Der Beitrag des Betriebsrats zur Arbeitssicherheit

L e i t f a d e n Der Beitrag des Betriebsrats zur Arbeitssicherheit Herausgeber: Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik Gustav-H...
Author: Pia Kranz
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L e i t f a d e n

Der Beitrag des Betriebsrats zur Arbeitssicherheit

Herausgeber: Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik Gustav-Heinemann-Ufer 130 · 50968 Köln Alle Rechte vorbehalten 6. überarbeitete Auflage 2006

DER BEITRAG DES BETRIEBSRATS ZUR ARBEITSSICHERHEIT

Christian Leichsenring Überarbeitung durch Margret Böckler Dr. med. Beate Grunenberg Dr. rer. nat. Johannes Hüdepohl Olaf Petermann Stefan Vogel

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DER INHALT Für wen ist die Broschüre geschrieben?

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Das Interesse der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Arbeitssicherheit

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Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit

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 Das Verhältnis von Pflichten und Rechten zueinander  Die Pflichten im Einzelnen  Die Rechte

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Freiwillige Betriebsvereinbarungen

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats

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48 53 55 56 58 59

    

Rechte wahren – aber wie? Die richtige Organisation der Arbeitssicherheit Gefährdungsbeurteilung Unterweisungen und Arbeitsanweisungen Betriebsanweisungen und Bedienungsanleitungen Von den Sicherheitsbeauftragten lernen Mit den Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften zusammenarbeiten Sicher arbeiten mit Gefahrstoffen Lärm Arbeitsmedizinische Vorsorge Bildschirmarbeit/Bildschirmarbeitsverordnung Alkohol im Betrieb

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Anhang Die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften, Verordnungen und UVVen für den Betriebsrat

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Wichtige Auszüge aus Gerichtsurteilen

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FÜR WEN IST DIESE BROSCHÜRE GESCHRIEBEN ? Der Betriebsrat hat in vielen Bereichen des Arbeitslebens mitzuwirken und mitzubestimmen. Er kann seine Aufgaben nur richtig erfüllen, wenn er unter seinen Mitgliedern die Aufgaben verteilt. Er braucht Mitglieder, die sich für eine Aufgabe spezialisieren. Das gilt auch für das sehr umfangreiche Gebiet der Arbeitssicherheit. Diese Mitglieder müssen die Rechte und Pflichten des Betriebsrats kennen. Sie müssen dabei zunächst formale Zwänge und Verfahrensvorschriften – die allgemeinen Spielregeln im Betrieb – beachten. Sie müssen wissen, wie sie sich in Streitfragen und bei Auseinandersetzungen zu verhalten haben. In der Arbeitssicherheit geht es für den Betriebsrat in erster Linie um die Einhaltung aller Schutzbestimmungen. Darüber muss der Betriebsrat wachen. Das ist ein sehr großes Aufgabengebiet, es erfordert viele Kenntnisse, viel Verständnis, Umsicht und Geschick. Andererseits, auf keinem anderen Gebiet kann der Betriebsrat so viel erreichen, ohne in einen Konflikt mit dem Arbeitgeber zu geraten, wie in der Arbeitssicherheit. Hier kann er von einer großen Übereinstimmung in der Interessenlage beider Seiten: der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehen. Der Betriebsrat kann sogar auch dem Unternehmer helfen, indem er zur Arbeitssicherheit beiträgt. Er muss seine Aufgabe richtig sehen und sie entsprechend wahrnehmen. Es darf ihm dabei weder um seine eigenen Rechte und Pflichten noch in erster Linie darum gehen, Rechte der Arbeitnehmer einzufordern. 6

Für wen ist diese Broschüre geschrieben?

In der Arbeitssicherheit muss es ihm auf das Ergebnis ankommen: die Beseitigung von Unfallgefahren. Er kann dazu beitragen, Gefahren im Vorfeld eines Ernstfalles zu beseitigen. Er kann beide Seiten dazu anhalten, das Richtige rechtzeitig zu tun, damit es zu keinen Schäden kommt. Er kann fast immer mit Fakten argumentieren: mit den Unfallgefahren, oft sogar schon mit dem Unfall, der sich tatsächlich ereignet hat. Der Betriebsrat erfährt oft schneller und mehr von Belastungen und über gefährliche Zustände und Verhaltensweisen etwas, als die Verantwortlichen und die Sicherheitsorgane. Er kann dann dazu beitragen, Probleme zu beseitigen und Konflikte zu entschärfen, bevor sie zu einer Streitfrage auswachsen. Ein Wort noch zu den hier verwendeten Begriffen: Wir reden hier von der Arbeitssicherheit. In zahlreichen Vorschriften wird aber auch von Arbeitsschutz und Unfallverhütung gesprochen. Arbeitssicherheit bezieht sich auf den Gesundheitsschutz vor Gefahren durch die Arbeit: durch Unfälle, Berufskrankheiten und durch sonstige schlechte Arbeitsbedingungen. Arbeitsschutz umfasst mehr, nämlich auch noch einen sozialen Schutz, den Schutz benachteiligter Personengruppen. Unfallverhütung bedeutet weniger als Arbeitssicherheit, streng genommen sogar nur die Verhütung von Unfällen. Der Betriebsrat ist für den gesamten Arbeitsschutz, also insbesondere für die Arbeitssicherheit und natürlich auch für die Unfallverhütung zuständig. Arbeitssicherheit umfasst im Übrigen zweierlei: das Ziel, vor Gefahren sicher zu sein und die Mittel und Methoden, mit denen die Sicherheit herbeigeführt werden kann. 7

Für wen ist diese Broschüre geschrieben?

Sie beschreibt also auch die sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen und arbeitsorganisatorischen Instrumente, die eingesetzt werden können und müssen. Sie schließt auch alle arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zur sicheren Gestaltung der Arbeit ein. Für beide Seiten der Arbeitssicherheit sind dem Betriebsrat Rechte und Pflichten vom Gesetzgeber übertragen worden. Die Pflichten orientieren sich mehr an Zielen. Die Rechte beschreiben dagegen mehr die Vorgehensweise und die Maßnahmen, zu denen der Betriebsrat greifen kann, um auf die Arbeitssicherheit Einfluss zu nehmen. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) spricht von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Im Sozialgesetzbuch (SGB) ist von Unternehmern und Versicherten die Rede. Gemeint sind, von geringfügigen Unterschieden abgesehen, dieselben Personen. Wir folgen immer den zitierten Vorschriften – auch wenn wir deshalb den Ausdruck wechseln müssen. Die Berufsgenossenschaft kann den Betriebsräten helfen, ihren Beitrag zur Arbeitssicherheit zu leisten, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen. Das wollen wir mit dieser Broschüre versuchen. … übrigens, der Betriebsrat kann und soll sich auch für die Verkehrssicherheit der Arbeitnehmer einsetzen, und dafür bietet die Berufsgenossenschaft ebenfalls ihre Hilfe an.

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DAS INTERESSE DER ARBEITGEBER UND ARBEITNEHMER AN DER ARBEITSSICHERHEIT Das Betriebsverfassungsgesetz regelt die Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nur für den Konfliktfall. Es will auch die Zusammenarbeit im Betrieb fördern. Beide Seiten sollen sich im gemeinsamen Interesse unterstützen und auf einen Ausgleich gegensätzlicher Interessen hinwirken. Dafür sind die Einigungspflicht, aber auch wechselseitige Beratungs- und Informationsverpflichtungen im Gesetz verankert worden. Beide müssen berücksichtigen, dass sehr oft die eine Seite ihren Beitrag auch nur mit Hilfe der anderen leisten kann. Das Gebot der wechselseitigen Hilfe und Rücksicht hat im Bereich der Arbeitssicherheit eine besondere Bedeutung, weil auch die Interessenlage mehr Gemeinsamkeiten als Gegensätze aufweist. Für den Arbeitnehmer ist das Interesse an der Arbeitssicherheit einfach zu beschreiben. Für ihn steht natürlich seine Gesundheit im Vordergrund. Mit dem Lohn, den er erhält, werden ihm keine Gesundheitsschäden abgegolten. Er hat einen Anspruch darauf, dass der Unternehmer die betrieblichen Gefahren so klein wie möglich hält. Aber er ist auch verpflichtet, zur eigenen Sicherheit und zur Sicherheit seiner Kollegen beizutragen. Aber auch der Arbeitgeber braucht gesunde Mitarbeiter, die häufig genug auch nur durch sehr kostenträchtige Maßnahmen zu ersetzen oder neu einzuarbeiten sind. Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung für die Arbeitssicherheit als eine gesetzliche Aufgabe, die mit der Produktion untrennbar verbunden ist. Er hat den Betrieb ins Leben gerufen. Er betreibt ihn. Er schuldet als Ausfluss seiner „Verursacherverantwortung“ und seiner Fürsorgeverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag auch einen Schutz der Arbeitnehmer vor Unfallgefahren oder gesundheitsschädlichen Einflüssen. 9

Das Interesse der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Arbeitssicherheit

Deshalb verlangt es ihm die Rechtsordnung ab, die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherheit zu ergreifen (und zu bezahlen). Eine Produktion unter Missachtung dieser Schutzvorschriften ist nicht erlaubt. Schon deshalb – weil er diese Verantwortung trägt – muss der Unternehmer selbst auch ein Interesse daran haben, dass sich in seinem Betrieb keine Misserfolge einstellen. Jeder Unfall ist – im weitesten Sinn wenigstens – ein Nachweis dafür, dass ein Schutz versagt hat; und sei es, dass eine Verhaltensregel nicht befolgt wurde. Auch das ist ein Fehler im Abwehrsystem des Betriebes. Unfälle kosten Geld, und zwar allein das Geld der Arbeitgeber. Diese Kosten sind hoch. Sie sind immer vermeidbar. Unvermeidliche Unfälle gibt es nicht. Jeder Unfall schadet einem Mitarbeiter und schadet seiner Arbeitskraft. Jeder Unfall ist schon deshalb auch eine kostenverursachende Störung der Produktion. Am meisten schlagen natürlich die Kosten für die Lohnfortzahlung zu Buche. Aber auch bei einer Betriebsunterbrechung addieren sich beachtliche Kosten. Im Einzelfall kann eine kurzsichtige Rechnung vielleicht Kostenvorteile für bestimmte Risiken gegenüber oft sehr hohen Investitionen in die Sicherheit ergeben. Langfristig ist eine Produktion mit vermeidbaren Gefahren aber immer teurer als ein Arbeitsablauf, der solche Gefahren auch wirklich vermeidet. Die Berufsgenossenschaft trägt das Kostenrisiko nicht. Sie verteilt es nur auf viele Schultern. Wer als Unternehmer hohe Unfallkosten verursacht, zahlt aber auch mehr Beitrag. Diese Rechnung lässt sich für jeden einzelnen Betrieb erweitern um die betrieblichen Kosten, die sich mit größerer Arbeitssicherheit ebenfalls einsparen lassen. 10

Das Interesse der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Arbeitssicherheit

Im Übrigen kostet die Erfüllung der gesetzlichen Auflagen bereits Geld. Dem Unternehmer muss daran gelegen sein, dieses Geld nicht umsonst ausgegeben zu haben. Er will nicht zusätzlich Unfallkosten tragen. Dann sollte er es gleich richtig machen, mehr als das Notwendigste investieren und damit dann wirklich Unfallkosten sparen. Manch eine Maßnahme macht sich schon selbst bezahlt – allein mit den Beitragsnachlässen, die die Berufsgenossenschaften ihren in der Unfallverhütung erfolgreichen Mitgliedsunternehmen gewähren. Insgesamt gesehen müsste die Wirtschaft heute ohne die in der Vergangenheit konsequent betriebene Unfallverhütungsarbeit Milliardenbeträge mehr an Beiträgen aufbringen. Aber auch die Erhaltung des erreichten Standards gibt es nicht umsonst. Indem der Betriebsrat also für den Schutz der Arbeitnehmer sorgt, hilft er auch dem Arbeitgeber, seiner Verantwortung gerecht zu werden und Kosten zu sparen. Interessengegensätze treten häufig bei der Wahl der Mittel und bei der Einschätzung der Erfolge auf. Letztlich lassen sich auch unterschiedliche Beurteilungen der Erfolgschancen nicht vermeiden. Aber die möglichen Entscheidungsspielräume des Arbeitgebers – mit erzwingbaren Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats – sind doch kleiner, als gemeinhin angenommen wird. Es wird gesagt, Arbeitssicherheit ließe sich auf zweierlei Weise erreichen: durch – oft sehr aufwendige – technische Maßnahmen und durch die „billigeren“ Verhaltensauflagen an die Adresse der Arbeitnehmer. Zu Beginn der industriellen Entwicklung hat es diesen Gegensatz sicher auch gegeben. Heute beruht aber eine solche Betrachtungs11

Das Interesse der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Arbeitssicherheit

weise auf Einäugigkeit. Sie beinhaltet gleich zwei Fehler: zum einen kosten auch Verhaltensauflagen Zeit und damit Geld. Sie sind oft teurer als technische Maßnahmen. Vor dem Hintergrund aller – schon sehr ins Einzelne gehenden – Rechtsvorschriften findet kaum noch eine Abwägung unter Verhaltensregeln einerseits und technischem Schutz andererseits statt. Gefragt ist die richtige Organisationsform für eine möglichst lückenlose Verwirklichung des in den Vorschriften geforderten Schutzes. Verhaltensvorschriften befreien im Übrigen den Arbeitgeber nicht von seiner Verantwortung. Er muss dafür sorgen, dass sie wirken. Er muss sie durchsetzen. Denn er ist nicht nur verpflichtet, „irgend etwas“ zu tun, sondern sozusagen zum Erfolg verurteilt. Wenn er seiner Verantwortung gerecht werden will, gehört die Durchsetzung von Verhaltensregeln mit zu seinen Pflichten. Es ist aber oft sehr viel schwieriger und dann sogar auch aufwendiger, Verhaltensregeln durchzusetzen, als einen technischen Schutz zu schaffen. Verhaltensregeln sind also nicht immer das einfachere und billigere Mittel für den Arbeitgeber, für Sicherheit zu sorgen. Das, was getan werden muss, hat letztlich der Arbeitgeber anzuordnen und durchzusetzen. Der Betriebsrat kann – von Ausnahmen abgesehen – selbst nichts tun. Er kann deshalb immer nur den Arbeitgeber veranlassen, das Richtige zu tun und das Falsche zu lassen. Die Erfolge hängen dann aber entscheidend von der Organisationsform ab, die der Unternehmer für die Durchsetzung aller Schutzvorschriften wählt. Das heißt auch: alle nötigen Maßnahmen lassen sich besser oder schlechter, wirksamer oder weniger wirksam und deshalb gemessen am Erfolg auch: teurer oder weniger teuer durchführen. 12

Das Interesse der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Arbeitssicherheit

Auf jeden Fall lassen sich die Probleme der Arbeitssicherheit in jedem größeren arbeitsteiligen Betrieb nur durch die strikte Einbindung der gesamten Führungshierarchie in die Aufgabe lösen. Deshalb ist eine der Hauptaufgaben des Betriebsrats darin zu sehen, dass er dabei mithilft, die richtige Organisationsform zu wählen und zu schaffen und die Sicherheitsorganisation sinnvoll mit Leben zu erfüllen. Der Betriebsrat vermittelt. Damit ist auch vom Grundsatz her gesehen gesagt, was der Betriebsrat zu tun hat: dafür zu sorgen, dass der Arbeitgeber und Vorgesetzte, die Sicherheitsorganisation und die Arbeitnehmer ihren Beitrag leisten. Er ist in Sachen Arbeitssicherheit ein Vermittler, ein Interessenvertreter beider Seiten. Denn: Arbeitssicherheit dient Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Und sie nimmt auch beide Seiten in die Pflicht. Aus der Pflicht der Zusammenarbeit im Betriebsverfassungsgesetz muss der Betriebsrat auch folgern, dass er sich auf beiden Seiten für die Arbeitssicherheit einzusetzen hat: er muss auch auf die Arbeitnehmer Einfluss nehmen, um die notwendigen Maßnahmen bei ihnen und mit ihnen durchzusetzen.

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RECHTE UND PFLICHTEN DES BETRIEBSRATS IN DER ARBEITSSICHERHEIT Das Verhältnis von Pflichten und Rechten zueinander Erst wenn der Betriebsrat weiß, welchen Auftrag, welche Aufgaben und Pflichten er in der Arbeitssicherheit hat, kann er dabei auch seine Rechte richtig wahrnehmen. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält viele Verfahrensvorschriften für den Umgang der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und des Betriebsrats untereinander. Rechtzeitige Informationen sind z. B. nötig, um überhaupt Einfluss auf Entscheidungen nehmen zu können. Das Betriebsverfassungsgesetz legt aber nicht nur diese Rollenverteilung fest. Es sagt auch einiges über die anzustrebenden Ziele in der Arbeitssicherheit (materielle Forderungen) aus. Es wird dabei von einer ganzen Reihe von Spezialvorschriften ergänzt: dem Arbeitssicherheitsgesetz, der Gefahrstoffverordnung und den Unfallverhütungsvorschriften u. a. Auch dort sind Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte (Verfahrensvorschriften) verankert. Betriebsverfassungsgesetz und andere Vorschriften legen auch die Rechte des Betriebsrats fest – und begrenzen sie gleichzeitig. Das Betriebsverfassungsgesetz lässt unter den Pflichten bei der Durchsetzung der materiellen Forderungen eine Abstufung erkennen – nach der Gefährlichkeit der jeweiligen Situation und der Dringlichkeit der nötigen Maßnahmen. An oberster Stelle steht die Pflicht,

 darüber zu wachen, 14

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Das Verhältnis von Pflichten und Rechten zueinander

dass die gesetzlichen Vorschriften und Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden, und zwar sowohl vom Arbeitgeber als auch von den Arbeitnehmern. Am weitesten geht wohl die ganz allgemein dem Betriebsrat gestellte Aufgabe,

 sich für die Sicherheit einzusetzen. Die Pflichten werden durch die Möglichkeiten begrenzt, die das Gesetz dem Betriebsrat zur Durchsetzung seiner Forderungen und Vorstellungen bietet. Sie ergeben sich aus den Pflichten selbst und aus den Rechten des Betriebsrats. Die Rechte dienen einerseits den Pflichten. Sie gehen aber andererseits auch darüber hinaus. Der Betriebsrat kann von seinem Recht,

    

mitzubestimmen, Initiativen zu ergreifen, die Einigungsstelle anzurufen oder Maßnahmen zu beantragen oder zu beanstanden, von seinen Gestaltungsrechten

Gebrauch machen, wenn er verpflichtet ist, etwas zu tun und wenn er inhaltlich etwas gestalten oder verändern will. Rechte bleiben nur Rechte. Natürlich hat der Betriebsrat seine Rechte nicht ohne Grund. Er muss sie nur nutzen, wenn er anders seinem Auftrag nicht entsprechen kann. Setzt der Betriebsrat ein Recht nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig ein, kann man ihn dafür – rechtlich – nur zur Verantwortung ziehen, wenn ihm in der 15

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Das Verhältnis von Pflichten und Rechten zueinander

konkreten Situation gar keine andere Wahl blieb, als seine Rechte in bezeichneter Weise einzusetzen. Aber das ist die seltene Ausnahme. In der Regel kann niemand dem Betriebsrat vorschreiben, wann, wie und vor allem in welcher Reihenfolge er seine Rechte wahrnimmt. Das liegt im Ermessen des Betriebsrats. Hierin liegt der Unterschied zu den Pflichten. Wer aus Rechten Pflichten macht, droht dem Betriebsrat nicht nur mit einem stumpfen Schwert. Er hilft ihm auch nicht. Er erschwert ihm die Arbeit. Er setzt ihn rechtlich unter Druck. Wer dem Betriebsrat Rechte als Pflichten auferlegt, bürdet ihm auch nicht nur mehr Arbeit, sondern auch eine Art Verantwortung auf, die der Gesetzgeber nicht wollte. Denn was folgt denn im Falle eines Verstoßes gegen Schutzvorschriften, wenn der Betriebsrat ihn nur beanstandet, obgleich er mehr tun könnte? Gerade für die Arbeitssicherheit sind die Verantwortlichkeiten vom Gesetz sehr genau erwogen und abschließend geregelt worden. Der Gesetzgeber will den Betriebsrat von einer Verantwortung für die Arbeitssicherheit weitgehend freistellen. Er hat deshalb zwar eine Reihe von Pflichten für den Betriebsrat begründet. Aber es bleiben allgemeine Befehle wie: darüber wachen und sich einsetzen. Der Beitrag des Betriebsrats zur Arbeitssicherheit darf sich nicht auf die Ausschöpfung seiner Rechte beschränken. Damit würde er seinem Auftrag aus dem Betriebsverfassungsgesetz nicht gerecht werden. Der Beitrag des Betriebsrats muss der Sache zugute kommen. Der Betriebsrat muss seine Rechte so einsetzen, dass das meiste für die Sicherheit der Arbeitnehmer dabei „herauskommt“ – ganz gleich, welches Recht ihm nun die größeren Kompetenzen zugesteht. 16

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Das Verhältnis von Pflichten und Rechten zueinander

Wie aber der Betriebsrat im Rahmen seiner Aufträge agiert oder reagiert, ist ihm fast immer überlassen. Das entspricht auch am besten seiner Mittlerrolle. Aber er muss seine Pflichten ernst nehmen. Verletzt er sie, muss er mit seiner Abberufung oder sogar strafrechtlichem Ermittlungsverfahren rechnen. Für die wirklich unvermeidbaren Auseinandersetzungen sollte der Betriebsrat daran denken: Stellungskriege und wechselseitige Blockaden führen nicht oder zu spät zu den für die Arbeitssicherheit wirklich notwendigen Maßnahmen. Das Betriebsverfassungsgesetz verlangt generell von beiden Seiten einen ernsten Willen zur Einigung, das heißt auch: zur Kompromissbereitschaft, soweit es die Sache erlaubt. Und dieser Einigungswille muss von Anfang an von beiden Seiten eingebracht werden. Das heißt, Streit muss soweit und so früh wie möglich vermieden werden. Den sachlichen Inhalt der Forderungen findet der Betriebsrat in vielen Spezialgesetzen und Verordnungen: Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG), Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und in den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften. All diesen Vorschriften und noch dazu den Regeln der Technik und den anerkannten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen muss der Betriebsrat mit Geltung zu verschaffen helfen. Darauf gehen wir später noch näher ein.

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Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Pflichten im Einzelnen

Die Pflichten im Einzelnen Im Aufgabenkatalog des Betriebsverfassungsgesetzes steht eine Aufgabe an erster Stelle:

 § 80 Abs.1 Nr.1: „Der Betriebsrat hat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.“ Damit wird bereits im ersten Satz des Pflichtenkatalogs die Arbeitssicherheit angesprochen. Der Schutz vor Unfällen und Krankheiten steht mit an der obersten Stelle bei den Überwachungspflichten. Und diese Pflicht geht auch von allen am weitesten. Hier darf der Betriebsrat nichts dem Zufall überlassen. Er muss systematisch vorgehen. Zur Durchführung der Vorschriften, über die der Betriebsrat wacht, gehört vor allem, dass

 der Unternehmer seinen Pflichten nachkommt,  die Vorgesetzten richtig einbezogen werden,  die Sicherheitsorganisation dem Arbeitssicherheitsgesetz und den Unfallverhütungsvorschriften entspricht und dass

 alle Aufgaben richtig verteilt sind und  wahrgenommen werden. Der Betriebsrat hat auch „nur“ eine Beobachtungspflicht, ob die Vorschriften durchgeführt werden. Die Durchführung selbst gehört nicht zu seinen Aufgaben. 18

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Pflichten im Einzelnen

Das macht einen großen Unterschied. Der Betriebsrat muss wissen: Welche Vorschriften gibt es? Was verlangen sie vom Ergebnis her gesehen? Finde ich diesen Schutz in meinem Betrieb vor? Davon zu unterscheiden ist, wie dieser Schutz herbeigeführt wird. Das ist Sache des Unternehmers und der Sicherheitsorgane. Über die Durchführung der Vorschriften zu wachen heißt: zu beobachten, was andere tun oder lassen, ob sie die geltenden Vorschriften in der Arbeitssicherheit beachten. Der Betriebsrat ist also nicht das oberste Sicherheitsorgan im Betrieb oder der Kontrolleur der Verantwortlichen. Er muss nur mit und neben den Verantwortlichen und für die Sicherheit zuständigen Fachleuten das betriebliche Geschehen laufend auf vorschriftswidrige Sicherheitsmängel mitverfolgen. Der Betriebsrat nimmt aber keinem eine Aufgabe oder aber die Verantwortung für die Sicherheit ab. Die Durchführung der Schutzvorschriften ist aber auch nicht nur Sache des Arbeitgebers. Schon die Vorgesetzten spielen dabei eine „Doppelrolle“ mit Verantwortung für die ihnen unterstellten Arbeitnehmer. Aber auch alle anderen Mitarbeiter sind verpflichtet, die Vorschriften zum eigenen Schutz und zum Schutz anderer einzuhalten. Zu dieser Pflicht, über die Durchführung von Vorschriften zu wachen, zählt auch, dass

    

die Schutzvorschriften für die Mitarbeiter eingehalten, die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt, die erforderlichen Regelungen getroffen werden, die Betriebsanweisungen vorliegen, die Unterweisung im richtigen Umfang und Zeitabstand erfolgt, 19

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Pflichten im Einzelnen

 aber auch: dass die Versicherten ihre Verhaltensvorschriften beachten und dass der Unternehmer – mit den Vorgesetzten – auf diese Einhaltung der Verhaltensregeln achtet. Beobachten heißt deshalb vor allem: sich zu informieren und sicherzustellen, dass alle Informationen, die andere zu bieten haben, auch geboten werden. Sind Vorschriften verletzt und vor allem: besteht die Gefahr, dass sie künftig weiter verletzt werden können, dann gehört zur Beobachtungspflicht sicher auch noch die weitere Pflicht aktiv zu werden. Wenigstens wird der Betriebsrat den Verstoß beim Namen nennen und Abhilfe verlangen müssen. Das folgt aus dem Gestaltungsauftrag des Betriebsrats. In § 89 Abs. 1 Satz 1 BetrVG wird der Betriebsrat aufgefordert,

 sich für die Durchführung der Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung (...) im Betrieb einzusetzen. Dieser Auftrag ist so umfassend, dass er eigentlich gar nicht zu begrenzen ist. Sich für die Unfallverhütung einzusetzen bedeutet mehr, als nur über die Durchführung von Vorschriften zu wachen. Es geht darüber hinaus. Gemeint ist: Der Betriebsrat soll sich für alles einsetzen, was der Arbeitssicherheit dient. Dabei kann er sich um die zweckmäßige Gestaltung der Arbeitsplätze und der Arbeitsabläufe ebenso wie auch um die Verminderung von Termindruck und Stress kümmern. Dieser Einsatz besteht aber nun auch wieder darin, andere – die zuständigen Instanzen und Fachleute – anzustoßen, sie auf Gefahren hinzuweisen und bei ihnen Maßnahmen anzuregen. Der Betriebsrat muss sich aber auch bei den Arbeitnehmern – mit gleicher 20

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Pflichten im Einzelnen

Intensität und Konsequenz – dafür einsetzen, dass sie den Regeln und Anweisungen entsprechend mitwirken. Aber der Betriebsrat kann auch eigene Überlegungen anstellen, wie ein Schutz verwirklicht oder verbessert werden kann. Das verlangt natürlich den mit dieser Aufgabe betrauten Mitgliedern eigene Sachkenntnis ab. Die Beobachtung der Betriebs- und Arbeitsabläufe allein genügt dafür nicht. Erst die Rechte bei der Durchsetzung begrenzen hier die Möglichkeiten des Betriebsrats. Er kann seine eigenen Vorschläge an der richtigen Stelle und auf dem richtigen Weg einfließen lassen, z. B. im Arbeitsschutzausschuss. Aus der Beobachtungspflicht und dem Gestaltungsauftrag folgt auch die weitere Verpflichtung des Betriebsrats: Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen (§ 80 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG) Alles, was der Betriebsrat durchgeführt sehen will – ob eine Vorschrift oder ein Vorschlag von ihm –, muss er beim Arbeitgeber beantragen. Nur so ergeben Überwachungsauftrag und Gestaltungsauftrag zusammen mit der Pflicht zur Zusammenarbeit ein sinnvolles Ganzes. Der Unternehmer entscheidet darüber, was durchgeführt wird. Kommt er aber nach Meinung des Betriebsrats speziellen Vorschriften oder aber seiner Verantwortung für die Sicherheit seiner Mitarbeiter im Allgemeinen nicht ausreichend nach, dann muss der Betriebsrat nach geeigneten Wegen (Rechten) suchen, auf denen er sich mit seiner Vorstellung durchsetzen kann. Dazu gehört auch – notfalls – die Einschaltung externer Stellen. 21

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Pflichten im Einzelnen

Unterstützungspflichten gegenüber der Aufsicht Nach § 89 Abs.1 Satz 2 BetrVG hat der Betriebsrat

 … bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen Diese Unterstützungspflicht hat zwei Seiten: eine äußere und eine innere Seite. Nach außen besteht die Pflicht, den für die Arbeitssicherheit zuständigen Stellen zu helfen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Der Betriebsrat muss sich aber sogar an externe Stellen wenden, wenn er anders seinen Überwachungspflichten nicht nachkommen kann. Allerdings darf er diese Pflicht (und dieses Recht) nicht intern als Druckmittel verwenden. Er muss erst die im Betrieb bestehenden Möglichkeiten und den betrieblichen Instanzenweg ausschöpfen. Er muss versuchen, in und mit der Sicherheitsorganisation zu erreichen, dass Mängel abgestellt werden. Das folgt aus der Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber. Scheitern diese Bemühungen oder ist Abhilfe dort nicht so schnell, wie es erforderlich ist, zu schaffen, muss der Betriebsrat die zuständigen externen Stellen benachrichtigen. In einer Verwaltungsvorschrift ist geregelt, wie die Aufsichtsdienste den Betriebsrat zu beteiligen haben.

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Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Pflichten im Einzelnen

Mitarbeit im Arbeitsschutzausschuss Nach § 11 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) ist der Betriebsrat gehalten, zwei Vertreter in den Arbeitsschutzausschuss zu entsenden. Damit ist es natürlich nicht getan. Über die bloße Anwesenheit hinaus müssen sich die beiden Vertreter an der Arbeit des Ausschusses beteiligen. Der Auftrag lautet richtig gesehen: Der Betriebsrat muss den Ausschuss für seine sonstigen Überwachungs- und Mitwirkungspflichten nutzen, und zwar auch als Plattform für seine Pflicht, sich für die Sicherheit einzusetzen und sich mit dem Arbeitgeber auf zulässige und sachlich vertretbare Kompromisse zu einigen. Im Ausschuss sitzen alle zusammen, die bei einer solchen Einigung mitzureden und zu ihr beizutragen haben: der Arbeitgeber, die Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte sowie die Sicherheitsbeauftragten.

Pflichten gegenüber den Arbeitnehmern Der Betriebsrat hat die Rechte aller Mitarbeiter wahrzunehmen, insbesondere ihren Schutz vor Unfall- und sonstigen Gesundheitsgefahren zu fördern. Er hat auch dafür zu sorgen, dass ihre Mitwirkungs-, Beschwerde-, Unterrichtungs- und Anhörungsrechte (§§ 81 f., 84 f. BetrVG) gewahrt bleiben. Darüber hinaus aber sind seine Pflichten in Bezug auf die Arbeitssicherheit in § 80 Abs. 1 und § 89 BetrVG abschließend geregelt. Er entscheidet selbst, ob er sich eines Mitarbeiters annimmt. Er braucht sich insoweit keine Aufträge erteilen zu lassen. Er sollte sich auch seine Mittlerrolle nicht dadurch erschweren lassen, dass er zu einseitig Partei ergreift oder Gesichtspunkte, die „zu Lasten“ der Arbeitnehmer mit zu berücksichtigen sind, außer Acht lässt. 23

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Pflichten im Einzelnen

Die Pflicht des Betriebsrats, die Anwendung der Schutzvorschriften zu überwachen, gilt aber gleichermaßen gegenüber dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern. Der Betriebsrat muss auch die Arbeitnehmer auf die Vorschriften hinweisen, sie – wenn nötig – belehren. Er hat falsches Verhalten ihnen gegenüber ebenso zu beanstanden, wie den Vorgesetzten gegenüber, die dieses Verhalten durchgehen lassen. Er hat sich auch bei den Arbeitnehmern dafür einzusetzen, dass sie ihren eigenen Schutz beachten oder anwenden. Verstöße gegen Verhaltensregeln können auch für Arbeitnehmer Folgen haben: Von der Abmahnung bis zur Kündigung reichen die Maßnahmen, die ihnen arbeitsrechtlich drohen. Die Berufsgenossenschaft kann Bußgelder bis zur Höhe von € 10.000,– verhängen. Der Staatsanwalt kann Anklage erheben, wenn eine Vorschrift aus dem Strafgesetzbuch verletzt ist. Der Betriebsrat ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz bei Kündigungen einzuschalten. Deshalb sollte er auch rechtzeitig über schwerwiegende Verstöße gegen Verhaltensvorschriften informiert werden. Er kann sich dann schon einschalten, bevor Abmahnungen erforderlich werden. Er kann prüfen, worauf der Verstoß zurückzuführen ist: mangelhafte, unverstandene Unterweisung, Instruktionsschwäche, Überforderung oder charakterliche Schwäche? Eine große Rolle für die Arbeitssicherheit spielt die Arbeitszufriedenheit. Arbeitssicherheit und die sie bestimmenden Einflussgrößen wirken sich ganz entscheidend mit auf das Arbeitsklima aus. Der Betriebsrat kann zu beidem beitragen. Wichtig dafür ist aber, dass er seine Einflussmöglichkeiten, seine Mitwirkungspflichten und -chancen richtig sieht und sie entsprechend einsetzt. Er hört und weiß oft mehr als der Vorgesetzte von Nöten, Belastungen und auch 24

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

unbestimmten Befürchtungen mancher Arbeitnehmer im Betrieb. Er kann deshalb mit etwas Geschick sowohl auf eine sachliche Klärung als auch auf eine Bereinigung der Atmosphäre hinwirken. Der Betriebsrat ist zwar nicht für die Sicherheit der Arbeitnehmer verantwortlich, aber wie bei allen groben Pflichtverletzungen kann gegen ihn ein Verfahren zur Abberufung (vor dem Arbeitsgericht) eingeleitet werden.

Die Rechte Wenn der Betriebsrat etwas tun muss, dann ist damit auch gesagt, dass er es tun darf. Einige Rechte ergeben sich also aus den Pflichten des Betriebsrats: Wenn der Betriebsrat

 über die Durchführung von Schutzvorschriften zu wachen   

(§ 80 Abs. 1 Ziff.1 BetrVG), Maßnahmen zu beantragen (§ 80 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG), andere Stellen zu unterstützen (§ 89 Abs. 1 Satz 2 BetrVG), Arbeitnehmer anzuhalten hat, sich sicher zu verhalten (§ 80 Abs. 1 Ziff.1 und § 89 Abs. 1 Satz 1 BetrVG),

dann braucht er insoweit keine weiteren Rechte, um tätig werden zu können. Aber der Betriebsrat kann aus beobachteten Sicherheitsmängeln und abgelehnten Anträgen nur dann Konsequenzen ziehen und sich für die Arbeitssicherheit einsetzen (§ 89 Abs. 1 BetrVG), wenn ihm dafür eine Handhabe in Gestalt von Rechten geboten wird. 25

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

Diese Rechte beginnen damit, dass er an der richtigen Stelle

 beteiligt werden und

 Gehör finden muss bis hin zu  Zwangsmitteln, die er einsetzen kann, um sich durchzusetzen. Einige Rechte leiten sich aus den Pflichten anderer ab:

 der Arbeitgeber,  der Vorgesetzten,  der Sicherheitsingenieure und Betriebsärzte. Sie müssen den Betriebsrat informieren und mit ihm mögliche Verbesserungen erörtern. Das kann der Betriebsrat dann auch von ihnen verlangen. Er kann sein Recht der Beteiligung an

 Besichtigungen,  Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses,  der Planung neuer Betriebsteile, Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe auch gegenüber den externen aufsichtführenden Stellen einfordern, da auch diese ihn zu beteiligen haben. Das ergibt sich aus der Natur der Sache. Der Betriebsrat kann sich mit seinen Mitbestimmungsrechten natürlich stärker durchsetzen, als im Falle eines Beteiligungs- und Anhörungsrechts. Aber von der Sache her gesehen, nämlich bezogen auf die Frage: Wie erreichen wir das meiste in der Arbeitssicher26

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

heit für den Arbeitnehmer (und für den Betrieb)? ist diese Betrachtungsweise jedoch zu vordergründig. In der Arbeitssicherheit darf es dem Betriebsrat nur darum gehen, den Schutz vor betrieblichen Gefahren zu verbessern. Dafür sind ihm auch die Rechte verliehen worden. Dann ist immer das Recht das stärkste, das am schnellsten und wirkungsvollsten der Sache dient. Im Übrigen ist auch hier noch einmal herauszustellen: Rechte sind noch keine Pflichten. Der Betriebsrat hat in Bezug auf seine Rechte die (fast) freie Wahl, ob und wie er sie einsetzt. Aber die Pflichten begrenzen die Rechte. Der Betriebsrat darf seine Rechte nicht zweckentfremden. Über die Pflichten hat der Gesetzgeber in einem abschließenden Katalog entschieden. Was dort nicht enthalten ist, lässt sich auch nicht über den Umweg der Rechte „hineinmogeln“.

Recht auf Information, Teilnahme und Beteiligung All diese Rechte setzen voraus, dass der Betriebsrat rechtzeitig alle nötigen Informationen erhalten muss, um gegebenenfalls – pflichtgemäß – tätig zu werden und um von seinen weitreichenden Rechten Gebrauch machen zu können. § 80 Abs. 2 u. 3 BetrVG: Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat

 … rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten (...). Ihm sind auf Verlangen jederzeit die zur Durch27

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

führung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, … Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen … Nach § 89 Abs. 2 BetrVG ist der Betriebsrat

 … bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz … Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen ... hinzuzuziehen … Diese Rechte gehen so weit, wie es die Überwachungsaufgabe, der Gestaltungsauftrag und die Unterstützungspflichten erfordern. Daraus folgt: welche Frage auch immer mit der Arbeitssicherheit im Betrieb zu tun hat, der Betriebsrat kann sie sich vom Arbeitgeber beantworten lassen. Der Betriebsrat kann verlangen, dass der Arbeitgeber die für die Arbeitssicherheit bedeutsamen Informationen von sich aus zur Verfügung stellt. Reichen diese Informationen nicht, kann der Betriebsrat „nachhaken“, Unterlagen und die Einschaltung von Sachverständigen verlangen. Für den Umfang der Informationspflichten ist nicht die Meinung des Arbeitgebers entscheidend, sondern das Informationsbedürfnis des Betriebsrats. Er muss es im Zweifel nur mit Belangen der Arbeitssicherheit begründen können. Ein Verdacht, die Information würde nicht benötigt, reicht für die Ablehnung nicht aus. Rechtzeitig ist die Unterrichtung nur dann, wenn sie dem Betriebsrat genügend Zeit zur Wahrnehmung seiner Pflichten lässt. 28

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

Diese Informationspflichten bestehen nicht nur für den Arbeitgeber. Der Betriebsrat kann sich auch selbst informieren. Er hat das Recht

 auf Teilnahme an Betriebsbesichtigungen und Unfallunter   

suchungen (§ 89 Abs. 2 BetrVG), auf Gespräche und Beratung mit dem Arbeitgeber über die Planung neuer Bauten, Anlagen, Verfahren und Arbeitsabläufe und über wesentliche Änderungen (§ 90 Abs. 2 BetrVG), auf einen ständigen Erfahrungsaustausch mit den Sicherheitsfachkräften, Betriebsärzten und Sicherheitsbeauftragten (§ 89 Abs. 4 BetrVG und § 9 ASiG), das Recht auf Einsichtnahme in alle Unterlagen (§ 80 Abs. 2 BetrVG), die für die Arbeitssicherheit von Belang sind (§ 89 Abs. 5 BetrVG), das Recht auf Aushändigung einer jeden Unfallanzeige (§ 89 Abs. 6 BetrVG).

Besondere Rechte auf Unterrichtung bestehen bei der Gestaltung und Umgestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe nach § 90 BetrVG. Hier hat der Arbeitgeber den Betriebsrat schon über die Planung von

   

Neu-, Um- und Erweiterungsbauten, technischen Anlagen, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder Arbeitsplätzen

rechtzeitig unter (gleichzeitiger) Vorlage der Unterlagen zu informieren. 29

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

Er muss die sich daraus ergebenden Belastungen und Anforderungen für die Arbeitnehmer zusammen mit dem Betriebsrat erörtern und zwar so rechtzeitig, dass Vorschläge des Betriebsrats noch bei der Planung berücksichtigt werden können. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat sogar für dessen Meinungsbildung über die sich ergebenden Belastungen beraten. Diese Unterrichtungs- und Beratungsrechte laufen den stärkeren Rechten voraus, mit denen der Betriebsrat hier ins Geschehen eingreifen kann. Der Betriebsrat soll sich also nicht erst einschalten können, wenn „Not am Mann“ ist. Er muss bereits dabei helfen können, einen vorbeugenden Schutz aufzubauen. Er soll von Anfang an die Entwicklungen und Fortentwicklungen im Betrieb verfolgen, um möglichst konstruktiv daran mitarbeiten zu können. Weitere Rechte auf Unterrichtung ergeben sich aus den Pflichten des Unternehmers in Spezialvorschriften, den Betriebsrat zu beteiligen, z. B.

 im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG § 55 Abs. 1a)  in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV § 14)  in den Unfallverhütungsvorschriften „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) § 14 Abs.2, „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (BGV A4) §§ 12, 13 Auf die Mitbestimmungsrechte konzentrieren sich natürlich die Interessen der Betriebsräte. Sie wollen wissen, was sie im Notfall auch erzwingen können. Für den Arbeitsschutz gibt es zwei Mitbestimmungsbereiche, und zwar in § 87 Abs. 1 Ziff. 7 und in § 91 BetrVG. 30

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

§ 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG lautet:

 Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften. Liest man diese Vorschrift ganz unbefangen, dann unterliegen alle betrieblichen Regelungen zu Fragen der Unfallverhütung und des Gesundheitsschutzes der Mitbestimmung des Betriebsrats. Die Arbeitsgerichte legen diese Vorschrift aber eng aus. Sie sehen die Mitbestimmung bei der Verhütung von Arbeitsunfällen und im Gesundheitsschutz als die Ausnahme und nicht die Regel an. Da die Gerichte auch das letzte Wort in jedem Streitfall um die Mitbestimmung haben, gilt zur Zeit eine sehr einschränkende Auslegung des § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG. Das Mitbestimmungsrecht gilt nur für den gesetzlichen Bereich der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes: Es müssen deshalb

   

Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften oder verbindliche Anordnungen (der Berufsgenossenschaft oder der Gewerbeaufsicht)

den Arbeitgeber verpflichten, etwas zu regeln.

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Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

Diese Vorschriften dürfen selbst noch keine Regelung treffen – jedenfalls nicht im Einzelnen. Sie schaffen nur einen Rahmen für Regelungen des Betriebes. Nur der Rahmen ist verbindlich. Darin sind z. B. Ziele oder der Umfang der notwendigen Regelung beschrieben. Die zu regelnden Maßnahmen sind aber nicht konkret festgelegt. Es besteht vielmehr eine Wahlmöglichkeit unter verschiedenen – gleichwertigen – Möglichkeiten für betriebliche Regelungen. Der Arbeitgeber hat – in den Grenzen der Vorschriften – einen Ermessensspielraum für eigene Entscheidungen. Welche Vorschriften ziehen nun einen Rahmen, lassen dem Arbeitgeber Wahlmöglichkeiten? Auch darüber wird gestritten. Fest steht nur so viel: Auslegungsschwierigkeiten räumen kein Wahlrecht ein, auch wenn eine Vorschrift nicht klar und eindeutig ist, wenn schwierig zu verstehen ist, was sie meint. Will sie nur eine Regelung oder sieht sie eine bestimmte Regelung als ausreichend an, dann bietet sie vielleicht dem Arbeitgeber eine gewisse Freiheit zu beurteilen, was nötig und ausreichend ist. Aber sie räumt ihm kein echtes Wahlrecht ein. Der Betriebsrat kann sagen: Die Regelung genügt nicht. Er kann sie also beanstanden. Er kann aber nicht unter mehreren Möglichkeiten eine geeignete mit auswählen. Eine Wahlmöglichkeit für den Arbeitgeber besteht in diesem Fall nur scheinbar. Es ist aber schwer einzuschätzen, was richtig und was falsch ist, was die Nachprüfung für den Betriebsrat erschwert. Auch Mindestanforderungen in Vorschriften, die also Raum für bessere Regelungen mit mehr Sicherheit bieten, sind nicht als Rahmenvorschriften anzusehen. Untergrenzen in der Sicherheit schaffen keinen Rahmen. Eine Überschreitung der Sicherheitsanforderungen 32

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

ist immer möglich. Im Übrigen kann auch mit der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG nur ein gesetzlicher Rahmen vom Betriebsrat mit ausgefüllt werden. Er kann diesen Rahmen nicht mit Hilfe seiner Mitbestimmung erweitern oder sogar erst noch schaffen wollen. Enthalten Generalklauseln einen Rahmen? Generalklauseln nennt man sehr allgemein gehaltene Vorschriften, mit denen der Arbeitgeber ganz allgemein aufgefordert wird – mehr oder weniger bestimmten – Gefahren zu begegnen. Zu diesen Generalklauseln gehören die grundlegenden Vorschriften im Sozialgesetzbuch VII. Buch, im Arbeitsschutzgesetz und im Vorschriftenwerk der Berufsgenossenschaften „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1). Die wichtigsten Grundregeln über die Pflichten des Unternehmers finden sich im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Es setzt die Regelungen der Europäischen Rahmenrichtlinie von 1989 in deutsches Recht um und löst damit altes deutsches Recht ab (z. B. § 120a der Gewerbeordnung). Das ArbSchG regelt die generelle Verantwortung des Unternehmers (§ 3) für den Arbeitsschutz. In § 4 ArbSchG heißt es: Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird. Besondere Bedeutung kommt der Pflicht zur systematischen Gefahrenanalyse zu (§ 5 und § 6). Bei besonderen Gefahren sind auch besondere Maßnahmen zu treffen. Neu sind auch die Pflichten und Rechte der Arbeitnehmer geregelt (§§ 15–17). Die Pflichten gehen von der Anwendung der Vor33

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

schriften bis hin zur Unterstützung der Sicherheitsorganisation. Die Arbeitnehmer sind berechtigt, Vorschläge zu machen. Aber sie haben auch umfassende Entfernungs-, Beschwerde- und Verweigerungsrechte (§ 17). Geschützt werden sie durch das Benachteiligungsverbot des Unternehmers (§ 17 Abs. 2). Eine ähnlich umfassende Neuregelung hat der Arbeitsschutz im Sozialgesetzbuch Teil VII (SGB VII) gefunden. Wichtig ist dort vor allem der § 21, der die Verantwortung des Unternehmers regelt. In dieser Vorschrift wird auch der Rahmen für präventive Maßnahmen über Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten hinaus auf alle arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren erweitert. Auch die Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) § 2 macht es dem Unternehmer zur Pflicht,

 die erforderlichen Maßnahmen (...) zu treffen und dabei insbesondere die staatlichen Arbeitsschutzvorschriften und die berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften heranzuziehen. Hier werden also ebenfalls Regelungen im Betrieb im Rahmen der Unfallverhütungsvorschriften gefordert. Soweit diese Generalklauseln durch Detailvorschriften vom Gesetzund Verordnungsgeber ausgefüllt worden sind, besteht kein Rahmen mehr. Insoweit entfällt auch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Wenn aber der Arbeitgeber über die Detailvorschriften hinaus (nach der Generalklausel) verpflichtet ist, selbst eine nicht näher bezeichnete Regelung zu treffen, greift dann das Mitbestimmungsrecht ein?

