CONSUMER PRODUCTS RETAIL & WHOLESALE. Deckblatt LOHAS. Lifestyle of Health and Sustainability ERNST & YOUNG - LOHAS 1

C ONSUMER P RODUCTS R ETAIL & W HOLESALE Deckblatt LOHAS Lifestyle of Health and Sustainability ERNST & YOUNG - LOHAS 1 Die Autoren - Consumer P...
Author: Walter Fiedler
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C ONSUMER P RODUCTS R ETAIL & W HOLESALE

Deckblatt

LOHAS Lifestyle of Health and Sustainability

ERNST & YOUNG - LOHAS

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Die Autoren - Consumer Products-/Retail-Team

Design der Studie Im Rahmen dieser Studie, welche im Auftrag von Ernst & Young von einem unabhängigen Befragungsinstitut durchgeführt wurde, wurden anhand eines umfangreichen Fragebogens mehr als 700 Konsumenten nach der Relevanz für Ihre Kaufentscheidung befragt. Wir wollten wissen, wie gut der Verbraucher über das Thema "Bio" informiert ist, wie viel er bereit ist, für Bio- oder Fairtrade-Produkte zusätzlich zu bezahlen, ob er die Marke oder gleich den Händler für ein verbessertes Angebot wechseln würde und wem er die größte Bio-Kompetenz zutraut. Wir wollten wissen, wie wichtig ihm die Beachtung ethischer und sozialer Grundsätze durch die Unternehmen bei seiner Kaufentscheidung ist und wie er auf Verstöße reagiert. Und wir wollten insbesondere wissen, ob er bereit ist, über den Kaufpreis der Produkte Investitionen in soziale Gerechtigkeit und ethisches Verhalten honoriert. Die ausgewerteten Antworten haben wir in der Studie einander gegenübergestellt, die sich daraus ergebenden Schlüsse formuliert und die Folgen für die Betroffenen dargestellt.

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Mag. Markus Jandl

Dr. Konrad Toifl

Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. Wagramer Straße 19 A-1220 Wien Telefon +43 (1) 21170 1095 [email protected]

Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. Wagramer Straße 19 A-1220 Wien Telefon +43 (1) 21170 1088 [email protected]

Dr. Dieter Waldmann Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. Wagramer Straße 19 A-1220 Wien Telefon +43 (1) 21170 1400 [email protected]

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Inhaltsverzeichnis 4

Ergebnisse der Konsumentenbefragung - Zusammenfassung

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I. Einleitung LOHAS

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II. Studienergebnisse

Fachbeitrag 12 Nachhaltiges Supply Chain Management

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Ergebnisse der Konsumentenbefragung - Zusammenfassung Im Jahr 2007 wurden 702 österreichische Konsumenten zum Thema Bio und Nachhaltigkeit befragt. Die Auswertung der Befragung ergab folgendes: ƒ

Es besteht ein sehr hohes Interesse nach Bio-Produkten ohne signifikante Unterschiede nach Einkommen oder Familienstand.

ƒ

„Bio“ wird als persönlich sehr wichtiges Thema angesehen. Damit verbunden wird: - Gesundheit / gesunde Ernährung - Umweltschutz - artgerechte Tierhaltung und Artenschutz - gute Nährwerte bei Lebensmitteln - biologisch organischer Anbau - Energieeinsparung

ƒ

51 % der befragten Konsumenten sind bereit für Bioprodukte bis zu 20% mehr Geld auszugeben.

ƒ

Es besteht eine hohe Wechselbereitschaft der Konsumenten, ca. 80% der Befragten sind mit dem bestehenden Bioangebot ihres Händlers zufrieden, zugleich würden jedoch rd. 60% zu Gunsten eines besseren Bioangebots ihren Händler und 83 % zu Gunsten eines Bioproduktes die bestehende Marke zu wechseln.

ƒ

Der Einkauf von Bioprodukten wird derzeit überwiegend im Supermarkt bzw. direkt vom Hofladen vorgenommen. Dabei vertraut der Kunde in erste Linie auf die Bezeichnung „Bio“ oder auf seinen Händler, der Produzent folgt an dritter Stelle, wobei die Vertrauensbasis in allen Fällen verbesserungsfähig ist.

ƒ

Bei einem verbesserten Bioangebot würden Konsumenten bevorzugt in Geschäften kleinerer Größe kaufen, am liebsten direkt vom Hofladen gefolgt vom Supermarkt, allerdings bestehen für die anderen Formate gleichfalls gute Chancen.

ƒ

Bevorzugte Bioprodukte sind Gemüse, Fleisch, Obst, Käse und Milchprodukte.

ƒ

Konkrete Marken für Bioprodukte können allerdings nur von wenigen Konsumenten (ungestützt) genannt werden. Marken, Handelsnamen und Bioorganisationen werden kaum differenziert und haben mit ganz wenigen Ausnahmen nur geringen Bekanntheitsgrad.

ƒ

Nur ein Drittel der befragten Kunden achten auf die Kennzeichnung „Fair Trade“, ca. 16% ist der Begriff nicht bekannt.

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ƒ

Bei Produkten aus Fair-Trade-Handel wird in erster Linie auf die Bezeichnung FairTrade, dann auf den Händler und in weiterer Folge auf den Produzenten vertraut.

ƒ

Ca. 44 % der Konsumenten sind bereit bis zu 20% mehr für ein Produkt aus fairem Handel auszugeben.

ƒ

Für den täglichen Einkauf sind die Nachhaltigkeitsthemen - keine Kinderarbeit, - keine Vergiftung der Umwelt, - keine gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen, - keine Diskriminierung von Arbeitnehmern, - Artenschutz und - keine Verschwendung natürlicher Ressourcen (in dieser Reihenfolge) von kaufentscheidender Bedeutung.

ƒ

Etwas geringer als bei „Bio“ ist mit 44 % die Bereitschaft bis zu 20 % höhere Preise für nachhaltig erzeugte Produkte zu zahlen.

ƒ

Die Kunden würden weitaus überwiegend die Marke wechseln, falls bekannt wird, dass der Produzent gegen Nachhaltigkeitskriterien verstößt.

ƒ

Vom Händler wird erwartet, dass er sein Angebot unter Beachtung dieser Nachhaltigkeitskriterien auswählt.

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I. Einleitung LOHAS 1. Warum reden wir darüber? 1.1 Händleralbtraum oder Chance? Täglich werden wir in Presse, Radio oder Fernsehen mit den Begriffen „bio“, „öko“, „fair“, „nachhaltig“, „Ethik“, „gesund“ oder – ergänzt um die englischen Ausdrücke – „light“, „wellness“, „health food“ und „functional food“ konfrontiert. Folgt man nun den Medien, dann reicht es den Verbrauchern nicht mehr aus, „nur“ schmackhaft satt zu werden. Schwer nachvollziehen lässt es sich jedoch, ob dieses veränderte Bewusstsein auf die starke Medienpräsenz zurückzuführen ist, oder ob die Medien ein gewandeltes Bewusstseinsbild lediglich aufgreifen. „Der Biolandbau ist auf die Siegerstraße zurückgekehrt. Die Lebensmittelskandale der letzten Jahre haben den Verbrauchern den Wert gesunder Nahrung wieder ins Bewusstsein gerufen“ oder auch „Der wachsende Hunger nach biologischen Lebensmitteln führt zu Versorgungsengpässen“, schreiben „Global 2000“ bzw der „Standard“. Unter dem Titel „Ausverkauf der Meere“ veröffentlicht Greenpeace einen Bericht und in der Folge finden sich in der Tagespresse Artikel über gefährdete Fischarten. „Raubbau am kostbarsten Gut“ überschreibt „Die Zeit“ ein Interview mit Peter Brabeck-Letmathe, dem Vorstandschef des weltgrößten Lebensmittelherstellers Nestlé über die nachhaltige Nutzung der Wasserreserven. Gleichzeitig verleiht die österreichische Kammer der Wirtschaftstreuhänder gemeinsam mit Kooperationspartnern zum nunmehr 8. Mal den Nachhaltigkeitspreis ASRA (Austrian Sustainability Reporting Award) als Auszeichnung des besten Umwelt- oder Nachhaltigkeitsberichtes eines österreichischen Unternehmens. Meldungen dieser Art finden sich täglich in der Presse und deuten auf eine Bewusstseinsveränderung des Verbrauchers hin. Sicherlich kann im Einzelfall ein gewisses Maß an Altruismus nicht übersehen werden, jedoch kann ein Unternehmen langfristig nur dann überleben, wenn es den Anforderungen seiner Kunden entspricht. Kein Restaurant wird lange an Gerichten auf der Speisekarte festhalten, die von den Gästen nicht nachgefragt werden. Kein Händler wird seine Regale mit Ware füllen, die der Kunde nicht kaufen will und in der Folge wird sich auch kein Produzent finden, der diese produziert. Genau das ist auch zu beobachten. Nahezu sämtliche namhaften Produzenten spicken ihr Sortiment mit Bioprodukten und weisen ausdrücklich auf die Nachhaltigkeit der Produktion und die Einhaltung ethischer Standards im eigenen Unternehmen als auch bei seinen Vorlieferanten hin. Kein Lebensmittelhändler, der keine Bioprodukte führt - viele sogar unter eigenem Label. Auch die Discounter treten in der Werbung mit diesen Themen auf und erst kürzlich wurde bekannt, dass Lidl die Mitgliedschaft bei Greenpeace und FairTrade erworben hat. Es scheint also eine Tatsache zu sein, dass es nicht mehr nur ausreicht, schmackhaft satt zu werden. Der Endverbraucher – oder sagen wir der Vorsicht halber eine nicht zu übersehende Anzahl an Verbrauchern - möchte dies zusätzlich mit gutem Gewissen tun. Dem Motto folgend: „Niemand soll darunter leiden müssen, dass ich qualitativ hochwertige Produkte konsumiere“. 6

