Die Diagnose eines Piriformissyndroms wird gesichert durch die klinische und elektroneurophysiologische

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Author: Heiko Hermann
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Übersicht 1

KliNeu/423/6.11.2009/Macmillan

Das Piriformis-Syndrom – Diagnostik und Therapie

Literaturübersicht und Erfahrungsbericht über CT-gestützte Botulinumtoxininjektionen bei 182 Patienten

Piriformis Syndrome – Diagnosis and Treatment Review and Results of CT-Guided Botulinum Toxin Injections in 182 Patients

Autor

G. Reichel

Institut

Kompetenzzentrum für Bewegungsstörungen, Paracelsus-Klinik Zwickau

Schlüsselwörter ▶ Piriformissyndrom ● ▶ Hexenschuss ● ▶ Ischias ● ▶ Botulinumtoxin ● ▶ Foramen infrapiriforme ●

Zusammenfassung &

Abstract &

Das Piriformissyndrom (PS) ist durch Gesäßschmerzen charakterisiert, welche in das Bein und die Steißbeingegend ausstrahlen. Die meisten Patienten mit einem PS haben ein Engpasssyndrom der N. ischiadicus, N. gluteus inferior und/oder N. cutaneus femoris posterior im Foramen infrapiriforme. Die häufigsten Ursachen sind blande Gesäßtraumen, Hypertrophie des M. piriformis und raumfordernde Prozesse in der Nähe. Nicht selten kommt es zur Fehldiagnose eines „Pseudoradikulärsyndroms“, eines „Postlaminektomie-Syndroms“ oder einer „Kokzygodynie“. Die Diagnose eines Piriformissyndroms wird gesichert durch die klinische und elektroneurophysiologische Untersuchung und die Bildgebung. Eine wirksame und kostengünstige Therapie steht mit der CT-gestützten Injektion von BTX in den M. piriformis zur Verfügung.

The piriformis syndrome is characterised by gluteal pain radiating into the posterior aspect of the legs, buttom and coccygeal region. The majority of cases are entrapment syndromes of the sciatic nerve, the inferior gluteal nerve and/or posterior cutaneous femoral nerve in the infrapiriform foramen. The most common causes are blunt gluteal traumas, hypertrophy of the piriform muscle and space-occupying processes. Not infrequently, the piriformis syndrome is misjudged as “pseudoradicular syndrome”, postlaminectomy syndrome” or “coccygodynia”. The diagnosis piriformis syndrome can be adequately and safely established by clinical and electroneurophysiological examinations and imaging modalities. A cheap and successful treatment option of the piriformis syndrome are CT-assisted injections of botulinum toxin into the piriform muscle.

Einleitung &

Wirbelsäulenveränderungen erkannt. Letztere fanden 1934 eine erste Erwähnung [3]. Nach der Entdeckung, dass veränderte Wirbelsäulenstrukturen zu lumbosakralen Wurzelläsionen führen können, wurde die Piriformishypothese abgelehnt [4]. Der Terminus PS wurde 1947 durch Robinson [5] eingeführt, der das PS als Engpasssyndrom des N. ischiadicus beschrieb. Er untersuchte damals zwei Fälle und beschrieb folgende Charakteristika des PS: 1. Trauma der Gesäßgegend in der Anamnese, 2. Schmerz in der Region Iliosakralgelenk, Foramen ischiadicum major und Piriformismuskel, welche nach unten in das Bein ausstrahlen und das Laufen behindern, 3. Exazerbation der Schmerzen beim Bücken oder Heben, 4. Tastbare, wurstförmige, palpationsempfindliche Masse über dem M. piriformis auf der betroffenen Seite, 5. Positives Laségue-Zeichen und 6. Atrophie der Glutealmuskulatur. Bei beiden Pa-

Key words

▶ piriformis syndrome ● ▶ lumbago ● ▶ sciatica ● ▶ botulinum toxin ● ▶ infrapiriformis foramen ●

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0029-1242734 Klin Neurophysiol 2009; 40: 1–17 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 1434-0275 Korrespondenzadresse Prof. Dr. G. Reichel Kompetenzzentrum für Bewegungsstörungen Paracelsus-Klinik Zwickau Werdauer Straße 68 08060 Zwickau [email protected] www.prof-reichel.de

Der M. piriformis (pirum – Birne, forma – Form) wurde von Adrian Spigelius (1578–1625), einem flämischen Anatomen, der in Padua lebte, benannt. Die Bezeichnung Piriformis-Syndrom (PS) ist nicht exakt. In Analogie zu anderen Engpasssyndromen (z. B. Karpaltunnel-Syndrom) müsste das nun zu besprechende klinische Bild „Foramen-infrapiriforme-Syndrom“ genannt werden; der eingeführte Begriff PS soll hier aber weiterhin verwendet werden. McCrory und Bell [1] schlugen den Begriff „tiefes Glutealsyndrom“ vor, der aber zu wenig spezifisch erscheint. Das PS ist seit 1928 bekannt [2]. Yoeman beschrieb damals einen Patienten mit einer Sakroiliakalarthritis und nahm eine sekundäre entzündliche Reaktion des M. piriformis als Ursache für die bestehenden Ischialgien an. Damit wurde das PS eher als Ursache für Ischialgien als die

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tienten verschwanden die Schmerzen sofort und dauerhaft, nachdem operativ die Piriformissehne durchtrennt wurde. Die augenblickliche Situation zum Thema wird durch das gleichzeitige Erscheinen zweier Artikel charakterisiert: „Das PS ist unterdiagnostiziert“ und „Das PS ist überdiagnostiziert“ [6, 7]. Immer noch gibt es Veröffentlichungen, die nach „Mythos oder Realität?“ fragen [8]. Darüber hinaus findet das PS zwar in manchen einschlägigen aktuellen Monografien Erwähnung, wird aber im ärztlichen Alltag nicht immer ausreichend in die differenzialdiagnostischen Überlegungen bei Rücken-Gesäß-Bein-Schmerzen einbezogen [9, 10]. Das PS wird als „wenig beachtete und häufig übersehene“ Ursache für pseudoradikuläre Lumboischialgien angesehen [11]. In der Neurologie und Neurochirurgie sind viele Engpasssyndrome peripherer Nerven als eigenständige Erkrankungen akzeptiert: z. B. Karpaltunnel-Syndrom, Peroneusläsion am FibulaKöpfchen, Sulcus-ulnaris-Syndrom, Tarsaltunnel-Syndrom, Thoracic-outlet-Syndrom. Die Akzeptanz des PS ist aber – insbesondere in den akademischen medizinischen neurologischen Einrichtungen – unterschiedlich ausgeprägt. Das hat vor allem seinen Grund darin, dass Patienten mit PS selten stationär behandelt werden, dass es keinen Konsens über die Definition und die diagnostischen Parameter gibt [10] und dass das Wissen um dieses Syndrom zuweilen begrenzt ist. Letzteres ist u. a. dadurch erklärbar, dass die großen neurologischen Weiterbildungszentren als stationäre Einrichtungen sich selten schwerpunktmäßig mit Mononeuropathien befassen und dass viele Veröffentlichungen zum PS nicht in neurologischen Zeitschriften erscheinen. Nach Filler et al. [12] werden in den USA jährlich 1,5 Millionen MRT wegen Ischialgien angefertigt; nur etwa 200 000 Menschen werden wegen Nervenwurzelkompressionen im Lumbalbereich erfolgreich operiert. Über 100 000 Patienten profitieren nicht von der durchgeführten Operation. Inzwischen gibt es größere Studien zum PS, die insgesamt Erfahrungen an über 1 000 Patienten erfassen [13–15]. Für die bleibenden Schmerzzustände nach frustran durchgeführter Operation an der Lendenwirbelsäule wurde ein spezieller Begriff gefunden: „Postlaminektomie-Syndrom“. Nach unserer Erfahrung liegt die Ursache dafür neben den oft präoperativ nicht erkannten psychosomatischen und sozialen Störungen nicht selten im Vorhandensein eines Engpasssyndroms im Foramen infrapiriforme. In großen Statistiken zum Auftreten von Ischialgien wird übereinstimmend das PS in 6–8 % aller Ischialgiefälle als Ursache genannt [10, 11]; für die USA heißt das, dass sich unter den 80 Millionen jährlich behandelten Lumbago/ Ischialgie-Patienten 5,6 Millionen mit einem PS befinden [10]. Damit kommt das PS häufiger als ein lumbaler Bandscheibenprolaps vor [11]. Die Akzeptanz des PS als Engpasssyndrom im Foramen infrapiriforme ist bei vielen Neurologen und Chirurgen [16] durchaus vorhanden. Ein weiterer Faktor, der Unsicherheit in die Bewertung des PS bringt, ist aber die pathogenetische Einordnung durch einige Autoren als ein myofasziales Schmerzsyndrom [17– 20]. Schmerztherapeuten beschreiben somit eher ein myofasziales PS, wobei der Beweis, dass der M. piriformis ursächlich beteiligt ist, dann oft nicht mit objektiven Methoden erbracht wird. Die Definition als myofasziales Schmerzsyndrom fordert meist nur das Vorhandensein typischer Schmerzpunkte (trigger points) und eines „passenden“ Gebiets für die Schmerzausstrahlung (referred pain). Die klinische Diagnosestellung eines PS als myofasziales Schmerzsyndrom folgt somit relativ unscharfen Kriterien.

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Wir definieren – wie auch viele andere – das PS aber als ein Engpasssyndrom der Nerven, die durch das Foramen infrapiriforme ziehen [1, 5, 21–28].

