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BERNER HEIMATSCHUTZ REGIONALGRUPPE BERN Postfach | 3000 Bern 7 [email protected] www.heimatschutz-bern.ch

Heimat heute | 2009

Heimat heute | 09 | 3

2 | Heimat heute | 09

Impressum

Inhalt

Editorial

Marc Wehrlin | Editorial | 3

Liebe Heimatschutz-Mitglieder

Hochhausbauten sind zumindest visuell raumbesetzende Objekte, und da sie wieder in Mode

Herausgeber: Berner Heimatschutz Regionalgruppe Bern Postfach | 3000 Bern 7 [email protected] www.heimatschutz-bern.ch

Dieter Schnell | René von Wurstemberger

Gewichtige Bauten sind es, die aus unserem dies-

kommen und zu fürchten ist, dass sie nicht räum-

(1857–1935) | 4–9

jährigen Heimat heute herausstechen – Bauten,

lich zusammengefasst werden, sondern jede

die Raum besetzen und beanspruchen, öffentlich

Agglomerationsgemeinde mit «ihrem» Hochhaus

Roland Flückiger | Die Restaurierung des

und privat. Der Reigen beginnt mit dem Architek-

in Ein- oder Mehrzahl liebäugelt (angelehnt an

Parlamentsgebäudes 2006–2008 | 10–18

ten René von Wurstemberger, dessen Markenzei-

das frühere Motto «jedem Täli sein Spitäli»), sind

Redaktion: Luzia Carlen van den Hoek Margrit Zwicky

chen grossbürgerliche Villen waren. Wurstember-

Hochhäuser ein aktuelles Thema. «Heimat heute»

Werner Neuhaus | Warum Bären und Schützen

gers Wirken beschränkte sich nicht auf das prunk-

widmet sich der Hochhausarchitektur in Bern und

der Eisenbahn weichen mussten | 19–23

volle Private, er trat auch mit repräsentativen

der Frage, wie mit dem Erbe der 50er- bis 70er-

öffentlichen Gebäuden in Erscheinung wie mit

Jahre umgegangen werden könnte.

Gestaltung | Satz: Michèle Petter Sakthivel

Thomas Telley | Hochhausarchitektur | 24–30

dem Berner Stadttheater.

Lithos: Ateliers Jaune

Thomas Furrer und Manfred Leibundgut |

Raum markieren sollte auch das Parlamentsge-

Agglomeration. In den letzten 50 Jahren ent-

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration |

bäude, wirken bis in den fernsten Winkel der

stand das urbane Köniz und wurde zu einer star-

31–39

Schweiz. Unser Artikel würdigt das Gebäude und

ken Identität in der Agglomeration.

Druck: Geiger AG Auflage: 1800 Exemplare

Weil die Stadt an ihre Grenzen stiess, wuchs die

beschreibt Anlass, Konzept und Durchführung der Rolf Hürlimann | Sulgenbach – einst und jetzt |

umfassenden Renovation 2006 bis 2008, die als

«Sulgenbach – einst und jetzt» könnte in der

40–46

erste Gesamtrenovation der gut hundertjährigen

Wiedererweckung der Idylle fast den Kontrapunkt

Baute gelten kann. Sie stand insofern unter einem

in diesem Heft bilden. Aber man merkt bald, dass

guten Stern, als der Umzug der Medienleute in

auch dort gewichtige Bauten Raum beansprucht

ein eigenes Medienhaus Entlastung bedeutete und

haben.

Bern baut | Schoggitaler 2009 | 47 Titelbild: Aebi & Vincent Architekten, Bern, Thomas Telley

Adressen | 48

Grosszügigkeit ermöglichte. Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, kann ich Raum beanspruchen immer wieder die Verkehrs-

eine anregende Lektüre versprechen, die wir den

bauten, oft mehr als uns lieb ist. In der zweiten

fachkundigen Autoren verdanken. Und mit dem

Hälfte des 19. Jahrhunderts waren es die Bären

grossen Dank an die Mitwirkenden dieses ausge-

und Schützen, die in Bern der Eisenbahn weichen

zeichneten «Heimat heute» möchte ich schliessen.

mussten. Der Gerechtigkeit halber müssten wir beifügen, dass wir gegenwärtig daran sind, den Bären wieder eine repräsentative Bleibe zu schaffen.

