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Author: Dominic Richter
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1 COPYRIGHT: COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darfEs ohne Genehmigung nicht verwertet Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. darf ohne Genehmigung nicht werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke Genehmigung von DeutschlandRadio / Funkhaus Berlin benutzt werden. Kultur benutzt darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio werden.

Deutschlandradio Kultur Forschung und Gesellschaft am 13. September 2007 Redaktion: Peter Kirsten

Mit Licht in die Zukunft Die Innovationskraft optischer Technologien Von Falk Fischer Regie: Aus Archiv (Ilya Richter) Licht aus! Womm. Spot an! Jaaa. Sprecher Die Ansage für einen neuen Star. In den 70er Jahren kündigte Ilja Richter mit diesen Worten Popsänger an. Heute könnte er mit derselben Ansage sinnfällig einen ganzen Epochenwechsel ankündigen. „Licht aus“ für die Epoche der Glühbirne. Sprecherin Spot an für neuartige Leuchten, die in 10-20 Jahre wahrscheinlich die meisten bisherigen Leuchten vom Markt verdrängt haben werden. Mit ihnen wird sich das Aussehen der Städte, der Häuserfassaden, der Lichtreklamen, der Innenraumbeleuchtungen und der Bildschirme wesentlich verändern und einhergehend damit sicher auch das Lebensgefühl. Die entsprechenden Entwicklungen stehen kurz vor der Marktreife. Blochwitz-Nimoth Wir sehen jetzt gerade LED Beleuchtung kommen, dass wir mit LEDs immer mehr

2 ersetzen klassische Lampen. Wir sehen die Diskussion energieeffizienterer Beleuchtung, wir sehen das Verbot von klassischen Glühlampen in Australien, wir sehen die Diskussion auch hier in der Europäischen Gemeinschaft in Richtung von Verbot von energieineffizienten Lampen usw., das wird also kommen Regie Licht aus! Womm! Blochwitz-Nimoth Und OLED … ist die einzige Technologie, die Licht diffus auf großen Flächen erzeugen kann. Zum anderen hat sie auch das Potenzial, die Effizienzen im Lampensystem von bisherigen Lösungen basierend auf Fluoressenzlampen zu übertreffen. Regie: Spot an! Jaaa! Thoma Jurk Der große Vorteil von Lichtinnovation ist natürlich auch, dass wir nicht mehr so viel künstliches Licht haben werden. Denn man unterschätzt zum Beispiel, dass es in dem Bereich bislang kaum möglich wäre, ein wirklich reines Weiß zu erzeugen. Und je natürlicher diese Farben werden, desto leichter werden sie auch im täglichen Umgang verkraftbar. Ich leide eher darunter, dass wir zu viel künstliches Licht haben, und dass das, was jetzt im Entwicklungsprozess ist, der Natur sehr nahe kommt, und das ist genau das Gegenteil von dem, was man befürchten würde oder befürchten müsste. Sprecherin Sachsens Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit, Thomas Jurk, schwärmt für die Innovationen in der Lichttechnologie. Als künstlich empfindet er das Licht der viel gepriesenen modernen Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren, die ja tatsächlich in ihrer Lichtqualität dem althergebrachten Glühlicht weit hinterher hinken. Immer wirkt es fahl und blass, irgendwie steril und lässt Menschen oft krank aussehen – macht vielleicht auch krank. Trotzdem hat Australien den Verkauf von Glühbirnen aus klimapolitischen Gründen inzwischen verboten, da sie nur mikrige 5% der elektrischen Energie in Licht umsetzen. Eine wirklich alternative Lichtquelle, die ein