Anatomie & Die Rückseite des Hüftgelenks wird durch zwei Muskelschichten verdeckt. Die äußere Schicht bildet der M. gluteus maximus, der – ähnlich wie am Schultergelenk der M. deltoideus – gemeinsam mit der Fascia lata und dem M. fasciae latae die hintere Gegend des Hüftgelenks bedeckt. Die Mm. glutei medius et minimus liegen über der lateralen Beckenseite; sie wirken als Hüftgelenkabduktoren. In der Tiefe – unter dem M. gluteus maximus – befindet sich die innere Muskelschicht der Außenrotatoren und Abduktoren: Mm. piriformis, gemelli, obturatorius internus et ▶ Abb. 1). quadratus femoris (● Der M. piriformis ist der viertkräftigste Außenrotator – nach den Mm. gluteus maximus, quadratus femoris und obturatorius internus – und hat seinen Ursprung mit mehreren Zacken an der Facies pelvica des Os sacrum (lateral der 2.–4. Foramina sacralia ▶ Abb. 2). anteriora) und am Rand der Incisura ischiadica (● Er zieht durch das Foramen ischiadicum majus und setzt an der Innenseite der Spitze des Trochanter major an. Er abduziert den gebeugten Oberschenkel und dreht das gestreckte Bein nach auAbb. 1 Schema des Foramen infrapiriforme (F. ip). Mp: M. piriformis. N. gluteus sup M.p F. ip N. gluteus inf N. pudendus N. cut. fem. post

N. ischiadicus

Abb. 2 MRT bei ausgeprägter Asymmetrie des M. piriformis (P); gut erkennbar ist der zackenförmige Ursprung des Muskels an der Facies pelvica des Os sacrum.

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ßen und hinten. Bei fixiertem Bein dreht er das Sakrum zur gleichen Seite und ruft dadurch eine kompensatorische Rotation der ▶ Abb. 3). Lendenwirbelsäule zur Gegenseite hervor(■ ■ ■ ● Alle neurovaskulären Strukturen des Gesäßbereichs verlassen das Becken durch das Foramen ischiadicum majus oberhalb oder unterhalb des M. piriformis, der das Foramen ischiadicum majus nicht vollständig ausfüllt. Durch die Öffnung oberhalb des Muskels (Foramen suprapiriforme) verläuft der N. gluteus superior, der die Mm. glutei medius et minimus sowie den M. tensor fasciae latae innerviert. Durch den Freiraum unterhalb des Muskels (Foramen infrapiriforme) ziehen mehrere Nerven (sowie die ▶ Tab. 1). zugehörenden Arterien und Venen) (● Der Ansatz des M. piriformis am Trochanter major wie auch die makroskopische Muskelstruktur variieren bedeutsam. Windisch [29] fand nach Untersuchung an 112 Leichen folgende Varianten des M. piriformis: 64 % mit langem oberen und kurzem unteren Anteil, 36 % mit kurzem oberen und langem unteren Anteil, in 1 % waren beide Piriformisteile gleich lang. Auch die Fusion mit anliegenden anderen Sehnen variiert: In 54 % setzt eine runde Sehne am Oberrand des Trochanter major an, in 30 % vereinigt

A

90 %

D

1%

B

7%

E

< 1%

C

2%

F

< 1%

Abb. 3 Varianten des Verlaufs des N. ischiadicus am M. piriformis: Der N. ischiadicus verläuft A: insgesamt durch das Foramen infrapiriforme, B: teilweise durch den M. piriformis, C: teilweise durch das Foramen suprapiriforme, D: insgesamt durch den M. piriformis, E: insgesamt durch das Foramen suprapiriforme, F: teilweise durch den Muskel, teilweise durch das Foramen suprapiriforme.

Tab. 1 Nerven im Foramen infrapiriforme. 1. N. ischiadicus (ischiokrurale Muskeln sowie alle Muskeln kaudal des Kniegelenks; sensibel die Haut kaudal des Kniegelenks [ausgenommen die Medialseite]) 2. N. cutaneus femoris posterior mit den direct nach dem Foramen infrapiriforme austretenden Rr. clunium inferiores lateralis und R. perinealis (Haut der Oberschenkelhinterseite bis zur Kniekehle, Teile des unteren Gesäßdrittels und des Damms) 3. N. gluteus inferior (M. gluteus maximus) 4. N. musculi obturatorii interni 5. N. pudendus (biegt um Spina ischiadica in das Foramen ischiadicum minus zur Fossa ischiorectalis und den Alcock-Kanal) mit Endästen: Rr. clunium inferiores lateralis (Hautanteile des unteren Gesäßdrittels), Nn. rectales inf., perineales, dorsalis penis bzw. clitoridis (M. sphincter ani externus, Muskeln in der Regio urogenitalis; sensibel proximale Dorsalseite des Oberschenkels, Analhaut [Nn. rectales inferiores], Scrotum bzw. große Labien [Rr. scrotales s. labiales posteriores], Penis- bzw. Klitorisrücken [Nn. dorsales penis s. clitoridis])

sich diese Sehne mit der des M. gemellus superior und setzt an der medialen Fläche des Trochanter major an; in 13 % vereinigen sich die Sehnen der Mm. piriformis, gluteus medius et obturatorius internus und setzen an der medialen Fläche des Trochanter major an; in 4 % vereinigen sich die Sehnen der Mm. piriformis et gluteus medius und setzen am Oberrand des Trochanter major an. Die Kenntnis dieser Varianten ist nicht nur bei operativen Eingriffen, sondern auch für die Identifizierung des Muskels bei Injektionen bedeutsam. Die Vulnerabilität der Nerven wird erhöht, wenn der N. ischiadicus ganz oder teilweise durch den M. piriformis oder durch die Sehnen eines geteilten M. piriformis zieht, was bei zirka 20 % aller Menschen vorkommt [16, 30–33]. Beaton und Anson [30] teilten den Austritt des N. ischiadicus aus dem Foramen infrapiriforme in 6 Varianten ein: a. Der gesamte Nerv tritt unterhalb des M. piriformis aus (90 %) b. Der Nerv verläuft teilweise durch den M. piriformis, der Rest verläuft unterhalb des Muskels (7,1 %) c. Ein Teil des Nerven tritt durch das Foramen suprapiriforme aus, der andere durch das Foramen infrapiriforme (2,1 %) d. Der gesamte Nerv verläuft durch den M. piriformis (0,8 %) e. Ein Teil des Nerven tritt durch das Foramen suprapiriforme aus, der andere verläuft durch den Muskel (Einzelfälle) f. Der gesamte Nerv verläuft durch das Foramen suprapiriforme (Einzelfälle). Andere Untersuchungen kamen auf Werte von unter 80 % für den Austritt des gesamten Nervs durch das Foramen infrapiriforme. Wenn der N. ischiadicus komplett durch den M. piriformis hindurch tritt (Variante d), ist der M. piriformis oft zweigeteilt [34]. Pécina [33] wies nach Untersuchungen an 130 Leichen darauf hin, dass bei 6,15 % aller Menschen ein Teil des N. ischiadicus (meist der peroneale Anteil) nicht durch den Muskel, sondern durch die Sehne des M. piriformis verläuft und dann besonders anfällig für Traumatisierungen ist. Bei der Variante eines geteilten M. piriformis mit einer hohen plexusnahen Teilung des N. ischiadicus in seine zwei Hauptnerven verläuft der N. tibialis durch das Foramen infrapirifome, während der N. peroneus communis durch den gespaltenen M. piriformis (Foramen infrapiriforme) tritt. Der N. gluteus inferior läuft ebenfalls in ca. 15 % durch den M. piriformis hindurch [35]. Weitere Anomalien in dieser Region, die klinische Bedeutung erlangen können, sind neben der Doppelung eine Verdreifachung (mit Bildung zweier Foramina infrapiriformia) des M. piriformis eine Verlagerung der A. pudenda interna und des N. pudendus hinter das Ligamentum sacrotuberale [36]. Darüber hinaus können Verwachsungen des M. piriformis mit den Mm. gluteus medius et minimus, gemellus superior oder obturatorius internus zur Minderung der Exkursionsmöglichkeit und damit zur erhöhten Vulnerabilität des N. ischiadicus beitragen. Von den beiden im Foramen infrapiriforme meist bereits getrennt verlaufenden Ischiadikusanteilen liegt – auch wenn keine Anomalien präsent sind – der tibiale Teil medial und wird daher bei Einengung des Foramen zuerst gedrückt. Das Foramen infrapiriforme bildet die einzige physiologische Enge der Nn. ischiadicus, cutaneus femoris posterior et gluteus inferior. Der N. ischiadicus ist beim Austritt aus dem Foramen infrapiriforme durchschnittlich ca. 3 mm dick und 17 mm breit [37]. Bei Untersuchungen des Hüftgelenks an 10 Leichen wurde bei einer Adduktion von 30 ° und einer Flexion von 60 ° das Foramen infrapiriforme schmaler, der N. ischiadicus wurde enger an die Spina ischiadica gedrückt und der Winkel zwischen dem N. is-

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chiadicus und der Waagerechten nahm zu [37]; dieses erklärt den Mechanismus einer Druckläsion des Nervs im Foramen infrapiriforme und die klinischen Effekte bei entsprechenden Tests.

