Denkmalliste Stadt Essen

Denkmalliste Stadt Essen Lagebezeichnung Kurzbeschreibung Haus Horst - (= Straßenname) Denkmal (Steinkreuz, Mordkreuz) Stadtbezirk VII Stadtteil ...
Author: Kajetan Neumann
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Denkmalliste Stadt Essen Lagebezeichnung

Kurzbeschreibung

Haus Horst - (= Straßenname)

Denkmal (Steinkreuz, Mordkreuz)

Stadtbezirk VII

Stadtteil Horst (46)

Gemarkung Horst

Lfd. Nr.

Art des Denkmals Baudenkmal

Flur-Flurstücke 7 - 37

Eintragungsbeschluss, Datum Bezirksvertretung ,

Foto (27.02.2008, IDD)

Unterschrift i. A.

Darstellung der wesentlichen Merkmale des Denkmals Mordkreuz des Baumeisters Conrad Fischer (†1717). Niedriges Steinkreuz mit Inschrift; ein Denkmal aus der Gattung der Mordkreuze. Von um 1720, frühestens und vielleicht schon von 1717, vielleicht erst von 1727-28, nach der angeblichen Hinrichtung des Mörders. Bereits im Mittelalter wurde gelegentlich an einem Ort, wo sich ein tödlicher Unglücksfall, ein Totschlag oder ein Mord ereignet hatte, ein Steinkreuz errichtet, wohl vor allem, wenn Personen höheren Standes oder Ansehens betroffen waren. Für das 14. bis 16. Jahrhundert ist zu vielen Fällen belegt, dass die Errichtung eines Steinkreuzes dem Täter als eine Sühneleistung abverlangt wurde. Wilhelm Brockpähler (1963) stellte bei einer Erhebung in Westfalen fest: „Die Inschriften [auf Steinkreuzen] beginnen bei uns auf den adligen Hochkreuzen im 14. Jahrhundert und werden dann bei Erinnerungskreuzen vom 17. Jahrhundert an auch für Personen aus dem Bürger- und Bauernstande die Regel.“ Eine intensive historische, insbesondere volkskundliche Forschung zu den zahlreichen Steinkreuzen in den verschiedenen Ländern und Landschaften des deutschen Sprachraums ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zu verzeichnen. Das Mordkreuz bei Haus Horst fand 1963 in der historischen Fachliteratur Beachtung (Brockpähler).

Heutiger Standort ca. 100 m nordwestlich von Haus Horst, an der Westseite der Zufahrt (Privatgrundstück). Ursprünglich (bis um 1900?) vielleicht an einer anderen Stelle, eventuell näher bei Haus Horst. Errichtet zur Erinnerung und wohl auch zum frommen Gedenken an die Ermordung des Baumeisters Conrad Fischer durch Reinhard Cop und einige Mittäter am 4. Mai 1717 nahe bei der Burg Horst, dem Sitz der Herrschaft Horst sowie ihres Nieder- und Halsgerichts. Möglicherweise noch zurückgehend auf eine Initiative des wahrscheinlich noch benachrichtigten, aber wenige Tage später, am 15. Mai 1717 verstorbenen Freiherrn Franz Wilhelm von Wendt oder auf eine Initiative seines damals knapp achtzehnjährigen Sohnes und Nachfolgers Franz Egon von Wendt, damalige Grund- und Gerichtsherren auf Horst, ansässig auf Schloss Crassenstein im westfälischen Diestedde. Ebenso kommt die Errichtung auf Initiative eines Richters in Frage, wenn

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ein solcher damals im Auftrag des Grundherren das Richteramt der Herrschaft Horst verwaltete (für 1721 ist ein Richter Ortmann bekannt). Denkbar ist auch, dass das Kreuz auf ein Hinwirken von Hinterbliebenen oder von befreundeten Handwerkern des Baumeisters zurückgeht. Von Letzteren könnte jemand mit dem Brauch der Steinkreuzsetzung besonders vertraut gewesen sein.