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1.2 Und es könnte tatsächlich etwas dran sein… Bei Betrachtung der Wachstumsraten von Bio-Lebensmitteln in Österreich lassen auch diese auf einen Bewusstseinswandel des Verbrauchers schließen: Laut einer Presseaussendung der Agrarmarkt Austria ist in den Jahren zwischen 2003 und 2006 der Bio-Konsum in Österreich um 35% gestiegen. 87% der Österreicher greifen zumindest gelegentlich zu Bio-Frischwaren und setzen dabei verstärkt auf den Gesundheitsaspekt. 77% der Konsumenten wünschen sich ein breiteres Bio-Angebot. Segmentanalyse Anteil Bio (wertmäßig) LEH mit Hofer/Lidl* 6,0% 5,0% 4,0% 3,0%

Anteil Bio

2,0% 1,0% 0,0% Anteil Bio

2003

2004

2005

2006

Tri 07/1

3,8%

4,0%

4,5%

4,9%

5,4%

*Bio-Warengruppen: Weiße und Bunte Palette, Käse, Gelbe Fette, Fleisch & Geflügel, Wurst & Schinken, Frisch-/TK-/Sterilobst &-gemüse, Eier, Fertiggerichte, excl Brot Quelle: © RollAMA/AMA Marketing, n=1400 Haushalte in Österreich

Die Analyse beinhaltet nicht Brot. Fachleute des Landwirtschaftsministeriums schätzen den Bioanteil inklusive Brot im Jahr 2006 auf ca. 10 %. Dieser Trend wird auch durch eine rollierender Agrarmarktanalyse bestätigt. Und die Nachfrage nach Bioprodukten nimmt auch in 2007 kräftig zu. Betrachtet man allerdings, dass der Gesamtmarkt für Lebensmittel im gleichen Zeitraum mehr oder weniger stagnierte und das Bioangebot für einzelne Artikel noch nicht ganzjährig in Mengen zur Verfügung steht, die für große, filialisierende Handelsformate geeignet sind, so ergibt sich für die Zukunft noch erhebliches Potential. 1.3 Prominente Unterstützung Für diese Prognose bedarf es keiner großen hellseherischen Fähigkeiten. Nicht nur, dass jeder Lebensmittelskandal insbesondere die Nachfrage nach Bioprodukten nachhaltig fördert. Es gibt immer mehr prominente Unterstützer, auch aus der Politik: Gerade erst starteten Bundesminister Josef Pröll und Bundesministerin Andrea Kdolsky eine Gesundheits- und Ernährungsoffensive. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel betrachtete dieses Thema globaler – und erklärte den Klimaschutz zur Chefsache. Die Anzahl der Befürworter steigt und sogar die G-8-Staaten haben nach harten Verhandlungen einen Kompromiss beim Klimaschutz erzielt und bekennen sich zur deutlichen Reduzierung der Treibhausgase.

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2. Worüber reden wir? LOHAS - Was steckt dahinter Die Angelsachsen waren erwartungsgemäß sehr schnell und haben den Trend aufgegriffen und umgehend einen neuen Lebensstil geprägt und dafür eine Bezeichnung geschaffen den neuen Lebensstil mit Namen LOHAS – Lifestyle of Health and Sustainability – also auf gut deutsch: Gesundheit und Nachhaltigkeit als Lebensstil. Jedoch was steckt hinter LOHAS wirklich? Eignet sich dieser Begriff zum Füllen von Produktmarketing, als Überschrift für Studien wie diese, oder steckt wirklich eine begriffliche Zusammenfassung der Ansprüche, die der Kunde heute bei seiner Kaufentscheidung zugrunde legt, dahinter? Für Verwirrung ist schon deshalb gesorgt, weil die Begriffe zu erodieren scheinen. Definiert sind „Bio“ und „Öko“ lediglich in Zusammenhang mit Lebensmitteln (gemäß EU-Öko-Verordnung 2092/91). Mittlerweile tauchen diese Begriffe jedoch auch in anderen Bereichen auf: Es gibt die Öko-Bank, den Öko-Fond, Umwelt- und BioZertifikate, die Öko-Versicherung, und sogar Öko-Reisen werden vermittelt. Zu hinterfragen sind auch die verschiedensten Siegel, Zertifikate, (Eigen-)Marken, Verbände, Supermärkte und Organisationsnamen: Neben dem Bio-Siegel, welches Produkte gemäß der EU-Öko-Verordnung 2092/91 kennzeichnet, hat es der einfache Verbraucher sehr schwer, sich im Begriffsdschungel rund um Bioland, demeter, Biopark, ecovin, Naturland, IFOAM, fairglobe, fairtrade, … zurechtzufinden. Dem Konsumenten wird ein unklares Bild vermittelt und dies wirkt sich auch bei der Kaufentscheidung des Letztverbrauchers aus: Nur ein Verbraucher, der den Mehrwert erkennt, ist bereit, einen Mehrpreis zu bezahlen.

3. Wie definieren wir „Bio“, Öko“, Fairtrade, Nachhaltigkeit und Ethik im Rahmen unserer Studie? 3.1 Der Bio-Mindeststandard „Bio“ und „Öko“ sind Begriffe, die seit 1993 unter dem Schutz der EU-Öko-Verordnung oder genauer gesagt der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse stehen. Nach dieser Verordnung dürfen „Bio“ oder „Öko“ allein oder als Bestandteil eines Begriffes ausschließlich Produkte kennzeichnen, die nach den Richtlinien der Verordnung erzeugt, verarbeitet und kontrolliert werden. Die EU-Öko-Verordnung gilt direkt in Österreich und ist hinsichtlich der Durchführung und der Strafbestimmungen an das Lebensmittelgesetz 1975 angebunden. Die zuständigen Behörden im Sinne der EG -Verordnung sind die Landeshauptmänner der Bundesländer (Lebensmittelaufsicht der Länder). Die biologische Landwirtschaft, die Verarbeitung und die Einfuhr von Erzeugnissen aus biologischer Landwirtschaft mit ihren speziellen Anforderungen wird im Interesse der Erzeuger und der Verbraucher auf allen Stufen der Erzeugung und der Vermarktung in Europa von Kontrollbehörden oder privaten zugelassenen Kontrollstellen kontrolliert. Aber die Branche ist findig. Begriffe wie „aus kontrolliertem Anbau“, „von staatlich anerkannten Bauernhöfen“, „unter unabhängiger Kontrolle“, „ungespritzt“, „ohne Spritzmittel“, „aus integrierter Landwirtschaft“, „aus Vertragsanbau“, „aus alternativer 8

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Haltung“ oder „aus umweltschonendem Anbau“ sind gern verwendete Zusatzangaben, die Assoziation hervorrufen, dass es sich hier um ein Bio-Produkt handelt. Genau dies ist aber nicht der Fall. Andererseits tragen viele Lebensmittel die Zeichen von Verbänden oder Vereinen, deren Anforderungen mehr oder weniger weit über die EU-Öko-Verordnung hinausgehen und auch Ziele verfolgen, die mit der ökologischen Erzeugung von Lebensmitteln nur mittelbar etwas zu tun haben. So legt demeter z. B. großen Wert auf die Beachtung kosmischer Rhythmen und die Anwendung von Präparaten aus Heilkräutern, Mineralien und Kuhdung zur Förderung der Bodenfruchtbarkeit. Im Rahmen dieser Studie werden die Begriffe „Bio“ oder „Öko“ im Sinne der EU-ÖkoVerordnung verwendet – wissend, dass dieser Standard von einigen Verbänden als unzureichend abgelehnt wird. 3.2 Fairtrade Weniger verwirrend ist die Welt der Siegel und Organisationen, wenn es um den fairen Handel von Lebensmitteln geht. Weltweit gibt es 20 nationale Siegelorganisationen, die nach denselben Fairhandelskriterien arbeiten. Sie sind unter der "Fairtrade Labelling Organizations International (FLO)" zusammengeschlossen. In Österreich trägt FAIRTRADE Austria als Mitglied von FLO das Siegel des Dachverbandes.

