaum) Anatomie der Blätter. ......... .

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

10 11

14 16 17 19 20

Digitale Bibliothek Braunschweig

Inhaltsverzeichnis.

VII

B. Angiospermae. Seite

a) Monocotyle Pflanzen . . . . . 6. Lolium temulentum L., Taumellolch, Schwindelhafer Anatomie der Früchte . . . . . .

7. Arum maculatum L., gefleckter Aronsstab Anatomie der WurzelknolIen . . . . . . 8. Colchicum autumnale L., Herbstzeitlose. Anatomie der Blätter. . . . Anatomie der Wurzelknollen . . . . . . Anatomie der Samen. . . . . . . . . 9. Veratrum album L., weißer Germer, weiße Nieswurz Anatomie des Wurzelstocks . . . . . . . . . Anatomie der Nebenwurzeln . . . . . . . . . 10. Tamus (Thamnus) communis L., Schmerwurz. Anatomie der Früchte und Samen

11. Safran (Cl'ocus) Anatomie . . . . . .

b) Dicotyle Pflanzen

12. Asarum EUl'opaeum L., Haselwurz

21 22 23 27

28 30 32 33 33 37 38 40 42

43 45 47 47

48 49 49

Anatomie des Wurzelstocks Anatomie der Blätter. . . . . . 13. Aristolochia Clematidis L., Osterluzei, Wolfskraut 50 Anatomie des Wurzelstocks . . . . . 51 Anatomie des Wurzelstocks von Aristolochia longa und rotunda . 53 Anatomie der Blätter. . . . . . . . ........ 54 14. Illicium l'eligiosum Sieb. et Zucc., japanischer oder giftiger Sternanis . . . . . . . . . . . . . . 55 Vergleichende Anatomie der Früchte von Illicium religiosum und I. verum . . . . . . . 57 15. Nux moschata, Muskatnuß . . 61 Anatomie . . . . . . . . . 61 16. lIelleborus viridis L., grüne Nieswurz 63 Anatomie des Wurzelstocks 64 Anatomie der NebenwurzeIn . . . . . 65 Anatomie der Blätter. . . . . . . . 67 17. Aconitum Napellus L., blauer Sturmhut. 67 Anatomie der Wurzelknollen . . . . . . 70 Anatomie der Blätter. . . . . . . . . 74 18. Delphinillm Staphysagria L., Stephans- oder Läusekraut 74 Anatomie der Samen. . . . . . . . . . . 75 Giftige Ranunculaceen . . . . . . . . . 77 19. Kockelskörner (Cocculi Indici, Fructus Cocculi) 77 Anatomie . . . . . . . . . . . . . 79 20. Opium und Mohnfrüchte . . . . . . 81 Anatomie der Fruchtschale des Mohns. .83 Mikroskopie des Opiums 85

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

VIII

Inhaltsverzeichnis. Seite

21. Jecquirity·Samen, Paternostersamen, Semen Abri precatorii Anatomie. . . . . . . . . . . 22. Cytisus Laburnum L., Goldregen . Anatomie der Samen . Anatomie der Blüten . Anatomie der Blätter . Giftige Leguminosen 23. Ruta graveolens L., Weinraute. Anatomie der Blätter. . . . . Anatomie der Blumenblätter . . Anatomie der Früchte und Samen

24. Crotonsamen, Purgierkörner

86 87

90 92 95 96

98 98 99 .100 .100 .100

Anatomie . .

.102

25. Rieinussamen

.103 .104 .106

Anatomie . .

26. Euphorbia Lathyris L., kreuzblätterige Wolfsmilch. Anatomie der Samen. . . .

27. Rbus toxieodendron Miehx., Giftsumach . . . . .

28.

29. 30.

31.

32.

33.

Anatomie der Blätter. . . . . . . . . . . . . . Giftige und ungiftige Sumach-Arten und Primulaceen Daphne Mezereum L., Kellerhlils, Seidelbast Anatomie der Früchte . . . . , . . Anatomie der Blätter. . . . . . . . . . . Anatomie des Stengels und der Rinde. . . . Daphne Laureola L., Immergrüner Seidelbast Anatomie der Blätter. . . . . . . Conium maeulatum L., der gefleckte Schierling Anatomie der Blätter. Anatomie des Stengels Anatomie der Wurzel. Anatomie der Früchte Cieuta virosa L., Wasserschierling Anatomie der Blätter. . . Anatomie des Wurzelstocks . Anatomie der Früchte Strychnossamen, Krähenaugen, Brechnüsse . Anatomie der Samen. . . . . . . . . . Anatomie der Strychnosrinde und Angosturarinde Nerium Oleander L., Oleanderbaum . Anatomie der Blätter. . . . . . . . . ,',' . . Hyoscyamin· bzw. atropinhaltige Solanaceen

.106

.106 .107 .108 .109 .110 .113 .113 .115 .115

.115 .118 .119 .120 .122

.127 .128 .129

.130 .131 .132 .136

.136 .137 .139

34. Atropa Belladonna L., Tollkirsche

.140

Anatomie der Blätter. . . . . . Anatomie der Früchte und Samen Anatomie der Wurzel. . . . . .

.141 .143 .145

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Inhaltsverzeichnis.

IX Seite

35. Hyoscyamns niger L., Schwarzes Bilsenkraut

36.

37. 38. 39.

Anatomie der Blätter. . . . . . . . Anatomie der Samen. . . . . . . . Datllra Strammonillm L., Stechapfel . Anatomie der Blätter. . . . . . . . Anatomie der Samen. . . . . . . . Solanum nigrum L., Schwarzer Nachtschatten Anatomie der Früchte und Samen . . . . . Solanum Dulcamara L., Bittersüßer Nachtschatten Anatomie der Früchte und Samen Tabak, Folia Nicotianae Anatomie der Blätter. . Asthmapräparate .

.148 .149 .149 .153 .153 .156 .158 .159 .160 .160 .162 .162

.163

40. Indischer Hanf, Cannabis sativa L .. .164 Anatomie des Krautes . . . . . . .164 41. Lobelia inllata L., Lobelienkraut . . .167 Anatomie der Blätter, Früchte und Samen .167 42. Digitalis pnrpnrea L., Roter Fingerhut .169 Anatomie der Blätter. . . . . . . .169 43. Gratiola officinalis L., Gnadenkraut .171 Anatomie der Blätter. . . . . . . .172 Anatomie der Früchte und Samen . .173 Anatomie des Stengels und Wurzelstocks . 174 44. Bryonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Giftrübe, Teufelskirsche . . . . . . . . . 175 Anatomie der Früchte . . . . . . . . . .176 Anatomie der Wurzel. . . . . . . . . . .179 45. Citrnllus Colocynthis Schrad., Coloquinte .182 Anatomie der Früchte . . . . . . . . . .183 46. Artemisia Cina Berg., Wurmsamen, Zittwersamen .186 Anatomie der Hüllkelchblätter. . . . '. . . .187 47. Tanacetnm yulgare L., Rainfarn, Wurmkraut .189 Anatomie der Blätter. . . .191

Register. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Allgemeine Vorbemerkungen. Die mikroskopische Untersuchung der Pflanzen und Drogen ist heute die Grundlage der modernen Pharmakognosie und ihre Anwendung setzt daher die allgemeinen Kenntnisse aus der Anatomie und Physiologie der Pflanzenwelt voraus. Da eine große Anzahl vortrefflicher Werke über dieses Gebiet vorhanden ist, aus welchen sich der in diesem Gebiete Unbewanderte zu informieren imstande ist (vgl. Literaturverzeichnis) würde eine mehr oder weniger ausführliche Wiederholung der allgemeinen Pflanzenanatomie in diesem Buche dasselbe unnötigerweise über Gebühr vergrößern, ohne dem Leser wesentlicheren Nutzen zu gewähren, als er durch das Studium jener Werke erlangen kann .. Ebenso muß bei einem Buche, welches sich an naturwissenschaftlich geschulte Leser richtet, die Kenntnis der gewöhnlichen Methoden der mikroskopischen Technik vorausgesetzt werden und so seien hier die für die pharmakognostische Untersuchung des Materiales anzuwendenden Methoden nur in kurzen Worten besprochen. Das Untersuchungsmateriale kann sehr verschiedener Art sein. Entweder handelt es sich um ein äußerlich noch wenig verändertes Materiale, z. B. eine Pflanze, von welcher der Vergiftete erwiesenermaßen genossen hat, oder bei dem Vergifteten aufgefundene oder von ihm als Ursache der Vergiftung bezeichnete Bestandteile einer Pflanze (Wurzeln, Blätter, Früchte etc.) , die wenigstens äußerlich noch als Pflanzenbestandteile diagnostiziert werden können, oder es ist ein Untersuchungsmateriale vorhanden, das äußerlich vollkommen unkenntlich ist, z. B. ein

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Allgemeine Vorbemerkungen.