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In einer nicht veröffentlichten Entscheidung*) sagt das Bundesarbeitsgericht in den Gründen dazu: „Vielmehr soll die besondere Sachkenntnis des Betriebsrats bei Konkretisierung der meist ausfüllungsbedürftigen Normen fruchtbar gemacht werden, um in bestmöglicher Weise im Rahmen der bestehenden Schutzgesetze Arbeitsunfällen und Gesundheitsbeeinträchtigungen vorzubeugen.“ In einem Beschluss vom 16. 6. 1998 sagt nun das Bundesarbeitsgericht klar und deutlich: § 2 der BGV A1 ist eine Generalklausel, die einen Rahmen für Regelungen abgibt. Also besteht das volle Mitbestimmungsrecht bei allen Regelungen die (nur ?) auf diese Vorschrift gestützt sind. Das heißt:

 Im Zweifel soll der Betriebsrat mitbestimmen.  Immer wenn eine Vorschrift Regelungen verlangt, aber weder selbst sagt noch durch ergänzende Detailvorschriften erläutert wird, was wie zu regeln ist, bestimmt der Betriebsrat mit. Beispiel: Schutzhelme. Soweit sie ausdrücklich gefordert sind, entfällt eine Mitbestimmung über die Pflicht, sie zu beschaffen und zu tragen. Soweit aber der Arbeitgeber aufgrund der Generalklauseln die Beschaffung, die Benutzung und Art der Helme für alle Mitarbeiter und Bereiche regelt, bestimmt der Betriebsrat mit. Denn hier hat der Arbeitgeber Wahlmöglichkeiten.

*) BAG-Beschluss v. 13.2.1990 – 1 BR 11/89 –

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Schließlich enthalten auch §§ 2 und 5 ASiG die Wahl zwischen verschiedenen Formen der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung, die der Unternehmer regeln muss. Auch hier bestimmt der Betriebsrat mit *). Das Betriebsverfassungsgesetz spricht in § 87 Abs. 1 Ziff. 7 nur von Regelungen. Was zählt dazu und was nicht? Regelungen sind zu unterscheiden von Maßnahmen im Einzelfall:

 Nur wenn der Arbeitgeber für viele mögliche Einzelfälle und/ 



oder Personen eine Entscheidung trifft, kann man sie eine Regelung nennen. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht nur in Bezug auf generelle Regelungen. Es muss das Interesse der Belegschaft oder wenigstens einer Gruppe und nicht nur das Interesse einzelner Arbeitnehmer berührt sein. In Bezug auf Einzelpersonen hat der Betriebsrat nur unterstützende Rechte (§ 85 BetrVG). Mit der Mitbestimmung soll er dagegen über den Einzelfall hinaus an unternehmensleitenden Entscheidungen im Hinblick auf die richtige Ausübung des Ermessens mitwirken. Eine Maßnahme ist aber einer Regelung gleichzusetzen, wenn es sich um eine so genannte „Kollektivmaßnahme“ handelt. Sie gilt auch für viele Personen und dann auch für viele Anwendungsfälle. Eine Kollektivmaßnahme ist nach einer Faustformel immer dann anzunehmen, wenn von ihr eine größere, im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft nicht unerhebliche Anzahl von Arbeitnehmern oder eine noch nicht abschließend zu überschauende Zahl von Anwendungsfällen mitbetroffen sind.

*) BAG v. 10.4.1979 – 1 ABR 34/77 –

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In den Fällen, in denen der Arbeitgeber eine generelle Regelung treffen muss, er aber nur Einzelentscheidungen trifft, stellt sich das Problem anders. Dann genügen eben Einzelmaßnahmen nicht. Auch eine fehlende Regelung ist eine Regelung – die schlechteste. Der Betriebsrat kann mit seinem Mitbestimmungsrecht also auch eine unterlassene Regelung angreifen. Ein Mitbestimmungsrecht besteht immer nur in Bezug auf eine ganz bestimmte vom Betriebsrat verlangte Regelung. Es kann nicht für regelungsbedürftige allgemeine Fragenkomplexe – und mag ein noch so enger Zusammenhang mit der Arbeitssicherheit bestehen – eingefordert werden. Regelungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG sind nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. 6. 1998 (siehe Anhang) auch allgemein gehaltene Anordnungen zur Absturzsicherung am Einsatzort, Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Modernisierung und Neumontage von Aufzügen, und zwar insbesondere zur Frage, welche Schutzausrüstungen zu verwenden sind. Hier gibt es außer der Generalklausel in den §§ 2 und 29 BGV A1 (geeigneter Schutz) keine genaueren Festlegungen in den Vorschriften, und deshalb sind allgemein gehaltene Anweisungen für eine Vielzahl von Fallgestaltungen dann auch Regelungen im Sinne des § 87 Abs. 1 BetrVG. Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes stellt hohe Anforderungen an den Betriebsrat. Wenn er sach- und fachbezogen mitwirkt, hilft er den Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu verbessern. Er darf seine Mitwirkungsrechte aber nicht als Mittel für andere Ziele und Zwecke einsetzen. Er würde sonst nicht nur dem Arbeitsschutz schaden, sondern auch im gleichen Umfang den Arbeitgeber aus seiner Verantwortung dafür entlassen. 37

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

Für den Bereich der Arbeitssicherheit ist aber auch das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs.1 Ziff.1 BetrVG zu berücksichtigen: Der Betriebsrat hat … mitzubestimmen: in Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Der Zweck und Inhalt der Mitbestimmung nach dieser Vorschrift sind:

 den Arbeitnehmern an der Gestaltung der betrieblichen Ord

nung eine gleichberechtigte Teilhabe zu gewähren*); Fragen der Ordnung betreffen alle Anweisungen des Arbeitgebers, die nicht (nur) arbeitsvertragliche Pflichten konkretisieren, d. h.:  die Arbeitsleistung oder  das Verhältnis des einzelnen Arbeitnehmers zum Arbeitgeber betreffen.

Mitbestimmungspflichtig sind also alle Maßnahmen und Regelungen, die das Zusammenleben im Betrieb und Zusammenwirken der Arbeitnehmer untereinander ordnen. Dazu gehören z. B. Anweisungen, die – über §§ 7 Abs. 2, 15 Abs. 2 „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) hinaus – den Fragenkomplex „Alkohol im Betrieb“ regeln. Welcher Art sind nun diese Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs.1 Ziff. 1 und 7 BetrVG? Es handelt sich um echte Mitbestimmungsrechte. *) BAG-Beschluss vom 13.2.1990 – 1 BR 11/89 –

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Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

Der Arbeitgeber kann in diesen Fragen also nur mit Zustimmung des Betriebsrats entscheiden. Kommt keine Einigung zustande, muss der Arbeitgeber oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen, die eine verbindliche Entscheidung trifft. Die Einigungsstelle ist nach § 98 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) immer zu bilden, wenn das Verlangen nach Mitbestimmung nicht offensichtlich unbegründet ist. Daneben kann dann aber in einem Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht geklärt werden, ob das Mitbestimmungsrecht besteht (Vorabentscheidungsverfahren). Gegen den Willen des Betriebsrats kann der Arbeitgeber keine Regelung vornehmen. Verstößt der Arbeitgeber hiergegen durch einseitige Maßnahmen, so sind diese unwirksam. Andererseits ist der Unternehmer durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht von seinen gesetzlichen Pflichten in der Unfallverhütung befreit. Kommt eine Einigung nicht oder nicht rechtzeitig zustande, muss der Unternehmer bei einer konkreten Gefahr im Einzelfall eine vorläufige Maßnahme treffen. Maßnahmen dieser Art unterliegen nicht der Mitbestimmung, sondern nur einer Informationspflicht – mit einem Beanstandungsrecht des Betriebsrats. Behinderungen oder Störungen des Betriebsrats in der Wahrnehmung seiner Aufgaben sind gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG strafbar. Außerdem kann der Betriebsrat gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber grob gegen das Mitbestimmungsrecht verstoßen hat, beim Arbeitsgericht Sanktionen gegen den Arbeitgeber beantragen.

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Initiativrecht Der Betriebsrat kann im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts auch selbst eine Regelung beantragen. Er hat ein Initiativrecht. Es gilt für den Fall, dass der Arbeitgeber nicht tätig wird und der Betriebsrat dennoch eine allgemeine Regelung im Rahmen gesetzlicher Vorschriften als notwendig erachtet. Er muss dann eigene Vorschläge entwickeln. Das Initiativrecht*) gilt auch für den Fall, dass der Betriebsrat eine vom Arbeitgeber vorgesehene Regelung abändern will. Der Betriebsrat kann auch versuchen, über sein Mitbestimmungsrecht eine Betriebsvereinbarung herbeizuführen oder über die Einigungsstelle zu erzwingen, soweit es sich um regelungsbedürftige Fragen der Unfallverhütung und des Gesundheitsschutzes im Rahmen der Vorschriften handelt *).

Mitbestimmungsrecht bei Gestaltung von Arbeitsplätzen, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung (§ 91 BetrVG) § 91 BetrVG lautet: Werden die Arbeitnehmer durch Änderungen der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen, in besonderer Weise belastet, so kann der Betriebsrat angemessene Maßnahmen … verlangen …

*) BAG v. 14.11.1974 – 1 ABR 65/73 –

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Neben dem als „gesetzlichen Arbeitsschutz“ bezeichneten Bereich hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe, wenn arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse offensichtlich missachtet werden. Auch das kann natürlich Auswirkungen auf die Sicherheit haben. Ziel ist es, die Arbeit und die Arbeitsvorgänge so an den Menschen anzupassen, dass keine vermeidbaren besonderen Belastungen auftreten. Körperliche Belastungen und Überforderungen sollen unterhalb einer konkreten Gefahrenschwelle vermieden werden. Hier geht es insbesondere um

 die Vermeidung von Stress,  die ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze,  die möglichst belastungsarme „Gestaltung“ der Arbeitsstätten und Arbeitsabläufe. Es kann hier immer nur um ganz konkrete Belastungen, also Situationen an bestimmten Arbeitsplätzen gehen. Nach § 90 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Planung von Baumaßnahmen, technischen Anlagen, Arbeitsverfahren und Arbeitsplätzen zu unterrichten und mit ihm zu beraten, was er beabsichtigt zu tun. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen dabei „gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse“ berücksichtigen. Sofern nun eine Änderung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Umgebung den arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die „menschengerechte Gestaltung“ der Arbeit offensichtlich 41

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

widerspricht, kann der Betriebsrat in jedem Einzelfall Maßnahmen verlangen. Voraussetzung ist, dass die Arbeitnehmer durch die Mängel in besonderer Weise belastet werden. Ein echtes Mitbestimmungsrecht (nach § 91 BetrVG) hat der Betriebsrat also erst bei schweren Belastungen und ganz unbestreitbaren Unzulänglichkeiten. Die arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse, auf die sich der Betriebsrat berufen kann, müssen gesichert sein. Sie sind es, wenn sie sich in technischen Regelwerken befinden. Selbst einem verständigen Laien muss der Widerspruch zu den Erkenntnissen einleuchten. Liegt dieser Widerspruch in anerkannten Regeln aber vor, dann ergeben sich in der Regel die „besonderen Belastungen“ daraus von selbst. Veränderungen sind alle wesentlichen Eingriffe. Der Vergleich mit der bestehenden Situation darf nicht ergeben, dass nur unbedeutende Umstellungen, Verschiebungen etc. vorgenommen werden. Die Veränderung muss eine Planung wert sein. Der Betriebsrat kann verlangen, bei der Planung rechtzeitig eingeschaltet zu werden. Er kann diese Planung kritisch begleiten. Er kann dazu Vorschläge anbieten und Bedenken äußern. Er kann den Arbeitgeber – mit Begründung natürlich – auffordern, die Belastungen durch angemessene Maßnahmen zu beseitigen oder auszugleichen. Aber er kann nicht von sich aus für eine Neugestaltung die Planung entwickeln und der Einigungsstelle als seine Initiative zur Entscheidung vorlegen. Erst müssen ein Entschluss des Arbeitgebers und seine Planung vorliegen. Dann kann der Betriebsrat einen offensichtlichen Widerspruch zu arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen feststellen. Er 42

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

kann sich auch nur gegen diese vorliegende Planung oder gegen die danach getroffenen Maßnahmen wenden. Deshalb nennt man diese Art der Mitgestaltung auch „konkurrierende Mitbestimmung“.

Einigungsstelle Im Konfliktfall entscheidet beim Mitbestimmungsrecht die Einigungsstelle. Im Streit mit dem Arbeitgeber vor der Einigungsstelle ist der Betriebsrat für die Voraussetzungen seines Mitbestimmungsrechts, z. B. für die „Offensichtlichkeit“ eines Mangels, darlegungsund beweispflichtig. In einem so genannten Vorabentscheidungsverfahren kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht prüfen lassen, ob diese Voraussetzungen gegeben sind.

Andere Beteiligungs- und Teilnahmerechte Soweit der Betriebsrat in der Arbeitssicherheit Aufgaben wahrnimmt, die nicht der Mitbestimmung unterliegen, soll er trotzdem in einigen wichtigen Fällen beteiligt werden. So hat der Betriebsrat nach § 89 Abs. 2 BetrVG ein Beteiligungsrecht Der Betriebsrat ist

 bei allen … Besichtigungen und … Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen … Auflagen und Anordnungen … sind ihm mitzuteilen. 43

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

Die Form der Beteiligung ist natürlich schwächer als eine Mitbestimmung. Sie ist jedoch mehr als nur eine Unterrichtung. Der Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats sollen bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen persönlich anwesend sein. Der Arbeitgeber muss sie hinzuziehen. Praktisch bedeutet das: Der Betriebsrat ist über einen Besuch der Aufsichtsperson oder des Gewerbeaufsichtsbeamten so früh wie möglich zu unterrichten. Ihm ist Gelegenheit zur Teilnahme zu geben – und zwar für die ganze Besichtigung, vom Anfang bis zum Ende. Der Betriebsrat ist in die Erörterung der Mängel und ihrer Beseitigung einzubeziehen. Das gilt für die Abwägung unter den möglichen Schutzmaßnahmen und Schutzvorrichtungen, aber auch für die Verbesserung der Beleuchtung, Heizung, Kühlung oder zum Beund Entlüften sowie Entstauben von Arbeitsräumen. Nach dieser Erörterung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat außerdem noch über die tatsächlich getroffenen Anordnungen unterrichten. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) über das Zusammenwirken der Technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaften verpflichtet diese, mit dem Betriebsrat eng zusammenzuwirken (§ 2 AVV). Der Betriebsrat ist auch zu beteiligen, wenn ein Unfall geschehen ist und dieser untersucht wird. Der Betriebsrat muss die Unfallanzeige mit unterschreiben. Der Arbeitgeber hat ihm eine Durchschrift der Unfallanzeige auszuhändigen (§ 89 Abs. 6 BetrVG, § 193 Abs. 1 u. 5 SGB VII). Das Gleiche gilt bei Anzeigen von Berufskrankheiten (§ 89 Abs. 6 BetrVG, § 193 Abs. 2 u. 5 SGB VII). 44

Rechte und Pflichten des Betriebsrats in der Arbeitssicherheit Die Rechte

Beantragt der Arbeitgeber eine Ausnahmegenehmigung nach § 14 der Unfallverhütungsvorschrift BGV A1, so hat er die Stellungnahme des Betriebsrats beizufügen. In Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten hat der Unternehmer einen oder mehrere Sicherheitsbeauftragte zu bestellen (§ 22 SGB VII); die Berufsgenossenschaften können für Betriebe mit geringer Unfallgefahr die Zahl 20 in ihrer Satzung erhöhen. Bestellung und Abberufung haben unter Mitwirkung des Betriebsrats zu erfolgen. Die Beteiligung des Betriebsrats bezieht sich nicht nur auf die Auswahl, sondern auch auf die Anzahl der Sicherheitsbeauftragten. Der Betriebsrat hat das Recht auf Teilnahme an allen Besprechungen des Arbeitgebers mit dem Sicherheitsbeauftragten (§ 89 Abs. 4 BetrVG). Ist ein Arbeitsschutzausschuss zu bilden, tritt er mindestens einmal vierteljährlich zusammen (§ 11 ASiG). In Bezug auf die Mitgliederzahl und die Zusammensetzung dieses Ausschusses besteht sogar ein Mitbestimmungsrecht (Rahmenvorschrift). Um seinen Überwachungsaufgaben nachkommen zu können, hat der Betriebsrat das Recht, sämtliche – auch gewöhnlich nicht zugängliche – Betriebsanlagen zu betreten. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat alle einschlägigen Bestimmungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zur Verfügung zu stellen.

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FREIWILLIGE BETRIEBSVEREINBARUNGEN Auch durch freiwillige Betriebsvereinbarungen können Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen geregelt werden (§ 88 Nr. 1 BetrVG). Das Gesetz spricht ausdrücklich nur von „zusätzlichen“ Maßnahmen. In Betracht kommen also vor allem Schutzmaßnahmen, die über das hinausgehen, was vorgeschrieben ist. Dazu gehören z. B.:

 die Anbringung einer zweiten Schutzeinrichtung an Maschi 

nen, Fahrstühlen und sonstigen Werkseinrichtungen, Hinweise auf Gefahren und besondere Kennzeichnungen – über das erforderliche Maß hinaus.

Diese Maßnahmen bewegen sich über das gesetzliche „Muss“ nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hinaus im schon vorschriftsfreien Raum. Aber Betriebsvereinbarungen können selbst auch eine zusätzliche Maßnahme sein. Das gilt z. B. für eine Vereinbarung über ein allgemeines Alkoholverbot im Betrieb. §§ 7 Abs. 2, 15 Abs. 2 der BGV A1 sagen, was nicht geduldet werden darf. Eine Betriebsvereinbarung kann nun vorsorglich die Maßnahmen zur Verhütung von Alkoholmissbrauch früher einsetzen lassen. Sie kann dabei gleichzeitig die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in den Regelungsinhalt einbeziehen. Manchmal kann eine Betriebsvereinbarung auch über Auslegungsschwierigkeiten hinweghelfen. Dann wird einfach freiwillig das vereinbart, was die weitergehende Auslegung einer Vorschrift auch ergeben würde.

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Freiwillige Betriebsvereinbarungen

Freiwillige Betriebsvereinbarungen können nur in beiderseitigem Einvernehmen von Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossen werden. Ein Spruch der Einigungsstelle kann nicht herbeigeführt werden. Die Einigungsstelle wird in diesen Fällen nur dann tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit dem Tätigwerden einverstanden sind. Die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat wird jedoch durch den Spruch der Einigungsstelle nur dann ersetzt, wenn sich beide Seiten im Voraus unterwerfen oder ihn nachträglich annehmen (§ 76 Abs. 6 BetrVG).

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DAS PRAKTISCHE VORGEHEN DES BETRIEBSRATS Rechte wahren – aber wie? Die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit also alles andere als klar und übersichtlich geregelt. Das birgt für die Zusammenarbeit Schwierigkeiten, sogar Fallstricke in sich. Die Gefahr, sich über Rechtsfragen zu streiten, ist groß. Wir haben eingangs schon gesagt: In der Arbeitssicherheit sollte sich der Betriebsrat an Zielen orientieren. Sofern überhaupt Interessengegensätze bestehen – etwa bei der Wahl der richtigen Mittel –, muss er helfen, sie abzubauen. Der Betriebsrat sollte deshalb nicht auf formalen Rechtspositionen bestehen. Er sollte Streit um Prinzipien vermeiden, wenn es die Sache selbst nicht lohnt. Für das praktische Vorgehen müssen wir uns in Erinnerung rufen, was wir zuvor zu den Pflichten und Rechten gesagt haben: Der Pflichtenkatalog steckt das Aufgabengebiet für den Betriebsrat ab. Was er tun kann, wie er zu seinem Ziel kommen kann, gehört zu seinen Rechten, über deren Einsatz er entscheidet. Nur in einem Punkt lässt der vom Gesetz erteilte Auftrag dem Betriebsrat keine Wahl: Beobachtet er, dass der Betrieb unter klarer Verletzung von Vorschriften arbeiten lässt, dann muss der Betriebsrat dagegen vorgehen. Er muss den Verstoß dem Arbeitgeber gegenüber beanstanden, Abhilfe beantragen – gegebenenfalls auch Vorschläge entwickeln – und – wenn das nichts hilft – externe Aufsichtsstellen oder die Einigungsstelle einschalten. Er sollte sich dabei durchaus auch von der taktischen Erwägung leiten lassen: wie erreiche ich am meisten für die Arbeitssicherheit. 48

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Rechte wahren – aber wie?

Aber was heißt das praktisch? Wie und wann soll er seine Rechte und die Ansprüche der Arbeitnehmer auf sichere Arbeit ins Spiel bringen? Bis zu welcher Grenze soll er dabei gehen? Nehmen wir die rechtlich und praktisch schwer zu lösende Frage: Wann hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG? Hat der Arbeitgeber einen Ermessensspielraum im Rahmen einer gesetzlichen Bestimmung oder handelt es sich nur um eine unklare Formulierung im Gesetz, die man verschieden auslegen kann? Besitzt der Betriebsrat also das Mitbestimmungs- und Initiativrecht? Soll er die Errichtung einer Einigungsstelle verlangen? Bei aller nüchternen Abwägung der Vor- und Nachteile der dem Betriebsrat offen stehenden Wege darf man etwas nicht übersehen: Der Arbeitgeber denkt daran, dass er „Herr im Haus“ bleiben möchte. Der Betriebsrat lässt sich eher von der Vorstellung leiten, dass er für die Arbeitnehmer etwas „herausholen“ will. Schließlich möchte er bei der nächsten Wahl mit Erfolgen aufwarten können und wieder gewählt werden. Daran ist eigentlich auch nichts auszusetzen. Beide Seiten sollten wechselseitig ihre Betrachtungsweise respektieren. Wenn es nur um das Prinzip geht, sollte sich der Betriebsrat die Klärung einer Frage für bessere Gelegenheiten aufheben. In der Arbeitssicherheit steht zu viel für die Arbeitnehmer auf dem Spiel, als dass falsches Prestigedenken die Entscheidungen beeinflussen darf. Der Betriebsrat muss sehen, dass ihm alle seine Rechte erst einmal nur dazu verhelfen, Entscheidungen des Unternehmers zu verhindern. Der Weg, eigene Vorstellungen über die Einigungsstelle durchzusetzen, ist schlecht. Die Einigungsstelle ist dann oft noch nicht einmal das Ende eines langen Prozesses. Deshalb muss dem Betriebsrat in der Arbeitssicherheit noch mehr als in anderen Bereichen daran gelegen sein, ein möglichst gutes 49

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Rechte wahren – aber wie?

Einvernehmen mit dem Arbeitgeber und zwischen allen Teilen der Sicherheitsorganisation herzustellen. Der Betriebsrat muss sich mit darum bemühen, eine angemessene Form seiner Beteiligung zu suchen. Er darf die Auseinandersetzung in der Sache nicht mehr als erforderlich verschärfen; er sollte nicht zu einer unnötigen Eskalation durch den Einsatz seiner Rechte und der Rechtsbehelfe beitragen. Sieht er eine Gefahr, erscheinen ihm

 eine Situation im Betrieb,  eine praktizierte oder nahe liegende Vorgehensweise,  ein bestimmter Arbeitsablauf gefährlich, so sollte er darauf

   

den Unternehmer oder seinen Beauftragten, den Betriebsleiter oder den Vorgesetzten

ansprechen. Zuvor wird er aber zur Klärung noch offener Fragen mit

 der Sicherheitsfachkraft oder  dem Betriebsarzt sprechen. Führen diese Gespräche nicht zur Klärung oder zur Abhilfe, ist der

 Arbeitsschutzausschuss der richtige Ort, die Dinge mit allen zusammen, vom Betriebsleiter bis hin zum Sicherheitsbeauftragten, zu erörtern. 50

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Rechte wahren – aber wie?

Wo dieser Ausschuss fehlt, ist entweder ein Sicherheitsausschuss zu bilden oder es hilft nur noch die direkte Vorsprache beim „Chef“ weiter. Dem Betriebsrat fallen aber in der Regel nicht nur Gefahren auf, er hat auch Vorschläge für eine Verbesserung der Situation. Auch damit sollte er sich so rechtzeitig wie möglich zu Wort melden und zwar zuerst wieder in informellen Gesprächen. Im Vorfeld möglicher Auseinandersetzungen lassen sich mit dem Unternehmer oder seinem Beauftragten viele Fragen einfacher, zwangloser und sachlicher klären, als in harten Auseinandersetzungen. Akzeptiert der Arbeitgeber diesen Vorschlag nicht, stellt sich für den Betriebsrat die Frage, ob er seine Vorstellungen durchsetzen kann und will. Wirksamer und schneller kommt der Betriebsrat meist zum Ziel, wenn er den Arbeitgeber von der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Maßnahme oder Regelung überzeugen kann. Am besten ist es, er gewinnt dafür auch die Sicherheitsorganisation zum Partner. Dem Betriebsrat müsste es von der Sache her gesehen auch gleich sein, ob er sich mit „seinem Mitbestimmungsrecht“ durchsetzt oder ob er über dieselbe Frage über § 88 BetrVG eine freiwillige Betriebsvereinbarung abschließt. Ist die Vereinbarung gut genug, um den Schutz der Mitarbeiter zu gewährleisten, schadet es nichts, dass sie freiwillig abgeschlossen worden ist. In den meisten Fällen kann man im Gespräch schon das erreichen, was man eigentlich will. Regelungen und verbindliche Abmachungen können dann der gesprächsweise erzielten Einigung folgen. Dann kann sogar offen bleiben, ob die Regelung – insgesamt oder nur teilweise – der Mitbestimmung unterliegt. Die Abgrenzung unter den verschiedenen Mitbestimmungs-, Mitwirkungs- und sonstigen Beteiligungsrechten ist auch für den Ar51

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Rechte wahren – aber wie?

beitgeber schwierig. Das muss auch der Betriebsrat anerkennen und deshalb mit Vorwürfen zunächst zurückhaltend sein. Wichtig ist, dass sich beide Seiten rechtzeitig über Probleme informieren und sich Gelegenheit geben, die Vor- und Nachteile der in Betracht kommenden Lösungen zu bedenken. Zur Vermeidung unnötiger Schwierigkeiten sollte deshalb der Arbeitgeber besonders seine Informationspflichten und die sonstigen Beteiligungsrechte des Betriebsrats so genau wie möglich beachten (Sonst könnte sich der Betriebsrat auch mit Recht darauf berufen, dass er den Lauf der Dinge nicht genau verfolgen konnte). Oft ist ohne seine Mithilfe auch nichts oder zu wenig zu erreichen. Der Arbeitgeber sollte so viel wie möglich von sich aus informieren. Nur so können beide Seiten Vertrauen zueinander fassen. Ist der Betriebsrat über alle Vorhaben informiert und kann er sich rechtzeitig dazu äußern, dann kann (und muss) er später die getroffenen Entscheidungen auch den Arbeitnehmern gegenüber mit vertreten. Hat andererseits der Betriebsrat bereits eine konstruktive Mitarbeit auch im Interesse des Betriebs unter Beweis gestellt, wird der Arbeitgeber auch bereitwilliger die Informationen bieten, die die Mitwirkung erleichtern. Schließlich möchte der Arbeitgeber in der Regel auch nicht, dass sich der Betriebsrat an Außenstehende wendet. Keinesfalls darf der Betriebsrat aber einfach abwarten, ob er rechtzeitig informiert oder eingeschaltet wird. Er kann so vor allem nicht die Aufgaben angehen, die für ihn mit einem Initiativrecht verbunden sind. Er muss sich also selbst ein Bild davon verschaffen, wie es um die Arbeitssicherheit im Betrieb bestellt ist. Das folgt aus seiner Überwachungspflicht. 52

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Die richtige Organisation der Arbeitssicherheit

Zweckmäßigerweise beginnt er damit, zu ermitteln, wie die Sicherheitsarbeit organisiert ist. Damit nimmt er seine wohl wichtigste Überwachungspflicht wahr. Wer sorgt in welchem Bereich für die nötige Sicherheit?

Die richtige Organisation der Arbeitssicherheit In der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) der Berufsgenossenschaften steht: „Der Unternehmer hat zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, (...) zu planen, zu organisieren, durchzuführen und ggf. anzupassen (...), und dabei insbesondere das staatliche und berufsgenossenschaftliche Regelwerk heranzuziehen (...).“ Diese Vorschrift verlangt sichere Betriebsanlagen und Arbeitsmittel, aber auch alle nötigen organisatorischen Regelungen. Dafür muss der Unternehmer sorgen. Dieser Auftrag an die Adresse des Unternehmers schließt sogar seine Verantwortung für das sichere Verhalten der Versicherten mit ein. In einem größeren arbeitsteiligen Betrieb kann der Unternehmer in der Regel diesen Verpflichtungen nur dadurch richtig nachkommen, dass er die Wahrnehmung seiner Pflichten anderen überträgt. Er hat dann insoweit nur noch die Pflicht, für die Wahrnehmung dieser Pflichten zu sorgen – also die grundsätzlichen sachlichen und organisatorischen Entscheidungen zu treffen, die richtigen Mitarbeiter mit der Entscheidung über die Maßnahmen im Einzelnen zu beauftragen (zu berichtigen) und sie zu überwachen. 53

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Die richtige Organisation der Arbeitssicherheit

Zu den nicht übertragbaren Unternehmerpflichten gehören also:

 die Schaffung der Sicherheitsorganisation,  die Beauftragung der Vorgesetzten,  die Ausstattung der Vorgesetzten mit den nötigen Rechten und  

Befugnissen, die Auswahl der Vorgesetzten, die Kontrolle des Systems und der Vorgesetzten.

Die Mitarbeiter, die den Unternehmer dann in den verschiedenen Bereichen „ersetzen“: die Vorgesetzten, müssen dann dort auch seine Aufgaben in der Arbeitssicherheit erfüllen. Diese Übertragung der Pflichten in der Arbeitssicherheit folgt schon aus der arbeitsrechtlichen Vertragsgestaltung und den tatsächlich geschaffenen Verhältnissen. Die schriftliche Pflichtenübertragung und Bestätigung beinhalten i. d. R. nur eine Klarstellung (s. § 13 BGV A1). § 7 des ArbSchG stellt klar: Bei der Übertragung von Aufgaben auf Beschäftigte hat der Arbeitgeber zu berücksichtigen, ob die Beschäftigten befähigt sind, die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten und Sicherheitsmaßnahmen zu beachten. Der Betriebsrat muss mit darauf achten, dass der Unternehmer seinen Pflichten bei der Wahl der richtigen Organisationsmittel in der Arbeitssicherheit ausreichend Rechnung trägt. Aber er muss auch den Einsatz der Vorgesetzten für die Sicherheit verfolgen. Werden sie ihrem Auftrag gerecht? Reichen ihre Befugnisse und nehmen sie sie wahr? Weil die Vorgesetzten Teil der Sicherheitsorganisation sind, sogar ein entscheidender Teil, muss der Betriebsrat mit ihnen zusammenarbeiten, wo immer es sich aus der Natur der Sache ergibt. An wen 54

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Gefährdungsbeurteilung

er sich im Konfliktsfall für die Wahrnehmung seiner Rechte zu wenden hat, steht nicht in der Unfallverhütungsvorschrift. Das ergibt sich allein aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Der Vorgesetzte ist also der Gesprächspartner für Fragen, die sich ohne eine Berufung auf das Betriebsverfassungsgesetz klären und mit den Befugnissen der Vorgesetzten auch regeln lassen. Hier greifen insbesondere auch die wechselseitigen Unterstützungspflichten in der Sicherheitsorganisation ein. Das Gleiche gilt für die Sicherheitsorganisation im engeren Sinne, für die gesetzlich dafür vorgeschriebenen Organe. Darüber, dass die eigentlich Verantwortlichen klare Anweisungen erhalten und ihrer Verantwortung auch gerecht werden, sollte der Betriebsrat in erster Linie wachen. Über die Überwachung der Vorschriften mit den Grundanforderungen an die Sicherheit hinaus, sollte sich der Betriebsrat sogar auf eine Überprüfung der Verhältnisse mit der Frage konzentrieren, ob andere – die Verantwortung tragen und die übrigen Sicherheitsorgane – ihren Pflichten bei der Durchführung der Vorschriften nachkommen.

Gefährdungsbeurteilung Einen wichtigen praktischen Beitrag zur Arbeitssicherheit kann der Betriebsrat im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung leisten. Neben der Anforderung in § 5 ArbSchG ist die Gefährdungsbeurteilung nunmehr auch in vielen anderen spezialgesetzlichen und berufsgenossenschaftlichen Regelungen zwingend vorgesehen, so z. B. in § 3 BGV A1, § 3 BildschirmarbeitsVO, § 7 GefStoffV. 55

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Unterweisungen und Arbeitsanweisungen

Bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz, die der Arbeitgeber zwar auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat, bei deren Gestaltung ihm aber Handlungsspielräume verbleiben, hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen. Die Mitbestimmung bezieht sich auf die Ausfüllung des Handlungsspielraums. Dadurch soll im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer eine möglichst effiziente Umsetzung des gesetzlichen Arbeitsschutzes im Betrieb erreicht werden. Hieraus ergibt sich für den Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Gefährdungsbeurteilung. So kann der Betriebsrat beispielsweise im Rahmen seines Mitbestimmungsrechtes vorschlagen, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eine Mitarbeiterbefragung durchzuführen. Der Betriebsrat muss dafür dem Arbeitgeber konkrete Fragen als Vorschlag unterbreiten und darlegen, weshalb die Mitarbeiterbefragung im konkreten Fall ein unabdingbarer Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung ist.

Unterweisungen und Arbeitsanweisungen Ein weiteres wichtiges Anliegen des Betriebsrats muss es sein, darüber zu wachen, dass die Vorschriften über

 die Unterweisung der Mitarbeiter in sicherer Arbeit eingehalten werden. § 12 Abs. 1 ArbSchG fordert

 eine angemessene und ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer,

 arbeitsplatz- und aufgabenbezogen, 56

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Unterweisungen und Arbeitsanweisungen

 insbesondere bei Einstellung, bei Veränderungen im Aufga

benbereich, Einführung neuer Arbeitsmittel und neuen Technologien, regelmäßig und angepasst an die Gefährdungsentwicklung.

Der Unternehmer muss nach § 4 Abs. 1 BGV A1 die bei ihm Beschäftigten

 über die Gefahren ihrer Arbeit,  über die Maßnahmen, die zur Abwendung der Gefahren ergriffen werden müssen

 vor Aufnahme ihrer Tätigkeit  und dann wiederholend in angemessenen Zeitabständen,  mindestens jedoch einmal jährlich unterweisen. Zu den Beschäftigten gehören auch Leiharbeitnehmer. Über Gefahren, die vom Betrieb ausgehen, müssen sogar fremde (Werkvertrags-) Arbeitnehmer, die nicht im Unternehmen eingegliedert, aber dort tätig sind, unterwiesen werden. Die Unterweisung muss auf die am Arbeitsplatz bestehenden Gefahren und die im Einzelfall erforderlichen Abwehrmaßnahmen abstellen. Jeder neue Arbeitsplatz erfordert immer wieder auch eine neue Unterweisung. Die Unterweisung wird sinnvollerweise mit in die ohnehin notwendige

 Arbeitsanweisung einbezogen.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Betriebsanweisungen und Bedienungsanleitungen

Darunter versteht man alles, was der Mitarbeiter bei seiner Arbeit zu tun und zu lassen hat. Über den Inhalt der Arbeitsanweisung entscheidet im Einzelfall der Vorgesetzte. Sie ist Ausfluss des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Sie unterliegt nur innerhalb der im Betriebsverfassungsgesetz gezogenen Grenzen den Mitwirkungs- und Gestaltungsrechten des Betriebsrats. Er kann aber z. B. verlangen, dass in der Arbeitsanweisung die Unterweisung (§ 4 Abs. 2 der BGV A1) ausreichend berücksichtigt wird. Arbeitsanweisung und Unterweisung müssen die Angaben beachten, die der Hersteller eines Gerätes oder eines sonstigen Arbeitsmittels über die sichere Anwendung und Verwendung eines Produkts macht. Diese Angaben sind in den

Betriebsanweisungen und Bedienungsanleitungen enthalten, die jedem Produkt beigefügt werden müssen, dessen Verwendung mit Gefahren verbunden ist. Dazu sind die Hersteller (und Lieferanten) gesetzlich verpflichtet nach:

 der Gefahrstoffverordnung für gefährliche Arbeitsstoffe (§ 20),  dem Produkthaftungsgesetz (aber auch nach § 823 Abs.1



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BGB) für Produkte aller Art, wenn sich der Hersteller/Händler im Falle eines Schadens nicht ersatzpflichtig machen will. Für Folgeschäden haftet, wer gefährliche Produkte ohne oder mit fehlerhafter Anleitung liefert. Nach der am 17. Mai 2006 verabschiedeten EG-MaschinenRichtlinie (2006/42/EG) muss eine Betriebsanleitung für Maschinen, z. B. folgende Angaben (s. Anhang I, Abs. 1.7.4.2) enthalten:

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Von den Sicherheitsbeauftragten lernen

 Allgemeine Beschreibung  Anleitungen zur Montage, zum Aufbau und zum Anschluss der Maschine  Bestimmungsgemäße Verwendung  Hinweise zum sicheren Einrichten  Hinweise zur Wartung und Instandsetzung  Angaben zu verbleibenden Restrisiken  Warnhinweise in Bezug auf Fehlanwendungen Auf verbleibende Gefährdungen, die durch konstruktive Maßnahmen oder durch Schutzeinrichtungen nicht beseitigt werden können, ist durch Warnhinweise aufmerksam zu machen. Zahlreiche harmonisierte Europäische Normen zu Maschinen beinhalten Anforderungen an Betriebsanleitungen. Sicherheit ist also allen Betriebsanleitungen und auch Arbeitsanweisungen voranzustellen, damit den gesetzlichen Erfordernissen Genüge getan ist.

Von den Sicherheitsbeauftragten lernen Die Sicherheitsbeauftragten gehören zur Sicherheitsorganisation und leisten darin einen eigenständigen und unentbehrlichen Beitrag zur Arbeitssicherheit. Sie helfen insbesondere den Verantwortlichen, dem Unternehmer und den Vorgesetzten, ihre Aufgaben in der Arbeitssicherheit zu erfüllen. Sie nehmen insoweit Unterstützungsaufgaben wahr – ohne Weisungsrecht. Sie tragen deshalb noch nicht einmal – so wie Betriebsarzt und Sicherheitsfachkräfte – die Verantwortung für den richtigen Einsatz einer besonderen Fachkunde. 59

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Von den Sicherheitsbeauftragten lernen

Der Sicherheitsbeauftragte ist der Mann oder die Frau am Arbeitsplatz. Er beobachtet die Verhältnisse dort. Er ist der untersten Führungsebene mit seiner Erfahrung, mit seinem wachen Auge und Gespür für Gefahren zur Seite gestellt. Er soll die Unfallgefahren rechtzeitig sehen, die um den eigenen Arbeitsplatz herum bei ihm und besonders auch bei anderen entstehen oder entstehen können. Der Sicherheitsbeauftragte soll darauf achten, dass alle Schutzvorrichtungen vollständig angebracht sind. Er soll sich davon überzeugen, dass sie ordnungsgemäß benutzt werden (§ 22 Abs. 2 SGB VII). Über Mängel und drohende Gefahren unterrichtet er seinen unmittelbaren Vorgesetzten, in der Regel also den Meister. Nur bei Gefahren, die sofort abgewendet werden müssen, kann er auch selbst einmal korrigierend eingreifen. Der Sicherheitsbeauftragte ist also auch die Auskunftsperson, die dem Betriebsrat die nötigen Informationen über die konkrete Situation, über Unfallgefahren und die geschaffenen Abhilfen geben kann. Sicherheitsbeauftragte sind unter Beteiligung des Betriebsrats zu bestellen und dann wohl auch abzuberufen (§ 22 Abs. 1 SGB VII). Der Betriebsrat hat also zu Wort zu kommen. Das sollte der Betriebsrat aber nicht als Instrument für sachliche Auseinandersetzungen nutzen. Er würde die Arbeit des Sicherheitsbeauftragten damit erschweren. Es gilt auch hier das allgemeine Gebot, zu versuchen, sich mit dem Arbeitgeber direkt zu verständigen und nicht über andere (§ 74 BetrVG). Zur Bestellung gehören sicherlich auch die nötigen Informationen und eine richtige Einstimmung auf die Aufgaben. Auch hier sollte der Betriebsrat mitwirken. Das lässt sich aus § 89 Abs. 1 BetrVG ableiten. 60

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Mit den Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften zusammenarbeiten

Mit den Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften zusammenarbeiten Die Beziehungen zum Betriebsrat Die Beziehungen zwischen Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften einerseits und Betriebsrat andererseits weisen einige rechtliche Besonderheiten auf. Aber sie bergen auch eine Menge Konfliktstoff in sich. Nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) hat der Arbeitgeber Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte zu bestellen. Sie sind seine Berater. Sie unterstehen – personell – direkt der Betriebsleitung. Sie werden vom Arbeitgeber bezahlt. Aber sie sind nur der fachlichen Aufgabe verpflichtet, für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu sorgen. Sie müssen auch die Mitarbeiter beraten. Zwischen Arzt und Mitarbeiter entsteht ein durch die ärztliche Schweigepflicht besonders geschütztes Verhältnis. Bei der Entscheidung für eine bestimmte Form der Betreuung: Ärztlicher Dienst, freiberufliche Mitarbeiter, „Arzt um die Ecke“, handelt es sich um einen Fall echter Mitbestimmung. Im Streitfall entscheidet die Einigungsstelle (§ 9 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz ASiG)*). Besondere Gründe sind für die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats nicht erforderlich. Der Betriebsrat kann z. B. sagen, dass seiner Meinung nach mit einer bestimmten Organisationsform die Betreuung sich nicht optimal gestaltet.

*) BAG v. 10.4.1979 – 1 ABR 34/77 –

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Mit den Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften zusammenarbeiten

Vor der Bestellung einer bestimmten Person ist der Betriebsrat zu hören (§ 9 Abs. 3 ASiG). Der Betriebsrat kann mit der Begründung widersprechen, dass sich zu diesem Arzt beispielsweise keine ausreichende Vertrauensgrundlage herstellen lässt. Der Betriebsrat hat im Rahmen seiner Mitbestimmung nicht nur ein Zustimmungs- oder Ablehnungsrecht. Er hat auch ein Initiativrecht bei der Bestellung und Abberufung der Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte**). Der Betriebsrat kann daher zusammen mit der Einigungsstelle seine Auffassung durchsetzen.

Wie werden die Fachleute bestellt? Die Bestellung und die Einsatzzeiten sind in der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ BGV A2 geregelt. Damit hat die Berufsgenossenschaft aber nicht nur über die Festsetzung der Einsatzzeit der Fachkräfte und der Ärzte entschieden. Sie muss auch die Qualität ihrer Arbeit mitüberwachen: Werden sie ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht? Das Gleiche muss der Betriebsrat mit seinen Möglichkeiten überwachen und sich mit seinen sonstigen Rechten dafür einsetzen, dass die Zeiten richtig genutzt werden. Berufsgenossenschaft und Betriebsräte verfolgen also dasselbe Ziel. Die Bestellung oder Abberufung von Betriebsärzten oder Fachkräften für Arbeitssicherheit bedarf der Zustimmung des Betriebsrats (§ 9 Abs. 3 Satz 1 ASiG). Das Gleiche gilt, wenn deren Aufgaben erweitert oder eingeschränkt werden sollen. **) BAG v. 14.11.1974 – 1 ABR 65/73 –

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Mit den Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften zusammenarbeiten

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erstreckt sich auch auf die Frage, ob der Arbeitgeber einen überbetrieblichen Dienst bestellt oder den Betriebsarzt bzw. die Sicherheitsfachkraft fest anstellt oder im Rahmen eines freiberuflichen Mitarbeiterverhältnisses beschäftigt. Das Verhältnis von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit einerseits sowie Betriebsrat andererseits wird vom Gesetz besonders angesprochen:

 Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat (§ 9 Abs.1   

ASiG), Pflicht zur Unterrichtung in Angelegenheiten des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung (§ 9 Abs. 2 ASiG), Pflicht zur Mitteilung eines Vorschlags nach § 8 Abs. 3 ASiG an den Arbeitgeber, Beratungspflicht gemäß § 9 Abs. 2 ASiG.

Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben nach §§ 3 und 6 ASiG den Arbeitgeber und Vorgesetzten in allen Fragen, die die Arbeitssicherheit berühren, zu beraten und zu unterstützen. Sie nehmen ihm keine Verantwortung ab. Sie sollen ihm nur die Wahrnehmung seiner Pflichten erleichtern. Sie sind beide zwar dem Arbeitgeber – der Betriebsleitung – direkt unterstellt, aber trotzdem bei der Anwendung ihrer Fachkunde völlig unabhängig und weisungsfrei. Deshalb haben sie das Recht, sich mit ihren Vorschlägen auch beim Betriebsrat besonderes Gehör zu verschaffen. Beide müssen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten. Die Ärzte sind außerdem nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen. Sie haben die ärztliche Schweigepflicht zu beachten. Sie dürfen Krankmeldungen der Arbeitnehmer nicht auf ihre Berechtigung hin überprüfen. 63

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Mit den Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften zusammenarbeiten

Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte haben aber auch Aufgaben bei der Beratung der Arbeitnehmer und bei der Durchsetzung von Verhaltensvorschriften. Beide benötigen auch dazu den Betriebsrat. Deshalb müssen Arzt und Fachkraft engen Kontakt zum Betriebsrat halten. Sie müssen ihn über alle wichtigen Angelegenheiten in der Arbeitssicherheit unterrichten, ihm insbesondere auch den Inhalt der Vorschläge mitteilen, über die sie sich mit dem Unternehmer nicht einigen konnten. Gerade der Arzt braucht die Unterstützung des Betriebsrats, um Befürchtungen zu begrenzen, die sich aus einer möglichen engen Verquickung zwischen einer Begutachtung der Leistungsfähigkeit und Aufgaben im Gesundheitsschutz ergeben könnten. Auch die Sicherheitsfachkraft muss ihre Beziehung zum Betriebsrat richtig sehen. Sie kann am besten beurteilen, ob die vielen und weit verstreuten Schutzvorschriften und die Rangfolge ihrer Geltung eingehalten und ob die Interessen der Arbeitnehmer dabei ausreichend berücksichtigt werden. Sie braucht die Unterstützung der Vorgesetzten ebenso wie jedes einzelnen Arbeitnehmers, der mit seinem Verhalten zur Arbeitssicherheit beitragen soll. Sie braucht deshalb auch das gute Einvernehmen mit dem Betriebsrat. Deshalb ist es auch von der Sache her gesehen richtig, dass das Bundesarbeitsgericht dem Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht schon bei der Entscheidung zuerkannt hat, wie Betriebsarzt und Sicherheitsfachkraft bestellt werden. Alle Lösungsmöglichkeiten haben – bezogen auf die konkrete betriebliche Situation – ihre Vor- und Nachteile. Der angestellte Betriebsarzt und die hauptamtliche Sicherheitsfachkraft sind in der 64

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Mit den Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften zusammenarbeiten

Regel am besten mit den betrieblichen Verhältnissen vertraut. Sie kennen die betrieblichen Verhältnisse aus eigener Anschauung und nicht nur aus gelegentlichen Besuchen. Der Arzt beispielsweise muss zwar auch den Mitarbeiter als Patienten untersuchen – vorsorglich und erst recht, wenn ihm etwas fehlt, er über etwas klagt. Aber der Betriebsarzt soll – in erster Linie wenigstens – nicht kurieren, nicht auf den Menschen Einfluss nehmen, sondern präventiv die betrieblichen Verhältnisse so verändern, dass dort Gefahrenpotenziale beseitigt oder verringert werden. Deshalb ist auch die laufende Beobachtung der Arbeitsbedingungen im Betrieb durch den Arzt eine unabdingbare Voraussetzung, von der der Betriebsrat seine Zustimmung für eine bestimmte Organisationsform in der betriebsärztlichen Betreuung abhängig machen muss. Aber auch der freie Mitarbeiter kann diese Voraussetzung bieten. Er kann in manchen Fällen sogar der für die Aufgabe qualifiziertere Fachmann sein. Der Betriebsrat sollte sich nur gegen jede Art einer Verlegenheitslösung wenden, mit der nur den Buchstaben des Gesetzes Folge geleistet wird. Die überbetrieblichen Dienste bieten in der Regel eine größere Unabhängigkeit gepaart mit einer sehr großen allgemeinen Erfahrung über den einzelnen Betrieb hinaus. Wie geht der Betriebsrat nun bei der Bestellung vor? Er erörtert mit dem Arbeitgeber von sich aus die bestehenden Möglichkeiten, Vor- und Nachteile. Hier geht es darum abzuwägen, ob sich die Beschäftigung hauseigener Kräfte lohnt. Finden wir einen geeigneten Mitarbeiter für eine Teilzeit-Aufgabe? Welche Ärzte „um die Ecke“ gibt es, und welche arbeitsmedizinische Qualifikation haben sie?

