Priorisierung, Rationierung, Rationalisierung
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DGPPN – Hauptstadtseminar
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Ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung zwischen Priorisierung und Rationierung
Versorgung in Neurologie und Psychiatrie
BVDN, BDN, BVDP Frank Bergmann
...
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Pharmakotherapie-Budget Bsp. Nordrhein Arzneimittel-Richtgrößen 2010 nach Fachgruppen (Anlage B zur Richtgrößenvereinbarung für Arznei- und Verbandmittel 2010)
• AV132,66 Euro • RV150,87 Euro • Generika-Quote • Me- too- quote
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Preise: (jew. 100 Stck.) Cipralex 10 mg Mirtazapin 30 mg
129,72 45,65
Galantamin 12 mg Memantine 20 mg
480,83 375,34
Risperidon 6 mg Olanzapin 10 mg
59,29 749,08
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Therapie der Demenz:
AChEI 29 % 18 %
keine Antidementiva
55 %
Memantine
11 %
16 %
andere Antidementiva überwiegend Ginkgo biloba Präparate 65.000 Patienten von 903 ambulanten Pflegediensten nach Grass-Kapanke et al., 2008
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• •
Die ambulante Versorgung psychisch Kranker wird zur Zeit von 5.000 Nervenärzten/Psychiatern geleistet. Sie versorgen derzeit ca. 2 Millionen Patienten/Quartal.
•
Demgegenüber stehen 15.000 Psychotherapeuten, die ca. 500.000 Patienten/Quartal versorgen, d. h. pro Nervenarzt 400 Patienten/Quartal, pro Psychotherapeut 35 Patienten/Quartal.
•
In Psychiatrischen Institutsambulanzen werden ca. 150.000 – 200.000 Fälle/Quartal versorgt
• •
Gesamt-Budget Neurologie/Psychiatrie = Psychotherapie! D.h.: Für ca. 2 Millionen neurologisch/psychiatrisch erkrankter Patienten steht nicht mehr Geld zur Verfügung als für ca. 500.000 PsychotherapiePatienten.
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Nervenärzte (nur psychiatrische Fälle) und Psychiater
Ärztliche Psychotherapeuten
Psychologische Psychotherapeuten
9 % aller Fälle
19 % aller Fälle
24 % = 1.000 Fälle
50 %
Gesamt ~ 68 Mio. €
26 %
Ki.- und Jugendpsychiater
72 % aller Fälle
Ausgaben in der kassenärztlichen Versorgung nach ‘psychiatrischen‘ Fällen und Leistungserbringern Melchinger, 2007
KV Bayern II/ 2002 (nach Carl, 2003)
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Industrieländer: Burden of Disease 2030
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Mathers, Loncar 2006
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Finanzierung der vertragsärztlichen Versorgung, ausschließlich Verteilungsungerechtigkeit?
2009: Im Rahmen der Honorarreform wurden rd. 3 Mrd. Euro zusätzlich in das KV – System gegeben.
2010: Für eine adäquate Vergütung der (betriebswirtschaftlich!) kalkulierten EBM – Leistungen, die auf Basis eines Punktwertes von 5,11 ct kalkuliert wurden, sind zusätzliche 11 Mrd. Euro erforderlich Es besteht derzeit eine Unterdeckung von ca. 30 % - unter Zugrundelegung der Beschlüsse des Bewertungsausschuss
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Regionale Fallwerte im RLV II. Quartal 2009 am Beispiel „Nervenärzte“ und „Psychiater“ (< 30 % RL PT)
•
Hamburg
Nervenärzte Psychiater
60, 62 78, 09
719 531
•
Hessen
Nervenärzte Psychiater
38,84 42, 65
ca. 800 ca 500
•
Nordrhein
Nervenärzte Psychiater
39,29 40,70
871 503
•
Baden- Wü.
Nervenärzte Psychiater
48,70 51, 41
853 555
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Honorarreform 2009 (Beschlüsse EBA August 2008)
1. „Priorisierung“ einer nicht rationalen Liste unbudgetierter Leistungen a.
Wachsende Umverteilung von Mitteln der (budgetierten) Regelversorgung in andere Fachgruppen durch Ausweitung unbudgetierter Leistungen
b.
Nur ca. 50%der Mittel werden der Regelversorgung zur Verfügung gestellt (große regionale Varianz)
c.
Für die Regelversorgung bleiben nur die Reste übrig
d.