XI

Pulver, . ein klein zerschnittenes Teegemisch oder endlich ein durch Sedimentierung aus dem Magen- oder Darminhalt gewonnenes Gemenge. In den allermeisten Fällen wird eine Bestimmung nach der in der botanischen Systematik üblichen Methode deshalb nicht möglich sein, weil hierzu die ganze Pflanze nötig ist, und so erweist sich die mikroskopische Untersuchung von Anfang an als der einzige Weg, der zum Ziele führt. Leider ist die anatomische Forschung heute noch nicht zu einer anatomischen Systematik gediehen, die mit derselben Genauigkeit arbeiten könnte, wie es die morphologische Systematik tut, und es setzt daher dIe Anwendung der mikroskopischen Methode bedeutend mehr an speziellen Kenntnissen und Erinnerungsbildern voraus als die systematische, nach welcher sich mit Hilfe eines analytischen Schlüssels selbst der Ungeübte bald zurechtfindet. Der Untersuchungsvorgang richtet sich natürlich ganz nach der Beschaffenheit des Materiales. Unveränderte oder nur grob zerschnittene Pflanzenteile können leicht bezüglich ihrer morphologischen Abstammung erkannt und an daraus hergestellten Schnitten bestimmt werden. Sehr schwierig ist im Verhältnisse zu dieser relativ einfachen Untersuchung die Diagnostizierung pulverförmiger oder macerierter EleJIlente, speziell wenn es sich um Gemenge handelt, wie sie sich ja z. B. im Magen und Darmtrakte eines Vergifteten mit den Teilen genossener Nahrungsmittel regelmäßig vorfinden. So ist für die Erforschung des aus dem Magen oder Darmtrakte gewonnenen Untersuchungsmateriales die Kenntnis der anatomischen Verhältnisse wenigstens der wichtigeren Nahrungspflanzen eine notwendige Vorbedingung, da hierdurch der Beobachter vor vielen Irrtümern bewahrt bleibt. Diese Kenntnis ist wohl bei Ärzten, die sich der Aufgabe, Stühle etc. zu untersuchen, häufig unterziehen müssen, ziemlich verbreitet und es existieren zudem einige sehr eingehende Handund Lehrbücher über diesen Gegenstand, von denen dasjenige von A.v. Vogl (vgl. Literaturverzeichnis) diesen Gegenstand besonders eingehend und erschöpfend behandelt. Die Präparation ist im allgemeinen sehr einfach und bedarf keiner umständlichen Vorbereitungen. Außer einem Mikroskop sind zur Präparation unbedingt nötig: Ein Rasiermesser, das wenigstens an der Unterseite flach geschliffen ist, zwei Präpariernadeln,

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

XII

Allgemeine Vorbemerkungen.

eine anatomische Pinzette mit gl at t e n Branchen, ein gröberes und ein feineres Skalpell und eine chirurgische Schere, daneben mehrere kleine Schälchen und Uhrgläser, die zum Aufbewahren de~ Schnitte, Färben etc. benutzt werden. Die Präparation besteht bei gut erhaltenem Materiale in der Anfertigung von Schnitten, eventuell von Macerationspräparaten. Frische Pflanzenteile werden gewöhnlich ohne weitere Vorbehandlung geschnitten, oder, wenn sie sehr hart sind, zuerst in warmem Wasser erweicht. Mit trockenen Pflanzenteilen geschieht das Erweichen, bestimmte Fälle ausgenommen, regelmäßig. Man klemmt die Pflanzenteile zwischen zwei Stückehen käuflichen Hollundermarks, oder bei härteren Objekten zwischen zwei Korkstöpsel (für sehr kleine Objekte (Samen etc.) empfiehlt sich Einbetten in Paraffin etc.) und fertigt dann durch ein ziehendes Schneiden möglichst feine Schnitte an. Hierzu verwendet man am besten das Rasiermesser. Ein Mikrotom ist allerdings für die Ausführung von Schnitten, besonders von Serienschnitten, ein sehr brauchbares Instrument, doch leistet das Rasiermesser, wenn man einmal die nötige Fertigkeit erlangt hat, ganz dieselben Dienste und i:;t sogar bei hartem Materiale dem Mikrotom vorzuziehen. Sehr weiche Objekte muß man vor dem Schneiden in absoluten Alkohol längere Zeit einlegen. Dasselbe gilt für Materiale, das in Wasser zu stark aufquellen oder sich sonstwie verändern könnte (Schleimgewebe etc.). Die erhaltenen Schnitte werden in Wasser oder Alkohol zur weiteren Untersuchung aufbewahrt. Man fertige sich stets eine größere Anzahl von Schnitten an. Bei Blättern und Blütenteilen geht man so vor, daß man das Blatt nach dem Aufweichen parallel zu den größeren Nerven in zirka 1 cm breite Lamellen schneidet, diese übereinander legt und nun das ganze Paket schneidet. Dadurch erhält man mit jedem Zuge des Messers gleich eine größere Anzahl von Schnitten, aus welchen man sich mit Hilfe der Lupe oder des Präpariermikroskops die besten leicht heraussuchen kann. Auch kleinere Stengel und Samen schneidet man am besten, indem man gleich mehrere nebeneinander einklemmt. Von Blättern sind besonders auch Flächenpräparate der Epidermis von Wichtigkeit für die Diagnose. Man fertigt diese an, indem man das auf-

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Allgemeine Vorbemerkungen.

XIII

geweichte Blatt über den Zeigefinger der linken Hand oder ein plattes Korkstückehen glatt spannt, es mit dem Mittelfinger und Daumen fest fixiert und nun parallel zur Oberfläche einen kleinen Schnitt ausführt, den man dann mit der Pinzette abhebt, wobei man, wenn man recht vorsichtig in der Richtung des Schnittes denselben vom Blatte abzieht, gewöhnlich eine größere Partie der Epidermis als feines, sich leicht zusammenrollendes Häutchen abhebt. Bei frischen Blättern, die man ohne Aufweichen schneidet, gelingt diese isolierte Präparation der Epidermis sehr leicht. Bei Blattfragmenten , die infolge ihrer Kleinheit die Ausführung von Flächenschnitten unmöglich machen, kann man bei Anwendung starker Aufhellungsmittel nach Erwärmen die Blattlamina in toto untersuchen und sieht auch dann, wenngleich etwas undeutlicher, die Epidermis im Flächenbilde. Rinden, Wnrzeln und Stengel beobachtet man an Quer- und Längsschnitten. Diese führt man in radialer Richtung von der Außenseite nach innen und in tangentialer Richtung parallel znr Oberfläche in verschiedenen Schichten aus. Erst die vergleichende Beobachtung aller drei Schnitte (Quer-, Radial- und Tangentialschnitt) gibt ein richtiges Bild von der Anatomie einer Rinde oder einer Wurzel. Früchte und Samen erfordern eine besondere Präparation, die sich ganz nach den speziellen Verhältnissen des Objektes richtet. Früchte mit sehr weichem saftigen Fruchtfleische muß man vor dem Schneiden in Alkohol härten. Die einzelnen, an Quer- und Längsschnitten leicht darstellbaren Schichten der Fruchtwand (Perikarp), Außenschicht (Epikarp), Mittelschicht (Mesokarp) und Innenschicht (Endokarp), müssen dnrch Tangentialschnitte , die man in der entsprechenden Region ausführt, auch zur Flächenansicht gebracht werden. Dasselbe gilt für Samen. Hier ist es außer den gewöhnlichen senkrecht zur Achse des Keimes bezw. Samens und parallel hierzu geführten Schnitten besonders wichtig, die einzelnen sich häufig leicht voneinander trennenden Schichten mit dem Messer oder der Pinzette isoliert znr Flächenansicht zu bringen. Den Eiweißkörper , sofern einer vorhanden ist, und den Keimling schneidet man gewöhnlich für sich, da er sich leicht von der Testa trennen läßt und zudem eine abweichende Behandlung in chemischer Hinsicht meist erfordert.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

XIV

Allgemeine Vorbemerkungen.