Der Steinmetz ist unbekannt. Handwerkliche Arbeit von durchschnittlicher Qualität, aus Ruhrsandstein. Die Inschrift in Kapitalis, mit Serifen. Die Initialen der Wörter bis auf eine Ausnahme ein wenig größer als die nachfolgenden Buchstaben. Erhaltene Inschrift: Zeichengetreue Wiedergabe. Zeilensatz und Wörtergliederung entsprechend dem Befund. Initialen ein wenig größer, soweit es dem Befund entspricht. ° = jeweils 1 Zeichen, das am 06.11.2007 größtenteils nicht mehr oder gar nicht mehr erhalten war.

ANNO ·1717· ZWISCHEN DEM VIERTEN UND FUENFTEN MAY JNDERNACHT ZWISCHEN ·11· UND 1Z· UHR JST DER EHR UND ACHDBARE DER B ° ° ° ° ° ° ° ° OHLERFAHRNE MEIST ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° HER AUE DISEM PL ° ° ° ° ° ° ° ° ° EYN H °°° °°° °°° °°°°° °°° °°°ER °°°° °°°°°°°°CH °°°°°°°° °°°°°°

Die Inschrift mit Rekonstruktion der verlorenen Zeichen auf der Grundlage älterer Fotos: Zeilensatz und Wörtergliederung des Inschriftzitats entsprechen den Befunden am Kreuz und in den Fotos. Initialen ein wenig größer, wenn es den Befunden entspricht.

ANNO ·1717· ZWISCHEN DEM VIERTEN UND FUENFTEN MAY JNDERNACHT ZWISCHEN ·11· UND 1Z· UHR JST DER EHR UND ACHDBARE DER BAUKUNST W OHLERFAHRNE MEISTER CONRAD FISCHER AUE DISEM PLATZ DURCH REYN HARD COP UND SEINE MIT CAMER ATEN JEMMERLICH ERMORTED W ORDEN

Die Inschrift, weitgehend zitiert nach den Regeln der wissenschaftlichen Katalogreihe „Die Deutschen Inschriften“: ANNO ·1717· / ZWISCHEN DEM / VIERTEN UND FUENFTEN MAY / JNDERNACHT ZWISCHEN ·11· UND / 12· UHR JST DER EHR UND ACHDBARE / DER B[AUKUNST W]OHLERFAHRNE / MEIST[ER CONRAD FISC]HER AUE / DISEM PL[ATZ DURCH R]EYN/H[ARD COP UND / SEINE MIT CAMER/ATEN JEMMERLICH / ERMORTED / WORDEN]. Abweichend von den o. g. Regeln konnten Ligaturen in diesem Inschriftzitat aus softwarebedingten Formatierungsgründen nur mit geradem, nicht mit bogigem Unterstrich dargestellt werden. Eine Wiedergabe der Inschrift, die behutsam an die heutige Rechtschreibung angepasst ist, ergibt folgenden Text: „Anno 1717 zwischen dem vierten und fünften Mai in der Nacht zwischen 11 und 12 Uhr ist der ehr- und achtbare, der Baukunst wohlerfahrene Meister Conrad Fischer auf diesem Platz durch Reinhard Cop und seine Mitkameraden jämmerlich ermordet worden“ .

