Der Geschmack der Gascogne

Der Geschmack der Gascogne Côtes de Gascogne, Madiran, Pacherenc du Vic-Bilh und Saint Mont sind untrennbar mit der reichen Kultur der Gascogne verbun...
Author: Claudia Voss
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Der Geschmack der Gascogne Côtes de Gascogne, Madiran, Pacherenc du Vic-Bilh und Saint Mont sind untrennbar mit der reichen Kultur der Gascogne verbunden. Eigenständig und unverwechselbar – eine Region für Entdecker!

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FRANKREICH Sud-Ouest

D

ie Gascogne ist vielen ein Begriff. Genau verorten kann sie hierzulande jedoch kaum jemand. »Irgendwo zwischen Bordeaux und Pyrenäen«, mit dieser Antwort kann man schon zufrieden sein. Kein Wunder, denn die Gascogne ist gar nicht so einfach abzugrenzen. Denn es handelt sich um eine alte französische Provinz, deren Grenzen sich im Lauf der Jahrhunderte mehrfach veränderten und die sich teilweise bis nördlich von Bordeaux erstreckte. In Sachen Wein ist das natürlich wesentlich einfacher. Die Grenzen der Côtes de Gascogne sind klar definiert. Die 13.000 Hektar erstrecken sich über weite Teile des Gers, sowie kleinere Gebiete der Departements Landes und Lot et Garonne im Westen und Norden der Appellation. Praktischerweise sind die Grenzen identisch mit dem Produktionsgebiet des Armagnac mit seinen drei Unterzonen Bas-Armagnac, Haut-Armagnac und Armagnac-Tenarèze. Ein gutes Beispiel, wie die typischen Produkte der Gascogne miteinander verbunden sind.

Ob historisch oder bezüglich Wein und Armagnac: Das Herzstück der Gascogne bildet das Department Gers mit seiner Präfektur Auch, über Jahrhunderte Hauptstadt der Gascogne.

Kulturelle Schätze Die große frühere Bedeutung der mittelalterlich anmutenden Kleinstadt wird am ehesten beim Anblick der mächtigen Kathedrale des Erzbistums deutlich. Man hat tatsächlich das Gefühl, jeden Moment könnte ein Musketier oder zwielichtiger Kardinal um die Ecke biegen. Zwischen Auch und Condom schlängelt sich das Tal des Flüsschens Baïse durch die Gascogne. Mittendrin die Abbaye de Flaran, die von den Zisterziensern gegründet wurde und wie die ganze Region im späten Mittelalter eine Blüte erlebte. Dieses »monument historique«, nur eines von mehreren in der geschichtsträchtigen Gascogne, beherbergt heute auch die spektakuläre Kunstsammlung von Michaël

CÔTES DE GASCOGNE IGP EINE ERFOLGSGESCHICHTE

Der gigantische Erfolg speziell der weißen Côtes de Gascogne setzte in den 90er Jahren ein und rettete hunderten von Winzern ihre Existenz, als der Absatz von Armagnac in Frankreich mehr und mehr zurückging. Frisch, fruchtig und knackig – so lautet die Erfolgsformel der Weißweine hauptsächlich aus Colombard, Ugni blanc und Sauvignon noch heute. Eine etwas andere Rolle spielt der Gros Manseng, der etwas körperreichere Weine hervorbringt. Beide Weißweintypen ergänzen sich auf perfekte Weise und lassen sich in Cuvées auch wunderbar kombinieren. Heute werden im Departement Gers mehr IGP-Weißweine produziert (ca. 700.000 hl) als in jedem anderen Departement Frankreichs. Natürlich hat sich der Stil seit den 90er Jahren sehr wohl fortentwickelt. Es wurde viel geforscht, besonders was die Aromen wie Pyrazine oder Thiole anbelangt. In der Folge haben die weißen Côtes de Gascogne an Komplexität und Stabilität gewonnen. Neben den trockenen Côtes de Gascogne steuert auch die restsüße Variante (moelleux) einen nicht zu unterschätzenden Teil zum Markterfolg bei, mit Petit und Gros Manseng in der Hauptrolle. Die Rosés aus den Côtes de Gascogne gelten nach wie vor als Geheimtipp mit ihrem sehr eigenständigen, aromatisch-frischen Profil. Die Rotweine aus Tannat sowie den Cabernets und Merlot komplettieren das vielseitige Angebot der Côtes de Gascogne IGP. Und die Entwicklung hat keineswegs ihren Zenit erreicht, wie die kontinuierlich steigenden Absatzzahlen deutlich machen. Bereits heute werden 70 Prozent der Produktion exportiert. Mit einer Rebfläche von 13.000 Hektar sind die Côtes de Gascogne IGP die flächenmäßig bedeutendste Herkunftsbezeichnung im Südwesten.