Zur Untersuchung sind folgende Reagenzien in Stiftfläschchen unbedingt erforderlich: 1. destilliertes Wasser; 2. absoluter Alkohol; 3 . .Äther; 4. conzentrierte Lösung von Kalimnhydroxyd in W asser (Kalilauge); 5.conzentrierte wässerige Lösung von Chloralhydrat (5 : 2 Aq. dest:); 6. Jodsolution (1 Teil Jodkalium, 1 Teil Jod, 100 Aq. dest.); 7. Jodglyzerin; 8. Chlorzinkjodlösung (Lösung von metallischem Zink in Salzsäure, eindampfen bis zur Sirupkonsistenz, darin Jodkalium bis zur Sättigung aufzulösen und der Lösung noch reines Jod zuzusetzen); 9. Eisenchloridlösung (Liquor ferri sesquichlorati 1: 5 Aq. dest.); 10. Oliven- oder Mandelöl; 11. Glyzerin; 12. chlorsaures Kalium in Substanz; 13. conzentrierte Schwefelsäure; 14. Salzsäure und 15. Salpetersäure. Färbemittel: 16. Cochenillelösung (fein gepulverte Cochenille wird mit zirka acht Teilen Wasser in der Eprouvette durchgeschüttelt und filtriert; um Zersetzung zu hindern, fügt man dem Filtrat einige Tropfen Karbolsäure zu, A. v. Vogl); 17. Cochenilleglyzerin (Mischung der Cochenillelösung mit Glyzerin); 18. Fuchsinlösung und Saffraninlösung (1: 100 Aq. desto oder Alkoh.); 19. Naphtylenblaulösung (0'1 N aphtylenblau, 400'0 Aq. dest., 100'0 Alkohol ab sol. ); 20. Phloroglucinlösung (1-5üfo mit Aq. desto od. Alkoh.); 21. Alkannatinktur (ausschütteln von Radix Alkannae mit conzentriertem Alkohol und filtrieren). Die Untersuchung der Schnitte erfolgt in der gewöhnlichen Weise, indem man hierzu dieselben auf den Objektträger in einen Tropfen des betreffenden Reagenz einlegt und mit dem Deckglase bedeckt. Grundsätzlich untersucht man jeden Schnitt zuerst in Wasser oder Glyzerin, um die Art der Zelleinschlüsse (Stärke, Chlorophyll, Fett, Harz etc.) festzustellen. Die Stärke kann man durch Zusatz einer Spur der Jodsolution (6) schön blau färben. In dem Wasserpräparate erzeugt man durch Zufließenlassen von Eisenchlorid eventuell die Reaktion auf Gerbsäuren (Blau- oder Grünfärbung). Zur Authellung der Schnitte verwendet man,' wenn dieselben nicht schon in Wasser deutlich ihre Struktur erkennen lassen, Kalilauge (4) oder Chloralhydrat (5), indem man je nach den speziellen Verhältnissen des Objektes oder Schnittes die conzentrierte Lösung verwendet oder diese auf dem Objektträger mit Wasser entsprechend verdünnt. Kalilauge bewirkt eine vollkommene Quellung und Lösung der Stärke, die ganz verschwindet, die Zellmembranen quellen

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Allgemeine Vorbemerkungen.

XV

oft sehr stark auf und werden durchsichtiger, Fette werden verseift. Das Chlorophyll nimmt eine grüngelbe bis bräunliche Farbe an, wobei die Körner selbst zerstört werden. Viele Farbstoffe in den Zellmembranen und im Inhalte werden gelöst, wodurch hauptsächlich die Schnitte gut durchsichtig werden. Es eignet sich daher Kalilauge hauptsächlich für Schnitte aus stark tingierten Objekten (Rinden, Samentesta, Früchte etc.), besonders wenn die Schnitte etwas dicker sind. Durch Erwärmen in diesem Reagenz wird. die Aufhellung noch stärker, doch quellen hierbei die meisten Zellen sehr stark und oft unregelmäßig auf (z. B. Bastfasern, Grundparenchym der Wurzeln etc.), was mitunter recht störend wirkt. Zum Vergleiche ist daher stets das Wasserpräparat heranzuziehen. Kalilauge ist auch sehr gut für Macerationspräparate (s. d.) verwendbar. Chloralhydrat bewirkt gleichfalls eine starke Aufhellung der Zellmembranen unter geringerer Quellung. Das Amylum wird vollkommen unsichtbar, wird aber, wenn man die Präparate hinterher mit Wasser auswäscht, wieder in gequollenem Zustande sichtbar. Vorteilhaft ist bei stärkehaltigen Schnitten auch die Verwendung einer Mischung von Chloralhydrat und Jod, wobei die Stärke unter Aufquellen sich blau färbt und die Schnitte zugleich gut aufgehellt werden. Durch Erwärmen wird die Aufhellung sehr befördert, bei zartwandigen Zellen oft so sehr, daß die Membranen fast unsichtbar werden. Chlorophyll wird vollkommen zerstört, ebenso sehr viele andere Farbstoffe der Zellen gelöst. Im allgemeinen wirkt bezüglich dieser aber Kalilauge stärker. Schichtungen und feinere Strukturverhältnisse werden durch Kalilauge deutlicher als durch Chloral. In vielen Fällen genügt zur Aufhellung das Einlegen der Schnitte in Glyzerin und nachheriges Erwärmen derselben. Das Erwärmen (zum Sieden) ist zur Entfernung der in vielen Zellen vorhandenen Luft überhaupt sehr häufig notwendig. Hierbei verquillt die Stärke auch in Wasser und Glyzerinpräparaten und es lösen sich einige Inhaltsstoffe. Die Zellwände verändern sich hierbei wenig mit Ausnahme schleimiger Membranen. Es empfiehlt sich, an stark lufthaltigen Schnitten die Entfernung der Luft zuerst durch Erwärmen in Wasser vorzunehmen und dann erst das Aufhellungsreagenz hinzuzufügen oder den Schnitt in dieses direkt einzulegen.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

XVI

Allgemeine Vorbemerkungen.

Die Luft kann bei subtileren Präparaten auch dadurch entfernt werden, daß man die Schnitte in Wasser etc. auf dem Objektträger ohne Deckglas unter den Rezipienten einer Luftpumpe bringt. Die Untersuchung in öl oder ganz reinem Glyzerin ist für solche Schnitte notwendig, in welchen man das Aleuron beobachten will, denn die Aleuronkörner zerfallen fast ausnahmslos schon auf Zusatz von Wasser. Diese Schnitte dürfen auch nicht aus in Wasser erweichten Objekten hergestellt werden. Die Kristalloide in.den Aleuronkörnern werden am deutlichsten durch Einlegen der Schnitte in Jodsolution oder Cochenillelösung. Durch absoluten Alkohol können die Aleuronkörner fixiert werden und vertragen dann gewöhnlich auch den Zusatz von Wasser oder wässeriger Farbstofflösungen. Von diesen ist außer Cochenille besonders Naphtylenblauglyzerin für Eiweißkörper , aber auch Fette etc. ein sehr gutes Färbemittel, indem es diese nach längerer Zeit violettrot färbt. Da die Zellmembranen zugleich blau werden, erhält man auf diese Weise durch ein und dasselbe Färbemittel sehr instruktive Doppelfarbungen. Färbungen sind in den meisten Fällen überhaupt von großem Yorteile, da sie die anatomischen Verhältnisse viel deutlicher hervortreten lassen. Von den derzeit in großer Menge käuflichen mikroskopischen Färbemitteln ist besonders das Fuchsin (18) neben den bereits erwähnten Farbstoffen gut brauchbar. Man färbt die Schnitte, indem man sie direkt in die sehr verdünnte Farbstofflösung legt und darauf mit Wasser auswäscht. Sind die Schnitte mit Kalilauge behandelt worden, so muß diese zuerst mit Essigsäure neutralisiert werden, worauf man noch das Präparat vor der Tinktion in Wasser. auswäscht. Alkannatinktur dient besonders zum Nachweise von fetten ölen, die sich dadurch intensiv rot färben, während die unverholzten Zellmembranen den Farbstoff nur schwach oder gar nicht annehmen. Zum Nachweise von Fetten kann auch Osmiumsäure verwendet werden, welche dieselben tiefbraun bis schwarz farbt. Dauerpräparate stellt man am besten mitte1st Glyzerin oder Glyzeringelatine dar. Nach einiger Zeit schließt man das Präparat mit einem der im Handel erhältlichen Einschlußmittel (Asphaltlack etc.) ein, worauf es sich jahrelang aufbewahren läßt.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Allgemeine Vorbemerkungen.