Anstatt VIERTEN und FUENFTEN war zunächst DRITEN und VIERTEN eingemeißelt. Die noch gut erkennbare Korrektur, durch Überschreiben vorgenommen, fand vielleicht schon im Laufe der Herstellung des Kreuzes statt oder allenfalls wenige Jahre später. Dabei blieb die Endsilbe TEN in beiden Wörtern unverändert. Das obere Schaftende des Kreuzes und die beiden Kreuzarme haben gleiche Länge und Breite. Die Form des unterirdischen Teils des Kreuzes ist unbekannt. Das Sandsteinwerkstück ist oberirdisch eine Platte geringer Stärke. Vorder- und Rückseite sind recht eben und flächenparallel zueinander. Der Umriss des Kreuzes und der Eckvoluten mit sorgfältiger maßlicher Genauigkeit aus der Platte herausgearbeitet. Die Vorderfläche und die schmalen Seitenflächen einschließlich der Volutenseiten horizontal scharriert, mit Ausnahme eines etwa 4 cm breiten horizontalen Saums in vertikaler Scharrierung vorn oben an dem Kreuzschaft. Die Rückseite und die Oberseiten nicht scharriert, recht glatt. Nur die oberen beiden Eckvoluten vorderseitig mit Relief als vorderseitig vollständige Voluten ausgearbeitet. Der Formtyp dieses Kreuzes, kurzarmig und mit Eckverstärkungen versehen, etwa in Form von Voluten, ist nicht außergewöhnlich und findet sich nach der Inventarisation von Wilhelm Brockpähler (1963) in mehreren Exemplaren im ostwestfälischen Raum bei Rüthen (Kr. Soest). Er kommt aber auch in anderen Gegenden vor, z. B. am Mittelrhein. In seiner plattenartigen Grundform, Kurzarmigkeit und umfänglichen Inschrift spricht eine gewisse Verwandtschaft mit zeitgenössischen Grabstelen. Es gibt bislang keine Anhaltspunkte, dass die Herstellung und Errichtung des Kreuzes als eine Sühneleistung der Täter gefordert war. Als ein nachweisliches Sühnekreuz kann es also nicht angesprochen werden. Es gehört zu den Memorialkreuzen, die am Ort des Geschehens mit Inschriften an einen plötzlichen Tod durch Unfall oder Verbrechen erinnern und nach einer Erhebung Wilhelm Brockpählers in Westfalen seit dem 17. Jahrhundert, versehen mit solchen Inschriften auch für Personen aus dem Bürger- und Bauernstand verbreitet sind. Memorialkreuze dienten im Wesentlichen der pietätvollen Würdigung einer tragisch umgekommenen Person und gegebenenfalls der dauerhaften öffentlichen Verachtung einer verabscheuungswürdigen Tat und ihrer Urheber. Die inschriftliche genaue Angabe der Uhrzeit und die Datumskorrektur am Mordkreuz bei Haus Horst fallen besonders auf und verleiten im Hinblick darauf, dass der Mörder nach der Sage (s. u.) erst zehn Jahre später gefasst und hingerichtet worden sein soll, zu der Vermutung, dass der Inschrift des Kreuzes, welches vor Ergreifung der Täter entstanden sein könnte, bei einem späteren Strafprozess besondere Beweisfunktion zukommen sollte.

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In katholischen Gegenden (die Einwohner der Herrschaft Horst waren damals wohl leicht überwiegend evangelisch) wurde ein Steinkreuz für plötzlich Verstorbene nicht nur als Anregung zur weltlichen Erinnerung gesetzt und verstanden, sondern darüberhinaus oft auch als Anlass zum frommen Gedenken, bei welchem es den vorübergehenden katholischen Betrachter zu einem Gebet für die Arme Seele des Verstorbenen im Fegefeuer anregte. So dienten Memorialkreuze bis weit in das 19. Jahrhundert hinein vielfach nicht nur weltlicher Erinnerung sondern zugleich mehr oder weniger deutlich dem religiösen Gedenken.