3 brillantes, mit allen Farben des Regenbogens gesättigtes der Sonne ähnliches Licht liefern würde, war bislang nicht in Sicht. Sprecher Das soll jetzt anders werden. Die entsprechende Technologie dazu steht in den Startlöchern, kurz vor dem Markteintritt. Und der Technologiestandort Deutschland, insbesondere Sachsen mit seinem Technologienetzwerk Silicon Saxony, wollen hier von Anfang an in vorderster Reihe mitspielen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF hat in kluger Voraussicht zweistellige Millionenbeträge für Lichtinnovationen bereitgestellt, um den Eintritt in einen gewaltigen, neuen globalen Zukunftsmarkt zu ebnen. Sprecherin Das Zauberwort heißt OLEDs – ein Akronym für Organische-Licht-EmittierendeDioden. Das klingt ziemlich nach Halbleitertechnologie und ist es auch, bloß dass Silizium nun durch organische Verbindungen ersetzt ist. Und dieser scheinbar kleine Materialwechsel macht den großen Unterschied, erlaubt er doch Bauweisen, die bislang nicht denkbar waren. Blochwitz-Nimoth Das ist eine Vision, die wir auch haben, also das transparente Fenster sozusagen, das Fenster, was vielleicht zu 80, 70 Prozent Licht durchlässt am Tage, auch damit ein bisschen Reduktion der Sonne schon bringt, und nachts dann als OLED funktioniert, als Lichtquelle. Das kann man sich vorstellen. Sprecherin erklärt Jan Blochwitz-Nimoth, technischer Leiter und Mitgründer der seit 2003 bestehenden Novaled-AG in Dresden. OLEDs sind Flächenleuchten – keine Leuchtröhren, keine Punktstrahler: Flächen. Und die Flächen müssen nicht einmal starr und flach sein wie Fenster, Spiegel, Kacheln oder Hausfassaden, sie können beliebige Formen annehmen – Autobleche zum Beispiel – oder gar elastisch sein wie leuchtende Folien, Tapeten, Kleidungsstücke. In jeder gewünschten Farbe. Sprecher Fast vergessen ist, welch ungeheure kulturelle Leistung dahinter steckt, auf Knopfdruck Licht erzeugen zu können. Licht zu erzeugen verlangt, Atome oder

4 Moleküle in hinreichend schnelle Schwingung zu versetzen. Im Notfall gelingt das mit Hammerschlägen. So bringt ein Schmied ein Eisen zum Glühen. Freilich setzt sich der größte Teil der eingeprügelten Energie in Hitze um, und erst ab etwa 1000 Grad geht die Hitzestrahlung über in sichtbare Rotglut. Die Glühlampe folgt im Wesentlichen demselben Prinzip, bloß trommelt bei ihr ein Strom von Elektronen auf widerständigen Wolframatomen herum. Energiesparlampen setzen das „Trommelfeuer“ etwas geschickter. Sprecherin Die neuen Halbleiterlichtquellen verabschieden sich erstmals vom Konzept des wahllosen Getrommels. Sie lassen schön geordnet, fast wie in der Tanzstunde, links männliche, rechts weibliche Ladungsträger, fachsprachlich Elektronen und Löcher, aufeinander losmarschieren. Und wenn sich zwei Partner auf der Tanzfläche finden, ein hochangeregter Zustand, fliegen die Funken – Funken pur, ohne Hitzeentwicklung, ohne nennenswerte Abwärme. Daraus leitet sich auch sofort der prinzipielle Schichtaufbau einer OLED ab. Blochwitz-Nimoth Sie können sich das als Sandwich vorstellen. Sie haben zwei Toastbrotschreiben, das sind die Kontakte, dort, wo sie ihre Elektroden anschließen, und in den Toastbrotscheiben haben sie auf beiden Seiten Butter, dazwischen haben sie Schinken. Die Butter ist quasi die organische Schicht, die den Strom leitet, und der wird geleitet zur Mitte, dort wo sich der Schinken sozusagen befindet, und der macht den Geschmack, das heißt in dem Fall wäre das die Farbe, die die OLED dann hätte. Sprecher Das Sandwich misst gerade mal einen fünfzigstel Haardurchmesser. Übernommen ist der Aufbau aus der Siliziumtechnologie. Siliziumleuchtdioden, kurz LEDs genannt, gibt es längst zu kaufen. Als Taschen-, Fahrrad-, Autolampen, und sind zunehmend auch in Ampeln zu finden oder als Punktstrahler für den Wohnbereich. Energiesparend, unkaputtbar, aber immer nur als Punktstrahler. Das ist oftmals zu grell und entsprechend umständlich, einen Raum einigermaßen gleichmäßig, falls gewünscht, damit auszuleuchten. Größere Einheiten sind jedoch auf Siliziumbasis nicht zu machen. Denn damit Silizium all die wunderbaren halbleitenden Eigenschaften, sprich seine Rechenkunst und Leuchtfähigkeit ausspielen kann, muss