Marc Wehrlin

Von den Schützen ist mir nichts Derartiges be-

Präsident

kannt…

Heimat heute | 09 | 5

4 | Heimat heute | 09

René von Wurstemberger (1857–1935)

Villen rund um die Altstadt

nur drei Villen erhalten: die Villa Jenner, Muri-

Der erste Wettbewerbserfolg zeigte gleich die

strasse 53, aus den Jahren 1893 bis 1895, die Villa

Hauptstossrichtung der Berufstätigkeit von Wurs-

von Tscharner an der Elfenstrasse 19 von 1905 so-

tembergers auf: Beim international ausgeschriebe-

wie die Villa Blumenrain an der Taubenstrasse 14

nen Wettbewerb der Kirchenfeld-Baugesellschaft

von 1912/13. Die 1969 abgebrochene Villa Mar-

für gehobene Wohnhäuser gewann er einen der

cuard, die an der Laupenstrasse 19 stand (heute

sechs Preise. Sein Projekt «Home, sweet home»

City-West), kennen wir von einer grossformatigen

war aus 59 Einsendungen ausgewählt worden.

Fotografie.5

Die Jury schrieb: «Project eines Doppelhauses mit

Die 1893 errichtete Villa von Jenner ist überaus

practischer innerer Eintheilung, wol proportionier-

geschickt ins Terrain gestellt, so dass sich der Bau

ten Façaden mit mehr städtischem Character».

auf einem gewaltigen Sockel majestätisch über

3

Henry B. von Fischer und René von Wurstember-

den Garten erhebt, mit dem er durch eine zwei-

ger waren die einzigen Berner unter den sechs

läufige, geschwungene Treppe verbunden ist. Die

Siegern. Wie das Schweizerische Künstlerlexikon

Gartenfassade gibt sich auf den ersten Blick streng

weiss, folgten dem Wettbewerbserfolg mindes-

symmetrisch. Die beiden Geschosse zeigen ein Spiel

tens zwei Bauaufträge. Ob es sich bei den beiden

von ziegelrotem Backstein mit dem leicht grün-

heute abgebrochenen Villen an der Marienstrasse

lichen Berner Sandstein. Im Sockelbereich benutzte

18 und an der Alpenstrasse 23 um diese beiden

man einen hellen Kalkstein. Die in anthrazitfarbe-

Bauaufträge gehandelt hat, wissen wir nicht. Der-

nem Naturschiefer eingedeckten hohen Walm-

selbe Lexikontext erwähnt zudem einen Wettbe-

dächer fallen durch ihre scharfen, ungeknickten

werbserfolg in Genf, wo es um den Entwurf eines

Kanten auf. Stilistisch fühlt man sich nach Frank-

Monumentalbrunnens gegangen sei. Ein weit um-

reich in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts ver-

fangreicheres Projekt brachte im folgenden Jahr

setzt und glaubt, die Architektur der heute «Place

einen dritten Preis: der Wettbewerb für ein Natio-

des Vosges» genannten Place Royale in Paris wie-

nalmuseum in Bern. Die Jury hatte keinen ersten,

der zu erkennen. Sehr schnell wird aber klar, dass

dafür aber zwei zweite Preise vergeben. Von Wurs-

die Formen von einem Kenner auch des 18. Jahr-

4

tembergers Projekt «S.P.Q.B.» musste den dritten Preis mit vier Mitstreitern teilen. Villa von Jenner, 1893 (aus: Berner Bauten, 1895)

1 E. Delaire, Les architectes élèves de l’Ecole des BeauxArts, Paris 1907, S. 430. 2 Isabelle Rucky und Dorothee Huber, Architektenlexikon der Schweiz 19./20. Jahrhundert, S. 462.

Am 30. August 1857 wurde Rudolf Albrecht Rena-

hatte, begab er sich auf Reisen in den Süden. Er

In den folgenden Jahren beschäftigte sich von Wurs-

tus, meist René gerufen, als Sohn des Ingenieurs

fuhr über Österreich, Ungarn, Rumänien, Konstan-

temberger fast ausschliesslich mit gehobenem Woh-

Rudolf von Wurstemberger (1823–1887) und der

tinopel bis nach Kleinasien. Erst auf dem Rückweg

nungsbau. Die Bauten werden stets als «Villen»

Maria Elisabeth Ida von Tavel (1833–1909) in

besuchte er die obligaten antiken Stätten in Grie-

bezeichnet und die Namen der Bauherren stammen

Bern geboren. Von 1876 bis 1878 studierte er am

chenland und in Italien. Von Wurstembergers Aus-

fast ausschliesslich aus den Reihen wohlhabender

Polytechnikum in Zürich Architektur. Seine Lehrer

bildung zum Architekten dauerte damit insgesamt

Bernburger, wie von Bonstetten (Umbau Villa Tau-

waren Julius Stadler (1828–1904) und Georg Lasius

rund zehn Jahre, was im 19. Jahrhundert zwar lang

benstrasse 8), von Jenner (1893 Muristrasse 53),

(1835–1928), die beide zusammen 1871 als interi-

und gründlich, nicht aber aussergewöhnlich war.