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DER SÜDWESTEN ZU GAST IN DEUTSCHLAND Eine besondere Gelegenheit, die Gascogne und Südwestfrankreich in Deutschland näher kennenzulernen, bietet sich Ende Oktober im Gespräch mit drei Experten der Region. Am 24.10. in Hamburg werden Hendrik Thoma und Sascha Speicher im Rahmen eines Dinners mit kommentierter Verkostung Land, Leute und ihre Weine vorstellen. Am 25.10. in München begrüßen Sie Axel Biesler und Sascha Speicher. Im Mittelpunkt stehen Weine der Appellationen Côtes de Gascogne, Madiran, Saint Mont und Pacherenc du Vic Bilh. Rot oder Weiß, trocken bis edelsüß: Entdecken Sie die ganze Vielfalt der Weine und ihre vielseitige Einsetzbarkeit als Aperitif und Speisebegleiter. Nach dem Dinner bietet sich im Rahmen einer freien Verkostung die Gelegenheit, weitere ausgewählte Weine zu verkosten. Auf den folgenden drei Seiten stellen wir ihnen die Weine und Winzer schon einmal vor. Anmeldung bei Beatrice Pitwon, [email protected], 0211 4980844. Weitere Informationen über die Weinregion und ihre Weine unter suedwest-frankreich-weine.de.

Simonow mit Werken von Monet, Renoir, Cézanne, Braque oder Picasso. Oft sind es die kleinen, nur Insidern bekannten Schätze, die kulturell und kulinarisch interessierte Mengen zu treuen Fans der Gascogne machen. Unweit der Abtei liegt die Bastide de Valence-sur-Baïse, einst gegründet von den Mönchen der Abtei. Nur eine von mehreren gut erhaltenen befestigten Städten und Dörfern, die nicht nur gerne als Filmkulissen genutzt werden, sondern durch die auch der Hauch der Cadets de Gascogne weht, jener legendären Kompagnie des Königs Louis XIII, der auch literarisch bei Cyrano de Bergerac und den Drei Musketieren ein Denkmal gesetzt wurde. Als Heimat der Romanfigur des d’Artagnan von Alexandre Dumas gilt jedoch die Stadt

SAINT MONT AOC DER AUFSTEIGER

Die Nachbarappellationen Madiran und Saint Mont könnte man als zweieiige Zwillinge interpretieren. Sehr viel Übereinstimmung und Verwandtschaft, aber doch unterschiedliche Charaktere und Persönlichkeiten. Was beide eint ist ein ähnliches Mikroklima, ähnliche Formationen bei einigen Böden und natürlich der Tannat als König der Rotweinsorten sowie die typischen Weißweinsorten Petit und Gros Manseng. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Saint Mont AOC gibt es in drei Farben als Rotwein, Rosé und trockenen Weißwein, nicht aber als Süßwein, wobei der Rotwein die Hauptrolle spielt. Das Gebiet der AOC mit aktuell 1.200 Hektar Rebfläche lässt sich hinsichtlich der Geologie in drei große Terroirtypen unterscheiden. Gelbbraune, sandige, leicht schottrige Böden im Norden, die weiter südlich in toniges Kalkgestein übergehen. Dazu gesellen sich südlich des Adour große, mit Ton gemischte Flusskiesel, wie man sie neben Madiran und Saint Mont beispielsweise auch im südlichen Rhonetal findet. Für die Rotwein- und Roséherstellung sind vier Rebsorten zugelassen: an erster Stelle natürlich Tannat, dazu Pinenc alias Fer Servadou sowie Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon. Der weiße Saint Mont wird ebenfalls aus vier Sorten vinifiziert: Gros Manseng, Petit Courbu, Arrufiac et Petit Manseng. Diese Beschränkung überrascht insofern ein wenig, als Saint Mont über das weltweit größte Reservoir alter Rebsorten verfügt, die hier gepflegt, wissenschaftlich untersucht und für die Nachwelt bewahrt werden. Die Region im Südwesten Frankreichs gilt unter Ampelographen als wahre Schatztruhe, nachweislich stammen viele internationale Rebsorten ursprünglich aus dieser Region. Der älteste noch im Ertrag befindliche Weinberg ist über 150 Jahre alt. Er liegt in der Appellation Saint Mont und steht als Zeuge für die Artenvielfalt im Pyrenäen-Vorgebirge auf der Liste der historischen Denkmäler. Rund 200 Winzer bauen heute in Saint Mont Wein an. Die Region ist klar genossenschaftlich geprägt. Die Producteurs Plaimont, hervorgegangen aus den Caves von Plaisance, Aignan und Saint Mont, stehen für den Großteil der Produktion dieser AOC.