5 es kristallin vorliegen. Große, flache Kristalle sind aber extrem brüchig, teuer, auch energieaufwändig herzustellen und in jeden Fall undurchsichtig. So war es also schon lange ein Wunsch vieler Wissenschaftler, eine Art halbleitenden Kunststoff herzustellen mit maßzuschneidernden elektrischen Eigenschaften. Dieser Durchbruch ist inzwischen gelungen, was freilich einige Chemie-Akrobatik verlangt hat. Heine (Laboratmo) Unsere Materialien sind hoch reaktive Substanzen Sprecherin sagt Chemielaborant Oliver Heine von der Novaled-AG und steckt seinen Arm in einen der armlangen Gummihandschuhe, die in die schreibtischgroßen Glaskästen eingeschweißt sind. Dahinter stehen alle möglichen Reagenzgläser, Töpfchen, Kocher und irgendwo brodelt ein Destillationsapparat. Alles in sauerstofffreier Schutzatmosphäre, da die Stoffe so empfindlich sind.. Heine (Laboratmo) Die würden in Gegenwart von Luft und Wasser sofort abreagieren. … Also man braucht sehr viele Möglichkeiten und sehr viele Versuche, um dahin dann am Ende zu kommen, um die dann so zu verpacken, dass die dann auch für unsere Kunden dann gut handhabbar sind, dass die Kunden das dann auch in ihren Produkten weiterverarbeiten können. Sprecherin Tagelanges Köcheln, Reinigen, Abscheiden, Mischen, um am Ende ein paar Milligramm der gewünschten Substanz zu erhalten. Ein Riesenaufwand, der aber notwendig ist, um verschiedene Wunscheigenschaften auf ein Molekül zu vereinen. Neben seiner maßgeschneiderten elektrischen Eigenschaft soll es ja auch noch durchsichtig sein, langzeitstabil, sich mit seinen einbettenden Materialien chemisch vertragen und manches mehr. Regie: Akzent Sprecher Einen derartigen Forschungsaufwand können sich etablierte Fertigungsfirmen kaum

6 aus eigener Tasche leisten. Dieses Geschäft übernehmen daher idealerweise junge Startup-Firmen. Ihr Kapital ist die Hoffnung auf baldige ordentliche Gewinne. Darüber werben sie Fördergelder und Risikokapital ein, um irgendwann womöglich den Sprung sogar an die Börse zu schaffen. Novaled setzt auf Lizenzeinnahmen und hat den Börsengang längst anvisiert. In der Branche sind sie als Senkrechtstarter bereits weltbekannt. Vor allem amerikanische Firmen stehen hier im Wettbewerb um die besten OLEDs. Jeder kocht andere Rezepturen, jeder muss mindestens drei Farben hinbekommen, um am Ende Weißlicht zusammenmischen zu können. Drei gleich gute. Da hat jeder woanders die Nase vorn. Blochwitz-Nimoth Also bei unseren Weltrekorddioden, die wir im Grünen halten, da werden ca. 20 Prozent, etwas mehr als 20 Prozent der elektrischen Anschlussleistung in Licht umgewandelt, und wir sind damit im grünen Spektralbereich effizienter als jede anorganische LED heute noch ist. Das ist erstaunlich und auch motivierend. Im weißen Bereich gibt es auch Demonstratoren, die knapp 20 Prozent schaffen. Aber dort noch nicht mit so langer Lebensdauer. Leo Also aus meiner Sicht ist das wirklich erstaunlich, wenn man bedenkt, wie noch die Materialien am Anfang in der Forschung stehen, welche Effizienz sie schon erreicht haben. Sprecher meint Karl Leo, Leiter des Instituts für Optoelektronik an der Universität Dresden und stellvertretender Leiter des Fraunhoferinstituts für photonische Mikrosysteme. Er gilt als der deutsche Papst der organischen Halbleitertechnologie. Novaled ist als Ausgründung aus seinem Institut hervorgegangen. Leo Und ich gehe davon aus, dass das noch deutlich gesteigert werden wird, dass wir also in Zukunft weiße organische Leuchtdioden als Beleuchtungsquellen haben, die die Leuchtstoffröhre erreichen oder sogar schlagen in der Effizienz. Sprecher Als Grundlagenforscher definiert sich Karl Leo selbst als „unbeschränkt optimistisch“,