Bei weitem schwieriger ist die Unterscheidung von fair gehandelten Produkten und Bio. Zwar tragen einige von TransFair zertifizierte Produkte zugleich ein Bio-Siegel, aber TransFair ist nicht gleich Bio. Die Idee von TransFair ist der nachhaltige, direkte Handel mit Entwicklungsländern. Der Bereich Nachhaltigkeit erstreckt sich dabei auf soziale, ökonomische und ökologische Zielsetzungen. Die in kleinbäuerlichen Strukturen erzeugten Produkte führen in einem kontrollierten Warenfluss zu existenzsichernden Mindestpreisen für die Landwirte. FairTrade begleitet dabei die Waren vom Produzenten über Importeure bis in den Einzelhandel. Zusätzlich werden durch FairTrade die Einhaltung von Produktionskriterien wie naturnaher Anbau/Bio/Schutz von Regenwald/keine Genmanipulation kontrolliert. Die von TransFair bzw. Fairtrade definierten Ziele beschränken sich daher nicht nur auf „faire Preise für faire Waren“, es werden ebenso ethische Ziele und Nachhaltigkeitsthemen verfolgt. Im Rahmen der von uns durchgeführten Befragung von Kunden haben wir im Zusammenhang mit Fairtrade ausschließlich den Handel zu fairen Preisen, d. h. den

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Verzicht auf die Ausbeutung der Dritten Welt durch Ausnutzung der Marktmacht in den Vordergrund gestellt. 3.3 Nachhaltigkeit und Soziale Verantwortung Im Unterschied zu Bio und Fairtrade gibt es kein Siegel für Nachhaltigkeit und Ethik. Bei Publikationen der Beratungsbranche bzw. Studien zu diesen Themen oder Zielen von Stiftungen bzw. von privaten oder öffentlichen Einrichtungen fällt auf, dass sich für diese Themen offensichtlich ein neuer Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) etabliert hat. Die darunter diskutierten Fragen und Verhaltensnormen decken ein relativ breites Spektrum ab, ohne jedoch auf eine klare Differenzierung in „nachhaltige Bewirtschaftung“ und „Ethik im Wirtschaftsleben“ Rücksicht zu nehmen. Die Bandbreite ist groß und reicht beispielsweise von der “Überfischung der Meere“ bis hin zur „Kinderarbeit“. Gleichzeitig bestehen erhebliche Überschneidungen z. B. zwischen Nachhaltigkeit und ökologischem Landbau oder zwischen Fairtrade und Ethik im Wirtschaftsleben. 3.4 Was meinen wir mit Nachhaltigkeit und Ethik in der Wirtschaft? In unserer Umfrage zum Thema Nachhaltigkeit haben wir uns auf die Aspekte „Schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen“ und „Umweltschutz“ konzentriert, um auch hier die Befragten durch eine umfassende Bandbreite nicht zu sehr zu überfordern. Beim Begriff Ethik im Wirtschaftsleben haben wir uns auf die Bereiche Kinderarbeit, Mitarbeiterdiskriminierung, Gesundheitsgefährdung und Dumpinglöhne beschränkt.

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4. Weshalb befasst sich Ernst & Young mit den Themen Bio, Nachhaltigkeit, Ethik und Fairtrade? Wir sollten wissen, womit unsere Kunden morgen ihren Umsatz erwirtschaften, und schon heute darüber nachdenken, welche Einflüsse sich daraus für deren Prozesse ergeben. Seien es die Geschäfts- oder Verwaltungsprozesse einschließlich IT, seines es die ControllingStrukturen oder das Risikomanagement. Wir wollen unsere Kunden auch morgen mit Antworten und Lösungen zur Verfügung stehen. Der Erfolg unserer Kunden ist die Grundlage unseres Erfolgs. Wir haben ein unabhängiges Marktforschungsinstitut beauftragt, 700 Konsumenten nach der Relevanz ihrer Kaufentscheidung zu befragen. Ziel ist es herauszufinden, wie gut der Verbraucher über das Thema Bio informiert ist, wie viel er bereit ist, für Bio- oder Fairtrade-Produkte zusätzlich zu bezahlen, ob er die Marke oder gleich den Händler für ein verbessertes Angebot wechseln würde und wem er die größte Bio-Kompetenz zutraut. Wir wollten wissen, wie wichtig ihm ethisches Verhalten der Unternehmen bei seiner Kaufentscheidung ist, wie er auf Verstöße dagegen reagiert und ob er bereit ist, über den Kaufpreis der Produkte Investitionen in die Erhaltung der Umwelt zu honorieren. Trotz aller Unklarheiten auf Verbraucherseite wächst der Bio- und Fairtrade-Markt jährlich mit zweistelligen Wachstumsraten – und dies nicht nur in Österreich: Auch in unseren europäischen Nachbarländern sind ähnliche Entwicklungen zu verzeichnen. Doch Anbau-Flächen können nicht beliebig erweitert werden, die Umstellung auf BioAnbau beträgt zwischen 2 und 5 Jahren und der Ertrag sinkt bei Bio im Vergleich zu konventionellem Anbau um ein Drittel. Wie weit könnte der Anteil von Bio-Produkten am Gesamtmarkt gesteigert werden? Ein Blick zurück in die nicht allzu weit zurückliegende Vergangenheit des 19. und auch noch Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt, dass damals noch die gesamte Bevölkerung mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln versorgt wurde. Kunstdünger und chemische Waffen gegen Schädlinge waren damals nicht vorhanden. Tierische und menschliche Arbeitskraft waren die tragenden Produktionsfaktoren. Natürlich hat sich da vieles geändert. Der Bauernhof ist heute menschenleer, Großmaschinen haben das Pferd und den Menschen ersetzt. Ein deutliches Anheben des Anteiles der Bio-Produkte sollte daher mit Blick in die Vergangenheit wieder möglich sein. Der Landwirtschaft wurde in letzter Zeit auch die Versorgung der Bevölkerung mit Energie, natürlich Bio-Energie zugewiesen. Verstärkt werden Flächen zum Anbau von Energiepflanzen verwendet, aus denen Bio-Treibstoff erzeugt wird. Die landwirtschaftliche Überproduktion von Lebensmitteln, die uns in den letzten Jahrzehnten mit allen ihren Folgeerscheinungen stets begleitet hat, scheint beendet zu sein, am Weltmarkt steigt erstmals der Preis von landwirtschaftlichen Produkten. Ob diese Entwicklung zu Lasten der konventionellen oder ökologischen Produktion von Lebensmitteln geht, ob Lebensmittel egal ob konventionelle oder biologische uns wesentliche Preissteigerungen bescheren werden, wird die Zukunft zeigen.

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Nachhaltiges Supply Chain Management Transparenz und Sicherheit in den Unternehmensprozessen - sowohl im eigenen Unternehmen, als auch bei den Lieferanten - fördern die Glaubwürdigkeit der Unternehmenskommunikation. Wie die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, bezieht der verantwortlich konsumierende Verbraucher neben biologischen zunehmend auch ethische und soziale Aspekte in seine Kaufentscheidung mit ein. So stellen sich Konsumenten und Verbraucher zum Beispiel die Frage, wo und unter welchen Bedingungen ein Produkt hergestellt wird und wie ein Unternehmen dabei sein Geld verdient. Kinderarbeit, die Verwendung giftiger und gefährlicher Substanzen im Herstellungsprozess oder eine angemessen Entlohnung der Arbeiter sind dabei nur einige Schlagworte. Gesetzeskonformes Verhalten (Compliance) wird von Staat und Gesellschaft und ebenso von den Anspruchsgruppen des Unternehmens, den Stakeholdern, vorausgesetzt. Nachhaltigkeit fokussiert auf die darüber hinausgehende Verantwortung von Unternehmen für das Gemeinwohl und bedeutet die Integration von sozialen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten und Umweltbelangen in die Geschäftsprozesse. Als Grundlage gelten die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit…