Auch. In ihr, wie in der ganzen Gascogne, wird das Ansehen des legendären Musketiers hochgehalten. Sein Name im wirklichen Leben war Charles de Batz, Comte d’Artagnan. Er verbrachte in Auch seine Jugend und an ihn erinnert eine Statue am Fuß der beeindruckenden Treppenanlage, die zur Kathedrale führt. Charles de Batz heißt bis heute der beste Madiran der Domaine Berthoumieu. Die »Gascons« sind stolz auf ihren Helden. Wein und Historie, Tradition und zuweilen auch Folklore sind in der Gascogne eng verwoben. Musketiere, Gänse, historische Gemäuer, Wein und Armagnac, nicht zu vergessen die Baskenmütze, die entgegen ihres Namens ursprünglich nicht aus dem Baskenland sondern aus der Region um die Gascogne und Béarn stammt, sind feste Bestandteile der Identität und des Selbstverständnisses dieser Gegend. Hier gibt es noch viele landwirtschaftliche Mischbetriebe, die neben Wein und Armagnac alles rund um die Gans samt ihrer berühmten Stopfleber hergestellen. Und zwar auf handwerkliche Art und Weise und im kleinen Rahmen. Die heutige Gascogne ist jedoch nicht nur an den leiblichen Genüssen festzumachen. Drei musikalische Festivals unterschiedlicher Stilrichtungen genießen seit Jahren internationale Anerkennung. Was sie verbindet, ist der pure Ausdruck von Lebensfreude durch die Musik.

MADIRAN AOC DER KLASSIKER

Die erste Appellation der Region, die im modernen Weinzeitalter internationale Beachtung fand, ist zweifellos Madiran. Mit ihr wurde auch der Tannat international bekannt. Bis in die 90er-Jahre galt Madiran als ein Wein, den man erst einmal 20 Jahre im Keller verschwinden lassen musste, bevor er seine Klasse entfaltete und sich die markanten Tannine ausreichend gerundet präsentierten. Die Zeiten sind natürlich lange vorbei. Die Weine sind heute auch in der Jugend bereits mit großem Genuss zu trinken, haben aber nichts von ihrem Alterungspotenzial eingebüßt. Die 200 produzierenden Betriebe in der Appellation (zur einen Hälfte unabhängige Winzer, zur anderen Hälfte in Genossenschaften organisiert) setzen heute auf runde, elegante Weine und haben ihre Vinifikationsmethoden beim Tannat entsprechend angepasst. Mindestens ein Jahr Ausbau ist notwendig, bevor die Weine auf den Markt kommen, um seidige Tannine zu garantieren. Als Rebsorten sind neben dem Tannat auch Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc zugelassen, in kleinerem Umfang auch Fer Servadou, der nur auf

etwa 1 bis 2 Prozent der Rebfläche zum Einsatz kommt. Das AOC-Reglement sieht wie folgt aus: Zwischen 60 und 80 Prozent der Weinberge des Betriebs müssen mit Tannat bepflanzt sein, um die Zulassung zur AOC Madiran zu erlangen. Aktuell sind etwas mehr als 70 Prozent der 1200 Hektar mit Tannat bestockt. In der einzelnen Cuvée muss der Tannat mit mindestens 50 Prozent vertreten sein. Auch reinsortige Tannats sind erlaubt und diese werden immer zahlreicher. Das Produktionsgebiet verteilt sich auf vier von Nord nach Süd verlaufende Höhenzüge, die Weinberge befinden sich auf 180 bis 300 Meter über dem Meer. Unterschieden werden drei Hauptbodentypen: toniger Kalkstein, Tonböden mit Schotter und die markanten Flusskiesel, »galets roulés« genannt.