XVII

Mikrochemie. Die Mikrochemie ist heute bereits zu ziemlicher Bedeutung gelangt. Wenn ihr auch keineswegs bis jetit in diagnostischer Hinsicht eine sehr hervorragende Rolle zuzusprechen ist, so besitzt sie doch in Fragen physiologischer und anatomischer Natur großen Wert, ist 'also von eminent wissenschaftlichem Interesse. Sie ist in den hier zur Besprechung kommenden Fällen einerseits für die Untersuchung der chemischen Verhältnisse der Zellwände (Cellulose, Verholzung) etc., die oft diagnostisch von Bedeutung sind, wichtig, andererseits für den Nachweis von Alkaloiden, Glykosiden etc. im Zellinhalte verschiedener Gewebe unserer Giftpflanzen von Wert. Bezüglich des letzterwähnten Nachweises sind allerdings die gewonnenen Resultate - Niederschläge und Farbenreaktionen :..-. mit einiger Vorsicht zu beurteilen. Einerseits ist eine Reihe der für den Nachweis dieser Giftstoffe gültigen Reaktionen bei ihrer Anwendung- an pflanzlichen Objekten nicht allein für diese beweisend, da viele darin vorhandene Stoffe anderer chemischer Natur, ähnliche Reaktionen geben können (z. B. Eiweißkörper), andererseits sind die Giftpflanzen in ihrem Giftgehalte überhaupt schwankend, indem diesbezüglich Standort, Kultur und Entwicklungsperiode der Pflanzen eine wichtige Rolle spielen. Pflanzenteile, die längere Zeit bereits im Darmtrakte eines damit vergifteten Organismus geweilt haben, sind natiirlich ihres Gehaltes an Giftstoffen größtenteils beraubt, so daß die Ausführung mikrochemischer Reaktionen schon im vorhinein wenig Aussicht auf Erfolg gibt. Dasselbe gilt für solche, aus denen irgend ein Präparat, Infusum, Tinktur etc. hergestellt wurde. Zur Prüfung mikrochemischer Reaktionen ist daher ein Material zu verwenden, welches keine Veränderungen chemischer Natur erlitten hat und möglichst frisch ist. Auch das Aufweichen' der Pflanzenteile ist für diesen Zweck nicht zu empfehlen und man schneidet diese am besten trocken. Die Schnitte werden direkt in das betreffende Reagenz eingelegt. Um ähnliche Reaktionen ungiftiger Pflanzenstoffe auszuscheiden, empfiehlt es sich auch nach dem Vorschlage von Errera mit den Reaktionen der direkt mit dem Reagenz untersuchten Schnitte 130lche zu vergleichen, die man mit Schnitten ausfuhrt, denen das Alkaloid entzogen wurde. Mitlacher, Toxikologisch oder forensisch wichtjge Pflanzen etc.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

b

Digitale Bibliothek Braunschweig

XYIll

Allgemeine Y orbemerkungen.

Die ersteren werden mit +, die letzteren mit - bezeichnet. Man stellt - Schnitte dar, indem man diese bis zwei Tage lang in mit Weinsäure angesäuerten Alkohol (1 : 20) legt und hierauf einen Tag in Wasser läßt, um den Alkohol und die überschüssige Säure wieder zu entfernen. Der Vergleich der mit demselben Reagenz behandelten + und - Schnitte lehrt dann, ob die Reaktion allein dem Alkaloid oder auch anderen Stoffen zuzuschreiben ist. Die Reagenzien für die mikrochemische Untersuchung auf Alkaloide etc. sind dieselben wie bei der gewöhnlichen chemischen, so daß ich sie hier nur kurz nach den Werke von Schmidt anführe, das ja den auf toxikologischen Gebieten Arbeitenden ohnehin bekannt ist: 1. Phosphormolybdänsäure, 2. Phosphorwolframsäure, 3. Jodjodkaliumlösung (5Jod, 10 Jodkali, 100 Wasser), 4. Gerbsäurelösung (1 Gallusgerbsäure, 8 Wasser, 1 Alkohol, frisch bereitet), 5. Wismutjodidjodkalium, 6. Quecksilberjodidjodkalium, 7. Kaliumcadmiumjodidlösung, 8. Pikrinsäurelösung (1 : 100), 9. Platinchloridlösung (1: 20), 10. Goldchloridlösung (1: 20), 11. Quecksilberchloridlösung (1: 20), 12. Fröhdes Reagenz (conzentrierte reine Schwefelsäure, in jedem Kubikzentimeter 0'01 g molybdänsaures Ammonium oder Natrium enthaltend), 13. Mandelins Reagenz (1 vanadinsaures Ammonium in 200 Teilen reiner Schwefelsäure vom spez. Gew. 1·840, frisch bereitet), 14. Erdmanns Reagenz (10 Tropfen sehr verdünnter Salpetersäure auf 20 g reiner conzentrierter Schwefelsäure) u. a. Die Herstellung von 1, 2, 5, 6, 0 vgl. Schmidt. Sehr empfehlenswert ist der Vorschlag von H. Barth, mikrochemische Reagenzien in Dampfform auf die Schnitte einwirken zu lassen, da hierdurch besonders die Lösung gebildeter Niederschläge in Wasser hintangehalten wird. Dies gilt besonders für die mit den Halogenen Jod, Brom, Chlor, sowie Salzsäure und Salpetersäure erhaltenen kristallinischen Niederschläge. Jod verwendet man hierbei nach der Vorschrift des genannten Autors, indem man einige Gramm festes Jod auf den Boden eines kleinen Exsikkators bringt, darauf eine einige Zentimeter hohe Schicht Sand streut, um das zu rasche Verdunsten des Jods zu hindern, und auf den oberen Teil des Exsikkators die auf dem Objektträger liegenden Schnitte gibt.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Allgemeine Vorbemerkungen.

XIX

N ach mehreren Stunden werden die Schnitte in weißem Paraffinöl untersucht. Brom und Chlor können in Form von Brom- und Chlorkalk verwendet werden. Bei Verwendung von Salz und Salpetersäure ist darauf zu achten, daß leicht Wasser mit verdunstet, daher man gut tllt, die Schnitte vor dem Einschließen in Paraffine)! längere Zeit über Schwefelsäure in einem Ex~;ikkator auszutrocknen. Die diagnostisch wichtigen Reaktionen der Zellwand sind in kurzem folgende: Cellulose färbt sich mit Chlorzinkjod oder Jod und Schwefelsäure unter gleichzeitiger Destruktion der Zellwand violettblau. In den meisten Fällen gelingt die Reaktion erst, nachdem man vorher den Schnitt mit Kalilauge behandelt hat, welche durch Essigsäure hinterher zu neutralisieren ist. Verholzte Zellwände färbe~l f'ich mit Phloroglucin und Salzsäure rot, mit Anilinsulfat gelb, ebenso auch gelb mit Kalilauge. Farbstoffe werden von verholzten Membranen viel stärker aufgenommen als von unverholzten. Chlorzinkjod und Jodschwefelsäure färben das Holz gelb bis braun. Verholzte :Membranen sind übrigens auch gewöhnlich de natura gelb gefärbt. Verkorkte Zellwände sind besonders resistent gegen Mineralsäuren, durch Chlorzinkjod oder Jod-Schwefelsäure färben sie sich bräunlich, mit Kalilauge gelb; beim Kochen damit treten in der Membran kleine Körnchen auf. Während im Schulzeschem Macerate die verholzten Membranen gut erhalten bleiben, werden verkorkte zu kugeligen Gebilden aufgelöst. Die Pulveruntersuchung bedient sich derselben Methoden wie die der Schnitte. Man untersucht das Präparat in Wasser und iu einem der Aufhellungsreagentien. Die Suspendierung in Öl ist zur Cntersuchung von Aleuron notwendig. Indem man am Rande des Deckglases zum Präparate Glyzerin zufließen läßt, kann man es für eine längere Autbewahrung tauglich machen. Für fein zerschnittene Drogen sowie auch zum Studium der einzelnen Zellen in toto ist die Anwendung des :\1 ace rat ion s verfahrens sehr förderlich. Die Maceration nach Schulze wird so ausgeführt, daß man ein Stückehen der Droge mit einer annähernd gleich großen Menge VOll chlorsaurem Kali in einer Eprouvette mit konzentrierter Salpetersäure kocht und hierauf die macerierten Teilchen in einem Schälchen mit vVasser oder Alkohol auswäscht. b'~

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

xx

Allgemeine Vorbemerkungen.