…. bestimmt von der Vision der Geschäftsführung zur operativen Umsetzung. Vision

Ö Wirtschaft Ö Soziales

Strategie

Ö Umwelt Operative Prozesse

Derartiges unternehmerisches Engagement wird häufig auch unter dem Begriff „Corporate Social Responsibility“ (CSR) zusammengefasst. Als Vorteile eines aktiven Nachhaltigkeitsmanagements sind die Risikominimierung im Wertschöpfungsnetzwerk, stabile und langfristige Zuliefererbeziehungen, Motivation der Mitarbeiter und ihre Bindung an das Unternehmen, ein frühzeitiges Erkennen von Missständen oder auch der Reputationsgewinn zu nennen. Eine Unternehmenskommunikation über diese Verantwortung nach außen, die nicht hält was sie verspricht, schadet der Reputation erheblich. Werden durch die Medien Missstände in den Herstellungsbedingungen beispielsweise eines Lebensmittelhändlers aufgedeckt, kann dies für den Absatz der Produkte verheerende Folgen haben. Deshalb ist es notwendig, Verhaltensregeln aufzustellen und für die kritischen Prozesse im Unternehmen ein Kontroll-, Sanktions- und Überwachungssystem zu implementieren. Dazu gehört an erster Stelle zunächst die Analyse der wesentlichen kritischen Themen aus Sicht der Gesellschafter, Investoren, Lieferanten und ganz besonders der Kunden. Es folgt die Definition von Zielen und die Festlegung einer Strategie. Insbesondere die Beantwor12

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tung der Frage, welche Anforderungen seitens der verschiedenen Anspruchsgruppen an das Unternehmen bestehen, ist essentiell wichtig. Workshops, Umfragen und Tests sind je nach Anspruchsgruppe geeignete Instrumente. Zur Umsetzung der Strategie sollten spezielle Verhaltenskodizes unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten aufgestellt werden, um die bereits bestehenden Verfahrensregelungen zu ergänzen. Diese Verhaltenskodizes bieten die Grundlage für das operative Geschäftsleben. Beispielsweise sollte es klare Regeln und Vereinbarungen geben, die bei einem Vertragsabschluss mit einem Lieferanten oder Hersteller eingehalten werden müssen. Ein wirksames Kontroll-, Sanktions- und Überwachungssystem beinhaltet zum einen prozessintegrierte Überwachungsmaßnahmen. Dies kann bspw. die Aufstellung einer Beschaffungsrichtlinie unter Nachhaltigkeitsaspekten sein (organisatorische Sicherungsmaßnahmen), oder die Prüfung von Verträgen auf Einhaltung der Regelungen durch die jeweiligen Einkaufsverantwortlichen (Kontrollen). Daneben kommen als prozessunabhängige Überwachungsmaßnahmen Überprüfungen durch die Interne Revision oder unabhängige Dritte in Frage. Bei der schriftlichen Fixierung der Verhaltensregeln und Aufnahme von Nachhaltigkeitsaspekten in z.B. Zuliefererverträgen darf es jedoch nicht bleiben. Denn nur wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass diese Regelungen auch tatsächlich eingehalten werden, kann sich das Unternehmen gegen Reputationsschäden schützen bzw. seine Reputation weiter verbessern. Im Bereich der Zulieferer sollten die Produktionsstätten von Vertretern des Unternehmens und zusätzlich von einer externen Institution besichtigt und überprüft werden. Diese Auditierungen sollten dabei in regelmäßigen Abständen – nach Möglichkeit auch einmal unangekündigt - wiederholt werden. Je nach Entwicklungsstandards geht es dabei um kritische Punkte wie beispielsweise Kinderarbeit, Einhaltung von Arbeitszeiten, Arbeitssicherheit, Gefährdung der Gesundheit der Arbeiter, Vereinigungsfreiheit und jegliche Form von Diskriminierung. Entsprechende Schulungs- und Fördermaßnahmen von Seiten der Unternehmen können helfen, dass gerade in den Produktionsstätten der Entwicklungsländer Standards verbessert und schließlich eingehalten werden können. Im Hinblick auf das fortschreitende Zusammenwachsen der Märkte und einem damit verbundenen zunehmenden Wettbewerbsdruck lassen sich in weit verzweigten Wertschöpfungsketten wahrscheinlich nie alle Risiken ausschließen. Anhand der genannten Maßnahmen können diese aber reduziert werden und in kritischen Situationen kann entsprechend schnell und professionell gehandelt werden. So lässt sich das Vertrauen der Verbraucher und Konsumenten gewinnen und durch ein transparentes und nachhaltiges Handeln halten und ausbauen. Ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement mit den erläuterten Komponenten stellt im Unternehmen sicher, dass zuverlässige und valide Aussagen gegenüber der Öffentlichkeit gemacht werden können. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil es lange Zeit dauert, Vertrauen aufzubauen, welches jedoch in kürzester Zeit durch Fehlverhalten wieder zerstört werden kann. Brigitte Frey, Managing Director, Wien Leitung Sustainability Assurance and Advisory Services in Österreich ERNST & YOUNG - LOHAS

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II. Studienergebnisse 1. LOHAS hat alle erfasst Das Thema Gesundheit und Nachhaltigkeit als Lebensstil hat in Österreich und weltweit einen wichtigen Stellenwert eingenommen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in der Presse, im Rundfunk, im Fernsehen oder in anderen Medien passend zu diesem Thema, zum Beispiel über die Brandrodung von Tropenwäldern, die zunehmende Fettleibigkeit der Bevölkerung oder Kinderarbeit in Asien berichtet wird. Ein verantwortungsvoller Medienkonsument wird diese Themen übernehmen und versuchen seinen positiven Beitrag zu leisten. Etwa indem er mehr auf die Gesundheit achtet und dadurch Verhaltensweisen ändert und durch seine Kaufentscheidung nachhaltig erzeugte Produkte unterstützt. Entscheidungen, durch ein geändertes Einkaufsverhalten die eigene Gesundheit zu fördern oder durch gezielte Auswahl von Produkten Arbeitsbedingungen in Ländern der Dritten Welt zu verbessern, bedeuten für den Konsumenten höhere Ausgaben und damit eine zusätzliche Belastung des Haushaltsbudgets. Interessant ist, dass die Konsumentenbefragung abhängig vom jeweiligen Einkommen, dieses wurde bei alle Fragen berücksichtigt, zwar zu unterschiedlichen, aber nicht wesentlich anderen Ergebnissen geführt hat. Die Erwartungshaltung, dass ein geringes Einkommen und damit auch ein für den Konsum überproportional sinkendes frei verfügbares Einkommen zu stark abnehmender Bereitschaft, mehr für Gesundheit und Nachhaltigkeit auszugeben führt, hat sich nicht bewahrheitet. Wie wichtig sind für Sie persönlich die nachfolgenden Themen: Gesundheit/ gesunde Ernährung Artgerechte Tierhaltung/ Artenschutz Umw eltschutz Gute Nährw erte bei Lebensmitteln Biologischorganischer Anbau Energieeinsparung

0

1 Gutes Einkommen

2 Durchschnittlich

3

4

5

Geringes Einkommen

Auch die Berücksichtigung von anderen erhobenen persönlichen Daten der befragten Personen, wie Alter, Geschlecht, Single/Lebensgemeinschaft, Anzahl der Personen im Haushalt beim Antwortverhalten ergab unterschiedliche jedoch nicht signifikant andere Ergebnisse. Aus diesem Grund werden diese Aspekte in der Folge außer Ansatz gelassen. 14

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Gleichwohl haben wir nachfolgend nach den Einkommensclustern dargestellt, wie wichtig den Konsumenten diese Themen sind. Achten Sie beim Einkauf von Lebensmitteln auf die Kennzeichnung als Bio-Produkt (Einkommensverhältnisse berücksichtigt) Gesamt

20,8%

Einkommen sehr gut & gut

34,8%

28,7%

Einkommen durchschnittlich

36,4%

13,7%

Einkommen gering

Keine Angabe zum Einkommen 0%

20%

Immer

30%

12,1%0,0%

27,6%

27,0%

10%

9,3% 0,0%

32,4%

32,8%

15,3%

10,5% 0,0%

33,9%

30,9%

20,7%

12,0%0,3%

24,5%

43,2%

24,6%

Existenzminimum

32,2%

19,0%

41,4%

40%

Häufig

50%

60%

Manchmal

0,0%

14,4% 1,8%

70%

80%

Nein

90% 100%

Keine Angabe

Achten Sie beim Einkauf von importierten Produkten auf die Kennzeichnung Fair Trade? (Einkommensverhältnisse berücksichtigt) Gesamt