Nach Hugo Rieth (1997, 2005) ist der Ermordete mit dem „meister Conrad Fischer“ identisch, der 1693 den Auftrag für die Maurerarbeiten zur Neuerrichtung der St. Anna - Kapelle in Rellinghausen erhielt. Über den Kriminalfall und über die Entstehung des Kreuzes ist aus Quellen bisher nicht mehr bekannt, als eine 1843 erstmals gedruckt erschienene Sage (s. u.) mit der für sie typischen literarischen Fiktion überliefert. Wie Steinkreuze auch anderen Orts zu verbürgenden und reanimierenden Ankerpunkten von Sagen wurden, so rankte sich spätestens seit um 1840, vermutlich schon seit mehreren Jahrzehnten, eine Sage um das Mordkreuz bei Haus Horst, die erstmals, und zwar in mundartlicher Fassung, 1843 im Druck publiziert wurde. Sie erschien damals in einer umfangreichen mehrbändigen Sammlung mundartlicher Zeugnisse des deutschen Kulturraums. Die Sammlung „Germaniens Völkerstimmen“ von Johannes Matthias Firmenich wurde 1881 erneut aufgelegt, worauf die Essener Zeitung 1881 mit einem Abdruck der Fassung der Sage von 1843/81 hinwies. Der 1843 und 1881 überregional sowie 1881 lokal veröffentlichten mundartlichen Sage folgten ab 1912 bis in die Gegenwart regionale und lokale Druckveröffentlichungen inhaltlich variierter hochdeutscher Fassungen. (Vos/Weinand, 1912 u. 1914. Bahlmann, 1913 u. 1922. Im Herzen des Ruhrlandes, 1925. Vos/Weinand, 1931. Weinand, 1950. Schulze, 1979 u. 1990. Sondermann, 2005 u. 2006.) In jeder dieser Sagenveröffentlichungen wurde das Steinkreuz erwähnt und die Inschrift mehr oder weniger zeichengetreu zitiert.

Nach der Sage in der Fassung von 1843 wurde Conrad Fischer, bezeichnet als Zimmermeister, von dem Räuberhauptmann Reinhard Cop aus Eifersucht umgebracht, da Cop seine frühere Jugendliebe Gertrud aus der gemeinsamen Zeit auf Haus Horst, seit vier oder fünf Jahren mit dem Zimmermeister verheiratet, nicht bewegen konnte, mit ihm zu gehen. Der bereits angedrohte Mord ergab sich, als Conrad Fischer zur Herrschaft auf Horst und ihren dortigen bedrängten Leuten geeilt war, um die von einer größeren Räuberbande verübte Befreiung des Räuberhauptmanns aus dem Gewahrsam des Gerichts Horst verhindern zu helfen. Eine Zusammenfassung (M.B.) der Sage, auf der Grundlage der mundartlichen Fassung von 1843: Erläuterungen in eckigen Klammern. Auf dem Haus Horst wohnte einst ein Adliger, wohlhabend und herzensgut zugleich. [Nach der Zeitstellung ist Jobst Dietrich von Wendt gemeint, der Haus Horst 1673 erworben hatte und 1714 verstarb. Ihm folgte als Grundherr auf Horst sein Sohn Franz Wilhelm, verstorben 15. Mai 1717, und danach dessen Sohn Franz Egon, vestorben 1742. Die Sage unterscheidet diese Grundherren auf Horst nicht.]