Pathogenese & Die Pathogenese des PS ist nach wie vor strittig. Die wichtigsten Hypothesen sind: Druckläsion im Engpass durch Adhäsion der Nerven an den M. piriformis nach stumpfem Gesäßtrauma [5], Verlaufsvarianten des N. ischiadicus durch den Muskel oder Sehnen mit Nervenläsionen bei Innenrotation der Hüfte [32] und direkte Irritabilität des M. piriformis durch Trauma mit nachfolgendem myofaszialen Schmerz [38]. Man nimmt pathogenetisch neben dem direkten Druck auf die Nerven auch eine Störung der Vasa nervorum als Ursache für das PS an. Durch Druck des Muskels auf die den N. ischiadicus reichlich umgebenden Gefäßgeflechte könnte es zur passiven lokalen Hyperämie kommen [39]. Anomalien der A. comitans nervi ischiadici mit seperatem Durchtritt durch den M. piriformis sind beschrieben. Bei einer Myositis des M. piriformis wird darüber hinaus eine biochemische Alteration des Nervs diskutiert [40, 41]. Eine Änderung der mechanischen Situation „Muskel – Nerv“ kann bei Schrumpfung des Muskels, bei Hypertrophie und Spasmus des Muskels, aber auch bei Minderung der Exkursionsmöglichkeit des N. ischiadicus infolge entzündlicher Veränderungen an den lumbosakralen Wurzeltaschen, infolge einer Spondylolisthesis mit lumbaler Lordose oder auch bei einer Skoliose auftreten [42]. Ein stumpfes Gesäßtrauma kann direkt zur Schädigung der Nn. ischiadicus, gluteus inferior et cutaneus femoris posterior führen; in seltenen Fällen auch des N. gluteus superior [43]. Bei diesen direkten Nervenläsionen gibt es weniger diagnostische Schwierigkeiten. Die Traumatisierung des M. piriformis und umliegender Gewebe kann aber auch erst im Zuge narbiger Gewebeschrumpfung zur Einengung des Foramen infrapiriforme führen. Auffällig ist die Tatsache, dass beim PS oft keine bedeutsamen motorischen Ausf älle von Seiten des N. ischiadicus auftreten. Bei anderen Engpasssyndromen von peripheren Nerven, die (auch) sensible Fasern f ühren, stehen allerdings ebenfalls die Schmerzen – zumindest anfangs – im Vordergrund (z. B. Karpaltunnel-Syndrom). Es erhebt sich die Frage, ob nicht in manchen Fällen alle Symptome des PS auf die schmerzhafte Verspannung des Muskels und auf die Irritation des N. cutaneus femoris posterior zur ückzuf ühren sind. Man müsste es dann als Engpasssyndrom des N. cutaneus femoris posterior und nicht als Folge einer Ischiadikus-L äsion ansehen. Da das autonome kutane Innervationsgebiet des N. cutaneus femoris posterior relativ klein ist, kann bei seiner L äsion ein sensibler Ausfall fehlen, sehr wohl aber eine Schmerzausstrahlung in das gesamte versorgte Areal auftreten. Foster [44, 45] führte die Begriffe eines primären und sekundären PS ein, wobei er unter einem primären PS ein Krankheitsbild verstand, bei welchem man keine Ursache außerhalb des M. piriformis findet. In Anlehnung an diesen Gedanken sehen wir zwei Patientengruppen mit einem PS: 1. Das Auftreten des PS ist durch einen Engpass im Foramen infrapiriforme begründet ▶ Tab. 2). (● ▶ Tab. 3). 2. Das PS ist durch andere Erkrankungen bedingt (●

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Tab. 2 Ursachen des PS als Engpasssyndrom. 1. Gesäßtrauma oder Beckentrauma (evtl. Jahre zurückliegend) [45]; auch längeres Sitzen auf wenig gepolsterter Unterlage (z. B. lange Autofahrt [94], langes Sitzen nach Kaiserschnitt [112], „tailor‘s bottom“, „weaver‘s bottom“) 2. Prädisponierende anatomische Varianten: doppelte oder verwachsene Mm. piriformis, gemellus superior, obturatorius internus oder glutaei; Verlaufsvarianten der Nn. ischiadicus, cutaneus femoris posterior et gluteus inferior oder der A. comitans n. ischiadici mit Durchtritt durch den M. piriformis oder seine Sehnen [33, 36, 113, 114] 3. Hypertrophie des M. piriformis durch 3.1. Intensives anhaltendes Training (Leichtathletik [114], Läufer, ▶ Abb. 8a), Basketball-Profis [115]) Geher, Radfahrer (siehe ● 3.2. Daueranspannung wegen Beckenschmerzen aus anderen Gründen oder aus psychischen Ursachen 3.3. Dystonia musculorum deformans – DYT 1 [116] 3.4. Kontralateral bei Coxarthrose mit einseitiger Schonung und gegenseitigem Übergebrauch der tiefen Hüftmuskeln (siehe ▶ Abb. 9) [117, 118] ● 3.5. Skoliose mit asymmetrischem Einsatz der Hüftmuskulatur [42] 3.6. Psoas-Anlage-Anomalie mit konsekutiver Hypertrophie eines M. piriformis (eigene Beobachtungen)

Tab. 3 PS bei anderen Erkrankungen. 1. Piriformismyom, -abszess [119–121], -myositis (122, 123) (auch -myositis ossificans [124]), -hämatom [125–127], -bursitis [128] 2. Neoplasmen im Bereich des Foramen infrapiriforme (gynäkologisch, kolorektal, Neurinom des N. ischiadicus) [129–132] 3. Minderung der Exkursionsmöglichkeit des N. ischiadicus (entzündliche Veränderungen der Wurzeltaschen, PostlaminektomieSyndrom, Sakroiliakalarthritis, Spondylolisthesis mit lumbaler Lordose [133–135]) 4. Ipsilateral nach Hüft-TEP mit Sehnendurchtrennung des M. piriformis und Ischiadikusirritation, wenn dessen Fasern durch den Muskel ziehen [12] 5. Femur-Nagelung [136–138] 6. Glutealabszess [119] 7. Pseudoaneurysma der A. glutea inferior nach gynäkologischer Operation [46] 8. Intragluteale Injektionen mit bindegewebigen Verwachsungen [139] 9. Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom (venös-kavernöse Angiodysplasie mit Hypertrophie der betroffenen Extremität [eigene Beobachtung]) 10. Varikosis der Glutealgefäße [140]

Diagnose & Klinik Das PS ist eine klinische Diagnose [9]. Nach Parziale [23] umfasst das klinische PS folgende Befunde: 1. Gesäß- oder Sakroiliakal-Trauma in der Anamnese, 2. Schmerzen im Bereich des Foramen ischiadicum major oder Ileosakralgelenks verstärkt beim Sitzen auf hartem Stuhl und beim Stuhlgang, in das Bein ziehend und zu Gehschwierigkeiten führend, 3. Exazerbation der Schmerzen beim Bücken und Besserung beim Strecken, 4. Palpable wurstförmige Masse in der Piriformisgegend, 5. Positives Lasègue-Zeichen und 6. Fakultativ: Glutealatrophie. Inzwischen haben zahlreiche Untersuchungen die Bedeutung der aufgeführten Befunde relativiert. Die Begriffsbestimmung des PS als Engpasssyndrom fordert zur Abgrenzung von unscharf definierten myofaszialen Syndromen das Vorhandensein typischer subjektiver und objektiver Symp-

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Tab. 4 Klinische Definition des PS als muskuläres Engpasssyndrom des Foramen infrapiriforme. subjektiv:

objektiv:

1. Schmerzen im Gesäß, die in den Versorgungsbereich des N. ischiadicus, das Steißbein und/oder die Oberschenkelhinterseite ausstrahlen 2. Schmerzverstärkung beim Sitzen auf harter Unterlage, beim Bücken und längerem Laufen über 20 min, beim Aufstehen vom Sitzen oder Kauern 3. Schmerzmilderung beim Strecken der Hüfte 4. fakultativ: Gesäßtrauma in der Anamnese, kontralateraler Iliosakralschmerz, Gehbeschwerden, Dyspareunia 1. Leichte Auswärtsrotation des Fußes der betroffenen Seite bei entspanntem Liegen auf dem Rücken 2. Druckschmerzpunkt am Gesäß: Grenze zwischen mittlerem und unterem Drittel einer gedachten Linie zwischen Spina iliaca anterior superior und Ende des Steißbeins. 3. Druckschmerzhafter M. piriformis bei rektaler/vaginaler Untersuchung ▶ Tab. 5) 4. Schmerzverstärkung im Gesäß bei den Piriformis-Tests (● 5. Schmerzminderung bei Auswärtsdrehung des Fußes in der Endstellung bei positivem Laségue’schen Zeichen 6. Sensibilitätsstörungen an der Oberschenkelhinterseite bis zur Kniekehle, am unteren Gesäßdrittel und Damm, im Fuß 7. Leichte Schmerzverbesserung bei Zug am betroffenen Bein am liegenden Patient 8. Leichte Beinverkürzung ipsilateral 9. Ipsilaterale Glutealatrophie und/oder -schwäche 10. Rotation des Kreuzbeins zur gleichen Seite bei lumbaler Gegenrotation