7 quasi eine Art Berufsethos. Bei den OLEDs ist der Optimismus aber weit mehr als nur Ethos oder gewollt positives Denken. Die Licht erzeugenden Prozesse funktionieren mit organischen Molekülen einfach zu gut. Eigentlich unschlagbar gut. Leo Ja, die organischen Materialien sind wunderbar in dieser Hinsicht. … Sie machen einen das Leben leicht, muss man sagen. Das ist also erstaunlich immer wieder, wie effizient die Emission in organischen Leuchtdioden ist. Also da kämpfen die anorganischen Leuchtdiodenforscher viel mehr. Sprecher In zwei bis drei Jahren, schätzt Karl Leo, wird sich die Effizienz verdoppelt haben, vielleicht sogar verdreifacht. Damit würde sie dann die Leuchtstoffröhre buchstäblich in den Schatten stellen. Sprecherin Bis dahin dürfte auch die Lebensdauer noch einmal gestiegen sein. Weniger bei der grünen OLED, die jetzt schon ein Leben lang hält - einmal kaufen, nie mehr wechseln –, sondern mehr bei der roten und vor allem blauen. Für das Auge angenehm werden die Farben in jedem Fall ausfallen – klare, brillante Farben, die sich zu einem weichen, satten Weiß verbinden – kein Vergleich zu konventionellen Energiesparlampen. Und das Licht lässt sich dann sogar farblich noch variieren – mit einer Art Gemütlichkeitsregler. Blochwitz-Nimoth Sie können auch OLEDs bauen, die sie einstellen können zwischen warmweiß und kalt weiß – warmweiß eher rotbetont, kaltweiß eher blaubetont. D. h. sie können auch an der Straßenbeleuchtung im Prinzip als Lichtdesigner arbeiten, um einem gewissen Bereich in der Stadt gewisse ganz eigene Noten zu geben und auch eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. Ich mache im Winter vielleicht ein bisschen optimistischeres Licht, im Sommer ein bisschen gedämpfteres Licht, um die Stimmung der Menschen aufzuhellen. Also das kann man alles machen. Und in der Richtung, denke ich, wird sich einiges tun. Regie: Akzent

8 Sprecherin OLEDs sind damit auf dem besten Weg, zur ultimativen Leuchtquelle zu avancieren. Noch liegt der Preis viel zu hoch, noch gibt es nicht die ausgereiften Fertigungsstraßen. Die Lernkurve, die jede technische Innovation zu durchlaufen hat, hebt erst an. Sprecher Um Luft unter die Flügel zu bekommen, zielt die Förderung des Bundesministerium für Bildung und Forschung vor allem darauf ab, ein „Rolle zu Rolle“Fertigungsverfahren hinzubekommen. Eine Folie wird auf der einen Seite abgerollt, dann kontinuierlich beschichtet und auf der anderen Seite wieder aufgerollt. OLEDs am laufenden Meter sozusagen. Das wäre der Marktdurchbruch. Und der Wunschtraum aller Lichtinnovatoren. Natürlich auch die ultimative Profanisierung des einst heiligen Lichts. Im Augenblick liegt der Flächenrekord noch bei einer Leuchtkachel von 30 mal 30 Zentimeter, demonstriert von einem japanischen Forscherteam. Viel größer muss es gar nicht werden, weil es geschickter sein dürfte, mehrere Kacheln nebeneinander zu legen für den Fall, dass eine mal ausfällt. Sprecherin In Richtung immer kleinerer Abmessungen entfalten OLEDs allerdings einen mindestens ebenso großen Charme. Leo Demnächst wird sie in größerem Umfang für Telefone als Hauptdisplay eingesetzt, das nennt sich dann Aktivmatrixdisplay, und dann denke ich, wird die OLED nach und nach in der Fläche wachsen. Es gibt diese Ankündigung einer japanischen Firma, die 11 Zoll Fernsehbildschirm machen will, und langfristig, zumindest von der Technik her ist die OLEDs das am besten geeignete Display. Also die Qualität der Demonstratoren, die ich gesehen habe, gerade jetzt auf der Displaymesse, die ist verblüffend. Also die Hauptvorteile sind, dass also der Blickwinkeleffekt vollkommen entfällt. Also das OLED sieht unter jedem Blickwinkel gleich aus, nicht wie die LCD, die teilweise die Farben invertiert und anderes. Der Kontrast ist sehr hoch, der Bildschirm wird auch wirklich dunkel, gerade wenn man also so Szenen schaut, die im Dunkeln spielen, dann sieht man doch die Schwächen der LCD. Der Farbraum ist