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FRANKREICH Sud-Ouest

Das Festival Bandas y Peñas ist in Condom zuhause. Jedes Jahr im Mai verwandeln unzählige Blaskapellen die ganze Stadt in ein Volksfest. Das Festival Tempo Latino in Vic-Fezensac zieht immer am letzten Wochenende im Juli Salsa-Liebhaber an. Und im August lockt das Marciac Jazz Festival viele Weltstars und zehntausende Jazzfans in die Gascogne. Natürlich ist in Marciac auch der Wein allgegenwärtig. In den Restaurants und rund um die Konzertbühnen der Stadt, sei es Côtes de Gascogne, Saint Mont, Madiran oder Pacherenc de

Vic-Bilh. Und die Jazz-Stars lassen nicht nur den Wein zu ihnen kommen, sie gehen auch persönlich zum Wein, sprich zu den Produzenten. Ein Beispiel ist jährliche Sonntagsmatinée »Jazz au Coeur du Saint Mont«, ein Konzert mitten in den Weinbergen im Park des Château Sabazan. Anders als sein nördlicher Nachbar Saint Mont liegt die Appellation von Madiran nur zum Teil im Gers. Der Süden und Osten der Appellation erstreckt sich in die Departements Pyrénées-Atlantiques und Hautes-Pyrénées. Hier rückt die imposante

Gebirgskette nicht nur namentlich immer näher. Von den Weinbergen auf Hügeln des Madiran hat man vielfach einen großartigen Blick auf die bis in den Mai schneebedeckten Gipfel der Pyrenäen. Die Gipfel scheinen bei klarer Sicht zum Greifen nah.

Klimatische Verhältnisse Womit wir beim speziellen Klima angelangt wären, das den Weinen aus der Region, ganz gleich ob Madiran, Saint Mont oder Côtes de Gascogne, in Kombination

PACHERENC DU VIC-BILH (DOUX ET SEC) AOC DER GEHEIMTIPP

Die Appellationsgrenzen sind identisch mit Madiran. Nur steht Pacherenc du Vic-Bilh eben für trockene und süße Weißweine aus den drei Sorten Petit und Gros Manseng und Petit Courbu. 50 Erzeugern von Madiran stehen 41 Erzeuger von Pacherenc du Vic-Bilh gegenüber. Mit anderen Worten: Fast jeder Winzer innerhalb der AOC-Grenzen produziert Weine beider Appellationen. Allerdings ist die Weißweinfläche mit 300 Hektar deutlich kleiner als die Madiran-Fläche. Das macht Pacherenc du Vic-Bilh zu einem Geheimtipp, einer Nische im Vergleich zu Madiran. Der schwer auszusprechende Name hat seinen Ursprung im Dialekt des Béarn. Er bedeutet: »Reben an Pfählen aus dem alten Land« und bezieht sich auf die Art der Reberziehung im Spalier. Es lohnt sich, die Weine zu entdecken, denn sie besitzen einen ganz eigenen Charakter, der sie für Fachhändler wie Sommeliers interessant machen dürfte. Die trockenen Weine sind ausgestattet mit den Aromen weißer und exotischer Früchte (Ananas, Mango). In den Süßweinen

finden sich Noten von konfierten Früchten und Trockenfrüchten. Dank ihrer Stoffigkeit eignen sie sich bestens für den Ausbau in kleinen Eichenfässern. Dennoch wirken die Weine nie plump, was vor allem an der pikant-fruchtigen Säure des Gros Manseng liegt, während der Petit Manseng die Struktur mitbringt. Ein ideales Duett im trockenen Bereich. Im Bereich der Süßweine gewinnt dann der kleinbeerige Petit Manseng immer mehr die Oberhand. Dank des meist sonnigen und trockenen Herbstes erreichen die Beeren ihre volle Reife und können bis Ende November oder sogar noch darüber hinaus geerntet werden. So entstehen sehr ausgewogene, frische Süßweine mit ungewöhnlich klarer Fruchtausprägung in der Jugend.

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DIE WICHTIGSTEN REBSORTEN Colombard Wurde bis in die 80er Jahre hauptsächlich für die Produktion von Armagnac eingesetzt, heute das Rückgrat der frisch-fruchtigen, knackigen weißen Côtes de Gascogne. Leicht im Alkohol und mit pikanter, aber nie aggressiver Säure zeitgemäßer denn je. Sauvignon Blanc Quasi der große, internationale Bruder des Colombard, bringt mehr Struktur und Tiefe mit, aber durchaus ähnliche Fruchtausprägung, wenn nicht voll- bis überreif geerntet. Petit Manseng Kleinbeeriger als der Gros Manseng, bringt etwas konzentriertere und strukturierte Weine hervor, nicht ganz so exotisch fruchtig sondern auch mit Gewürznoten, entwickelt in der Reife als Süßwein auch Trüffelnoten. Gros Manseng Autochthone Sorte des Baskenlands und Pyrenäenvorlandes. Markenzeichen ist die intensive gelbe bis exotische Frucht (Ananas, Mango, Honigmelone), aber auch ausgestattet mit einer feinen Säurespitze, die den weißen Pacherenc du Vic-Bilh und Saint Mont Pikanz verleiht. Tannat Der König von Madiran und Saint Mont, international bekannt, obwohl es weltweit nur 3.500 Hektar TannatFläche gibt. Mehr als die Hälfte davon in Madiran und Saint Mont. Die