Marcuard (1893 Laupenstrasse 19; 1897 «La Clai-

mistische Nachfolger von Gottfried Semper die

Zurück in Bern, nahm René eine Anstellung im

rière» in Muri), von Muralt (1896 Alpenstrasse 23;

Leitung der Bauschule übernommen hatten. Nach

Architekturbüro von Friedrich Ludwig von Rütte

1912 Villa Blumenrain, Taubenstrasse 14), von

Beendigung der Studien in Zürich begab sich von

(1829–1903) an. Im Sommer 1888 heiratete er

Tavel (1895 Effingerstrasse 19), de Temur, von

Wurstemberger nach Paris. Dort trat er in das

die Tochter seines Arbeitgebers und stieg sogleich

Tscharner (1905 Elfenstrasse 19), von Wyttenbach

Atelier des Architekten Ernest Georges Coquart

zu dessen Büropartner auf. Das Ehepaar hatte drei

(Egelberg). Zudem erhalten wir aus dem Schwei-

(1831–1902) ein. Im Frühling 1879 erfolgte die

Kinder.

zerischen Künstlerlexikon die Hinweise zum Bau

2

Aufnahme in die Architekturklasse der Ecole des

einer Orangerie beim Landgut «Märchligen» sowie

Beaux-Arts, 1884 schaffte er gar den Aufstieg in

zu einem Chalet «Hasler», das in Grindelwald er-

die erste Klasse. Nachdem er 1885 Paris verlassen

richtet worden sei. In der Stadt Bern haben sich

1

3

Schweizerische Bauzeitung, Bd. XI, Nr. 20, 1888, S. 131/132. 4 Schweizerisches Künstlerlexikon, Bd. III, 1913, S. 530. 5 Ingenieur- & ArchitektenVerein Bern, Berner Bauten, Bern 1895.

Villa Marcuard, 1893 (aus: Berner Bauten, 1895)

René von Wurstemberger (1857–1935)

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Wohnhaus von Wurstembergers bis 1910, Effingerstrasse 12 Villa von Tscharner, 1905 (Fotos: Staatsarchiv Bern)

La Clairière, Muri, 1897, heute Residenz des chinesischen Botschafters (Foto: Dieter Schnell)

René von Wurstemberger (1857–1935)

hunderts stammen müssen, denn zu elegant ge-

Wandel in der Architekturauffassung entspricht

formt erscheinen die Fensterbekrönungen, die den

einer allgemeinen Tendenz: Ende des 19. Jahrhun-

Balkon tragenden Konsolen oder die Umrahmun-

derts lässt sich ein zunehmendes Interesse vieler

gen der kreisrunden Lukarnen im Dach. Bei nähe-

Architekten an der lokalen und regionalen Bautra-

rem Hinsehen entdeckt man dann auch eine be-

dition feststellen. Während der 1905 gegründete

wusst eingesetzte Asymmetrie: Rechts vom Haupt-

«Heimatschutz» seine Vorbilder vornehmlich im

körper tritt eine grosszügig verglaste Veranda ge-

ländlichen Bauen fand, haben verschiedene, eher

gen den Garten vor, links bricht ein überaus auf-

städtisch orientierte Architekten die aristokratische

wendig gestalteter, in einen Gebäudewinkel ge-

Architektur des ausgehenden Ancien Régime in

stellter Eingangsturm die Symmetrie. Beide Asym-

ihren Werken zu verarbeiten gesucht.

metrien sind nicht nur gewollt, sondern auch ge-

Bei der kurz vor dem Ausbruch des Ersten Welt-

schickt inszeniert. Die Bauherrschaft wird mit his-

kriegs entworfenen Villa Blumenrain nahm von

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Wurstemberger die asymmetrisch-romantische

torischen Bauformen der französischen Aristokratie geadelt, ohne dass sie dabei auf die neuesten

Vorbild genommenen historischen Stil, sondern

Verspieltheit wieder zurück. Der Orientierung am

Moden zu verzichten braucht.

zeigt ebenfalls einen modernen romantischen Land-

Berner Spätbarock blieb er aber treu. Daneben

Die Fotografie der Südfront der im selben Jahr er-

schaftspark mit geschwungenen Kieswegen und

hatte er Ideen der aus Deutschland kommenden

richteten Villa Marcuard an der Laupenstrasse 19

gezielt gepflanzten exotischen Bäumen.

