Die Wasser der Gesellschaft

Die Wasser der Gesellschaft Herbert Willems (Hrsg.) Die Wasser der Gesellschaft Zur Einführung in eine Soziologie des Trinkwassers Herausgeber Pr...
Author: Bastian Schenck
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Die Wasser der Gesellschaft

Herbert Willems (Hrsg.)

Die Wasser der Gesellschaft Zur Einführung in eine Soziologie des Trinkwassers

Herausgeber Prof. Dr. Herbert Willems Universität Gießen, Deutschland

ISBN 978-3-658-17703-4  (eBook) ISBN 978-3-658-17702-7 DOI 10.1007/978-3-658-17703-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vermischte Meinungen und Sprüche zum Trinkwasser Ist‘ s euch nicht genug, klares Wasser zu trinken? (Hesekiel) Trink Wasser wie ein Ochse, Wein jedoch wie ein König. (Französisches Sprichwort) Es ist leichter, sich mit Trank als mit Speise zu erquicken. (Hippokrates) Zu viel kann man trinken, doch nie trinkt man genug. (Gotthold Ephraim Lessing) Das Eis macht Flüsse im Winter begehbar und Whisky im Sommer trinkbar. (Werner Mitsch) Der Wassertrinker spricht. – Trinke deinen Wein nur weiter, der dich ein Leben lang gelabt hat, – was geht es dich an, daß ich ein Wassertrinker sein muß? Sind Wein und Wasser nicht friedfertige, brüderliche Elemente, die ohne Vorwurf beieinander wohnen? (Friedrich Nietzsche) Nutzen der Kränklichkeit. – Wer oft krank ist, hat nicht nur einen viel größeren Genuß am Gesundsein, wegen seines häufigen Gesundwerdens: sondern auch einen höchst geschärften Sinn für Gesundes und Krankhaftes in Werken und Handlungen, eigenen und fremden: so daß zum Beispiel gerade die kränklichen Schriftsteller – und darunter sind leider fast alle großen – in ihren Schriften einen viel sichereren und gleichmäßigeren Ton der Gesundheit zu haben pflegen, weil sie besser als die körperlich Robusten sich auf die Philosophie der seelischen Gesundheit und Genesung und ihre Lehrmeister: Vormittag, Sonnenschein, Wald und Wasserquelle, verstehen. (Friedrich Nietzsche)

Vorwort Der vorliegende Band versteht sich vor allem als eine Art Einführungs- und Lehrbuch zum Thema Wasser bzw. Trinkwasser, das unter grundsätzlich figurationssoziologischen/prozesssoziologischen Gesichtspunkten im Zusammenhang und als Zusammenhang sozialer Entwicklungen betrachtet wird.1 Das schließt die Verbindung bzw. Synthese einer Reihe von Konzepten und theoretischen Perspektiven ein: anthropologischen, historisch-sozialgeschichtlichen, feld- und habitustheoretischen, kapitaltheoretischen, stil- und lebensstiltheoretischen, zivilisationstheoretischen und nicht zuletzt globalisierungstheoretischen. Es geht also letztlich um das Wasser der (Welt-)Gesellschaft, genauer gesagt: um die Wasser der (Welt-)Gesellschaft, denn diese Gesellschaft generiert in diesem Zusammenhang – bedingt oder bewirkt durch ihre eigene Entwicklung und Differenzierung – eine Vielfalt (Diversität) von Tatsachen: (Trink-)WasserRealitäten, (Trink-)Kulturen, (Trink-)Wassertypen, (Trink-)Wasser-Systeme, (Trink-)Wasser-Praxen/Praktiken, (Trink-)Wasser-Gewohnheiten, (Trink-) Wasser-Rituale, (Trink-)Wasser-Probleme, (Trink-)Wasser-Konflikte, (Trink-) Wasser-Krisen usw. Eben diese Tatsachen waren Gegenstände eines Seminars im Rahmen des Master-Studiengangs „Gesellschaft und Kulturen der Moderne“, das ich im Wintersemester 2015/16 an der Justus-Liebig-Universität Gießen durchgeführt habe.2 1

Die von Norbert Elias ausgehende Art von Soziologie, die damit im Vordergrund steht und betrieben werden sollte und soll, habe ich an anderer Stelle ausführlich thematisiert (vgl. Willems 2012). Die nachfolgenden Ausführungen können auch als eine Ausführung dieser Prozesssoziologie/Figurationssoziologie verstanden werden.