Es wird hierdurch die Verbindung zwischen den einzelnen Zellen gelöst oder mindestens gelockert und man kann durch Zerdrücken eines solchen macerierten Pflanzenteiles mit dem Deckglase oder Zerzupfen mit der Nadel die einzelnen Zellen isoliert beobachten. Das Gewebe wird vollkommen entfärbt und die Zellformen werden hierdurch oft undeutlich. Man kann aber durch Zusatz eines Farbstoffes auch die isolierten Zellen ganz gut färben . .Eine zweite Art der Maceration ist die mit Kalilauge, indem man die Objekte in Kalilauge 24 Stunden liegen läßt oder mit derselben zum Kochen erhitzt und dann zerzupft. Die Gewebselemente quellen hierbei oft sehr stark und ungleich auf, was ein Nachteil dieser Methode ist, doch bleiben die Pigmente größtenteils in den Zellen erhalten. Oxalsaurer Kalk wird durch die Schulzesche Maceration vollkommen zerstört; durch das intensive Kochen in Kalilauge zerfallen die Kristalle in einen körnigen Detritus. Schließlich ist Chromsäure ein gutes Macerationsmittel, besonders für verholzte Gewebe. Das Studium macerierter Präparate durch Anwendung einer dieser Methoden ist gerade für die hier besprochenen Pflanzenteile von großer Bedeutung, da das aus dem Darm- oder Mageninhalte erhaltene Untersuchungsmateriale gewöhnlich durch die Verdauungstätigkeit stark verquollen oder maceriert ist, daher Macerationspräparate die größte Ähnlichkeit mit diesen Objekten besitzen. Die Veränderungen, welche Pflanzenteile im Darmtrakte erleiden, sind gewöhnlich nicht so weitgehend, daß die Struktur der Gewebe hierdurch sehr verschwommen würde. Sklerosierte Teile, z. B. viele Samen und Früchte, bleiben gewöhnlich so gut erhalten, daß man Schnitte aus ihnen anfertigen kann. Die Stärke verquillt sehr stark, doch kann man meistens die Form der Stärkekörner wenigstens an einigen derselben ganz gut erkennen. Am raschesten verlieren sich leicht zersetzliche Inhaltskörper wie Aleuron, Fett, Chlorophyll etc. Der oxalsaure Kalk bleibt gut erhalten. Auf Zusatz von Schwefelsäure bilden sich aus den Oxalatkristallen lange Nadeln von schwefelsaurem Calcium, was differentialdiagnostisch bezüglich anderer im Stuhl vorkommender Kristallbildungen mauchmal von Wichtigkeit ist.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Literatur. 1. Pilzkunde. v. Ahles: Allgemein verbreitete eßbare und schädliche Pilze. EßIingen bei Stuttgart 1896. C. A. Fr. Harzer: Naturgetreue Abbildungen der vorzüglichsten eßbaren, giftigen und verdächtigen Schwämme. Dresden 1842. J. V. Krombholz: Naturgetreue Abbildungen und Beschreibungen der eßbaren, schädlichen und verdächtigen Schwämme. Prag 1831. O. H. Lenz: Nützliche, schädliche und verdächtige Pilze. 7. Aufl., bearb. von Dr. Otto Wünsche. Gotha 1890. F. W. Lorinser: Die wichtigsten eßbaren, verdächtigen und giftigen Schwämme. Wien. A. E. Vogl: Die gewöhnlichen eßbaren Pilze (sogenanuten Schwämme). Zeitschr. f. Nahrungsmittelunters., Hygiene u. Warenkunde, 1896, Nr. 1.

2. Allgemeine und spezielle Botanik. Brandt, Phoebus und Ratzeburg: Abbildung und Beschreibung der in Deutschland wildwachsenden und in Gärten ausdauernden Giftgewächse. Berlin 1838. G.Dragendorjf: Die Heilpflanzen der verschiedenen Völker und Zeiten. Stuttgart 1898. K. Giesenhagen: Lehrbuch der .Botanik. Stuttgart 1903, 3. Aufl. V. F. Kosteletzky: Allgemeine medizinisch - pharmazeutische Flora. Mannheim 1831. C. Müller: Medizinalftora. Berlin 1890. Neilreick: Flora von Niederösterreich. Wien 1859. R. SchimPfky: Deutschlands Giftgewächse in Wort und Bild. Gera-Untermhaus 1893. E. Strassburger, Schenk und Schimper: Lehrbuch der Botanik. Jena 1894. E. Strussburger: Das botanische Praktikum. 3. Aufl. Jena 1897. Thome: Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz in Wort und Bild. 4 Bde. Gera-Untermhaus 1893.

NOll,

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

XXII

Literatur.

3. Pflanzenanatomie, Pharmakognosie und Nahrungsmittelkunde. A. Flückiger: Pharmakognosie des Pflanzenreiches. Berlin 189l. A. Flückiger and H. Hanbury: Pharmacographia, a history of the principal drugs of vegetable origin. London 1879. v. Ledden Hülsebosch: Über die mikroskopische Untersuchung der Exkremente. Pharm. Weekbl., 1897, Nr. 14. A. Meyer: Wissenschaftliche Drogenkunde. Berlin 189l. J. Möller: Lehrbuch der Pharmakognosie. Wien 1889. J. Möller: Leitfaden zu mikroskopisch-pharmakognostischen Übungen für Studierende und zum Selbstunterrichte. Wien 1901. J. Möller: Über die forensische Bedeutung der Exkremente. Wiener klin. Rundschau, 1897, Nr.1l. J. Möller: Die Vegetabilien im menschlichen Kote. Zeitsehr. f. Biologie, 1898, Bd. XXXV, S. 29l. H. Solereder: Systematische Anatomie der Dicotyledonen. Stuttgart 1889. A. Tschirch: Angewandte Pflanzenanatomie. Wien-Leipzig 1889. A. Tschirch und O. Österle: Anatomischer Atlas der Pharmakognosie und Nahrungsmittelkunde. -Leipzig 1900. A. E. YogI: Pharmakognosie. Separatausgabe des 2. Bandes des Kommentars zur österr. Pharmakopoe, Wien 1892 (mit einem allgemeinen Teile, betreffend die mikroskopische Untersuchungsmethode und allgemeine Pflanzenanatomie). A. E. Yogl: Anatomischer Atlas zur Pharmakognosie. Wien 1887. A. E. Vogl: Die wichtigsten vegetabilischen Nahrungs- und Genußmittel, mit besonderer Berücksichtigung der mikroskopischen Untersuchung. Wien·Berlin 1899. J. Wiesner: Anatomie und Physiologie der Pflanzen. 4. Auf!. Wien 1898.

4. Chemie, Pharmakologie und Toxikologie. H. Beckurts (früher Wiggers und Husemann, dann Dragendorff): Jahresbericht über die Fortschritte der Pharmakognosie, Pharmazie und Toxikologie. Göttingen 1864-1902. G. Dragendorff: Die gerichtlich-chemische Ermittlung von Giften. Göttingen 1895. A. Falck: Lehrbuch der praktischen Toxikologie. Stuttgart 1880. E. Geissier und J. Möller: Real-Enzyklopädie d. ges. Pharmazie. Wien-Leipzig 1886-1891 (erscheint gegenwärtig in neuer Auflage). J. Fr. Gmelin: Allgemeine Geschichte der Pflanzengifte. Nürnberg 1777. E. v. Hofmann: Lehrbuch der gerichtlichen Medizin. 5. Aufl., Wien 1891. A. und Th. Husemann: Die Pflanzenstoffe in chem., physiolog., pharmakolog. und toxikolog. Hinsicht. Berlin 1871. R. Kobert: Lehrbuch der Intoxikationen. Stuttgart 1893 (1. Band in 2. Au1I. 1902). E. Ludwig: Medizinische Chemie in Anwendung auf gerichtliche Untersuchungen. 2. Aufl., Wien 1895. M. J. B. Orfila: Traite des poisons tires des regnes mineral., vegetab. et animal. ou toxicologie generale. 5. Aufl., Paris 1852 (übersetzt von G. Krupp: Lehrbuch der Toxikologie von M. Orfila); E. Schmidt: Ausführliches Lehrbuch der pharmazeut. Chemie. 4. Aufl., Braunschweig 1901. K. ehr. Schmidt: Jahrbücher der in- und ausländischen gesamten Medizin. 1834-1902 (gegenwärtig redigiert von Möbius und Dippe).

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Literatur.

XXIII

A. E. Vogl: Bernatzik- Vogls Lehrbuch der Arzneimittellehre , mit besonderer Berücksichtigung der österreichischen und deutschen Pharmakopoe. 3. Auß.., Wien-Berlin 1900. K. Wibmer: Die Wirkung der Arzneimittel und Gifte. München 1831.

5. Mikrochemie. H. Barth: Studien über den mikrochemischen Nachweis von Alkaloiden in pharmazeutisch verwendeten Drogen. Dissert. (Zürich), Cassel 1898. L. Braemer: De la localisation des principes actives des Cucurbitacees. Toulouse 1893. Marten Elfstrand: Studier öfver Alkaloidernas Localisation företrödes vis inom familijen Loga'niaceae. Upsala, Universitets Arsskrift 1895. Errera, Maistriau und Clautriau: Premieres recherehes sur la localisation et la signification des alcaloides dans les plantes. BuH. de la societe royale de Pharmacie, BruxeHes 1887, pag. 144. A. Goris: Recherches microchimiques sur quelques GIucosides et quelques tanins vegetaux. Paris 1903. F. Jadin: Du siege des principes medicamentaux dans les vegetaux. Paris 1894. P. C. Plugge: Overzicht van de wisselende chemische Samenstelling en pharmacodynamische Waarde van eenige belangrijke Geneesmiddeln. Amster. dam 1885.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

I. Kryptogame Pflanzen. Fungi (Pilze).

1. Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum. Das Dauermycelium oder Sklerotium des in der Blüte mehrerer Gramineen, besonders des Roggens (Secale cereale), seltener d~s Weizens (Triticum) und der Gerste (Hordeum) u. a. sich entwIckelnden Pilzes Claviceps purpurea Tulasne, aus der Familie der Pyrenomyceten. Der Pilz macht drei Entwicklungsstadien durch, von welchen das erste früher als selbständiger Pilz - Sphacelia segetum - beschrieben wurde und ~ur Entstehung der unter dem Namen Roggen-Honigtau bekannten eigentümhchen Erscheinung erkrankter Roggenpfianzen Veranlassung gibt. . Aus diesem ersten Entwicklungsstadium geht allmählich ein zur ÜberWInternng taugliches Sklerotium oder Dauermycelium - das Mutterkorn - hervor, aus welchem sich schließlich die Fruchtträger des Pilzes entwickeln.