Psychiater haben nur marginal Zugang zu extrabudgetären Leistungen und verfügen über keine Kompensationsmöglichkeiten, Quotierungen erfolgen zu Lasten der Psychiatrie
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2.4. Anpassungsfaktor zur Anpassung des Leistungsbedarfes für besonders förderungswürdige Leistungen innerhalb des vorhersehbaren morbiditätsbedingten Gesamtvergütung
• • • • • •
1. Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten 2. Akupunktur 3. Polysomnographie 4. MRT-Angiographie 5. Antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen der Psychotherapie gemäß Abschnitt 35.2
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1,3201 1,1714 1,2043 1,1687 1,2923
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Das RLV-Vergütungsvolumen des fachärztlichen Versorgungsbereichs wird ermittelt aus dem vorläufigen RLV-Vergütungsvolumen des fachärztlichen Versorgungsbereichs gemäß 1. unter Abzug (..) der Vergütungen des Jahres 2007 für folgende Leistungen: • Besondere Inanspruchnahme,Leistungen im organisierten Notfalldienst und im Notfall Dringende Besuche, Ambulante praxisklinische Betreuung und Nachsorge • Behandlung von Naevi Flammei und Hämangiomen • Histologie, Zytologie (GOP 19310 bis 19312, 19331) • ESWL (GOP 26330) • Leistungen des Abschnitts 30.7.1 zur Versorgung chronisch schmerztherapeutischer Patienten, durch nicht ausschließlich schmerztherapeutische tätige Ärzte • Akupunktur des Abschnitts 30.7.3 • Polysomnographie (GOP 30901) • Laboratoriumsmedizinische Untersuchungen des Kapitels 32 • Diagnostische Radiologie (GOP 34210 bis 34297), soweit nicht durch Fachärzte für Diagnostische Radiologie erbracht • MRT-Angiographie des Abschnitts 34.7 • Kostenpauschalen des Kapitels 40
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Honorarreform 2. Nivellierung der Fallwerte zu Lasten der versorgungsintensiven Leistungserbringer •
Praxen mit hoher Versorgungsleistung werden auf das Mittelmaß reduziert
•
Hochspezialisierte Praxen werden aufgrund einer Superselektion schwerstkranker Patienten systematisch benachteiligt und können trotz hoher Versorgungsleistungen nicht kostendeckend arbeiten
Bsp.: Praxen mit einem sehr hohen oder ausschließlich diagnostischem Anteil Praxen mit geringen Fallzahlen und hoher Terminfrequenz z. B. häufige WV psychotischer oder depressiver Patienten Frank Bergmann
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IGES Gutachten 2009 im Auftrag von KBV, BVDN, BDN .BVDP, DGPPN und DGN)
• Die Pauschalierung von neurologischen und psychiatrischen Leistungen erweist sich als nicht Ziel führend
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Ökonomische Rahmenbedingungen unter RLV-Bedingungen
EBM-Preise [real 3,5 ct / (kalkuliert 5,11 ct)]: −
Ordination
34,-/
(45,-)
−
EEG
24,-/
(36,-)
−
VEP/AEP/SSEP
26,-/
(38,-)
−
EMG/NLG
18,-/
(26,-)
−
Liquor
38,-/
(56,-)
−
Psych. Gespräch
13,45,-/ (19,70)
−
Kont. Betreuung
37,10 / (54,20)
Aber: Begrenzung der ausbezahlten Honorare über Fallwertlimitierung, Fallzahlbegrenzung sowie Quotierung aufgrund Abzüge für Rückstellungen, freie Leistungen etc.
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Auswirkungen ICD-Kodierrichtlinie 2010 ?
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M-RSA: Auswirkungen auf die vertragsärztlichen Vergütungen • Der M-RSA wird sich mittelbar auf das Vergütungsvolumen für vertragsärztliche Leistungen auswirken; dabei bedeutsame/betroffene Faktoren – Ausmaß der Standardisierung des versichertenbezogenen Behandlungsbedarfs der MGV – Weiterentwicklung der Vergütungen für Leistungen außerhalb der MGV – Ausgestaltung und Anwendung des Patientenklassifikationssystems nach § 87a SGB V und der Kodierrichtlinien (Unabhängige Weiterentwicklung vs. „Gleichschaltung“ mit dem Morbi-RSA-Grouper?) – Ausgestaltung von Bereinigungsverfahren für Selektivverträge
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Morbi RSA Die Liste der Krankheiten, die im morbiditätsorientierten Risikostrukurausgleich Berücksichtigung finden:
Psychiatrisch :
Schwerwiegender Alkohol- und Drogen-Missbrauch Psychotische Störungen und Persönlichkeitsstörungen Depression Bipolare affektive Störungen Anorexia nervosa und Bulimia nervosa Aufmerksamkeitsstörung / attention deficit disorder / andere hyperkinetische Störungen Delir und Enzephalopathie Demenz
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M-RSA: Anreize zur „Optimierung“ der Zuschläge Beispiel • Beispiel: – statt F53.0 Postpartale Depression (keine M-RSA berücksichtigte Krankheit) – F32.9 Depressive Episode, nicht näher bezeichnet M-RSA „optimiert“ 2 x im Jahr: Zuschlag: 84 €
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Priorisierung durch Umschichtungseffekte und Relativierung des kollektivvertragärztlichen Systems Regelversorgung GKV
§ 140a ff § 73 b + c Direktverträge Krankenkassen Privatpatienten Selbstzahler