Unter seinen zahlreichen Bediensteten war eine tüchtige und schöne Magd namens Gertrud sowie Reinhard Cop, den der Herr auf Haus Horst schon als Betteljungen in seine Dienste genommen hatte und der sich zunächst wohl ganz gut machte. Als die beiden Bediensteten 20 Jahre alt waren [um 1710?] und Reinhard Cop um Gertrud freite, befreundeten sie sich und liebten einander. Es dauerte aber nicht lange, da ging Reinhard Cop abends oft nach Steele, wo sich seinerzeit einiges kriminelles Gesindel aufhielt, mit dem er Umgang hatte und trank. Er hatte damals immer die Taschen voll Geld und keiner wusste woher. Durch verdächtige kostbare Geschenke aufmerksam geworden, versuchte die betrübte Gertrud, ihren Bräutigam von dem unrechten Lebenswandel abzubringen, jedoch ohne Erfolg. Reinhard Cop stahl schließlich eine kostbare Uhr seines Herrn auf Horst. Als der Verdacht auf ihn fiel, floh er nach Steele. Noch in der Nacht verließ er Steele zusammen mit einigen der dubiosen Gefährten [um 1711?] und man hörte viele Jahre nichts von ihm. Er wurde Räuberhauptmann, stahl und raubte mit seiner Bande am Rhein und in anderen Gegenden und brachte zahlreiche Menschen um. Gertrud heiratete bald [1712/13?] nach der Flucht von Reinhard Cop den Zimmermeister Conrad Fischer, der bei dem Herrn auf Horst wegen seiner guten Arbeiten recht angesehen war. Gertrud und Conrad Fischer wohnten in einem Kotten nahe bei Haus Horst. Nach vier oder fünf Jahren [3. Mai 1717] betrat ein reich gekleideter Herr, Reinhard Cop, das Wohnhaus von Gertrud und Conrad Fischer. Reinhard Cop sagte zu Gertrud, er habe sie nicht vergessen können, er sei nun reich und Räuberhauptmann und sie solle nun mit ihm gehen und seine Frau werden. Als Gertrud ablehnte ab und ihn aufforderte, das Haus zu verlassen, drohte er mit gezogenem Messer, sie und ihren Mann umzubringen. Sie rief um Hilfe und Cop konnte von herbeieilenden Leuten des Hauses Horst ergriffen und in einem Turm auf Horst in Gewahrsam genommen werden. Nach drei Tagen wollte der Herr auf Horst über ihn Gericht halten. Reinhard Cop wurde aber vorher des Nachts mit einer List durch seine bewaffneten zahlreichen Kumpanen befreit. Sie hatten abends bei Duisburg über den Rhein gesetzt. Bei der Befreiung wurde der Torwächter auf Horst durch einen Schuss verletzt. Conrad Fischer eilte mit zwei Pistolen in der Hand herbei und wollte dem Herrn auf Horst zu Hilfe kommen. Räuber stachen Fischer durch den Arm, so dass er die Pistolen fallen ließ; Cop schleifte ihn dann über die Erde aus dem Tor des Hauses Horst: „’Hund, du hest lange genaug bi minne Brut geschlopen, nun sast du ok es alleene liggen, on eck, jo, eck well di nom Bedde bringen!’ Do lachten dä Räuwers on stodden [stießen] den armen Conrad, dat em dat Blaut ut Nase on Muule leip. Dä Hauptmann nahm een groot Mess on stack et em in den Halz, dat dat warme Blaut in dä Högte sprützede, dann nahm hä dä Pistollen, dä Conrad gehohrden on schott em domet dür dat Hätte [Herz].“ Auf Horst wurde die Sturmglocke geläutet und von überall kamen mit Hacken und anderem Gerät bewaffnete Einwohner, aber die Räuberbande war schon über alle Berge. Der Herr auf Horst ließ Conrad Fischer auf seinem Gut begraben und einen Leichenstein [Grabstein] setzen, auf dem man lesen kann: „Anno 1717 zwischen dem vierten un fünfte May Middernacht zwischen 11 und 12 Uhr ist der ehr- und achtbare der Baukunst wohlerfahrne Meister Conrad Fischer auf dezen Platz durch Reinhard Cop und seine MitCameraten jemmerlich ermorted worten.“ Gertrud weinte Tag und Nacht um ihren Mann, magerte völlig ab und starb noch im Herbst desselben Jahres [1717]. Nach zehn Jahren [1727] sollen Reinhard Cop und seine Gesellen in einer Stadt am Rhein durch Erhängen hingerichtet worden sein. Viele alte Leute haben in mancher Nacht, wenn die Glocke zwölf schlug, Gertrud mit ihrem Conrad auf dem Grabstein in weißen Hemden sitzen sehen. Sie wischte ihm das Blut ab und weinte. Wie sie so saßen, kam der Geist von Reinhard Cop und wenn er an den weißen Hemden zog, versank er unter Flammen und Rauch in die Erde. „Godd helpe us alle in dat Hemmelriek!“ [Mit diesem Satz schließt der Erzähler.]