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Sorte stammt ursprünglich aus dieser Region am Fuße der Pyrenäen. Die Weine sind gekennzeichnet durch ihre dichte, dunkle, fast violette Farbe, intensive Gewürznoten von Pfeffer bis Nelke und eine sehr dunkle Frucht von Holunder bis Wacholder. Markenzeichen ist natürlich der extrem hohe Gehalt an Polyphenolen, die den Weinen auch eine besondere Langlebigkeit verleihen können. Pinenc (Fer Servadou) Verwandt mit dem Cabernet, etwas hellfruchtiger und rotbeeriger als der Tannat, auch mit den Paprika- und Cassis-Noten des Cabernets anzutreffen; etwas moderaterer Tannin- und Alkoholgehalt im Vergleich zum Tannat, etwas größere Bedeutung in Saint Mont als in Madiran, unter verschiedenen Synonymen in vielen Appellationen von Südwestfrankreich heimisch. Cabernet Sauvignon und Franc Diese beiden weltweit bekannten Sorten muss man nicht näher vorstellen. Sie ergänzen in den AOCs Saint Mont und Madiran auf ideale Weise den Tannat, wobei der Cabernet Franc speziell im Madiran deutlich stärker verbreitet ist als der Cabernet Sauvignon. Beide bringen vor allem ihre unverwechselbare Frucht (rote und grüne Paprika, schwarze Johannisbeere) in die Cuvée mit ein und geben dem zuweilen mächtigen Tannat etwas Schliff.

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mit den außergewöhnlichen und zum Teil autochthonen Rebsorten, ihren besonderen Charakter verleiht. Heiße Tage, kühle Nächte, so lassen sich die klimatischen Verhältnisse auf den wesentlichen Punkt reduzieren. Verantwortlich ist das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, von den bereits angesprochenen Bergriesen der Pyrenäen im Süden, bis hin zum atlantischen Einfluss, denn in westlicher Richtung stellen sich der kühlen und zuweilen feuchten Atlantikluft keine größeren Barrieren in den Weg. Dazu kommt die typische hügelige Landschaft in der Gascogne, die spezielle Mikroklimata erzeugt. Daraus resultieren intensive fruchtige bis würzige Aromen im Wein und eine pikante, animierende Säurefrische, was gerade bei den trockenen und restsüßen Weißweinen als einer der entscheidenden Trümpfe der Gascogne und ihrer Appellationen im internationalen Wettbewerb gilt. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der normalerweise trockene und warme Herbst, der gerne auch »été gascon«, gasconischer Sommer, genannt wird. Er ist von entscheidender Bedeutung nicht nur für die Ausreifung der spätreifenden Rotweinsorten Tannat und Cabernet Sauvignon, sondern auch für das gesunde Einschrumpeln der Weißweintrauben, speziell des Petit Manseng, was zwingende Voraussetzung für die Erzeugung der typischen Süßweine wie Pacherenc du Vic-Bilh ist. Was die Säurefrische bei den Weißweinen ist die unverwechselbare Tanninstruktur bei den Rotweinen, speziell beim Tannat. Viel wurde in den letzten Jahren über die rekordträchtigen Polyphenolgehalte von Madiran und Saint Mont geschrieben, die als Radikalfänger nachweislich ihren positiven Beitrag zum Coronarschutz leisten. Ganz abgesehen von den gesundheitlichen Aspekten ist eines jedoch unbestritten: Säurefrische und Gerbstoffgehalt machen die Weiß- und Rotweine zu den idealen Begleitern der reichhaltigen und zuweilen auch fettreichen regionalen Küche rund um Gans, Ente oder Waldschwein. Und damit schließt sich erneut Sascha Speicher der gasconische Kreis. 

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Côtes de Gascogne IGP blanc

87 2014 Domaine de

komplexer Duft: leicht rauchig, Heu, gelbfruchtig, Stangensellerie, Ananas, Mirabelle; stoffig, zarte Holznote, fruchtsüßer Schmelz, dicht und mit guter, salziger Länge

Im Herzen der Gascogne befindet sich das Château, das sich in vierter Generation in Familienbesitz befindet. Heute steht Henri Faget an der Spitze. Die Top-Cuvée des Hauses wächst auf einem Kalksteinblock, was dem Wein eine bemerkenswerte Textur am Gaumen verleiht. »Herz, Elan und Noblesse« soll der Wein verkörpern.