«Um-1800-Bewegung», die ein Wiederanknüpfen

zeigt einen Schlossbau, wie er im frühen 18. Jahr-

Die 1905 erbaute Villa von Tscharner an der Elfen-

an die um 1800 lebendigen Bautraditionen als

hundert von Germain Boffrand (1667–1754) oder

strasse 19 gibt sich bescheidener als die beiden zu-

wünschenswert erachtete, in sein Werk einfliessen

Robert de Cotte (1656–1735) in der Region von

vor erwähnten. Das Spiel mit Asymmetrien be-

lassen. Merkmale dieser Rückbesinnung sind we-

Ränge: Während das Projekt nur zwei Ränge

Paris errichtet worden sein könnte. Auch hier ruht

stimmt den gesamten Baukörper, so dass nur noch

niger die Ornamente und Zierformen als vielmehr

kannte, bestehen heute deren drei. Zudem ist das

die neunachsige Front mit oval vorspringendem

die Eingangsfassade sowie ein Teil der Strassen-

der einfache, gut lesbare Baukörper, die schlichte,

tonnenförmige Dach über der Hauptfassade er-

Mittelteil auf einem weit vorspringenden Sockel

front gegen die Elfenstrasse einen symmetrischen

aber gravitätische Gesamtform.

höht und kräftiger ausgebildet worden.

über dem nach Süden abfallenden Garten. Wie

Aufbau aufweisen. Als Vorbild dienen nicht mehr

schon bei der Villa von Jenner hält sich die Garten-

aristokratische Formen aus der Architekturge-

Das Berner Stadttheater

chitekt, um den Blick auf die Bühne nicht durch

gestaltung nicht an den in der Architektur zum

schichte Frankreichs, sondern heimische Werke

1898 konnte von Wurstemberger seinen grössten

störende Stützen verstellen zu müssen, auf den

aus dem dritten Viertel des 18. Jahrhunderts.

beruflichen Erfolg feiern: Sein Projekt «Thespis»

damals neuen Baustoff Beton gesetzt, der nach

Diese Formen stammten ursprünglich zwar auch

für ein Berner Stadttheater hatte von der Jury zu-

dem System Hennebique armiert worden war.7

aus Frankreich, haben aber durch Architekten wie

sammen mit dem Projekt «Zeitspiegel» der Zürcher

Armierter Beton nach diesem System war 1895 in

Ludwig Emanuel Zehender (1720–1799), Niklaus

Architekten Kuder & Müller den zweiten Preis er-

der Schweizerischen Bauzeitung erstmals bespro-

Sprüngli (1725–1802) oder Erasmus Ritter (1726–

halten. Da kein erster Preis vergeben worden war,

chen und diskutiert worden.8 1900 erlebte das

1805) eine bernische Note erhalten. Gleichzeitig

erhielt sein Projekt den Zuschlag. Im Programm

Verfahren durch die Weltausstellung in Paris grosse

mit der Orientierung an heimischer Bautradition

vorgeschrieben waren die Anzahl der Sitzplätze im

Aufmerksamkeit und wurde fortan in der Bauzei-

hat sich von Wurstemberger von einer stilgetreuen

Parterre (300), im ersten Rang (200) und im zwei-

tung immer wieder besprochen, wobei meistens

Architektursprache mehr und mehr entfernt. Sein

ten Rang (300), dazu 12 Logen zu je 4 Plätzen.