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Mit den Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften zusammenarbeiten

Steht fest, dass ein Ingenieur oder Arzt angestellt wird, sollte auch das Verfahren vorher abgesprochen werden. Am besten stellen sich die Bewerber auch kurz beim Betriebsrat vor. Dann kann mit der Zustimmung zur Einstellung auch die Zustimmung zur Bestellung erteilt werden. Der Betriebsrat hat Gelegenheit, sich rechtzeitig ein Bild vom Bewerber und von der Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu verschaffen.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit? Bei der täglichen Arbeit können sich beide Seiten die Erfüllung ihrer eigenen Pflichten erleichtern (oder leider auch erschweren). Zu empfehlen ist ein ständiger Kontakt über die Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses hinaus. In größeren Betrieben stehen dafür auch regelmäßig „abstimmungsbedürftige“ Fragen an. Der Betriebsrat kann und sollte aber auch bei der Durchsetzung der von den Ärzten und Fachkräften empfohlenen Maßnahmen helfen. Er sollte sich – wenn es geht – hinter die Entscheidungen der Fachleute stellen und den Arbeitgebern wie Arbeitnehmern gegenüber auf die fachliche Weisungsfreiheit der Sicherheitsfachkräfte und Ärzte verweisen. Aber der Betriebsrat sollte niemals versuchen, den Arzt oder die Fachkraft auf „seine Seite“ zu ziehen und damit Meinungsverschiedenheiten oder sogar Gegensätze zwischen ihnen und dem Arbeitgeber aufzubauen. Beide – Betriebsrat und Fachkraft/Betriebsarzt – wirken im Arbeitsschutzausschuss mit. Auch hier haben sie mehr Erfolg, wenn sie auf der Grundlage des sachlich Gebotenen und unter Berücksichtigung der Belange des anderen Partners gut zusammenarbeiten. 66

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Sicher arbeiten mit Gefahrstoffen

Sicher arbeiten mit Gefahrstoffen Rechtliche Grundlagen Gefahrstoffe bilden eine komplexe und komplizierte Materie. Der Arbeitgeber ist verantwortlich für die Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung sowie für die Festlegung von Schutzmaßnahmen und deren Wirksamkeitskontrolle. Hierbei sind Sicherheitsfachkraft, Betriebsarzt, Betriebsvertretung und ggf. die Mitarbeiter zu beteiligen. Die erste und wichtige Frage lautet auch hier wieder: Sind die richtigen Fachleute eingeschaltet? Das allein darf aber, wenn es geschehen ist, den Betriebsrat noch nicht beruhigen. Die zweite wichtige Aufgabe des Betriebsrats besteht darin, darauf zu achten, dass der Arbeitgeber seine umfangreichen Pflichten zum Schutz der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen beachtet. Hier sind vor allem die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und das dazugehörige Technische Regelwerk für Gefahrstoffe (TRGS) maßgebend. Danach sind ausgehende Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten unter folgenden Gesichtspunkten zu beurteilen:

 Gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Zubereitungen,  Informationen des Herstellers oder Inverkehrbringers zum Ge  

sundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt, Ausmaß, Art und Dauer der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege, physikalisch-chemische Wirkungen (z. B. Brand- und Explosionsverhalten), Möglichkeiten einer Substitution von Stoffen oder Verfahren, 67

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Sicher arbeiten mit Gefahrstoffen

 Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Ar  

beitsmittel und der Gefahrstoffmenge, Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte, Wirksamkeit der getroffenen oder zu treffenden Schutzmaßnahmen, Schlussfolgerungen aus durchgeführten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen.

Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen darf, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Für die im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe hat der Arbeitgeber ein Verzeichnis zu führen, in dem auf die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter verwiesen wird. Dieses Verzeichnis muss allen betroffenen Beschäftigten und dem Betriebsrat zugänglich sein. Die Gefahrstoffverordnung sieht über die allgemeinen Rechte des Betriebsrats aus §§ 80 ff. BetrVG bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen (KMR-Stoffe) der Kategorie 1 oder 2 vor, dass die Beschäftigten und der Betriebsrat nachprüfen können, ob bestimmte Bestimmungen dieser Verordnung (Regelungen zur persönlichen Schutzausrüstung, ASI-Arbeiten) Anwendung finden. Liegen erhöhte Expositionen gegenüber KMR-Stoffen einschließlich bei ASI-Arbeiten vor, muss der Betriebsrat unverzüglich unterrichtet und über die Ursachen sowie über die bereits durchgeführten oder noch durchzuführenden Gegenmaßnahmen informiert werden. Weiterhin muss der Betriebsrat bei KMR-Stoffen Zugang zu den nicht Personen bezogenen Informationen allgemeiner Art haben. 68

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Sicher arbeiten mit Gefahrstoffen

Werden Tätigkeiten durchgeführt, bei denen Beschäftigte Asbeststaub oder Staub von asbesthaltigen Materialien ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat Einsicht in die Mitteilung an die Behörde zu gewähren. Der Betriebsrat muss im Rahmen seiner Pflichten (§ 80 Abs. 1 Ziffer 1 BetrVG) sich auch selbst um Gefahren durch bestimmte Stoffe kümmern – spätestens natürlich dann, wenn sich bestimmte Klagen häufen.

Besondere Probleme bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen In einigen Fällen kann es zu Gesundheitsbeschwerden bei Tätigkeiten mit Lösemitteln (u. a. Waschbenzin, Ethanol, Styrol, Toluol) kommen. Die Wirkung verstärkt sich bei schlechter bzw. unzureichender Arbeitsplatz- und Raumlüftung. Bei Tätigkeiten mit Lösemitteln können insbesondere Hautgefährdungen durch deren Haut entfettende Wirkung auftreten. Probleme können auch auftreten, wenn Tätigkeiten mit folgenden Stoffen/Materialien ausgeführt werden:

 Baumaterialien (z. B. Formaldehyd in höheren Konzentratio  

nen, Stäube), Klebstoffe (sensibilisierende Wirkung einzelner Inhaltsstoffe), Weichmacher in Kunststoffen, Kühlschmierstoffe bei der Metallbe- und -verarbeitung.

Aus eigenen Untersuchungen – unter Inanspruchnahme von Fachleuten – hat der Betriebsrat die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Auch hier geht die erste und wichtigste Pflicht des Betriebsrates dahin, zu prüfen: Nehmen der Arbeitgeber und die Sicherheitsorganisation die sich aus den Vorschriften ergebenden Aufgaben wahr, 69

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Sicher arbeiten mit Gefahrstoffen

für den erforderlichen Schutz zu sorgen? Beachten Arbeitgeber und Vorgesetzte dabei die Grundregeln für die Rangfolge der Maßnahmen:

 Gefahren ermitteln und bewerten (messen, wo Messungen    

nötig und sinnvoll sind), Ersatzstoffe einsetzen, Gefahren technisch beseitigen, so dass Gefahrstoffe nicht entstehen bzw. nicht entweichen, soweit Stoffe freigesetzt werden, für Absaugungen bzw. für ausreichende Belüftung sorgen, Kontakt mit Gefahrstoffen unterbinden und erst danach ergänzende persönliche Schutzmaßnahmen?

In Bezug auf diese Rangfolge der Maßnahmen besteht kein Ermessensspielraum. Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG scheidet insoweit aus. Der Betriebsrat muss aber über sein Beanstandungsrecht hinaus die Möglichkeit haben, mitzubestimmen, wenn mehrere – gleichwertige – technische, organisatorische oder persönliche Schutzmaßnahmen in Betracht kommen und darüber eine Regelung im Betrieb geschaffen werden soll. Schon die Frage, durch wen der Arbeitgeber die nötigen Ermittlungen und Beurteilungen sowie Messungen und Prüfungen durchführen lässt, ob er dazu auch Personen mit der nötigen Fach- bzw. Sachkunde im eigenen Betrieb oder Außenstehende beauftragt, dürfte der Mitbestimmung unterliegen. Bei manchen Grundsatzentscheidungen im Betrieb werden sich gelegentlich Unsicherheiten ergeben, ob es sich um eine Regelung mit einem Ermessensspielraum oder nur um die Beurteilung der tole70

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Sicher arbeiten mit Gefahrstoffen

rierbaren Grenzen und darauf aufbauend um Maßnahmen im Einzelfall handelt. Gerade mit Blick auf die nötigen Verhaltensregeln an die Adresse der Versicherten ist es sinnvoll, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats so weit wie möglich zum Zug kommen zu lassen. Das gilt insbesondere für Maßnahmen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen. Die rechtliche Seite der richtigen Beteiligung des Betriebsrats ist aber so komplex, dass sich hier eine Regelung in Gestalt einer Betriebsvereinbarung aufdrängt. Dabei könnte – wenn sich so schneller Einigkeit erzielen lässt – offen bleiben, wie weit es sich um eine mitbestimmte oder aber eine freiwillige Betriebsvereinbarung handelt. Es muss also das Verfahren für die Beteiligung des Betriebsrats, die Anhörung und Information festgelegt werden. Soll ein spezieller Ausschuss dafür gebildet werden? Neben der Regelung des Verfahrens wäre in die Betriebsvereinbarung aufzunehmen: Wer informiert die Mitarbeiter über die im Betrieb eingesetzten Gefahrstoffe und die richtigen Maßnahmen bei Tätigkeiten mit diesen Gefahrstoffen? Auf die Beteiligung des Betriebsrats bei der Erstattung von Verdachtsanzeigen über Berufskrankheiten (§ 3 UVAV und § 193 Abs. 2 und 5 SGB VII) – Unterschrift und Aushändigung eines Exemplars – sei hier noch einmal extra hingewiesen.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Lärm

Und noch ein Hinweis zum Schluss: Ist ein Stoff nicht mit einem Gefahrensymbol gekennzeichnet, heißt es noch nicht, dass er ungefährlich ist. Der Hersteller muss zwar auf Gefahren hinweisen, sobald mindestens ein Gefährlichkeitsmerkmal aus § 4 GefStoffV gegeben ist. Für Zubereitungen sowie Erzeugnisse gelten besondere Kennzeichnungsregeln. Weiterhin ist zu beachten, dass in einigen Fällen erst Gefahrstoffe durch den Arbeitsprozess bzw. die Tätigkeit entstehen können.

Lärm Lärm ist eine besondere Betrachtung wert, weil

 der durch Lärm verursachte Gehörschaden noch immer die 

häufigste Berufskrankheit ist, eine Reihe von Regelungen für den Schutz vor Lärm und die Vorsorge zu beachten sind.

Eine Lärmschwerhörigkeit ist nicht heilbar. Ist das Hörvermögen erst einmal geschädigt, helfen nur noch Hörgeräte. Häufig setzt die Lärmschwerhörigkeit auch erst später – zusammen mit Alterserscheinungen spürbar ein. Vorbeugende und vorsorgende Maßnahmen sind deshalb ebenso wichtig wie die Früherkennung von Schäden. Deshalb

 lieber einmal mehr den Lärmpegel messen lassen

 Mess- und Beurteilungsverfahren ergeben sich aus DINund VDI-Vorschriften (s. z. B. DIN 33410, 45635, 45641; VDI 3729);

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Lärm

 Maßnahmen nicht erst ergreifen lassen, wenn der Beurtei

lungspegel von 90 dB(A) erreicht ist (§ 2 Abs. 2 der UVV „Lärm“ BGV B3); Hörtests zeigen mit heutigen Geräten bereits geringgradige Minderung der Hörfähigkeit.

Für Lärmbereiche gelten eindeutige Vorschriften. Das wichtigste Anliegen muss für den Betriebsrat darin bestehen, die Wahrung der Pflichten nach §§ 3 bis 6 BGV B3 durchzusetzen, ebenso wie die Information der Beschäftigten nach § 9. Ferner hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren und Arbeitsräume nach den fortschrittlichen, in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik beschaffen sind und betrieben werden. Das heißt: Lärmbereiche sind zu vermeiden, wo immer es geht. In Lärmbereichen mit einem Beurteilungspegel zwischen 85 dB(A) und 89 dB(A) sind persönliche Schallschutzmittel zur Verfügung zu stellen, die aber erst in kennzeichnungspflichtigen Lärmbereichen (Beurteilungspegel  90 dB(A) von den Versicherten getragen werden müssen. Der Unternehmer sollte versuchen, dass Beurteilungspegel von 85 dB(A) nicht erreicht werden. Wenn dies nicht vermeidbar ist, sollte sich der Betriebsrat bei den Versicherten dafür einsetzen, dass vor Betreten des lärmbelasteten Arbeitsbereiches schon die Schallschutzmittel angelegt werden. Der Betriebsrat sollte versuchen, bei jeder ohnehin nötigen Änderung der Arbeitsstätten und Arbeitsverfahren in der Planungsphase Maßnahmen durchzusetzen, die den Schallpegel auch noch unter 85 dB(A) senken – nach §§ 90, 91 BetrVG. 73

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Lärm

Später, nach der Planung und Ausführung, bleibt auch der Weg nach § 88 BetrVG, zusätzliche Schallschutzmaßnahmen zu vereinbaren. In einem besonderen Fall hat aber der Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht: wenn besondere Unfallgefahren bestehen, z. B. weil

 wichtige (akustische) Warnsignale nicht verstanden,  Laufstörungen bei Maschinen nicht gehört werden oder  Menschen sich erschrecken können. Denken Sie an die Warnungen vor schwebenden Lasten in Lärmbereichen: Hier regelt § 12 der UVV „Lärm“ (BGV B3) die Vorgehensweise. Obgleich Lärm kein Gefahrstoff ist, sondern eine physikalische Noxe, sind die Vorsorgeuntersuchungen in Bezug auf Lärmschwerhörigkeit auch in der UVV „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (BGV A4) geregelt. Arbeiten in Lärmbereichen gehören zu den gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten nach § 3 Abs.1 und Anlage 1 BGV A4. Es sind also Erstuntersuchungen und Nachuntersuchungen für Arbeiten in Lärmbereichen nötig. Eine Besonderheit betrifft die Nachuntersuchungsfristen: die erste Nachuntersuchung ist nach 1 Jahr durchzuführen. Weitere Nachuntersuchungen sind bei Arbeiten in Lärmbereichen mit einem Beurteilungspegel zwischen 85 und 89 dB(A) nach 5 Jahren und bei Arbeiten in Lärmbereichen mit einem Beurteilungspegel  90 dB(A) nach 3 Jahren durchzuführen. Die vorstehend genannten Fristen können dann verkürzt werden, wenn der Arzt aufgrund der Untersuchungsbefunde eine solche Notwendigkeit sieht (§ 6 Abs. 1 BGV A4). Auch der Unternehmer kann die Untersuchungsfrist verkürzen, beispielsweise dann, wenn er aufgrund der Arbeitsplatzverhältnisse diese Notwendigkeit erkennt. Die Durchführung des audiometrischen Siebtests als Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen kann 74

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Lärm

außer vom ermächtigten Arzt auch von hierfür besonders ausgebildeten Hilfskräften unter Leitung und Aufsicht des ermächtigten Arztes vorgenommen werden. Zum Schluss noch ein Hinweis: Die Reihenfolge unter den Lärmschutzmaßnahmen ist eindeutig. Zuallererst muss versucht werden

 Lärm durch technische Maßnahmen zu vermeiden oder  zu mindern,  bzw. durch organisatorische Maßnahmen (räumliche Trennung) zu reduzieren. Wenn er unvermeidbar ist, muss

 der Unternehmer ab 85 dB(A) Gehörschutz zur Verfügung stellen, der ab 90 dB(A) von den Versicherten auch zu tragen ist. Ergänzende Informationen zum Stand der Umsetzung der EG Richtlinie „Lärm“ (2003/10/EG) bei Redaktionsschluss Die Richtlinie (2003/10/EG) der Europäischen Union ist am 15.2.2003 in Kraft getreten und ist spätestens bis zum 15.2.2006 in deutsches Recht umzusetzen. Bei Redaktionsschluss lag allerdings noch keine entsprechende Rechtsvorschrift vor. Da aber davon auszugehen ist, dass die Regelungen im Lauf der nächsten Zeit in das deutsche Recht übernommen werden, sollen die wesentlichen Änderungen hier aufgeführt werden. Nach derzeitigem Stand soll die Umsetzung gemeinsam mit der Umsetzung drei weiterer Richtlinien erfolgen und zwar

 Vibrationen (2002/44/EG)  Elektromagnetische Felder (2004/40/EG) 75

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Lärm

 Optische Strahlung (Rat/ Parlament Entwurf 05/2005; Verfahren laufend bis Ende 2005/ Anfang 2006) Die gemeinsame Umsetzung der vier EG Richtlinien in Deutschland wird im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Rahmen einer „Physikalienverordnung“ (PhysV) vorbereitet. Die Verabschiedung dieser Verordnung wird für Anfang 2007 erwartet. Für den Bereich des Bergrechts wurden die EG Richtlinien Lärm und Vibrationen bereits am 19. August 2005 über eine Novelle der Gesundheitsschutz-Bergverordnung in nationales Recht umgesetzt. In weiten Teilen entsprechen die Forderungen der EG Richtlinie Lärm den Forderungen des bereits vorhandenen bg-lichen Regelwerkes. Dennoch sind im Vergleich zum bisherigen Regelwerk in einigen Bereichen Verschärfungen zu erwarten. Diese hängen zum einen mit einer Absenkung der Grenzwerte zusammen, ab deren Überschreiten betrieblicherseits Maßnahmen zu veranlassen sind und zum anderen mit neuen Forderungen hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung. Infolge der Umsetzung der Richtlinie werden in Zukunft um 5 dB niedrigere Grenzwerte als bisher für das Einleiten von Maßnahmen gelten. Lärmminderungsprogramme sind dann bei Überschreitung des oberen Expositionsauslösewertes von 85 dB (A) durchzuführen [bislang 90 dB(A)]. Wird die untere Auslöseschwelle von 80 dB (A) überschritten [bislang 85 dB (A)], hat der Unternehmer persönlichen Gehörschutz zu Verfügung zu stellen, wird der obere Expositionsauslösewert von 85 dB (A) erreicht oder überschritten, besteht für den Beschäftigten eine Tragepflicht [bislang ab 90 dB (A)]. Neu ist die Einführung eines „Expositionsgrenzwertes“ von 87 dB(A), der laut EG Richtlinie unter gar keinen Umständen überschritten werden darf. Bei der Feststellung dieses Wertes wird aber die dämmende Wirkung von persönlichem Gehörschutz berück76

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Lärm

sichtigt. Zu Redaktionschluß war noch offen, ob dieser Wert auch in der nationalen Umsetzung berücksichtigt wird oder nicht. Ferner hat der Arbeitgeber künftig nicht nur die Gefährdungen des Hörvermögens allein aufgrund von Lärm zu beurteilen, sondern auch Gefährdungen aufgrund von Wechselwirkungen zwischen Lärm und der Einwirkung ototoxischer (Hörnervschädigender) Substanzen (z.B. Kohlenmonxid, Toluol) und Ganzkörpervibrationen. Eine gute Orientierung und vertiefte Einführung in dieses Thema bietet das FA – Informationsblatt Nr. oo4, das die Mitglieder des Arbeitskreises „Betrieblärmbekämpfung“ im Fachausschuss „Maschinenbau, Fertigungssysteme, Stahlbau“ (FA MFS) erarbeitet haben. Es enthält eine Synopse der bisherigen und neuen Regelungen und stets aktualisierte Hinweise zur betrieblichen Umsetzung. Diese Information ist im Internet abrufbar unter http://www.bgmetallsued.de/downloads/004_MFS_A2006-03_Laerm-2HA.pdf

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Arbeitsmedizinische Vorsorge

Arbeitsmedizinische Vorsorge

§ 2 ASiG Bestellung von Betriebsärzten (1) Der Arbeitgeber hat Betriebsärzte schriftlich zu bestellen und ihnen die in § 3 genannten Aufgaben zu übertragen, soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf ... (2) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, daß die von ihm bestellten Betriebsärzte ihre Aufgaben erfüllen. Er hat sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen; insbesondere ist er verpflichtet, ihnen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Er hat sie über den Einsatz von Personen zu unterrichten, die mit einem befristeten Arbeitsvertrag beschäftigt oder ihm zur Arbeitsleistung überlassen sind. Abb. 1

In der Arbeitswelt kann es trotz des technischen Arbeitsschutzes und des Einsatzes persönlicher Schutzausrüstungen zu Gefährdungen durch biologische, chemische oder physikalische Einwirkungen kommen. Die Gefährdungen der Gesundheit der Arbeitnehmer verlangen daher nach geeigneten Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Dabei dient die arbeitsmedizinische Vorsorge insbesondere der Prävention des Individuums und der Verbesserung des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer. Nach § 2 des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) hat der Arbeitgeber Betriebsärzte zu bestellen. Nach § 4 ASiG darf der Arbeitge78

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Arbeitsmedizinische Vorsorge

ber als Betriebsärzte nur Personen bestellen, die berechtigt sind, den ärztlichen Beruf auszuüben und über die zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde verfügen. Der Betriebsarzt hat nach § 3 des ASiG die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten.

§ 3 ASiG Aufgaben der Betriebsärzte (1) Die Betriebsärzte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Sie haben insbesondere 1. ... 2. die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten, Abb. 2

Bei den Untersuchungen wird unterschieden zwischen allgemeinen und speziellen Vorsorgeuntersuchungen sowie zwischen Angebotsund Pflichtuntersuchungen. Zum Beispiel ist der Anspruch auf eine allgemeine Vorsorgeuntersuchung durch § 11 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) gegeben. Auch sind allgemeine Vorsorgeuntersuchungen diejenigen Untersuchungen, die im Rahmen des betriebsärztlichen Aufgabenkataloges in § 3 des ASiG vorgenommen werden. Darüber hinaus gibt es spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, die sich insbesondere aus der Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung, Bildschirmarbeitsverordnung, Röntgenverordnung, Strahlenschutzverordnung etc. ergeben. 79

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Maßgebliche Änderungen für den Betriebsarzt Neue Gefahrstoffverordnung Fachkunde bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen neues Grenzwertkonzept neues Schutzstufenkonzept neu ausgerichtete arbeitsmedizinische Vorsorge © Dr. med. Grunenberg

Abb. 3

Die Änderungen in den staatlichen Gefahrstoff-, Biostoff- und Gentechniksicherheits-Verordnungen haben Konsequenzen für die berufsgenossenschaftlichen Regelungen zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (BGV A4). Für Untersuchungen, die die Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung und Gentechniksicherheitsverordnung betreffen, gibt es kein Ermächtigungsverfahren mehr. Auch soll es zukünftig keine separate Unfallverhütungsvorschrift BGV A4 „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ mehr geben. Inzwischen gibt es einen Entwurf für einen Nachtrag zur BGV A1 („Grundsätze der Prävention“) „Arbeitsmedizinische Vorsorge“, der im Vierten Kapitel in einem neuen Fünften Abschnitt „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ in die BGV A1 integriert werden soll. Auf diese Änderungen kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingegangen werden. Es ist abzuwarten, wann die BGV A4 entfällt und die „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ in die BGV A1 übernommen wird. 80

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Arbeitsmedizinische Vorsorge

Am Beispiel der neuen Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) soll die arbeitsmedizinische Vorsorge verdeutlicht werden.

§ 15 GefStoffV Arbeitsmedizinische Vorsorge (1) Im Rahmen der nach § 3 des Arbeitsschutzgesetzes zu treffenden Maßnahmen hat der Arbeitgeber für eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge zu sorgen. Sie umfasst die zur Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren erforderlichen arbeitsmedizinischen Maßnahmen. Bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen gehören dazu insbesondere 1. die arbeitsmedizinische Beurteilung gefahrstoffund tätigkeitsbedingter Gesundheitsgefährdungen einschließlich der Empfehlung geeigneter Schutzmaßnahmen 2. die Aufklärung und Beratung der Beschäftigten über die mit der Tätigkeit verbundenen Gesundheitsgefährdungen einschließlich solcher, die sich aus vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ergeben können, 3. Spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Gesundheitsstörungen und Berufskrankheiten, 4. arbeitsmedizinisch begründete Empfehlungen zur Überprüfung von Arbeitsplätzen und zur Wiederholung der Gefährdungsbeurteilung, 5. die Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes bei Tätigkeiten mit Gefahrsteoffen auf der Grundlage gewonnener Erkenntnisse. Abb. 4 81

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Arbeitsmedizinische Vorsorge

Insbesondere die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) regelt abschließend, wann Pflicht- bzw. Angebotsuntersuchungen durchzuführen sind. Mit Inkrafttreten der neuen GefStoffV incl. BioStoffV und Gen TSV zum 01.01.2005 sind auch die Untersuchungsanlässe für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durch diese Rechtsverordnungen geregelt. Die Auswahlkriterien (BGI 504) können als zusätzliche Orientierungshilfe für die Gefährdungsbeurteilung dienen (entsprechend Positionspapier des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften zur arbeitsmedizinischen Vorsorge im Gefahrstoffbereich). Allerdings entsprechen die bisherigen Grenzwerte (z. B. TRK-Werte) nicht der neuen Definition des „Arbeitsplatzgrenzwertes“ (AGW). Die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtuntersuchungen nach Gefahrstoffverordnung sowie nach Biostoffverordnung sind Voraussetzung für die Beschäftigung beziehungsweise Weiterbeschäftigung. Im Rahmen der Neufassung der Gefahrstoffverordnung beinhaltet die Arbeitsmedizinische Vorsorge die Teilnahme des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung, der arbeitsmedizinisch-toxikologischen Beratung der Beschäftigen im Rahmen von Unterweisungen, der Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes sowie spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen und Empfehlungen an den Arbeitgeber. Sowohl nach Biostoffverordnung als auch nach Gefahrstoffverordnung hat der Arbeitgeber für die Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nur Ärzte zu beauftragen, die Facharzt für Arbeitsmedizin sind oder die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ führen. Entsprechend der Gefahrstoffverordnung und Biostoffverordnung sind Ergebnisse der Pflichtuntersuchung in Form einer ärztlichen Be82

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Arbeitsmedizinische Vorsorge

§ 15 GefStoffV Arbeitsmedizinische Vorsorge (3) Der Arbeitgeber hat die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen durch Beauftragung eines Arztes sicherzustellen. Er darf nur Ärzte beauftragen, die Fachärzte für Arbeitsmedizin sind oder die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ führen. Der beauftragte Arzt hat für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, die besondere Fachkenntnisse oder eine spezielle Ausrüstung erfordern, Ärzte hinzuzuziehen, die diese Anforderungen erfüllen. ... Abb. 5

scheinigung dem Beschäftigten auszuhändigen. Dem Arbeitgeber ist in diesem Falle eine Kopie der Bescheinigung des Untersuchungsergebnisses auszuhändigen. Im Falle von Angebotsuntersuchungen ist der Arbeitnehmer über die Untersuchungsergebnisse zu informieren und ihm ist eine Bescheinigung darüber auszustellen. Eine Weitergabe an den Arbeitgeber erfolgt nicht. Sie ist möglich, wenn der Versicherte damit einverstanden ist. Die speziellen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen werden vom Arbeitgeber veranlasst oder angeboten und erfolgen als

 Erstuntersuchungen vor Aufnahme einer gefährdenden Tätig 

keit, Nachuntersuchungen in regelmäßigen Abständen während dieser Tätigkeit, Nachuntersuchungen bei Beendigung dieser Tätigkeit, 83

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Arbeitsmedizinische Vorsorge

 Nachuntersuchungen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden 

oder erbgutverändernden Stoffen der Kategorien 1 und 2 nach Beendigung der Beschäftigung sowie Untersuchungen aus besonderem Anlass nach § 16 Absatz 4 der Gefahrstoffverordnung.

Zurzeit wird auch seitens des Hauptverbandes empfohlen, für regelmäßige Zeitabstände, in denen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen gemäß Gefahrstoffverordnung durchzuführen sind, die empfohlenen Fristen in den Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen heranzuziehen. Die Berufsgenossenschaftlichen Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen stellen Empfehlungen für Betriebsärzte dar. Sie bilden keine autonome Rechtsnorm. Jedoch kann man davon ausgehen, daß, wenn sich der Betriebsarzt in seinem ärztlichen Handeln nach diesen Grundsätzen richtet, die allgemein anerkannten arbeitsmedizinischen Regeln eingehalten werden. Letztendlich entscheidet der Arzt, ob bei veränderten beziehungsweise reduzierten Untersuchungsumfängen eine arbeitsmedizinische Beurteilung nach den geltenden Kriterien möglich ist. Werden Pflichtuntersuchungen als Tätigkeitsvoraussetzungen nach § 16 Absatz 1 der GefStoffV durchgeführt, so sollten sich deren Umfang an der Empfehlung der Berufsgenossenschaftlichen Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen orientieren: gemäß des Positionspapieres des Hauptverbandes. Die Vorsorgeuntersuchungen nach 15 § GefStoffV umfassen in der Regel Begehung oder Kenntnis des Arbeitsplatzes durch den Arzt, die arbeitsmedizinische Befragung und Untersuchung des Beschäftigten, die Beurteilung des Gesundheitszustandes der Beschäftigten unter der Berücksichtigung der Arbeitsplatzverhältnisse, die individuelle arbeitsmedizinische Beratung und die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse. Für Beschäftigte, die nach § 16 84

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Arbeitsmedizinische Vorsorge

Absatz 1 ärztlich untersucht worden sind, ist vom Arbeitgeber eine Vorsorgekartei zu führen, diese muß Angaben zur Exposition sowie das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung enthalten. Die betroffenen Beschäftigten oder von ihnen bevollmächtigte Personen sind berechtigt, die sie betreffenden Angaben einzusehen. Die Vorsorgekartei ist für jeden Beschäftigten bis zur Beendigung des Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufzubewahren. Dem Beschäftigten ist danach der ihn betreffende Auszug aus der Kartei auszuhändigen.

§ 15 GefStoffV Arbeitsmedizinische Vorsorge (5) Für Beschäftigte, die nach § 16 Abs. 1 ärztlich untersucht worden sind, ist vom Arbeitgeber eine Vorsorgekartei zu führen. Die Vorsorgekartei muss insbesondere die in § 14 Abs. 4 Nr. 3 genannten Angaben zur Exposition sowie das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung enthalten. Die Vorsorgekartei ist in angemessener Weise so zu führen, daß sie zu einem späteren Zeitpunkt ausgewertet werden kann. Die betroffenen Beschäftigten oder von ihnen bevollmächtigte Personen sind berechtigt, die sie betreffenden Angaben einzusehen. (6) Der Arbeitgeber hat die Vorsorgekartei für jeden Beschäftigten bis zur Beendigung des Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufzubewahren. Danach ist dem Beschäftigten der ihn betreffende Auszug aus der Kartei auszuhändigen. Der Arbeitgeber hat eine Kopie des dem Beschäftigten ausgehändigten Auszugs wie Personalunterlagen aufzubewahren. Dies gilt auch für das Verzeichnis nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 Abb. 6 85

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Arbeitsmedizinische Vorsorge

Während die Grundsätze für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge den Ärzten Hinweise für bestimmte arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen geben sollen, richten sich die Auswahlkriterien an den Unternehmer oder an die von ihm beauftragten Personen. Sie helfen bei der Beurteilung der Frage, bei welchen Versicherten arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen sind. Ferner geben sie Anhaltspunkte, die bei der Beurteilung der Arbeitsplatzverhältnisse zu beachten sind.

Ärztliche Schweigepflicht Betriebsärzte unterliegen bezüglich der Gesundheitsdaten der einzelnen Arbeitnehmer prinzipiell der ärztlichen Schweigepflicht (§ 203 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), § 8 Abs. 1 Satz 3 ASiG) wie andere Ärzte auch. Aus diesem Grund ist es unzulässig, daß Ergebnisse von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber weitergeleitet werden. Der Versicherte ist über den Untersuchungsbefund zu unterrichten.

§ 8 ASiG Unabhängigkeit bei der Anwendung der Fachkunde (1) Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind bei der Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Fachkunde weisungsfrei. Sie dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. Betriebsärzte sind nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen und haben die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten. Abb. 7 86

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

Anpassung an den Faktor „MENSCH“ Arbeitsplatz Arbeitsumgebung Geräte

menschengerechte Arbeitsgestaltung Maschinen

Arbeitsablauf

Anzeigen

Bedienelemente © Dr. med. Grunenberg

Abb. 8

Besondere Bedeutung kommt der menschengerechten Arbeitsgestaltung im Büro-/Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich deshalb zu, weil es sich hier um den größten Wachstumssektor der Beschäftigten handelt – auch unter Berücksichtigung zunehmender Kapazitäten von „technischen Büros“. Wenngleich der Mensch primär nicht für das Sitzen prädestiniert ist, sondern eher für Bewegung, nimmt der Trend zum „Homo sedens“ stetig zu.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

Die Schaffung des europäischen Binnenmarktes hat zum europäischen Arbeitsschutzrecht geführt. Die europäischen ArbeitsschutzRichtlinien werden durch das „Gesetz zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weiterer Arbeitsschutzrichtlinien“ in nationale Rechtsvorschriften umgesetzt. Dieses ist der Form nach ein Artikelgesetz – der Artikel 1 enthält das Arbeitsschutzgesetz. Durch dieses Artikelgesetz wird die Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit in deutsches Recht umgesetzt. Aufgrund der Verordnungsermächtigung des Arbeitsschutzgesetzes hat die Bundesregierung Rechtsverordnungen erlassen, mit denen Einzelrichtlinien zum Arbeitsschutz in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Bundesregierung hat die Verordnung zur Umsetzung von EGEinzelrichtlinien zur EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz, Artikel 3: „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (Bildschirmarbeitsverordnung – BildscharbV)“ erlassen. Sie ist am 20. Dezember 1996 in Kraft getreten und wurde zuletzt am 25. November 2003 geändert. Die Bildschirmarbeitsverordnung stellt einen flexiblen Rahmen für die Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen dar und läßt somit Spielraum für die Situation in den einzelnen Betrieben. Die Arbeitgeber haben die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen zu ermitteln und zu beurteilen und geeignete Maßnahmen zu treffen, damit die Anforderungen des Anhangs der Bildschirmarbeitsverordnung erfüllt werden.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

§ 3 Bildschirmarbeitsverordnung Beurteilung der Arbeitsbedingungen Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber bei Bildschirmarbeitsplätzen die Sicherheits und Gesundheitsbedingungen insbesondere hinsichtlich einer möglichen Gefährdung des Sehvermögens sowie körperlicher Probleme und Psychischer Belastungen zu ermitteln und zu beurteilen. Abb. 9

Nach § 2 der Bildschirmarbeitsverordnung ist ein Bildschirmgerät im Sinne dieser Verordnung ein Bildschirm zur Darstellung alphanumerischer Zeichen oder zur Grafikdarstellung, ungeachtet des Darstellungsverfahrens. Ein Bildschirmarbeitsplatz im Sinne dieser Verordnung ist ein Arbeitsplatz mit einem Bildschirmgerät, der ausgestattet sein kann mit Einrichtungen zur Erfassung von Daten, Software, die den Beschäftigten bei der Ausführung ihrer Arbeitsaufgaben zur Verfügung steht, Zusatzgeräten und Elementen, die zum Betreiben oder Benutzen des Bildschirmgerätes gehören, oder sonstigen Arbeitsmitteln sowie die unmittelbare Arbeitsumgebung. In der Bildschirmarbeitsverordnung sind die Anforderungen an Bildschirmgerät, Arbeitsplatz, Arbeitsumgebung, Arbeitsorganisation und Software zusammengefasst:

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

§1 Anwendungsbereich (1) Diese Verordnung gilt für die Arbeit an Bildschirmgeräten. (2) Diese Verordnung gilt nicht für die Arbeit an 1. Bedienerplätzen von Maschinen oder an Fahrerplätzen von Fahrzeugen mit Bildschirmgeräten, 2. Bildschirmgeräten an Bord von Verkehrsmitteln, 3. Datenverarbeitungsanlagen, die hauptsächlich zur Benutzung durch die Öffentlichkeit bestimmt sind, 4. Bildschirmgeräten für den ortsveränderlichen Gebrauch, sofern sie nicht regelmäßig an einem Arbeitsplatz eingesetzt werden, 5. Rechenmaschinen, Registrierkassen oder anderen Arbeitsmitteln mit einer kleinen Daten- oder Meßwertanzeigevorrichtung, die zur unmittelbaren Benutzung des Arbeitsmittels erforderlich ist, sowie 6. Schreibmaschinen klassischer Bauart mit einem Display. (3) ... (4) … In der Arbeits- und Wirtschaftswelt haben sich global vernetzte Strukturen für Leistungserstellung und -austausch gebildet. Ohne örtliche und zeitliche Gebundenheit werden Arbeitsergebnisse erstellt. Mobilität und Flexibilisierung der Arbeit sind durch Telearbeit möglich.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

permanent

alternierend

z. B. zu Hause in der Wohnung

teils zu Hause teils in der Betriebsstätte

Telearbeit

mobil an wechselnden Orten, z. B. im Außendienst, in Betrieben von Kunden

© Dr. med. Grunenberg

Abb. 10

Telearbeit ist ein Sammelbegriff für eine Vielfalt räumlich und zeitlich flexibilisierter Arbeitsformen, die sich auf moderne Informations- und Kommunikationstechniken stützen. Dabei werden Strukturen wie Arbeitszeit und Arbeitsort, die abhängige Erwerbsarbeit bislang prägten, aufgelöst. Außerdem ist Teleworking als dezentrale Arbeit mit zunehmender Herauslösung der Beschäftigten aus den betrieblichen Zusammenhängen verbunden. Die technisch-organisatorische Entwicklung eröffnet immer mehr neue Einsatzfelder für Telearbeit. Telearbeit beschreibt Formen der Bildschirmarbeit (mit PC, Notebook, etc.), bei denen die Arbeit mittels Informations- und Kommunikationstechnologie mit gewisser Regelmäßigkeit außerhalb des Betriebes, z.B. zu Hause oder im Außendienst beim Kunden er91

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

bracht wird. Telearbeit kann sowohl permanent, z.B. am häuslichen Telearbeitsplatz als auch alternierend in der Wohnung bzw. im Betrieb (mobil) durchgeführt werden. Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb werden reduziert

freie Zeiteinteilung

ungestörtes Arbeiten von zu Hause (persönlicher Rhytmus)

Telearbeit

Kosten- und Zeitersparnis

Selbständiges Arbeiten

Beschäftigungsmöglichkeiten in strukturarmen Regionen © Dr. med. Grunenberg

Abb. 11

Sollen technische Möglichkeiten effektiv und menschengerecht genutzt werden, so sind ganzheitliche Planungs- und Implementierungskonzepte erforderlich. Bei der Konkretisierung eines Telearbeitskonzeptes sollten unter anderem folgende Punkte Berücksichtigung finden:

 Telearbeitsform (Gestaltungsalternativen: Teleheimarbeit, alternierende oder mobile Telearbeit, Telearbeit in Satellitenbüros, Telecenter) 92

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

 Auswahl der Arbeitsplätze und -prozesse für Telearbeit  Kommunikation und Koordinierung, Zielvereinbarungen etc. Bei der Umsetzung des Konzeptes sollten rechtliche Vereinbarungen, Arbeitsmittel, Arbeitsplatzausstattung und Arbeitsschutz, Zutrittsrechte, Haftung / Versicherung, Arbeitszeit, Auswahl der Mitarbeiter, Betreuung und Installation, Datenschutz und – Sicherheit, Information der Mitarbeiter etc. Berücksichtigung finden. Derartige telearbeitsspezifische Regelungen können z.B. in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen festgelegt werden. Telearbeit ist in der Regel eine ergebnisorientierte Arbeitsform, die ein hohes Maß an konzentrierter Einzelarbeit erfordert. Dies verlangt vom Management eine gemeinsame Vereinbarung von Arbeitszielen mit dem Telearbeiter sowie einen ergebnisorientierten Führungsstil. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber bezüglich der Arbeitnehmer an Telearbeitsplätzen zur Einhaltung und Überwachung der Arbeitsschutzvorschriften sowie der Arbeitsplatzgestaltung verpflichtet. Auch ist zu berücksichtigen, dass es bei ergebnisorientierten und termingebundenen Arbeiten, die typisch für Telearbeit sind, aus Sicht des Arbeitgebers keine Rolle spielt, in welcher Arbeitszeit dies geschieht. Um Tendenzen zur „grenzenlosen“ Ausdehnung der Arbeitszeit einzudämmen, sollten mit dem Arbeitgeber realistische Arbeits- und Terminplanungen, Zugangszeiten zum betrieblichen Zentralrechner und tägliche Erreichbarkeit am häuslichen Arbeitsplatz abgestimmt werden. Hierbei sind die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes, Mutterschutzgesetzes etc. zu berücksichtigen.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

Auch nutzen immer mehr Unternehmen die modernen Informationsund Kommunikationstechniken in Call-Centern, um mit Kunden, Interessenten, Lieferanten etc. einen serviceorientierten Dialog zu führen. Telefon

Headset

Bildschirmgerät

Call-Center Arbeitsmittel

Software

Eingabemittel Arbeitsstuhl

Arbeitstisch © Dr. med. Grunenberg

Abb. 12

In den letzten Jahren wurden von vielen Unternehmen Call-Center eingerichtet, um den Anforderungen bezüglich Kundenakquisition und Kundenorientierung besser gerecht zu werden. Zum Teil wird über Call-Center eine vielseitige Kundenbetreuung rund um die Uhr angeboten. Je nach Schwerpunkt werden Informationen weitergegeben, Bestellungen aufgenommen, Verkaufsgespräche geführt etc. Call-Center sind gekennzeichnet durch Aufnahme und Weitergabe von Informationen per Telekommunikation. ACD-Anlagen (automatic call distribution) ermöglichen die Annahme und Weiterleitung eines Anrufes zum nächsten freien Anschluß. 94

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

Vergleichbar mit einem Anrufbeantworter bieten VM-Systeme (voice mail) die Möglichkeit, bei Nichterreichbarkeit Informationen aufzunehmen oder weiterzugeben. Häufig sind die Arbeitsplätze in Call-Centern in Gruppen oder Großraumbüros untergebracht. Die Tätigkeit ist durch die Arbeit am Bildschirm sowie telefonischen Kundenkontakt geprägt. Zur Ausstattung gehören somit Telefon mit Headset, Bildschirmgerät, Eingabemittel, Arbeitstisch und Arbeitsstuhl. Wichtig ist, daß die Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet sind. Das heißt: die Arbeitsplätze sind dem Menschen anzupassen.

Call-Center Beratung (z.B. medizinisches Call-Center) Verkauf Beschwerdemanagement Befragungen z.B. für Meinungsforschungsinstitute Versicherungsgeschäfte Auskunft (z.B. über Telefonnummern und Fahrpläne) © Dr. med. Grunenberg

Abb. 13

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

Eines der wichtigsten Arbeitsmittel des Call-Centers ist das Telefon. In der Regel kommen Headsets zum Einsatz, um während des Kundentelefonats Eingaben am Bildschirm tätigen zu können. Sind Headsets schnurlos, bieten sie den Agenten einen größeren Bewegungsspielraum. Der Einsatz konventioneller Telefonhörer führt zu Zwangshaltungen. Jedem Agent soll ein persönliches Headset zur Verfügung gestellt werden. Aus hygienischen Gründen sollten zum Beispiel Ohrpads austauschbar sein, ebenso die Sprechröhrchen an Mikrofonen. Ferner sollte eine einfache Handhabung gegeben sein. Die wesentlichen Anforderungen an die Mitarbeiter/innen beziehen sich auf Fachkompetenz, Systemkompetenz und kommunikative Kompetenz. Dabei beinhaltet die Fachkompetenz Kenntnisse über Produkte, Kundenprobleme, Wissen über Abläufe und Serviceleistungen etc. Im Rahmen der Systemkompetenz müssen die Mitarbeiter Telefonund Computertechnik sowie Software beherrschen und im Rahmen der kommunikativen Kompetenz kommunikative Fertigkeiten auch in konflikthaften Gesprächssituationen haben.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Bildschirmarbeitsplatz, Telearbeit, Call-Center

Call-Center Gezielte Qualifizierung Gesprächs-/Telefontraining Training für Produkte/Dienstleistungen Nutzung der Arbeitsmittel Information über Unternehmensgrundsätze und -organisation © Dr. med. Grunenberg

Abb. 14

Besondere Belastungen ergeben sich am Telefon durch die Einstellung auf ständig wechselnde Gesprächspartner, Gesprächssituationen und Gesprächsinhalte – höchste Konzentration ist oft erforderlich. Gesprächs- und Telefontraining können sehr hilfreich sein. Detaillierte Informationen finden Sie in der Broschüre „Bilschirmarbeitsplätze, Telearbeit, Call-Center“.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Alkohol im Betrieb

Alkohol im Betrieb Alkohol gehört für die meisten Menschen zum Alltag. Es gibt kaum ein Ereignis, das keinen Anlass zum Konsum alkoholischer Getränke böte. Geburtstage, Geselligkeit, Feste, Streß etc. In unserer modernen Gesellschaft hat die Droge „Alkohol“ einen legitimen Platz eingenommen. Häufig ist es in unserer Gesellschaft nicht das Trinken, sondern das Nichttrinken, das den gesellschaftlichen Erwartungen zuwiderläuft. Alkoholismus im Sinne der Alkoholabhängigkeit wird heute von ärztlicher Seite (seit 1968 in der Bundesrepublik Deutschland auch von juristischer Seite) als Krankheit anerkannt.

Alkoholismus - Jellinek Unter Alkoholismus versteht man jeglichen Gebrauch von alkoholischen Getränken, der einem Individuum oder der Gesellschaft oder beiden Schaden zufügt. © Dr. med. Grunenberg

Abb. 15

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Alkohol im Betrieb

Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Fehlzeiten – bei beginnender oder bestehender Alkoholabhängigkeit –

Häufung einzelner Fehltage Entschuldigung durch andere (z.B Ehepartner) nachträgliche Aufrechnung von Fehltagen gegen Urlaub unbegründete Abwesenheit vom Arbeitsplatz wärend der Arbeitszeit © Dr. med. Grunenberg

Abb. 16

Die Folgen der Alkoholabhängigkeit erstrecken sich auf verschiedene Bereiche wie Familie, Beruf, Verkehrstüchtigkeit, Kriminalität. Insbesondere lässt in Berufen, die hohe Anforderungen an Konzentrationsvermögen, feinmotorische Geschicklichkeit, Sehleistung, Reaktionsfähigkeit und Sorgfalt stellen, die Leistung nach. Die Unfallgefährdung z.B. bei Arbeiten auf Gerüsten und an Maschinen erhöht sich, das unentschuldigte Fernbleiben von der Arbeit nimmt zu.