15,80%

Einkommen sehr gut & gut

19,80% 22,38%

17,48%

Einkommen durchschnittlich Einkommen gering

13,80%

Keine Angabe zum Einkommen

15,30% 0%

Immer

30%

Häufig

24,60%

40%

Manchmal

17,20% 0,00%

24,30% 50%

60%

Nein

Kenne ich nicht

0,50%

11,60%0,00%

24,10%

29,70%

20%

13,29%0,00%

17,90%

24,10%

11,70%

10%

14,80%

32,40%

20,70%

16,40% 0,70%

18,18%

25,10%

20,80%

17,40%

Existenzminimum

28,67%

21,30%

13,70%

18,70%

28,60%

15,30%

70%

80%

3,60%

90%

100%

Keine Angabe

Erwarten Sie ein Angebot von Produkten aus fairem Handel bei Ihrem Händler? (Einkommensverhältnisse berücksichtigt) Gesamt

18,80%

69,80%

Einkommen sehr gut & gut

23,40%

64,00%

0%

10% Ja

20%

30%

40%

8,60%

22,40%

69,00%

Keine Angabe zum Einkommen

8,70%

15,00%

76,30%

Existenzminimum

16,40%

18,60%

65,00%

Einkommen gering

9,09%

19,58%

71,33%

Einkommen durchschnittlich

11,40%

50%

Nein

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60%

70%

80%

12,60%

90%

100%

Keine Angabe/Kenne ich nicht

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Das Interesse an Bio-Produkten ist hoch, fasst man die Antworten „Immer“ und „Häufig“ zusammen, liegt es bei 55,6 % und damit weit über dem Marktanteil an Bio-Produkten. Daraus lässt sich auf ein Angebotsdefizit und die Möglichkeit für Produzenten und Händler zur wesentlichen Ausweitung dieser Angebotspalette schließen. Deutlich geringer ist das Interesse der Konsumenten Produkte aus fairem Handel einzukaufen. Fasst man die Antworten „Immer“ und „Häufig“ zusammen, dann liegt der Wert bei mageren 35,6 %, während immerhin 16,4 % die Organisation „Fair Trade“ nicht kennen. Umso überraschender ist, dass trotzdem rund 70 % der befragten Konsumenten von ihrem Händler ein Produktangebot aus fairem Handel erwarten.

2. LOHAS – ein diffuses Bild Wie steht es um die Kenntnisse der Konsumenten zum Thema „Bio“ und was verbindet der Konsument mit diesem Begriff. Wer einmal versucht hat, Regelungen der EU egal welcher Rechtsnorm zu studieren, um sich an der Basis zu informieren, dem wird klar, dass eine EU-Verordnung zum Thema ökologischer Landbau auch von mündigen Konsumenten nicht gelesen wird. Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich dieser Konsument dann auch noch mit den nationalen Umsetzungsnormen befassen muss, um einen Einblick in die Rechtslage zu bekommen. Informationen werden daher voraussichtlich aus Sekundärquellen, das heißt aus den Medien und der Werbung bezogen und müssen daher nicht deckungsgleich mit den gesetzlichen Vorgaben sein. Wir haben die Befragten auf die Probe gestellt, indem wir wissen wollten, was sie mit Bio verbinden. Was verbinden Sie mit Bio? 82,2%

Gesunde Ernährung 71,4%

Gute Nährw erte bei Lebensmitteln Artgerechte Tierhaltung und Artenschutz

70,1%

Schonender Anbau

69,5%

Umw eltschutz

60,4%

Energieeinsparung Keine Angabe

35,5% 1,1%

An weitaus erster Stelle mit 82 % assoziieren die Befragten mit Bio gesunde Ernährung gefolgt von Gute Nährwerte bei Lebensmitteln mit 71 %. Diese Erwartungshaltung lässt sich wissenschaftlich nicht beweisen, der Werbeslogan „Bio = gesünder“ wäre auch nicht erlaubt. Nimmt man den Vitamingehalt als Indikator für gesunde Lebensmittel, so hängt 16

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dieser weit mehr vom Reifegrad und der nachfolgenden Zubereitung des Produktes ab, als dies durch biologischen Anbau herbeigeführt werden kann. Allerdings weist Bio-Ware verglichen mit Lebensmitteln aus konventioneller Produktion geringere Schadstoffwerte auf, weil chemische Produktions- und Hilfsmittel wie Kunstdünger, Herbizide und Fungizide nur äußerst eingeschränkt verwendet werden dürfen. Mit 70 % nimmt die Erwartung nach artgerechter Tierhaltung und des Artenschutzes noch einen Platz auf dem Siegerpodest ein. Biobetriebe sind aufgefordert, Regeln zu beachten. Durch Vorgabe von Mindestflächen für die Haltung eines Bio-Freilandhuhnes oder für die Erzeugung eines Bio-Freilandeies oder des Verbotes der Anbindungshaltung für glückliche Kühe werden zwar Vorschriften für die artgerechte Tierhaltung gesetzt, allerdings bestehen in diesem Bereich viele Ausnahmen. Nahezu gleichauf mit knapp unter 70 % findet sich die Erwartung nach schonendem Anbau, womit der Kern der Sache getroffen wurde. Ökologischer Landbau verlangt Wirtschaften mit der Natur und vorausschauendes Wirken des Landwirtes. Fehler beim Anbau, in der Kultivierung, usw. können aufgrund des Verbotes von chemischen Betriebsmitteln nicht oder wesentlich schlechter repariert werden, als dies in der konventionellen Landwirtschaft der Fall ist. Zum Thema Umweltschutz und Energieeinsparung wird der Bio-Konsument selbst einer Prüfung unterzogen. Es hängt wesentlich davon ab, ob zu Weihnachten Bio-Äpfel aus heimischer Produktion oder Bio-Erdbeeren aus Übersee gekauft werden. Beide Produkte erfüllen die Bio-Ansprüche, beim Umweltschutz schlägt der Apfel die Erdbeeren um Längen, die Kaufentscheidung zum nahen inländischen Produkt gibt den Ausschlag und nicht die biologische Produktion. Dass Aufklärung dringend notwendig wäre, zeigen die Antworten auf die folgende Frage:

Fallen Ihnen konkrete Marken ein, die für Bio-Produkte stehen? Keine Angabe/Kenne ich nicht Ja! Natürlich

56,7% 25,5%

Demeter

4,8%

Natur Pur Alnatura Fair Trade Bio

4,3% 3,3% 2,7% 2,0%

Bio Bio

1,4%

Spar

1,1%

Natur Aktiv

0,7%

Auf diese offen formulierte Frage wurden weitere 71 Bezeichnungen mit weniger als fünf Nennungen genannt.

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Die Mehrheit der Befragten von 57 % konnte keine Marke nennen, die für ein Bioprodukt steht. Immerhin gaben aber 56 % der Konsumenten an, immer oder häufig auf Bio zu achten, daraus ergibt sich, dass von den Biokäufern 13 % keine Angaben über eine Biomarke machen konnten. Ein Teil der Befragten antwortete, gab aber keine richtige Antwort. Der Anteil derer, die eine Biomarke nennen konnten, lag unter 35 %, wobei dazu die Marke Ja!Natürlich von REWE Austria mit 25,5 % den Löwenanteil beitrug. Als Biomarke wurde der Verein Demeter genannt, der zwar für Bio steht aber keine Marke darstellt. Teilweise verfehlt ist die Nennung Fair Trade, dieses Siegel hat sich zu anderen Inhalten verpflichtet und ist nur zufällig bei einigen vertriebenen Produkten auch Bio. Vielleicht hätte auch die Frage anders formuliert werden müssen und zwar „Wie erkennen Sie, ob ein Produkt Bio ist?“, um den Wissensstand der Konsumenten zum Thema Bio zu testen. Bei offener Formulierung dieser Frage wären die Antworten aber voraussichtlich nicht wesentlich anders ausgefallen. Einzig das am Produkt angebrachte Bio Siegel einer Biokontrollstelle gibt eine verbindliche Auskunft darüber, ob ein Bioprodukt vorliegt. Erwartungsgemäß besser beantwortet wurde die Frage nach nachfolgenden Marken bzw. Zertifizierungen: Sind Ihnen nachfolgende Marken bzw. Zertifizierungen bekannt (gestützter Bekanntheitsgrad)? Ja Natürlich

88,3%

Natur pur

78,6%

Fairtrade

71,2% 58,8%

Echt B!o 34,3%

Natur aktiv 27,4%

Demeter Keine Angabe

1,3%

Das Umfrageergebnis spiegelt die (Werbe)Anstrengungen der großen Handelskonzerne zum Thema Bio wider.