▶ Tab. 4), fakultativ in der Bildgebung den Befund einer tome (● Piriformisasymmetrie zugunsten der betroffenen Seite oder eine beidseitige Hypertrophie sowie bestimmte neurophysiologische Befunde. Das Fehlen von neurologischen Defiziten bei manchen Patienten spricht nicht streng gegen ein Engpasssyndrom: Selbst beim Karpaltunnel-Syndrom sind anfangs nur – typische – Schmerzen vorhanden, erst später kommt es zu Sensibilitätsstörungen und Muskelatrophien. Das PS tritt meist im mittleren Lebensalter (durchschnittlich mit 40–50 Jahren [45, 46] und deutlich häufiger (etwa 5 mal [46]) bei Frauen als bei Männern auf. Das könnte am größeren Q-Winkel (Quadriceps-Sehnen-Winkel: Spina iliaca anterior inferior – Patellamitte – Tuberositas tibiae) bei Frauen liegen [38]. Es gibt keine Bevorzugung einer Seite. Die anamnestische Angabe eines stumpfen Gesäßtraumas ist offensichtlich seltener zu erhalten als vermutet wird. Das kann darauf zurück geführt werden, dass sich die Patienten nicht mehr an das „unbedeutende“ und Jahre zurück liegende Ereignis erinnern. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ein oberflächliches Gesäßhämatom innerhalb kurzer Zeit subkutan nach unten bis in die Kniekehle fließt; daher ist es richtiger den Patienten nach einem Trauma mit „blauem Fleck“ nicht nur am Gesäß, sondern auch an der Oberschenkel- oder Kniehinterseite zu befragen. Der M. piriformis kann von außen, rektal oder vaginal getastet werden. Bei Palpation durch den M. gluteus maximus kann man sich folgendermaßen orientieren [47]: Man drückt mit dem Finger kräftig auf die Mitte einer gedachten Linie zwischen der Spina iliaca anterior superior und dem Ende des Steißbeins; dort kann der M. piriformis auf Druckschmerzhaftigkeit geprüft werden. Manchmal liegt er etwas kaudal und medial von dieser Stelle. Der Punkt entspricht ungefähr der medialen unteren Ecke einer Brieftasche in der Gesäßtasche. Von außen ist der M. piriformis allerdings nur bei sehr schlanken Patienten direkt zu tasten; der dicke M. gluteus maximus und die oft ausgeprägte Unterhautfettschicht verhindern ein Erreichen des kleinen M. piriformis [48]. Bei der bimanualen rektalen bzw. vaginalen Palpation des M. piriformis wird der tief in Richtung Steißbein eingeführte rechte Zeigefinger zum Foramen ischiadicum majus verschoben. Gleichzeitig drückt der linke Zeigefinger auf den beschriebenen äußeren Druckpunkt; der M. piriformis befindet sich dann zwischen beiden Zeigefingern. Gelegentlich ist dabei am Muskel eine Konsistenzänderung zu tasten; regelmäßig wird aber

Schmerz ausgelöst, der in das Gesäß, die Oberschenkelhinterseite oder nach lumbal ausstrahlt [49, 50]. Von allen klinischen Tests soll der Druckschmerz bei rektaler Palpation des M. piriformis am zuverlässigsten sein [9, 51]. Shordania et al. [52] fanden bei der vaginalen Untersuchung von 450 Frauen mit Lumbago in 8,3 % einen vergrößerten, verhärteten und druckempfindlichen M. piriformis. Bei der klinischen neurologischen Untersuchung findet man bei dem entspannt auf dem Rücken liegenden Patienten oft eine leichte Außenrotation des Fußes als Ausdruck des Spasmus oder der Verkürzung des M. piriformis auf der betroffenen Seite ▶ Abb. 4a). Dieses Zeichen ist bei dem – selteneren – beidsei(● tigen PS nicht verwertbar. Es wurde eine Reihe von Tests beschrieben, die bei einem PS zur Schmerzverstärkung führen. Diese beruhen auf einer Schmerzverstärkung bei Verengung des Foramen infrapiriforme durch Adduktion und Flexion oder durch Anspannung des M. pirifor▶ Tab. 5 mis.■ ● Das Manöver nach Beatty [54] besteht in einem Anheben des gebeugten Beins auf der schmerzenden Seite beim Liegen auf der beschwerdefreien Seite, eventuell auch gegen Widerstand. Das Manöver führt beim PS zu einem tiefen Gesäßschmerz; bei LWSSyndromen kommt es zu Schmerzen im Rücken und im Bein; bei Hüfterkrankungen zu Schmerzen im Trochanter, nicht aber im Gesäß. Wir erprobten einen selbst entwickelten Test, bei dem während scherenartiger Bewegungen der gestreckten Beine in Rückenlage die dauerhafte Anspannung des M. piriformis auf der erkrankten Seite bzw. den erkrankten Seiten zur Schmerzverstärkung führt. Dieser Test wurde an je 100 Patienten mit PS und mit anderen Rücken-/Gesäßschmerzen geprüft, eine hohe Spezifität festgestellt und nach den Initialen der beteiligten Untersucher JAGASTest genannt. Nach unseren Erfahrungen sind in der klinischen Diagnostik am zuverlässigsten (in abnehmender Bedeutung): Typischer Druckschmerzpunkt, JAGAS-Test, Test nach Freiberg, Beautty, Page, Filler. Unter den anamnestischen Angaben scheinen die Hinweise auf ein abgelaufenes Gesäßtrauma (bis zu 8 Jahre zurückliegend) oder sportliche Aktivität mit starker Beckenmuskelbeanspruchung (hauptsächlich Dauerläufer und Langstrecken-radfahrer) und auf eine der Schmerzverstärkung beim Sitzen auf hartem Sitz richtungs-weisend für die Diagnose zu sein. Der sonstige neurologische Befund weist beim PS kaum einmal pathologische Veränderungen auf. Der Ninhydrin-Schweißtest weist sudorimotorische Störungen an den Fußsohlen nach, kann

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Abb. 4 Piriformis-Zeichen bei PS rechts a: Spontane Fußaußenrotation, b: Zeichen nach Freiberg, forcierte passive Hüftflexion bei gebeugtem Kniegelenk, c: Zeichen nach Pace, Verhinderung einer aktiven Hüftabduktion am sitzenden Patienten, d: Lasèguesches Zeichen, die passive Außenrotation des Fußes führt zur Schmerzminderung, wenn ein PS vorliegt.

also sympathische Innervationsstörungen (z. B. paraaortale Metastasen) als Ursache des Schmerzes ausschließen; beim PS ist die Sudorimotorik wegen der geringeren Druckempfindlichkeit der unbemarkten Fasern fast immer intakt. Auch Sensibilitätsstörungen können völlig fehlen. Wenn sie auftreten, so entsprechen sie meist dem Versorgungsgebiet des N. cutaneus femoris posterior: Nn. clunii inferiores und der Rr. cutanei femoris posteriores (Rückseite des OS bis Kniekehle) ▶ Abb. 5). (●

Die Sensibilitätsstörungen können selten auch vom N. ischiadicus versorgte Anteile betreffen, noch seltener sogar eine N. suralis-Läsion imitieren [55]. Wenn im Rahmen des PS Muskelschwäche und/oder -atrophie auftreten, so ist besonders gründlich nach Ursachen zu suchen, die ein sofortiges Eingreifen erfordern [56]. Allerdings sehen wir bei ca. 1/3 der Patienten eine Schwäche und Atrophie, seltener auch eine nahezu komplette Parese des M. gluteus maximus als ▶ Abb. 6). Ausdruck einer Läsion des N. gluteus inferior (●

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Abb. 4 e: Zeichen nach Beatty, aktives Anheben des gebeugten Beins der betroffenen Seite beim Liegen auf der gesunden Seite, f: JAGASTest, Scherenbewegungen des betroffenen Beins führen zu verstärkten Gesäßschmerzen und einer schmerzbedingten Einengung des Bewegungsradius, g: Zeichen nach Filler, Bein zur Gegenseite kreuzen und gegen Widerstand adduzieren verstärkt den Schmerz.

Tab. 5 Klinische Test des PS. Klinische Manöver zur Diagnostik eines PS: Schmerzverstärkung Name

Beschreibung

Ausführung

Freiberg [53] Pace [38] Kopell a. Thompson [24] Beatty [54] JAGAS [46] Filler [12]

1937 1975 1960 1994 2005 2005

▶ Abb. 4b). Forcierte passive Hüftflexion bei gebeugtem Kniegelenk (● ▶ Abb. 4c). Verhindern der aktiven Hüftgelenkabduktion (● ▶ Abb. 4d) Lasègue-Zeichen mit Nachlassen des Schmerzes bei passiver Außenrotation des Beins (● ▶ Abb. 4e) Anheben des gebeugten Beins beim Liegen auf der gesunden Seite (● ▶ Abb. 4f) Aktive scherenartige Bewegungen des gestreckten Beins in Rückenlage (● ▶ Abb. 4g) In Rückenlage Bein zur Gegenseite kreuzen und gegen Widerstand adduzieren (●

Darüber hinaus wurde ein seltenes „oberes“ PS beschrieben: Druck des vorderen oberen Anteils des Muskels führt zu einem Engpasssyndrom des N. gluteus superior [43, 57, 58]. Die Schwäche und Atrophie betreffen dann die Mm. glutei medius et minimus sowie den M. tensor fasciae latae. Gelegentlich kann als Folge eines PS eine tiefe Beinvenenthrombose mit Anschwellung des Beins oder ein komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS) auftreten [59, 60]. Das komplette Syndrom des Foramen infrapiriforme, also eine Läsion aller hindurch ziehenden Nerven, ist nur bei starker Traumatisierung, bei großem Neoplasma der Region (siehe

▶ Abb. 8d) oder als Folge einer fehlerhaften intramuskulären ●

Injektion zu erwarten.

Neurophysiologie & Die neurophysiologischen Untersuchungsmethoden tragen in erster Linie zum Ausschluss anderer Erkrankungen mit Ischialgien und/oder Gesäßschmerzen bei. Zum Einsatz kommen die Elektromyografie/Elektroneurografie einschließlich der F-Wellen und motorische und somatosensible evozierte Potenziale.