Tiefbauobjekte wie Brücken und Eisenbahntrassen

überschäumend variationsfreudiger Einsatz der

«Vom Vestibule sollen direkte Zugänge zu allen

als Beispiele herangezogen wurden. Hochbaubei-

Berner Spätbarockformen lässt keinen Zweifel da-

Treppen führen und an den Aussenwänden ange-

spiele stammten fast ausschliesslich aus dem um-

rüber aufkommen, dass man sich hier vor einem

bracht sein.»6 Über das Projekt von Wurstember-

liegenden Ausland. Das Berner Stadttheater war

modernen, grossbürgerlichen Wohngebäude des

gers lesen wir, dass es eine gute Disposition der

einer der ganz frühen Schweizer Repräsentations-

beginnenden 20. Jahrhunderts befindet. Der Turm,

Treppen und des Vestibüls zeige. «Dagegen leidet

bauten, bei denen diese neue Bauweise konse-

der Verandavorbau sowie weitere Anbauten bilden

der Zuschauerraum an der starken Überbauung

quent und zum Vorteil der Theaterbesucher ange-

ein romantisch-verwinkeltes Ensemble, das durch

des Parterres durch den ersten Rang. […] Die

wendet worden war. Der Grund für diese Pionier-

die schweren und kräftig geschwungenen Man-

Fassaden sind hübsch dargestellt.» Tatsächlich be-

tat dürfte in der Tatsache zu suchen sein, dass das

sartdächer eine kulissenhaft-theatralische Wirkung

treffen die wesentlichsten Änderungen im ausge-

beim Wettbewerb ebenfalls mit einem Preis be-

entfaltet. Der sich in diesem Werk manifestierende

führten Bau die Anordnung und Dimensionen der

dachte Züricher Architekturbüro Kuder & Müller

Berner Stadttheater, 1898–1903 (Foto: Staatsarchiv Bern)

Bei der Konstruktion der drei Ränge hatte der Ar-

6

Wettbewerb für ein neues Stadttheater in Bern, in: Schweizerische Bauzeitung, Bd. 31, Nr. 9, 1898, S. 67. 7 Das neue Stadttheater in Bern, in: Schweizerische Bauzeitung, Bd. 43, Nr. 1, 1904, S. 1–4. 8 A. Favre, Einiges über den «Béton armé» nach dem System Hennebique, in: Schweizerische Bauzeitung, Bd. 25, Nr. 5, 1895, S. 31/32. Ebenso: Ulrich Pfammatter, In die Zukunft gebaut. Bautechnik- und Kulturgeschichte von der industriellen Revolution bis heute, Prestel Verlag 2005, S. 103ff.

René von Wurstemberger (1857–1935)

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Eigene Villa an der Taubenstrasse 16, 1910 von ihm umgebaut Innenräume der eigenen Villa an der Taubenstrasse 16, 1910 (Fotos: Staatsarchiv, Bern)

Baugesuchsakten Nr. BB 1382, Stadtarchiv Bern. 10 Baukatastrophe in Bern, in: Der Bund, Morgenblatt vom 24.8.1905, Abendblatt vom 24.8.1905 und Morgenblatt vom 25.8.1905.

Jedoch nicht ein gravierender Fehler allein, sondern

nach dem Weltkrieg grosse Beachtung fand. Da-

Hatte beim Stadttheater die Verwendung von ar-

die unglückliche Summierung mehrerer kleiner

neben war er in zahlreichen Kommissionen und

miertem Beton grosse Vorteile gebracht, so wurde

Fehler habe die Katastrophe verursacht. Auf Grund

öffentlichen Gremien tätig (1886 Mitglied des SIA);

dasselbe Baumaterial von Wurstemberger wenige

dieses Gutachtens wurden die Ingenieure Anselmier

ab 1890 kantonaler Kunstverein, 1894 Präsident;

Jahre später zum Verhängnis: Nach Beendigung

und Lossier, der Architekt von Wurstemberger so-

1890 –1934 Direktion des Berner Kunstmuseums,

des Theaterbaus hatte er auch den Auftrag für das

wie der Bauunternehmer Müller am 16. Juni 1906

1897–1906 Präsident; 1892–1917 Waisenkommis-

mehrfach umgenutzte, aber bis heute bestehende

von der Anklage der fahrlässigen Tötung freige-

sion der Gesellschaft zu Pfistern; 1902–1934 Kom-

Theaterdekorationsmagazin in unmittelbarer Nähe

sprochen.

mission des Historischen Museums; 1904 –1934

an der Nordflanke der Französischen Kirche erhal-

Von Wurstembergers Werkverzeichnis kennt nach

Mitglied des Grossen Burgerrats; ab 1908 Kommis-

ten. Hier sollte die Dachkonstruktion in armiertem

diesem Ereignis kaum noch Einträge. Haben wir

sion «Das Bürgerhaus in der Schweiz»; 1914 –1934

Beton ausgeführt werden. Der Mittelteil mit den

diese Tatsache als den Zufall einer unvollständigen

Präsident der «Grande Société de Berne»; 1919 –

beiden sehr hohen Toren – er war für grosse Ku-

Liste zu betrachten oder verbirgt sich mehr dahin-

1922 Mitglied der eidgenössischen Kommission

lissen vorgesehen – hatte keinen Zwischenboden,

ter? Wir wissen es nicht.