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3. Preisbereitschaft nur gering ausgeprägt In einer Zeit, in der Geiz geil ist, kommt dem Preis eine entscheidende Frage zu. Deshalb nimmt auch im Lebensmittelhandel der Anteil der Discounter in den letzten Jahren kontinuierlich zu, der Marktanteil dürfte auch in Österreich die 30 % Marke erreichen. Während es früher einfach undenkbar war, beim „Billigen Jakob“ einzukaufen, finden heute auch Besitzer von Luxuslimousinen nichts dabei beim Discounter vorzufahren. Fraglich ist, ob sich dieses Einkaufsverhalten auch bei Bioprodukten fortsetzt. Sind Sie bereit, für Bioprodukte mehr Geld auszugeben? 100%

86,18%

90%

85,75%

80% 70% 60%

50,57%

50% 40% 30% 20%

11,82%

10%

2,14%

0% Ja

Etw as mehr (bis 10%)

Mehr (bis 20%)

Viel mehr (bis 50%)

Sehr viel mehr (über 50%)

Von den befragten Konsumenten sind 86,2 % bereit mehr zu bezahlen. Auf die Frage wie viel mehr sind immerhin etwas mehr als die Hälfte bereit, bis zu 20 % mehr für Bioprodukte auszugeben. Dies deckt sich fast mit jener Menge an Konsumenten, die immer oder häufig beim Einkauf auf die Kennzeichnung von Lebensmitteln als Bio-Produkte achten, es sind dies 55,6 %. Wesentlich höhere Preise werden nur mehr von einer Minderheit akzeptiert. Geht man von dieser Bereitschaft aus, so ist bei einem geschätzten Marktanteil von ca. 10 % inklusive Brot der Bioprodukte am Gesamtmarkt im Lebensmitteleinzelhandel ein beträchtliches Ausweitungspotential des Biosektors vorhanden (Der Bioanteil wurde der Segmentanalyse RollAMA entnommen, in der für das erste Trimester 2007 der Anteil Bio mit 5,4 % erhoben wurde; die RollAMA Warengruppe beinhaltet nicht Brot, eine traditionell starke Biogruppe, dieser Anteil wurde geschätzt). Dagegen spricht allerdings, dass es in einigen Warengruppen bereits nicht mehr möglich ist, den Bioanteil zu erhöhen, was sich durch unverkäufliche Biomengen bei den Landwirten ausdrückt. Diese werden dann im konventionellen Segment untergebracht. Zu untersuchen wäre für diese Mengen, ob das Preisband von 20 % überschritten wurde, ob die Bio-Kaufbereitschaft der Konsumenten bei diesen Produkten bereits ausgeschöpft ist oder ob andere Gründe dafür vorliegen. Ein Grund der mangelnden Preisbereitschaft könnte, wie aus den Befragungsergebnissen ableitbar ist, der geringe Informationsstand der Konsumenten sein. Zwar werden Biothemen heftig mit den deutlichen Hinweisen auf gesunde Umwelt, gesunde Ernährung und ähnlichem beworben, eine fundierte Aufklärung, dass ökologischer Anbau im VerERNST & YOUNG - LOHAS

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gleich zur konventionellen Bewirtschaftung zu deutlichen Mindererträgen bei gleichzeitig mehr Arbeitseinsatz führt, wird nicht gegeben. Ferner fehlt der Hinweis, dass Ernteausfälle dramatischer ausfallen können und damit das Risiko eines vollständigen Einnahmenausfalls wesentlich höher ist, da rasch wirksame chemische Keulen gegen Schädlinge und Pilze nicht in dem Umfang verwendet werden dürfen. Ein weiterer Faktor könnte sein, dass es zwar modern ist, sich zu Themen wie Bio und Nachhaltigkeit zu bekennen, es allerdings nur bei diesem Lippenbekenntnis bleibt und im Geschäft der billigere konventionell erzeugte Artikel gekauft wird. Dies umso mehr, als der mit biologischen und nachhaltig erzeugten Produkten gefüllte Einkaufskorb und auch der Verzehr der großen Allgemeinheit in der Regel verborgen bleibt, und damit auch kein nachhaltiger Prestigenutzen aus diesem Verhalten gezogen werden kann, wie dies bei der Anschaffung und zur Schau Stellung von gängigen Luxusprodukten der Fall ist. Folgt man dieser Theorie, dann schneidet die Unterstützung von Nachhaltigkeitsthemen noch schlechter ab, da bei diesen Themen persönliche Vorteile für den Konsumenten wie gesunde Ernährung bzw. gute Nährwerte zusätzlich wegfallen. Die verstärkte Hinwendung zur Bioenergie durch Anbau von Energiepflanzen als nachwachsender und treibhausgasneutraler Rohstoff hat in letzter Zeit erstmals dazu geführt, dass für die bisher im Überschuss vorhandenen Lebensmittel wie Milch und andere landwirtschaftliche Produkte Preissteigerungen am Weltmarkt eingetreten sind, die auch auf den Konsumenten durchschlagen. Die nachhaltige Energieproduktion tritt mit ihrem großen Flächenbedarf in Konkurrenz zu anderen landwirtschaftlichen Produkten wie insbesondere Lebensmitteln. Die Auswirkungen auf den ökologischen Landbau sind derzeit noch nicht abschätzbar, jedenfalls ist aber auch aus diesem Grund mit Preissteigerungen von Bioprodukten zu rechnen. Ob damit die Schmerzgrenze der Konsumenten bei den Preisen überschritten wird und wieder vermehrt zum konventionell erzeugten Produkt gegriffen wird, ist ungewiss.

4. Der Einkaufszettel und die hohe Wechselbereitschaft Bei welchen Kategorien wird Wert auf Bio-Produkte gelegt: In welchen Kategorien legen Sie Wert auf Bio-Produkte? Gemüse

85,3%

Fleisch

79,6%

Obst

78,9%

Käse

50,4%

Milchprodukte

47,6%

Fisch

34,3%

Grundnahrungsmittel Wasch-/Putzmittel Babynahrung Kaffee/Tee

20

32,8% 7,0% 6,1% 5,3%

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Die befragten Konsumenten nannten noch einige weitere Kategorien mit Häufigkeiten unter 5 %, darunter Getränke. Nicht unerwartet nimmt Gemüse den Spitzenplatz im Ranking ein. Überraschend ist die geringe Nennung von Babynahrung, dies umso mehr als der Konsument mit Bio vor allem gesunde Ernährung verbindet. Über 83 % der befragten Verbraucher sind mit dem Bioangebot ihres Händlers zufrieden. Dass sich dieser allerdings nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen kann und darf, zeigt die Antwort, dass knapp 60 % für ein besseres Bioangebot ihren Händler wechseln würden. Hier bietet sich für den innovativen Händler die Chance durch geschickte Ausweitung seines Bio-Angebotes zusätzliche Kunden an sich zu binden. Dies dürfe vor allem im Westen Österreichs einigen Händlern, vor allem durch starke Betonung der Regionalität des Angebotes gelungen sein. Noch größere Chancen zur Umsatzausweitung bieten sich für Produzenten, da etwas mehr als 80 % der Konsumenten die bisher bevorzugt Marke zugunsten eines Bio-Produktes wechseln würden. Im Bereich des Angebots an Produkten aus fairem Handel ergab die Befragung ein etwas anderes Bild. Zwar erwarten auch hier noch fast 70 % der Verbraucher von ihrem Händler Angebote an Produkten aus fairem Handel, die Wechselbereitschaft ist mit knapp 50 % jedoch nicht so ausgeprägt, wie dies für ein besseres Bio-Angebot der Fall wäre. Sie ist aber immer noch hoch genug, sich dadurch vom Angebot anderer Mitbewerber zu unterscheiden und damit höhere Chancen zu nutzen.

5. LOHAS bietet Chancen für alle Formate Bei dieser hohen Wechselbereitschaft stellt sich die Frage, wohin sich der Verbraucher wenden würde. Wir haben abgefragt, in welchem Händlerformat derzeit Bioprodukte eingekauft werden. Dann wurde erhoben, bei welcher Handelsform künftig bei einem verbesserten Bioangebot eingekauft werden würde. Bei der zweiten Frage hatten die Verbraucher die Möglichkeit der Wertung auf einer Skala von 1 bis 5, wobei 5 höchst mögliche Zustimmung bedeutet. Bei welchem Händlertyp haben Sie schon mal Bio-Produkte eingekauft? Supermarkt

75,6%

Direkt vom Hofladen

49,3%

Wochenmarkt

38,7%

Bio-Laden

37,6%

Verbrauchermarkt

38,7% 32,3%

Discounter 22,2%

Drogeriemarkt 17,5%

Bio-Supermarkt Keine Angabe

1,6%

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21

Würden Sie bei einem verbesserten Bioangebot künftig Bio-Produkte bei folgenden Handelsformen kaufen?