Plaimont Producteurs www.plaimont.com Preis: 10 €

86 2015 Domaine de

Stachelbeere, Guave, ganz leicht schotig, frische Kräuterwürze; sehr fruchtig, rassiger Säurebiss, hocharomatisches, sommerliches Trinkvergnügen

Ein weiteres Beispiel, wie die Weinbaubetriebe der Gascogne auf spielerische Art die Geschichte der Region in die heutige Zeit transportieren und damit lebendig halten. Der Name der Cuvée spielt auf ein Labyrinth im Park des Schlosses in der Zeit der Renaissance, der Zeit der Befreiung, an. Passend zum leichtfüßigen, frischen Stil des Weines.

Plaimont Producteurs www.plaimont.com Preis: 6 €

schotig und exotischfruchtig, Stachelbeere, grüne Paprika, Limette; sehr saftig, Süße-SäureSpiel, zart-salzige Textur

Ein interessanter Blick auf den Stammbaum der Familie Morel: Eine Winzerfamilie mit Schweizer Wurzeln kam 1920 nach Frankreich und verband sich mit Winzern aus dem Armagnac. Heute leitet François Morel das Weingut, das noch mit einer weiteren Besonderheit aufwarten kann. Im Weiher von Uby lebt und vermehrt sich eine vom Aussterben bedrohte europäische Schildkrötenart. Eine ungewöhnliche Weise von Weinbau im Einklang mit der Natur.

Domaine Uby domaine-uby.com Preis: 5,50 €

süßlich-exotischer Fruchtcocktail, dazu Kräuterwürze, auch Kohlrabi, saftig, zartherber Säurebiss

Für radsportbegeisterte Menschen übt die Gegend am Fuß der legendären Pyrenäen-Pässe seit Jahrzehnten eine besondere Faszination aus. Einer der großen Tour-de-France-Helden, der Spanier Luis Ocaña, hatte sich mit der Domaine de Miselle seinen Traum vom eigenen Weingut erfüllt. Heute befindet es sich im Besitz der Familie Chevallier, die das Weingut qualitativ wieder nach vorne gebracht hat.

Domaine de Miselle www.miselle.com Preis: 4,50 €

Honig, Mirabellentarte, kandierte Zitrusfrüchte, zarte Kräuterwürze, Estragon; saftig, FruchtSäure-Süßespiel, zarte CO2Frische, Sommervergnügen

Ein schöner Name für einen zart-restsüßen Wein: Premières grives heißt wörtlich übersetzt »erste Drosseln«. Wenn diese in die Weinberge einfallen und die ersten kühlen Herbsttage den Jahreszeitenwechsel ankündigen, beginnt die Zeit der »vendanges tardives«, der Lese der rest- und edelsüßen Weine. Der Premières grives verkörpert genau diesen Übergang: noch klar und fruchtbetont, aber doch bereits mit deutlicher Süße.

Domaine du Tariquet www.tariquet.com Preis: 7,90 €

Mango, Papaya, Ananas, durchgängig fruchtbetont, zarte Kräuterwürze, guter Säurebiss

L’Été gascon ist der Ausdruck für den typischen, sonnigen und warmen Herbst in der Gascogne, die für den Weinbau so wichtige klimatische Besonderheit der Region. Zwischen Garonne und Pyrenäen ist der Herbst die schönste Jahreszeit, heißt es. Ein Sprichwort lautet: »In der Gascogne kommt sogar der Winter niemals zu früh, weil sich der Sommer immer verspätet verabschiedet.«

Domaine de Pellehaut www.pellehaut.com Preis: 6,85 €

Cassaigne Grand Vin, Côtes de Gascogne

Cassaigne, Le Labyrinthe, Côtes de Gascogne

86 2015 Domaine

Uby, Uby n°3 Colombard-Ugni Blanc, Côtes de Gascogne

85 2015 Domaine

de Miselle, Colombard Gros Manseng, Côtes de Gascogne

88 2015 Domaine du Tariquet, Premières Grives, Côtes de Gascogne moelleux

88 2015 Domaine de Pellehaut, L’Été Gascon, Côtes de Gascogne moelleux

XVII

Pacherenc du Vic-Bilh AOC

rauchig-speckig, Kaffee, Kakao, Kokos, Mango, gegrillte Banane, saftig, voll, extrem sauber, schokoladige Länge

Arricau Bordes ist eines der schönsten Schlösser und damit auch ein Wahrzeichen des Madiran. Die Weinberge, 14 Hektar verteilt auf 12 Parzellen, wurden vor wenigen Jahren komplett renoviert und einer Gruppe von sechs Winzern zur Bewirtschaftung übergeben. Zu ihnen gehören auch Paul und Alice Dabadie, die Besitzer des Schlosses.