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Das Thema Trinkwasser bildet seit einiger Zeit einen Schwerpunkt meiner Lehrtätigkeit in Gießen. Seit dem Sommersemester 2016 läuft eine Veranstaltung im Rahmen des Studienganges BA „Social Sciences“, in der – überwiegend in kleinen Arbeitsgruppen – sogenannte Lehrforschungsprojekte zum Thema Trinkwasser unternommen werden. Diese Veranstaltung mit 18 Projekten ist auf zwei Semester angelegt und endet mit (Lehr-)Forschungsberichten der verschiedenen Projekte, die folgende Arbeitstitel haben: Die soziale/kulturelle Differenzierung der Trinkwasseraffinität: Schichten, (Öko-)Milieus, Szenen etc.; Praxis und Praktiken des Trinkwasserkonsums: Einstellungen zu und Wissen über Ernährung und Trinkwasserverhalten; Images und Imageprobleme des Leitungswassers in Deutschland; Trinkwasser in deutschen Gastronomietypen; Entwicklungen des Trinkwassers und Trinkwasserkonsums im Vergleich von Deutschland und USA; Trinkwasser in der Gastronomie im interregionalen und internationalen Vergleich: Europa (Österreich, Frankreich, Großbritannien), USA, Japan; Medien-Diskurse über Trinkwasser: Fernsehen, Printmedien, Spezialmedien; Die Thematisierung des Trinkwassers im Internet; Trinkwasser im Haushalt; Objektives und wissenschaftliches Trinkwasserwissen; Alltagswissen über Trinkwasser; Die Qualität des deutschen Trinkwassers im Vergleich; Trinkwasser in nicht-gastronomischen Einrichtungen/Betrieben; Mediale Insze-

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Vorwort

Der vorliegende Band dokumentiert zunächst die von mir erarbeitete grundlagentheoretische und programmatische Basis dieses Seminars, die auch als allgemeine Einführung in eine Soziologie des Trinkwassers gedacht und in entsprechender Lehre zu gebrauchen ist. Vor diesem Hintergrund werden dem Thema Wasser und Trinkwasser gewidmete Arbeiten von Sozial- und Kulturwissenschaftlern (Bachelor- und Masterstudenten) präsentiert, die aus dem genannten Seminar hervorgegangen sind und für den Zweck dieser Publikation von mir durchgesehen und bearbeitet wurden. Eine dieser Arbeiten ist die Grundlage einer Master-Thesis, die hier ebenfalls dokumentiert ist.3 Schließlich präsentiert der Band die Ergebnisse einer aktuellen Literaturrecherche zum Thema Trinkwasser. In Gießen und sicher auch anderswo gibt es eine starke studentische Nachfrage nach Lehrangeboten zum Thema Wasser/Trinkwasser und ein Interesse, sich mit dem Spektrum der hier ins Auge gefassten Themen zu beschäftigen. In dieser Tatsache mögen sich die fraglose soziale Relevanz dieser Themen und auch eine zunehmend auf sie gerichtete soziale Aufmerksamkeit spiegeln. Ihr korrespondiert eine lebendiger werdende sozialwissenschaftliche bzw. soziologische Aufmerksamkeit, die allerdings immer noch weit hinter der Bedeutung des Themenfeldes zurückbleibt. Auch dies ist ein Grund für die hier ins Auge gefasste Arbeitsprogrammatik. Ihre primären Zielgebiete sind die soziologische/sozialwissenschaftliche Lehre und Forschung. Sie will aber auch darüber hinausgreifen und prinzipiell ‚Öffentlichkeit‘ sowie Einrichtungen der Erziehung und Bildung bis hin zu den diversen Schulen erreichen. Dies sollte und möge mit den hier dokumentierten Texten besonders gut gelingen. Ebenso sollte es gelingen, Studierende, Lehrende und Forschende aller Disziplinen, die mit der Thematik Wasser/Trinkwasser zu tun haben (von der Ernährungswissenschaft über die Geographie bis zur Medizin), zu informieren und anzuregen. Nicht zuletzt besteht hier ein Ansatz für einen thematisch fokussierten und zugleich ‚arbeitsteiligen‘ Austausch und für Kooperationen in Sachen Wasser/ nierungen der Mineralwässer; Religiöse, mythische und esoterische Bedeutungen des Trinkwassers; ‚Ein Glas Leitungswasser bitte‘. Ein Krisenexperiment in der deutschen Gastronomie; Wasserversorgung und Wasserverwaltung; Das Wasser der Regionen und das Wissen über das Wasser der Regionen. Im Wintersemester 2016/17 findet eine weitere Lehrveranstaltung von mir zum Thema Trinkwasser im Rahmen des Master-Studiengangs „Gesellschaft und Kulturen der Moderne“ statt. Mittlerweile laufen zudem 5 thematisch einschlägige Abschlussarbeiten zum BA „Social Sciences“ und eine entsprechende Abschlussarbeit zum Master „Gesellschaft und Kulturen der Moderne“. 3