9 sehr, sehr groß, größer als bei der Kathodenstrahlröhre, d. h., die gesamte Qualität der OLED-Displays ist sehr, sehr gut. Sprecherin Den wandgroßen OLED-Bildschirm könnte es bereits geben, wenn der Teufel nicht, seiner Vorliebe entsprechend, im Detail stecken würde. In der Fertigungstechnik. Das Gros der Entwicklung ist darauf ausgerichtet, möglichst kleine Moleküle herzustellen. Sie sind viel stabiler, leichter zu reinigen und können einfach aufgedampft werden. Für große Flächen ist das klasse, bei feinen Strukturen wird’s kompliziert. Sehr kompliziert sogar. Viel günstiger wäre in diesem Fall, man hätte die Moleküle als Tinte vorliegen und könnte jede beliebige Struktur dann einfach per Tintenstrahldrucker auftragen – Bildschirme aus dem Drucker sozusagen, frei formatierbar. Sprecher Tatsächlich laufen entsprechende Versuche. Die hierfür am besten geeigneten Moleküle sind aber groß und langkettig, eine ganz andere Materialklasse also. Dank ihrer Größe lassen sich alle möglichen Zusatzeigenschaften noch mit einbringen. Sie sind also flexibler, dafür jedoch weniger effizient, weniger langzeitstabil und vor allem auch nicht so gut aufzureinigen. Destillieren scheitert, weil große Moleküle bei Hitze zerbrechen. So braucht es noch eine Zusatzidee, die erlauben würde, große Moleküle pfleglicher und trickreicher zu handhaben. Sprecherin Und die gibt es. Und sie hat ebenfalls mit einer herausragenden Lichtinnovation zu tun. Regie: Akzent Sprecher Ortswechsel. Aachen. Fraunhoferinstitut für Laserphysik, eines der größten zivilen Laserforschungsinstitute für praktische Anwendungen in Europa. Dieter Hoffmann leitet hier die Abteilung für Dioden- und Festkörperlaser. Auch die Laserweiterentwicklung steht mit 20 Millionen Euro im Förderprogramm des BMBF, speziell ausgewiesen für das neue Teilgebiet der Femtonik. Femtonik steht für ultrakurze Laserpulse im Bereich von 100 bis 1000 Femtosekunden. Das ist so kurz,