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8 Übersicht

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Abb. 5 PS rechts. Gestrichelt: Verteilung der Sensibilitätsstörungen, Ellipse: Druckschmerzpunkt

kann in etwa einem Drittel der Fälle mit PS bei Ableitung von den Mm. tibialis anterior et gastrocnemius erhalten werden [61]. Zusammengefasst kann vereinfacht gesagt werden: Der elektromyografische Nachweis von Denervierung in Muskeln, deren Nervenfasern nicht durch das Foramen infrapiriforme gehen (paraspinale Muskeln, alle femoralis-versorgten Muskeln [Oberschenkelextensoren], Mm. adductores longus et brevis, M. gluteus medius [Ausnahme möglich, siehe vorn], M. levator ani) schließt ein PS aus. Der Nachweis von Denervierung in Muskeln, deren Nervenfasern durch das Foramen infrapiriforme ziehen, erfordert weitere Untersuchungen zum Ausschluss proximaler Läsionen, insbesondere auch der Muskeln, die nicht durch Nerven, die durch das Foramen infrapiriforme führen, versorgt werden.

Elektroneurografie Das Vorliegen eines normalen elektroneurografischen Befundes bei unterhalb des Beckens stimuliertem N. ischiadicus schließt ein PS nicht aus, da die Läsionsstelle proximal davon liegt. Es wurde eine Technik vorgeschlagen, bei der man die Erregungsleitung durch das Foramen infrapiriforme misst [62]: Stimulation des N. peroneus am Fibulaköpfchen und Ableitung des Cauda equina-Potenzials mittels einer epiduralen Elektrode. Diese Technik ist aufwendig und nicht ohne Risiko, sie ist für den klinischen Alltag nicht zu empfehlen.

F-Wellen Die Aufzeichnung von F-Wellen bei Stimulation des N. peroneus ist ebenfalls nicht konstant möglich; die Latenz ist nur bei wenigen Patienten mit PS verlängert [61]. Ein Nachteil dieser Methode ist ebenso wie bei der H-Reflexzeit-Messung die Untersuchungsposition des Patienten mit gestrecktem Bein, da das Foramen infrapiriforme nur bei gebeugtem und adduzierten Bein verengt wird.

FAIR-Test

Abb. 6 a + b M gluteus maximus-Läsion bei zwei Patienten. a: Atrophie rechts, b: nahezu komplette Lähmung links.

Elektromyografie Die Elektromyografie soll differenzieren können, ob ein Spasmus des M. piriformis vorliegt oder Hinweise für Denervierung bestehen [47]. Sicherer in ihrer Aussage ist die Ableitung aus den paraspinalen monosegmental versorgten Muskeln: Bei Nachweis von pathologischer Spontanaktivität ist eine radikuläre Ursache der Beschwerden wahrscheinlicher als eine Ischiadikusläsion. Während der M. piriformis selbst elektromyografisch nicht sicher erreichbar ist, kann der einfach zu untersuchende M. gluteus maximus beim PS ein neurogenes Muster mit pathologischer Spontanaktivität aufweisen, was ein wichtiger Hinweis auf eine Läsion im Foramen infrapiriforme sein kann, wenn eine radikuläre Störung ausgeschlossen wurde. Das gleiche Muster

Fishman schlug bereits 1992 den H-Reflex als diagnostische Hilfe beim PS vor, wobei die Aufzeichnung zum einen in der üblichen physiologischen Lage mit gestreckten Beinen durchgeführt wird, zum anderen bei Flexion im Hüft- und Kniegelenk, Adduktion und Innenrotation des Beines (FAIR)[63]. Vergleicht man nun die Latenz des H-Reflex-Antwortpotenzials am ▶ Abb. 7a) und in der FAIR-Position gestreckten Bein (● ▶ Abb. 7b), so soll beim Vorliegen eines Engpasssyndroms des (● N. ischiadicus eine Latenzverzögerung eintreten. Die obere Normgrenze dieser Differenz beträgt dabei 1,86 ms (dreifache Standardabweichung der gesunden Vergleichsgruppe. Nach Fishman et al. [15] hat dieser Test eine Sensitivität von 72 % und eine Spezifität von 77 %. Nach eigener Erfahrung hat der FAIRTest zumindest eine hohe Spezifität: Wir erhielten bei Rücken/Gesäßschmerzpatienten ohne PS in keinem Fall ein pathologisches Ergebnis. Der FAIR-Test schöpft seine diagnostische Aussagekraft aus der zweimaligen Passage der Erregung durch den Engpass im Foramen infrapiriforme. Bei Druckläsionen an peripheren Nerven ist nicht nur die maximale Erregungsleitung verzögert, es ändert sich oft auch die Form und Amplitude des Antwortpotenzials. In unserer eigenen Untersuchung des FAIR-Tests an 100 Patienten mit PS waren die Kriterien für einen positiven FAIR-Test, eine Latenzverlängerung der H-Antwort über 1,86 ms, nur bei 6 Patienten erfüllt.

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Übersicht 9

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auf. Bei weiteren 10 bestanden keine Latenzverzögerung und keine Amplitudenminderung. Zusammenfassend kann der FAIR-Test als einfach durchzuführende neurophysiologische Methode beim Verdacht auf ein PS empfohlen werden. Ist der Test positiv – Verzögerung der Latenz und/oder Minderung der Amplitude – kann er als sicherer Hinweis auf eine N. ischiadicus-Irritation am Austritt aus dem Becken angesehen werden. Ist der FAIR-Test negativ kann keine diagnostische Aussage getroffen werden.

Evozierte Potenziale N. pudendus-SSEP Wenn der N. gluteus inferior bzw. der N. cutaneus femoris posterior mit betroffen sind, kann dies durch spezielle Untersuchungstechnik nachgewiesen werden [64]. Durch Ableitung von somatosensibel evozierten kortikalen Potenzialen sollen sich sensible Innervationsstörungen objektivieren lassen [65]; ausreichende Erfahrungen beim PS liegen noch nicht vor. Motorische evozierte Potenziale. Bei magnetischer oder elektrischer Stimulation der Spinalwurzel L5/S1 und des N. ischiadicus an der Gesäßfalte sowie Ableitung vom M. tibialis anterior oder M. gastrocnemius kann die peroneale und tibiale Erregungsleitungszeit durch den Beckenabschnitt bestimmt werden [61]. Allerdings gelingt die Stimulation insbesondere bei wohlbeleibten Patienten nicht immer.

Bildgebende Diagnostik

Abb. 7 a–c FAIR-Test; Ableitung des H-Reflexes zur Diagnostik eines PS. a: H-Reflex-Aufzeichnung in üblicher Position. b: H-Reflex-Aufzeichnung bei Hüft- und Kniegelenkflexion, Adduktion und Innenrotation (FAIR). c: H-Reflex-Potenziale bei normaler (oben) und bei FAIR-Position (unten): es kommt zur deutlichen Amplitudenminderung (hier um 2/3) des maximalen H-Reflex-Potenzials bei geringer Latenzverzögerung.

Bei der Hälfte der Patienten war der FAIR-Test nicht durchführbar, da schon in physiologischer Lagerung nur eine amplitudenniedrige oder gar keine H-Antwort zu erhalten war. 10 der Patienten zeigten in FAIR-Lagerung eine deutliche Amplituden▶ Abb. 7c]); 10 Patienten wiesen eine minderung (über 50 % [● geringere Amplitudenminderung der H-Antwort (unter 50 %)

Ähnlich wie bei den neurophysiologischen Methoden liegt der Schwerpunkt der Bildgebung beim PS im Ausschluss behand▶ Tab. 3) (● ▶ Abb. 8d). lungspflichtiger anderer Ursachen (siehe ● Aussagekräftig ist darüber hinaus die Bildgebung in der Bestimmung der Dicke und der Seitendifferenzen der Mm. piriformes [66]. Der Grund für eine einseitige oder doppelseitige Zunahme ▶ Tab. 2) der Masse des M. piriformis kann vielseitig sein (siehe ● ▶ Abb. 8a– c). Die Therapie eines PS ohne vorher durchgeführte (● bildgebende Diagnostik des Beckens und der LWS ist als Behandlungsfehler anzusehen [42, 67]. Die Seitendifferenz des Durchmessers des M. piriformis im CT bzw. MRT korreliert nach unseren Erfahrungen nicht mit der Dauer oder der Intensität der Beschwerden. Für die Bestimmung der Form und Größe sind nur das CT und das MRT geeignet [68]. Der Ultraschall ist bei diesem tief gelegenen Muskel in seiner Aussage nicht sicher genug [12]. Filler et al. [13] setzten die MR-Neurografie zur Lokalisation der Nervenläsion ein. Bei 239 Patienten, bei denen im MRT der Lendenwirbelsäule keine behandelbaren Ursachen für die Lumbalgien gefunden wurden, konnten nach kombinierter MRT- und MR-Neurografie u. a. bei 68 % ein PS und bei 3 % ein N. pudendusEngpasssyndrom festgestellt werden [69]. Lewis et al. [70] konnten bei 12 von 14 Patienten mit extraspinalen Ischialgien eine Signalstörung des N. ischiadicus direkt unter dem M. piriformis nachweisen. Vier davon wurden erfolgreich mittels Sehnentrennung operiert. Die Methode ist nicht ganz unumstritten, zumindest teilweise seien die Befunde lageabhängig [71].

Differenzialdiagnose & Ein klinisch manifestes PS wird oft nicht erkannt. Am häufigsten werden beim PS die Diagnosen „Postlaminektomie-Syndrom“, „Kokzygodynie“ oder „pseudoradikuläres S1-Syndrom“ gestellt

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10 Übersicht

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Abb. 8 a–d Darstellung des M. piriformis in der Bildgebung. a: MRT einer Profi-Fahrradlangstrecken-Sportlerin mit rechtsseitigem PS bei beidseitig verdickten Mm. piriformes, b: Becken-CT bei linksseitigem PS mit deutlicher Vergrößerung des gedoppelten gleichseitigen Muskels, c: Piriformishypertrophie und Gesäßatrophie links bei PS links, d: Komplettes Syndrom des Foramen infrapirifome bei großem linksseitigen Ischiadikusneurinom.