Drogeriemarkt 0%

Note 5: trifft zu

21,9%

16,4%

26,4% 10%

20%

17,7%

15,7%

31,8%

Discounter

16,1%

14,8%

35,2%

Bio-Supermarkt

30% Note 4

40% Note 3

50%

60%

Note 2

8,4% 2,7% 3,4%

16,0%

3,4%

14,2%

2,6% 6,1%

20,2%

7,5%

3,8%

15,1%

8,8%

19,5%

17,2%

37,6%

Verbrauchermarkt

8,4%

13,0%

11,3%

48,0%

Wochenmarkt

4,8%

4,8%

15,5%

15,1%

46,0%

Bio-Laden

12,8%

5,7%

15,5%

18,9%

49,6%

Supermarkt

7,3%

12,3%

58,1%

Direkt vom Hofladen

13,1%

19,5%

2,3%

14,2%

18,4%

2,7%

70%

80%

Note 1: trifft nicht zu

90%

100%

keine Angabe

Dass die Befragten den Supermarkt bei der Frage, wo sie schon mal Bioprodukte gekauft haben an erster Stelle nennen, hängt sicher auch damit zusammen, dass dieser das gängige Handelsformat darstellt, bestätigt jedoch die hohe Kompetenz, die der Supermarkt im Biosegment innehat. Überraschend ist, dass der Einkauf direkt vom Hofladen bereits an zweiter Stelle liegt, die Verfügbarkeit dieses Formates ist in Städten somit für große Käuferschichten nicht unmittelbar gegeben. Die geringe Nennung von Bio-Supermärkten wiederum dürfte auf das geringe Vorhandensein dieses Formats zurückzuführen sein. Erwartungsgemäß liegt bei der Frage, wo würden Sie bei einem verbesserten Bioangebot künftig Bio-Produkte kaufen, der Hofladen mit einer Durchschnittsbewertung von 4,01 an erster Stelle in der Käufergunst. Abgeschlagen liegt mit dem Mittelwert von 3,19 der Drogeriemarkt an letzter Stelle. Dies hängt unter Umständen mit der Verbraucherdefinition von Bio vor allem als gesunde Ernährung und dem doch eingeschränkte Angebot von Lebensmitteln in Drogeriemärkten zusammen, andererseits stellt der erreichte Mittelwert immer noch eine befriedigende Beurteilung dar. Knapp vor den Drogeriemärkten in der Wertung liegen die Discounter mit einem Mittelwert von 3,28. Dies kann damit zusammenhängen, dass dieses Format relativ spät auf den Biozug aufgesprungen ist und erst in letzter Zeit entsprechende Marketinganstrengungen zur Schaffung von speziellen Biomarken unternommen werden oder aber auch die Vermutung besteht, dass die dort günstigen Preise ein Bioangebot nicht zulassen. Noch interessanter als die Reihenfolge aufgrund der Durchschnittsbewertung ist allerdings die Auswertung der Verbraucher, die mit 5 = trifft zu oder 4 = mit hoher Wahrscheinlichkeit geantwortet haben. In der Differenz zu dem Anteil derer, die bisher im jeweiligen Format Bioprodukte gekauft haben, kommt das Wechselpotential wohl am deutlichsten zum Ausdruck.

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Konsumenten mit hoher Wechselwahrscheinlichkeit zu folgenden Handelsformaten 35,0%

32,5%

30,0% 23,5% 25,0%

20,6%

20,6%

20,0%

15,2%

21,1%

16,1%

15,0% 10,0% 5,0%

ar kt Bi

oSu pe rm

oLa de n Bi

Ho f la de n Di re kt vo m

ar kt Dr og er ie m

ar kt W oc he nm

Ve rb ra uc he rm ar kt

-7,1%

-10,0%

Di s

Su pe r

m

-5,0%

co un te r

ar kt

0,0%

Eindeutiger Gewinner eines künftigen Wechsels wäre das Format Bio-Supermarkt. Der Supermarkt als derzeitiger Platzhirsch im Bio-Bereich verliert sogar Verbraucher. Gute Chancen zur Verbesserung ihrer Marktstellung ergeben sich für den Bio-Laden, den Hofladen und den Wochenmarkt. Im möglichen Zulauf aus einem Wechsel überholt der Drogeriemarkt die Discounter deutlich. Dies ist umso bemerkenswerter, als der Marktanteil der Discounter nach heftigen Zuwachsraten in der unmittelbaren Vergangenheit voraussichtlich auch in Zukunft noch zunehmen wird, die Konsumenten aber offensichtlich die Bio-Kompetenz anders einschätzen. Eine Einschränkung erfährt die Bereitschaft zum Händlerwechsel durch die Entfernung des Händlers von der Wohnung des Verbrauchers. Während knapp 70 % der Verbraucher bereit sind, Entfernungen bis zu 5 Kilometer zurückzulegen, nimmt die Bereitschaft darüber stark ab. So sind nur mehr rund 35 % der Verbraucher bereit, Wegstrecken von 6 bis 10 Kilometer in Kauf zu nehmen. Im dünn besiedelten ländlichen Bereich wird es daher der Händler schwerer haben, zusätzliche Käuferschichten aus den Nachbarorten zu erschließen. Im städtischen Bereich mit geringeren Entfernungen und hoher Händlerdichte verliert diese Einschränkung an Bedeutung. Wie weit darf ein Händler mit einem Bio-Angebot von Ihrer Wohnung entfernt sein? 100% 90% 80%

100,00%

96,44%

70% 60%

67,81%

50% 40% 30%

36,04%

20%

18,23%

10% 0%

0 km

1 bis 2 km

3 bis 5 km

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6 bis 10 km

11 km oder mehr

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6. Hoher Anspruch an ethisches Verhalten und nachhaltige Produktion Als Voraussetzung um im Rennen zu bleiben hat sich die Erwartungshaltung der Verbraucher zu Fragen des ethischen Verhaltens gezeigt. Wie wichtig sind Ihnen nachfolgende Themen beim täglichen Einkauf? 89,6%

Keine Kinderarbeit

5,7% 2,8% 0,9%

80,2%

Keine Vergiftung der Umwelt Keine gesundheitsschädigenden A rbeitsbedingungen

13,2%

78,5%

Keine Verschwendung natürliche Resso urcen

14,4%

67,7%

0%

16,4%

65,2%

10%

20%

Note 5: Stimme voll und ganz zu

30% Note 4:

8,4%

18,1%

71,5%

Keine Dumpinglö hne

4,8%1,1%

21,4%

69,9%

A rtenschutz Keine Diskriminierung der A rbeitnehmer

19,9%

40% Note 3:

4,1%1,0%

50% Note 2:

60%

70%

8,8%

1,1%

8,7%

1,4%

11,8%

80%

90%

Note 1: Stimme überhaupt nicht zu

1,0%

1,3%

100%

Keine Angabe

Den höchsten Wert in der Aufmerksamkeit der Konsumenten beim täglichen Einkauf nimmt das Thema Ablehnung der Kinderarbeit mit einem Mittelwert von 4,85 ein. Nahezu 100 % der Konsumenten würden die Marke wechseln, wenn Ihnen bekannt würde, dass der Produzent Kinder beschäftigt. Diese strikte Kaufverweigerung trifft auch Produzenten, welche gegen die anderen genannten ethischen Themen verstoßen. In der Folge wird auch der Händler in die Pflicht genommen. Zu all den angesprochenen Themen wird vom Händler erwartet, dass sein Angebot diesen Ethikfragen entspricht. Interessant ist die Beantwortung der Fragen, bei welchen Händlern die Konsumenten glauben, solche Produkte zu finden. Bei welchem Händler glauben Sie heute solche Produkte zu finden? Direkt vom Hofladen

52,0%

Bio-Laden

47,3%

Supermarkt

44,7%

Wochenmarkt

36,6%

Bio-Supermarkt

27,9% 24,9%

Verbrauchermarkt 17,1%

Discounter 13,0%

Drogeriemarkt 6,6%

Keine Angabe

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

60,0%

Insgesamt fällt auf, dass auch beim erstgenannten Format nur 52 % der Befragten glauben, dort derartige Produkte finden zu können, woraus auf eine kritische Grundhaltung und ein geringeres Vertrauen der Konsumenten in alle Formate geschlossen werden kann. Der 24

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Sieger Hofladen kann für sich voraussichtlich die Regionalität der Produktion und die unmittelbare Nähe der Produktionsstätten und die dadurch bessere Kontrollierbarkeit durch den Konsumenten in Anspruch nehmen und erreicht damit als einziger eine Zustimmung über 50 %. Die Verbraucher sind auch bereit, für Produkte aus umweltschonender Produktion (90 %) und für die Einhaltung von fairen Arbeitsbedingungen (88 %) mehr Geld zu bezahlen. Die Frage, wie viel mehr zeigt allerdings bereits eine gewisse Inkonsequenz im Verhalten auf. So ist das Engagement, für die Einhaltung von fairen Arbeitsbedingungen mehr zu bezahlen, wie folgt ausgeprägt. Wieviel mehr sind Sie bereit, für die Einhaltung fairer Arbeitsbedingungen zu zahlen? 100% 90% 80%