10 dass ein Lichtpuls in dieser Zeit gerade mal die Strecke vom Bruchteil eines Haardurchmessers zurücklegt. Sie erlauben erstmals, chemische Reaktionen gewissermaßen zu filmen. Und sehr gezielt zu beeinflussen – feiner als mit jeder anderen Technologie. Hoffmann Also ein Stichwort ist zum Beispiel die kalte Materialbearbeitung. Normalerweise ist man gewohnt, dass man mit Lasern Materialien erhitzt, verdampft, aufschmilzt, was aber immer ein thermischer Prozess ist, der häufig die Materialien schädigt oder zumindest zu so genannten Wärmeeinflusszonen führt, die eben nachher in einem zweiten Schritt mühsam entfernt werden müssen. Mit ultrakurzen Pulsen kann man diese Wärmeeinflusszonen vermeiden oder… man kann Zähne damit bearbeiten, ohne dass der Zahn, der ein sprödes Material ist, Risse bekommt… Sprecher Ähnlich wie bei den OLEDs versucht auch die Femtonik, die so urvertraute und scheinbar unabwendbare Verbindung von Licht und Wärme aufzubrechen. Der Lichtstrahl eines Femtosekundenlasers sieht für das menschliche Auge zwar aus wie ein kontinuierlicher Strahl. In Wirklichkeit aber prasseln jede Sekunde Millionen ultrakurzer Pulse auf eine Probe, und zwar so kurz, dass die Pause danach 100 bis 1000fach länger ist als der eigentliche Blitz. Der Laser ist also die meiste Zeit aus statt an. Sprecherin Die ultrakurzen Pulse versetzen am Ziel zwar die Elektronen in Schwingung, aber die behäbig schweren Kerne kommen da nicht mehr mit. Das Licht lässt die Moleküle im wahrsten Sinne des Wortes kalt. Sie lassen sich anregen, ohne zu zerbrechen. Ihre Funktionalität bleibt somit erhalten. Sprecher Das lässt Medizintechniker von schmerzfreiem Kariesabtrag träumen oder Augenoder Hirnchirurgen von neuen Operationsmethoden. Autobauer setzen die Technik bereits ein, um Zylinderwände mit Mikroöltäschchen zu strukturieren, um den Verschleiß um bis zu 60% zu senken.

11 Sprecherin Und die OLED-Forscher träumen von möglichen neuen Druck-, Reinigungs- oder Aufdampftechniken. Hoffmann Wenn man das schafft, solche langkettigen Moleküle zu verdampfen, dann kann man damit Schichtsysteme aufbauen, und das ist sehr interessant für organische Leuchtdioden oder organische Displays.

Regie: Akzent. Sprecher Und noch ein Markt tut sich auf, ein schwierigerer aber noch größerer, der auf’s Engste mit den OLEDs verwandt ist. Hoffmann Also in Deutschland steigt im Moment das Interesse oder auch weltweit an organischen Solarzellen, die kann man sehr günstig herstellen, großflächig und mit sehr preiswerten Werkstoffen, und insofern sind diese organischen Schichten also sozusagen aus Polymeren, die dünn aufgetragen werden können im Nanometerbereich eben hochinteressant. Sprecherin Organische Solarzellen sind im Prinzip OLEDs rückwärts betrieben, ähnlich wie Elektromotor und Stromgenerator und dementsprechend etwas anders optimiert. Dies betrifft vor allem die „Schinkenschicht“ im Sandwich. Bei OLEDs halten kleine Moleküle den Weltrekord, bei Solarzellen sind es langkettige Polymere. Sprecher Amerikanische Startup-Firmen preschen derzeit mit immensem Forschungseifer voran, um hier als erste und auch recht aggressiv den Fuß in die Tür eines wohl dreistelligen, prinzipiell sogar nach oben unbegrenzten Millardenmarktes zu setzen. Pfeiffer Das Potenzial für organische Fotovoltaik ist gigantisch.