[72] Rodrigue and Hardy 2001). Sehr oft werden die geklagten Beschwerden mit – klinisch unbedeutenden – degenerativen Veränderungen der LWS in Verbindung gebracht und die Therapie zuweilen um Jahre verzögert. Bei Coxarthrosen oder Zustand nach Hüft-TEP kann ein PS auf der Gegenseite (!) entstehen, wenn die schmerzende Hüfte geschont wurde und die andere Hüft-/Gesäßmuskulatur „übertrainiert“ wurde, mit Hypertrophie der tiefen Becken- und der Gesäßmuskulatur ▶ Abb. 9a+b). (● Bis zur Diagnosestellung eines PS werden durchschnittlich fünf verschiedene Ärzte aufgesucht, und es vergehen dabei 32 Monate [45], in einer eigenen Analyse: fünf Jahre. Yoshimoto et al. [73] fanden unter 61 Patienten mit chronischen Ischialgien im MRT der Lendenwirbelsäule 10 Patienten mit normalem vertebralen Befund. Davon handelte es sich bei 3 Patienten um ein PS und bei 5 um Sakralplexuspathologien durch gynäkologische Leiden (ektopische Endometriose, Ovarialzysten, Tumore), die alle rechtsseitig auftraten. Daher wird empfohlen, Frauen beim rechtsseitigen Auftreten von Ischialgien zuerst zur gynäkologischen Untersuchung zu überweisen. Jensen berichtete bereits 1994 [74] über MRT-Befunde der LWS bei freiwilligen Probanden ohne einschlägige Schmerzen: Nur 36 % der 98 Untersuchten hatten normale Befunde. Bei 52 % zeigten sich Bandscheibenvorwölbungen, bei 27 % Protrusionen und bei einem Proband war ein Prolaps vorhanden. 14 % wiesen Annulusrupturen auf, 19 % Schmorlsche Knötchen und 8 % Facettenarthropathien – ein Hinweis darauf, dass nach einem PS auch bei Vorhandensein von Lendenwirbelsäulenveränderungen gesucht werden muss.

Seltener wird bei einem Patient fälschlich die Diagnose PS angenommen, wenn andere Ursachen für den Schmerz vorhanden sind [75]. Am ehesten geschieht dies, wenn ohne hinreichende Diagnostik lediglich an Hand der Triggerpunkte oder der Referenzzonen ein PS vermutet und entsprechend falsch behandelt wird. Es können auch reine M. gluteus-Verletzungen ohne Einengungen des Foramen infrapiriforme und ohne die genannten Zeichen eines PS oder übersehene Beckenfrakturen sowie ein nicht erkannter Nierenbeckenstein zur Fehldiagnose eines PS führen. Seitdem die Informationsmöglichkeiten der Patienten durch die Medien und das Internet verbessert wurden, sehen wir immer mehr Patienten mit somatoformer Schmerzstörung, die sich von ihrer selbst gestellten Diagnose PS nicht abbringen lassen und invasive Therapieverfahren fordern. In seltenen Fällen kann eine Vergrößerung und Dauerkontraktion des M. obturatorius internus eine Ischialgie hervor rufen und zur Annahme eines PS führen [76]. Die klinischen Piriformiszeichen sind dann aber negativ. Da der N. pudendus ebenfalls durch das Foramen infrapiriforme zieht, kann es zu einem Engpasssyndrom dieses Nerven kommen. Der Nervus pudendus durchläuft zusätzlich mehrere Zonen, in denen Kompressionen auftreten können: zwischen dem Ligamentum supraspinatum und dem Ligamentum sacrococcygeum, zwischen dem Ligamentum sacrotuberale und dem Ligamentum sacrospinale, im Alcock-Kanal sowie im Bereich des Musculus obturatorius internus [69]. Eine Kompression dieses Nerven kann zu einem Krankheitsbild führen, welches als Pudendusneuralgie bezeichnet wird: Brennende, kaum medikamentös beeinflussbare Schmerzen im Anal- und/oder Genitalbe-

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Übersicht 11

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Abb. 9 a + b Rechtsseitiges PS bei gegenseitiger Hüft-TEP. a: Linksseitige Hüft-TEP (Büroklammer kennzeichnet den rechtsseitigen Druckschmerzpunkt), b: Rechtsseitige Vergrößerung des M. piriformis und der Glutealmuskulatur.

reich, die dem Versorgungsgebiet des Nervus pudendus zugeordnet werden können, sich im Sitzen und Stehen verstärken, einseitig auftreten und zu Blasen-, Darm- sowie sexuellen Störungen führen [77, 78]. Die Pudendusneuralgie scheint – im Gegensatz zum PS – eher selten aufzutreten [79]. Neurophysiologische Methoden haben eine sehr limitierte Aussagekraft [80]. Die wichtigste neurophysiologische Untersuchung ist das EMG mit konzentrischer Nadelelektrode vom M. sphincter ani externus [81]. Die diagnostische Infiltration des Canalis pudendalis kann in 30–40 % der Fälle zugleich therapeutisch sein [82]. Als ultima ratio wird die operative Entlastung des Nervs vorgeschlagen [83]. Insgesamt gesehen sollten in die differenzialdiagnostischen Überlegungen alle Zustände mit Ischialgien und/oder Gesäßschmerzen einbezogen werden.

Therapie & Viele Untersuchungen und Therapievorschläge beim PS stammen aus der Zeit vor der Etablierung des Botulinumtoxins (BTX) als Medikament. Sie haben daher teilweise nur noch historischen Charakter. Wegen des Behandlungsaufwands bei BTX-Injektionen stehen aber physiotherapeutische Methoden auch heute

noch am Anfang der Behandlung eines PS, während die operativen Eingriffe in den Hintergrund getreten sind. Neben psychotherapeutischen Entspannungsmaßnahmen werden als physiotherapeutische Methoden Eis oder Kältesprays, Ultraschall-Therapie [22], spezielle Sitz- und Schlafposition (schmerzende Seite oben, großes Kissen zwischen die Beine legen), Eigenmassagen des Muskels durch Liegen auf einem Tennisball sowie Dehnungsübungen des M. piriformis [84] und Kräftigungsübungen der Hüftadduktoren vorgeschlagen [85, 86]. Aussagekräftige Studien liegen dazu nicht vor. Die Übungen können von Betroffenen leicht erlernt und dann in Eigenregie durchgeführt werden. Orale Medikamente (NSAR, Muskelrelaxantien) werden zwar in manchen Übersichten erwähnt, einen dauerhaften Erfolg haben wir bei keinem Patienten gesehen. Über Injektionsbehandlungen in den M. piriformis mit Anästhetika und Kortikoiden liegen mehrere Fallberichte vor [87, 88]. Allerdings ist die vorgeschlagene Methode zur Identifizierung des N. ischiadicus – Elektrostimulation im Foramen infrapiriforme zur periischiakalen Einbringung der Kortikoide – nicht unumstritten. Procain-Infiltrationen des M. piriformis haben diagnostische und therapeutische Bedeutung. Die prompte Schmerzfreiheit zumindest für 1–2 Stunden beweist das Vorliegen eines PS. Das Problem besteht auch dabei in der korrekten Lage der Injektionskanüle, welche bei der ausgeprägten Variabilität der den M. piriformis umgebenden Strukturen nur unter computertomografischer Kontrolle sicher zu verifizieren ist. Da ein solches Vorgehen aber apparativ und zeitlich aufwendig ist, wird man es nur im Zusammenhang mit einer geplanten BTX-Injektion einsetzen [18]. Mit wiederholten Infiltrationen des M. piriformis mit Lokalanästhetika (mit und ohne Kortikosteroide) ist auch nur bei einem Teil der Patienten eine dauerhafte Besserung zu erreichen. Eine Triggerpunkt-Infiltration mit Lokalanästhetika soll beim myofaszialen PS ebenfalls einen gewissen Effekt haben [89], wohl aber nicht bei dem Engpasssyndrom. Die kontinuierliche Blockade des Nervus ischiadicus durch ein Lokalanästhetikum über einen Katheter ist eine ebenfalls nicht durch Studien belegte Behandlungsmethode: Von der Oberschenkelrückseite her wird ein Katheter durch eine Kanüle hindurch in die Nervenscheide des N. ischiadicus vorgeschoben. Über diesen Katheter wird dann mehrmals täglich das Lokalanästhetikum nachgespritzt. Über Langzeitergebnisse beim PS als Engpasssyndrom liegen keine kontrollierten Erfahrungen vor.

Chirurgische Interventionen Zur Behandlung des PS wurden operative Eingriffe (Durchtrennung des M. piriformis bzw. seiner Sehne und Neurolyse des N. ischiadicus) vorgeschlagen [45, 90]. Dieser Eingriff ist mit hohem Aufwand und den üblichen Operations- und Narkoserisiken verbunden, es wird eine Erfolgsquote von etwa 2/3 der Patienten angegeben, bei einzelnen Patienten versagt das operative Vorgehen offenbar gänzlich [91]. Zudem werden Rezidive nach operativer Entlastung berichtet [92]. Es gibt aber auch optimistischere Berichte [16, 45, 93]. Eine Metaanalyse führte zur Feststellung, dass von 1 014 PS nur knapp 6,5 % einer Operation zugeführt wurden [14]. Kontrollierte Erfolgsstudien bestehen nicht. Der operative Aufwand steht unserer Meinung nach beim PS als Engpasssyndrom in keinem Verhältnis zum Ergebnis, da die

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12 Übersicht

Muskelentspannung und -atrophie durch Injektionen mit BTX in den M. piriformis erreicht werden kann. Ein operatives Vorgehen bleibt somit den wenigen Fällen vorbehalten, bei denen die konservative Behandlung, insbesondere die BTX-Injektion, keinen Erfolg hat [23].