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Zweifellos ist das Mordgeschehen im Laufe des 18. Jahrhunderts zunächst in seinem wirklichen Ablauf und mit den wirklichen Begleitumständen mündlich lokal überliefert worden, mit gewissen Variationen. Wenn die Fassung von 1843 auch Züge einer Räubergeschichte trägt, so liegt dies wahrscheinlich an Inspirationen durch die literarische populäre Mode der romantisch beeinflussten Räuberliteratur, die in der Zeit von um 1800 bis um 1840 zu beobachten ist. Ihr ging bereits 1785-95 eine gehäufte Kriminalliteratur voraus. Von 1820 bis 1840 sollen sogar etwa 200 solche Bücher erschienen sein. Dass zudem die Räuberbanden am Rhein und dessen Randgebieten um 1800 ein tatsächliches Problem waren, - man denke nur an die zur Verfolgung in der Grafschaft Mark 1801-3 eingesetzte preußische Sonderkommission zu Bochum - , scheint ebenfalls befördert zu haben, die überlieferte Mordgeschichte bei Haus Horst in Erinnerung zu rufen und sie als Teil einer Räuberkarriere zu verstehen und weiterzugeben. Der Ausprägung und Verbreitung der Sage dürften auch historische pädagogische Motive zugrundeliegen: Die Skizze der jugendlichen Entwicklung des Reinhard Cop vom arbeitslosen Bettelknaben, der von einem wohlwollenden sozial eingestellten Grundherrn Brot und Arbeit erhält, sich zunächst gut entwickelt, eine tüchtige (leider allzu gutmütige) Verlobte findet, dann aber durch schlechten Umgang zur Diebstahlskriminalität verführt wird, letztendlich flüchten muss und zum mordenden Schwerverbrecher wird, deutet darauf hin, dass die Sage mit einer gewissen erzieherischen Intention auch an die Jugend adressiert war.

Erhaltungsgrad, Steinzerfall: Die Inschriftfläche ist nur noch in einer Teilfläche erhalten. Der Steinzerfall, im wesentlichen in Form von Abschalungen, die in der Flächenausdehnung zunahmen, ist das Ergebnis eines jahrzehntelangen Prozesses, der um 1910 begann und schon um 1925 mindestens eine zusammenhängende handgroße Fläche betraf und sich langsam fortsetzte. In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Abschalungsfront um etwa 1 - 2 cm vorgedrungen. Maße: Kreuz: H oberirdisch ca. 90 cm. B 72,5. T 9 - 10 (unterschiedlich, vor allem wegen rückseitigem Steinzerfall durch Abschalung). B von Schaft und Kreuzarmen 36. H des oberen Kreuzarms 18,5. Schrift: H (eines „N“) ca. 4,04,3 cm. Hervorgehobene Initialen ca. 0,5 cm höher. Schutzumfang: Der Schutzumfang ist auf das Steinkreuz und seine aus Erdreich bestehende Gründung beschränkt. ____________________________________________________________________

Danksagung Für freundliche Auskünfte und Bemühungen dankt das Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege der Stadt Essen Frau Irene Voigt und Herrn Corneel Voigt, Essen-Horst, Herrn Hugo Rieth († 9. IV. 2006), Essen, Frau Sonja Hermann von der Arbeitsstelle Inschriften der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften in Bonn, Herrn Dipl.Ing. Benno Lux, Essen, Mitbearbeiter der Internetdokumentation www.suehnekreuz.de, Herrn Sven Gerth, Pfaffroda, Herausgeber der Internetdokumentation www.suehnekreuz.de, Herrn Dr. Axel Koppetsch vom Staatsarchiv Münster, Herrn Realschulkonrektor i. R. Erich-Werner Brüggemann, Wadersloh-Diestedde, Herrn Arnd Hepprich, Steeler Archiv e. V.