12 Sprecher sagt Martin Pfeiffer, Gründer und Geschäftsführer des deutschen Fotovoltaik-StartupUnternehmens Heliatek in Dresden. Pfeiffer Nicht nur, weil wenn ich es vergleiche mit Konkurrenztechnologien, wir es hier mit minimalem Materialbedarf zu tun haben, sondern sie haben auch einen Niedertemperatur-Herstellungsprozess. Sie haben nicht die Anforderung, große Flächen homogen auf meinetwegen 560 Grad zu erhitzen, um ein kontrolliertes Schichtwachstum zu haben. Das geht alles in der Nähe von Raumtemperatur. Sie haben sozusagen keine hochgiftigen Stoffe in der Herstellung, was nicht nur in Bezug auf die Nebenwirkung der Produktion ein Vorteil ist, sondern die Produktion wird einfach einfacher. Und die Materialien sind ausnahmslos unbegrenzt verfügbar. Ein Quadratmeter Solarzelle braucht weniger organisches Halbleitermaterial als eine Plastiktüte, dass auch nicht mit Materialengpässen zu rechnen ist. Insofern ist das Potenzial schon gigantisch. Sprecher Spitzenreiter in der technologischen Entwicklung ist derzeit die amerikanische Firma Konarka, nachdem sie eine entsprechende Entwicklungsabteilung incl. Patenten von Siemens aufgekauft hatte. Ihre organischen Solarzellen, in einem Fotodruckähnlichen Verfahren hergestellt, sehen wie abgewickelte Filmrollen aus. Sprecherin Noch sind sie nicht umwerfend effizient. Nur 5% der Lichtenergie setzen sie in elektrische Energie um. Preiswerte Solarzellen aus glasartigem Silizium, das direkte Konkurrenzprodukt, bringt es immerhin auf 7%. Und die meistverkauften teuren Zellen aus kristallinem Silizium schaffen sogar 15%. Trotzdem ist der Erfolg richtungsweisend. Sprecher Deutsche Firmen versuchen aktuell Boden gut zu machen mit eigenen, etwas anderen Konzepten. Auf längere Sicht könnten sie sogar erfolgreicher sein. Entscheidend ist, Kooperationen mit großen Herstellerfirmen wie BASF oder Bosch auf den Weg zu bringen. Heliatek hat Kontakte zu beiden. Fördergelder sollen auch

13 andere Entwickler zu ähnlichen Schritten anreizen. Das Wettrennen läuft, die Entwicklung muss zügig voranschreiten, um nicht den Marktanschluss zu verpassen. Pfeiffer Wir liegen im Moment bei Wirkungsgraden von vier Prozent. … In 10 Jahren hoffen wir 15% Effizienz erreichen zu können. Konkreter sind aber die Pläne an dem Punkt, um eine Effizienz von 8% zu erreichen und das amorphe Silizium an Effizienz zu übertreffen. Das hoffen wir in vier Jahren erreicht zu haben. Und wenn es absehbar ist, dass man diesen Punkt erreicht, kann man schon vorher anfangen, eine erste Pilotproduktionsanlage in Auftrag zu geben, so dass im Jahr 2009 eine Maschine spezifiziert wird nach unserem derzeitigen Plan, und 2010 geliefert und im Jahr 2011 in großem Umfang in Betrieb genommen wird, um in einem ersten Schritt ca. 10MWp pro Jahr herstellen zu können mit Effizienzen und die sieben Prozent. Sprecherin Die ersten organischen Demonstrationsmodule von Heliatek sahen noch gelblich aus. Gelb reflektiert viel Licht. Die ideale Solarzelle müsste hingegen schwarz sein. Organische Materialien erlauben jedoch, verschiedenfarbig absorbierende Schichten übereinander zu dampfen. Das Nachfolgemodell war dann schon dunkelgrün. Sprecher Im Gegensatz zu Konarka will Heilatek mit seinen Solarzellen nicht Laptops auf der grünen Wiese oder, eingenäht in Kleidungsstücke, MP3-Player mit Strom versorgen. Spielereien, sagt Martin Pfeiffer dazu. Er denkt an ganz andere Anwendungsbereiche. Pfeiffer Wir denken eher daran, in Entwicklungs- in Schwellenländern Power-Anwendungen anzugehen, also überall dort, wo Energie dezentral benötigt wird und der Anwender nicht allzu gut bei Kasse ist, erstens, und zweitens nicht gewohnt ist, in Zeiträumen von 20 Jahren zu denken und zu wirtschaften. Er will also nicht, dass sich die Investition in eine teure Siliziumssolarzelle nach 10 oder 20 Jahren rentiert, sondern er will etwas haben, was ihm sofort kostengünstig den Strom liefert. In vielen Fällen ist der Anwender gar nicht sicher, ob sein Dach 10 Jahren steht. Oder sie können sich auch vorstellen, dass jemand eine aufgerollte Solarzelle in seiner Hütte hat, und