87,46%

87,32%

70% 60% 50%

44,02%

40% 30% 20%

8,26%

10%

1,00%

0% Ja

Etwas mehr (bis 10%)

Mehr (bis 20%)

Viel mehr (bis 50%) Sehr viel mehr (über 50%)

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Ähnliche Ergebnisse zeigen auch die Auswertung zur Bereitschaft mehr für umweltschonende Produkte auszugeben. Die Frage, ob ein Angebot von Produkten aus fairem Handel bei Ihrem Händler erwartet wird, beantworten knapp 70 % der Verbraucher mit Ja. Bei importierten Produkten achten rund 36 % der Konsumenten Immer oder Häufig auf die Kennzeichnung Fair Trade. Allerdings endet auch hier die Bereitschaft - wie vieles im Leben - bei der Frage, was es kostet. Grundsätzlich sind die befragten Konsumenten mit knapp 75 % bereit, mehr Geld für Produkte auszugeben, die aus fairem Handel kommen. Wir haben die Frage gestellt, wie viel mehr. Wieviel mehr sind Sie bereit, für ein Produkt aus fairem Handel auszugeben? 100% 90%

74,79%

80%

74,22%

70% 60% 50%

43,73%

40% 30% 20%

8,55%

10%

1,14%

0% Ja

Etw as mehr (bis 10%)

Mehr (bis 20%)

Viel mehr (bis 50%)

Sehr viel mehr (über 50%)

In der Befragung hat sich herausgestellt, dass die Bekanntheit der Biosiegel noch verbesserungsfähig ist, es gibt sie aber zumindest. Für den Bereich des ethischen Verhaltens und der Nachhaltigkeit existieren in Österreich keine vergleichbaren Siegel, ausgenommen vielleicht das Fair Trade Zertifikat, das aber bei weitem nicht alle angesprochenen Ethikthemen abdeckt. Fraglich ist allerdings, ob eine weiteres Ethiksiegel die Konsumenten nicht noch mehr verwirren, als beruhigen würde.

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7. Vertrauen ist gefragt Wem darf der Verbraucher sein Vertrauen schenken, wenn es um Themen wie ökologischer Anbau von Lebensmitteln, ethische Produktionsabläufe und Nachhaltigkeit geht? Dem Produkt sieht man nicht an, wie es hergestellt wurde und ob dabei Kinder geschunden wurden. Wir haben zum Thema Bio die Frage an die Konsumenten gerichtet – Worauf vertrauen Sie bei BIO?

Worauf vertrauen Sie bei Bio? 45,44%

Auf die Bezeichnung Bio

Auf meinen Händler

45,16%

Auf den Produzenten Auf aufstehende BioOrganisation (z.B. Demeter)

33,48%

23,22%

Keine Angabe 0%

2,28% 10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Bei der Antwort „Auf die Bezeichnung Bio“ liegt der Konsument nicht schlecht. Einen großen Vertrauensbeweis stellt der Verbraucher dem Händler aus, dieser liegt an zweiter Stelle. An letzter Stelle finden sich Bio-Organisationen. Allen Antworten ist gemeinsam, dass keine Mehrheit der befragten Konsumenten vorliegt, alle Ergebnisse liegen unter 50 %. Bei der sehr beliebten Publikumsfrage in der bekannten Fernsehserie Millionenshow gelten Antworten von weniger als 50 % des Publikums als unzuverlässig. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass keine der vorgegebenen Organisationen dem Konsumenten das notwendige Vertrauen oder zumindest das Gefühl vermittelt, dass er immer und jederzeit auf die Beschaffenheit des Produktes als BioProdukt vertrauen kann. Hier ist dringend Aufklärungsarbeit nötig. Die Verwendung der Bezeichnung Bio oder ökologisch wird, glaubt man den Vorschriften und den damit befassten Fachleuten, im Bereich der Produktion streng kontrolliert und nur bei Vorliegen aller Voraussetzungen mit dem Biosiegel versehen. In Österreich sind mit der Kontrolle zwei Ministerien befasst. Neben der Lebensmittelpolizei, die dem Gesundheitsministerium unterstellt ist, kontrollieren auch die dem Landwirtschaftsministerium zuzurechnenden Kontrollstellen, die gleichzeitig auch die Einhaltung der Voraussetzungen für Förderungen für Biobetriebe kontrollieren. Beanstandungen bzw. die Feststellung der letzteren Stelle, dass ökologische Produktionsvorschriften verletzt werden, können zum Entzug und Rückforderung der Fördermittel samt Zinsen und zwar rückwirkend für die gesamte mehrjährige Förderperiode führen, was eine drakonische Strafe darstellt. Damit ist für den Bereich der Produktion weitestgehend sichergestellt, dass Bio tatsächlich Bio ist. Schwarze Schafe

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gibt es aber immer und Meldungen über Bioskandale sind offensichtlich stets geeignet, das Vertrauen der Konsumenten in die Bioqualität nachhaltig zu schädigen. Bei Produkten aus fairem Handel hat die Organisation Fair Trade mit einem Mittelwert von 4,01 (1 trifft nicht zu, 5 trifft zu) einen großen Vertrauensbeweis für die Echtheit ihrer Versprechungen erhalten. Wiederum an zweiter Stelle liegt der Händler mit einem Mittelwert von 3,55 - gefolgt vom Produzenten mit 3,33. Auch bei nach ethischen Grundsätzen und nachhaltig erzeugten Produkten werden vom Verbraucher Garantien vom Händler, Produzenten und einer neutralen Institution erwartet. Am stärksten in die Pflicht genommen werden hier ausnahmsweise die Produzenten mit knapp 94 % Ja-Stimmen, gefolgt von einer kontrollierenden neutralen Institution. Die Befragung hat zudem ergeben, dass die Konsumenten auch bereit wären, für eine Garantie einer neutralen Institution, dass ein Produkt unter fairen/nachhaltigen Bedingungen erstellt wurde, mehr zu bezahlen. Die Sicherstellung, dass Produktversprechungen bezüglich BIO, Erzeugung unter fairen/nachhaltigen Bedingungen, tatsächlich eingehalten werden und die Information darüber an den Konsumenten sind ein zentrales Element für das Wachstum dieses Bereiches. Wie sagt schon das Sprichwort „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“.

8. Der Handel steht in der Verantwortung Die befragten Konsumenten haben dem Handel ein gutes Zeugnis ausgestellt, sie - sind mit dem Bioangebot ihres Händlers zufrieden - sind bereit, für Bioprodukte mehr Geld auszugeben - vertrauen bei Bio auf ihren Händler - vertrauen bei Produkten aus fairem Handel ihrem Händler - sind bereit für ein Produkt aus fairem Handel mehr Geld auszugeben. Der Konsument hat sich, und dies aus gutem Grund, seiner Kontrollaufgaben entledigt und diese an den Handel delegiert. Aus gutem Grund weil dem Konsumenten die Kontrolle eines Produktes selbst im Hofladen nicht mehr möglich ist. Der Konsument fordert Gütesiegel, die ihm die Kontrolle zusichern. Jedoch auch hier bedarf der Konsument wegen der Vielzahl der Regeln der Unterstützung durch einen Vertrauten – den Handel. Diese Beurteilung umfasst den Handel insgesamt. Für einzelne Handelsformate und noch viel mehr für einzelne Handelsteilnehmer, die diese Handelsformate betreiben, hat die Befragung ergeben, dass trotz der hohen Zufriedenheit mit dem derzeitigen Händler eine hohe Bereitschaft zum Wechsel besteht, falls der Mitbewerber über ein besseres Bioangebot oder über ein umfassenderes Produktangebot aus fairem Handel verfügt. Beim Verstoß gegen ethische Grundsätze bei der Erzeugung wie Kinderarbeit, gesundheitsschädigende Arbeitsbedingungen, Vergiftung der Umwelt bestrafen die Konsumenten den Produzenten mit Markenwechsel. Die Abwendung von der unethisch erzeugten Marke wurde von nahezu 100 % der befragten Konsumenten ausgesprochen. Die Händler könnten sich hier zurücklehnen, das Produkt des schwarzen Schafes aus den Regalen nehmen und durch ein anderes ersetzen. Dies steht im Widerspruch zum 28

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Vertrauen der Konsumenten in ihren Händler ein unter Beachtung der Ethikregeln erzeugtes Angebot bereitzustellen. Auslistungen von mangelhaften Produkten treffen daher stets auch den Händler. Zudem sind viele Händler auch selbst über ihre Eigenmarken in der Produktion tätig. Hier träfe sie die volle Härte der Konsumentenablehnung mit gleichzeitiger Beschmutzung der eigenen Handelsmarke.

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