Es handelt sich um den Beitrag von Laura Schermuly, die sich auch in der formalen Aufbereitung des ganzen Buches verdient gemacht hat.

Vorwort

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Trinkwasser. Dabei kann es ebenso um Lehre und Forschung wie um (soziologische) Aufklärung und Beratung gehen. Im Hinblick auf die oben erwähnte Lehrveranstaltung und die damit verbundenen und daran anschließenden Arbeiten danke ich vor allem den interessierten und engagierten Studierenden. Frau Iris Löhlein, Herr Volker Weber und Frau Alicia Chapellow vom Verein „Forum Trinkwasser“ haben den Studierenden und mir wichtige Unterstützungen, Hinweise und Anregungen gegeben. Dafür möchte ich mich ebenfalls – und auch sozusagen stellvertretend – herzlich bedanken. Herbert Willems

Inhaltsverzeichnis Vorwort ...............................................................................................................7  Einleitung: Auf dem Weg zu einem soziologischen Verständnis der Realitäten des Trinkwassers ..............................................................................13  Herbert Willems   Wasserkonsum – Eine empirische Studie zu Geschmack, Qualität und Preis von Wasser ........................................................................................................65  Beşgül Coskun und Madita Zöller

 

Image von Trinkwasser in der Gastronomie im Vergleich von Deutschland und Großbritannien ...........................................................................................91  Miriam Cathlin Singer

 

Trinkwasser als Lifestyle-Produkt: Wie Wasser zum Luxusartikel wurde ......157  Tara Kaiser  Die Darstellung von Lebensstilen in der Tafel- und Mineralwasserwerbung – eine Analyse .................................................................................................173  Tanja Heckmann   „Irish Water“ und gesellschaftlicher Widerstand in Irland – Einstellungswandel zum Wasser im Zuge der Krise? .....................................189  Sarah Kempf   Waschen und Baden in den monotheistischen Weltreligionen ........................205  Murat Şahin

 

Körperhygiene im Wandel der Zeit .................................................................223  Schirin Jensch   Wasser in der Kunst an den Beispielen niederländischer und impressionistischer Malerei ............................................................................239  Julian Becker  

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Inhaltsverzeichnis

Wasser in der Zukunft – Gefahren und Chancen im Rahmen von Bevölkerungswachstum, Klimawandel und globaler Ökonomie ....................257 Laura Schermuly   Weiterführende Literatur .................................................................................341