Plaimont Producteurs www.plaimont.com Preis: 20 €

90 2014 Vignobles

kühl-rauchige Nase, Zitruszesten, Kalamansi, Ananas, weiße Johannisbeere; komplex, saftig, sehr gut integriertes Holz, salzig-mineralischer Grip, engmaschig

Vignobles Marie Maria ist eines der jüngsten und ehrgeizigsten Projekte. Erklärtes Ziel ist, das Beste zu zeigen, was die Appellation zu bieten hat: Spannung, Frische und Ausgeglichenheit. Emmanuel Lagrave hat zusammen mit einer kleinen Gruppe von Winzern einige Weine unter konsequenter Achtung des Terroircharakters kreiert, um so die Appellation darzustellen und für Jedermann entdeckbar zu machen.

Vignobles Marie Maria www.mariemaria.com Preis: 13 €

90 2012 Château

Honig, weißer Nougat, Pistazie, Schokolade; wuchtig, leicht alkoholische Schärfe, ölig, cremig, im Finale dann pikanter Säurebiss, Karamell, Schokolade

Am 3. Dezember 1988 erntete Alain Brumont erstmals diesen reinsortigen Petit Manseng und führte damit die klassische »vendange tradive« im Südwesten ein. Heute gibt es drei Varianten mit drei unterschiedlichen Lesezeitpunkten, im Oktober, November und Dezember. Sie tragen die Namen der Monate aus dem französischen Revolutionskalender, Vendémiaire, Brumaire und Frimaire.

Château Bouscassé www.brumont.fr Preis: 10,15 €

gereifte Nase, Kirschkompott, Backpflaume, dahinter minzige Kräuterfrische, Oregano; sehr voll, schokoladig, kraftvolle Tannine, kirschsaftige Säure, große Länge

Lange hat Madiran-Ikone Alain Brumont nach einer solchen Parzelle mit großen Kieselsteinen und rotem Tonboden gesucht. 1990 hat er sie endlich gefunden, ein außergewöhnlich hochgelegener Westhang, umgeben von 200 Jahre alten Eichenbäumen. Maximal fünf Trauben von je 250 g pro Stock werden im La Tyre geerntet, ein Wein von einer ganz besonderen Persönlichkeit.

Château Montus www.brumont.fr Preis: 61 €

komplexe, leicht maskuline Nase, Leder, Wildkirsche, Bitterschokolade, Rosmarin, Iod; präsentes Holz, geschliffene Tannine, saftig, zartherb und mit fruchtigem Gerbsäurebiss im Finale

Seit nunmehr fünf Generationen ehrt die Familie von Didier Barré mit dieser Cuvée die Historie der Gascogne und ihres berühmten Sohnes, Charles de Batz, Comte d‘Artagan, dem Alexandre Dumas als Romanheld in den Drei Musketieren ein Denkmal gesetzt hat. Die TopCuvée des Weinguts besteht aus 90 Prozent Tannat und 10 Prozent Cabernet Sauvignon.

Domaine Berthoumieu www.domaineberthoumieu.com Preis: 13 €

voll, dunkle Frucht, Holunder, Sternanis, Wacholder, aber auch kräuterwürzig, sehr voll, sehr stoffig, schwere, brokatige Tannine, Bitterschokolade, kraftvoll

Der Tonboden und Unterboden dieser Parzelle gleicht den Verhältnissen in den Pyrenäen und somit will das Weingut diesen reinsortigen Tannat auch als Hommage an das Land und seine Berge verstanden wissen. Die mehr als 2.800 Meter hohe Bergspitze des Arbizon, die dieser Cuvée ihren Namen gegeben hat, wacht von weither sichtbar über den Weinbergen.

