DEUTSCHE LEICHTIGKEIT

PROFI-TEST AX LIGHTNE SS VIAL EVO SPEZIFIKATIONEN Rahmen AX Lightness Vial Evo D, 54cm Gruppe Sram Red eTap Kurbel Sram Red, 52/36 – 175 mm Steuersat...
Author: Adrian Dunkle
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PROFI-TEST AX LIGHTNE SS VIAL EVO

SPEZIFIKATIONEN Rahmen AX Lightness Vial Evo D, 54cm Gruppe Sram Red eTap Kurbel Sram Red, 52/36 – 175 mm Steuersatz AX Lightness Branding Kassette 11–28 Laufräder AX Lightness C45 UD

DEUTSCHE LEICHTIGKEIT Rennradfahren im Tannheimer Tal ist ja immer wieder mal Programm in meinem Arbeitsleben – wenn dann auch noch ein top Testrad wie das AX Lightness Vial Evo zum Testen und fürs Fotoshooting daherkommt, dann kann es fast schon nicht mehr besser kommen … Text Marcel Wüst Fotografie Andreas Meyer

Reifen Continental Grand Prix TT, 23 mm Vorbau Ritchey WCS Alu, 120 mm Lenker Ritchey WCS Strem Carbon 42 cm Sattelstütze AX Lightness Sattel AX Lightness Endurance Plus Gabel THM Scupula CT Carbon Preis Komplett: 8.999 € Rahmenset: 3.999 €

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ass gerade die extrem leichten und nach STW-Weltrekorden haschenden Renner meist ohne „schweren“ Lack auskommen müssen, daran habe ich mich in meiner Zeit als Radtester schon gewöhnt – privat mag ich es aber immer noch lieber farbig. Das Besondere an diesem Rahmen ist eben auch die Tatsache, dass er komplett in Deutschland gefertigt wird – klasse, dass Bernd Nolte, der Gründer der Marke Benotti, nach der Übernahme des zwischenzeitlich insolventen Unternehmens an ganz vielen Komponenten der Firma festhielt und sie nun wieder in Richtung Erfolg steuert. Den hat man bekanntlich nur mit wirklich guten Produkten, und mit denen war mein Renner gut bestückt – zwar nicht durchgängig von AX Lightness, allerdings waren die Gründe dafür die

weitere Verwendung des Rades nach meiner ausgiebigen Test-Session. Es gab also keinen Vorbau und Lenker von AX sondern eine ganz gut ins Bild passende Ritchey-WCS-Kombi. Dass ich in den Genuss einer Sram-eTap-Schaltung kommen würde, hatte ich im Vorfeld schon gewusst, und ich war gespannt, wie die sich wohl schalten lassen würde. Obwohl man bei AX Lightness auch jetzt schon einen Rahmen anbietet, der sich komplett auf die kabellose Gruppe spezialisiert, also ganz ohne Löcher und Aufnahmen für klassische oder elektrisch per Kabel betriebene Gruppen auskommt, hatte ich einen, der zumindest noch eine Di2-Öffnung hatte – auch das wegen der weiteren Verwendung nach meiner Testfahrt.

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Über die bereitgestellten AX-Laufräder freute ich mich auch sehr, denn gerade, was das Thema Steifigkeit im Wiegetritt angeht, merkt man doch bei vielen leichten und gleichsam aerodynamischen Laufrädern häufiger einige Defizite. Eines vorab: Die AX-Laufräder waren hammersteif und die Gründe dafür liegen auf der Hand: So werden die Speichenlöcher – und das ist einzigartig weltweit – nicht nachträglich in die Felge gebohrt, sondern direkt mit einlaminiert. Somit ist eine Speichenspannung von 140 Kilogramm Zug bei Auslieferung vorhanden – die Felgen würden, so ergaben Tests, sogar 500 Kilogramm schaffen, allerdings gibt es wohl kaum Speichen, die das aushalten.

BESONDERS DIE STEIFIGKEIT DES RAHMENS IN RELATION ZUM SUB-700-GRAMMGEWICHT WAR BEEINDRUCKEND. 86

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Somit sind die Laufräder eine wirkliche Benchmark, was solche angeht, die aus den drei Komponenten Nabe, Speiche und Felge einzeln zusammengefügt werden. Ich also, an einem Nachmittag kurz nach Pfingsten, auf den schwarzen Boliden drauf und losgepaced … Steif? Klar! Schnell? Logisch! Leicht? Und wie! Aber alles mal der Reihe nach … Wenn ein Rad ziemlich genau fünf Kilogramm wiegt, dann braucht man schon eine gewisse Zeit, sich an dieses irgendwie schwerelose Gefühl beim Antreten zu gewöhnen – und ehrlich gesagt fiel mir das sehr schwer. Bei den Antritten, vor allem in flachen Gefilden, hatte ich anfangs echt Probleme mit der fehlenden „Masse“ – wenn ein Rad mal eben 20 Prozent leichter ist als ein „herkömmliches“ 6,7-Kilo-Rad, wie ich es sonst fahre, dann fehlt irgendwie der Gegenpol zum eigenen Körpergewicht, und da ich mit dem Radsport begann, als mein erstes Rad zehn und ich 29 Kilogramm wog, fühlen sich die superleichten Geschosse zunächst immer einmal komisch an. Bergauf hat das dann wieder eine andere Qualität, gleichsam ob man im Sitzen fährt oder im

Die schlanke, elegante Silhouette des Vial Evo lässt ohne Probleme darauf schließen, dass hier eine klare Fünf vor dem Komma der Waage steht