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Kooperationen
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Selektivverträge/Kollektivverträge • Vorteil Selektivvertrag – Möglichkeit des Vertragsabschlusses auf Augenhöhe – Qualität und Transparenz der Versorgung – Leistungsorientierung und kalkulierte Leistungskomplexe – Patientenorientierung • Patienteninformationssysteme • Edukation • Service • Nahtlose Übergänge
• Vorteil Kollektivvertrag • Sicherstellungsauftrag • Keine Vertragsfreien Zustände Frank Bergmann
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Selektivverträge - Ende des Kollektivvertrags? • Tendenz in den Verhandlungen v. Selektivverträgen – Fokussierung auf wenige ökonomische Kennzahlen • AU-Tage, KH-Einweisungen, Med.-Kosten
– Reine Fokussierung auf Service-Qualität • „Provision“ für rasche Terminvergabe
– Medizinische Qualität ist nachrangig – Wenig Anreize zum Abschluss von Verträgen zur Behandlung chronisch- und schwerkranker Patienten Frank Bergmann
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(§73c) KBV- BVe Mustervertrag
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Qualitätsgesicherte Neuropsychiatrische Versorgung - (§§73c /140)
• Öffentliche Präsentation des Vertragsmodells am 16.11.2009 in Berlin in der KBV
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Versorgungsauftrag für fast alle neuropsychiatrischen Erkrankungen
• • • • • • • • •
Affektive Störungen, insb. Depression Demenz inkl. Alzheimerkrankheit Psychosen Bewegungsstörungen Entzündliche Erkrankungen des ZNS, u.a. MS Neuromuskuläre Erkrankungen Epilepsie Cerebrovaskuläre Erkrankungen Suchterkrankungen RSA-relevante Diagnosen betroffen sind Millionen Patienten, allein 4 Mio. Depressive
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SS 2007
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Berufspolitische Forderungen
– Materielle, Zeitliche und materielle Ressourcen sind begrenzt – Versorgungsbedarf wächst – Die Morbiditätsorientierung in der Mittelzuteilung über den Gesundheitsfonds ist richtig. Es gibt aber keinerlei Anreize, diese Mittel in die Versorgung weiter zu reichen
1. Zentrale politische Forderung ist eine morbiditätsorientierte Ressourcenallokation
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Berufspolitische Forderungen
•
•
2. Die Ressourcenallokation muss sich auch honorarpolitisch nach der Morbidität ausrichten und nicht nach Besitzstand, Historie oder Einfluss in Gremien Dies bedeutet konkret/zeitnah: – Korrektur der Fallwertfehlberechnungen in den Ländern – Begrenzung der freien Leistungen in anderen Fächern – Priorisierung der Regelversorgung statt Posteriorisierung Politisch/perspektivisch: – Einführung einer morbiditätsorientierten Vergütungssystematik auch in den Kollektivverträgen – Leistungsorientierte Vergütung ohne Fallwertnivellierung
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Berufspolitische Forderungen
3. Mehr Wettbewerb im Gesundheitssystem ist richtig, aber es muss einen Wettbewerb um die beste Versorgung der Kranken, nicht um die besten Risiken geben.
• Wir brauchen Anreize für die Krankenkassen für Vertragsabschlüsse auch mit Schwerkranken
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Berufspolitische Forderungen 4. Entstigmatisierung schwerkranker psychiatrischer und neurologischer, resp. hirnverletzter Patienten • Warum?
Die Stigmatisierung schwerkranker psychiatrischer, aber auch neurologischer und resp. hirnverletzter Patienten, Patienten mit Lähmungen, kognitiven Störungen und Sprachstörungen ist instituionalisiert Probeme, ihre sozialgesetzlich verbrieften Rechte durchzusetzen bei Krankenkassen Rentenversicherungen Pflegekassen Versorgungsämtern Psychisch Kranke sind kein umworbenes Wählerklientel Der gesunde oder leicht kranke Versicherte ist der interessante Patient, bzw. Wähler
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Berufspolitische Forderungen
5. Kooperation statt Konkurrenz
Bei wachsendem Versorgungsbedarf, wachsender Versorgungsleistung und Nachwuchsmangel brauchen wir sinnvolle Kooperationsmodelle statt institutioneller Konkurrenz (§118) – Entwicklung von Behandlungspfaden mit Definition sinnvoller Schnittstellen und Versorgungsaufträgen – Regionale Vernetzung – Ggf. Mitarbeit von niedergelassenen Psychiatern in Ambulanzen vice versa
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Berufspolitische Forderungen
6. Öffentliche Priorisierungsdiskussion
• Bei begrenzten materiellen und zeitlichen Ressourcen und als Folge des demokratischen Faktors wachsenden Versorgungsbedarf bedeutet die Vermeidung einer rationell begründeten Priorisierung medizinischer Leistungen eine ungeregelte Rationierung – mutmaßlich zu Lasten der chronischen und Schwerkranken
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