Abkürzungen: IDD = Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege (Stadt Essen) M.B. = Dr. Martin Bach (IDD) Literatur: R e i n h a r d Cop, dä Räuber. In: Firmenich(-Richartz), Johannes Matthias: Germaniens Völkerstimmen. Sammlung der deutschen Mundarten in Dichtungen, Sagen, Mährchen, Volksliedern u.s.w.. Hg.: J. M. Firmenich. 4 Bände. Berlin: Schlesinger’sche Buch- u. Musikhandlung, [1843] - 1867. Bd. 1 [1843], S. 367 - 369. Diese Fassung der Sage seit dem 25.01.2008 auch in: http://www.suehnekreuz.de/nrw/horst.htm#text1 , bearb. v. Benno Lux und Sven Gerth. — R e i n h a r d Cop, dä Räuber. In: Firmenich: Germaniens Völkerstimmen. 2. Aufl.. 1881. Bd. 1, S. 367 - 369. — M u n d a r t der Umgegend von Altendorf bei Hattingen an der Ruhr. Reinhard Cop, dä Räuber. In: Essener Zeitung, 25.06.1881 (Nr. 145), S. 6. Stadtbibliothek Essen: Za 4,3; S. 50. — V o s , Heinrich; W e i n a n d , Maria: Essener Sagenbuch. 1912. S. 25 - 28. 3. u. 4. verm. Aufl.. 1914. S. 26 - 29. — B a h l m a n n , Paul: Ruhrtal-Sagen von der rheinisch-westfälischen Grenze. 1913. S. 33 -36. — G r e v e l , Wilhelm: Zur Geschichte des Amtes Königssteele. 1914. S. 43. — L e h n h ä u s e r , Anton: Haus Horst. [Zeitungsartikel, 30.07.1921.] Stadtbibliothek Essen: Za 5,10. S. 48. — B a h l m a n n , Paul: Ruhrtal-Sagen vom Ruhrkopf bis zum Rhein. 2. Aufl.. 1922. Diese Fassung der Sage seit dem 25.01.2008 auch in: http://www.suehnekreuz.de/sksagen64.html#H . — L e h n h ä u s e r , Anton: Klöster, Burgen und feste Häuser an der Ruhr. 1924. S. 101 - 102. — I m H e r z e n des Ruhrlandes. Heimatbuch für Schule und Haus. Heft 2: Sagen - Sagenhaftes, Legenden - Legendenhaftes, Märchen - Märchenhaftes. 1925. S. 45 - 48, 227. — F l e h e r , Heinrich: Geschichte der Horst. 1925. S. 19 - 20. — V o s , H.; W e i n a n d , M.: Essener Sagenbuch. In neuer u. erweiterter Aufl. [= 5. Aufl.]. 1931, S. 43. — W e i n a n d , M.: Essener Sagenbuch. 5. [eigentlich 6.] Aufl.. 1950. S. 51. — B r o c k p ä h l e r , Wilhelm: Steinkreuze in Westfalen. 1. Aufl., 1963. 2., durchges. Aufl., 1983. S. 100. — V e r w i t t e r t e r Stein erinnert an Mordtat vor 250 Jahren. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 10.05.1967. — S c h ü r b u s c h , Erich: Burg Horst an der Ruhr. In: Für Eickhoff-Leute, H. 65, 1972, S. 34 - 36; S. 35. — R i e t h , Hugo: Burgen, Schlösser und feste Häuser. Adelssitze im Essener Raum. In: Die Heimatstadt Essen, 1978, S. 79-82, S. 81. — G u t e n b e r g e r , Ingo: Herrenhäuser in Essen. 1978. S. 12 - 13. — S c h u l z e , Wolfgang: Die schönsten Sagen aus Essen. 1979. S. 63 - 64. — V o i g t , Irene: Burg Horst. Die Geschichte eines alten Hauses an der Ruhr 1142 - 1983. 