Domaine Laougué www.domainelaougue.fr Preis: 36 €

92 2012 Château

Arricau Bordes, Pacherenc du Vic-Bilh AOC

Marie Maria, Novel, Pacherenc du Vic-Bilh Sec AOC

Bouscassé, Brumaire, Pacherenc du Vic-Bilh AOC

Madiran AOC

92 2005 Château

Montus, La Tyre, Madiran AOC

92 2013 Domaine

Berthoumieu, Cuvée Charles de Batz, Madiran AOC

91 2012 Domaine

Laougué Arbison, Madiran AOC

XVIII

FRANKREICH Sud-Ouest

Saint Mont AOC blanc

93 2014 Cirque Nord Grande Cuvée, Saint Mont AOC

89 2012 Le Faîte,

Saint Mont AOC

88 2012 L’Empreinte de Saint Mont, Grand Vin, Saint Mont AOC

gelbfruchtig-exotische Nase, Ananas, Weinbergpfirsich, Kräuterwürze; enormer Druck ohne fett zu sein, pikantes Spiel aus Frucht, Mineralität und Würze, griffig salzig, sehr lang

Der erste Jahrgang dieses Spitzenweins setzte sogleich völlig neue Maßstäbe. Der beste Weißwein aus Saint Mont aller Zeiten. Es handelt sich um eine besondere, hochgelegene Parzelle mit mehrfarbigem Tonboden, deren Form einem Amphitheater gleicht. Die Gros Manseng Stöcke sind nach Nordwesten ausgerichtet, Petit Courbu und Petit Manseng nach Südwesten.

Plaimont Producteurs www.plaimont.com Preis: 40 €

üppiger Typ mit satter Kräuterwürze, viel gelber Frucht, Mirabelle, alkoholische Kraft und Wärme; druckvoll, stoffig, fast schon ölige Textur

Das Konzept des weißen Le Faîte ist das gleiche wie beim roten Pendant. Nur waren es beim Weißwein zwei Damen, die an der finalen Assemblage mitwirken durften. Zwei Journalistinnen, Caro Maurer aus Deutschland und Babette de Rozières, bekannt aus dem französischen Fernsehen. Sommeliers oder Journalistinnen? Welcher Wein schmeckt ihnen besser?

Plaimont Producteurs www.plaimont.com Preis: 18 €

offene, reife gelbe Frucht, Mirabelle, Ananas, Honig; sehr rund, zart Karamell, cremige Textur, gute, stoffige Länge

Der Fingerabdruck auf dem Etikett sagt eigentlich alles über die Idee hinter diesem Wein. Er soll Ausdruck der handwerklichen Arbeit der Winzer von Plaimont sein, quasi das Abbild ihrer Identität und des Terroirs von Saint Mont.

Plaimont Producteurs www.plaimont.com Preis: 15 €

Saint Mont AOC rouge

93 2013 La

Pflaume, getrocknete Feigen, leicht nussig, leicht rauchig, Heu, Tabak, sehr komplexer Duft; dicht, stoffig, wunderbar geschliffene Tannine, guter Zug, druckvoll

Die Parzelle »La Madeleine« gehörte zu den ersten neu angelegten Weinbergen nach der Reblauskatastrophe in den 1880er Jahren. Nadine Raymond, zuständig für die Weinbergsforschung bei Plaimont, hat dieses Juwel entdeckt und mit ihrem Team liebevoll in Schuss gebracht. Die Experten waren überrascht vom guten Grundzustand dieser uralten Anlage.

Plaimont Producteurs www.plaimont.com Preis: 40 €

90 2010 Monastère

speckig-rauchige Nase, kalter Rauch, Holunderund Wacholderbeeren, Graphitnote; sehr voll, sehr rund im Auftakt, dann doch Tanninbiss, geschliffen

Die Weinberge von Saint Mont wurden etwa zeitgleich mit der Gründung des Klosters in Saint-Mont im 11. Jahrhundert angelegt. Die historischen Klosterweinberge werden heute von fünf ausgewählten Mitgliedswinzern der Producteurs Plaimont bewirtschaftet. Eine besondere Auszeichnung für die Auserwählten.

Plaimont Producteurs www.plaimont.com Preis: 20 €

kräuterwürzige Nase, Iod, Graphit, Maulbeeren, Sauerteigbrot; tintig, geschliffene Tannine, saftige Länge, moderater Säurebiss, eher eleganter Tannat-Typ

Dem le Faîte liegt eine besonders originelle Idee zugrunde. Jedes Jahr lädt Plaimont zwei internationale Persönlichkeiten aus der Welt des Weins und der Gastronomie ein, bei der finalen Assemblage des neuen Jahrgangs mitzuwirken. Beim Rotweinjahrgang 2012 waren dies Yoichi Sato, bester Sommelier Japans in 2005, und Enrico Bernardo, Sommelierweltmeister 2004.

Plaimont Producteurs www.plaimont.com Preis: 20 €

Madeleine de Saint Mont, Saint Mont AOC

de Saint Mont, Saint Mont AOC

90 2012 Le Faîte,

Saint Mont AOC

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