Abhängigkeit ... ist in erster Linie ein psychisches Problem, ein unabweisbares Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand, mit in der Regel bald auftretenden sekundären, körperlichen und sozialen Folgen. © Dr. med. Grunenberg

Abb. 17 99

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Alkohol im Betrieb

gesteigertes, fast unbezwingbares Verlangen, psychotrope Substanzen zu konsumieren

festgesetzter Konsum trotz negativer Folgen

verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums

Abhängigkeitskriterien

Entzugssyndrom

Nachweis einer Toleranz

Einnahme zur Verhinderung von Entzugssymptomen © Dr. med. Grunenberg

Abb. 18

Das Fehlen eines klaren Grenzpunktes zwischen starken Trinkern und abhängigen Konsumenten führt häufig zu Unsicherheit, zur Verdrängung des Alkoholproblems und zum Nichthandeln der Führungskräfte, wenn Mitarbeiter zunehmende Probleme im Zusammenhang mit Alkohol zeigen.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Alkohol im Betrieb

Im Betrieb wird ein klärendes Gespräch mit dem alkoholkranken Mitarbeiter häufig zu lange hinausgeschoben. Man unterhält sich mit dem Betroffenen, möglicherweise ermahnt man ihn halbherzig. Bei den getroffenen Absprachen verhält man sich in der Regel inkonsequent. Dieses wird häufig von dem alkoholabhängigen Mitarbeiter ausgenutzt. Dem Alkoholabhängigen gelingt es häufig, sich zu dem Vorgesetzten soziale Nähe zu verschaffen. Der Vorgesetzte bekommt Verständnis für die Schwierigkeiten des Betroffenen und hilft ihm z. B. über arbeitsplatzbedingte Schwierigkeiten hinweg. Fehlverhalten und schlechte Leistungen werden verdeckt, Fehltage werden z. B. in Urlaubsmeldungen umgewandelt. Auf diese Art und Weise wird das Alkoholproblem verlängert und die Krankheit verschlimmert. Durch die geschilderte Vorgehensweise wird der Vorgesetzte zum Co-Alkoholiker.

starke seelische Belastungen im Beruf

Schichtarbeit

schlechte Arbeitsbedingungen

hohes Anforderungsniveau

soziale Isolation

Arbeitsplatz und Suchtentwicklung - Risikofaktoren -

Nachtarbeit

schlechte Bewältigungsbedingungen

hohes Arbeitstempo

physikalische Belastungen (Hitze, Staub, Lärm) © Dr. med. Grunenberg

Abb. 19 101

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Alkohol im Betrieb

Ist der Alkoholkonsum eines Mitarbeiters am Arbeitsplatz bekannt, ergeben sich daraus für den Arbeitgeber Folgeprobleme aufgrund nicht ausreichender betrieblicher Regelungen. Die Abhängigkeit muss als Krankheit betrachtet werden. Vorgesetzte oder Mitarbeiter dürfen dabei nicht die Rolle eines Arztes oder Suchtberaters übernehmen. Hilfe ist anzubieten, indem z. B. der Kontakt zu Anlaufstellen hergestellt wird. Auch sollte man nicht versuchen, ein Suchtproblem des Kollegen allein zu lösen. Mit dem Betroffenen sind Abmachungen zu treffen, an die man sich halten muss, da nur konsequentes Vorgehen hilft. Vertuschen oder Zudecken der Abhängigkeit verschlimmert für den Betroffenen das Problem. Die Erzeugung des konstruktiven Leidensdrucks spielt in der Vorgehensweise bei Suchtproblemen eine besondere Rolle.

zu viel oder zu wenig Verantwortung

Monotonie

Unklarheit über die erwartete Leistung

Arbeitsplatz und Suchtentwicklung

wenig Anerkennung für erbrachte Leistung

Zeit- und Termindruck

- Stressfaktoren Probleme mit Vorgesetzten Rivalität unter Kollegen

Überforderung / Unterforderung

© Dr. med. Grunenberg

Abb. 20 102

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Alkohol im Betrieb

Das Fehlen klarer Grenzpunkte führt häufig zur Unsicherheit und zum Nichthandeln der Führungskräfte, wenn Mitarbeiter zunehmende Probleme im Zusammenhang mit Suchtproblemen zeigen. Da die Betroffenen einen großen Teil ihres Lebens am Arbeitsplatz verbringen, besteht eine große Einflussmöglichkeit auf gesundheitsfördernde und gesundheitsschädliche Verhaltensweisen der Mitarbeiter. Bei der Personalführung in Betrieben ist eine der schwierigsten Aufgaben der konsequente und lösungsorientierte Umgang mit suchtkranken Mitarbeitern. Häufig kommen Führungskräfte oder Vorgesetzte in eine verfahrene Situation. Sie übernehmen Verantwortung für den Abhängigen und versuchen, ihm zu helfen. Sie verlassen oft ihre Rolle als Vorgesetzte oder Personalleiter und werden zum Retter, Therapeut und Helfer. Dies sind allerdings Rollen, die es dem Abhängigen ermöglichen, Verantwortung für die Folgen seines Verhaltens an sie abzugeben. Dadurch bewegen sich Vorgesetzte auf dem Feld, für das sie eigentlich nicht ausgebildet sind. Die Anforderungen an Führungskräfte, Betriebsräte, Betriebsärzte, Sozialberater usw. sind im Umgang mit Suchtproblemen hoch. Um damit umgehen zu können, sind entsprechende Trainingsmaßnahmen nötig. Wichtig ist, dass man bei der Gesprächsführung daran denkt, die Opferhaltung des Betroffenen aufzudecken. Der Betroffene ist für sein Leben und seine Probleme selbst verantwortlich. Nur der Betroffene selbst kann sich verändern. Im Rahmen der Gesprächsführung muss man als Vorgesetzter dann Hilflosigkeit im Bezug auf das Problem akzeptieren. Der Vorgesetzte kann für den Veränderungsprozess Hilfen anbieten.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Alkohol im Betrieb

Betriebsvereinbarung Maßnahmen des Vorgesetzten und des Arbeitgebers sind in einer Betriebsvereinbarung festzulegen, mit entsprechenden Zielen in der Gesprächsführung wie das offene Ansprechen von Problemen gegenüber dem Betroffenen, Hinweise auf Hilfsangebote sowie arbeitsrechtliche Konsequenzen, wenn es zu suchtbedingten Beeinträchtigungen kommt. Wenn erteilte Auflagen nicht befolgt werden bzw. damit verbundene Hilfsangebote nicht angenommen werden, erhalten z.B. Arbeitnehmer eine schriftliche Abmahnung mit der Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen. © Dr. med. Grunenberg

Abb. 21

Gute Betriebsvereinbarungen haben sich in Großbetrieben seit vielen Jahren etabliert. In den Betriebsvereinbarungen sind Ziele zu vereinbaren, wie z. B. die Arbeitssicherheit erhöhen, die Gesundheit der Mitarbeiter zu erhalten und zu fördern, Suchtmittelmissbrauch zu verhindern, suchtmittelgefährdeten oder abhängigen Mitarbeitern rechtzeitig Hilfe anzubieten und die Gleichbehandlung aller Mitarbeiter sicher zu stellen.

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Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Alkohol im Betrieb

Betriebsvereinbarung gegen Alkohol- und Suchtmittelmißbrauch § 1 Geltungsbereich § 2 Ziele § 3 Gebrauch von Alkohol und Suchtmitteln § 4 Maßnahmen des Arbeitgebers § 5 Arbeitskreis „Gesundheit“ § 6 Information § 7 Wiedereingliederung § 8 Entgeltzahlung § 9 Inkrafttreten © Dr. med. Grunenberg

Abb. 22

Ferner sind Arbeitsgruppen „Suchthilfe am Arbeitsplatz“ zu installieren, deren Zusammensetzung ebenso festgeklopft werden sollte ebenso wie die Aufgaben, die von ihr zu erfüllen sind. Auch sollten Maßnahmen des Vorgesetzten und des Arbeitgebers in einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden mit entsprechenden Zielen in der Gesprächsführung wie das offene Ansprechen von Problemen gegenüber dem Betroffenen, Hinweise auf Hilfsangebote sowie arbeitsrechtliche Konsequenzen, wenn es zu suchtbedingten Beeinträchtigungen kommt. Z. B. gehört auch in eine Bertiebsvereinbarung, dass, wenn erteilte Auflagen nicht befolgt werden bzw. damit verbundene Hilfsangebote nicht angenommen werden, Arbeitnehmer z. B. eine schriftliche Abmahnung mit der Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen erhalten. 105

Das praktische Vorgehen des Betriebsrats Alkohol im Betrieb

Aufgabe der Arbeitsgruppe „Suchtprävention“ ist es Maßnahmen zur Suchtprävention zu empfehlen und die Umsetzung der Maßnahmen zu begleiten. Hilfsmöglichkeiten bei Suchtgefährdungen aufzuzeigen sowie Kontakte zu entsprechenden Anlaufstellen herzustellen. die Wiedereingliederung von Suchtkranken, die sich einer Therapie unterzogen haben, am Arbeitsplatz zu fördern bzw. zu begleiten. © Dr. med. Grunenberg

Abb. 23

106

ANHANG Die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften für den Betriebsrat (im Wortlaut) Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

108

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

122

Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)

124

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)

145

Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

150

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)

153

Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG)

160

Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)

177

Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)

214

Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG)

223

Unfallversicherungsanzeigeverordnung (UVAV)

225

Unfallverhütungsvorschriften

 „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1)  „Betriebsärzte und Fachkräfte  

für Arbeitssicherheit“ (BGV A2) „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (BGV A4) „Lärm“ (BGV B3)

227 238 247 261

Weitere für die Arbeitssicherheit wichtige gesetzliche Vorschriften und Verordnungen (Aufzählung)

267

Beispiele aus der Rechtsprechung zu Fragen der Mitbestimmung im Arbteitsschutz

268 107

ANHANG BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZ (BetrVG) – IN AUSZÜGEN –

§ 76 Einigungsstelle (1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

§ 108

(2)

Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3)

Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4)

Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5)

In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§ 80)

genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

§

(6)

Im Übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im Voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7)

Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8)

Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

§ 80 Allgemeine Aufgaben (1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben: 1. darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; 109

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§ 80)

2. Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen; 2a. die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern; 2b. die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern; 3. Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten; 4. die Eingliederung Schwerbehinderter und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern; 5. die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern; 6. die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern; 7. die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen; 8. die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern; 9. Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.

§ 110

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§ 81)

(2)

Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.

(3)

Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.

(4)

Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.

§

§ 81 Unterrichtungs- und Erörterungspflicht des Arbeitgebers (1) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe und Verantwortung sowie über die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs zu unterrichten. Er hat den Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen dieser bei der Beschäftigung ausgesetzt ist, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung 111

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§ 82)

dieser Gefahren und die nach § 10 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes getroffenen Maßnahmen zu belehren.

§ (2)

Über Veränderungen in seinem Arbeitsbereich ist der Arbeitnehmer rechtzeitig zu unterrichten. Absatz 1 gilt entsprechend.

(3)

In Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zu allen Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können.

(4)

Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die auf Grund einer Planung von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung sowie auf Inhalt und Art seiner Tätigkeit zu unterrichten. Sobald feststeht, dass sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändern wird und seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht ausreichen, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer zu erörtern, wie dessen berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepasst werden können. Der Arbeitnehmer kann bei der Erörterung ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen.

§ 82 Anhörungs- und Erörterungsrecht des Arbeitnehmers (1) Der Arbeitnehmer hat das Recht, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, von den nach Maßgabe des organisatorischen Aufbaus des Betriebs hierfür zuständigen Personen gehört zu werden. Er ist 112

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§§ 83, 84)

berechtigt, zu Maßnahmen des Arbeitgebers, die ihn betreffen, Stellung zu nehmen sowie Vorschläge für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs zu machen. (2)

§

Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass ihm die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts erläutert und dass mit ihm die Beurteilung seiner Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert werden. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Das Mitglied des Betriebsrats hat über den Inhalt dieser Verhandlungen Stillschweigen zu bewahren, soweit es vom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird.

§ 83 Einsicht in die Personalakten (1) Der Arbeitnehmer hat das Recht, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zu nehmen. Er kann hierzu ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Das Mitglied des Betriebsrats hat über den Inhalt der Personalakte Stillschweigen zu bewahren, soweit es vom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird. (2)

Erklärungen des Arbeitnehmers zum Inhalt der Personalakte sind dieser auf sein Verlangen beizufügen.

§ 84 Beschwerderecht (1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs be113

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§§ 85, 86)

nachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

§ (2)

Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Behandlung der Beschwerde zu bescheiden und, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, ihr abzuhelfen.

(3)

Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen.

§ 85 Behandlung von Beschwerden durch den Betriebsrat (1) Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken. (2)

Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dies gilt nicht, soweit Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch ist.

(3)

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Behandlung der Beschwerde zu unterrichten. § 84 Abs. 2 bleibt unberührt.

§ 86 Ergänzende Vereinbarungen Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen können die Einzelheiten des Beschwerdeverfahrens geregelt werden. Hierbei kann bestimmt werden, dass in den Fällen des § 85 Abs. 2 an die Stelle der Einigungsstelle eine betriebliche Beschwerdestelle tritt. 114

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§§ 86a, 87)

§ 86 a Vorschlagsrecht der Arbeitnehmer Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, dem Betriebsrat Themen zur Beratung vorzuschlagen. Wird ein Vorschlag von mindestens 5 vom Hundert der Arbeitnehmer des Betriebs unterstützt, hat der Betriebsrat diesen innerhalb von zwei Monaten auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung zu setzen.

§

§ 87 Mitbestimmungsrechte (1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb; 2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage; 3. vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit; 4. Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte; 5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird; 6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen; 7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;

115

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§ 88)

8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; 9. Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen; 10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung; 11. Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren; 12. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen. 13. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt.

§ (2)

Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

§ 88 Freiwillige Betriebsvereinbarungen Durch Betriebsvereinbarung können insbesondere geregelt werden 1. zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen; 116

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§ 89)

1a. Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes; 2. die Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; 3. Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung; 4. Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb.

§

§ 89 Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz (1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen. (2)

Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.

117

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§ 90)

(3)

Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.

§ (4)

An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.

(5)

Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.

(6)

Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.

§ 90 Unterrichtungs- und Beratungsrechte (1)

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Planung 1. von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Fabrikations-, Verwaltungs- und sonstigen betrieblichen Räumen, 2. von technischen Anlagen, 3. von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder 4. der Arbeitsplätze rechtzeitig unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten.

118

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§§ 91, 99)

(2)

Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat die vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmer, insbesondere auf die Art ihrer Arbeit sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Arbeitnehmer so rechtzeitig zu beraten, dass Vorschläge und Bedenken des Betriebsrats bei der Planung berücksichtigt werden können. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen dabei auch die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit berücksichtigen.

§

§ 91 Mitbestimmungsrecht Werden die Arbeitnehmer durch Änderungen der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen, in besonderer Weise belastet, so kann der Betriebsrat angemessene Maßnahmen zur Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich der Belastung verlangen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen (1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen zu geben und die Zustimmung des Be-

119

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§ 99)

triebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekannt gewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

§ (2)

120

Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn 1. die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, 2. die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, 3. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigteArbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleichgeeigneten befristet Beschäftigten, 4. der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,

Anhang Auszug aus Betriebsverfassungsgesetz (§ 99)

5. eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder 6. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

§

(3)

Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4)

Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

121

ANHANG BÜRGERLICHES GESETZBUCH (BGB) – IN AUSZÜGEN –

§ 618 (1)

Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit so weit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.

§ (2)

Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohn- und Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit diejenigen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Verpflichteten erforderlich sind.

(3)

Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatze die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 entsprechende Anwendung.

Fünfundzwanzigster Titel. Unerlaubte Handlungen § 823 (1)

122

Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Anhang Auszug aus Bürgerliches Gesetzbuch (§ 823)

(2)

Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

§ 123

ANHANG ARBEITSSCHUTZGESETZ (ArbSchG) – IN AUSZÜGEN –

Erster Abschnitt. Allgemeine Vorschriften

§

§ 1 Zielsetzung und Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz dient dazu, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Es gilt in allen Tätigkeitsbereichen. (2)

Dieses Gesetz gilt nicht für den Arbeitsschutz von Hausangestellten in privaten Haushalten. Es gilt nicht für den Arbeitsschutz von Beschäftigten auf Seeschiffen und in Betrieben, die dem Bundesberggesetz unterliegen, soweit dafür entsprechende Rechtsvorschriften bestehen.

(3)

Pflichten, die die Arbeitgeber zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit nach sonstigen Rechtsvorschriften haben, bleiben unberührt. Satz 1 gilt entsprechend für Pflichten und Rechte der Beschäftigten. Unberührt bleiben Gesetze, die andere Personen als Arbeitgeber zu Maßnahmen des Arbeitsschutzes verpflichten.

(4)

Bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften treten an die Stelle der Betriebs- oder Personalräte die Mitarbeitervertretungen entsprechend dem kirchlichen Recht.

§ 2 Begriffsbestimmungen (1) Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. 124

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 2)

(2)

Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, 2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten, 3. arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, ausgenommen die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten, 4. Beamtinnen und Beamte, 5. Richterinnen und Richter, 6. Soldatinnen und Soldaten, 7. die in Werkstätten für Behinderte Beschäftigten.

(3)

Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes sind natürliche und juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 2 beschäftigen.

(4)

Sonstige Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Regelungen über Maßnahmen des Arbeitsschutzes in anderen Gesetzen, in Rechtsverordnungen und Unfallverhütungsvorschriften.

(5)

Als Betriebe im Sinne dieses Gesetzes gelten für den Bereich des öffentlichen Dienstes die Dienststellen. Dienststellen sind die einzelnen Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die Gerichte des Bundes und der Länder sowie die entsprechenden Einrichtungen der Streitkräfte.

§ 125

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§§ 3, 4)

Zweiter Abschnitt. Pflichten des Arbeitgebers § 3 Grundpflichten des Arbeitgebers (1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.

§ (2)

Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten 1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie 2. Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.

(3)

Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen.

§ 4 Allgemeine Grundsätze Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen: 1. Die Arbeit ist so zu gestalten, daß eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und 126

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 5)

2. 3.

4.

5. 6. 7. 8.

die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird; Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen; bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen; Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluß der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen; individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen; spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen; den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen; mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend geboten ist.

§

§ 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen (1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. (2)

Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend. 127

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 6)

(3)

Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch 1. die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes, 2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen, 3. die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit, 4. die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken, 5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten.

§

§ 6 Dokumentation (1) Der Arbeitgeber muß über die je nach Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten erforderlichen Unterlagen verfügen, aus denen das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die von ihm festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und das Ergebnis ihrer Überprüfung ersichtlich sind. Bei gleichartiger Gefährdungssituation ist es ausreichend, wenn die Unterlagen zusammengefaßte Angaben enthalten. Soweit in sonstigen Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, gilt Satz 1 nicht für Arbeitgeber mit zehn oder weniger Beschäftigten; die zuständige Behörde kann, wenn besondere Gefährdungssituationen gegeben sind, anordnen, daß Unterlagen verfügbar sein müssen. Bei der Feststellung der Zahl der Beschäftigten nach Satz 3 sind Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

128

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§§ 7, 8)

(2)

Unfälle in seinem Betrieb, bei denen ein Beschäftigter getötet oder so verletzt wird, daß er stirbt oder für mehr als drei Tage völlig oder teilweise arbeits- oder dienstunfähig wird, hat der Arbeitgeber zu erfassen.

§

§ 7 Übertragung von Aufgaben Bei der Übertragung von Aufgaben auf Beschäftigte hat der Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeiten zu berücksichtigen, ob die Beschäftigten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten.

§ 8 Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber (1) Werden Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig, sind die Arbeitgeber verpflichtet, bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten. Soweit dies für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit erforderlich ist, haben die Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeiten insbesondere sich gegenseitig und ihre Beschäftigten über die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu unterrichten und Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefahren abzustimmen. (2)

Der Arbeitgeber muß sich je nach Art der Tätigkeit vergewissern, daß die Beschäftigten anderer Arbeitgeber, die in seinem Betrieb tätig werden, hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit während ihrer Tätigkeit in seinem Betrieb angemessene Anweisungen erhalten haben. 129

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 9)

§ 9 Besondere Gefahren (1) Der Arbeitgeber hat Maßnahmen zu treffen, damit nur Beschäftigte Zugang zu besonders gefährlichen Arbeitsbereichen haben, die zuvor geeignete Anweisungen erhalten haben.

§ 130

(2)

Der Arbeitgeber hat Vorkehrungen zu treffen, daß alle Beschäftigten, die einer unmittelbaren erheblichen Gefahr ausgesetzt sind oder sein können, möglichst frühzeitig über diese Gefahr und die getroffenen oder zu treffenden Schutzmaßnahmen unterrichtet sind. Bei unmittelbarer erheblicher Gefahr für die eigene Sicherheit oder die Sicherheit anderer Personen müssen die Beschäftigten die geeigneten Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Schadensbegrenzung selbst treffen können, wenn der zuständige Vorgesetzte nicht erreichbar ist; dabei sind die Kenntnisse der Beschäftigten und die vorhandenen technischen Mittel zu berücksichtigen. Den Beschäftigten dürfen aus ihrem Handeln keine Nachteile entstehen, es sei denn, sie haben vorsätzlich oder grob fahrlässig ungeeignete Maßnahmen getroffen.

(3)

Der Arbeitgeber hat Maßnahmen zu treffen, die es den Beschäftigten bei unmittelbarer erheblicher Gefahr ermöglichen, sich durch sofortiges Verlassen der Arbeitsplätze in Sicherheit zu bringen. Den Beschäftigten dürfen hierdurch keine Nachteile entstehen. Hält die unmittelbare erhebliche Gefahr an, darf der Arbeitgeber die Beschäftigten nur in besonders begründeten Ausnahmefällen auffordern, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen. Gesetzliche Pflichten der Beschäftigten zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit sowie die §§ 7 und 11 des Soldatengesetzes bleiben unberührt.

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§§ 10, 11)

§ 10 Erste Hilfe und sonstige Notfallmaßnahmen (1) Der Arbeitgeber hat entsprechend der Art der Arbeitsstätte und der Tätigkeiten sowie der Zahl der Beschäftigten die Maßnahmen zu treffen, die zur Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten erforderlich sind. Dabei hat er der Anwesenheit anderer Personen Rechnung zu tragen. Er hat auch dafür zu sorgen, daß im Notfall die erforderlichen Verbindungen zu außerbetrieblichen Stellen, insbesondere in den Bereichen der Ersten Hilfe, der medizinischen Notversorgung, der Bergung und der Brandbekämpfung eingerichtet sind. (2)

§

Der Arbeitgeber hat diejenigen Beschäftigten zu benennen, die Aufgaben der Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten übernehmen. Anzahl, Ausbildung und Ausrüstung der nach Satz 1 benannten Beschäftigten müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten und zu den bestehenden besonderen Gefahren stehen. Vor der Benennung hat der Arbeitgeber den Betriebs- oder Personalrat zu hören. Weitergehende Beteiligungsrechte bleiben unberührt. Der Arbeitgeber kann die in Satz 1 genannten Aufgaben auch selbst wahrnehmen, wenn er über die nach Satz 2 erforderliche Ausbildung und Ausrüstung verfügt.

§ 11 Arbeitsmedizinische Vorsorge Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten auf ihren Wunsch unbeschadet der Pflichten aus anderen Rechtsvorschriften zu ermöglichen, sich je nach den Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit regelmäßig arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen, es sei denn, auf Grund der Beurteilung der Arbeitsbedingungen und 131

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§§ 12, 13)

der getroffenen Schutzmaßnahmen ist nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen.

§

§ 12 Unterweisung (1) Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen. Die Unterweisung umfaßt Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind. Die Unterweisung muß bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, der Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die Unterweisung muß an die Gefährdungsentwicklung angepaßt sein und erforderlichenfalls regelmäßig wiederholt werden. (2)

Bei einer Arbeitnehmerüberlassung trifft die Pflicht zur Unterweisung nach Absatz 1 den Entleiher. Er hat die Unterweisung unter Berücksichtigung der Qualifikation und der Erfahrung der Personen, die ihm zur Arbeitsleistung überlassen werden, vorzunehmen. Die sonstigen Arbeitsschutzpflichten des Verleihers bleiben unberührt.

§ 13 Verantwortliche Personen (1) Verantwortlich für die Erfüllung der sich aus diesem Abschnitt ergebenden Pflichten sind neben dem Arbeitgeber 1. sein gesetzlicher Vertreter, 2. das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person, 132

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 14)

3. der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, 4. Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind, im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse, 5. sonstige nach Absatz 2 oder nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder nach einer Unfallverhütungsvorschrift beauftragte Personen im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse. (2)

§

Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Gesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen.

§ 14 Unterrichtung und Anhörung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (1) Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind vor Beginn der Beschäftigung und bei Veränderungen in ihren Arbeitsbereichen über Gefahren für Sicherheit und Gesundheit, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sein können, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Verhütung dieser Gefahren und die nach § 10 Abs. 2 getroffenen Maßnahmen zu unterrichten. (2)

Soweit in Betrieben des öffentlichen Dienstes keine Vertretung der Beschäftigten besteht, hat der Arbeitgeber die Beschäftigten zu allen Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten haben können.

133

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 15, 16)

Dritter Abschnitt. Pflichten und Rechte der Beschäftigten § 15 Pflichten der Beschäftigten (1) Die Beschäftigten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. Entsprechend Satz 1 haben die Beschäftigten auch für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind.

§ (2)

Im Rahmen des Absatzes 1 haben die Beschäftigten insbesondere Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Arbeitsstoffe, Transportmittel und sonstige Arbeitsmittel sowie Schutzvorrichtungen und die ihnen zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß zu verwenden.

§ 16 Besondere Unterstützungspflichten (1) Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden. (2)

134

Die Beschäftigten haben gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber darin zu unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und seine Pflichten entsprechend den behördlichen Auflagen zu erfüllen. Unbeschadet ihrer Pflicht nach Absatz 1 sollen die Beschäftigten von ihnen festgestellte Ge-

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 17)

fahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten nach § 22 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch mitteilen.

§

§ 17 Rechte der Beschäftigten (1) Die Beschäftigten sind berechtigt, dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zu machen. Für Beamtinnen und Beamte des Bundes ist § 171 des Bundesbeamtengesetzes anzuwenden. § 60 des Beamtenrechtsrahmengesetzes und entsprechendes Landesrecht bleiben unberührt. (2)

Sind Beschäftigte auf Grund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, daß die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten, und hilft der Arbeitgeber darauf gerichteten Beschwerden von Beschäftigten nicht ab, können sich diese an die zuständige Behörde wenden. Hierdurch dürfen den Beschäftigten keine Nachteile entstehen. Die in Absatz 1 Satz 2 und 3 genannten Vorschriften sowie die Vorschriften der Wehrbeschwerdeordnung und des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages bleiben unberührt.

135

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 18)

Vierter Abschnitt. Verordnungsermächtigungen § 18 Verordnungsermächtigungen (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, welche Maßnahmen der Arbeitgeber und die sonstigen verantwortlichen Personen zu treffen haben und wie sich die Beschäftigten zu verhalten haben, um ihre jeweiligen Pflichten, die sich aus diesem Gesetz ergeben, zu erfüllen. In diesen Rechtsverordnungen kann auch bestimmt werden, daß bestimmte Vorschriften des Gesetzes zum Schutz anderer als in § 2 Abs. 2 genannter Personen anzuwenden sind.

§ (2)

136

Durch Rechtsverordnungen nach Absatz 1 kann insbesondere bestimmt werden, 1. daß und wie zur Abwehr bestimmter Gefahren Dauer oder Lage der Beschäftigung oder die Zahl der Beschäftigten begrenzt werden muß, 2. daß der Einsatz bestimmter Arbeitsmittel oder -verfahren mit besonderen Gefahren für die Beschäftigten verboten ist oder der zuständigen Behörde angezeigt oder von ihr erlaubt sein muß oder besonders gefährdete Personen dabei nicht beschäftigt werden dürfen, 3. daß bestimmte, besonders gefährliche Betriebsanlagen einschließlich der Arbeits- und Fertigungsverfahren vor Inbetriebnahme, in regelmäßigen Abständen oder auf behördliche Anordnung fachkundig geprüft werden müssen, 4. daß Beschäftigte, bevor sie eine bestimmte gefährdende Tätigkeit aufnehmen oder fortsetzen oder nachdem sie sie beendet haben, arbeitsmedizinisch zu untersuchen sind und welche besonderen Pflichten der Arzt dabei zu beachten hat,

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 21)

5. dass Ausschüsse zu bilden sind, denen die Aufgabe übertragen wird, die Bundesregierung oder das zuständige Bundesministerium zur Anwendung der Rechtsverordnungen zu beraten, dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene entsprechende Regeln und sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu ermitteln sowie Regeln zu ermitteln, wie die in den Rechtsverordnungen gestellten Anforderungen erfüllt werden können. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit kann die Regeln und Erkenntnisse amtlich bekannt machen.

§

Fünfter Abschnitt. Schlußvorschriften

§ 21 Zuständige Behörden, Zusammenwirken mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung (1) Die Überwachung des Arbeitsschutzes nach diesem Gesetz ist staatliche Aufgabe. Die zuständigen Behörden haben die Einhaltung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu überwachen und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten zu beraten. (2)

Die Aufgaben und Befugnisse der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung richten sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs. Soweit die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Sozialgesetzbuch im Rahmen ihres Präventionsauftrags auch Aufgaben zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten wahrnehmen, werden sie ausschließlich im Rahmen ihrer autonomen Befugnisse tätig.

137

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 21)

(3)

Die zuständigen Landesbehörden und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung wirken bei der Überwachung eng zusammen und fördern den Erfahrungsaustausch. Sie unterrichten sich gegenseitig über durchgeführte Betriebsbesichtigungen und deren wesentliche Ergebnisse.

§ 138

(4)

Die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde kann mit Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung vereinbaren, daß diese in näher zu bestimmenden Tätigkeitsbereichen die Einhaltung dieses Gesetzes, bestimmter Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen überwachen. In der Vereinbarung sind Art und Umfang der Überwachung sowie die Zusammenarbeit mit den staatlichen Arbeitsschutzbehörden festzulegen.

(5)

Soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, ist zuständige Behörde für die Durchführung dieses Gesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen in den Betrieben und Verwaltungen des Bundes die Zentralstelle für Arbeitsschutz beim Bundesministerium des Innern. Im Auftrag der Zentralstelle handelt, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Unfallkasse des Bundes, die insoweit der Aufsicht des Bundesministeriums des Innern unterliegt; Aufwendungen werden nicht erstattet. Im öffentlichen Dienst im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen führt die Eisenbahn-Unfallkasse, soweit diese Träger der Unfallversicherung ist, dieses Gesetz durch. Für Betriebe und Verwaltungen in den Geschäftsbereichen des Bundesministeriums der Verteidigung und des Auswärtigen Amtes hinsichtlich seiner Auslandsvertretungen führt das

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 22)

jeweilige Bundesministerium, soweit es jeweils zuständig ist, oder die von ihm jeweils bestimmte Stelle dieses Gesetz durch. Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen führt die Unfallkasse Post und Telekom dieses Gesetz durch, soweit der Geschäftsbereich des ehemaligen Bundesministeriums für Post und Telekommunikation betroffen ist. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für Betriebe und Verwaltungen, die zur Bundesverwaltung gehören, für die aber eine Berufsgenossenschaft Träger der Unfallversicherung ist. Die zuständigen Bundesministerien können mit den Berufsgenossenschaften für diese Betriebe und Verwaltungen vereinbaren, daß das Gesetz von den Berufsgenossenschaften durchgeführt wird; Aufwendungen werden nicht erstattet.

§

§ 22 Befugnisse der zuständigen Behörden (1) Die zuständige Behörde kann vom Arbeitgeber oder von den verantwortlichen Personen die zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgabe erforderlichen Auskünfte und die Überlassung von entsprechenden Unterlagen verlangen. Die auskunftspflichtige Person kann die Auskunft auf solche Fragen oder die Vorlage derjenigen Unterlagen verweigern, deren Beantwortung oder Vorlage sie selbst oder einen ihrer in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit aussetzen würde. Die auskunftspflichtige Person ist darauf hinzuweisen. (2)

Die mit der Überwachung beauftragten Personen sind befugt, zu den Betriebs- und Arbeitszeiten Betriebsstätten, Geschäfts- und Betriebsräume zu betreten, zu besichtigen 139

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 22)

und zu prüfen sowie in die geschäftlichen Unterlagen der auskunftspflichtigen Person Einsicht zu nehmen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Außerdem sind sie befugt, Betriebsanlagen, Arbeitsmittel und persönliche Schutzausrüstungen zu prüfen, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe zu untersuchen, Messungen vorzunehmen und insbesondere arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren festzustellen und zu untersuchen, auf welche Ursachen ein Arbeitsunfall, eine arbeitsbedingte Erkrankung oder ein Schadensfall zurückzuführen ist. Sie sind berechtigt, die Begleitung durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person zu verlangen. Der Arbeitgeber oder die verantwortlichen Personen haben die mit der Überwachung beauftragten Personen bei der Wahrnehmung ihrer Befugnisse nach den Sätzen 1 und 2 zu unterstützen. Außerhalb der in Satz 1 genannten Zeiten, oder wenn die Arbeitsstätte sich in einer Wohnung befindet, dürfen die mit der Überwachung beauftragten Personen ohne Einverständnis des Arbeitgebers die Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung treffen. Die auskunftspflichtige Person hat die Maßnahmen nach den Sätzen 1, 2 und 5 zu dulden. Die Sätze 1 und 5 gelten entsprechend, wenn nicht feststeht, ob in der Arbeitsstätte Personen beschäftigt werden, jedoch Tatsachen gegeben sind, die diese Annahme rechtfertigen. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

§ (3)

140

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall anordnen, 1. welche Maßnahmen der Arbeitgeber und die verantwortlichen Personen oder die Beschäftigten zur

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 23)

Erfüllung der Pflichten zu treffen haben, die sich aus diesem Gesetz und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergeben, 2. welche Maßnahmen der Arbeitgeber und die verantwortlichen Personen zur Abwendung einer besonderen Gefahr für Leben und Gesundheit der Beschäftigten zu treffen haben. Die zuständige Behörde hat, wenn nicht Gefahr im Verzug ist, zur Ausführung der Anordnung eine angemessene Frist zu setzen. Wird eine Anordnung nach Satz 1 nicht innerhalb einer gesetzten Frist oder eine für sofort vollziehbar erklärte Anordnung nicht sofort ausgeführt, kann die zuständige Behörde die von der Anordnung betroffene Arbeit oder die Verwendung oder den Betrieb der von der Anordnung betroffenen Arbeitsmittel untersagen. Maßnahmen der zuständigen Behörde im Bereich des öffentlichen Dienstes, die den Dienstbetrieb wesentlich beeinträchtigen, sollen im Einvernehmen mit der obersten Bundes- oder Landesbehörde oder dem Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinde getroffen werden.

§

§ 23 Betriebliche Daten, Zusammenarbeit mit anderen Behörden, Jahresbericht (1) Der Arbeitgeber hat der zuständigen Behörde zu einem von ihr bestimmten Zeitpunkt Mitteilungen über 1. die Zahl der Beschäftigten und derer, an die er Heimarbeit vergibt, aufgegliedert nach Geschlecht, Alter und Staatsangehörigkeit, 2. den Namen oder die Bezeichnung und Anschrift des Betriebs, in dem er sie beschäftigt, 3. seinen Namen, seine Firma und seine Anschrift sowie 4. den Wirtschaftszweig, dem sein Betrieb angehört,

141

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 23)

zu machen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, daß die Stellen der Bundesverwaltung, denen der Arbeitgeber die in Satz 1 genannten Mitteilungen bereits auf Grund einer Rechtsvorschrift mitgeteilt hat, diese Angaben an die für die Behörden nach Satz 1 zuständigen obersten Landesbehörden als Schreiben oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenübertragung weiterzuleiten haben. In der Rechtsverordnung können das Nähere über die Form der weiterzuleitenden Angaben sowie die Frist für die Weiterleitung bestimmt werden. Die weitergeleiteten Angaben dürfen nur zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der Behörden nach § 21 Abs. 1 liegenden Arbeitsschutzaufgaben verwendet sowie in Datenverarbeitungssystemen gespeichert oder verarbeitet werden.

§ 142

(2)

Die mit der Überwachung beauftragten Personen dürfen die ihnen bei ihrer Überwachungstätigkeit zur Kenntnis gelangenden Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur in den gesetzlich geregelten Fällen oder zur Verfolgung von Gesetzwidrigkeiten oder zur Erfüllung von gesetzlich geregelten Aufgaben zum Schutz der Versicherten dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung oder zum Schutz der Umwelt den dafür zuständigen Behörden offenbaren. Soweit es sich bei Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen um Informationen über die Umwelt im Sinne des Umweltinformationsgesetzes handelt, richtet sich die Befugnis zu ihrer Offenbarung nach dem Umweltinformationsgesetz.

(3)

Ergeben sich im Einzelfall für die zuständigen Behörden konkrete Anhaltspunkte für

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 23)

1. eine Beschäftigung oder Tätigkeit von Ausländern ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes, eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung, die zur Ausübung der Beschäftigung berechtigen, oder eine Genehmigung nach § 284 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch, 2. Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gegenüber einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit, einem Träger der gesetzlichen Kranken, Pflege-, Unfall- oder Rentenversicherung oder einem Träger der Sozialhilfe oder gegen die Meldepflicht nach § 8a des Asylbewerberleistungsgesetzes, 3. Verstöße gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, 4. Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 5. Verstöße gegen die Vorschriften des Vierten und Siebten Buches Sozialgesetzbuch über die Verpflichtung zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, 6. Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz, 7. Verstöße gegen die Steuergesetze, unterrichten sie die für die Verfolgung und Ahndung der Verstöße nach den Nummern 1 bis 7 zuständigen Behörden, die Träger der Sozialhilfe sowie die Behörden nach § 71 des Aufenthaltsgesetzes. In den Fällen des Satzes 1 arbeiten die zuständigen Behörden insbesondere mit den Agenturen für Arbeit, den Hauptzollämtern, den Rentenversicherungsträgern, den Krankenkassen als Einzugsstellen für die Sozialversicherungsbeiträge, den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, den nach Landesrecht für die Verfolgung und Ahndung von Verstößen ge-

§ 143

Anhang Auszug aus Arbeitsschutzgesetz (§ 24)

gen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zuständigen Behörden, den Trägern der Sozialhilfe, den in § 71 des Aufenthaltsgesetzes genannten Behörden und den Finanzbehörden zusammen.

§ (4)

Die zuständigen obersten Landesbehörden haben über die Überwachungstätigkeit der ihnen unterstellten Behörden einen Jahresbericht zu veröffentlichen. Der Jahresbericht umfaßt auch Angaben zur Erfüllung von Unterrichtungspflichten aus internationalen Übereinkommen oder Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften, soweit sie den Arbeitsschutz betreffen.

§ 24 Ermächtigung zum Erlaß von allgemeinen Verwaltungsvorschriften Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen 1. zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, soweit die Bundesregierung zu ihrem Erlaß ermächtigt ist, 2. über die Gestaltung der Jahresberichte nach § 23 Abs. 4 und 3. über die Angaben, die die zuständigen obersten Landesbehörden dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit für den Unfallverhütungsbericht nach § 25 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mitzuteilen haben. Verwaltungsvorschriften, die Bereiche des öffentlichen Dienstes einbeziehen, werden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern erlassen.

144

ANHANG SIEBTES BUCH SOZIALGESETZBUCH (SGB VII) – IN AUSZÜGEN –

§ 14 Grundsatz (1) Die Unfallversicherungsträger haben mit allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen. Sie sollen dabei auch den Ursachen von arbeitsbedingten Gefahren für Leben und Gesundheit nachgehen. (2)

§

Bei der Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren arbeiten die Unfallversicherungsträger mit den Krankenkassen zusammen.

§ 17 Überwachung und Beratung (1) Die Unfallversicherungsträger haben die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und für eine wirksame Erste Hilfe in den Unternehmen zu überwachen sowie die Unternehmer und die Versicherten zu beraten. Sie können im Einzelfall anordnen, welche Maßnahmen Unternehmer oder Versicherte zu treffen haben 1. zur Erfüllung ihrer Pflichten aufgrund der Unfallverhütungsvorschriften nach § 15, 2. zur Abwendung besonderer Unfall- und Gesundheitsgefahren. (2)

Soweit in einem Unternehmen Versicherte tätig sind, für die ein anderer Unfallversicherungsträger zuständig ist, kann auch dieser die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und für eine wirksame Erste Hilfe überwachen. Beide Unfallversicherungsträger

145

Anhang Auszug aus Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (§ 21)

sollen, wenn nicht sachliche Gründe entgegenstehen, die Überwachung und Beratung abstimmen und sich mit deren Wahrnehmung auf einen Unfallversicherungsträger verständigen.

§ (3)

Anordnungen nach Absatz 1 können auch gegenüber Unternehmern und Beschäftigten von ausländischen Unternehmen getroffen werden, die eine Tätigkeit im Inland ausüben, ohne einem Unfallversicherungsträger anzugehören.

(4)

Erwachsen dem Unfallversicherungsträger durch Pflichtversäumnis eines Unternehmers bare Auslagen für die Überwachung seines Unternehmens, so kann der Vorstand dem Unternehmer diese Kosten auferlegen.

(5)

Die Seemannsämter können durch eine Untersuchung der Seeschiffe feststellen, ob die Unfallverhütungsvorschriften befolgt sind.

§ 21 Verantwortung des Unternehmers, Mitwirkung der Versicherten (1) Der Unternehmer ist für die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe verantwortlich. (2)

146

Ist bei einer Schule der Unternehmer nicht Schulhoheitsträger, ist auch der Schulhoheitsträger in seinem Zuständigkeitsbereich für die Durchführung der in Absatz 1 genannten Maßnahmen verantwortlich. Der Schulhoheits-

Anhang Auszug aus Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (§ 22)

träger ist verpflichtet, im Benehmen mit dem für die Versicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchstabe b zuständigen Unfallversicherungsträger Regelungen über die Durchführung der in Absatz 1 genannten Maßnahmen im inneren Schulbereich zu treffen. (3)

§

Die Versicherten haben nach ihren Möglichkeiten alle Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen und die entsprechenden Anweisungen des Unternehmers zu befolgen.

§ 22 Sicherheitsbeauftragte (1) In Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten hat der Unternehmer unter Beteiligung des Betriebsrates oder Personalrates Sicherheitsbeauftragte unter Berücksichtigung der im Unternehmen für die Beschäftigten bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren und der Zahl der Beschäftigten zu bestellen. Als Beschäftigte gelten auch die nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, 8 und 12 Versicherten. In Unternehmen mit besonderen Gefahren für Leben und Gesundheit kann der Unfallversicherungsträger anordnen, dass Sicherheitsbeauftragte auch dann zu bestellen sind, wenn die Mindestbeschäftigtenzahl nach Satz 1 nicht erreicht wird. Für Unternehmen mit geringen Gefahren für Leben und Gesundheit kann der Unfallversicherungsträger die Zahl 20 in seiner Unfallverhütungsvorschrift erhöhen. (2)

Die Sicherheitsbeauftragten haben den Unternehmer bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von 147

Anhang Auszug aus Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (§ 23)

Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu unterstützen, insbesondere sich von dem Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen und persönlichen Schutzausrüstungen zu überzeugen und auf Unfall- und Gesundheitsgefahren für die Versicherten aufmerksam zu machen.

§ (3)

Die Sicherheitsbeauftragten dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden.

§ 23 Aus- und Fortbildung (1) Die Unfallversicherungsträger haben für die erforderliche Aus- und Fortbildung der Personen in den Unternehmen zu sorgen, die mit der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie mit der Ersten Hilfe betraut sind. Für nach dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu verpflichtende Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die nicht dem Unternehmen angehören, können die Unfallversicherungsträger entsprechende Maßnahmen durchführen. Die Unfallversicherungsträger haben Unternehmer und Versicherte zur Teilnahme an Aus- und Fortbildungslehrgängen anzuhalten. (2)

148

Die Unfallversicherungsträger haben die unmittelbaren Kosten ihrer Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie die erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten zu tragen. Bei Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Ersthelfer, die von Dritten durchgeführt werden, haben

Anhang Auszug aus Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (§ 23)

die Unfallversicherungsträger nur die Lehrgangsgebühren zu tragen.

§

(3)

Für die Arbeitszeit, die wegen der Teilnahme an einem Lehrgang ausgefallen ist, besteht gegen den Unternehmer ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts.

(4)

Bei der Ausbildung von Sicherheitsbeauftragten und Fachkräften für Arbeitssicherheit sind die für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden zu beteiligen.

149

ANHANG ARBEITSSTÄTTENVERORDNUNG (ArbStättV) – IN AUSZÜGEN –

Verordnung über Arbeitsstätten

§

§ 3 Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten (1) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhanges entsprechend so eingerichtet und betrieben werden, dass von ihnen keine Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten ausgehen. Der Arbeitgeber hat die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit nach § 7 Abs. 4 bekannt gemachten Regeln für Arbeitsstätten zu berücksichtigen. Bei Einhaltung der im Satz 2 genannten Regeln ist davon auszugehen, dass die in der Verordnung gestellten Anforderungen diesbezüglich erfüllt sind. Wendet der Arbeitgeber die Regeln nicht an, muss er durch andere Maßnahmen die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz der Beschäftigten erreichen.

150

(2)

Beschäftigt der Arbeitgeber Menschen mit Behinderungen, hat er Arbeitsstätten so einzurichten und zu betreiben, dass die besonderen Belange dieser Beschäftigten im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie von zugehörigen Türen, Verkehrswegen, Fluchtwegen, Notausgängen, Treppen, Orientierungssystemen, Waschgelegenheiten und Toilettenräumen.

(3)

Die zuständige Behörde kann auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhanges zulassen, wenn

Anhang Auszug aus Arbeitsstättenverordnung (§ 4)

1. der Arbeitgeber andere, ebenso wirksame Maßnahmen trifft oder 2. die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist. Bei der Beurteilung sind die Belange der kleineren Betriebe besonders zu berücksichtigen. (4)

§

Soweit in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere dem Bauordnungsrecht der Länder, Anforderungen gestellt werden, bleiben diese Vorschriften unberührt.

§ 4 Besondere Anforderungen an das Betreiben von Arbeitsstätten (1) Der Arbeitgeber hat die Arbeitsstätte instand zu halten und dafür zu sorgen, dass festgestellte Mängel unverzüglich beseitigt werden. Können Mängel, mit denen eine unmittelbare erhebliche Gefahr verbunden ist, nicht sofort beseitigt werden, ist die Arbeit insoweit einzustellen. (2)

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten den hygienischen Erfordernissen entsprechend gereinigt werden. Verunreinigungen und Ablagerungen, die zu Gefährdungen führen können, sind unverzüglich zu beseitigen.

(3)

Der Arbeitgeber hat Sicherheitseinrichtungen zur Verhütung oder Beseitigung von Gefahren, insbesondere Sicherheitsbeleuchtungen, Feuerlöscheinrichtungen, Sig-

151

Anhang Auszug aus Arbeitsstättenverordnung (§ 5)

nalanlagen, Notaggregate und Notschalter sowie raumlufttechnische Anlagen, in regelmäßigen Abständen sachgerecht warten und auf ihre Funktionsfähigkeit prüfen zu lassen.

§ (4)

Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge müssen ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzt werden können. Der Arbeitgeber hat Vorkehrungen zu treffen, dass die Beschäftigten bei Gefahr sich unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können. Der Arbeitgeber hat einen Flucht- und Rettungsplan aufzustellen, wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordern. Der Plan ist an geeigneten Stellen in der Arbeitsstätte auszulegen oder auszuhängen. In angemessenen Zeitabständen ist entsprechend dieses Planes zu üben.

(5)

Der Arbeitgeber hat Mittel und Einrichtungen zur ersten Hilfe zur Verfügung zu stellen und diese regelmäßig auf ihre Vollständigkeit und Verwendungsfähigkeit prüfen zu lassen.

§ 5 Nichtraucherschutz (1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. (2)

152

In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen.

ANHANG BETRIEBSSICHERHEITSVERORDNUNG – IN AUSZÜGEN –

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes

§

Abschnitt 2. Gemeinsame Vorschriften für Arbeitsmittel

§ 3 Gefährdungsbeurteilung (1) Der Arbeitgeber hat bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes unter Berücksichtigung der Anhänge 1 bis 5, des § 7 der Gefahrstoffverordnung und der allgemeinen Grundsätze des § 4 des Arbeitsschutzgesetzes die notwendigen Maßnahmen für die sichere Bereitstellung und Benutzung der Arbeitsmittel zu ermitteln. Dabei hat er insbesondere die Gefährdungen zu berücksichtigen, die mit der Benutzung des Arbeitsmittels selbst verbunden sind und die am Arbeitsplatz durch Wechselwirkungen der Arbeitsmittel untereinander oder mit Arbeitsstoffen oder der Arbeitsumgebung hervorgerufen werden. (2)

Kann nach den Bestimmungen der §§ 7 und 12 der Gefahrstoffverordnung die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären nicht sicher verhindert werden, hat der Arbeitgeber zu beurteilen 1. die Wahrscheinlichkeit und die Dauer des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären, 2. die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins, der Aktivierung und des Wirksamwerdens von Zündquellen einschließlich elektrostatischer Entladungen und

153

Anhang Auszug aus Betriebssicherheitsverordnung (§ 4)

3. das Ausmaß der zu erwartenden Auswirkungen von Explosionen.

§ (3)

Für Arbeitsmittel sind insbesondere Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen zu ermitteln. Ferner hat der Arbeitgeber die notwendigen Voraussetzungen zu ermitteln und festzulegen, welche die Personen erfüllen müssen, die von ihm mit der Prüfung oder Erprobung von Arbeitsmitteln zu beauftragen sind.