Botulinumtoxin-Injektionen – eigene Erfahrungen Problemstellung Die Behandlung des PS mit BTX hat einen pathogenetischen Aspekt, da selbst eine einmalige Injektion zu einer Muskelatrophie führt. Dies ist aus anderen Bereichen des Einsatzes des BTX bekannt: So verringert sich z. B. bei der idiopathischen Masseterhypertrophie die Muskelmasse des M. masseter nach einer einzelnen BTX-Injektion um bis zu 35 % [93]. Zur Behandlung des PS mit Botulinum Toxin liegen neben Einzelfallberichten [11, 94–96] in der Literatur drei offene und zwei doppelblinde randomisierte Arbeiten vor. Allerdings sind die Patientenzahlen relativ klein, sodass die Forderung nach umfassenderen Studien nach wie vor besteht [97]. Alo et al. [98] berichteten über 21 Patienten mit PS, die sie mit BTX behandelten. Der Erfolg war nicht überzeugend: nur 6 waren mit dem Therapieergebnis zufrieden. Da diese Untersuchung im Rahmen einer Studie zu „Botulinumtoxin und myofaszialer Schmerz“ veröffentlicht wurde, ist anzunehmen, dass an die Diagnose PS keine harten Kriterien gestellt wurden; außerdem erfolgte keine Bildgebung-gestützte Injektion. Porta et al. [99] veröffentlichten eine Studie über die Ergebnisse des Vergleichs von Botulinum Toxin-Injektionen mit Methylprednisolon-Injektionen in den M. piriformis bei 23 Patienten mit PS. Während nach 30 Tagen die Schmerzlinderung in beiden Gruppen etwa gleich stark war, zeigte Botulinum Toxin nach 60 Tagen deutlich bessere Effekte. Unter den Patienten, die Kortikoide erhielten, war die Compliance für Physiotherapie (Dehnung des Muskels) deutlich schlechter; was der Autor auf die geringeren Schmerzen in der BTXGruppe zurück führt. Fanucci et al. [18] injizierten bei 30 Patienten mit PS unter computertomografischer Kontrolle zuerst 3 ml 2 % iges Lidocain. Nach Entfernung der Nadel wurden die üblichen klinischen Tests durchgeführt; sie zeigten sich nunmehr schmerzfrei. Nach dieser Bestätigung der Diagnose wurden wiederum unter CT-Kontrolle mit einer neuen Kanüle 200–500 MU Botox ° in den hinteren Abschnitt des M. piriformis injiziert. Die Dosis wurde nach dem Muskeldurchmesser festgelegt. Bei 26 der Patienten kam es innerhalb von 5 bis 7 Tagen zu einem Rückgang der Beschwerden. Bei den restlichen 4 Patienten wurde die Injektion nach zwei Monaten wiederholt, danach waren auch diese beschwerdefrei. Das bei neun der Patienten nach drei Monaten durchgeführte Kontroll-MRT wies siebenmal eine Signaländerung des Muskelgewebes, zweimal eine Muskelatrophie auf. Childers et al. [100] führten eine doppelblinde cross-over-Studie über die Wirksamkeit des BTX bei neun Frauen mit idiopathischem PS durch. Zielparameter war die Visuelle AnalogSchmerzskala: Die EMG- und bildgebungsgestützte Injektion von 100 U Botox ° führte in allen Fällen zu einer Besserung. Insgesamt gesehen herrscht hinsichtlich der Auswahlkriterien der Patienten mit PS für eine BTX-Behandlung in der Literatur noch keine einheitliche Meinung. Manchen Autoren genügen rein subjektive Zeichen, andere fordern positive klinische Tests [86], wieder andere verlassen sich auf neurophysiologische Befunde. So erscheint eine BTX-Injektion für O’Brian [101] nur sinnvoll, wenn elektromyografisch im M. piriformis eine „overactivity“ nachgewiesen ist. Fishman et al. [14] sehen die Indikation

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zur BTX-Behandlung nur als gegeben an, wenn im FAIR-Test die 1,86 ms-Marke überschritten ist. Nach unseren Erfahrungen haben neben der Anamnese und den klinischen Tests die bildgebenden Verfahren die größere Aussagekraft. Wir selbst haben 1985 [25] mit der bildgebenden Diagnostik und 1997 mit den BTX-Injektionen beim PS begonnen und uns eine standardisierte Technik erarbeitet. Obwohl es Hinweise darauf gibt, dass die anatomische Position – nicht die Form – des M. piriformis relativ stabil ist [102], halten wir eine Kontrolle der Lage der Kanülenspitze durch bildgebende Verfahren für unabdingbar; da allein schon die Ausprägung der subkutanen Gewebeschicht interindividuell stark variiert und es sich beim M. piriformis um einen relativ kleinen Muskel (normalerweise im größten Durchmesser nur 2–3 cm dick) handelt.

Methodik & Innerhalb der letzten 12 Jahre wurden bei uns insgesamt 182 Patienten mit BTX behandelt, die keine ätiologisch behandelbare Ursache aufwiesen und bei denen sich klinisch, neurophysiologisch und/oder in der Bildgebung (CT, MRT) der Verdacht auf ein PS als Engpasssyndrom im Foramen infrapiriforme bestätigte. Dabei handelt es sich um die Hälfte aller zu uns mit einem PSVerdacht überwiesenen Patienten. Unter den anderen Patienten waren die Diagnosen Hüfterkrankungen, Engpasssyndrome anderer peripherer Nerven im Bauch-Becken-Bereich, Radikulititiden und somatoforme Schmerzstörung am häufigsten. Lendenwirbelsäulenerkrankungen waren vor der Überweisung meist schon ausgeschlossen worden. In jedem Fall erfolgte vor der Behandlung eine CT-Untersuchung des Beckens, um eine Seitendifferenz des M. piriformis oder andere Ursachen für eine Einengung des Foramen infrapiriforme zu erfassen. Bei Unklarheiten wurde die Untersuchung des N. ischiadicus und der Umgebung – insbesondere auch hinsichtlich struktureller Veränderungen des M. piriformis – im MRT durchgeführt. Bewährt hat sich dabei neben der horizontalen die ko▶ Abb. 2, 8a). ronare Darstellung des M. piriformis (siehe ● Der Patient wurde vorher über Wirkung und Nebenwirkungen des BTX und über das methodische Vorgehen aufgeklärt; sowie darüber, dass für diese Indikation keine Zulassung des Präparats besteht. Er bestätigt sein Einverständnis und die Aufklärung schriftlich, bei Frauen auch, dass sie nicht schwanger sind. Patienten mit Gerinnungsstörungen werden nicht mit dieser Methode behandelt. Der Patient erhält einen Patienten-Pass, in welchem Hinweise für behandelnde Ärzte im Notfall und bei etwa notwendigen Operationen, Lokalanästhesie- und AntibiotikaGaben enthalten sind; aber auch eine Telefon-Nummer, über welche der Patient täglich 24 Stunden einen mit BTX vertrauten Arzt der Klinik erreichen kann. Alle BTX-Injektionen wurden unter CT-Kontrolle durchgeführt. Der Patient liegt dabei in Bauchlage im CT, der gesamte Bereich ▶ Abb. 10a). An Hand des CTdes M. piriformis wird gescannt (● Bildes wird die Schicht, die den größten Durchmesser des M. piriformis darstellt, heraus gesucht und nach dem Laserstrahl des CT-Gerätes am Gesäß markiert. Die Abstände von der Mitte des Muskelbauches des M. piriformis senkrecht nach oben bis zur Haut und von diesem Punkt auf der Haut waagerecht bis zur ▶ Abb. 10b). Mittellinie (Processi spinosi) werden vermessen (● Danach wird der Einstichpunkt mit Jodlösung gekennzeichnet ▶ Abb. 10c). An einer je nach Notwendigkeit und desinfiziert (●

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Übersicht 13

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Abb. 10 a–e Technik der BTX-Injektion in den M. piriformis. a: Lage der CT-Schnitte zur Erfassung des gesamten M. piriformis, b: Ausmessung des vertikalen Abstands der Mitte des Muskelbauchs des M. piriformis zur Haut (hier: 66 mm) sowie des Abstands der gefundenen Einstichstelle zur Rückenmitte (hier: 56 mm). c: Festlegung der Injektionsebene anhand der CT-Markierung (roter Lichtstreifen) und des Injektionspunkts anhand der Ausmessung in Abb.8b (braune Markierung), d: Kontrolle der Nadellage im Computertomogramm (Lokalanästhetikum im subkutanen Fettgewebe erkennbar), e: Luftbläschen (schwarz) nach BTX-Injektion im M. piriformis sowie Darstellung des BTX im Muskelgewebe (dunkelgrau).

bis zu 15 cm langen sterilen Kanüle wird mit einem sterilen Strip die notwendige Einstichtiefe markiert. In die markierte Einstichstelle und den vorgesehenen Einstichkanal werden 5 ml 2 %iger Procain-Lösung injiziert. Danach erfolgt der Einstich der Kanüle bis zur markierten Stelle. Eine CTAufnahme wird zur Kontrolle der Lage der Nadelspitze durchge▶ Abb. 10d); gegebenenfalls wird die Nadellage korriführt (● giert. Dann erfolgt die Injektion von 2 ml BTX (entspricht bei Botox ° und Xeomin ° 100 MU, bei Dysport ° 400 MU), und die Kanüle wird entfernt. Eine abschließende CT-Aufnahme zeigt, ob sich das BTX direkt im Muskelbauch befindet; wobei neben einer Luftblase die Durchtränkung des umliegenden Muskelge▶ Abb. 10e). webes mit BTX zu erkennen ist (● Zur Kontrolluntersuchung nach drei Monaten wird der Patient gebeten, die Wirkung der Injektion folgendermaßen zu charak-

terisieren: 0 = keine Wirkung; 1 = Wirkung verspürbar, aber unzureichend; 2 = gute Wirkung, aber noch Beschwerden; 3 = beschwerdefrei.