Wiegetritt gemächlich bergan kullert – die Leichtigkeit war viel angenehmer und erwünschter als in der Ebene. Auch die Leichtgewichte von Laufrädern liefen mit ihren Conti Grand Prix TT Reifen nicht nur sehr ruhig und waren enorm beschleunigungsfreudig, sondern mit den montierten Bremsbelägen auch wirklich gut zu verzögern. Es war zwar nicht nass, aber aus Erfahrung weiß ich, dass die AX-Felgen auch bei Nässe einer Aluflanke in nichts nachstehen. Die von mir zu Testzwecken bewältigte Abfahrt von Oberjoch nach Hindelang war da schon sehr aussagekräftig. Besonders die Steifigkeit des Rahmens in Relation zum Sub-700-Gramm-Gewicht war beeindruckend. Wer noch bessere Werte wünscht: In Zukunft wird es auch eine „R“ wie Race-Serie gebaut. Die ist für Leute, die gar keinen Kompromiss wollen – somit wird der neue Rahmen mit 100 Gramm mehr zwar minimal schwerer (wenn

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Der Teillederbezug des Sattels vermittelt dem Fahrer einen Hauch von Komfort

Das dezente Logo auf dem Steuerrohr unterstreicht das Understatement des edlen Renners

Ein Ausfallende sagt mehr als tausend Worte – hier kann man die Handwerkskunst erkennen, mit der jedes Rad gefertigt wird

Die AX-eigenen Laufräder sind durch ihre einzigartige Herstellung mit einer für dieses Gewicht hervorragenden Steifigkeit ausgestattet

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SICHER IST DAS VIAL EVO EINES DER BESTEN RÄDER DER WELT. das Wort überhaupt zutrifft für ein Rahmengewicht von deutlich unter 800 Gramm!), aber dafür noch mal um 35 Prozent stabiler im Steuerrohr und im Tretlagerbereich. Die grandiosen Komfortwerte, die mein Vial Evo hatte, werden sich natürlich auch in dem für ambitionierte Rennfahrer konzipierten Rahmen wiederfinden. Der Komfort wird durch die filigranen Sitzstreben und die hauseigene Sattelstütze erreicht und der auf den ersten Blick hart anmutende Carbon-Sattel ist ein weiteres Highlight. Darauf sitzt man wie auf einer Wolke, wer aber diese Elemente selber montieren will, der muss einiges an Geduld mitbringen – doch auch dort sind Lösungen schon in der Pipeline. Optisch hatte es den Anschein, als rage die Sattelstütze extrem weit heraus, aber der 54erRahmen war in allen Belangen perfekt für meine Körpergröße und auch das Verhältnis von Sitzrohr, Oberrohr und Steuerrohr zeigt, dass der Rahmen eher für sportlichere Typen und nicht für Komfortfahrer ausgelegt ist. Die nur 270 Gramm leichte THM Scapula CT Gabel vermittelte ein gutes Feedback von der Straße, war steif und ich hatte auch in schnellen Kurven mit viel Schräglage immer ein Gefühl von Sicherheit – trotz des extrem geringen Gesamtgewichts des Rades! Was auffällt, sind die vielen verschiedenen Rohrformen: Das Unterrohr verändert die Form von „squoval“ zu fast dreieckig in Richtung Tretlager, das Sitzrohr verjüngt sich unten und ist nach Kammtail-Manier gekappt worden. Das Steuerrohr ist unten fett, entwickelt aber weiter oben einen gewissen Aerolook – also ist in der Entwicklung nicht nur auf Leichtigkeit, sondern auch auf Aerodynamik und Geschwindigkeit geachtet worden. Warum der hintere Bremszug an der rechten Steuerrohrseite im Rahmen verschwindet, ist auch schnell erklärt: Zum einen ist der Weg kürzer, also weniger Zug und Hülle = weniger Gewicht; und dadurch, dass er diagonal durch das Oberrohr läuft, ist ein Klappern des Zuges unmöglich – ein leidliches Thema bei meinen Testrädern, besonders in der Anfangsphase der innen verlegten Züge! Nun zur Sram eTap, die bei ihrer Präsentation in Friedrichshafen im vergangenen Jahr ein echtes Highlight gewesen ist. Die „neue“ Art zu schalten, rechts schwerer, links leichter, war innerhalb von einer viertel Stunde verinnerlicht – ich brauchte somit weniger Zeit als bei der Umstellung von Sram zu Campagnolo … Präzise war sie, auch die Wechsel vom großen auf das kleine Kettenblatt und umgekehrt funktionierten bei den 16 Zähnen Differenz meiner Semikompaktkurbel perfekt. Die Ansprechzeit war minimal länger als bei meiner eigenen, mechani-

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schen Red, aber immer noch im Toleranzbereich – die Tatsache, dass beide Schaltwerke einen untereinander austauschbaren Akku haben, zeigt, dass man sich bei der Entwicklung wirklich Gedanken gemacht hat! Auch die neuen Griffe lagen super in der Hand und das knackige Schalten, das viele so lieben bei Sram, bleibt trotz der Motorunterstützung erhalten. Sicher ist das Vial Evo eines der besten Räder der Welt – könnte ich dennoch ein paar Wünsche äu-

ßern, dann weiß ich schon heute, dass sie erfüllt werden können: Noch mehr Steifigkeit (on the way mit der „R“Serie) und mehr Farbe, denn das Auge fährt bei mir eher mit als die Waage – aber auch dafür wird in der Zukunft gesorgt sein. Ob das Rad nun perfekt zum Outfit passt oder nicht, sieht man sofort; ob es 5,4 oder durch mehr Farbauftrag 5,55kg wiegt, merkt ohnehin keiner …

Mit der eTap schaltet man präzise und besonders leicht durch die 22 Gänge. Marcel hat die Topgruppe von Sram jedenfalls überzeugt.

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