§ 4 Anforderungen an die Bereitstellung und Benutzung der Arbeitsmittel (1) Der Arbeitgeber hat die nach den allgemeinen Grundsätzen des § 4 des Arbeitsschutzgesetzes erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit den Beschäftigten nur Arbeitsmittel bereitgestellt werden, die für die am Arbeitsplatz gegebenen Bedingungen geeignet sind und bei deren bestimmungsgemäßer Benutzung Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet sind. Ist es nicht möglich, demgemäß Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten in vollem Umfang zu gewährleisten, hat der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Gefährdung so gering wie möglich zu halten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Montage von Arbeitsmitteln, deren Sicherheit vom Zusammenbau abhängt. (2)

154

Bei den Maßnahmen nach Absatz 1 sind die vom Ausschuss für Betriebssicherheit ermittelten und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Bundesarbeitsblatt veröffentlichten Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Die Maßnahmen müssen dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 und dem Stand der Technik entsprechen.

Anhang Auszug aus Betriebssicherheitsverordnung (§ 7)

(3)

Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Arbeitsmittel nur benutzt werden, wenn sie gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung für die vorgesehene Verwendung geeignet sind.

(4)

Bei der Festlegung der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 sind für die Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln auch die ergonomischen Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf und Arbeitsaufgabe zu berücksichtigen; dies gilt insbesondere für die Körperhaltung, die Beschäftigte bei der Benutzung der Arbeitsmittel einnehmen müssen.

§

§ 7 Anforderungen an die Beschaffenheit der Arbeitsmittel (1) Der Arbeitgeber darf den Beschäftigten erstmalig nur Arbeitsmittel bereitstellen, die 1. solchen Rechtsvorschriften entsprechen, durch die Gemeinschaftsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt werden, oder, 2. wenn solche Rechtsvorschriften keine Anwendung finden, den sonstigen Rechtsvorschriften entsprechen, mindestens jedoch den Vorschriften des Anhangs 1. (2) Arbeitsmittel, die den Beschäftigten vor dem 3. Oktober 2002 erstmalig bereitgestellt worden sind, müssen 1. den im Zeitpunkt der erstmaligen Bereitstellung geltenden Rechtsvorschriften entsprechen, durch die Gemeinschaftsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt worden sind, oder, 2. wenn solche Rechtsvorschriften keine Anwendung finden, den im Zeitpunkt der erstmaligen Bereit-

155

Anhang Auszug aus Betriebssicherheitsverordnung (§ 7)

stellung geltenden sonstigen Rechtsvorschriften entsprechen, mindestens jedoch den Anforderungen des Anhangs 1 Nr. 1 und 2. Unbeschadet des Satzes 1 müssen die besonderen Arbeitsmittel nach Anhang 1 Nr. 3 spätestens am 1. Dezember 2002 mindestens den Vorschriften des Anhangs 1 Nr. 3 entsprechen. Arbeitsmittel zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen müssen den Anforderungen des Anhangs 4 Abschnitt A und B entsprechen, wenn sie nach dem 30. Juni 2003 erstmalig im Unternehmen den Beschäftigten bereitgestellt werden.

§ (3)

156

(4)

Arbeitsmittel zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen müssen ab dem 30. Juni 2003 den in Anhang 4 Abschnitt A aufgeführten Mindestvorschriften entsprechen, wenn sie vor diesem Zeitpunkt bereits verwendet oder erstmalig im Unternehmen den Beschäftigten bereitgestellt worden sind und

1.

keine Rechtsvorschriften anwendbar sind, durch die andere Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften als die Richtlinie 1999/92/EG in nationales Recht umgesetzt werden, oder

2.

solche Rechtsvorschriften nur teilweise anwendbar sind.

(5)

Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Arbeitsmittel während der gesamten Benutzungsdauer den Anforderungen der Absätze 1 bis 4 entsprechen.

Anhang Auszug aus Betriebssicherheitsverordnung (§§ 8, 9)

§ 8 Sonstige Schutzmaßnahmen Ist die Benutzung eines Arbeitsmittels mit einer besonderen Gefährdung für die Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftigten verbunden, hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Benutzung des Arbeitsmittels den hierzu beauftragten Beschäftigten vorbehalten bleibt.

§

§ 9 Unterrichtung und Unterweisung (1) Bei der Unterrichtung der Beschäftigten nach § 81 des Betriebsverfassungsgesetzes und § 14 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit den Beschäftigten 1. angemessene Informationen, insbesondere zu den sie betreffenden Gefahren, die sich aus den in ihrer unmittelbaren Arbeitsumgebung vorhandenen Arbeitsmitteln ergeben, auch wenn sie diese Arbeitsmittel nicht selbst benutzen, und 2. soweit erforderlich, Betriebsanweisungen für die bei der Arbeit benutzten Arbeitsmittel in für sie verständlicher Form und Sprache zur Verfügung stehen. Die Betriebsanweisungen müssen mindestens Angaben über die Einsatzbedingungen, über absehbare Betriebsstörungen und über die bezüglich der Benutzung des Arbeitsmittels vorliegenden Erfahrungen enthalten. (2) Bei der Unterweisung nach § 12 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit 1. die Beschäftigten, die Arbeitsmittel benutzen, eine angemessene Unterweisung insbesondere über die mit der Benutzung verbundenen Gefahren erhalten und

157

Anhang Auszug aus Betriebssicherheitsverordnung (§ 10)

2. die mit der Durchführung von Instandsetzungs-, Wartungs- und Umbauarbeiten beauftragten Beschäftigten eine angemessene spezielle Unterweisung erhalten.

§

§ 10 Prüfung der Arbeitsmittel (1) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die Arbeitsmittel, deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängt, nach der Montage und vor der ersten Inbetriebnahme sowie nach jeder Montage auf einer neuen Baustelle oder an einem neuen Standort geprüft werden. Die Prüfung hat den Zweck, sich von der ordnungsgemäßen Montage und der sicheren Funktion dieser Arbeitsmittel zu überzeugen. Die Prüfung darf nur von hierzu befähigten Personen durchgeführt werden. (2)

158

Unterliegen Arbeitsmittel Schäden verursachenden Einflüssen, die zu gefährlichen Situationen führen können, hat der Arbeitgeber die Arbeitsmittel entsprechend den nach § 3 Abs. 3 ermittelten Fristen durch hierzu befähigte Personen überprüfen und erforderlichenfalls erproben zu lassen. Der Arbeitgeber hat Arbeitsmittel einer außerordentlichen Überprüfung durch hierzu befähigte Personen unverzüglich zu unterziehen, wenn außergewöhnliche Ereignisse stattgefunden haben, die schädigende Auswirkungen auf die Sicherheit des Arbeitsmittels haben können. Außergewöhnliche Ereignisse im Sinne des Satzes 2 können insbesondere Unfälle, Veränderungen an den Arbeitsmitteln, längere Zeiträume der Nichtbenutzung der Arbeitsmittel oder Naturereignisse sein. Die Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 sind mit dem Ziel durchzuführen, Schäden rechtzeitig zu entdecken und zu

Anhang Auszug aus Betriebssicherheitsverordnung (§ 11)

beheben sowie die Einhaltung des sicheren Betriebs zu gewährleisten.

§

(3)

Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Arbeitsmittel nach Instandsetzungsarbeiten, welche die Sicherheit der Arbeitsmittel beeinträchtigen können, durch befähigte Personen auf ihren sicheren Betrieb geprüft werden.

(4)

Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die Prüfungen auch den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 genügen.

§ 11 Aufzeichnungen Der Arbeitgeber hat die Ergebnisse der Prüfungen nach § 10 aufzuzeichnen. Die zuständige Behörde kann verlangen, dass ihr diese Aufzeichnungen auch am Betriebsort zur Verfügung gestellt werden. Die Aufzeichnungen sind über einen angemessenen Zeitraum aufzubewahren, mindestens bis zur nächsten Prüfung. Werden Arbeitsmittel, die § 10 Abs. 1 und 2 unterliegen, außerhalb des Unternehmens verwendet, ist ihnen ein Nachweis über die Durchführung der letzten Prüfung beizufügen.

159

ANHANG GERÄTE- UND PRODUKTSICHERHEITSGESETZ (GPSG) – IN AUSZÜGEN –

Gesetz über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte

§

Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften § 1 Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für das Inverkehrbringen und Ausstellen von Produkten, das selbständig im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung erfolgt. Dieses Gesetz gilt nicht für das Inverkehrbringen und Ausstellen gebrauchter Produkte, die 1. als Antiquitäten überlassen werden oder 2. vor ihrer Verwendung instand gesetzt oder wieder aufgearbeitet werden müssen, sofern der Inverkehrbringer denjenigen, dem sie überlassen werden, darüber ausreichend unterrichtet. Dieses Gesetz gilt ferner nicht für das Inverkehrbringen und Ausstellen technischer Arbeitsmittel, die ihrer Bauart nach ausschließlich zur Verwendung für militärische Zwecke bestimmt sind. (2)

160

Dieses Gesetz gilt auch für die Errichtung und den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen, die gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwecken dienen oder durch die Beschäftigte gefährdet werden können, mit Ausnahme der überwachungsbedürftigen Anlagen der Fahrzeuge von Magnetschwebebahnen, soweit diese Fahrzeuge den Bestimmungen des Bundes zum Bau und Betrieb solcher Bahnen unterliegen, 2. des rollenden Materials von Eisenbahnunternehmungen, ausgenommen Ladegutbehälter, soweit dieses Material den Bestimmungen der Bau- und Betriebsordnungen des Bundes und der Länder unterliegt,

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 4)

3. in Unternehmen des Bergwesens, ausgenommen in deren Tagesanlagen.

§

(3)

Die der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit beim Inverkehrbringen oder Ausstellen von Produkten dienenden Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Anforderungen an die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit vorgesehen sind. Die §§ 5, 6 und 8 bis 10 gelten nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Regelungen vorgesehen sind.

(4)

Rechtsvorschriften, die der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit bei der Verwendung von Produkten dienen, bleiben unberührt; dies gilt insbesondere für Vorschriften, die den Arbeitgeber hierzu verpflichten.

Abschnitt 2. Inverkehrbringen und Kennzeichnen von Produkten

§ 4 Inverkehrbringen und Ausstellen (1) Soweit ein Produkt einer Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 unterfällt, darf es nur in den Verkehr gebracht werden, wenn es den dort vorgesehenen Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit und sonstigen Voraussetzungen für sein Inverkehrbringen entspricht und Sicherheit und Gesundheit der Verwender oder Dritter oder sonstige in den Rechtsverordnungen nach § 3 Abs. 1 aufgeführte Rechtsgüter bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung nicht gefährdet werden. Entspricht eine Norm, die eine harmonisierte

161

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 4)

Norm umsetzt, einer oder mehreren Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit, wird bei einem entsprechend dieser Norm hergestellten Produkt vermutet, dass es den betreffenden Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit genügt.

§ (2)

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Ein Produkt darf, soweit es nicht § 4 Abs. 1 unterliegt, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn es so beschaffen ist, dass bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung Sicherheit und Gesundheit von Verwendern oder Dritten nicht gefährdet werden. Bei der Beurteilung, ob ein Produkt der Anforderung nach Satz 1 entspricht, sind insbesondere zu berücksichtigen 1. die Eigenschaften des Produkts einschließlich seiner Zusammensetzung, Verpackung, der Anleitungen für seinen Zusammenbau, der Installation, der Wartung und der Gebrauchsdauer, 2. seine Einwirkungen auf andere Produkte, soweit seine Verwendung mit anderen Produkten zu erwarten ist, 3. seine Darbietung, Aufmachung im Handel, Kennzeichnung, Warnhinweise, Gebrauchs- und Bedienungsanleitung und Angaben für seine Beseitigung sowie alle sonstigen produktbezogenen Angaben oder Informationen, 4. die Gruppen von Verwendern, die bei der Verwendung des Produkts einer größeren Gefahr ausgesetzt sind als andere. Bei der Beurteilung, ob ein Produkt den Anforderungen nach Satz 1 entspricht, können Normen und andere technische Spezifikationen zugrunde gelegt werden. Entspricht eine Norm oder sonstige technische Spezifikation, die vom Ausschuss für technische Arbeitsmittel und Ver-

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 4)

braucherprodukte ermittelt und von der beauftragten Stelle im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist, einer oder mehreren Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit, wird bei einem nach dieser Norm oder sonstigen Spezifikation hergestellten Produkt vermutet, dass es den betreffenden Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit genügt.

§

(3)

Bei einem technischen Arbeitsmittel, das von Rechtsverordnungen nach § 3 Abs. 1 erfasst ist, ist maßgeblich für das Inverkehrbringen die Rechtslage im Zeitpunkt seines erstmaligen Inverkehrbringens in den Europäischen Wirtschaftsraum. Satz 1 gilt auch für ein Verbraucherprodukt, soweit es von Rechtsverordnungen nach § 3 Abs. 1 erfasst ist. Bei einem technischen Arbeitsmittel, das nicht von einer Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 erfasst ist, ist maßgeblich die Rechtslage im Zeitpunkt seines erstmaligen Inverkehrbringens im Geltungsbereich dieses Gesetzes. Beim Inverkehrbringen eines Verbraucherprodukts ist, soweit es keiner Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 unterfällt, maßgeblich die Rechtslage im Zeitpunkt seines Inverkehrbringens.

(4)

Sofern in den Rechtsverordnungen nach § 3 keine anderen Regelungen vorgesehen sind, ist, wenn

1. Sicherheit und Gesundheit erst durch die Art der Aufstellung eines technischen Arbeitsmittels oder verwendungsfertigen Gebrauchsgegenstandes gewährleistet werden, hierauf beim Inverkehrbringen des technischen Arbeitsmittels oder verwendungsfertigen Gebrauchsgegenstandes ausreichend hinzuweisen, oder 163

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 5)

2. zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit bestimmte Regeln bei der Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung eines technischen Arbeitsmittels oder verwendungsfertigen Gebrauchsgegenstandes beachtet werden müssen, eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache beim Inverkehrbringen mitzuliefern.

§ (5)

Ein Produkt, das den Voraussetzungen nach Absatz 1 oder 2 nicht entspricht, darf ausgestellt werden, wenn ein sichtbares Schild deutlich darauf hinweist, dass es diese Voraussetzungen nicht erfüllt und erst erworben werden kann, wenn die entsprechende Übereinstimmung hergestellt ist. Bei einer Vorführung sind die erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz von Personen zu treffen.

§ 5 Besondere Pflichten für das Inverkehrbringen von Verbraucherprodukten (1) Der Hersteller, sein Bevollmächtigter und der Einführer eines Verbraucherprodukts haben jeweils im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit 1. beim Inverkehrbringen a) sicherzustellen, dass der Verwender die erforderlichen Informationen erhält, damit dieser die Gefahren, die von dem Verbraucherprodukt während der üblichen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Gebrauchsdauer ausgehen und die ohne entsprechende Hinweise nicht unmittelbar erkennbar sind, beurteilen und sich dagegen schützen kann, b) den Namen des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig

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Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 5)

ist, den Namen des Bevollmächtigten oder des Einführers und deren Adressen auf dem Verbraucherprodukt oder auf dessen Verpackung anzubringen sowie das Verbraucherprodukt so zu kennzeichnen, dass es eindeutig identifiziert werden kann, es sei denn, das Weglassen dieser Angaben ist vertretbar, insbesondere weil dem Verwender diese Angaben bereits bekannt sind oder das Anbringen dieser Angaben mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, c) Vorkehrungen zu treffen, die den Eigenschaften des von ihnen in den Verkehr gebrachten Verbraucherprodukts angemessen sind, damit sie imstande sind, zur Vermeidung von Gefahren geeignete Maßnahmen zu veranlassen, bis hin zur Rücknahme des Verbraucherprodukts, der angemessenen und wirksamen Warnung und dem Rückruf; 2. bei den in Verkehr gebrachten Verbraucherprodukten die, abhängig vom Grad der von ihnen ausgehenden Gefahr und der Möglichkeiten diese abzuwehren, gebotenen Stichproben durchzuführen, Beschwerden zu prüfen und erforderlichenfalls ein Beschwerdebuch zu führen sowie die Händler über weitere das Verbraucherprodukt betreffende Maßnahmen zu unterrichten. Der Hersteller, sein Bevollmächtigter und der Einführer haben jeweils unverzüglich die zuständigen Behörden nach Maßgabe von Anhang I der Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. EG Nr. L 11 S. 4) zu unterrichten, wenn sie wissen oder anhand der ihnen vorliegenden Informationen oder ihrer

§

(2)

165

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 6)

Erfahrung eindeutige Anhaltspunkte dafür haben, dass von einem von ihnen in Verkehr gebrachten Verbraucherprodukt eine Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit von Personen ausgeht; insbesondere haben sie über die Maßnahmen zu unterrichten, die sie zur Abwendung dieser Gefahr getroffen haben. Eine Unterrichtung nach Satz 1 darf nicht zur strafrechtlichen Verfolgung des Unterrichtenden oder für ein Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Unterrichtenden verwendet werden.

§ (3)

Der Händler hat dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte in den Verkehr gebracht werden. Er darf insbesondere kein Verbraucherprodukt in den Verkehr bringen, von dem er 1. weiß oder 2. anhand der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht den Anforderungen nach § 4 entspricht. Absatz 2 gilt für den Händler entsprechend.

§ 6 CE-Kennzeichnung (1) Es ist verboten, ein Produkt in den Verkehr zu bringen, wenn dieses, seine Verpackung oder ihm beigefügte Unterlagen mit der CE-Kennzeichnung versehen sind, ohne dass die Rechtsverordnungen nach § 3 oder andere Rechtsvorschriften dies vorsehen und die Voraussetzungen der Absätze 2 bis 5 eingehalten sind. (2)

166

Die CE-Kennzeichnung muss sichtbar, lesbar und dauerhaft angebracht sein.

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 7)

(3)

Die CE-Kennzeichnung besteht aus den Buchstaben „CE“ in folgender Gestalt:

(4)

Bei Verkleinerung oder Vergrößerung der CE-Kennzeichnung müssen die hier wiedergegebenen Proportionen gewahrt bleiben.

(5)

Es dürfen zusätzlich zur CE-Kennzeichnung keine Kennzeichnungen angebracht werden, durch die Dritte hinsichtlich der Bedeutung und der Gestalt der CE-Kennzeichnung irregeführt werden können. Jede andere Kennzeichnung darf angebracht werden, wenn sie die Sichtbarkeit und Lesbarkeit der CE-Kennzeichnung nicht beeinträchtigt.

§

§ 7 GS-Zeichen (1) Soweit Rechtsverordnungen nach § 3 nichts anderes bestimmen, dürfen technische Arbeitsmittel und verwendungsfertige Gebrauchsgegenstände mit dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit amtlich bekannt gemachten Zeichen „GS = geprüfte Sicherheit“ (GS-Zeichen) versehen werden, wenn es von einer GS-Stelle nach § 11 Abs. 2 auf Antrag des Herstellers oder seines Bevollmächtigten zuerkannt worden ist. Das GS-Zeichen darf nur zuerkannt werden, wenn der GS-Stelle 1. ein Nachweis der Übereinstimmung des geprüften Baumusters mit den Anforderungen nach § 4 Abs. 1 bis 3 sowie anderer Rechtsvorschriften hinsichtlich

167

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 7)

der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit durch eine Baumusterprüfung sowie 2. ein Nachweis, dass die Voraussetzungen eingehalten werden, die bei der Herstellung der technischen Arbeitsmittel und verwendungsfertigen Gebrauchsgegenstände zu beachten sind, um ihre Übereinstimmung mit dem geprüften Baumuster zu gewährleisten, vorliegt. Über die Zuerkennung des GS-Zeichens ist eine Bescheinigung auszustellen. Die Geltungsdauer der Zuerkennung ist auf die Dauer von höchstens fünf Jahre zu befristen. Die GS-Stelle nach § 11 Abs. 2 hat Kontrollmaßnahmen zur Überwachung der Herstellung der technischen Arbeitsmittel und verwendungsfertigen Gebrauchsgegenstände und der rechtmäßigen Verwendung des GS-Zeichens durchzuführen. Liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des GS-Zeichens nicht mehr vor, so hat die GS-Stelle die Zuerkennung zu entziehen. Sie unterrichtet in diesen Fällen die anderen GS-Stellen und die zuständige Behörde über die Entziehung.

§ (2)

168

(3)

Der Hersteller hat zu gewährleisten, dass die von ihm hergestellten technischen Arbeitsmittel und verwendungsfertigen Gebrauchsgegenstände mit dem geprüften Baumuster übereinstimmen. Er hat die Kontrollmaßnahmen nach Absatz 2 zu dulden. Er darf das GS-Zeichen nur verwenden und mit ihm werben, solange die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(4)

Der Hersteller darf kein Zeichen verwenden oder mit ihm werben, das mit dem GS-Zeichen verwechselt werden kann.

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 11)

Abschnitt 4. Besondere Vorschriften § 11 Zugelassene Stellen (1) Bei der zuständigen Behörde kann ein Antrag auf Anerkennung als zugelassene Stelle gestellt werden. Diese Behörde prüft, ob die Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 3 eingehalten sind. Eine Akkreditierung auf der Grundlage harmonisierter Normen kann im Rahmen des Anerkennungsverfahrens nach Satz 2 berücksichtigt werden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen hat die zuständige Behörde der beauftragten Stelle den Antragsteller als zugelassene Stelle für bestimmte Produkte und Verfahren zu benennen.

§

(2)

Eine Stelle ist von der zuständigen Behörde der beauftragten Stelle als GS-Stelle für einen bestimmten Aufgabenbereich zu benennen, wenn in einem Anerkennungsverfahren durch die zuständige Behörde festgestellt wurde, dass die Einhaltung der Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 3 gewährleistet ist.

(3)

Eine Stelle, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, kann von der zuständigen Behörde der beauftragten Stelle als GS-Stelle für einen bestimmten Aufgabenbereich benannt werden. Voraussetzung für die Benennung ist 1. der Abschluss eines Verwaltungsabkommens zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und dem jeweiligen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder dem jeweiligen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und

169

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 11)

2. dass in einem Anerkennungsverfahren festgestellt wurde, dass die Anforderungen des Verwaltungsabkommens eingehalten sind. In dem Verwaltungsabkommen müssen geregelt sein: 1. die Anforderungen an die GS-Stelle entsprechend Absatz 2, 2. die Beteiligung der zuständigen Behörde an dem im jeweiligen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat durchgeführten Anerkennungsverfahren und 3. eine den Grundsätzen des Absatzes 5 entsprechende Überwachung der GS-Stelle.

§ 170

(4)

Die beauftragte Stelle macht die zugelassenen Stellen bekannt.

(5)

Die zuständige Behörde überwacht die Einhaltung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Anforderungen. Sie kann von der zugelassenen Stelle und ihrem mit der Leitung und der Durchführung der Fachaufgaben beauftragten Personal die zur Erfüllung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlichen Auskünfte und sonstige Unterstützung verlangen sowie die dazu erforderlichen Anordnungen treffen. Die zuständigen Behörden und deren Beauftragte sind befugt, zu den Betriebs- und Geschäftszeiten Grundstücke und Geschäftsräume sowie Prüflaboratorien zu betreten und zu besichtigen und die Vorlage von Unterlagen für die Erteilung der Bescheinigungen zu verlangen. Die Auskunftspflichtigen haben die Maßnahmen nach Satz 3 zu dulden. Sie können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 12)

nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Sie sind über ihr Recht zur Auskunftsverweigerung zu belehren. (6)

§

Die für die Überwachung des Inverkehrbringens zuständigen Behörden können von der zugelassenen Stelle und ihrem mit der Leitung und der Durchführung der Fachaufgaben beauftragten Personal die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte und Unterlagen verlangen. Sie haben im Falle ihres Tätigwerdens nach Satz 1 die für das Anerkennungsverfahren nach Absatz 1 zuständige Behörde zu unterrichten.

§ 12 Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (1) Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ermittelt und bewertet im Rahmen ihres allgemeinen Forschungsauftrages präventiv Sicherheitsrisiken und gesundheitliche Risiken, die von Produkten ausgehen können, und macht Vorschläge zu deren Reduzierung. (2)

In Einzelfällen nimmt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Abstimmung mit den zuständigen Behörden Risikobewertungen an Produkten vor, bei denen hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass eine unmittelbare Gefahr oder ein erhebliches Risiko für Sicherheit und Gesundheit besteht. Von dem Ergebnis der Bewertung unterrichtet sie unverzüglich die zuständige Behörde und in Abstimmung mit dieser den betroffenen Inverkehrbringer.

(3)

In Einzelfällen nimmt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in eigener Zuständigkeit Risikobe171

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 13)

wertungen an Produkten vor, soweit ein pflichtgemäßes Handeln gegenüber den Organen der Europäischen Gemeinschaften dies erfordert.

§ (4)

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unterstützt die zuständige Behörde bei der Entwicklung und Durchführung des Überwachungskonzeptes gemäß § 8 Abs. 2, insbesondere indem sie die bei den Maßnahmen nach § 8 Abs. 4 festgestellten Mängel in der Beschaffenheit von Produkten wissenschaftlich auswertet und die zuständige Behörde sowie den Ausschuss für technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte regelmäßig über den Stand der Erkenntnisse unterrichtet.

§ 13 Ausschuss für technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (1) Beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wird ein „Ausschuss für technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte“ eingesetzt.

172

(2)

Der Ausschuss hat die Aufgaben, 1. die Bundesregierung in Fragen der Sicherheit von technischen Arbeitsmitteln und Verbraucherprodukten zu beraten, 2. die in § 4 Abs. 2 Satz 3 dieses Gesetzes bezeichneten Normen und sonstigen technischen Spezifikationen zu ermitteln und 3. nationale technische Spezifikationen zu ermitteln, soweit solche Spezifikationen in Rechtsverordnungen nach § 3 Abs. 1 vorgesehen sind.

(3)

Dem Ausschuss sollen sachverständige Personen aus dem Kreis der zuständigen Behörden für Sicherheit und Ge-

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 14)

sundheit des Bundes und der Länder, der zugelassenen Stellen, der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, des Deutschen Instituts für Normung e. V., der Kommission Arbeitsschutz und Normung, der Arbeitgebervereinigungen, der Gewerkschaften und der beteiligten Verbände, insbesondere der Hersteller und der Verbraucher, angehören. Die Mitgliedschaft ist ehrenamtlich.

§

(4)

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit beruft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft die Mitglieder des Ausschusses und für jedes Mitglied einen Stellvertreter. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung und wählt den Vorsitzenden aus seiner Mitte. Die Zahl der Mitglieder soll 21 nicht überschreiten. Die Geschäftsordnung und die Wahl des Vorsitzenden bedürfen der Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.

(5)

Die Bundesministerien sowie die für Sicherheit und Gesundheit zuständigen obersten Landesbehörden und Bundesoberbehörden haben das Recht, in Sitzungen des Ausschusses vertreten zu sein und gehört zu werden.

(6)

Die Geschäfte des Ausschusses führt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Abschnitt 5. Überwachungsbedürftige Anlagen § 14 Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen (1) Zum Schutze der Beschäftigten und Dritter vor Gefahren durch Anlagen, die mit Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen (überwa173

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 14)

chungsbedürftige Anlagen), wird die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, 1. dass die Errichtung solcher Anlagen, ihre Inbetriebnahme, die Vornahme von Änderungen an bestehenden Anlagen und sonstige die Anlagen betreffenden Umstände angezeigt und der Anzeige bestimmte Unterlagen beigefügt werden müssen; 2. dass die Errichtung solcher Anlagen, ihr Betrieb sowie die Vornahme von Änderungen an bestehenden Anlagen der Erlaubnis einer in der Rechtsverordnung bezeichneten oder nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Behörde bedürfen; 2a. dass solche Anlagen oder Teile von solchen Anlagen nach einer Bauartprüfung allgemein zugelassen und mit der allgemeinen Zulassung Auflagen zum Betrieb und zur Wartung verbunden werden können; 3. dass solche Anlagen, insbesondere die Errichtung, die Herstellung, die Bauart, die Werkstoffe, die Ausrüstung und die Unterhaltung sowie ihr Betrieb bestimmten, dem Stand der Technik entsprechenden Anforderungen genügen müssen; 4. dass solche Anlagen einer Prüfung vor Inbetriebnahme, regelmäßig wiederkehrenden Prüfungen und Prüfungen auf Grund behördlicher Anordnungen unterliegen. In den Rechtsverordnungen nach Absatz 1 können Vorschriften über die Einsetzung technischer Ausschüsse getroffen werden. Die Ausschüsse sollen die Bundesregierung oder das zuständige Bundesministerium in technischen Fragen beraten. Sie schlagen dem Stand der Technik entsprechende Regeln (technische Regeln) unter

§ (2)

174

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 15)

Berücksichtigung der für andere Schutzziele vorhandenen Regeln und, soweit deren Zuständigkeiten berührt sind, in Abstimmung mit der Kommission für Anlagensicherheit nach § 51a Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vor. In die Ausschüsse sind neben Vertretern der beteiligten Bundesbehörden und oberster Landesbehörden, der Wissenschaft und der zugelassenen Überwachungsstellen im Sinne des § 17 insbesondere Vertreter der Arbeitgeber, der Gewerkschaften und der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu berufen.

§

(3)

Technische Regeln können vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Bundesanzeiger veröffentlicht werden.

(4)

Erlaubnisse nach einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 Nr. 2 erlöschen, wenn der Inhaber innerhalb von zwei Jahren nach deren Erteilung nicht mit der Errichtung der Anlage begonnen, die Bauausführung zwei Jahre unterbrochen oder die Anlage während eines Zeitraumes von drei Jahren nicht betrieben hat. Die Fristen können auf Antrag von der Erlaubnisbehörde aus wichtigem Grund verlängert werden.

§ 15 Befugnisse der zuständigen Behörde (1) Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung der durch Rechtsverordnung nach § 14 auferlegten Pflichten anordnen. Sie kann darüber hinaus die Maßnahmen anordnen, die im Einzelfall erforderlich sind, um Gefahren für Beschäftigte oder Dritte abzuwenden. 175

Anhang Auszug aus Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (§ 16)

(2)

Die zuständige Behörde kann die Stilllegung oder Beseitigung einer Anlage anordnen, die ohne die auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 erforderliche Erlaubnis oder Prüfung durch eine zugelassene Überwachungsstelle errichtet, betrieben oder geändert wird.

§ (3)

Im Falle von Anordnungen nach Absatz 1 kann die zuständige Behörde den Betrieb der betreffenden Anlage bis zur Herstellung des den Anordnungen entsprechenden Zustandes untersagen. Das Gleiche gilt, wenn eine Anordnung nach anderen, die Einrichtung oder die Arbeitsstätte, in der die Anlage betrieben wird, betreffenden Vorschriften getroffen wird.

§ 16 Zutrittsrecht des Beauftragten der zugelassenen Überwachungsstelle Eigentümer von überwachungsbedürftigen Anlagen und Personen, die solche Anlagen herstellen oder betreiben, sind verpflichtet, auf Verlangen den Beauftragten zugelassener Überwachungsstellen, denen die Prüfung der Anlagen obliegt, die Anlagen zugänglich zu machen, die vorgeschriebene oder behördlich angeordnete Prüfung zu gestatten, die hierfür benötigten Arbeitskräfte und Hilfsmittel bereitzustellen und ihnen die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt.

176

ANHANG GEFAHRSTOFFVERORDNUNG (GefStoffV) – IN AUSZÜGEN –

Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen Erster Abschnitt. Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

§

§ 1 Anwendungsbereich (1) Diese Verordnung gilt für das Inverkehrbringen von Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen, zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen vor Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Gefahrstoffe und zum Schutz der Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen. (2)

Der Zweite Abschnitt gilt für das Inverkehrbringen von 1. gefährlichen Stoffen und Zubereitungen im Sinne des § 3a Abs. 1 des Chemikaliengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2090), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 13. Mai 2004 (BGBl. I S. 934) geändert worden ist, 2. bestimmten Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen, die nach Maßgabe der Richtlinien 76/769/ EWG, 96/59/EG oder 1999/45/EG mit zusätzlichen Kennzeichnungen zu versehen sind, 3. Biozid-Produkten im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 1 des Chemikaliengesetzes, die nicht gefährliche Stoffe oder Zubereitungen im Sinne des § 3a des Chemikaliengesetzes sind, 4. biologischen Arbeitsstoffen, die als Biozid-Produkte in den Verkehr gebracht werden. Für brandfördernde, hochentzündliche, leichtentzündliche oder entzündliche Stoffe und Zubereitungen, soweit sie nicht Biozid-Wirkstoffe oder Biozid-Produkte sind, gilt

177

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 1)

der Zweite Abschnitt lediglich insoweit, als das Inverkehrbringen gewerbsmäßig oder im Rahmen sonstiger wirtschaftlicher Unternehmungen erfolgt oder dabei Beschäftigte tätig werden. Der Zweite Abschnitt gilt nicht für Lebensmittel oder Futtermittel in Form von Fertigerzeugnissen, die für den Endverbraucher bestimmt sind.

§ 178

(3)

Der Dritte bis Sechste Abschnitt gelten zum Schutz der Beschäftigten gegen tatsächliche oder mögliche Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Wirkungen von Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen, mit denen Tätigkeiten durchgeführt werden oder die bei Tätigkeiten entstehen. Sie gelten auch, wenn als unmittelbare Folge von Tätigkeiten nach Satz 1 die Gesundheit und Sicherheit anderer Beschäftigter oder Personen gefährdet werden können.

(4)

Der Dritte Abschnitt gilt auch für die Beförderung gefährlicher chemischer Stoffe und Zubereitungen. Unberührt bleiben die Bestimmungen des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter und die darauf gestützten Rechtsverordnungen.

(5)

Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, gilt diese Verordnung nicht 1. für Stoffe, die biologische Arbeitsstoffe im Sinne des § 2 Abs. 1 der Biostoffverordnung vom 27. Januar 1999 (BGBl. I S. 50), die zuletzt durch Artikel 305 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304) geändert worden ist, sind, 2. in Haushalten. Sie gilt ferner nicht in Betrieben, die dem Bundesberg-

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 7)

gesetz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch Artikel 12g Abs. 14 des Gesetzes vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198), unterliegen, soweit dort oder in den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechende Rechtsvorschriften bestehen.

§

Dritter Abschnitt. Allgemeine Schutzmaßnahmen

§ 7 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung (1) Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), zuletzt geändert durch Artikel 11 Nr. 20 des Gesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durchführen oder ob Gefahrstoffe bei diesen Tätigkeiten entstehen oder freigesetzt werden. Ist dies der Fall, so hat er alle hiervon ausgehenden Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten unter folgenden Gesichtspunkten zu beurteilen:

1. gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Zubereitungen, 2. Informationen des Herstellers oder Inverkehrbringers zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt nach § 6, 3. Ausmaß, Art und Dauer der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege; dabei sind die Ergebnisse nach § 9 Abs. 4 und § 10 Abs. 2 zu berücksichtigen,

179

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 7)

4. physikalisch-chemische Wirkungen, 5. Möglichkeiten einer Substitution, 6. Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge, 7. Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte, 8. Wirksamkeit der getroffenen oder zu treffenden Schutzmaßnahmen, 9. Schlussfolgerungen aus durchgeführten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen. Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen wurde und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen wurden.

§ (2)

180

Der Arbeitgeber hat sich die für die Gefährdungsbeurteilung notwendigen Informationen beim Inverkehrbringer oder bei anderen ohne weiteres zugänglichen Quellen zu beschaffen. Soweit geeignet, gehört zu diesen Informationen auch die besondere Beurteilung hinsichtlich der Gefährdung für die Verwender, die auf der Grundlage von EG-Vorschriften für chemische Stoffe erstellt wird. Sofern die EG-Vorschriften, insbesondere die Richtlinie 67/548/EWG und die Richtlinie 1999/45/EG, keine Informationspflicht (zum Beispiel ein Sicherheitsdatenblatt) vorsehen, hat der Inverkehrbringer dem Arbeitgeber auf Anfrage alle Informationen über die Gefahrstoffe zur Verfügung zu stellen, die zur Anwendung von Satz 1 und 2 erforderlich sind. Stoffe und Zubereitungen, die nicht vom Inverkehrbringer gemäß § 5 Abs. 1 oder 2 eingestuft und gekennzeichnet worden sind, hat der Arbeitgeber gemäß der Richtlinie 67/548/EWG oder 1999/45/EG selbst einzustufen, zumindest aber die von den Stoffen oder Zubereitungen

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 7)

ausgehenden Gefährdungen für die Beschäftigten zu ermitteln. Dies gilt auch für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die nicht gekennzeichnet sind oder die keinem Gefährlichkeitsmerkmal nach § 3a des Chemikaliengesetzes zugeordnet werden können, die aber aufgrund ihrer physikalischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz verwendet werden oder vorhanden sind, eine Gefährdung für die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten darstellen können.

§

(3)

Der Arbeitgeber hat festzustellen, ob die verwendeten Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse bei Tätigkeiten, auch unter Berücksichtigung verwendeter Arbeitsmittel, Verfahren und der Arbeitsumgebung sowie ihrer möglichen Wechselwirkungen zu Brand- oder Explosionsgefahren führen können. Insbesondere ist zu ermitteln, ob die Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse aufgrund ihrer Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz verwendet werden oder dort vorhanden sind, explosionsfähige Gemische bilden können. Bei nicht atmosphärischen Bedingungen sind auch die möglichen Veränderungen der für den Explosionsschutz relevanten sicherheitstechnischen Kenngrößen zu ermitteln und zu berücksichtigen.

(4)

Bei der Gefährdungsbeurteilung sind auch Tätigkeiten innerhalb des Unternehmens oder Betriebs zu berücksichtigen, bei denen anzunehmen ist, dass auch nach Ausschöpfung sämtlicher technischer Maßnahmen die Möglichkeit einer Exposition besteht (zum Beispiel Wartungsarbeiten). Darüber hinaus sind auch andere Tätigkeiten wie zum Beispiel Bedien- und Überwachungs181

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 7)

tätigkeiten zu berücksichtigen, sofern diese zu einer Gefährdung von Beschäftigten durch Gefahrstoffe führen können.

§ 182

(5)

Die mit den Tätigkeiten verbundenen inhalativen, dermalen und physikalisch-chemischen Gefährdungen sind unabhängig voneinander zu beurteilen und in der Gefährdungsbeurteilung zusammen zu führen. Treten bei einer Tätigkeit mehrere Gefahrstoffe gleichzeitig auf, ist eine mögliche Wechsel- oder Kombinationswirkung der Gefahrstoffe mit Einfluss auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

(6)

Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung unabhängig von der Zahl der Beschäftigten nach Maßgabe des Satzes 2 und vor Aufnahme der Tätigkeit zu dokumentieren. In der Dokumentation ist anzugeben, welche Gefährdungen am Arbeitsplatz auftreten können und welche Maßnahmen gemäß dem Dritten und Vierten Abschnitt durchgeführt werden müssen. Im Falle von Tätigkeiten mit geringer Gefährdung nach Absatz 9 ist keine detaillierte Dokumentation erforderlich. In allen anderen Fällen ist nachvollziehbar zu begründen, wenn auf eine detaillierte Dokumentation verzichtet wird. Die Gefährdungsbeurteilung ist zu aktualisieren, wenn maßgebliche Veränderungen dies erforderlich machen oder wenn sich eine Aktualisierung aufgrund der Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Vorsorge als notwendig erweist.

(7)

Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 7)

er sich fachkundig beraten zu lassen. Fachkundige Personen sind insbesondere der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit. Der Arbeitgeber kann bei der Festlegung der Maßnahmen eine Gefährdungsbeurteilung übernehmen, die ihm der Hersteller oder Inverkehrbringer mitgeliefert hat, sofern er seine Tätigkeit entsprechend den dort gemachten Angaben und Festlegungen durchführt.

§

(8)

Der Arbeitgeber hat ein Verzeichnis der im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe zu führen, in dem auf die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter verwiesen wird. Dies gilt nicht für Gefahrstoffe, die bei Tätigkeiten nach Absatz 9 nur zu einer geringen Gefährdung der Beschäftigten führen. Das Verzeichnis muss allen betroffenen Beschäftigten und ihren Vertretern zugänglich sein.

(9)

Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung für bestimmte Tätigkeiten aufgrund 1. der Arbeitsbedingungen, 2. einer nur geringen verwendeten Stoffmenge und 3. einer nach Höhe und Dauer niedrigen Exposition insgesamt eine nur geringe Gefährdung der Beschäftigten und reichen die nach § 8 Abs. 1 bis 8 ergriffenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten aus, so müssen keine weiteren Maßnahmen nach den §§ 9 bis 17 getroffen werden (Schutzstufe 1). Satz 1 gilt nicht für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die 1. als giftig, sehr giftig oder krebserzeugend, erbgutverändernd oder fruchtbarkeitsgefährdend Kategorie 1 oder 2 eingestuft oder gekennzeichnet sind oder 2. in einer Bekanntmachung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit nach § 21 Abs. 4 als krebser-

183

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 8)

zeugend, erbgutverändernd oder fruchtbarkeitsgefährdend Kategorie 1 oder 2 bezeichnet werden. (10) Werden keine Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durchgeführt, die 1. als giftig, sehr giftig, oder krebserzeugend, erbgutverändernd oder fruchtbarkeitsgefährdend Kategorie 1 oder 2 eingestuft oder gekennzeichnet sind oder 2. in einer Bekanntmachung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit nach § 21 Abs. 4 als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fruchtbarkeitsgefährdend Kategorie 1 oder 2 bezeichnet werden, und reichen die aufgrund der Gefährdungsbeurteilung getroffenen Schutzmaßnahmen nach den §§ 8 und 9 aus, um die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten, müssen die Maßnahmen nach den §§ 10 und 11 nicht getroffen werden (Schutzstufe 2).

§

§ 8 Grundsätze für die Verhütung von Gefährdungen; Tätigkeiten mit geringer Gefährdung (Schutzstufe 1) (1) Im Rahmen seiner Verpflichtung, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten bei allen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen sicherzustellen, hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz und zusätzlich die in dieser Verordnung genannten Maßnahmen zu treffen. Dabei hat er vorrangig die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit nach § 21 Abs. 4 bekannt gemachten Regeln und Erkenntnisse des Ausschusses für Gefahrstoffe zu beachten. Bei Einhaltung der in Satz 2 genannten Regeln und Erkenntnisse ist in der Regel davon auszugehen, dass die in der Verordnung gestellten entsprechenden Anforderungen erfüllt sind. Von diesen Regeln und Erkenntnissen kann abgewichen wer-

184

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 8)

den, wenn durch andere Maßnahmen zumindest in vergleichbarer Weise der Schutz der Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gewährleistet wird. Dies ist in der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung zu begründen. (2)

§

Die Gefährdung der Gesundheit und der Sicherheit der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ist durch folgende Maßnahmen zu beseitigen oder auf ein Minimum zu reduzieren: 1. Gestaltung des Arbeitsplatzes und Arbeitsorganisation, 2. Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und entsprechende Wartungsverfahren zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit, 3. Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, 4. Begrenzung der Dauer und des Ausmaßes der Exposition, 5. angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere die regelmäßige Reinigung des Arbeitsplatzes, 6. Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die für die betreffende Tätigkeit erforderliche Menge, 7. geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren, welche die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz. Die Kontamination des Arbeitsplatzes und die Gefähr-

185

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 8)

dung der Beschäftigten ist so gering wie möglich zu halten. Der Arbeitgeber hat die Funktion und die Wirksamkeit der technischen Schutzmaßnahmen regelmäßig, mindestens jedoch jedes dritte Jahr, zu überprüfen; das Ergebnis der Prüfung ist aufzuzeichnen.

§ 186

(3)

Bei Tätigkeiten nach § 7 Abs. 2 Satz 5 hat der Arbeitgeber entsprechend der Gefährdungsbeurteilung geeignete Maßnahmen nach den §§ 8 bis 18 zu treffen.

(4)

Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass alle bei Tätigkeiten verwendeten Stoffe und Zubereitungen identifizierbar sind. Gefährliche Stoffe und Zubereitungen sind innerbetrieblich mit einer Kennzeichnung zu versehen, die wesentliche Informationen zu ihrer Einstufung, den mit ihrer Handhabung verbundenen Gefahren und den zu beachtenden Sicherheitsmaßnahmen enthält. Vorzugsweise ist die Kennzeichnung zu wählen, die den Vorgaben der Richtlinie 67/548/EWG oder 1999/45/EG entspricht. Der Arbeitgeber stellt ferner sicher, dass Apparaturen und Rohrleitungen, die Gefahrstoffe enthalten, so gekennzeichnet sind, dass mindestens die enthaltenen Gefahrstoffe sowie die davon ausgehenden Gefahren eindeutig identifizierbar sind. Kennzeichnungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(5)

Solange der Arbeitgeber den Verpflichtungen der Absätze 3 und 4 nicht nachgekommen ist, darf er Tätigkeiten mit den dort genannten Stoffen und Zubereitungen nicht durchführen lassen. Die Sätze 2 und 3 des Absatzes 4 gelten nicht für neue Stoffe in wissenschaftlichen Laboratorien, solange eine Exposition der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen vermieden wird.

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 9)

(6)

Gefahrstoffe sind so aufzubewahren oder zu lagern, dass sie die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht gefährden. Es sind dabei Vorkehrungen zu treffen, um Missbrauch oder Fehlgebrauch zu verhindern. Bei der Aufbewahrung zur Abgabe oder zur sofortigen Verwendung müssen die mit der Verwendung verbundenen Gefahren und eine vorhandene Kennzeichnung nach Absatz 4 erkennbar sein.

(7)

Gefahrstoffe dürfen nicht in solchen Behältern aufbewahrt oder gelagert werden, durch deren Form oder Bezeichnung der Inhalt mit Lebensmitteln verwechselt werden kann. Gefahrstoffe dürfen nur übersichtlich geordnet und nicht in unmittelbarer Nähe von Arzneimitteln, Lebensoder Futtermitteln einschließlich deren Zusatzstoffe aufbewahrt oder gelagert werden.

(8)

Gefahrstoffe, die nicht mehr benötigt werden, und Behältnisse, die geleert worden sind, die aber noch Reste von Gefahrstoffen enthalten können, sind sicher zu handhaben, vom Arbeitsplatz zu entfernen, zu lagern oder sachgerecht zu entsorgen.

§

§ 9 Grundmaßnahmen zum Schutz der Beschäftigten (Schutzstufe 2) (1) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die durch einen Gefahrstoff bedingte Gefährdung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit durch die in der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Maßnahmen beseitigt oder auf ein Mindestmaß verringert wird. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, hat der Arbeitgeber bevorzugt eine Substitution durchzuführen. Insbesondere

187

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 9)

hat er Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu vermeiden oder Gefahrstoffe durch Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse oder Verfahren zu ersetzen, die unter den jeweiligen Verwendungsbedingungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht oder weniger gefährlich sind. Der Verzicht auf eine mögliche Substitution ist in der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung zu begründen.

§ (2)

Lässt sich die Gefährdung entsprechend Absatz 1 nicht beseitigen, hat der Arbeitgeber diese durch Maßnahmen in der nachstehenden Rangordnung auf ein Mindestmaß zu verringern: 1. Gestaltung geeigneter Verfahren und technischer Steuerungseinrichtungen sowie Verwendung geeigneter Arbeitsmittel und Materialien nach dem Stand der Technik, 2. Durchführung kollektiver Schutzmaßnahmen an der Gefahrenquelle, wie zum Beispiel angemessene Beund Entlüftung und geeignete organisatorische Maßnahmen, 3. sofern eine Gefährdung nicht durch Maßnahmen nach Nummer 1 und 2 verhütet werden kann, Durchführung von individuellen Schutzmaßnahmen, die auch die Anwendung persönlicher Schutzausrüstung umfassen.