. Der Pilz ist gewöhnlich stabfönnig, stumpf dreikantig oder Yierkantig mit etwas verschmälerten Enden, von 1·5-2·5 Gm Länge und 3-5 mm Dicke, in der Regel gerade, mitunter schwach gebogen. ~ seiner Außenseite finden sich manchmal flache Längsfurchen, I~ übrigen ist er glatt. Seine Farbe ist schwärzlich-violett, im ffl~chen Zustande etwas weißlich bereift, hingegen ist er im Innern weIß, von derbfleischiger Konsistenz, der Bruch eben. An frisch g.esammelten oder sorgfältig aufbewahrten Pilzkörpern befindet SIch an einem Ende mitunter ein kleiner, bräunlich gefärbter, geschrumpfter Anhang - das sogenannte Mützchen - , der Rest der Vom Dauermycelium verdrängten Sphacelia. . Frisch riecht das Mutterkorn pilzartig , längere Zeit aufbewahrt, unangenehm nach Trimethylamin. Dieser Geruch tritt auch auf Zusatz von Kalilauge auf. Geschmack anfangs süßlich, dann scharf. . An a tomi sch besteht der ganze Pilz aus einem allenthalben gleIchförmigen sogenannten Scheinparenchym. Die sein Gewebe z~sa~mensetzenden Hyphen besitzen eine sehr unregelmäßige Form; SIe Sllld am Querschnitte fast kreisrund, am Längsschnitte meist nur ~ehr ,;enig gestreckt und sehr dicht aneinander gelagert, so daß as PIlzgewebe dem Parenchym einer höheren Pflanze (z. B. dem Mitlacher, Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

1

Digitale Bibliothek Braunschweig

2

Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum.

Gewebe des Keimlings unserer Cerealien) sehr ähnlich erscheint (Fig. 1 u. 2). Der Mangel einer Zwischensubstanz (Primärmembran) zwischen den einzelnen Zellen läßt aber leicht den Unterschied erkennen. Die Randpartien dieses Gewebes unterscheiden sich von dem übrigen Teile dadurch, daß hier die Hyphenzellen mit einem formlosen, braunvioletten Farbstoff tingiert sind, dem Sklererythrin, das sich in säurehaltigem Alkohol mit blutroter Farbe löst. Kalilauge löst es rein violett. Die übrigen Zellen des Scheinparenchyms enthalten reichlich farbloses Fett, das bei Behandlung mit Äther und Alkohol sich löst. Fig.1.

Secale cornutum. Partie des Querschnittes mit Äther behandelt. r die äußerste, das rote Pigment führende rindenartige GewebRBchicht. (A. E. VoglJ

Fig.2.

Secale cornutum. Partie des Längsschnittes mit Ather behandelt. r wie 1!'ig. 1. (A. E. VoglJ

Die mikroskopische Erkennung selbst der kleinsten Frag~ mente des Pilzes, wie sie sich z. B. in feinen Mehlen vorfinden, ist· an dem ungemein charakteristischen Scheinparenchym stets mit voller Sicherheit ausführbar. Besonders typisch sind die gefärbten Randpartien , deren }1-'ragmente man an gröberen Mehlen selbst makroskopisch mit der Nadel aus der plattgedrückten Mehlprobe heraussuchen kann. Zu Verwechslungen könnte bei Untersuchung des Mehles auf Mutterkorn höchstens das Gewebe des Keimlings der Cerealienfrüchte Anlaß geben, dessen Zellen ungefahr den gleichen Durchmesser wie die des Mutterkorns besitzen.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum.

.

Die Zeilen desselben sind schärfer polyedrisch, regelmäßig Längsreihen angeordnet und mit Plasma erfüllt. Auch findet man stellenweise sehr feine Gefäßbündel im Keimling vor, welche dem Pilzgewebe vollkommen fehlen. Anfänger in der mikroskopischen Technik verwechseln auch ~äufig wie ich oft beobachten' konnte - enge aneinander hegende, durch Chloral nur halb verquollene Stärkekörner der Cerealien (die Kleinkörner) mit den runden Fettropfen, die sich In den Hyphen des Mutterkorns vorfinden. Zusatz von Jod klärt diesen Irrtum sofort auf, da im Mutterkorn auch nicht die Spur von Stärke sich vorfindet. ' Präparation. Schnitte, untersucht man am besten in Glycerin oder Chloralhydrat, nachdem man das Fett durch Lösung mit Äther-Alkohol entfernt hat. Der fettige Inhalt färbt sich mit Alkannatinktur intensiv rot, mit Methylenblau blau und mit Naphtylenblau violett. Die Membranen können durch Safranin oder Fuchsin gefärbt werden. Zur Untersuchung des Pulvers verwendet man mit Vorteil eine Lösung von Chloralhydrat, durch welches beim Erwärmen gleichfalls das Gewebe deutlich hervortritt. Für die Auffindung von Mutterkornfragmenten im Mehle empfiehlt sich die von A. v. Vogl*) angegebene Methode der UnterSuchung eines :Mehles auf Kleienbestandteile. "In einem Glasschälchen werden zirka 2 9 des Mehles mit alkoholischer Naphtylenblaulösung**) mit Hilfe eines Glasstabes gemischt und nach einigem Stehen mit diesem oder einem Haarpinsel möglichst gleichmäßig auf einem Objektträger aufgestrichen, eintrocknen gelassen und sodann unter einem Tropfen Sassafrasöles (oder eines analogen ätherischen Öles, oder von Kreosot, Guajakol etc.) mikroskopiert. " Hierbei treten die stark gefärbten Membranen deutlich hervor. Für die Untersuchung speziell auf Mutterkorn empfiehlt A. v. Vogl die Anwendung einer Lösung von Methylenblau an Stelle des Naphtylenblaus. Der mikroskopischen Untersuchung läßt man - soweit es sich um ein Mehl handelt - mit Vorteil die gleichfalls von VO,ql***) angegebene Vorpro be mit S alzsäureWeingeist vorangehen. . . Es werden zirka 2 9 des Mehles in einer Eprouvette mit ZIrka 10 eem eines 70 0/ oigen Weingeistes, dem 5% Salzsäure beig~mengt sind, kräftig durchgeschüttelt (eventuell unter Erwärmen). HIerauf läßt man die Flüssigkeit absetzen und beobachtet die li'arbe der überstehenden Flüssigkeit im reflektierten Lichte. . Bei ganz reinem Mehle bleibt die Flüssigkeit farblos oder WIrd höchstens gelb bis gelbrötlich, während sie bei Anwesenheit In

*) Nahrungsmittel, pag.17. **) 0'1 Naphtylenblau, 100'0 Alcoh. absol., 400'0 Aq. desto ***) Vogl, I. c. pag. 24. 1*

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

4

Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum.

von gewissen Verunreinigungen - den Samen oder Früchten der Ausreutet ~ eine charakteristische Färbung annimmt. Die Anwesenheit von Mutterkorn verrät sich hierbei durch eine fleischrote bis blutrote Farbe. Dieser Vorprobe kommt aber, wie auch Vogl erwähnt, nur die Bedeutung einer allgemeinen Orientierung zu, ob das Mehl iiberhaupt in einigermaßen größerer Menge Ausreuterbestandteile enthält. Auch die Testa der Wicken enthält einen Farbstoff, der bei dieser Behandlung die Flüssigkeit rot färbt. Man wird daher aus dem positiven Ausfall dieser Vorprobe nicht allein auf Mutterkorn schließen dürfen, sondern nur zu dem mehr allgemeinen Schlusse berechtigt sein, daß das Mehl überhaupt Ausreuterbestandteile und darunter wahrscheinlich auch Mutterkorn enthält, dessen Anwesenheit mit voller Sicherheit nur mikroskopisch festzustellen ist. In praxi findet man auch neben Mutterkorn fast regelmäßig andere Verunreinigungen (Rade, Taumellolch, Wicke etc.) vor, wie sie sich eben aus der mangelhaften Reinigung des Getreides von Ausreutern erklären lassen. Als giftige Bestandteile des Mutterkorns müssen die von Kobert als Sphacelinsäure und als Cornutin bezeichneten Substanzen bezw. das Ergotinin Tanrets angesehen werden. Jacobj (1896) nennt als wirksamen Bestandteil das Sphacelotoxin. Von übrigen chemischen Bestandteilen ist insbesondere Fett (zirka 30%) zu erwähnen, Mykose, Ergosterin und der oben erwähnte Farbstoff Sklererythrin. Mutterkorn gehört zu den wichtigsten Giftpflanzen, da durch dasselbe einerseits der chronische Ergotismus, die Kriebelkrankheit und Brandseuche hervorgerufen werden kann, andrerseits der Pilz im Volke als Abortivum zu verbrecherischen Zwecken häufig benutzt wird. Die Kriebelkrankheit, deren epidemisches Auftreten in Zeiten von Mißwachstum besonders in früheren Jahrhunderten eine große Gefahr für die Menschheit bedeutete, ist gegenwärtig durch die in den meisten Kulturstaaten gesetzlich eingeführten Vorschriften über die Reinigung des Getreides vor dem Vermahlen sehr eingeschränkt worden und tritt jetzt wohl nur niehr selten auf. Doch konnte noch im Jahre 1896 ein geringes epidemisches Auftreten derselben in Galizien beobachtet werden. *) Hingegen sind die akuten Vergiftungen durch Verwendung des Pilzes als Abortivum auch gegenwärtig von großer forensischer Wichtigkeit, wenn auch die Literatur hierüber nicht groß ist. *) Vogl i~ Eul~nburg8 E~zyklopädie.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Giftpilze.