14 wenn er Strom gerade braucht, dass er irgendwo mehr oder weniger sie ausrollt, um seine Anwendung zu betreiben. Sprecher In Industrieländern wäre eine Anwendung als Lamellenjalousie denkbar, vielleicht sogar in Kombination mit OLEDs auf der Rückseite. Wer die Fenster im Sommer verdunkeln will, kann dann auch gleich Solarstrom einfangen, mindestens mal für den Lüfterbetrieb, wenn’s gut geht, für die Klimaanlage. Jalousien müssen nicht halbewig halten, lassen sich leicht auswechseln, und übertrieben teuer würden sie nicht sein. Sprecherin Bis jetzt haftet der organischen Fotovoltaik immer noch ein wenig der Exotenstatus an. Aber das ändert sich gerade. Auch die großen konventionellen SolarModulhersteller diskutieren sie inzwischen als mögliche Alternative, jedenfalls in bestimmten Anwendungsfeldern. Ihre Langzeitstabilität, die lange Zeit bezweifelt worden ist, hat die organische Fotovoltaik zur Überraschung vieler inzwischen unter Beweis gestellt. Und es ist wohl noch mehr drin. Berufsoptimist Karl Leo jedenfalls zeigt sich da sehr zuversichtlich. Leo Die Lebensdauer, bin ich mir sehr sicher, dass das möglich ist. Also wenn ich sehe, was die organischen Leuchtdioden heute schon bringen, dann bin ich überzeugt, dass die organische Solarzelle wird langlebig sein, das geht. Und bei den Preisen, zumindest die überschlägigen Rechnungen sagen, dass wir also das Silizium und die anderen Techniken weit genug unterbieten können. Also das Potenzial ist da, es liegt jetzt an uns und allen anderen Forschern sozusagen, das umzusetzen. Sprecher Der Hauptvorteil organischer Photovoltaik liegt vor allem im Preis. Dank des extrem geringen Materialeinsatzes werden Solarzellen bei gleicher Nennleistung zwei bis sechs mal billiger zu haben sein als die preiswertesten Siliziumzellen. Würde ganz Deutschland die Dächer damit pflastern, ließe sich ein Drittel des Gesamtenergiebedarfs decken. Das ist schon was. Regie: Akzent

15 Sprecherin Der Umschwung in eine Epoche neuer Lichttechnologien wird sich wahrscheinlich nicht sonderlich spektakulär vollziehen, eher unscheinbar. Zuerst mit Kleindisplays bei Telefonen und MP3-Playern, dann in Kaufhäusern, dass die Auslegewaren in bestem Licht erscheinen, mit leuchtenden Eintrittskarten und so fort. Mit diesen Erstanwendungen reifen die Fertigungstechnologien, die dann auch für die Produktion organischer Solarzellen eingesetzt werden können. Als Nebenprodukt der ganzen Entwicklung organischer Halbleitermaterialien werden bald auch organische, druckbare Computerchips im Markt zu finden sein, als intelligente Verpackungslabels zum Beispiel. Sprecher Die Chancen, das hierfür erforderliche Know-how wie auch entsprechende Produktionsstätten in Deutschland anzusiedeln, stehen günstig. Das gilt nicht unbedingt für die Displaytechnologie, die eine asiatische Domäne bleibt, aber für Licht- und Fotovoltaikanwendungen. Mit Phillips und Osram befinden sich weltführende Leuchtmittel-Produzenten in Mitteleuropa. Das sind gute Startvoraussetzungen. Und so schaut Sachsens Staatsminister Thomas Jurk auch optimistisch in die Zukunft. Jurk Ich glaube, die Möglichkeiten, die wir heute kennen, die werden sich in 10 Jahren vervielfacht haben, dass ich sehr optimistisch bin, dass das, was jetzt für meine Begriffe noch in den Kinderschuhen steckt, dass das weltweite Verbreitung finden wird, und wenn wir diejenigen sind, die diese Materialien erforschen und nachher auch in die Produktion bringen, dann haben wir damit einen großartigen Wettbewerbsvorteil und wir leisten auch einen Beitrag zu mehr Energieeffizienz und mehr Klimaschutz.

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