(3)

188

Beschäftigte müssen bereitgestellte persönliche Schutzausrüstungen benutzen, solange eine Gefährdung besteht. Der Arbeitgeber darf das Tragen von belastender persönlicher Schutzausrüstung nicht als ständige Maßnahme zulassen und dadurch technische oder or-

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 9)

ganisatorische Schutzmaßnahmen nicht ersetzen. Der Arbeitgeber stellt sicher, dass

§

1. die Schutzausrüstungen an einem dafür vorgesehenen Ort sachgerecht aufbewahrt werden, 2. die Schutzausrüstungen vor Gebrauch geprüft und nach Gebrauch gereinigt werden und 3. schadhafte Ausrüstungen vor erneutem Gebrauch ausgebessert oder ausgetauscht werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, getrennte Aufbewahrungsmöglichkeiten für die Arbeits- oder Schutzkleidung einerseits und die Straßenkleidung andererseits zur Verfügung zu stellen, sofern bei Tätigkeiten eine Gefährdung der Beschäftigten durch eine Verunreinigung der Arbeitskleidung zu erwarten ist. (4)

Der Arbeitgeber hat zu ermitteln, ob die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten sind. Dies kann durch Arbeitsplatzmessungen oder durch andere gleichwertige Beurteilungsverfahren erfolgen. Werden Tätigkeiten entsprechend eines vom Ausschuss für Gefahrstoffe ermittelten und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit veröffentlichten verfahrens- und stoffspezifischen Kriteriums durchgeführt, kann der Arbeitgeber von einer Einhaltung der Arbeitsplatzgrenzwerte ausgehen.

(5)

Bei der Überschreitung eines Arbeitsplatzgrenzwerts muss der Arbeitgeber unverzüglich die Gefährdungsbeurteilung erneut durchführen und entsprechende Schutzmaßnahmen nach Absatz 2 Nr. 1 und 2 treffen, um den Arbeitsplatzgrenzwert einzuhalten. Wird trotz der durchgeführten technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen der Arbeitsplatzgrenzwert nicht eingehalten 189

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 9)

oder besteht bei hautresorptiven, reizenden, ätzenden oder hautsensibilisierenden Gefahrstoffen oder Gefahrstoffen, welche die Gesundheit der Beschäftigten irreversibel schädigen können, eine Gefährdung durch Hautkontakt, hat der Arbeitgeber unverzüglich zusätzliche Schutzmaßnahmen durchzuführen, insbesondere persönliche Schutzausrüstung bereitzustellen.

§ 190

(6)

Wer Messungen durchführt, muss über die notwendige Fachkunde und über die erforderlichen Einrichtungen verfügen. Der Arbeitgeber, der eine akkreditierte Messstelle beauftragt, kann davon ausgehen, dass die von dieser Messstelle festgestellten Erkenntnisse zutreffend sind.

(7)

Der Arbeitgeber hat bei allen Ermittlungen und Messungen die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit nach § 21 Abs. 4 bekannt gemachten Verfahren, Messregeln und Grenzwerte zu beachten, bei denen die entsprechenden Bestimmungen 1. der Richtlinie 98/24/EG und insbesondere der Richtlinien nach Artikel 3 Abs. 2 dieser Richtlinie zu Arbeitsplatzgrenzwerten und 2. der Richtlinie 2004/37/EG sowie 3. der Richtlinie 83/477/EWG in ihrer jeweils geltenden Fassung berücksichtigt worden sind.

(8)

Sofern Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durchgeführt werden, für die kein Arbeitsplatzgrenzwert vorliegt, kann der Arbeitgeber die Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen durch geeignete Beurteilungsmethoden nachweisen. Liegen geeignete Beurteilungsmethoden nicht vor, ist eine Messung erforderlich.

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 9)

(9)

Die Beschäftigten dürfen in Arbeitsbereichen, in denen die Gefahr einer Kontamination durch Gefahrstoffe besteht, keine Nahrungs- oder Genussmittel zu sich nehmen. Der Arbeitgeber hat hierfür vor Aufnahme der Tätigkeiten geeignete Bereiche einzurichten.

§

(10) Wenn Tätigkeiten mit Gefahrstoffen von einem Beschäftigten alleine ausgeführt werden, hat der Arbeitgeber in Abhängigkeit von dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung zusätzliche Schutzmaßnahmen zu treffen oder eine angemessene Aufsicht zu gewährleisten. Dies kann auch durch Einsatz technischer Mittel sichergestellt werden.

(11) Bei Tätigkeiten mit Biozid-Produkten ist ordnungsgemäß und nach guter fachlicher Praxis zu verfahren. Biozid-Produkte dürfen nicht verwendet werden, soweit damit zu rechnen ist, dass ihre Anwendung im Einzelfall schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, Nicht-Zielorganismen oder auf die Umwelt hat. Zur ordnungsgemäßen Anwendung gehört es insbesondere, dass 1. die Verwendung gemäß den in der Zulassung eines Biozid-Produkts festgelegten Bedingungen und gemäß seiner Kennzeichnung erfolgt und 2. der Einsatz von Biozid-Produkten durch eine sachgerechte Berücksichtigung physikalischer, biologischer, chemischer und sonstiger Alternativen auf das Mindestmaß begrenzt wird. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch in Haushalten.

191

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 10)

(12) Wer als Arbeitgeber die in Anhang III bezeichneten Gefahrstoffe herstellt oder verwendet oder den dort genannten Tätigkeiten nachgeht, hat die §§ 7 bis 19 und die Vorschriften des Anhangs III zu beachten.

§

Vierter Abschnitt. Ergänzende Schutzmaßnahmen § 10 Ergänzende Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit hoher Gefährdung (Schutzstufe 3) (1) Ist die Substitution eines Gefahrstoffs durch Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse oder Verfahren, die bei ihrer Verwendung oder Anwendung nicht oder weniger gefährlich für die Gesundheit und Sicherheit sind, technisch nicht möglich, so hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Herstellung und die Verwendung des Gefahrstoffs in einem geschlossenen System stattfindet. Durch Verwendung dicht verschließbarer Behälter hat der Arbeitgeber insbesondere eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung auch bei der Abfallbeseitigung zu gewährleisten. Ist die Anwendung eines geschlossenen Systems technisch nicht möglich, so hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Gefährdung der Beschäftigten, insbesondere die Exposition, nach dem Stand der Technik so weit wie möglich verringert wird. (2)

192

Der Arbeitgeber stellt sicher, dass die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten werden. Er hat die erforderlichen Messungen durchzuführen, um die Einhaltung der Arbeitsplatzgrenzwerte zu überprüfen. Messungen sind auch durchzuführen, wenn sich die Bedingungen ändern, welche die Exposition der Beschäftigten beeinflussen können. Die Ergebnisse sind aufzuzeichnen, aufzubewahren

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 10)

und den Beschäftigten und ihren Vertretern zugänglich zu machen. Satz 2 gilt nicht, wenn der Arbeitgeber mittels anderer gleichwertiger Nachweismethoden eindeutig belegt, dass der Arbeitsplatzgrenzwert eingehalten ist oder Tätigkeiten entsprechend eines vom Ausschuss für Gefahrstoffe ermittelten und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit veröffentlichten verfahrens- und stoffspezifischen Kriteriums durchgeführt werden. Ist die Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwerts nicht möglich, insbesondere bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten, hat der Arbeitgeber die Exposition der Beschäftigten nach dem Stand der Technik so weit wie möglich zu verringern und unverzüglich zusätzliche Schutzmaßnahmen durchzuführen, insbesondere persönliche Schutzausrüstung bereitzustellen. § 9 Abs. 3 gilt entsprechend. In der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung nach § 7 Abs. 6 ist festzulegen, welche weiteren Maßnahmen zur Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwerts durchgeführt werden. (3)

§

Der Arbeitgeber hat geeignete Maßnahmen durchzuführen, um zu gewährleisten, dass Arbeitsbereiche nur den Beschäftigten zugänglich sind, die sie zur Ausübung ihrer Arbeit oder zur Durchführung bestimmter Aufgaben betreten müssen. Mit T+ und T gekennzeichnete Stoffe und Zubereitungen sind unter Verschluss oder so aufzubewahren oder zu lagern, dass nur fachkundige Personen Zugang haben. Satz 2 gilt nicht für Ottokraftstoffe an Tankstellen.

193

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 11)

§ 11 Ergänzende Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen (Schutzstufe 4) (1) Die nachfolgenden Absätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn

§ (2)

(3)

194

1. ein Arbeitsplatzgrenzwert vom Ausschuss für Gefahrstoffe festgelegt und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bekannt gegeben wurde und dieser eingehalten wird oder 2. Tätigkeiten entsprechend eines vom Ausschuss für Gefahrstoffe ermittelten und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit veröffentlichten verfahrensund stoffspezifischen Kriteriums durchgeführt werden. Die Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwerts ist in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren. § 10 Abs. 2 Satz 5 findet keine Anwendung. In den Fällen, in denen Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen der Kategorie 1 oder 2 durchgeführt werden, hat der Arbeitgeber die folgenden Maßnahmen durchzuführen: 1. Messungen dieser Stoffe, insbesondere zur frühzeitigen Ermittlung erhöhter Expositionen infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses oder eines Unfalles, 2. Abgrenzung der Gefahrenbereiche und Anbringung von Warn- und Sicherheitszeichen, einschließlich des Zeichens „Rauchen verboten“, in Bereichen, in denen Beschäftigte diesen Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können.

Bei bestimmten Tätigkeiten, insbesondere bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten, bei denen die

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 11)

Möglichkeit einer beträchtlichen Erhöhung der Exposition der Beschäftigten durch krebserzeugende, erbgutverändernde oder fruchtbarkeitsgefährdende Gefahrstoffe der Kategorie 1 oder 2 vorherzusehen ist und bei denen jede Möglichkeit weiterer technischer Schutzmaßnahmen zur Begrenzung dieser Exposition bereits ausgeschöpft wurde, führt der Arbeitgeber nach Konsultierung der Beschäftigten oder ihrer Vertreter in dem Unternehmen oder Betrieb die erforderlichen Maßnahmen durch, um die Dauer der Exposition der Beschäftigten so weit wie möglich zu verkürzen und den Schutz der Beschäftigten während dieser Tätigkeiten zu gewährleisten. In den Fällen des Satzes 1 hat der Arbeitgeber den betreffenden Beschäftigten Schutzkleidung und Atemschutzgeräte zur Verfügung zu stellen, die sie während der gesamten Dauer der erhöhten Exposition tragen müssen. Dies darf nur von begrenzter Dauer sein und ist für jeden Beschäftigten auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß zu beschränken. (4)

§

In Arbeitsbereiche, in denen Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fruchtbarkeitsgefährdenden Stoffen der Kategorie 1 oder 2 durchgeführt werden, darf dort abgesaugte Luft nicht zurückgeführt werden. Abweichend von Satz 1 darf die in einem Arbeitsbereich abgesaugte Luft dorthin zurückgeführt werden, wenn sie unter Anwendung behördlicher oder berufsgenossenschaftlich anerkannter Verfahren oder Geräte ausreichend von solchen Stoffen gereinigt ist. Die Luft muss dann so geführt oder gereinigt werden, dass krebserzeugende, erbgutverändernde oder fruchtbarkeitsgefährdende Stoffe nicht in die Atemluft anderer Beschäftigter gelangen.

195

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§§ 12, 13)

§ 12 Ergänzende Schutzmaßnahmen gegen physikalischchemische Einwirkungen, insbesondere gegen Brand- und Explosionsgefahren Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung führt der Arbeitgeber technische und organisatorische Maßnahmen durch, um die Beschäftigten gegen Gefährdungen durch physikalisch-chemische Eigenschaften von Gefahrstoffen zu schützen. Insbesondere sind chemisch instabile, brennbare und andere aufgrund ihrer gefährlichen Eigenschaften unvereinbare Gefahrstoffe so zu handhaben und zu lagern, dass hierdurch keine Gefährdungen für die Beschäftigten entstehen. Zur Vermeidung von Brand- und Explosionsgefahren führt er insbesondere Maßnahmen in der nachstehenden Rangordnung durch:

§

1. gefährliche Mengen oder Konzentrationen von Gefahrstoffen, die zu Brand- oder Explosionsgefahren führen können, sind zu vermeiden, 2. Zündquellen, die zu Bränden oder Explosionen führen können, sind zu vermeiden, 3. schädliche Auswirkungen durch Brände oder Explosionen auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten sind zu verringern. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1, 2 und 3 ist insbesondere Anhang III Nr. 1 zu beachten. Die Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung bleiben unberührt.

§ 13 Betriebsstörungen, Unfälle und Notfälle (1) Um den Schutz der Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten bei einer Betriebsstörung, einem Unfall oder einem Notfall zu gewährleisten, legt der Arbeitgeber rechtzeitig Notfallmaßnahmen fest, die beim Eintreten 196

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 13)

eines derartigen Ereignisses angewendet werden müssen. Dies schließt die Durchführung von einschlägigen Sicherheitsübungen in regelmäßigen Abständen und die Bereitstellung angemessener Erste-Hilfe-Einrichtungen ein.

§

(2)

Tritt eines der in Absatz 1 Satz 1 genannten Ereignisse ein, so führt der Arbeitgeber unverzüglich Maßnahmen zur Minderung der Auswirkungen des Ereignisses und zur Unterrichtung der betroffenen Beschäftigten durch. Der Arbeitgeber führt unverzüglich Maßnahmen zur Wiederherstellung der normalen Betriebssituation durch. Es dürfen nur diejenigen Beschäftigten in dem betroffenen Bereich tätig werden, deren Anwesenheit für Instandsetzungsarbeiten und sonstige notwendige Tätigkeiten unbedingt erforderlich ist.

(3)

Die Beschäftigten, die in dem betroffenen Bereich arbeiten, sind vom Arbeitgeber rechtzeitig mit geeigneter Schutzkleidung, persönlicher Schutzausrüstung, speziellen Sicherheitseinrichtungen und besonderen Arbeitsmitteln auszustatten, die sie so lange benutzen müssen, wie die Situation fortbesteht. Die Anwendung belastender persönlicher Schutzausrüstung muss für den einzelnen Beschäftigten zeitlich begrenzt sein. Ungeschützte Personen dürfen nicht in dem betroffenen Bereich verbleiben.

(4)

Der Arbeitgeber hat Warn- und sonstige Kommunikationssysteme zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um eine erhöhte Gefährdung der Gesundheit und Sicherheit anzuzeigen, so dass eine angemessene Reaktion möglich ist und Abhilfemaßnahmen sowie Hilfs-, Evakuierungs- und Rettungsmaßnahmen im Bedarfsfall unverzüglich eingeleitet werden können. 197

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 14)

(5)

Der Arbeitgeber stellt sicher, dass Informationen über die Notfallmaßnahmen in Bezug auf Gefahrstoffe zur Verfügung stehen. Die zuständigen innerbetrieblichen und betriebsfremden Unfall- und Notfalldienste erhalten Zugang zu diesen Informationen. Dazu zählen:

§

1. Vorabmitteilung von einschlägigen Gefahren bei der Arbeit, von Maßnahmen zur Feststellung von Gefahren, von Vorsichtsmaßregeln und Verfahren, damit die Notfalldienste ihre eigenen Abhilfe- und Sicherheitsmaßnahmen vorbereiten können, 2. alle verfügbaren Informationen über spezifische Gefahren, die bei einem Unfall oder Notfall auftreten oder auftreten können, einschließlich Informationen über die nach den vorstehenden Absätzen genannten Verfahren.

§ 14 Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten (1) Der Arbeitgeber stellt sicher, dass den Beschäftigten eine schriftliche Betriebsanweisung gemäß Satz 2, die der Gefährdungsbeurteilung Rechnung trägt, in für die Beschäftigten verständlicher Form und Sprache zugänglich gemacht wird. Die Betriebsanweisung muss mindestens Folgendes enthalten: 1. Informationen über die am Arbeitsplatz auftretenden Gefahrstoffe, wie zum Beispiel Bezeichnung der Gefahrstoffe, ihre Kennzeichnung sowie Gefährdungen der Gesundheit und der Sicherheit, 2. Informationen über angemessene Vorsichtsmaßregeln und Maßnahmen, die der Beschäftigte zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz der anderen Beschäftigten am Arbeitsplatz durchzuführen hat. Dazu gehören insbesondere

198

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 14)

a) Hygienevorschriften, b) Informationen über Maßnahmen, die zur Verhütung einer Exposition zu ergreifen sind, c) Informationen zum Tragen und Benutzen von Schutzausrüstungen und Schutzkleidung, 3. Informationen über Maßnahmen, die von den Beschäftigten, insbesondere von Rettungsmannschaften, bei Betriebsstörungen, Unfällen und Notfällen und zur Verhütung von diesen durchzuführen sind. Die Betriebsanweisung muss bei jeder maßgeblichen Veränderung der Arbeitsbedingungen aktualisiert werden. Der Arbeitgeber stellt ferner sicher, dass die Beschäftigten 1. Zugang zu allen Sicherheitsdatenblättern über die Stoffe und Zubereitungen haben, mit denen Beschäftigte Tätigkeiten durchführen, und 2. in den Methoden und Verfahren unterrichtet werden, die im Hinblick auf die Sicherheit bei der Verwendung von Gefahrstoffen angewendet werden müssen.

§

(2)

Der Arbeitgeber stellt sicher, dass die Beschäftigten anhand der Betriebsanweisung über auftretende Gefährdungen und entsprechende Schutzmaßnahmen mündlich unterwiesen werden. Die Unterweisung muss vor Aufnahme der Beschäftigung und danach mindestens jährlich arbeitsplatzbezogen durchgeführt werden. Sie muss in für die Beschäftigten verständlicher Form und Sprache erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung sind schriftlich festzuhalten und vom Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.

(3)

Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass für alle Beschäftigten, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durch199

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 14)

führen, eine allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung durchgeführt wird. Diese Beratung soll im Rahmen der Unterweisung nach Absatz 2 erfolgen. Dabei sind die Beschäftigten über Angebotsuntersuchungen nach § 16 Abs. 3 zu unterrichten sowie auf besondere Gesundheitsgefahren bei Tätigkeiten mit bestimmten Gefahrstoffen hinzuweisen. Die Beratung ist unter Beteiligung des Arztes nach § 15 Abs. 3 Satz 2 durchzuführen, falls dies aus arbeitsmedizinischen Gründen erforderlich sein sollte.

§ (4)

Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen der Kategorie 1 oder 2 zu gewährleisten, dass 1. die Beschäftigten und ihre Vertreter nachprüfen können, ob die Bestimmungen dieser Verordnung Anwendung finden, und zwar insbesondere in Bezug auf a) die mit der Auswahl, dem Tragen und der Verwendung von Schutzkleidung und Schutzausrüstungen verbundenen Folgen für die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten, b) auf durchzuführende Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1, 2. die Beschäftigten und ihre Vertreter bei einer erhöhten Exposition einschließlich der in § 11 Abs. 3 genannten Fälle unverzüglich unterrichtet und über die Ursachen sowie über die bereits durchgeführten oder noch durchzuführenden Gegenmaßnahmen informiert werden,

200

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 15)

3. ein aktualisiertes Verzeichnis der Beschäftigten geführt wird, die Tätigkeiten durchführen, bei denen die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung eine Gefährdung der Gesundheit oder der Sicherheit der Beschäftigten erkennen lassen, gegebenenfalls – soweit die betreffende Information verfügbar ist – unter Angabe der Exposition, der sie möglicherweise ausgesetzt waren, 4. der Arzt nach § 15 Abs. 3 Satz 2 und die zuständige Behörde sowie jede andere für die Gesundheit oder die Sicherheit am Arbeitsplatz verantwortliche Person Zugang zu dem unter Nummer 3 genannten Verzeichnis haben, 5. jeder Beschäftigte Zugang zu den ihn persönlich betreffenden Angaben in dem Verzeichnis hat, 6. die Beschäftigten und ihre Vertreter in den Unternehmen oder Betrieben Zugang zu den nicht personenbezogenen Informationen allgemeiner Art haben.

§

§ 15 Arbeitsmedizinische Vorsorge (1) Im Rahmen der nach § 3 des Arbeitsschutzgesetzes zu treffenden Maßnahmen hat der Arbeitgeber für eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge zu sorgen. Sie umfasst die zur Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren erforderlichen arbeitsmedizinischen Maßnahmen. Bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen gehören dazu insbesondere

1. die arbeitsmedizinische Beurteilung gefahrstoff- und tätigkeitsbedingter Gesundheitsgefährdungen einschließlich der Empfehlung geeigneter Schutzmaßnahmen, 201

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 15)

2. die Aufklärung und Beratung der Beschäftigten über die mit der Tätigkeit verbundenen Gesundheitsgefährdungen einschließlich solcher, die sich aus vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ergeben können, 3. spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Gesundheitsstörungen und Berufskrankheiten, 4. arbeitsmedizinisch begründete Empfehlungen zur Überprüfung von Arbeitsplätzen und zur Wiederholung der Gefährdungsbeurteilung, 5. die Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen auf der Grundlage gewonnener Erkenntnisse.

§ (2)

202

Die speziellen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen werden vom Arbeitgeber veranlasst oder angeboten und erfolgen als 1. Erstuntersuchungen vor Aufnahme einer gefährdenden Tätigkeit, 2. Nachuntersuchungen in regelmäßigen Abständen während dieser Tätigkeit, 3. Nachuntersuchungen bei Beendigung dieser Tätigkeit, 4. Nachuntersuchungen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen der Kategorien 1 und 2 auch nach Beendigung der Beschäftigung, 5. Untersuchungen aus besonderem Anlass nach § 16 Abs. 4. Die Vorsorgeuntersuchungen umfassen in der Regel 1. die Begehung oder die Kenntnis des Arbeitsplatzes durch den Arzt,

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 15)

2. die arbeitsmedizinische Befragung und Untersuchung des Beschäftigten, 3. die Beurteilung des Gesundheitszustands der Beschäftigten unter Berücksichtigung der Arbeitsplatzverhältnisse, 4. die individuelle arbeitsmedizinische Beratung und 5. die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse. Biomonitoring ist, soweit anerkannte Verfahren dafür zur Verfügung stehen und Werte zur Beurteilung, insbesondere biologische Grenzwerte, vorhanden sind, Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen.

§

(3)

Der Arbeitgeber hat die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen durch Beauftragung eines Arztes sicherzustellen. Er darf nur Ärzte beauftragen, die Fachärzte für Arbeitsmedizin sind oder die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ führen. Der beauftragte Arzt hat für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, die besondere Fachkenntnisse oder eine spezielle Ausrüstung erfordern, Ärzte hinzuzuziehen, die diese Anforderungen erfüllen. Ist ein Betriebsarzt nach § 2 des Arbeitssicherheitsgesetzes bestellt, so soll der Arbeitgeber vorrangig diesen auch mit den speziellen Vorsorgeuntersuchungen beauftragen. Dem Arzt sind alle erforderlichen Auskünfte über die Arbeitsplatzverhältnisse, insbesondere über die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung, zu erteilen und die Begehung der Arbeitsplätze zu ermöglichen. Ihm ist auf Verlangen Einsicht in das Verzeichnis nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 und in die Vorsorgekartei nach Absatz 5 zu gewähren.

(4)

Bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen ist 1. der Untersuchungsbefund schriftlich festzuhalten, 203

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 15)

2. der Beschäftigte über den Untersuchungsbefund zu unterrichten, 3. dem Beschäftigten eine Bescheinigung darüber auszustellen, ob und inwieweit gegen die Ausübung der Tätigkeit gesundheitliche Bedenken bestehen und 4. dem Arbeitgeber nur im Falle einer Untersuchung nach § 16 Abs. 1 eine Kopie der Bescheinigung des Untersuchungsergebnisses nach Nummer 3 auszuhändigen. Erkenntnisse, die im Zusammenhang mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach dieser Verordnung gewonnen wurden, müssen bei der Erfüllung der Aufgaben nach § 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes berücksichtigt werden.

§ 204

(5)

Für Beschäftigte, die nach § 16 Abs. 1 ärztlich untersucht worden sind, ist vom Arbeitgeber eine Vorsorgekartei zu führen. Die Vorsorgekartei muss insbesondere die in § 14 Abs. 4 Nr. 3 genannten Angaben zur Exposition sowie das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung enthalten. Die Vorsorgekartei kann das Verzeichnis nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 ersetzen. Die Kartei ist in angemessener Weise so zu führen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt ausgewertet werden kann. Die betroffenen Beschäftigten oder von ihnen bevollmächtigte Personen sind berechtigt, die sie betreffenden Angaben einzusehen.

(6)

Der Arbeitgeber hat die Vorsorgekartei für jeden Beschäftigten bis zur Beendigung des Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufzubewahren. Danach ist dem Beschäftigten der ihn betreffende Auszug aus der Kartei auszuhändigen. Der Arbeitgeber hat eine Kopie des dem Beschäftigten ausgehändigten Auszugs wie Per-

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 16)

sonalunterlagen aufzubewahren. Dies gilt auch für das Verzeichnis nach § 14 Abs. 4 Nr. 3.

§

§ 16 Veranlassung und Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen (1) Der Arbeitgeber hat die in § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 genannten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig zu veranlassen, wenn 1. bei Tätigkeiten mit den in Anhang V Nr. 1 genannten Gefahrstoffen der Arbeitsplatzgrenzwert nicht eingehalten wird, 2. bei Tätigkeiten mit den in Anhang V Nr. 1 genannten Gefahrstoffen, soweit sie hautresorptiv sind, eine Gesundheitsgefährdung durch direkten Hautkontakt besteht oder 3. Tätigkeiten entsprechend Anhang V Nr. 2.1 durchgeführt werden. (2)

Die durchgeführte arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung nach Absatz 1 ist Voraussetzung für die Beschäftigung oder Weiterbeschäftigung mit den entsprechenden Tätigkeiten.

(3)

Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten die in § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen

1. bei allen Tätigkeiten mit den in Anhang V Nr. 1 genannten Gefahrstoffen, wenn eine Exposition besteht, oder 2. bei den in Anhang V Nr. 2.2 aufgeführten Tätigkeiten 205

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 17)

anzubieten. Die in § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 genannten Nachuntersuchungen sind bei Tätigkeiten mit Exposition gegenüber krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen und Zubereitungen der Kategorie 1 oder 2 anzubieten.

§ (4)

Haben sich Beschäftigte eine Erkrankung zugezogen, die auf Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zurückzuführen sein kann, sind ihnen unverzüglich arbeitsmedizinische Untersuchungen nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 anzubieten. Dies gilt auch für Beschäftigte mit vergleichbaren Tätigkeiten, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie ebenfalls gefährdet sein können.

(5)

Ist dem Arbeitgeber bekannt, dass bei einem Beschäftigten aufgrund der Arbeitsplatzbedingungen gesundheitliche Bedenken gegen die weitere Ausübung der Tätigkeit bestehen, hat er unverzüglich zusätzliche Schutzmaßnahmen zu treffen. Hierzu zählt auch die Möglichkeit, dem Beschäftigten eine andere Tätigkeit zuzuweisen, bei der keine Gefährdung durch eine weitere Exposition besteht. Er hat dies dem Betriebs- oder Personalrat und der zuständigen Behörde mitzuteilen und die Gefährdungsbeurteilung zu wiederholen. Halten im Falle des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 die untersuchte Person oder der Arbeitgeber das Untersuchungsergebnis für unzutreffend, entscheidet auf Antrag die zuständige Behörde.

§ 17 Zusammenarbeit verschiedener Firmen (1) Werden für die Durchführung von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in einem Betrieb Fremdfirmen beauftragt, ist der Arbeitgeber als Auftraggeber dafür verantwortlich, 206

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 17)

dass für die erforderlichen Tätigkeiten nur Firmen herangezogen werden, die über die für die Tätigkeiten erforderliche besondere Fachkenntnis und Erfahrung verfügen. Der Arbeitgeber als Auftraggeber hat dafür zu sorgen, dass die Fremdfirma über die Gefahrenquellen und die spezifischen Verhaltensregeln informiert wird.

§

(2)

Jeder Arbeitgeber hat seinen Verantwortungsbereich so zu organisieren, dass Maßnahmen getroffen werden, um betrieblichen Gefahren wirksam zu begegnen. Wenn im Rahmen des Fremdfirmeneinsatzes für Beschäftigte die Möglichkeit einer gegenseitigen Gefährdung besteht, ist vom Arbeitgeber, in dessen Betrieb die Tätigkeiten durchgeführt werden, vor der Aufnahme der Tätigkeiten ein Koordinator zu bestellen. Alle beteiligten Firmen stellen dem Koordinator die sicherheitsrelevanten Informationen, die Gefährdungsbeurteilung zu den erforderlichen Tätigkeiten und Informationen zu den durchgeführten Schutzmaßnahmen zur Verfügung. Der Arbeitgeber, in dessen Betrieb die Tätigkeiten durchgeführt werden, hat dafür zu sorgen, dass die Fremdfirmen in das im Betrieb bestehende System zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Beschäftigten einbezogen werden, um Unfällen, arbeitsbedingten Erkrankungen oder Betriebsstörungen vorzubeugen. Jeder Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die sicherheitsrelevanten Verhaltensvorschriften durch seine Beschäftigten beachtet werden. Im Falle festgestellter Verstöße hat er geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

(3)

Alle Arbeitgeber, Auftraggeber und Auftragnehmer haben bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zusammenzuwirken und sich abzustimmen. Dies betrifft 207

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 18)

insbesondere die Auswahl der Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, die Auswahl der Verfahren, die Koordinierung der verschiedenen Tätigkeiten und die Festlegung und Durchführung der erforderlichen Schutzmaßnahmen. Ergänzend sind mögliche Wechselwirkungen mit benachbarten Betrieben zu berücksichtigen, sofern diese Wechselwirkungen zu einer zusätzlichen Gefährdung führen können. Die Ergebnisse der gemeinsamen Gefährdungsbeurteilung sind von allen Beteiligten zu dokumentieren.

§ (4)

Vor dem Beginn von Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungstätigkeiten muss der Arbeitgeber bei der Informationsermittlung für die Gefährdungsbeurteilung Angaben, insbesondere vom Auftraggeber oder Bauherrn, darüber einholen, ob Gefahrstoffe nach Anhang IV vorhanden sind.

Fünfter Abschnitt. Verbote und Beschränkungen § 18 Herstellungs- und Verwendungsverbote (1) Nach Maßgabe des Anhangs IV bestehen Herstellungsund Verwendungsverbote für bestimmte Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, die insbesondere 1. krebserzeugende oder erbgutverändernde Eigenschaften haben, 2. sehr giftig oder giftig sind oder 3. die Umwelt schädigen können. Soweit in Anhang IV nicht etwas anderes bestimmt ist, gelten die Herstellungs- und Verwendungsverbote nach Satz 1 nicht für

208

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 19)

1. Forschungs-, Analyse- und wissenschaftliche Lehrzwecke in den dafür erforderlichen Mengen, 2. Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten und 3. die gemeinwohlverträgliche Abfallbeseitigung. Soweit in Anhang IV nicht etwas anderes bestimmt ist, beinhalten die Verwendungsverbote nach Satz 1 kein Gebot des Entfernens von Stoffen, Zubereitungen oder Erzeugnissen, die bereits vor Inkrafttreten der jeweiligen Verbote rechtmäßig verwendet wurden. Satz 1, 2 und 3 gelten auch in Haushalten. (2)

§

Der Arbeitgeber darf in Heimarbeit Beschäftigte nur Tätigkeiten mit geringer Gefährdung im Sinne des § 7 Abs. 9 durchführen lassen.

Sechster Abschnitt. Vollzugsregelungen und Schlussvorschriften

§ 19 Unterrichtung der Behörde (1) Der Arbeitgeber hat der zuständigen Behörde unverzüglich eine Mitteilung zu erstatten 1. über jeden Unfall und jede Betriebsstörung, die bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu einer ernsten Gesundheitsschädigung der Beschäftigten geführt haben, oder 2. über Krankheits- und Todesfälle, bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine Verursachung durch die Tätigkeit mit Gefahrstoffen bestehen, mit der genauen Angabe der Tätigkeit und der Gefährdungsbeurteilung. Lassen sich die für die Mitteilung nach Satz 1 erforderlichen Angaben gleichwertig aus Mitteilungen nach anderen Rechtsvorschriften entnehmen, kann die Mittei-

209

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 19)

lungspflicht auch durch Übermittlung einer Durchschrift dieser Mitteilungen an die zuständige Behörde erfüllt werden. Der Arbeitgeber hat den betroffenen Beschäftigten oder, wenn ein Betriebs- oder Personalrat vorhanden ist, diesem Abdrucke der Mitteilungen nach Satz 1 oder 2 zur Kenntnis zu geben.

§ (2)

210

Unbeschadet des § 22 des Arbeitsschutzgesetzes ist der zuständigen Behörde auf ihr Verlangen Folgendes mitzuteilen: 1. das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und die der Beurteilung zugrunde liegenden Informationen einschließlich der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung, 2. die Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte tatsächlich oder möglicherweise gegenüber Gefahrstoffen exponiert worden sind, und die Anzahl dieser Beschäftigten, 3. die nach § 13 des Arbeitsschutzgesetzes verantwortlichen Personen, 4. die durchgeführten Schutz- und Vorsorgemaßnahmen einschließlich der Betriebsanweisungen. Der Arbeitgeber hat der zuständigen Behörde bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen der Kategorie 1 oder 2 zusätzlich auf ihr Verlangen Folgendes mitzuteilen: 1. das Ergebnis einer Substitutionsprüfung, 2. sachdienliche Informationen über a) durchgeführte Tätigkeiten und angewandte industrielle Verfahren und die Gründe für die Verwendung dieser Gefahrstoffe,

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 20)

Menge der hergestellten oder verwendeten Gefahrstoffe, c) Art der zu verwendenden Schutzausrüstung, d) Art und Grad der Exposition, e) Fälle von Substitution.

§

(3)

Der Arbeitgeber hat der zuständigen Behörde auf Verlangen eine Kopie der Vorsorgekartei nach § 15 Abs. 5 zu übermitteln.

(4)

Auf Verlangen der zuständigen Behörde ist die in § 6 Abs. 1 geforderte Fachkunde nachzuweisen.

§ 20 Behördliche Ausnahmen, Anordnungen und Befugnisse (1) Die zuständige Behörde kann auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers Ausnahmen von den Vorschriften der §§ 7 bis 19 einschließlich der Anhänge III bis V erteilen, wenn die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist. Verbote oder Beschränkungen nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Der Arbeitgeber hat der zuständigen Behörde im Ausnahmeantrag darzulegen 1. den Grund für die Beantragung der Ausnahmeregelung, 2. die jährlich zu verwendende Menge des Gefahrstoffs, 3. die betroffenen Tätigkeiten, Reaktionen und Verfahren, 4. die Zahl der voraussichtlich betroffenen Beschäftigen,

211

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 20)

5. die geplanten Sicherheitsmaßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der betroffenen Beschäftigen, 6. die getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Verringerung oder Vermeidung einer Exposition der Beschäftigten.

§ 212

(2)

Die Ausnahme nach Absatz 1 kann auch im Zusammenhang mit Verwaltungsverfahren nach anderen Rechtsvorschriften beantragt werden.

(3)

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall zulassen, dass die Vorschriften des § 5 Abs. 4 und Anhang II Nr. 1 auf das Inverkehrbringen von Stoffen oder Zubereitungen ganz oder teilweise nicht angewendet werden, wenn es sich um brandfördernde, leichtentzündliche, entzündliche, gesundheitsschädliche, umweltgefährliche oder reizende Stoffe oder Zubereitungen in so geringer Menge handelt, dass eine Gefährdung nicht zu befürchten ist. Satz 1 gilt nicht für Biozid-Produkte.

(4)

Die zuständige Behörde kann über die nach § 23 des Chemikaliengesetzes möglichen Anordnungen hinaus die Maßnahmen anordnen, die der Hersteller, Inverkehrbringer oder Arbeitgeber im Einzelfall zur Erfüllung der sich aus dem Zweiten bis Fünften Abschnitt dieser Verordnung ergebenden Pflichten zu treffen hat. Dabei kann sie insbesondere anordnen, dass der Arbeitgeber 1. unabhängig von einer bestehenden Rechtsverordnung nach § 19 des Chemikaliengesetzes die zur Abwendung besonderer Gefahren notwendigen Maßnahmen treffen muss,

Anhang Auszug aus Gefahrstoffverordnung (§ 20)

2. festzustellen hat, ob und in welchem Umfang ein vermuteter Gefahrenzustand tatsächlich besteht und welche Maßnahmen zur Abwendung der Gefahren getroffen werden müssen, 3. die Arbeit einzustellen hat, bei der die Beschäftigten gefährdet sind, wenn er die zur Abwendung der Gefahr angeordneten notwendigen Maßnahmen nicht sofort oder innerhalb der gesetzten Frist durchführt. Bei Gefahr im Verzug können die Anordnungen auch gegen weisungsberechtigte Personen im Betrieb erlassen werden.

§

(5)

Die zuständige Behörde kann dem Arbeitgeber Tätigkeiten mit Gefahrstoffen untersagen, insbesondere eine Stilllegung der betroffenen Arbeitsbereiche anordnen, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nach § 19 Abs. 2 zur Vorlage der Gefährdungsbeurteilung nicht nachkommt.

(6)

Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung erstreckt sich auch auf die in § 2 in Bezug genommenen und in Anhang I aufgeführten Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft.

213

ANHANG ARBEITSSICHERHEITSGESETZ (ASiG) – IN AUSZÜGEN –

Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit

§

§ 1 Grundsatz Der Arbeitgeber hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Diese sollen ihn beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung unterstützen. Damit soll erreicht werden, dass 1. die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Vorschriften den besonderen Betriebsverhältnissen entsprechend angewandt werden, 2. gesicherte arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Erkenntnisse zur Verbesserung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung verwirklicht werden können, 3. die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Maßnahmen einen möglichst hohen Wirkungsgrad erreichen.

Betriebsärzte

§ 2 Bestellung von Betriebsärzten (1) Der Arbeitgeber hat Betriebsärzte schriftlich zu bestellen und ihnen die in § 3 genannten Aufgaben zu übertragen, soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf 1. die Betriebsart und die damit für den Arbeitnehmer verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren, 2. die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft und 3. die Betriebsorganisation, insbesondere im Hinblick auf die Zahl und die Art der für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen.

214

Anhang Auszug aus Arbeitssicherheitsgesetz (§ 3)

(2)

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die von ihm bestellten Betriebsärzte ihre Aufgabe erfüllen. Er hat sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen; insbesondere ist er verpflichtet, ihnen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Er hat sie über den Einsatz von Personen zu unterrichten, die mit einem befristeten Arbeitsvertrag beschäftigt oder ihm zur Arbeitsleistung überlassen sind.

(3)

Der Arbeitgeber hat den Betriebsärzten die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Fortbildung unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange zu ermöglichen. Ist der Betriebsarzt als Arbeitnehmer eingestellt, so ist er für die Zeit der Fortbildung von der Arbeit freizustellen. Die Kosten der Fortbildung trägt der Arbeitgeber. Ist der Betriebsarzt nicht als Arbeitnehmer eingestellt, so ist er für die Zeit der Fortbildung von der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben freizustellen.

§

§ 3 Aufgaben der Betriebsärzte (1) Die Betriebsärzte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Sie haben insbesondere 1. den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen zu beraten, insbesondere bei a) der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen, b) der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen.

215

Anhang Auszug aus Arbeitssicherheitsgesetz (§ 3)

c) der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln, d) arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere des Arbeitshrythmus, der Arbeitszeit und der Pausenregelung, der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung, e) der Organisation der „Ersten Hilfe“ im Betrieb, f) Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung Behinderter in den Arbeitsprozess, g) der Beurteilung der Arbeitsbedingungen, 2. die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten, 3. die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit a) die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken, b) auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten, c) Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Erkrankungen vorzuschlagen.

§ 216

Anhang Auszug aus Arbeitssicherheitsgesetz (§ 5)

4. darauf hinzuwirken, dass sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Einsatzplanung und Schulung der Helfer in „Erster Hilfe“ und des medizinischen Hilfspersonals mitzuwirken.

§

(2)

Die Betriebsärzte haben auf Wunsch des Arbeitnehmers diesem das Ergebnis arbeitsmedizinischer Untersuchungen mitzuteilen; § 8 Abs. 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(3)

Zu den Aufgaben der Betriebsärzte gehört es nicht, Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen.

Fachkräfte für Arbeitssicherheit

§ 5 Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit (1) Der Arbeitgeber hat Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieure, -techniker, -meister) schriftlich zu bestellen und ihnen die in § 6 genannten Aufgaben zu übertragen, soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf 1. die Betriebsart und die damit für die Arbeitnehmer verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren, 2. die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft, 3. die Betriebsorganisation, insbesondere im Hinblick auf die Zahl und Art der für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen,

217

Anhang Auszug aus Arbeitssicherheitsgesetz (§ 6)

4. die Kenntnisse und die Schulung des Arbeitgebers oder der nach § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 des Arbeitsschutzgesetzes verantwortlichen Personen in Fragen des Arbeitsschutzes.

§ (2)

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die von ihm bestellten Fachkräfte für Arbeitssicherheit ihre Aufgabe erfüllen. Er hat sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen; insbesondere ist er verpflichtet, ihnen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Er hat sie über den Einsatz von Personen zu unterrichten, die mit einem befristeten Arbeitsvertrag beschäftigt oder ihm zur Arbeitsleistung überlassen sind.

(3)

Der Arbeitgeber hat den Fachkräften für Arbeitssicherheit die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Fortbildung unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange zu ermöglichen. Ist die Fachkraft für Arbeitssicherheit als Arbeitnehmer eingestellt, so ist sie für die Zeit der Fortbildung unter Fortentrichtung der Arbeitsvergütung von der Arbeit freizustellen. Die Kosten der Fortbildung trägt der Arbeitgeber. Ist die Fachkraft für Arbeitssicherheit nicht als Arbeitnehmer eingestellt, so ist sie für die Zeit der Fortbildung von der Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben freizustellen.

§ 6 Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen der Arbeitssicherheit, ein218

Anhang Auszug aus Arbeitssicherheitsgesetz (§ 6)

schließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit, zu unterstützen. Sie haben insbesondere 1. den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen zu beraten, insbesondere bei

§

a) der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen, b) der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen, c) der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln, d) der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs, der Arbeitsumgebung und in sonstigen Fragen der Ergonomie, e) der Beurteilung der Arbeitsbedingungen, 2. die Betriebsanlagen und die technischen Arbeitsmittel insbesondere vor der Inbetriebnahme und Arbeitsverfahren insbesondere vor ihrer Einführung sicherheitstechnisch zu überprüfen, 3. die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit a) die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken,

219

Anhang Auszug aus Arbeitssicherheitsgesetz (§ 8)

b) auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten, c) Ursachen von Arbeitsunfällen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Arbeitsunfälle vorzuschlagen, 4. darauf hinzuwirken, dass sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Schulung der Sicherheitsbeauftragten mitzuwirken.

§ Gemeinsame Vorschriften

§ 8 Unabhängigkeit bei der Anwendung der Fachkunde (1) Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind bei der Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Fachkunde weisungsfrei. Sie dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. Betriebsärzte sind nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen und haben die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten. (2)

220

Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder, wenn für einen Betrieb mehrere Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt sind, der leitende Betriebsarzt und die leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit unterstehen unmittelbar dem Leiter des Betriebes.

Anhang Auszug aus Arbeitssicherheitsgesetz (§ 9)

(3)

Können sich Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit über eine von ihnen vorgeschlagene arbeitsmedizinische oder sicherheitstechnische Maßnahme mit dem Leiter des Betriebes nicht verständigen, so können sie ihren Vorschlag unmittelbar dem Arbeitgeber und, wenn dieser eine juristische Person ist, dem zuständigen Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs unterbreiten. Ist für einen Betrieb oder ein Unternehmen ein leitender Betriebsarzt oder eine leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt, steht diesen das Vorschlagsrecht nach Satz 1 zu. Lehnt der Arbeitgeber oder das zuständige Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs den Vorschlag ab, so ist dies den Vorschlagenden schriftlich mitzuteilen und zu begründen; der Betriebsrat erhält eine Abschrift.

§

§ 9 Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat (1) Die Betriebsärzte und die Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit dem Betriebsrat zusammenzuarbeiten. (2)

Die Betriebsärzte und die Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben den Betriebsrat über wichtige Angelegenheiten des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu unterrichten; sie haben ihm den Inhalt eines Vorschlages mitzuteilen, den sie nach § 8 Abs. 3 dem Arbeitgeber machen. Sie haben den Betriebsrat auf sein Verlangen in Angelegenheiten des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beraten.

(3)

Die Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind mit Zustimmung des Betriebsrats zu bestellen und abzuberufen. Das Gleiche gilt, wenn deren Aufgaben erwei221

Anhang Auszug aus Arbeitssicherheitsgesetz (§ 11)

tert oder eingeschränkt werden sollen; im Übrigen gilt § 87 in Verbindung mit § 76 des Betriebsverfassungsgesetzes. Vor der Verpflichtung oder Entpflichtung eines freiberuflich tätigen Arztes, einer freiberuflich tätigen Fachkraft für Arbeitssicherheit oder eines überbetrieblichen Dienstes ist der Betriebsrat zu hören.

§

§ 11 Arbeitsschutzausschuss Soweit in einer sonstigen Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist, hat der Arbeitgeber in Betrieben mit mehr als zwanzig Beschäftigten einen Arbeitsschutzausschuss zu bilden; bei der Feststellung der Zahl der Beschäftigten sind Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Dieser Ausschuss setzt sich zusammen aus: dem Arbeitgeber oder einem von ihm Beauftragten, zwei vom Betriebsrat bestimmten Betriebsratsmitgliedern, Betriebsärzten, Fachkräften für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragten nach § 22 SGB VII Der Arbeitsschutzausschuss hat die Aufgabe, Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beraten. Der Arbeitsschutzausschuss tritt mindestens einmal vierteljährlich zusammen.

222

ANHANG ORDNUNGSWIDRIGKEITENGESETZ (OWiG) – IN AUSZÜGEN –

Vierter Abschnitt. Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen

§

§ 9 Handeln für einen anderen (1) Handelt jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, 2. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder 3. als gesetzlicher Vertreter eines anderen, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Möglichkeit der Ahndung begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen. (2)

Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebes oder einem sonst dazu Befugten 1. beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder 2. ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen, und handelt er auf Grund dieses Auftrages, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Möglichkeit der Ahndung begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebes vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrages für eine Stelle, die Aufgaben

223

Anhang Auszug aus Ordnungswidrigkeitengesetz (§ 130)

der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

§ (3)

§ 130 (1)

224

Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber als solchen treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.

(2)

Betrieb oder Unternehmen im Sinne der Absätze 1 und 2 ist auch das öffentliche Unternehmen.

(3)

Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn die Pflichtverletzung mit Strafe bedroht ist, mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden. Ist die Pflichtverletzung mit Geldbuße bedroht, so bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. Satz 2 gilt auch im Falle einer Pflichtverletzung, die gleichzeitig mit Strafe und Geldbuße bedroht ist, wenn das für die Pflichtverletzung angedrohte Höchstmaß der Geldbuße das Höchstmaß nach Satz 1 übersteigt.

ANHANG UNFALLVERSICHERUNGSANZEIGEVERORDNUNG (UVAV)

Verordnung über die Anzeige von Versicherungsfällen in der gesetzlichen Unfallversicherung

§

§ 1 Anwendungsbereich Die Anzeige von Unfällen und Berufskrankheiten, die nach den §§ 193 und 202 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten ist, richtet sich nach den Bestimmungen dieser Verordnung.

§ 2 Anzeige von Unfällen (1) Die Anzeige eines Unfalls nach § 193 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch ist von den Unternehmern und für Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 Buchstabe a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch von den Trägern der Einrichtungen auf Vordrucken nach dem Muster der Anlage 1 zu erstatten. (2)

Die Anzeige eines Unfalls für Kinder in Tageseinrichtungen, Schüler und Studierende nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch ist von den Unternehmern oder, wenn der Schulhoheitsträger nicht Unternehmer ist, von den Schulhoheitsträgern (§ 193 Abs. 3 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch) auf Vordrucken nach dem Muster der Anlage 2 zu erstatten.

§ 3 Anzeige von Berufskrankheiten (1) Die Ärzte und Zahnärzte haben bei begründetem Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit die Anzeige nach § 202 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch auf Vordrucken nach dem Muster der Anlage 3 zu erstatten.

225

Anhang Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung

(2)

Die Unternehmer haben bei Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Berufskrankheit die Anzeige nach § 193 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch auf Vordrucken nach dem Muster der Anlage 4 zu erstatten.