2. Giftpilze. Unter den Vergiftungen durch Pflanzen nehmen die, welche auf Genuß giftiger Pilze (sogenannter Schwämme) entstehen, sowohl durch ihr sehr häufiges Auftreten, als durch die Schwere ihres Verlaufs eine besondere: Stellung ein. Größtenteils beruhen die Vergiftungen auf Venvechslung von eßbaren Pilzen mit ihnen nahe verwandten Giftpilzen, die um so leichter möglich ist, als die botanischen Unterschiede vielfach so subtiler Art sind, daß ihre Differenzierung nur sehr schwer zumal für den Laien: - möglich ist. . Insbesondere ist es aber, wie Vogl *) hervorhebt, ganz unmöglich, getrocknete und zerschnittene oder geschälte Pilze mit Sicherheit in ihrer Art festzustellen, und wir besitzen leider auch gegenwärtig noch keine anatomischen Methoden, um solche Untersuchungen durch das Mikroskop zu einem sicheren unzweifelhaften Resultat zu führen, indem das Gewebe der Pilze ungemein gleichförmig zusammengesetzt ist. Die wichtigsten, für die mikroskopische Beobachtung tauglichen Momente liegen jedenfalls in der Ausbildung des Hymeniums (blätterförmig, leistenförmig, strahlig, stachelig) und der Sporen, doch sind die Charakteristika dieser Gewebs- und Zellformen höchstens für die Erkennung der Familie brauchbar, hingegen selten für die Differenzierung zweier nahe verwandter giftiger und ungiftiger Arten. Man kann also die Art eines Pilzes in toxikologischen Fällen gewöhnlich mit Sicherheit nur dann bestimmen, wenn der Pilz in toto zur Untersuchung vorliegt. Zur allgemeinen Orientierung führe ich hier die von Vogl in seinem Werke über die wichtigsten vegetabilischen Nahrungsmittel pag. 218 angeführten Unterscheidungsmerkmale mit Erlaubnis des Verfassers an: Tabellarische Übersicht. I. Hautpilze. Hymenomycetes. A. Fruchtkörper ein meist deutlich gestielter Hut. a) An der Unterseite des Hutes strahlig gestellte Blätter (Lamellen) oder Falten. Blätterpilze, Agaricini. c

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

106

,Euphorbia Lathyris I", Kreuzblättrige Wolfsmilch.

Da Wasser das Aleuron zerstört, ist zur Untersuchung des Eiweißkörpers Öl oder wasserfreies Glycerin zu verwenden. Die Kristalloide sind hiebei sehr undeutlich zu sehen. Sie werden deutlicher durch Erwärmen des Glycerinpräparates oder durch Färbung mit frisch bereiteter Lösung von Cochenille in Wasser. Die Kalkoxalatdrusen sowie die Zellgrenzen des Endosperms nimmt man am besten an mit Chloral oder Kalilauge schwach erwärmten Schnitten wahr. In derselben Weise sind auch die Samen VOll Croton Tiglium zu präparieren. Einen ähnlichen Bau wie die beschriebenen Samen von Croton und Ricinus zeigen die Samen von 26. Euphorbia Lathyris L., Semina Cataputiae minoris, Kreuzblättrige Wolfsmilch (Tithymalus Lathyris Scop.). Diese sind ebenfalls giftig gleich den verwandten Euphorbia-(Tithymalus-)Arten, z. B. E. Cyparissias L.,E. Helioscopia L., E. Peplus L., E. Esula L. usw., die bei uns großenteils yerbreitete bekannte Unkräuter sind. Verwendet wird von diesen Wolfsmilch arten hauptsächlich das einen Milchsaft enthaltende Kraut, entweder äußerlich in Kataplasmenform oder innerlich als Diureticum etc. Die Samen von Croton Tiglium sind auch mitunter als Semina Cataputiae minoris in der Literatur bezeichnet worden. Sie sind eiförmig, zirka 1/2 em lang, bräunlich, matt, runzelig, am schmäleren oberen Pole mit einer knopfigen bräunlichen Samenschwiele versehen. Von dem an dieser Stelle befindlichen Nabel läuft ein etwas eingesenkter schmaler Naheistreifen zum unteren hreiteren Pole des Samens. Mikroskopisch ist difI"erentialdiagnostisch gegenüber Croton und Ricinus die Form der Epidermiszellen von Bedeutung. Sie sind derbwandig, gerundet polygonal, deutlich papillös, mit farblosen Wänden und einem formlosen gelbhraunen Inhalte versehen. Die übrigen Schichten sind analog denjenigen der erwähnten Samen. Die innere Samenhaut enthält gleich dem Eiweißkörper kein c Kristallbildungen von Kalkoxalat. Das Aleuron ist sehr kleinkörnig (D.=4-5 [J.). 27. Rhus toxicodendron llIichx., Giftsumach. Ein kleiner Baum oder klimmender Strauch aus der Familie der Anacardiaceae, einheimisch in Nordamerika, bei Ims öfters kultiviert, manchmal verwildert vorkommend. Vergiftung'en sind durch die Blätter und Beeren der Pflanze, welche die scharf reizende 'l'oxicodendronsä ure O"laiseh 1865) enthalten, besonders an Haustieren, aber auch an Menschen beobachtet worden.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Rhus toxicodendron Michx., Giftsumach.

107

Insbesondere entsteht beim Einsammeln der Blätter an den Händen der betreffenden Personen leicht eine schmerzhafte Hautentzündung, beim Genusse eine heftige Gastroenteritis. Die Blätter sind langgestielt und dreizählig, die seitlichen zwei Blättchen sehr kurz, das mittlere lang gestielt, spitz oder zugespitzt eiförmig, an der Basis rasch zusammengezogen, zirka 10 cm lang, die Nervatur unterseits stärker hervortretend, einnervig, die Sekundärnerven deutlich bogenläufig ; die Tertiärnerven anastomosieren nicht mit den gegenüberliegenden benachbarten Sekundärnerven. Nach der Gestalt des Blattrandes unterscheidet man nach Michaux zwei Varietäten: ~) vulgare, ganzrandig und kahl, ß) quercifolium mit kerbig gezähntem bis buchtigem Blattrande und flaumig behaarter Blattunterseite. Die Oberseite ist bei beiden Varietäten kahl und etwas glänzend dunkelgrün. Die Blätter besitzen einen schwach zusammenziehenden Geschmack und sind geruchlos. Anatomie der Blätter. Die Epidermis der Oberseite besteht aus in der Fläche wellig begrenzten, unters e i t saus zirka halb so weiten buchtig polygonalen Tafelzellen. Spaltöflhungen CL. = 25 (1-, Br. = 17 1'.) nur unterseits , ohne Nebenzellen. Die Behaarung, welche, ",ie oben bemerkt, nach der Varietät quantitativ verschieden ist, besteht auS Drüsenhaaren und Deckhaaren. Diese sind bei var. vulgare hauptsächlich an den Nerven besonders in der Nähe der Blattbasis zu finden. Die Drüsenhaare CL. = zirka 651") besitzen keulenförmige Gestalt und bestehen aus einer oder mehreren zylindrischen Stielzellen, an welche sich das mehrzellige Drüsenköpfchen anschließt, dessen Zellen etagenförmig übereinander liegen (Fig.58). Die Deckhaare sind spitz und ziemlich lang (L. = zirka 1501")' derbwandig, mehrzellig, die queren Wände dünnwaudig; an der etwas verbreiterten Basalzelle ist eine grobe Tüpfelung sichtbar. Das Mesophyll besteht aus einer einreihigen Palil'lsadenschicht an der Oberseite, aus ziemlich schlanken Zellen (L. = 40 1'.) und einem etwas breiteren lockeren Schwammparenchym unterseits, dessen an die Palissadenschichte grenzende Partie sehr deutlich die sogenannten Aufnahmszellen von keulenförmiger Gestalt aufweist. Oxalsaurer Kalk findet sich in wechselnder Menge. In der Palissadenschichte sind gewöhnlich auffallend große, schön ausgebis 45 1'.) vorhanden, bildete klinorhombische Einzelkristalle (D. häufig mit kleineren Kriställchen verwachsen oder mit einer anhaftenden Rosette oder Druse, hingegen finden sich im Schwammparenchym vornehmlich morgensternförmige Drusen mit Übergängen zu Einzelkristallen. In Begleitung der Gefäßbündel kommen Kristallkammerfasern mit Drusen vor.