Ergebnisse & Die einmalige Injektion von 2,0 ml BTX (entspricht 100 U Botox ° , 400 U Dysport ° oder 100 U Xeomin ° ) in den M. piriformis führte bei der überwiegenden Mehrzahl unserer Patienten zur dauerhaften Schmerzfreiheit oder deutlichen Besserung (Grad 2 oder ▶ Tab. 6). Bei 32 Patienten wurde Schmerzfreiheit nach der 3) (● zweiten bis fünften Injektion erreicht. Lediglich zwei Patientinnen kommen regelmäßig einmal bis dreimal pro Jahr zur Injektion, da die erreichte Schmerzfreiheit nur Monate anhält. Bei

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14 Übersicht n = 182 Mittleres Alter: Median Geschlecht w/m links/rechts Schmerz bei hartem Sitz Gesäßtrauma in Anamnese Beschwerdedauer bis zur Diagnosestellung: Median Druckschmerzpunkt Freiberg-Test positiv Page-Test positiv Beatty-Test positiv JAGAS-Test positiv Laségue-Test in Endlage Fußaußenrotation positiv CT: Mittlere Durchmesser-differenz der Mm. piriformes BTX-Injektions-Erfolg

Anzahl der notwendigen BTX-Injektionen

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48 (14–72) Jahre 153/29 88/94 134 62 5 (1–20) Jahre 182 139 131 136 142 142 12 (0–23) mm 141 mal schmerzfrei 15 mal gute Besserung 20 mal unzureichende Besserung 6 mal kein Effekt 122 mal 1 32 mal 2–5 2 mal 8 bzw. 6 (jeweils schmerzfrei Monate) 26 noch unklar

Tab. 6 Eigene Ergebnisse beim PS als Engpasssyndrom.

ihnen ist es inzwischen zu einer deutlichen Atrophie des M. pi▶ Abb. 11a+b). riformis der betroffenen Seite gekommen (● Nebenwirkungen im Sinne von Fernwirkungen, lokalen Komplikationen oder Beinschwäche haben wir bei keinem der Patienten beobachtet.

Diskussion &

Abb. 11 a + b 49-jährige Frau mit einem seit zwei Jahren manifesten PS. a: Becken-CT vor Behandlung mit ausgeprägter Asymmetrie des Piriformisdurchmessers zugunsten rechts. b: Becken-CT der gleichen Patientin ein halbes Jahr später nach zweimaliger BTX-Injektion mit deutlicher Atrophie des M. piriformis rechts.

Wir haben alle BTX-Injektionen unter CT-Kontrolle durchgeführt, da „blinde“ und/oder elektromyografisch kontrollierte Injektionen nur in etwa 60 % den M. piriformis treffen [103]; die Wirkung des BTX hängt zudem davon ab, ob man die Endplattenregion des Muskels erreicht [104]. Die Verwendung eines Nervenstimulators zur Ortung des N. ischiadicus soll diesen Prozentsatz zwar verbessern [88], die sicherste Methode ist aber die Kontrolle durch Bildgebung [86, 105]. Von manchen Autoren wird die ultraschallkontrollierte Injektion vorgeschlagen [106, 107]. Nach unseren und anderen [12] Erfahrungen ist diese aber nicht so sicher wie die CT-gestützte Injektion; insbesondere bei dickeren Patienten. Die Injektion nach Prüfung der Nadellage durch nervennahe Elektrostimulation [108] erscheint uns sehr riskant. EMG-kontrollierte Injektionen sind abzulehnen, da das EMG-Signal auch von anderen Muskeln, insbesondere vom M. gluteus maximus stammen kann [12]. Mit einem hohen Risiko gefährlicher Komplikationen ist die „blinde“ Injektion in den M. piriformis behaftet. Selbst mit Injektionen erfahrene Ärzte warnen vor Nervenschädigungen, intravasalen Injektionen, Infektionen, Hämatombildungen und Rektumperforationen [66]. Man kann dieses Procedere variieren, sodass zuerst 3 ml eines länger wirkenden Lokalanästhetikums (z. B. Bupivacain 0,5 %) in den M. piriformis injiziert werden, dann 2 ml BTX und danach nochmals 2 ml Lokalanästhetikum (zum „Spülen“ der Kanüle) gegeben werden [18, 86]; wir halten dies nach vorangegangener Lokalanästhesie des vorgesehenen Stichkanals nicht für notwendig. Eine Wirkung tritt auch nach den Literaturangaben nach drei Tagen bis zwei Wochen bei den meisten Patienten bereits nach der ersten Injektion ein. Bei wenigen Patienten hält die Schmerzfreiheit nur drei bis vier Monate an. Nach wiederholter Injektion

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Übersicht 15

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Typisches Schmerzsyndrom Neurologische Untersuchung Piriformiszeichen

Radikularsyndrom

Becken-Bildgebung FAIR-Test

Bildgebung LWS Hüfte EMG-ENG

negaitiv

positiv

probatorisch BTX

BTX

Erfolg Erfolg

negaitiv

positiv spezifische Therapie

kein Erfolg

kein Erfolg 1x Wiederholung

Abb. 12

▶ Abb. 12 dargestellt. Aus der Erfahrung, dass bei manist in ● chen Patienten erst die zweite Injektion – mit noch deutlicherem Rückgang des Durchmessers des M. piriformis – eine Wirkung bringt, sollte bei Angabe des Patienten, keine Wirkung verspürt zu haben, noch eine Wiederholungsinjektion durchgeführt werden, bevor man die BTX-Behandlung abbricht.

Fließdiagramm zur Therapieplanung beim Piriformis-Syndrom.

verlängert sich die Wirkungszeit, oder es kommt zur bleibenden Beschwerdefreiheit. Motorische Nebenwirkungen im Sinne von Beinschwäche sind nicht zu erwarten, weil der M. piriformis nur der viertkräftigste der kurzen Hüftaußenrotatoren ist [56]. Die positive Wirkung des BTX beim PS wird vor allem auf die direkte Muskelentspannung durch Blockierung der extrafusalen neuromuskulären Synapsen zurück geführt. Darüber hinaus wird ein zusätzlicher Entspannungseffekt durch Hemmung der intrafusalen Muskelfasern und eine Wirkung auf die Schmerzrezeptoren angenommen [99, 109]. Für die Anwendung von BTX zur Behandlung des PS gibt es folgende Rationalen: Der Wirkungsmechanismus des BTX ist bei Engpasssyndromen geklärt und in sich logisch; durch die millionenfache Anwendung des BTX bei anderen Indikationen ist die Sicherheit des Präparats bewiesen; die klinische Erfahrung spricht für die Überlegenheit der BTX-Behandlung beim PS gegenüber anderen Therapieformen; die Kosten-Nutzen-Analyse fällt deutlich zugunsten der BTX-Behandlung aus [15, 86].

Schlussfolgerungen für die praktische Therapie des PS & Der Begriff PS sollte dem Engpasssyndrom des Foramen infrapiriforme vorbehalten sein, um klare diagnostische und therapeutische Strategien entwickeln zu können. Mit BTX-Injektionen in den M. piriformis steht erstmals eine nichtchirurgische, anhaltend wirksame und weitgehend risikofreie Therapiemöglichkeit des PS zur Verfügung. Die Behandlung des PS mit BTX in Kombination mit Physiotherapie ist wirksamer und kostengünstiger als die systemische analgetische Dauertherapie oder die operative Behandlung. Unnötige lumbale operative und interventionsradiologische Wirbelsäuleneingriffe können vermieden werden, wenn vorher ein PS ausgeschlossen wurde [110]. Wir können nach unseren Erfahrungen das von Barton [85] vorgeschlagene Therapieschema folgendermaßen ändern: 1. Stufe: Korrektur biomechanischer und assoziierter Faktoren 2. Stufe: Physiotherapeutisches „Zu Hause“-Programm mit Dehnungsübungen und Kälteanwendung 3. CT-gestützte BTX-Injektion in den betroffenen M. piriformis. Die von Barton – er kannte die BTX-Behandlung nicht – erwähnte 4. Stufe „Operative Piriformisabtrennung“ erübrigt sich weitgehend. Das entscheidende Moment für den Erfolg der Behandlung des PS stellt dabei die exakte Diagnose dar [111]. Das von uns vorgeschlagene diagnostisch-therapeutische Vorgehen

Danksagung & Ich danke der Leiterin der Neurologischen Abteilung des MVZ der Paracelsus-Klinik Zwickau, Frau Dr. A. Stenner, für die Zuarbeiten und die jahrelange Zusammenarbeit bei den BTX-Injektionen unter CT-Kontrolle. Frau Dr. A. Jahn, Fachärztin für Radiologie in der radiologischen Gemeinschaftspraxis in der Paracelsusklinik Zwickau, bin ich für zahlreiche Anregungen und methodische Hinweise dankbar; Herrn OA Roettger, Klinikum Plauen, für die Zusammenstellung unserer Behandlungsergebnisse. Dank auch an meinen Sohn für das sorgfältige Korrekturlesen und an meine Frau, die wie schon so oft auf gemeinsame Urlaubstage verzichten musste.

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■ Korrekturexemplar: Veröffentlichung (auch online), Vervielfältigung oder Weitergabe nicht erlaubt! ■ Reichel G. Das Piriformis-Syndrom – Diagnostik … Klin Neurophysiol 2009; 40: 1–17

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