§ 226

ANHANG UVV „GRUNDSÄTZE DER PRÄVENTION“ (BGV A1) – IN AUSZÜGEN –

Erstes Kapitel. Allgemeine Vorschriften § 1 Geltungsbereich von Unfallverhütungsvorschriften Unfallverhütungsvorschriften gelten für Unternehmer und Versicherte; sie gelten auch – für Unternehmer und Beschäftigte von ausländischen Unternehmen, die eine Tätigkeit im Inland ausüben, ohne einem Unfallversicherungsträger anzugehören; – soweit in dem oder für das Unternehmen Versicherte tätig werden, für die ein anderer Unfallversicherungsträger zuständig ist.

§

Zweites Kapitel. Pflichten des Unternehmers

§ 2 Grundpflichten des Unternehmers (1) Der Unternehmer hat die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu treffen. Die zu treffenden Maßnahmen sind insbesondere in staatlichen Arbeitsschutzvorschriften (Anlage 1), dieser Unfallverhütungsvorschrift und in weiteren Unfallverhütungsvorschriften näher bestimmt. (2)

Der Unternehmer hat bei den Maßnahmen nach Absatz 1 von den allgemeinen Grundsätzen nach § 4 Arbeitsschutzgesetz auszugehen und dabei insbesondere das staatliche und berufsgenossenschaftliche Regelwerk heranzuziehen.

(3)

Der Unternehmer hat die Maßnahmen nach Absatz 1 entsprechend den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Sätze 2 und 3 und Absatz 2 Arbeitsschutzgesetz zu planen, zu orga227

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§ 3)

nisieren, durchzuführen und erforderlichenfalls an veränderte Gegebenheiten anzupassen.

§ (4)

Der Unternehmer darf keine sicherheitswidrigen Weisungen erteilen.

(5)

Kosten für Maßnahmen nach dieser Unfallverhütungsvorschrift und den für ihn sonst geltenden Unfallverhütungsvorschriften darf der Unternehmer nicht den Versicherten auferlegen.

§ 3 Beurteilung der Arbeitsbedingungen, Dokumentation, Auskunftspflichten (1) Der Unternehmer hat durch eine Beurteilung der für die Versicherten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen entsprechend § 5 Abs. 2 und 3 Arbeitsschutzgesetz zu ermitteln, welche Maßnahmen nach § 2 Abs. 1 erforderlich sind.

228

(2)

Der Unternehmer hat Gefährdungsbeurteilungen insbesondere dann zu überprüfen, wenn sich die betrieblichen Gegebenheiten hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz verändert haben.

(3)

Der Unternehmer hat entsprechend § 6 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach Absatz 1, die von ihm festgelegten Maßnahmen und das Ergebnis ihrer Überprüfung zu dokumentieren.

(4)

Der Unternehmer hat der Berufsgenossenschaft alle Informationen über die im Betrieb getroffenen Maßnahmen des Arbeitsschutzes auf Wunsch zur Kenntnis zu geben.

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§§ 4, 5)

§ 4 Unterweisung der Versicherten (1) Der Unternehmer hat die Versicherten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, insbesondere über die mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen und die Maßnahmen zu ihrer Verhütung, entsprechend § 12 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz sowie bei einer Arbeitnehmerüberlassung entsprechend § 12 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz zu unterweisen; die Unterweisung muss erforderlichenfalls wiederholt werden, mindestens aber einmal jährlich erfolgen; sie muss dokumentiert werden. (2)

§

Der Unternehmer hat den Versicherten die für ihren Arbeitsbereich oder für ihre Tätigkeit relevanten Inhalte der geltenden Unfallverhütungsvorschriften und BG-Regeln sowie des einschlägigen staatlichen Vorschriften- und Regelwerks in verständlicher Weise zu vermitteln.

§ 5 Vergabe von Aufträgen (1) Erteilt der Unternehmer den Auftrag, 1 Einrichtungen zu planen, herzustellen, zu ändern oder in Stand zu setzen, 2 Arbeitsverfahren zu planen oder zu gestalten, so hat er dem Auftragnehmer schriftlich aufzugeben, die in § 2 Abs. 1 und 2 genannten für die Durchführung des Auftrags maßgeblichen Vorgaben zu beachten. (2)

Erteilt der Unternehmer den Auftrag, Arbeitsmittel, Ausrüstungen oder Arbeitsstoffe zu liefern, so hat er dem Auftragnehmer schriftlich aufzugeben, im Rahmen seines Auftrags die für Sicherheit und Gesundheitsschutz einschlägigen Anforderungen einzuhalten.

229

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§ 6)

(3)

Bei der Erteilung von Aufträgen an ein Fremdunternehmen hat der den Auftrag erteilende Unternehmer den Fremdunternehmer bei der Gefährdungsbeurteilung bezüglich der betriebsspezifischen Gefahren zu unterstützen. Der Unternehmer hat ferner sicherzustellen, dass Tätigkeiten mit besonderen Gefahren durch Aufsichtführende überwacht werden, die die Durchführung der festgelegten Schutzmaßnahmen sicherstellen. Der Unternehmer hat ferner mit dem Fremdunternehmen Einvernehmen herzustellen, wer den Aufsichtführenden zu stellen hat.

§

§ 6 Zusammenarbeit mehrerer Unternehmer (1) Werden Beschäftigte mehrerer Unternehmer oder selbstständige Einzelunternehmer an einem Arbeitsplatz tätig, haben die Unternehmer hinsichtlich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten, insbesondere hinsichtlich der Maßnahmen nach § 2 Abs. 1, entsprechend § 8 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz zusammenzuarbeiten. Insbesondere haben sie, soweit es zur Vermeidung einer möglichen gegenseitigen Gefährdung erforderlich ist, eine Person zu bestimmen, die die Arbeiten aufeinander abstimmt; zur Abwehr besonderer Gefahren ist sie mit entsprechender Weisungsbefugnis auszustatten. (2)

230

Der Unternehmer hat sich je nach Art der Tätigkeit zu vergewissern, dass Personen, die in seinem Betrieb tätig werden, hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit während ihrer Tätigkeit in seinem Betrieb angemessene Anweisungen erhalten haben.

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§§ 7, 8, 9)

§ 7 Befähigung für Tätigkeiten (1) Bei der Übertragung von Aufgaben auf Versicherte hat der Unternehmer je nach Art der Tätigkeiten zu berücksichtigen, ob die Versicherten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten. (2)

§

Der Unternehmer darf Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.

§ 8 Gefährliche Arbeiten (1) Wenn eine gefährliche Arbeit von mehreren Personen gemeinschaftlich ausgeführt wird und sie zur Vermeidung von Gefahren eine gegenseitige Verständigung erfordert, hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass eine zuverlässige, mit der Arbeit vertraute Person die Aufsicht führt. (2)

Wird eine gefährliche Arbeit von einer Person allein ausgeführt, so hat der Unternehmer über die allgemeinen Schutzmaßnahmen hinaus für geeignete technische oder organisatorische Personenschutzmaßnahmen zu sorgen.

§ 9 Zutritts- und Aufenthaltsverbote Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass Unbefugte Betriebsteile nicht betreten, wenn dadurch eine Gefahr für Sicherheit und Gesundheit entsteht.

231

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§§ 10, 11, 12)

§ 10 Besichtigung des Unternehmens, Erlass einer Anordnung, Auskunftspflicht (1) Der Unternehmer hat der Aufsichtsperson der Berufsgenossenschaft die Besichtigung seines Unternehmens zu ermöglichen und sie auf ihr Verlangen zu begleiten oder durch einen geeigneten Vertreter begleiten zu lassen.

§ (2)

Erlässt die Berufsgenossenschaft eine Anordnung und setzt sie hierbei eine Frist, innerhalb der die verlangten Maßnahmen zu treffen sind, so hat der Unternehmer nach Ablauf der Frist unverzüglich mitzuteilen, ob er die verlangten Maßnahmen getroffen hat.

(3)

Der Unternehmer hat den Aufsichtspersonen der Berufsgenossenschaft auf Verlangen die zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgabe erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Er hat die Aufsichtspersonen zu unterstützen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

§ 11 Maßnahmen bei Mängeln Tritt bei einem Arbeitsmittel, einer Einrichtung, einem Arbeitsverfahren bzw. Arbeitsablauf ein Mangel auf, durch den für die Versicherten sonst nicht abzuwendende Gefahren entstehen, hat der Unternehmer das Arbeitsmittel oder die Einrichtung der weiteren Benutzung zu entziehen oder stillzulegen bzw. das Arbeitsverfahren oder den Arbeitsablauf abzubrechen, bis der Mangel behoben ist.

§ 12 Zurverfügungstellung von Vorschriften und Regeln (1) Der Unternehmer hat den Versicherten die für sein Unternehmen geltenden Unfallverhütungsvorschriften an geeigneter Stelle zugänglich zu machen. 232

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§§ 13, 14)

(2)

Der Unternehmer hat den mit der Durchführung von Maßnahmen nach § 2 Abs. 1 betrauten Personen die für ihren Zuständigkeitsbereich geltenden Vorschriften und Regeln zur Verfügung zu stellen.

§

§ 13 Pflichtenübertragung Der Unternehmer kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm nach Unfallverhütungsvorschriften obliegende Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Die Beauftragung muss den Verantwortungsbereich und Befugnisse festlegen und ist vom Beauftragten zu unterzeichnen. Eine Ausfertigung der Beauftragung ist ihm auszuhändigen.

§ 14 Ausnahmen (1) Der Unternehmer kann bei der Berufsgenossenschaft im Einzelfall Ausnahmen von Unfallverhütungsvorschriften schriftlich beantragen. (2)

Die Berufsgenossenschaft kann dem Antrag nach Absatz 1 entsprechen, wenn 1. der Unternehmer eine andere, ebenso wirksame Maßnahme trifft oder 2. die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der Versicherten vereinbar ist. Dem Antrag ist eine Stellungnahme der betrieblichen Arbeitnehmervertretung beizufügen. (3)

Betrifft der Antrag nach Absatz 1 Regelungen in Unfallverhütungsvorschriften, die zugleich Gegenstand staat233

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§ 15)

licher Arbeitsschutzvorschriften sind, hat die Berufsgenossenschaft eine Stellungnahme der für die Durchführung der staatlichen Arbeitsschutzvorschriften zuständigen staatlichen Arbeitsschutzbehörde einzuholen und zu berücksichtigen.

§ (4)

In staatlichen Arbeitsschutzvorschriften enthaltene Verfahrensvorschriften, insbesondere über Genehmigungen, Erlaubnisse, Ausnahmen, Anzeigen und Vorlagepflichten, bleiben von dieser Unfallverhütungsvorschrift unberührt; die nach diesen Bestimmungen zu treffenden behördlichen Maßnahmen obliegen den zuständigen Arbeitsschutzbehörden.

Drittes Kapitel. Pflichten der Versicherten § 15 Allgemeine Unterstützungspflichten und Verhalten (1) Die Versicherten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Unternehmers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie für Sicherheit und Gesundheitsschutz derjenigen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen betroffen sind. Die Versicherten haben die Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen. Versicherte haben die entsprechenden Anweisungen des Unternehmers zu befolgen. Die Versicherten dürfen erkennbar gegen Sicherheit und Gesundheit gerichtete Weisungen nicht befolgen. (2)

234

Versicherte dürfen sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§ 16)

einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. (3)

§

Absatz 2 gilt auch für die Einnahme von Medikamenten.

§ 16 Besondere Unterstützungspflichten (1) Die Versicherten haben dem Unternehmer oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzvorrichtungen und Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden. Unbeschadet dieser Pflicht sollen die Versicherten von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzvorrichtungen und Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten mitteilen. (2)

Stellt ein Versicherter fest, dass im Hinblick auf die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren – ein Arbeitsmittel oder eine sonstige Einrichtung einen Mangel aufweist, – Arbeitsstoffe nicht einwandfrei verpackt, gekennzeichnet oder beschaffen sind oder – ein Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufe Mängel aufweisen hat er, soweit dies zu seiner Arbeitsaufgabe gehört und er über die notwendige Befähigung verfügt, den festgestellten Mangel unverzüglich zu beseitigen. Andernfalls hat er den Mangel dem Vorgesetzten unverzüglich zu melden.

235

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§§ 17, 18, 29)

§ 17 Benutzung von Einrichtungen, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen Versicherte haben Einrichtungen, Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe sowie Schutzvorrichtungen bestimmungsgemäß und im Rahmen der ihnen übertragenen Arbeitsaufgaben zu benutzen.

§

§ 18 Zutritts- und Aufenthaltsverbote Versicherte dürfen sich an gefährlichen Stellen nur im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben aufhalten.

Vierter Abschnitt. Persönliche Schutzausrüstungen § 29 Bereitstellung (1) Der Unternehmer hat gemäß § 2 der PSA-Benutzungsverordnung den Versicherten geeignete persönliche Schutzausrüstungen bereitzustellen; vor der Bereitstellung hat er die Versicherten anzuhören. (2)

236

Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die persönlichen Schutzausrüstungen den Versicherten in ausreichender Anzahl zur persönlichen Verwendung für die Tätigkeit am Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden. Für die bereitgestellten persönlichen Schutzausrüstungen müssen EG-Konformitätserklärungen vorliegen. Satz 2 gilt nicht für Hautschutzmittel und nicht für persönliche Schutzausrüstungen, die vor dem 1. Juli 1995 erworben wurden, sofern sie den vor dem 1. Juli 1992 geltenden Vorschriften entsprechen.

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (§§ 30, 31)

§ 30 Benutzung (1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass persönliche Schutzausrüstungen entsprechend bestehender Tragezeitbegrenzungen und Gebrauchsdauern bestimmungsgemäß benutzt werden. (2)

§

Die Versicherten haben die persönlichen Schutzausrüstungen bestimmungsgemäß zu benutzen, regelmäßig auf ihren ordnungsgemäßen Zustand zu prüfen und festgestellte Mängel dem Unternehmer unverzüglich zu melden.

§ 31 Besondere Unterweisungen Für persönliche Schutzausrüstungen, die gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden schützen sollen, hat der Unternehmer die nach § 3 Abs. 2 der PSA-Benutzungsverordnung bereitzuhaltende Benutzungsinformation den Versicherten im Rahmen von Unterweisungen mit Übungen zu vermitteln.

237

ANHANG UVV „BETRIEBSÄRZTE UND FACHKRÄFTE FÜR ARBEITSSICHERHEIT“ (BGV A2)

Erstes Kapitel. Grundlegende Vorschriften

§

§ 1 Geltungsbereich Diese Unfallverhütungsvorschrift bestimmt näher die Maßnahmen, die der Unternehmer zur Erfüllung der sich aus dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Arbeitssicherheitsgesetz) ergebenden Pflichten zu treffen hat.

§ 2 Bestellung (1) Der Unternehmer hat Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zur Wahrnehmung der in den §§ 3 und 6 des Arbeitssicherheitsgesetzes bezeichneten Aufgaben schriftlich nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zu bestellen.

238

(2)

Bei Betrieben mit bis zu 10 Beschäftigten richtet sich der Umfang der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung nach Anlage 1.

(3)

Bei Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten gelten die Mindesteinsatzzeiten nach Anlage 2.

(4)

Abweichend von den Absätzen 2 und 3 kann der Unternehmer nach Maßgabe der Anlage 3 ein alternatives Betreuungsmodell wählen, wenn er aktiv in das Betriebsgeschehen eingebunden ist und die Zahl der Beschäftigten weniger als 51 beträgt.

(5)

Bei der Berechnung der Zahl der Beschäftigten sind jährliche Durchschnittszahlen zugrunde zu legen; bei der Berechnung des Schwellenwertes in den Absätzen 2 und 3

Anhang Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (§§ 3, 4)

findet die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 4 des Arbeitsschutzgesetzes entsprechende Anwendung. (6)

§

Die Berufsgenossenschaft kann im Einzelfall im Einvernehmen mit der nach § 12 Arbeitssicherheitsgesetz zuständigen Behörde Abweichungen von den Absätzen 2, 3 und 4 zulassen, soweit im Betrieb die Unfall- und Gesundheitsgefahren unterdurchschnittlich gering sind und die abweichende Festsetzung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist. In gleicher Weise kann eine Erhöhung der Mindesteinsatzzeiten nach Absatz 3 i.V.m. Anlage 2 festgesetzt werden, soweit die Unfall- und Gesundheitsgefahren überdurchschnittlich hoch sind. Als Vergleichmaßstab dienen Betriebe der gleichen Art.

§ 3 Arbeitsmedizinische Fachkunde Der Unternehmer kann die erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde als gegeben ansehen bei Ärzten, die nachweisen, dass sie berechtigt sind, 1. die Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder 2. die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ zu führen.

§ 4 Sicherheitstechnische Fachkunde (1) Der Unternehmer kann die erforderliche sicherheitstechnische Fachkunde von Fachkräften für Arbeitssicherheit als nachgewiesen ansehen, wenn diese den in den Absätzen 2 bis 5 festgelegten Anforderungen genügen. (2)

Sicherheitsingenieure erfüllen die Anforderungen, wenn sie 239

Anhang Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (§ 4)

1

berechtigt sind, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen oder einen Bachelor- oder Masterabschluss der Studienrichtung Ingenieurwissenschaften erworben haben, danach eine praktische Tätigkeit in diesem Beruf mindestens zwei Jahre lang ausgeübt und einen staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Ausbildungslehrgang oder einen staatlich oder berufsgenossenschaftlich anerkannten Ausbildungslehrgang eines anderen Ausbildungsträgers mit Erfolg abgeschlossen haben.

§ 2 3

Sicherheitsingenieure, die auf Grund ihrer Hochschul-/Fachhochschulausbildung berechtigt sind, die Berufsbezeichnung „Sicherheitsingenieur“ zu führen und eine einjährige praktische Tätigkeit als Ingenieur ausgeübt haben, erfüllen ebenfalls die Anforderungen.

240

(3)

In der Funktion als Sicherheitsingenieur können auch Personen tätig werden, die über gleichwertige Qualifikationen verfügen.

(4)

Sicherheitstechniker erfüllen die Anforderungen, wenn sie 1 eine Prüfung als staatlich anerkannter Techniker erfolgreich abgelegt haben, 2 danach eine praktische Tätigkeit als Techniker mindestens zwei Jahre lang ausgeübt haben und 3 einen staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Ausbildungslehrgang oder einen staatlich oder berufsgenossenschaftlich anerkannten Ausbildungslehrgang eines anderen Veranstaltungsträgers mit Erfolg abgeschlossen haben.

Anhang Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (§ 4)

Die Anforderungen erfüllt auch, wer ohne Prüfung als staatlich anerkannter Techniker mindestens vier Jahre lang als Techniker tätig war und einen staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Ausbildungslehrgang oder einen staatlich oder berufsgenossenschaftlich anerkannten Ausbildungslehrgang eines anderen Veranstaltungsträgers mit Erfolg abgeschlossen hat. (5)

§

Sicherheitsmeister erfüllen die Anforderungen, wenn sie 1 die Meisterprüfung erfolgreich abgelegt haben, 2 danach eine praktische Tätigkeit als Meister mindestens zwei Jahre lang ausgeübt haben und 3 einen staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Ausbildungslehrgang oder einen staatlich oder berufsgenossenschaftlich anerkannten Ausbildungslehrgang eines anderen Veranstaltungsträgers mit Erfolg abgeschlossen haben.

Die Anforderungen erfüllt auch, wer ohne Meisterprüfung mindestens vier Jahre lang als Meister oder in gleichwertiger Funktion tätig war und einen staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Ausbildungslehrgang oder einen staatlich oder berufsgenossenschaftlich anerkannten Ausbildungslehrgang eines anderen Veranstaltungsträgers mit Erfolg abgeschlossen hat. (6)

Der Ausbildungslehrgang nach den Absätzen 2, 4 und 5 umfasst die Ausbildungsstufe I (Grundausbildung), Ausbildungsstufe II (Vertiefende Ausbildung), Ausbildungsstufe III (Bereichsbezogene Ausbildung) und das begleitende Praktikum. Bestandteile der Ausbildungsstufe III sind die nachfolgenden Rahmenthemen: – Arbeiten mit / in der Nähe von Energieträgern und Strahlungsquellen, 241

Anhang Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (§ 5)

– –

Verkettete und flexible Systeme, Erstellung, Instandhaltung und Beseitigung von baulichen Einrichtungen und Anlagen, Schutz vor Sturz aus der Höhe / in die Tiefe.

§ –

(7)

Bei einem Wechsel einer Fachkraft für Arbeitssicherheit, die die Ausbildungsstufe III (Bereichsbezogene Ausbildung) entsprechend den Festlegungen eines anderen Unfallversicherungsträgers absolviert hat, in eine andere Branche, hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Fachkraft für Arbeitssicherheit die erforderlichen bereichsbezogenen Kenntnisse durch Fortbildung erwirbt. Die Berufsgenossenschaft entscheidet über den erforderlichen Umfang an Fortbildung unter Berücksichtigung der Inhalte ihrer Ausbildungsstufe III.

§ 5 Bericht Der Unternehmer hat die gemäß § 2 dieser Unfallverhütungsvorschrift bestellten Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu verpflichten, über die Erfüllung der übertragenen Aufgaben regelmäßig schriftlich zu berichten. Die Berichte sollen auch über die Zusammenarbeit der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit Auskunft geben.

242

Anhang Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (§ 6)

Zweites Kapitel. Übergangsbestimmungen § 6 Übergangsbestimmungen (1) Der Unternehmer kann abweichend von § 3 davon ausgehen, dass Ärzte über die erforderliche Fachkunde verfügen, wenn sie 1 eine Bescheinigung der zuständigen Ärztekammer darüber besitzen, dass sie vor dem 1. Januar 1985 ein Jahr klinisch oder poliklinisch tätig gewesen sind und an einem arbeitsmedizinischen Einführungslehrgang teilgenommen haben und 2 a) bis zum 31. Dezember 1985 mindestens 500 Stunden innerhalb eines Jahres betriebsärztlich tätig waren oder b) bis zum 31. Dezember 1987 einen dreimonatigen Kurs über Arbeitsmedizin absolviert haben und über die Voraussetzungen nach Nummer 2 Buchstaben a) oder b) eine von der zuständigen Ärztekammer erteilte Bescheinigung beibringen.

§

Die Bescheinigung der zuständigen Ärztekammer muss vor dem 31. Dezember 1996 ausgestellt worden sein. (2)

Der Unternehmer kann die erforderliche Fachkunde ferner als gegeben ansehen bei Ärzten während ihrer Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ in der hierfür erforderlichen mindestens zweijährigen durchgehenden regelmäßigen Tätigkeit, wenn sie durch eine von der zuständigen Ärztekammer erteilte Bescheinigung nachweisen, dass sie bereits

243

Anhang Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (§ 6)

1 2

eine in der Weiterbildungsordnung vorgeschriebene klinische oder poliklinische Tätigkeit und mindestens ein Drittel des dreimonatigen theoretischen Kurses über Arbeitsmedizin

§

absolviert haben. Dies gilt nur, wenn gewährleistet ist, dass der theoretische Kurs nach Nummer 2 innerhalb von zwei Jahren nach der Bestellung beendet wird. Der Nachweis ist dem Unternehmer gegenüber zu erbringen.

244

(3)

Der Nachweis der Fachkunde nach § 4 Abs. 2 bis 5 gilt als erbracht, wenn eine Fachkraft für Arbeitssicherheit im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Unfallverhütungsvorschrift als solche tätig ist und die Fachkundevoraussetzungen der Unfallverhütungsvorschrift „Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (BGV A6, VBG 122) vom 1. April 1996 in der Fassung vom 1. Februar 2003 vorliegen.

(4)

Wenn ein Betriebsarzt im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Unfallverhütungsvorschrift als solcher in einem Betrieb tätig ist, kann abweichend von § 2 Abs. 2 und 3 die Berechnung der Einsatzzeiten für die betriebsärztliche Betreuung dieses Betriebs bis zum 31. Dezember 2005 auch nach den Regelungen des § 2 Abs. 1 und 2 der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte“ (BGV A7, VBG 123) vom 1. April 1998 erfolgen.

(5)

Wenn eine Fachkraft für Arbeitssicherheit im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Unfallverhütungsvorschrift als solche in einem Betrieb tätig ist, kann abweichend von § 2 Abs. 2 und 3 die Berechnung der Einsatzzeiten für die sicherheitstechnische Regelbetreuung dieses Betriebs bis zum 31. Dezember 2005 auch nach den Regelungen des

Anhang Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (§ 6)

§ 2 Abs. 1 der Unfallverhütungsvorschrift „Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (BGV A6, VBG 122) vom 1. April 1996 in der Fassung vom 1. Februar 2003 erfolgen.

§

(6)

Wenn im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Unfallverhütungsvorschrift ein Betrieb, dessen Zahl der durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer mehr als 50 und weniger als 101 beträgt, eine wirksame bedarfsgerechte Betreuung auf der Grundlage des § 2 Abs. 3 oder 4 der Unfallverhütungsvorschrift „Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (BGV A6, VBG 122) vom 1. April 1996 in der Fassung vom 1. Februar 2003 sichergestellt hat, kann dieser Betrieb abweichend von § 2 Abs. 4 die sicherheitstechnische Betreuung bis zum 31. Dezember 2006 auch nach den Regelungen des § 2 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift „Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (BGV A6, VBG 122) vom 1. April 1996 in der Fassung vom 1. Februar 2003 durchführen.

(7)

Hat ein Unternehmer vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Unfallverhütungsvorschrift bereits an Informationsund Motivationsmaßnahmen im Sinne des § 2 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift „Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (BGV A6, VBG 122) vom 1. April 1996 in der Fassung vom 1. Februar 2003 nachweislich teilgenommen und nach Maßgabe der Anlage 3 ergänzende spezifische Motivations- und Informationsmaßnahmen zur Erforderlichkeit der Inanspruchnahme der betriebsärztlichen Betreuung absolviert, gelten für ihn die entsprechenden Voraussetzungen nach Ziffer 2.1 der Anlage 3 dieser Unfallverhütungsvorschrift (Motivations- und Informationsmaßnahmen) für ein alternatives Betreuungsmodell im Sinne des § 2 Abs. 4 als erfüllt.

245

Anhang Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (§ 7)

Drittes Kapitel. In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten § 7 In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten (1) Diese Unfallverhütungsvorschrift tritt am 1. Februar 2005 in Kraft. Gleichzeitig treten die Unfallverhütungsvorschriften „Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (BGV A6) vom 1. April 1996, in der Fassung vom 1. Februar 2003, und „Betriebsärzte“ (BGV A7) vom 1. April 1998, in der Fassung vom 1. April 1998, außer Kraft.

§ (2)

246

§ 2 Abs. 3 i.V.m. Anlage 2 ist bis zum 31.12.2008 gültig.

ANHANG UVV „ARBEITSMEDIZINISCHE VORSORGE“ (BGV A4) – IN AUSZÜGEN –

I. Geltungsbereich § 1 Geltungsbereich Diese Unfallverhütungsvorschrift gilt für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge.

II. Gemeinsame Bestimmungen

§

§ 2 Begriffsbestimmungen (1) Vorsorgeuntersuchungen im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift sind 1. arbeitsmedizinische Erstuntersuchungen vor Aufnahme der Tätigkeit, 2. arbeitsmedizinische Nachuntersuchungen während dieser Tätigkeit, 3. arbeitsmedizinische nachgehende Untersuchungen nach Beendigung einer Tätigkeit. (2)

Als Vorsorgeuntersuchungen im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift gelten auch arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen auf Verlangen des Versicherten (§ 7).

§ 3 Allgemeine Regelungen (1) Der Unternehmer darf Versicherte,  an deren Arbeitsplatz die Auslöseschwelle für die in Anlage 1 aufgeführten Gefahrstoffe überschritten wird oder  an deren Arbeitsplatz die Auslöseschwelle bei Umgang mit solchen Gefahrstoffen überschritten wird, von denen aufgrund neuer gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen

247

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 3)

Forschungsgemeinschaft festgestellt hat, dass sie krebserzeugend sind, oder die der Hersteller oder Einführer als solche gekennzeichnet hat, oder  bei denen die Auswahlkriterien für die in Anlage 1 aufgeführten gefährdenden Tätigkeiten erfüllt sind, oder  für die eine Vorsorgeuntersuchung von der Berufsgenossenschaft im Einzelfall angeordnet worden ist, an diesem Arbeitsplatz oder mit dieser Tätigkeit nur beschäftigen, wenn sie fristgerecht Vorsorgeuntersuchungen durch einen ermächtigten Arzt unterzogen worden sind.

§ 248

(2)

Der Unternehmer hat die Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen und die Kosten zu tragen, soweit dies nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen wird.

(3)

Das Benutzen von persönlichen Schutzausrüstungen befreit nicht von der Verpflichtung nach Absatz 1.

(4)

Der Unternehmer hat dem ermächtigten Arzt auf Verlangen die zur Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen erforderlichen Auskünfte über die Arbeitsplatzverhältnisse zu erteilen und eine Besichtigung des Arbeitsplatzes zu ermöglichen.

(5)

Der Unternehmer hat der Berufsgenossenschaft jährlich auf Verlangen die Anzahl der für Vorsorgeuntersuchungen erfassten Versicherten mitzuteilen. Er hat der Berufsgenossenschaft auf Verlangen darzulegen, dass die Gefährdung weder durch Ersatz der Gefahrstoffe noch durch technische Maßnahmen gänzlich vermieden oder verringert werden kann.

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§§ 4, 5)

(6)

Solange der Unternehmer nicht selber dafür sorgt, dass die erforderlichen Untersuchungen von einem ermächtigten Arzt durchgeführt werden, kann die Berufsgenossenschaft diese Untersuchungen veranlassen. Der Unternehmer hat der Berufsgenossenschaft die hierfür erforderlichen Angaben zu übermitteln. Absatz 2 bleibt unberührt.

§

§ 4 Erstuntersuchung Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Erstuntersuchung vor Beginn der Tätigkeit durchgeführt wird. Die Erstuntersuchung darf nicht länger als 12 Wochen zurückliegen.

§ 5 Nachuntersuchungen (1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass Nachuntersuchungen innerhalb von 6 Wochen vor Ablauf der Nachuntersuchungsfrist durchgeführt werden. Die Frist für die Nachuntersuchung beginnt mit dem Zeitpunkt der letzten Vorsorgeuntersuchung. (2)

Ist für die Nachuntersuchung keine bestimmte Frist, sondern eine Zeitspanne festgelegt, so ist die Nachuntersuchung spätestens zu dem Zeitpunkt durchzuführen, den der ermächtigte Arzt je nach Arbeitsbedingungen und Gesundheitszustand des Versicherten bestimmt hat.

(3)

Abweichend von Absatz 1 und 2 ist eine Nachuntersuchung vorzeitig zu veranlassen, wenn 1. eine Bescheinigung über eine Vorsorgeuntersuchung nach § 9 befristet oder unter einer entsprechenden Bedingung erteilt worden ist 249

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 6)

oder 2. eine Erkrankung oder eine körperliche Beeinträchtigung eine vorzeitige Nachuntersuchung angezeigt erscheinen lässt oder 3. der Versicherte, der einen ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner Erkrankung und seiner Tätigkeit am Arbeitsplatz vermutet, eine Untersuchung wünscht.

§

§ 6 Verkürzung oder Verlängerung der Fristen für Nachuntersuchungen (1) Die Berufsgenossenschaft kann die in der Anlage 1 zu dieser Unfallverhütungsvorschrift vorgesehenen Fristen für Vorsorgeuntersuchungen 1. für Versicherte verkürzen, für die festgestellt worden ist, dass sie den Gefahrstoffen in besonders starkem Maße ausgesetzt sind oder die gefährdende Tätigkeit in besonderem Maße ausüben oder für die es der ermächtigte Arzt infolge ihres Gesundheitszustandes für notwendig hält, 2. für Versicherte verlängern, für die festgestellt worden ist, dass sie den Gefahrstoffen in besonders geringem Maße ausgesetzt sind oder die gefährdende Tätigkeit in besonders geringem Maße ausüben. Ist eine Vorsorgeuntersuchung zugleich in einer staatlichen Rechtsvorschrift vorgeschrieben, so entscheidet über die Verkürzung oder Verlängerung der Nachuntersuchungsfristen die zuständige Behörde. (2) Ist ein Versicherter innerhalb von 6 Monaten nach dieser Unfallverhütungsvorschrift oder nach anderen Rechtsvorschriften mehr als einmal einer Nachuntersuchung zu

250

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 7)

unterziehen, können die Nachuntersuchungen an einem Termin vorgenommen werden. Dies gilt nicht, wenn die Nachuntersuchungsfrist weniger als 1 Jahr beträgt. (3)

§

Muss sich der Versicherte innerhalb eines Jahres mehreren unterschiedlichen Vorsorgeuntersuchungen unterziehen, so ist vom Unternehmer zu prüfen, ob für den Versicherten aufgrund seiner Tätigkeit eine besondere Gesundheitsgefährdung besteht und durch welche Maßnahmen diese beseitigt werden kann.

§ 7 Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen auf Verlangen des Versicherten (1) Ein Versicherter, der einen ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner Erkrankung und seiner Tätigkeit am Arbeitsplatz vermutet, ist auf sein Verlangen einer Vorsorgeuntersuchung auch zu unterziehen, wenn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 nicht vorliegen, aber damit zu rechnen ist, dass er durch seine Tätigkeit an seiner Gesundheit geschädigt werden kann, weil er mit Gefahrstoffen umgeht oder eine gefährdende Tätigkeit ausübt. (2)

Beim Umgang mit Gefahrstoffen oder bei gefährdenden Tätigkeiten im Sinne der Anlage 1 ist die Untersuchung bei einem ermächtigten Arzt zu veranlassen. Im Übrigen ist die Untersuchung bei einem Arzt zu veranlassen, der die arbeitsmedizinische Fachkunde nach § 3 UVV „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (BGV A2) besitzt. § 3 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3)

Der Unternehmer hat die Vorsorgeuntersuchungen auf seine Kosten zu veranlassen, sofern die Kosten nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen werden. 251

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 8)

(4)

Wird eine Vorsorgeuntersuchung veranlasst, so hat der Unternehmer dem untersuchenden Arzt aufzugeben, 1. den Untersuchungsbefund schriftlich festzuhalten und den Versicherten über den Untersuchungsbefund zu unterrichten, 2. dem Unternehmer schriftlich zu bestätigen, dass eine Untersuchung stattgefunden hat, 3. im Falle gesundheitlicher Bedenken a) dem Unternehmer schriftlich eine Überprüfung des Arbeitsplatzes zu empfehlen, wenn der Versicherte infolge der Arbeitsplatzverhältnisse gefährdet erscheint, b) den Versicherten medizinisch zu beraten.

§ (5)

Veranlasst der Unternehmer die beantragte Untersuchung nicht oder ist der Versicherte mit dem Ergebnis der Untersuchung nicht einverstanden, so kann der Versicherte die Entscheidung der Berufsgenossenschaft über die Notwendigkeit der Untersuchung oder über deren Ergebnis beantragen.

§ 8 Ermächtigte Ärzte (1) Ärzte, die Vorsorgeuntersuchungen nach § 2 Abs. 1 durchführen, müssen 1. von der Berufsgenossenschaft oder, 2. wenn die Vorsorgeuntersuchungen zugleich in einer staatlichen Rechtsvorschrift vorgeschrieben sind, von der zuständigen Behörde hierzu ermächtigt sein. Die Ermächtigung soll im Einvernehmen zwischen der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Behörde und der Berufsgenossenschaft erfolgen.

252

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 9)

(2)

Die Ermächtigung kann erteilt werden, wenn der Antragsteller 1. zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt ist, 2. die erforderlichen besonderen Fachkenntnisse besitzt und 3. über die notwendige Einrichtung und Ausstattung verfügt.

(3)

Ist ein Betriebsarzt bestellt, so ist dieser auf seinen Antrag zu ermächtigen, die Vorsorgeuntersuchungen bei den von ihm arbeitsmedizinisch betreuten Versicherten vorzunehmen, sofern die Voraussetzungen zur Ermächtigung nach Absatz 2 vorliegen.

§

§ 9 Ärztliche Bescheinigung (1) Wird eine Vorsorgeuntersuchung nach § 2 Abs. 1 veranlasst, so hat der Unternehmer dem ermächtigten Arzt aufzugeben, 1. den Untersuchungsbefund schriftlich festzuhalten und den Versicherten über den Untersuchungsbefund zu unterrichten sowie 2. den Untersuchungsbefund, soweit es sich um die Konzentration eines Stoffes oder seines Umwandlungsproduktes im Körper oder die dadurch ausgelöste Abweichung eines biologischen Indikators von seiner Norm handelt, a) der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen staatlichen Stelle auf Verlangen der zuständigen staatlichen Behörde und

253

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 9)

b) der Berufsgenossenschaft auf deren Verlangen vorzulegen, 3. im Falle gesundheitlicher Bedenken a) dem Unternehmer schriftlich eine Überprüfung des Arbeitsplatzes zu empfehlen, wenn der Versicherte infolge der Arbeitsplatzverhältnisse gefährdet erscheint, b) den Versicherten in schriftlicher Form medizinisch zu beraten.

§ 254

(2)

Der ermächtigte Arzt ist ferner zu verpflichten, 1. dem Unternehmer und dem Versicherten eine Bescheinigung über das Untersuchungsergebnis auszustellen, 2. der Bescheinigung nach Nummer 1 etwaige Empfehlungen nach Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe a) beizufügen, 3. in der Bescheinigung auf die Rechte nach § 10 hinzuweisen und 4. der Berufsgenossenschaft jährlich statistische Angaben über Anzahl und Ergebnis der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen zu erstatten.

(3)

Der Unternehmer hat den ermächtigten Arzt zu verpflichten, der Berufsgenossenschaft im Falle der Bescheinigung gesundheitlicher Bedenken Mitteilung zu machen, wenn die Gefahr des Entstehens, Wiederauflebens oder der Verschlimmerung einer Berufskrankheit besteht, soweit Gründe der ärztlichen Schweigepflicht dieser Mitteilung nicht entgegenstehen. Dieser Mitteilung sind Vorschläge für Maßnahmen der Prävention beizufügen.

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§§ 10, 11)

§ 10 Entscheidung der Berufsgenossenschaft (1) Hält der Unternehmer oder der untersuchte Versicherte die vom ermächtigten Arzt ausgestellte Bescheinigung nach § 9 für unzutreffend, so kann er die Entscheidung der Berufsgenossenschaft beantragen.

§

(2)

Die Berufsgenossenschaft kann vor ihrer Entscheidung ein ärztliches Gutachten einholen. Die Kosten des ärztlichen Gutachtens trägt der Unternehmer, soweit diese Kosten nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen werden.

(3)

Eine in dieser Unfallverhütungsvorschrift vorgesehene ärztliche Bescheinigung wird durch eine Entscheidung der Berufsgenossenschaft nach Absatz 1 ersetzt.

(4)

Ist eine Vorsorgeuntersuchung zugleich in einer staatlichen Rechtsvorschrift vorgeschrieben, so entscheidet die zuständige Behörde darüber, ob die Bescheinigung zutreffend ist.

§ 11 Vorsorgekartei und Aufbewahren der ärztlichen Bescheinigung (1) Für Versicherte, die in den Fällen des § 2 Abs. 1 untersucht worden sind, hat der Unternehmer eine Vorsorgekartei zu führen. (2)

Die Kartei muss für jeden Versicherten folgende Angaben enthalten: 1. Vor- und Familienname, Geburtsdatum, 2. Wohnanschrift, 3. Tag der Einstellung und des Ausscheidens, 4. Rentenversicherungsnummer, 255

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 11)

5. zuständiger Krankenversicherungsträger, 6. Art der vom Arbeitsplatz ausgehenden Gefährdungsmöglichkeiten, 7. Art der Tätigkeit mit Angabe des Beginns und des Endes der Tätigkeit, 8. Angaben von Zeiten über frühere Tätigkeiten, bei denen eine Gefährdungsmöglichkeit bestand (soweit bekannt), 9. Datum und Ergebnis der Vorsorgeuntersuchung, 10. Datum der nächsten Nachuntersuchung, 11. Name und Anschrift des untersuchenden Arztes, 12. Name dessen, der die Vorsorgekartei führt. Die Angaben können in Dateiform auch auf sonstigen Datenträgern gespeichert werden.

§ 256

(3)

Der Versicherte oder eine von ihm bevollmächtigte Person hat das Recht auf Einsichtnahme in die ihn betreffenden Angaben.

(4)

Der Unternehmer hat die Kartei und die ärztlichen Bescheinigungen für jeden Versicherten bis zu dessen Ausscheiden aus dem Unternehmen aufzubewahren. Danach sind dem Versicherten der ihn betreffende Auszug aus der Kartei und die ärztlichen Bescheinigungen auszuhändigen. Ein Abdruck des dem Versicherten ausgehändigten Auszugs ist wie Personalunterlagen aufzubewahren. Der Unternehmer hat der Berufsgenossenschaft den Abdruck auf Anforderung zur Aufbewahrung zu übergeben.

(5)

Der Unternehmer hat die Kartei so aufzubewahren, dass Unbefugte keinen Zugang haben. Die in der Kartei enthaltenen Angaben dürfen unbefugten Dritten nicht offenbart werden.

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 12)

§ 12 Maßnahmen nach einer Erst- oder Nachuntersuchung (1) Hat der ermächtigte Arzt eine Bescheinigung mit einer Empfehlung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a) erteilt, darf der Unternehmer den Untersuchten an seinem Arbeitsplatz nur beschäftigen oder weiterbeschäftigen, wenn die Wirksamkeit der Maßnahmen nach § 2 UVV „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) überprüft worden ist und für den Untersuchten gesundheitliche Bedenken nicht mehr bestehen. Auf dem Arbeitsplatz dürfen andere Versicherte nur beschäftigt werden, wenn feststeht, dass sie durch Maßnahmen nach § 2 UVV „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) ausreichend geschützt werden können.

§

(2)

Bei Vorsorgeuntersuchungen, die zugleich in einer staatlichen Rechtsvorschrift vorgeschrieben sind, ist die Wirksamkeit der Maßnahmen auch nach der entsprechenden staatlichen Vorschrift zu überprüfen.

(3)

Hat der ermächtigte Arzt dem Unternehmer eine Bescheinigung mit einer Empfehlung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a) ausgestellt, hat der Unternehmer dies dem Betriebs- oder Personalrat mitzuteilen.

(4)

Sind Empfehlungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a) ausgesprochen worden, hat der Unternehmer die Berufsgenossenschaft unverzüglich zu unterrichten. Der Berufsgenossenschaft ist mitzuteilen, welche Maßnahmen eingeleitet worden sind und wie viele Versicherte an diesem Arbeitsplatz tätig sind.

257

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§§ 13, 14)

III. Besondere Bestimmungen für krebserzeugende Gefahrstoffe

§

§ 13 Mitteilung (1) Der Unternehmer hat der Berufsgenossenschaft spätestens bis zum 30. Juni des folgenden Jahres über jeden Versicherten, der Tätigkeiten an Arbeitsplätzen mit Überschreiten der Auslöseschwelle für krebserzeugende Gefahrstoffe ausgeübt hat, Mitteilung zu machen. Diese Mitteilung muss insbesondere enthalten: 1. Angaben zur Person, 2. Angaben zu den krebserzeugenden Gefahrstoffen, 3. Art, Beginn und Ende der Tätigkeit mit diesen Gefahrstoffen, 4. Angaben zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, 5. Rentenversicherungsnummer. Die Mitteilung ist nicht erforderlich, wenn die Tätigkeit im Sinne des Satzes 1 weniger als 3 Monate ausgeübt worden ist. (2)

Dem Versicherten sind Abschriften der Mitteilung nach Absatz 1 zu überlassen. Der Betriebs- oder Personalrat ist über den Inhalt der Mitteilung zu informieren.

§ 14 Gesundheitsakte (1) Der Unternehmer hat den ermächtigten Arzt zu verpflichten, für jeden ärztlich zu überwachenden Versicherten, der eine Tätigkeit mit Überschreiten der Auslöseschwelle ausübt, eine Gesundheitsakte zu führen und diese während der überwachungspflichtigen Zeit bezüglich Arbeitsanamnese, Untersuchungsbefunde einschließlich der biologischen Daten sowie der ärztlichen Beurteilung auf dem Laufenden zu halten. Die Berufsgenossenschaft

258

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 14)

kann andere Dokumentationen arbeitsmedizinischer Aufzeichnungen zulassen, wenn sie die gleichen Angaben wie das Muster der Gesundheitsakte enthalten und eine zentrale Aufbewahrung möglich ist.

§

(2)

Der Unternehmer hat den ermächtigten Arzt zu verpflichten, die Gesundheitsakte 1. bis zum Ablauf des Jahres aufzubewahren, in welchem der Versicherte 75 Jahre alt geworden ist oder geworden wäre, oder 2. der Berufsgenossenschaft zu übergeben, wenn er sie nicht selbst aufbewahren kann. Nummer 2 gilt auch, wenn der Versicherte bei seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen die Aufbewahrung der Gesundheitsakte bei der Berufsgenossenschaft ausdrücklich wünscht.

(3)

Der Unternehmer hat ferner den ermächtigten Arzt zu verpflichten, die Gesundheitsakte 1. der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stelle auf Verlangen der staatlichen Behörde vorzulegen, sowie 2. auf Verlangen der Berufsgenossenschaft einem anderen mit einer Vorsorgeuntersuchung betrauten ermächtigten Arzt, dem ermächtigten Nachfolger oder ihr selbst zur Erfassung vorzulegen und bei Fortfall der Ermächtigung die Gesundheitsakte der Berufsgenossenschaft zu übergeben.

(4)

Die Absätze 1 bis 3 gelten für den Unternehmer nicht, wenn die zuständige Behörde dem Arzt mit der Ermächtigung auferlegt hat, die ihm nach diesen Absätzen obliegenden Pflichten zu erfüllen. 259

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (§ 15)

§ 15 Nachgehende Untersuchungen (1) Versicherte sind durch nachgehende Untersuchungen zu überwachen, wenn sie 1. nach dem 1. Oktober 1984 eine Tätigkeit beendet haben, bei der die Auslöseschwelle für krebserzeugende Gefahrstoffe überschritten war, und 2. diese Tätigkeit so lange ausgeübt haben, dass mindestens eine Nachuntersuchung zu veranlassen war, oder, bei Umgang mit Asbest, diese Tätigkeit mindestens 3 Monate ausgeübt haben.

§ 260

(2)

Die Berufsgenossenschaft kann abweichend von Absatz 1 nachgehende Untersuchungen anordnen. Der Unternehmer hat in diesen Fällen der Berufsgenossenschaft die zur Veranlassung der nachgehenden Untersuchungen erforderlichen Daten auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.

(3)

Nachgehende Untersuchungen hat bei bestehendem Beschäftigungsverhältnis der Unternehmer zu veranlassen. Ist der Versicherte aus dem Unternehmen ausgeschieden, in dem diese Tätigkeit ausgeübt wurde, veranlasst die Berufsgenossenschaft die nachgehenden Untersuchungen.

(4)

Nachgehende Untersuchungen sind nach den gesicherten arbeitsmedizinisch-toxikologischen Erkenntnissen über die Wirkungsweise des jeweiligen Gefahrstoffes innerhalb einer Zeitspanne von längstens 5 Jahren durchzuführen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der letzten Nachuntersuchung.

ANHANG UVV „LÄRM“ (BGV B3) – IN AUSZÜGEN –

I. Geltungsbereich § 1 Geltungsbereich Diese Unfallverhütungsvorschrift gilt für Unternehmen, soweit Versicherte unter Lärmgefährdung beschäftigt werden.

II. Begriffsbestimmungen

§

§ 2 Begriffsbestimmungen (1) Lärmgefährdung im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift ist die Einwirkung von Lärm auf Versicherte, die zur Beeinträchtigung der Gesundheit, insbesondere im Sinne einer Gehörgefährdung, führen kann oder zu einer erhöhten Unfallgefahr führt. (2)

Der Beurteilungspegel im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift kennzeichnet die Wirkung eines Geräusches auf das Gehör. Er ist der Pegel eines achtstündigen konstanten Geräusches oder, bei zeitlich schwankendem Pegel, der diesem gleichgesetzte Pegel. Er wird entsprechend Anlage 1 ermittelt.

(3)

Lärmbereiche im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift sind Bereiche, in denen Lärm auftritt, bei dem der ortsbezogene Beurteilungspegel 85 dB (A) oder der Höchstwert des nicht bewerteten Schalldruckpegels 140 dB erreicht oder überschreitet.

261

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Lärm“ (§§ 3, 4, 5)

III. Technische Lärmminderung § 3 Arbeitsmittel (1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsmittel, die zur Lärmgefährdung der Versicherten beitragen können, nach den fortschrittlichen, in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik beschaffen sind und betrieben werden.