=

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

108

Rhus toxicodendron Michx., Giftsumach.

Sehr charakteristisch sowohl an Querschnitten durch die Nerven als an Flächenpräparaten der Blätter sind die weiten .Milchsaftgänge, welche den Blattnerven bis in die kleinsten Verzweigungen folgen. Sie sind mit einer formlosen oder scholligen, dunkelbraunen Masse erfüllt und liegen einzeln im Bastteil eines jeden Gefäßbündels, daher an größeren Nerven stets mehrere an..,. zutreffen sind, an Tertiärnerven aber immer nur je ein Milchsaftgang vorkommt . .Mit Eisenchlorid färbt sich der Inhalt der Mesophyllzellen trübgrün. Fragmente bzw. das Pulver der Blätter sind mikroskopisch an den geschilderten Merkmalen leicht erkennbar. Besonders aufFig.58.

Querschnitt eines Blattes von Rhus toxicodendron Michx. In der einreihigen Palissadenschicht große Einzelkristalle von Kalkoxalat. Unter der Palissadenschicht die Schicht der Aufnahmszellen, darunter das Schwammparenchym. Rochts. ein kelllenförmiges DTÜsenhaar. Vergl'. 1 ': 345.

fallend sind - bei Beobachtung unter Chloral oder Kalilauge die braunen, weiten, dichotom verzweigten Milchsaftgänge, die man regelmäßig im Anschluß an die Spiralgefäße findet, ebenso die großen Kristalle in der Palissadenschicht und die mit Einzelkristallen abwechselnden Drusen im Schwammparenchym. Die Haare sind manchmal recht spärlich. Die tropischen Sumach-Arten, deren es eine ganze Reihe gibt, besitzen gleichfalls zum Teile hochgradig giftige Eigenschaften und sind als Giftbäume, deren Schatten sogar im Glauben der Eingeborenen giftig wirken soll, bekannt. Hierher gehören z. B. die zur Herstellung von Firnissen verwendeten Arten Rhus vernicifera DC. in Japan und Rhus venenata DC. in China und Nordamerika. Diesen giftigen Sumach-Arten stehen aber zablreiche gegenüber, welche als ungiftig bezeichnet werden müssen, darunter viele, die wegen ihres Gerbstoffgehaltes medizinisch oder technisch ausgebreitete Verwendung finden, z. B. Rhus coriaria L. Südeuropa, Rh. typhina L. und Rh. glabra L. Nordamerika usw. Rh u s sem i al at a MaIT. liefert die chinesischen Galläpfel, ebenso Rhus acuminata DC. in Ostindien.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Daphne Mezereum L., Kellerhals, Seidelbast.

109

Bei uns findet man häufig in Gärten angepflanzt Rh. Cotinus L., Perrückenstrauch, und Rh. typhina L., Hirschkolbensumach oder Essigbaum. . Durch eine der Wirkung der Sumach-Arten sehr ähnliche hautreizende entzündende Wirkung sind auch die Blätter der in neuerer Zeit als Topfgewächse bei uns vielfach gezogenen Primulaceen Primula obconica Hance und Primula si n e n s i s Lindl. ausgezeichnet, welche ursprüuglich aus China stammen. Die Vergiftungserscheinungen, welche bereits in zahlreichen Fällen besonders an Damen und Gärtnern beobachtet wurden, zeigen sich in sehr heftigen ekzematösen, selbst Pemphigus ähnlichen Hautentzündungen. (Th. Husemann, Hautvergiftung d. Primula obconica, Wien 1898. W. med. BI., Nr. 26, 27. A. Model, Müuch. med. Woch., 1904, pag. 65.)

28. Daphne Mezereum L., Kellerhals, Seidelbast. Ein in Bergwäldern häufig vorkommender Strauch aus der Familie der Thymeleaceae. Die Pflanze enthält in allen Teilen (Rinde, Blätter, Blüten und Früchte) einen scharf wirkenden Stoff, Mezerein und Mezereinsäureanhydrid (R. Buchheim), wodurch öfters Vergiftungen an Kindern hervorgerufen wurden. Das in der Pflanze enthaltene Glykosid Daphnin ist unwirksam. Nach Kobert sind 13 Fälle von Vergiftungen an Menschen veröffentlicht worden, davon 4 letale, die aber zum Teile fraglich sind. Zahlreiche Vergiftungen kommen bei Kindern im Frühj ahre dadurch zustande, daß diese die schwer abzubrechenden blühenden Zweige vom Strauche abbeißen. Die FrUchte wurden früher unter dem Namen Fructus (s. Semina oder Grana) Coccognidii und die Rinde als Cortex Mez er ei medizinisch verwendet und sind wohl noch als Volksmittel im Gebrauch, und zwar innerlich gegen Wassersucht, Bandwurm, als Purgans und Abortivum, äußerlich hautreizend. Die in der älteren Literatur (Wibmer) verzeichneten Intoxikationen sind gewöhnlich auf den Gebrauch der Beeren als volkstümliches Heilmittel zurückzuflihren. In mehreren toxikologischen Werken findet man auch die Erwähnung einer Vergiftung durch Verwechslung mit Pfefferkörnern. Der Strauch treibt im Frühjahre noch vor Entwicklung der Blätter die in kleinen Büscheln stehenden wohlriechenden Blüten, welche aus einer einfachen, trichterförmigen, an der Spitze in 4 radförmig ausgebreitete Zipfel übergehenden, rosarot, selten weiß gefärbten Blütenhülle bestehen, deren Trichter 8 kurz gestielte Staubblätter in 2 Kreisen eingefligt sind. Die Frucht ist eine rot gefärbte Beere (s. u.). Die Blätter lanzettlich, stumpf bis spitz, ganzrandig mit allmählich keilförmig verschmälerter Basis, fast sitzend, kahl oder (in der Jugend) fein behaart.

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

110

Daphne Mezereum L., Kellerhals, Seidelbast.

Anatomie der Beerenfrüchte. Die frischen reifen Beeren sind kugelig bis eiförmig (L. = P/2 cm), scharlachrot, seltener gelblich gefärbt (bei weißen Blüten), fast unmerklich gestielt, kahl und glänzend. Getrocknet werden sie schwärzlich bis gelblich und besitzen eine grobgerunzelte Oberfläche, wodurch sie Pfefferkörnern ähnlich werden. Das gelbliche Fruchtfleisch löst sich leicht vom Samen. Dieser ist von einer dünnen zerbrechlichen schwarzen Testa 'eingeschlossen. Zwischen Testa und Fruchtfleisch läßt sich an getrockneten Fruchten die innere Epidermis des letzteren nach Erweichung der Fruchte in Wasser leicht gesondert abziehen. An dem einen Pole der fast kugelrunden Testa befindet sich ein kleines Spitzchen (Nabel), von welchem längs der BauchFig.5D.

Da.phne Mezererum L. Epidermis der Frucht in der Fläche nachllehandlung mit Chloralhydrat. Vergr. 1: 460.

seite ein deutlich hervortretendes farbloses Band zur Basis zieht, wo dasselbe in einer kleinen Öffnung der Testa endigt (Nabelstreifen und Hagelfleck). Nach Entfernung der Testa tritt der Samenkern zutage, der noch von einem weißen dünnen Häutchen, der inneren Samenhaut, eingeschlossen ist. Er besitzt zwei ölig-fleischige, plankonvexe gelbe Cotyledonen und ein kleines gerades Würzelchen. Die Epidermis der fleischigen Fruchthülle besteht aus polygonalen, perlschnurartig getüpfelten Tafelzellen , an getrockneten Früchten ohne deutlichen Inhalt, außer ölartigen Tropfen in zahlreichen Zellen (Fig. 59). An getrockneten Früchten ist sie sehr collabiert. Dasselbe gilt ftrr das auf die Epidermis folgende }~ruchtfleisch, dessen dünnwandige farblose Zellen großenteils mit einem gelbglänzenden,

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00034059

Digitale Bibliothek Braunschweig

Daphne

Me~ereum

L., Kellerhals, Seidelbast.

111

öligen Jnhalte erfüllt sind. An unreifen grünen Früchten findet sich in den Zellen Chlorophyll vor. Die innere Epidermis der Fruchtwand, die sich als feines Häutchen von den getrockneten Früchten ablösen läßt, ist aus Fig.60.

Daphne Mezereum L. Epidermis (Palissadenzellen) der Testa in der ]

Suggest Documents