1983. S. 104 - 106. — H ü t t e n , Alois (Stadt Essen: Friedhofsverwaltung: Leitung: Gerhard Müller): [Unveröffentlicht.] Angaben über Denk- und Ehrenmäler in Essen. Schreiben an das Rheinische Amt für Denkmalpflege, Betreff: Kriegerdenkmäler/Ehrenmäler-Dokumentation im Rheinland, 24.07.1987. Anlage: Dokumentation (Karteiblätter). Karteiblatt Steele Horst, Haus Horst [Mordkreuz]. — A p o l t e , Ulrich (Stadt Essen, Museum Folkwang): [Unveröffentlicht.] Inventarisation (1987-89) der Brunnen, Denkmäler u. Skulpturen in Essen. Handschriftl. Arbeitskartei (Kopie) u. Fotopositive im IDD. Abgeschlossen 1989. Karteiblatt Mordkreuz Horst, fertiggestellt 29.02.1988. — S c h u l z e , Wolfgang: Das große Essener Sagenbuch. 1990. S. 104 - 108. — S c h u l z e , Wolfgang; Laubenthal, Florin: Denkmal Essen. 1993. Nr. 120. — K a t h o l i s c h e Kirchengemeinde St. Joseph 100, 1897 - 1997. 1997. S. 23 - 24. — R i e t h , Hugo: Essener Kapellen. 1997. S. 130. — F r o s i e n - L e i n z , Heike: Städte- und Kulturführer Essen. 1998. S. 121. — R i e t h , Hugo: Wegekreuze und Bildstöcke in Essen. 2005. S. 66-67. — S o n d e r m a n n , Dirk: Ruhrsagen. 2005. 2. Aufl. 2006. S. 84 - 87. — L u x , Benno: [Mordkreuz bei Haus Horst.] In: www.suehnekreuz.de : Inventar Deutschland: Nordrhein-Westfalen: Essen. Hg.: Sven Gerth. Pfaffroda, o. J. [2006]. [Aktualisierte Fassung: 25.01.2008. U. a. Einfügung der Sage „Reinhard Cop, dä Räuber“ v. 1843] http://www.suehnekreuz.de/nrw/horst.htm , http://www.suehnekreuz.de/nrw/horst.htm#text1 . [Ferner mit Einfügung der Sage in der Fassung von Bahlmann 1922:] http://www.suehnekreuz.de/sksagen64.html#H . — H a u s Horst. In: Wikipedia. Stand 16.09.2007. http://de.wikipedia.org/wiki/Haus_Horst_%28Essen%29 .— B a c h , Martin (Stadt Essen: Inst. f. Denkmalschutz u. pflege): Das Mordkreuz für Baumeister Conrad Fischer (†1717). [Unveröff. Gutachten der Inventarisation. Haupttext zugleich Text der Karteikarte der Denkmalliste.] Stand der Bearb.: 16.04.2008.

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Historische Fotos:

Wohl um 1910. Aus Vos u. Weinand 1912. Fotograf unbekannt.

Um 1945 bis um 1950 (nach Corneel Voigt), eventuell (M.B.) erst von um 1965. Foto: Herr Voigt sen., Vater von Corneel Voigt. Abb. in: Irene Voigt: Burg Horst, 1983, S. 105. Das Institut f. Denkmalschutz u. -pflege dankt Herrn Corneel Voigt für die Genehmigung zur Veröffentlichung.

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Haus Horst -: Denkmal (Steinkreuz, Mordkreuz)

Lageplan (M 1:1000)

N

Das bezeichnete Objekt ist ein Baudenkmal i. S. des §2 (1 u. 2) DSchG, da es bedeutend ist für die Geschichte des Menschen und bedeutend für Städte und Siedlungen



Die Erhaltung und Nutzung des Baudenkmals liegt aus wissenschaftlichen und volkskundlichen Gründen im öffentlichen Interesse. ___________________________________ Literatur, Quellen, Dokumentationen: Siehe unter „Darstellung der wesentlichen ... Merkmale“ am Schluss des Haupttextes.

___________________________________ Fortschreibungen

Baudenkmal: ,

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