§ (2)

Der Unternehmer hat bei der Beschaffung neuer Arbeitsmittel, die zur Lärmgefährdung beitragen können, dafür zu sorgen, dass ihm sachdienliche Informationen zur Verfügung stehen über  die Geräuschemission der Arbeitsmittel und  die Betriebs- und Aufstellungsbedingungen, unter denen die Geräuschemission bestimmt worden ist.

§ 4 Arbeitsverfahren Der Unternehmer hat die Arbeitsverfahren nach den fortschrittlichen, in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik so zu gestalten oder auszuwählen und anzuwenden, dass eine Lärmgefährdung der Versicherten soweit wie möglich verringert wird.

§ 5 Arbeitsräume Der Unternehmer hat Arbeitsräume so zu gestalten, dass die Schallausbreitung nach den fortschrittlichen, in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik vermindert wird, wenn eine Lärmgefährdung der Versicherten besteht oder zu erwarten ist. 262

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Lärm“ (§§ 6, 7)

§ 6 Lärmminderungsprogramm Der Unternehmer hat nach den fortschrittlichen, in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik ein Programm technischer Maßnahmen und Maßnahmen der Arbeitsgestaltung zur Lärmminderung für die nach § 7 Abs. 2 kennzeichnungspflichtigen Lärmbereiche aufzustellen und durchzuführen.

IV. Betrieb

§

§ 7 Lärmbereiche (1) Der Unternehmer hat die im Betrieb vorhandenen Lärmbereiche fachkundig zu ermitteln und die Versicherten, für die die Gefahr des Entstehens lärmbedingter Gehörschäden besteht, festzustellen. Die Ermittlung ist in geeigneten Zeitabständen, insbesondere nach wesentlichen Änderungen, die Auswirkungen auf den Beurteilungspegel haben, zu wiederholen. (2)

Der Unternehmer hat Lärmbereiche zu kennzeichnen, wenn der ortsbezogene Beurteilungspegel 90 dB(A) oder der Höchstwert des nichtbewerteten Schalldruckpegels 140 dB erreicht oder überschreitet. Lärmbereiche sind auch zu kennzeichnen, wenn bei den in Anlage 2 bezeichneten Arbeitsverfahren und Arbeitsmitteln der Beurteilungspegel den Wert 90 dB(A) dadurch erreicht oder überschreitet, dass die Impulshaltigkeit des Lärmes berücksichtigt wird.

(3)

Der Unternehmer hat die bei der Ermittlung der Lärmbereiche festgestellten Ergebnisse aufzuzeichnen und die Ergebnisse dem Technischen Aufsichtsbeamten auf Verlangen vorzulegen. 263

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Lärm“ (§§ 8, 9)

(4)

Die bei der Ermittlung der Lärmbereiche festgestellten Ergebnisse sind vom Unternehmer mindestens 30 Jahre aufzubewahren. Der Unternehmer braucht diese Ergebnisse nicht aufzubewahren, sofern die Berufsgenossenschaft dies übernimmt. Stellt der Unternehmer seinen Betrieb ein und ist eine weitere Aufbewahrung nicht möglich, sind die Ergebnisse der Berufsgenossenschaft zu übergeben.

§ (5)

Der Unternehmer hat den Zugang zu Lärmbereichen zu beschränken, wenn dies durch das Expositionsrisiko gerechtfertigt und diese Maßnahme in der Praxis vertretbar ist.

§ 8 Geräuschmessung Ist ein begründeter Anlass zu der Annahme gegeben, dass eine Lärmgefährdung entsteht, kann der Technische Aufsichtsbeamte unbeschadet der Festlegungen in § 7 Abs. 2 und § 10 Abs. 2 im Einzelfall anordnen, dass der Unternehmer einen oder mehrere der nachfolgenden Schallpegel fachkundig messen lässt: 1. Den ortsbezogenen Beurteilungspegel, 2. den personenbezogenen Beurteilungspegel, 3. den Höchstwert des nichtbewerteten Schalldruckpegels, 4. den Beurteilungspegel mit Impulszuschlag.

§ 9 Unterweisung Der Unternehmer hat die Ergebnisse der Ermittlungen nach § 7 Abs. 1 und 2 den betroffenen Versicherten mitzuteilen und sie über die Bedeutung der Ergebnisse, die Gefahren durch Lärm sowie über Maßnahmen, die entsprechend dieser Unfallver264

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Lärm“ (§ 10)

hütungsvorschrift oder anderer einschlägiger Vorschriften vorgesehen sind, zu unterweisen.

§

§ 10 Persönlicher Schallschutz (1) Der Unternehmer hat den Versicherten, die im Lärmbereich beschäftigt werden, unbeschadet der §§ 3 bis 5 geeignete Gehörschutzmittel zur Verfügung zu stellen. Dies gilt auch, wenn die Versicherten außerhalb von Lärmbereichen beschäftigt werden, aber der personenbezogene Beurteilungspegel 85 dB(A) erreichen oder überschreiten kann. (2)

Die Versicherten haben die zur Verfügung gestellten Gehörschutzmittel in den nach § 7 Abs. 2 gekennzeichneten Lärmbereichen zu benutzen. Dies gilt auch, wenn die Versicherten außerhalb von gekennzeichneten Lärmbereichen beschäftigt werden, aber der Unternehmer festgestellt hat, dass der personenbezogene Beurteilungspegel, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Anlage 2, 90 dB(A) erreichen oder überschreiten kann.

(3)

Für Baustellenarbeitsplätze kann die Berufsgenossenschaft Arbeitsverfahren bestimmen, für die der Unternehmer Gehörschutzmittel zur Verfügung zu stellen hat und bei denen die Versicherten diese zu benutzen haben.

(4)

Die Berufsgenossenschaft kann im Einzelfall für die Benutzung von Gehörschutzmitteln befristete Ausnahmen zulassen, wenn durch die Benutzung von Gehörschutzmitteln eine erhöhte Unfallgefahr entsteht und auf andere Weise diese Unfallgefahr nicht vermieden werden kann. 265

Anhang Auszug aus Unfallverhütungsvorschrift „Lärm“ (§§ 11, 12)

§ 11 Zusätzliche Schallquellen Tonwiedergabegeräte mit Kopfhörer, die nicht Arbeitsmittel sind, dürfen von Versicherten nicht benutzt werden. Dies gilt nicht, wenn durch die Bauart des Gerätes sichergestellt ist, dass  keine Gehörgefährdung entsteht und  Gefahrensignale unbeeinträchtigt erkannt werden können.

§

§ 12 Signalerkennung (1) Wird durch Lärm die Wahrnehmung akustischer Signale, Warnrufe oder gefahrankündigender Geräusche beeinträchtigt und entsteht hierdurch eine erhöhte Unfallgefahr, muss der Unternehmer den Lärm nach den fortschrittlichen, in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik so vermindern, dass Signale, Warnrufe oder gefahrankündigende Geräusche in ausreichendem Maße wahrgenommen werden können. (2)

266

Ist eine ausreichende Verminderung des Lärms nicht möglich, hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Signalgeber entsprechend verbessert werden.

ANHANG WEITERE FÜR DIE ARBEITSSICHERHEIT WICHTIGE GESETZLICHE VORSCHRIFTEN UND VERORDNUNGEN (AUFZÄHLUNG)

Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) mit der Störfallverordnung (BImSchV) Wasserhaushaltsgesetz (WHG) Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz – AtG) Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung – StrSchV) Verordnung über den Schutz von Schäden durch Röntgenstrahlen (Röntgenverordnung – RöV) Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) Berufsbildungsgesetz (BBiG) Sozialgesetzbuch IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (MuSchG) Heimarbeitsgesetz (HArG) Arbeitszeitordnung (ArbZV) mit zahlreichen Ausführungsverordnungen, Anordnungen und Bekanntmachungen

267

ANHANG URTEIL DES BUNDESARBEITSGERICHTS ZU FRAGEN DER MITBESTIMMUNG IM ARBEITSSCHUTZ (AUSZUG)

I. Bildschirmarbeitsplätze (Urteil vom 6.12.1983) (vollständig abgedruckt in der Sammlung „Arbeitsrechtliche Praxis“ AP, Heft 29–30 Blatt 988 ff.) 1. Verlangt der Betriebsrat anlässlich der Einführung von Bildschirmarbeitsplätzen die Regelung einer Vielzahl von Gegenständen, so kann der Arbeitgeber hinsichtlich eines jeden Gegenstandes die Feststellung beantragen, dass das Regelungsverlangen des Betriebsrates nicht begründet ist. 2. Nach § 91 BetrVG kann der Betriebsrat auch dann nicht generell die bestimmte Ausgestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen verlangen, wenn einzelne Arbeitsplätze gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen und Arbeitnehmer dadurch besonders belastet werden. 3. Das Verlangen des Betriebsrates, die Arbeit an Bildschirmgeräten zeitlich zu beschränken und durch bezahlte Pausen zu unterbrechen, hält sich als Maßnahme des Gesundheitsschutzes nicht im Rahmen gesetzlicher Vorschriften im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. § 120 a GewO verpflichtet nicht dazu, möglichen Gesundheitsgefahren einer Arbeit dadurch zu begegnen, dass die Arbeit zeitlich beschränkt oder regelmäßig unterbrochen wird … Auszug aus den Gründen:

(Vollständig abgedruckt in der Sammlung „Arbeitsrechtliche Praxis“ AP, Heft 29–30 Blatt 988 ff.) 1. Der Gesamtbetriebsrat verlangt nach § 2 Abs. 2 seines Entwurfs für eine Betriebsverfassung eine Regelung, die zum Inhalt hat, dass Bildschirmgeräte und die Ausgestaltung der Arbeitsplätze so beschaffen sein müssen, dass für die dort Beschäftigten eine möglichst geringe arbeitsphysiologische Belastung entsteht … 268

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

2. Ein solcher genereller Regelungsanspruch steht dem Betriebsrat nicht zu. a) Nach § 90 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat bei der Einrichtung neuer oder der Änderung bestehender Arbeitsplätze und bei der Einführung neuer Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe diese Maßnahmen gemeinsam zu beraten und dabei insbesondere deren Auswirkungen auf die Art der Arbeit und die Anforderungen an die Arbeitnehmer zu beachten. Sie sollen dabei gemeinsam die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit berücksichtigen. Diese Vorschrift begründet für den Arbeitgeber noch keine Verpflichtung, Arbeitsplätze, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe jeweils so zu gestalten, dass den genannten gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprochen wird. Welche Anforderungen Arbeitsplätze, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe in Bezug auf Sicherheit und menschengerechte Gestaltung zwingend zu erfüllen haben, ist vielmehr in anderen Rechtsvorschriften geregelt. Diese zu beachten ist der Arbeitgeber ohnehin verpflichtet. Deren Einhaltung zu überwachen, ist u. a. auch Aufgabe des Betriebsrats, § 80 Abs. 1 Nr. 1 und § 89 BetrVG. § 90 BetrVG gewährt dem Betriebsrat nicht das Recht, vom Arbeitgeber zu verlangen, dass geplante Arbeitsplätze, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe weiteren Anforderungen als denen genügen, die in anderen Rechtsvorschriften festgelegt sind. Das gilt auch dann, wenn sich solche Anforderungen aus gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit ergeben, deren Beachtung dem Arbeitgeber durch Rechtsvorschriften aber noch nicht zur Pflicht gemacht worden ist. Diese Regelung hindert jedoch nicht, dass Arbeitgeber und Betriebsrat freiwillig vereinbaren können, dass Arbeitsplätze, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe weiteren Anforderungen ent269

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

sprechen sollen, die eine menschengerechte oder noch menschengerechtere Gestaltung der Arbeit ermöglichen, § 88 BetrVG. Ein Recht, entsprechende Regelungen zu erzwingen, räumt das Gesetz dem Betriebsrat in § 90 BetrVG nicht ein. Der Betriebsrat wird durch diese Vorschrift des BetrVG nicht in die Lage versetzt, dem Arbeitgeber die Beachtung von noch nicht zu Rechtsnormen erhobenen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit allgemein zur Pflicht zu machen. b) Erst § 91 BetrVG gibt dem Betriebsrat die Möglichkeit tätig zu werden, wenn nämlich Arbeitsplätze, Arbeitsabläufe oder die Arbeitsumgebung gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen nicht entsprechen. Davon, dass dies auch erlaubtermaßen der Fall sein kann, geht § 91 BetrVG aus. Voraussetzung für ein Tätigwerden ist, dass der Widerspruch zu diesen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen offensichtlich ist und dass dadurch Arbeitnehmer in besonderer Weise belastet werden. Ist das der Fall, so kann der Betriebsrat angemessene Maßnahmen zur Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich der Belastung verlangen. Solche Maßnahmen kann er über einen Spruch der Einigungsstelle erzwingen. Der Gesamtbetriebsrat hat geltend gemacht, dass eine Vielzahl von Bildschirmarbeitsplätzen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen widerspricht. Davon kann hier zugunsten des Gesamtbetriebsrats davon ausgegangen werden, ebenso davon, dass die dort beschäftigten Arbeitnehmer dadurch besonders belastet werden. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Gesamtbetriebsrat eine generelle Regelung dahin verlangen kann, dass Bildschirmarbeitsplätze überhaupt bestimmten noch nicht rechtlich normierten Anforderungen genügen müssen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 91 BetrVG ist ein „korrigierendes“ Mitbestimmungsrecht. Der Betriebsrat soll die Möglichkeit und das Recht haben, Arbeitsbedingungen nach Möglichkeit an gesicherte ar270

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

beitswissenschaftliche Erkenntnisse heranzuführen, wenn Arbeitsplätze, Arbeitsverfahren oder Arbeitsumgebung diesen offensichtlich widersprechen und den Arbeitnehmer besonders belasten … … Solche konkreten Korrekturen oder bestimmte Maßnahmen zur Milderung oder zum Ausgleich nicht korrigierbarer Abweichungen von gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen sind nicht Inhalt des hier strittigen Regelungsverlangens des Gesamtbetriebsrats … Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Regelungen u. a. über den Gesundheitsschutz „im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften“. „Im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich solcher Regelungen gegeben ist, die der Arbeitgeber aufgrund bestehender arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften zu treffen hat. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beschränkt sich damit auf die Ausfüllung vorgegebener Normen, und zwar solcher Normen, die dem Arbeitgeber einen Entscheidungsspielraum, einen Ermessensspielraum belassen. Nur soweit der Arbeitgeber noch entscheiden kann, auf welche Weise er Anforderungen des öffentlich-rechtlichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes genügen will, setzt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ein. Für dieses ist daher Voraussetzung das Vorhandensein ausfüllungsbedürftiger Rahmenvorschriften des öffentlich-rechtlichen Gesundheitsschutzes … Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, welche Vorschriften des öffentlich-rechtlichen Gesundheitsschutzes als aus271

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

füllungsbedürftigte Rahmenvorschriften in Betracht kommen. Was der Gesamtbetriebsrat mit einer Regelung, dass arbeitsphysiologische Belastungen an Bildschirmarbeitsplätzen möglichst gering gehalten werden sollen, erstrebt, ist nicht die konkrete Ausfüllung irgendeiner Rahmenvorschrift im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, der Gesamtbetriebsrat will vielmehr selbst eine solche Rahmenvorschrift schaffen … … Mitbestimmen im Sinne von § 87 BetrVG bedeutet aber regelmäßig Mitregeln, nicht Mitbeurteilen.

II. Mitbestimmung bei der Erstellung von Arbeitsanweisungen (Entscheidung vom 16. 6.1998 – 1 ABR 68/97, vollständig abgedruckt in Entscheidungen des BAG, BAGE 89, 139–148) Gründe: Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen. Die Arbeitgeberin betreibt Herstellung, Montage und Vertrieb von Aufzügen und Fahrtreppen. Sie beschäftigt in ihren bundesweit 48 Betriebsstätten insgesamt etwa 4190 Arbeitnehmer. Die örtlichen Betriebsräte haben den als Antragsteller beteiligten Gesamtbetriebsrat gewählt. Die Arbeitgeberin stellt den bei ihr beschäftigten Meistern ein „Field Operation Department“ (FOD-)Handbuch zur Verfügung. Dieses enthält für alle Arbeitnehmer verbindliche Arbeits- und Sicherheitsanweisungen. Mit Schreiben vom 29. November 1995 übersandte die Arbeitgeberin dem Vorsitzenden des beim Gesamtbetriebs272

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

rat gebildeten Ausschusses „Arbeitssicherheit“ die Entwürfe der „Betriebsanweisungen 1/96 bis 5/96“. Sie forderte den Ausschuss auf, Änderungswünsche wesentlicher Art mitzuteilen, andernfalls würden die Ausarbeitungen mittels FOD-Handbuch verteilt. Es bestehe dann Anwendungspflicht in den Distrikten. Eine Redaktionsbesprechung für kleinere Ergänzungen sei für März 1996 vorgesehen. Der Ausschussvorsitzende berief sich mit Schreiben vom 7. Dezember 1995 auf ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Die Arbeitgeberin erklärte demgegenüber mit Schreiben vom 19. Februar 1996, dass sie die überarbeiteten Anweisungen 1/96 Absturzsicherungen 2 + 2a/96 Zugang zum Triebwerks- und Rollenraum 3/96 Arbeiten auf dem Kabinendach 4/96 Arbeiten in der Schachtgrube und 5/96 Elektrische Betriebsmittel nunmehr im Rahmen des FOD-Handbuchs herausgeben wolle. Das ist geschehen. Die Arbeitsanweisungen 1/96 bis 5/96 richten sich an die Monteure der Arbeitgeberin bei der Arbeit an Aufzügen und Fahrtreppen. Sie beschreiben die auftretenden Gefahren, bezeichnen Schutzmaßnahmen und Verhaltensgrundsätze, regeln das Verhalten bei Störungen und Unfällen, bestimmen die Pflichten bei Instandhaltung, drohen arbeitsrechtliche Maßnahmen bei Nichtbeachtung an und verweisen im Übrigen auf „Basisvorschriften“, darunter Unfallverhütungsvorschriften. Der Gesamtbetriebsrat hat erstinstanzlich beantragt, 1. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Arbeitsanweisungen 1/96 Absturzsicherungen, 2 + 2a/96 Zugang zum Triebwerks- und Rollenraum, 3/96 Arbeiten auf dem Kabinendach, 4/96 Ar273

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

beiten in der Schachtgrube, 5/96 Elektrische Betriebsmittel aus dem „Field Operation Department“ (FOD-)Handbuch herauszunehmen, 2. der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird. Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Antragstellers stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin. Der Antragsteller hat den Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes in der Sitzung des Senats am 16. Juni 1998 zurückgenommen. B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Aufnahme der Arbeitsanweisungen in das Handbuch war mitbestimmungspflichtig (l). Träger des Mitbestimmungsrechts ist der Antragsteller (II). Dieser kann die Beseitigung des betriebsverfassungswidrigen Zustandes verlangen (III). Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. l. Die Erstellung der Arbeitsanweisungen und ihre Aufnahme in das FOD-Handbuch war mitbestimmungspflichtig gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und Unfallverhütungsvorschriften. 1. Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, dass die Arbeitsanweisungen der Verhütung von Arbeitsunfällen und dem Gesundheitsschutz dienen. Es ist das erklärte Ziel der Arbeitgeberin, 274

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

die Arbeitssicherheit zu erhöhen und durch verbindliche Anweisungen für die Durchführung der Arbeiten Unfällen vorzubeugen. Außer Streit steht auch, dass von den angesprochenen Arbeiten an Aufzügen und Fahrtreppen eine objektive Unfallgefahr ausgeht. Das ist evident für die Anweisungen Absturzsicherungen, Zugang zum Triebwerks- und Rollenraum, Arbeiten auf dem Kabinendach, Arbeiten in der Schachtgrube, es gilt aber auch für die Anweisung Elektrische Betriebsmittel. Die Arbeitgeberin verweist selbst auf ihrer Meinung nach einschlägige Unfallverhütungsvorschriften. Auch der Gesamtbetriebsrat wendet sich nicht dagegen, dass solche Anweisungen gegeben werden; er möchte aber sein Mitbestimmungsrecht gewahrt sehen und inhaltlich Einfluss nehmen können, wobei er im Einzelnen Bedenken gegen die Ausgestaltung der Richtlinien hat. Es handelt sich dabei um Regelungsfragen in Bezug auf kollektive Tatbestände, nicht um Einzelfallregelungen (vgl. nur Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 19. Aufl., § 87 Rz 288). 2. Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG setzt allerdings voraus, dass die Regelung im Rahmen einer gesetzlichen Vorschrift oder einer Unfallverhütungsvorschrift ergeht. Es muss also eine Vorschrift vorliegen, die Maßnahmen der Unfallverhütung bzw. des Gesundheitsschutzes fordert, dabei aber einen ausfüllungsfähigen und ausfüllungsbedürftigen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen den Betriebspartnern ein Regelungsspielraum bleibt. Als Rahmenvorschrift in diesem Sinne hat das Landesarbeitsgericht zutreffend vorrangig auf § 2 Abs. 1 VBG 1 (Unfallverhütungsvorschriften – Allgemeine Vorschriften; entspricht heute § 2 BGV A1, Grundsätze der Prävention) abgestellt. Nach § 2 Abs. 1 VBG 1 hat der Unternehmer zur Verhütung von Arbeitsunfällen Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen zu treffen, die den Bestimmungen dieser Regelung und den für ihn 275

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

sonst geltenden Unfallverhütungsvorschriften und im Übrigen den allgemein anerkannten sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Regeln entsprechen. Es handelt sich dabei um eine sehr weit gefasste Generalklausel. Rahmenvorschrift im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG kann eine derartige Generalklausel sein. Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 2. April 1996 (1 ABR 47/95 – BAGE 82, 349 = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz, unter B II 2 b aa der Gründe, mit ausführlichen Nachweisen) für die inzwischen außer Kraft getretene vergleichbare Vorschrift des § 120 a GewO bejaht. Die herangezogenen Gründe gelten im vollen Umfang auch für die hier zu beurteilende Generalklausel des § 2 Abs. 1 VBG 1. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG setzt gerade einen Regelungsspielraum voraus, wie er arbeitsschutzrechtlichen Generalklauseln typischerweise zu eigen ist. Da viele Rahmenschutzvorschriften von beachtlicher Weite sind, besteht insoweit auch kein qualitativer, sondern nur ein gradueller Unterschied. Dies gilt für § 2 Abs. 1 VBG 1 nicht anders als für § 120 a GewO (vgl. im einzelnen Senatsbeschluss vom 2. April 1996, aaO). Der demgegenüber erhobene Einwand, es bleibe kein Raum für freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG und die Anwendung von § 91 BetrVG, überzeugt nicht (Senatsbeschluss vom 2. April 1996, aaO). Geht man davon aus, dass das Mitbestimmungsrecht im Rahmen der Generalklauseln voraussetzt, dass objektiv eine Gefahr von Arbeitsräumen, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen ausgeht (vgl. MünchArbR/Matthes, § 335 Rz 16; Richardi, BetrVG, 7. Aufl., § 87 Rz 602), liegt bereits hierin eine Beschränkung, die Raum für freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG lässt. Außerdem bleibt die Möglichkeit nicht erzwingbarer zusätzlicher Betriebsvereinbarungen bei bereits mitbestimmter Regelung eines den Anforderungen der jeweiligen Rahmenvorschrift genügenden Standards. Soweit § 91 BetrVG betroffen ist, hat der 276

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

Senat schon in seiner Entscheidung vom 2. April 1996 (aaO) darauf hingewiesen, dass nach dieser Vorschrift die Interventionsschwelle bereits bei offensichtlichem Widerspruch gegen die gesicherten Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit erreicht ist und dass danach auch auf Belastungen der Arbeitnehmer reagiert werden kann, die keine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit darstellen. § 2 Abs. 1 VBG 1 ist daher – in gleicher Weise wie der frühere § 120 a GewO – als Rahmenvorschrift im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG anzusehen. Es bedarf bei dieser Sachlage keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch § 3 ArbSchG als Rahmenvorschrift einschlägig ist. Festzuhalten bleibt allerdings, dass § 3 ArbSchG dann, wenn man ihn als Rahmenvorschrift berücksichtigt, in gleicher Weise wie § 2 Abs. 1 VBG 1 und der frühere § 120 a GewO jedenfalls Regelungsspielräume eröffnet, so dass es auch bei dieser Vorschrift nicht etwa nur um eine reine Rechtsanwendung ginge. 3. Der durch § 2 Abs.1 VBG 1 vorgegebene weite Rahmen wird nicht durch speziellere Vorschriften in einer Weise ausgefüllt, dass kein Regelungsspielraum bliebe. Soweit hinsichtlich einzelner Anweisungen solche Ergänzungen in Betracht kommen, lassen auch diese einen ausfüllungsfähigen Gestaltungsspielraum. Dies hat das Landesarbeitsgericht gleichfalls zutreffend gesehen. Die Arbeitsanweisung 1/96 regelt konkrete persönliche Schutzmaßnahmen gegen Absturz im Einsatzgebiet für Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Modernisierung und Neumontage. Dabei wird unterschieden, bei welchen Tätigkeiten überhaupt und welche persönlichen Schutzausrüstungen zu verwenden sind. Als einschlägige Unfallverhütungsvorschrift kommt § 4 Abs. 1 VBG 1 (heute §§ 29–31 BGV A1, Grundsätze der Prävention) in Betracht, 277

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

wonach der Arbeitgeber geeignete persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen und in ordnungsgemäßem Zustand zu halten hat, wenn durch betriebstechnische Maßnahmen nicht ausgeschlossen ist, dass Arbeitnehmer Unfall- und Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind. Hinsichtlich der Frage, für welche von verschiedenen, aber gleich geeigneten Schutzausrüstungen sich der Arbeitgeber entscheidet, besteht keine Festlegung. Vielmehr lässt die Vorschrift dem Arbeitgeber im Sinne eines Auswahlermessens ein Wahlrecht unter mehreren „geeigneten“ Möglichkeiten. Damit stellt sich eine Regelungsfrage. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen gerade gemeinsam entscheiden, mit welchen Mitteln der vorgeschriebene Sicherheitsstandard erreicht werden kann (vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, aaO, § 87 Rz 297; Münch ArbR/Matthes, § 335 Rz 7). Die Arbeitsanweisungen 2/96 und 2 a/96 regeln konkrete persönliche Schutzmaßnahmen gegen Absturz, Anstoßen, Stolpern und Ausrutschen im Gefahrenbereich der Triebwerks- und Rollenräume von zu errichtenden und bereits vorhandenen Anlagen. Dabei wird u.a. von dem gemäß § 4 Abs. 1 VBG 1 bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 3 PSABV eröffneten Auswahlermessen dahin Gebrauch gemacht, dass grundsätzlich (lediglich) Helm und Schutzschuhe zu tragen seien. Eine entsprechende Regelungsbedürftigkeit hat das Landesarbeitsgericht zutreffend auch angenommen für § 33 Abs. 3 VBG 1 – Sicherung gegen Absturz unter Umständen auf „andere Weise“, falls die Eigenart des Arbeitsplatzes oder der Arbeit eine ständige Sicherung nicht zulässt. Das Gleiche gilt für § 33 Abs. 4 VBG 1 – „Schutzvorrichtungen“ gegen herabfallende Gegenstände. Im Übrigen konkretisieren die den Arbeitsanweisungen 2/96 und 2 a/96 anliegenden „Vorgehensweisen“ ein sicher geeignetes, aber auch anders denkbares und gleich geeignetes Schutzverhalten im Wege einer arbeitgeberseitigen Anordnung. Es handelt sich dabei um die Ausübung von Auswahlermessen gemäß § 2 Abs.1 VBG 1. 278

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

Die Arbeitsanweisung 3/96 regelt persönliche Schutzmaßnahmen gegen Absturz, Quetschung und Umknicken bei Arbeiten auf dem Kabinendach von Personenaufzügen. Da keine speziellen Vorschriften ersichtlich sind, ist insoweit wiederum auf § 2 Abs. 1 VBG 1 zurückzugreifen. Die Anweisungen, auch in den anliegenden „Vorgehensweisen“, stellen die Ausübung von Auswahlermessen dar. Gleiches gilt für die Arbeitsanweisung 4/96, die persönliche Schutzmaßnahmen gegen Absturz, Quetschung, Stolpern, Stromschlag und das Herabfallen von Gegenständen bei Arbeiten in der Schachtgrube von Aufzügen regelt, sowie die Arbeitsanweisung 5/96, die persönliche Schutzmaßnahmen gegen Stromschlag und dessen Folgen (z.B. Absturz) beim Umgang mit elektrischen Handgeräten zum Regelungsgegenstand hat. Bei allen Regelungsgegenständen bestehen also Wahlmöglichkeiten, die der Arbeitgeber nach Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts nicht allein, sondern zusammen mit dem Betriebsrat treffen soll. Es kommt nicht nur eine (theoretisch) richtige Lösung in Betracht, so dass es sich nur um eine Frage der Rechtsanwendung handelte. Insoweit ist das Regelungsproblem auch nicht zu vergleichen mit der Frage der angemessenen Kompensation gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG, für die der Senat allerdings davon ausgegangen ist, dass es sich trotz der bestehenden Beurteilungsspielräume um eine der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG entzogene Rechtsfrage handele (Senatsbeschluss vom 26. August 1997 – 1 ABR 16/97 – AP Nr. 74 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). 4. Nicht entscheidend ist, ob die schon vorhandenen Maßnahmen den gesetzlich gebotenen Sicherheitsstandard ohnehin erfüllen. Wenn die Arbeitgeberin selbst statt bereits „geeigneter“ andere geeignete oder weitere geeignete Maßnahmen einführen will, geht es immer noch um die Frage, wie der Rahmen der Arbeitsschutzvorschriften auszufüllen ist. Genau darin besteht aber die mitbestim279

Anhang Auszüge aus Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Mitbestimmung im Arbeitsschutz

mungspflichtige Regelungsfrage. Damit ist noch nichts darüber gesagt, ob der Betriebsrat entsprechende Maßnahmen mit Hilfe seines Initiativrechts vor einer Einigungsstelle erzwingen könnte. II. Das danach zu bejahende Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG steht im Streitfall dem Gesamtbetriebsrat als Antragsteller zu, also nicht den örtlichen Betriebsräten, § 50 Abs. 1 BetrVG. Dies ist von den Vorinstanzen und auch von den Beteiligten nicht erörtert worden. Das Landesarbeitsgericht hat auch nicht festgestellt, dass ein Auftrag der örtlichen Betriebsräte an den Gesamtbetriebsrat gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG vorläge. Gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte geregelt werden können. Beide Voraussetzungen sind gegeben. Die von der Arbeitgeberin erlassenen Regelungen des Unfall- und Gesundheitsschutzes betreffen eine überbetriebliche Angelegenheit. Beabsichtigt ist die unternehmensweite Aufnahme der Arbeitsanweisungen in das für alle Betriebe einheitlich geltende FOD-Handbuch der Arbeitgeberin. Eine betriebliche Regelungsmöglichkeit im Sinne der ständigen Senatsrechtsprechung bestand nicht. Danach kommt es zwar nicht darauf an, ob eine Regelung durch den Einzelbetriebsrat objektiv unmöglich ist. Ausreichend, aber auch zu verlangen ist, dass ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder zumindest betriebsübergreifende Regelung besteht. Dabei sind die Verhältnisse des einzelnen konkreten Unternehmens und der konkreten Betriebe maßgebend. Reine Zweckmäßigkeitsgründe oder das Koordinierungsinteresse des Arbeitgebers allein genügen nicht. Inhalt und Zweck des jeweiligen Mitbestimmungsrechts sind zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 26. Januar 1993 – 1 AZR 280

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303/92 – AP Nr. 102 zu § 99 BetrVG 1972, unter II 2 b aa der Gründe; Senatsbeschluss vom 30. August 1995 – 1 ABR 4/95 – BAGE 80, 366 = AP Nr. 29 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung, unter B l 2 b der Gründe). Zwar geht es vorliegend um die Konkretisierung allgemeiner Vorschriften zum Gesundheitsschutz auf betrieblicher Ebene, die beabsichtigten Regelungen betreffen aber nicht vorrangig den Einzelbetrieb mit seinen spezifischen Gefahren, sondern den Arbeitsplatz am Montage- bzw. Wartungsort. Dieser liegt typischerweise außerhalb des jeweiligen Einzelbetriebes. Es handelt sich um unternehmensweit einheitliche Tätigkeiten, die von den örtlichen Verhältnissen der Betriebe unabhängig sind. Dies verlangt auch eine unternehmensweit einheitliche Festlegung des Sicherheitsstandards im Hinblick auf mögliche Arbeitsunfälle. III. Der Antragsteller kann verlangen, dass der unter Verletzung seines Mitbestimmungsrechts eingetretene Zustand beseitigt wird. Die betriebsverfassungswidrige Anweisung ist zwar unwirksam, ohne dass eine ausdrückliche Rücknahme erforderlich wäre (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 3. Dezember 1991 – GS 2/90 – BAGE 69, 134 = AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, unter D II der Gründe). Das ist jedoch hier für die Benutzer des Handbuchs nicht erkennbar. Der Senat hat mit Beschluss vom 3. Mai 1994 (1 ABR 24/93 – BAGE 76, 364 = AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG 1972) einen Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber bejaht, wonach dieser nach § 87 BetrVG mitbestimmungswidrige Maßnahmen unterlassen muss. Dieser Anspruch wird vom Senat als Nebenleistungsanspruch verstanden, der sich aus dem durch die einzelnen Mitwirkungstatbestände konkretisierten und einem gesetzlichen Dauerschuldverhältnis ähnlichen Betriebsverhältnis ergibt. § 87 BetrVG enthält kein abschließendes Sanktionssystem; es ist auch nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber dem 281

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Betriebsrat bei Verletzung seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 BetrVG nur lückenhaften Schutz hat gewähren wollen (vgl. im einzelnen Beschluss vom 3. Mai 1994, aaO). Die den auf künftige Handlungen gerichteten Unterlassungsanspruch tragenden Überlegungen erfordern folgerichtig einen entsprechenden Beseitigungsanspruch, falls das mitbestimmungswidrige Verhalten bereits vollzogen ist. Dieser Beseitigungsanspruch ist bei bereits eingetretener Beeinträchtigung das Gegenstück zum Unterlassungsanspruch (vgl. Trittin in Däubler/Kittner/Klebe, aaO, § 23 Rz 117 und Rz 131; Wiese/Oetker, GK-BetrVG, 6. Aufl., § 23 Rz 147; Richardi, aaO, § 23 Rz 80 f.). Da die Arbeitgeberin die umstrittenen Arbeitsanweisungen bereits in das Handbuch aufgenommen hat und den Anschein einer verbindlichen Arbeitgeberweisung aufrechterhält, war sie zu verpflichten, den mitbestimmungswidrigen Zustand zu beseitigen. In einer neueren Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht zwar diese Grundsätze bestätigt, aber es hat für eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG auch schon vor einer Umsetzung in nationales Recht den rechtlichen Rahmen in einer EU-Richtlinie genügen lassen. Im konkreten Fall hieß das, der Betriebsrat konnte gestützt auf die EU-Richtlinie für Bildschirmarbeit Pausen verlangen, obwohl die Verordnung zur Umsetzung dieser Richtlinie noch nicht erlassen worden war. In derselben Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht im Übrigen dem Betriebsrat nicht zugestanden, Augenuntersuchungen für die Mitarbeiter an Bildschirmarbeitsplätzen im Rahmen seiner Initiativrechte bei der Mitbestimmung zu fordern. Solche Untersuchungen gehören nicht zum Betriebsablauf und unterliegen auch deshalb nicht der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Ziff. 1, Ziff. 6 oder Ziff. 7 BetrVG. 282

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III. Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz (Entscheidung vom 08.06.2004 – 1 ABR 13/03) Leitsatz Die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes über Gefährdungsbeurteilungen (§ 5) und über die Unterweisung der Arbeitnehmer (§ 12) sind Rahmenvorschriften im Sinne des § 87 Abs 1 Nr 7 BetrVG, bei deren Ausfüllung durch betriebliche Regelungen der Betriebsrat mitzubestimmen hat.

Tenor Die Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberin und des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. März 2003 – 4 TaBV 108/00 – werden zurückgewiesen.

Gründe A. Die Beteiligten streiten über das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen nach dem Arbeitsschutzgesetz. Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Betrieb in H. ca. 500 Arbeitnehmer. Die Arbeitsplätze sind überwiegend mit Bildschirmen ausgestattet. Im Februar 1999 wurde nach erfolglosen Verhandlungen zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat eine Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes und der Bildschirmarbeitsverordnung für den Betrieb H.“ errichtet. Das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats war allerdings streitig. Die Einigungsstelle fasste mit der Stimme des Vorsitzenden und den Stimmen der vom Betriebsrat entsandten Mitglieder gegen die 283

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Stimmen der von der Arbeitgeberin entsandten Mitglieder einen Zwischenbeschluss, wonach sie gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zuständig sei sowohl für „den Regelungsgegenstand Gefährdungsbeurteilung iSv. § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV“ als auch für „den Regelungsgegenstand Unterweisung gemäß § 12 ArbSchG“. Das Einigungsstellenverfahren ist bislang nicht abgeschlossen. Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat habe bei keinem der beiden Regelungsgegenstände mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG setze eine konkrete Gesundheitsgefahr voraus. Von einer solchen sei aber weder die Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV noch die Unterweisung gemäß § 12 ArbSchG abhängig. Durch die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG werde überhaupt erst ermittelt, ob und welche Maßnahmen erforderlich seien. Die Einigungsstelle habe daher zu Unrecht ihre Zuständigkeit bejaht. Die Arbeitgeberin hat beantragt, 1. festzustellen, dass dem Betriebsrat weder ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei der Konzeption und Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV noch bei der Konzeption und Durchführung der Unterweisung gemäß § 12 ArbSchG zusteht, 2. festzustellen, dass die Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes und der Bildschirmarbeitsverordnung für den Betrieb H.“ nicht zuständig ist für die „Gefährdungsbeurteilung im Sinne von § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV“ sowie weiterhin nicht zuständig ist für die „Unterweisung gemäß § 12 ArbSchG“. 284

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Der Betriebsrat hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Er hat ferner im Wege von Wideranträgen zuletzt beantragt (….) Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, bei § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV sowie bei § 12 ArbSchG handele es sich um Rahmenvorschriften zum Gesundheitsschutz, bei deren Umsetzung und Konkretisierung er mitzubestimmen habe. Das Arbeitsgericht hat den Anträgen der Arbeitgeberin entsprochen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht den Antrag zu 1) der Arbeitgeberin als unzulässig, den Antrag zu 2) als unbegründet abgewiesen. Die vom Betriebsrat erstmals im Beschwerdeverfahren gestellten Wideranträge hat das Landesarbeitsgericht entsprechend dem Antrag der Arbeitgeberin ebenfalls abgewiesen. Beide Beteiligte haben im Umfang ihres Unterliegens die vom Landesarbeitsgericht unbeschränkt zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Arbeitgeberin begehrt der Sache nach die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Betriebsrat verfolgt im Wesentlichen seine Wideranträge weiter. B. Die Rechtsbeschwerden sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Feststellungsbegehren der Arbeitgeberin zu Recht abgewiesen. Das streitige Mitbestimmungsrecht besteht. Die Wideranträge des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen. Diesen Anträgen fehlt das Feststellungsinteresse. I. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig, aber unbegründet. 285

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1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (…….) 2. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Ihr Feststellungsbegehren ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Betriebsrat hat, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sowohl bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 BildscharbV iVm. § 5 ArbSchG als auch bei der Ausgestaltung der Unterweisung nach § 12 ArbSchG. a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist das Feststellungsbegehren der Arbeitgeberin zulässig. Es ist, wie ausgeführt, auf die Feststellung gerichtet, dass dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG für den Betrieb H. ein Mitbestimmungsrecht weder bei der Konzeption und Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV noch bei der Konzeption und Durchführung der Unterweisung gemäß § 12 ArbSchG zusteht. Ein derartiger Antrag ist unter den vorliegenden Umständen hinreichend bestimmt im Sinne des auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens anwendbaren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. b) Der Antrag ist unbegründet. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sowohl hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV als auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Unterweisung nach § 12 ArbSchG zu. aa) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen, die der Arbeitgeber zwar auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat, bei deren Gestaltung ihm aber Handlungsspielräume verbleiben (BAG 286

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15. Januar 2002 – 1 ABR 13/01 – BAGE 100, 173, 180 = AP BetrVG 1972 § 87 Gesundheitsschutz Nr. 12 = EzA BetrVG 1972 § 87 Gesundheitsschutz Nr. 2, zu B II 2 b der Gründe). Mitzubestimmen hat der Betriebsrat bei der Ausfüllung dieses Spielraums. Dadurch soll im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer eine möglichst effiziente Umsetzung des gesetzlichen Arbeitsschutzes im Betrieb erreicht werden (BAG 15. Januar 2002 – 1 ABR 13/01 – aaO; DKK-Klebe § 87 Rn. 167; Fitting BetrVG § 87 Rn. 257; Wiese GK-BetrVG § 87 Rn. 585 ff.). Das Mitbestimmungsrecht setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und wegen Fehlens einer zwingenden Vorgabe betriebliche Regelungen verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen (BAG 15. Januar 2002 – 1 ABR 13/01 – aaO; Richardi BetrVG § 87 Rn. 549 ff.). Ob die Rahmenvorschrift dem Gesundheitsschutz mittelbar oder unmittelbar dient, ist unerheblich. Keine Rolle spielt auch, welchen Weg oder welche Mittel die dem Gesundheitsschutz dienende Rahmenvorschrift vorsieht. Ebenso wenig kommt es auf eine subjektive Regelungsbereitschaft des Arbeitgebers an (BAG 15. Januar 2002 – 1 ABR 13/01 – aaO). bb) Hiernach hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV. Diese Bestimmungen sind ausfüllungsbedürftige, dem Gesundheitsschutz dienende Rahmenvorschriften iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. (1) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, sind § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV gesetzliche Vorschriften über den Gesundheitsschutz. § 1 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG bestimmt ausdrücklich, dass dieses Gesetz dazu dient, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu 287

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sichern und zu verbessern. Dabei ist der Begriff des Gesundheitsschutzes im ArbSchG kein anderer als in § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Zu den dem Gesundheitsschutz dienenden Maßnahmen gehören auch die in § 5 ArbSchG vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen. Allerdings wird durch die Gefährdungsbeurteilung selbst die Arbeit noch nicht zur Verhütung von Gesundheitsgefahren gestaltet; vielmehr werden erst Gefährdungen ermittelt, denen durch entsprechende Maßnahmen zu begegnen ist. Gerade diese Gefährdungsermittlung ist aber ein zentrales Element des Arbeitsschutzgesetzes. Je genauer und wirklichkeitsnäher im Betrieb die Gefährdungen ermittelt und beurteilt werden, desto zielsicherer können konkrete Maßnahmen getroffen werden (Kohte Anm. LAGE BetrVG 1972 § 87 Gesundheitsschutz Nr. 1). Die Bestandsaufnahme und die Analyse der Gefährdungen dienen damit mittelbar dem Gesundheitsschutz. (2) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin setzt das Mitbestimmungsrecht bei der Gefährdungsbeurteilung nicht voraus, dass eine konkrete Gesundheitsgefahr bereits hinreichend bestimmbar wäre. Aus dem Wortlaut des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ergibt sich eine derartige Einschränkung nicht. Sie ist jedenfalls bezüglich der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV auch nicht aus Gründen der Gesetzessystematik geboten. Allerdings kann das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nicht so umfassend sein, dass für andere auf den Gesundheitsschutz bezogene Vorschriften des Gesetzes, zB § 88 Nr. 1 und § 91 BetrVG kein nennenswerter Anwendungsbereich mehr verbleibt. Dieser wäre jedoch allenfalls dann in seiner Substanz berührt, wenn bei 288

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sehr weit gefassten, dem Gesundheitsschutz dienenden Generalklauseln ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG einschränkungslos bejaht würde. Dann verbliebe möglicherweise für freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 Nr. 1 BetrVG und für Verlangen des Betriebsrats nach § 91 BetrVG kein nennenswerter Raum mehr. Daher hat der Senat zum ehemaligen § 120a GewO (vgl. dazu BAG 2. April 1996 – 1 ABR 47/95 – aaO) und zu § 2 Abs. 1 VBG 1 (vgl. dazu BAG 16. Juni 1998 – 1 ABR 68/97 – aaO) darauf hingewiesen, dass die Mitbestimmung bei Regelungen, die auf diese weiten Generalklauseln gestützt sind, eine unmittelbare objektive Gesundheitsgefahr voraussetzt. Das gesetzessystematische Problem stellt sich jedoch nicht, wenn es nicht um derart umfassende Generalklauseln, sondern um zwar ausfüllungsbedürftige, aber gleichwohl konkrete dem Gesundheitsschutz dienende Bestimmungen geht, durch die dem Arbeitgeber bestimmte Handlungspflichten auferlegt werden. Jedenfalls hier ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nicht auf die Fälle unmittelbarer objektiver Gesundheitsgefährdung beschränkt. § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV sind keine umfassenden Generalklauseln, sondern Rahmenvorschriften, die dem Arbeitgeber bezogen auf einen konkreten Gegenstand Handlungspflichten auferlegen. Auch Sinn und Zweck des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sprechen dagegen, die Mitbestimmung des Betriebsrats generell auf die Fälle einer hinreichend bestimmbaren konkreten Gesundheitsgefahr zu beschränken. Durch die Mitbestimmung des Betriebsrats soll im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer eine möglichst effiziente Umsetzung des gesetzlichen Arbeitsschutzes im Betrieb erreicht werden. Diesem Ziel entspricht es, den Betriebsrat auch dann zu beteiligen, wenn keine konkre289

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te Gesundheitsgefährdung feststellbar ist und die vom Arbeitgeber zu treffenden Maßnahmen lediglich mittelbar dem Gesundheitsschutz dienen. (3) § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV sind ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschriften. Sie enthalten keine zwingenden Vorgaben, wie die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ist. Vielmehr lassen sie dem Arbeitgeber Handlungsspielräume bei der Umsetzung. Hierbei hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen. (4) Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes gemäß § 2 Abs. 1 RsprEinhG war nicht geboten. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, eine zum Zweck der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG durchgeführte Befragung der Beschäftigten sei keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG, sondern unterfalle § 81 Abs. 2 Satz 1 BPersVG (BVerwG 14. Oktober 2002 – 6 P 7/01 – AP BPersVG § 75 Nr. 81, zu 2 b bb der Gründe). Eine Vorlage wäre nur veranlasst, wenn § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG und § 75 Abs. 3 BPersVG hinsichtlich der hier relevanten Rechtsfrage im Wortlaut im Wesentlichen sowie im Regelungsinhalt gänzlich übereinstimmen würden und deswegen nach denselben Prinzipien auszulegen wären (GmSOGB 12. März 1987 – GmS-OGB 6/86 – AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 35; 6. Februar 1973 – GmS-OGB 1/72 – AP RsprEinhG § 4 Nr. 1). Dies ist nicht der Fall. Der Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG betrifft nicht alle im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften dem Gesundheitsschutz dienenden Regelungen, sondern lediglich „Maßnahmen zur Verhütung von Dienstund Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen“. cc) Der Betriebsrat hat auch bei Unterweisungen nach § 12 290

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ArbSchG ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. (1) Auch § 12 ArbSchG ist eine gesetzliche Rahmenregelung über den Gesundheitsschutz. Die durch § 12 Abs. 1 ArbSchG dem Arbeitgeber auferlegte Verpflichtung, die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen, dient zumindest mittelbar dem Gesundheitsschutz. Eine feststellbare konkrete Gefahr ist auch insoweit für das Bestehen des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nicht erforderlich. Auch § 12 ArbSchG gibt dem Arbeitgeber bestimmte Handlungspflichten auf und ist keine umfassende Generalklausel, bei der sich im Falle der Annahme eines zwingenden Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG möglicherweise gesetzessystematisch das Problem stellen könnte, dass für § 88 Nr. 1 BetrVG kein Anwendungsbereich mehr verbleibt. (2) § 12 ArbSchG ist auch eine Rahmenvorschrift, bei deren Umsetzung dem Arbeitgeber Handlungsspielräume verbleiben. Insbesondere müssen Art, Umfang und konkrete Inhalte der Unterweisung festgelegt werden. Hierbei hat der Betriebsrat mitzubestimmen. II. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Wideranträge des Betriebsrats im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen. (…..)

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