für die Erhaltung der Kunstdenkmäler). René von

sondern einzig einen in Beton gegossenen Dach-

1908 beteiligte sich von Wurstemberger insofern

Wurstemberger starb am 5. Juli 1935 im Alter von

abschluss. Am Abend des 23. August 1905 brach

an den hitzigen Diskussionen um den Abbruch der

78 Jahren in Bern.14

die Ende Juli gegossene Dachkonstruktion beim

Bibliotheksgalerie (damals meist «altes historisches

Entfernen einiger Stützen in einer Breite von rund

Museum» genannt), als dass er nach mehreren vor-

Dr. Dieter Schnell

in Strassburg unter Verwendung dieses Systems

gängigen Projekten anderer Architekten das allseits

Architekturhistoriker, Professor an der Berner

vollendet hatte.

anerkannte und propagierte Umbauprojekt ent-

Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau,

Mit der Eröffnung des neuen Stadttheaters verlor

warf. Dieses sah unter Wahrung der von Niklaus

Burgdorf

das alte Hôtel de Musique am Theaterplatz seine

Sprüngli stammenden Hauptfassade nicht nur eine

angestammte Funktion. Wurstemberger, der selber

deutliche Verkürzung der Galerie, sondern auch

im Comité (Vorstand) der Aktiengesellschaft Hôtel

neue, weit repräsentativere Fassaden gegen Süden

de Musique, der Besitzerin des Gebäudes, sass,

und Westen sowie eine dem damaligen Zeitge-

übernahm die Aufgabe, die Umnutzungsarbeiten

schmack entsprechende Erhöhung des Daches vor.

Fassadenpläne der Villa Blumenrain, 1912, heute Residenz des Botschafters der USA.

zu studieren und die notwendigen Pläne zu zeich-

1915 war erstmals von einer Erweiterung des Ber-

(Stadtarchiv Bern)

nen. Das bis anhin kaum genutzte Erdgeschoss

nischen Historischen Museums die Rede: Die Pläne

baute er in ein Restaurant um. Bedauerlicherweise

dazu waren dem Architekten von Wurstemberger

zerstörte er dabei die harmonischen Proportionen

in Auftrag gegeben worden.12 Zur Ausführung des

der Westfassade, indem er im Erdgeschoss alle

Moser-Anbaus – er sollte die Sammlung des

Fenstersimse heruntersetzte und zudem aus ehe-

Schaffhausers Henri Moser-Charlottenfels beher-

mals je zwei Fenstern seitlich des Mittelrisalits je

bergen – kam es erst nach Kriegsende. Der Zwei-

eine grosse Öffnung machte.

undsechzigjährige wollte die Bauausführung nicht

1900 das Konzerthaus des Männergesangvereins

11

mehr selber leiten und übergab sie deshalb den jüngeren Kollegen Stettler und Hunziker.13 Die Schweizerische Bauzeitung nennt von Wurstemberger oft als Wettbewerbsjuror (1900 Paulus-

Ehemaliges Theaterdekorationsmagazin, 1905 (Foto: Dieter Schnell)

Heimat heute | 09 | 9

Der Einsturz des Kulissenmagazins

9

9

René von Wurstemberger (1857–1935)

15 Metern zusammen und stürzte auf das Strassen-

kirche Bern; 1904 Börse Basel; 1906 Zunfthaus zu

niveau hinunter. Ein Passant und drei Bauarbeiter

Zimmerleuten Bern; 1906 Theaterumbau St. Gal-

verloren ihr Leben, fünf Personen wurden zum

len; 1907 Kasinotheater Freiburg; 1908 Kursaal

Teil schwer verletzt.10 Ein Expertengutachten kam

Neuenburg; 1908 Saalbau Lausanne; 1910 Trink-

zum Schluss, dass sowohl auf Seiten der Ingeni-

wasserbrunnen Bern; 1911 Spar- und Leihkasse

eure, der Bauausführung als auch des Architekten

Bern). Der wohl berühmteste Wettbewerb, bei dem

zahlreiche Fehler begangen worden waren.

er jurierte, war die Arbeitersiedlung der AutomobilFirma Piccard und Pictet in Genf, die unmittelbar

11

Einsturz des Dekorationsgebäudes des neuen Stadttheaters in Bern, in: Schweizerische Bauzeitung, Bd. 47, Nr. 25, 1906, S. 307. 12 Karl Zimmermann, Chronikalische Notizen zur Museumsgeschichte, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, Heft 3 1994, S. 371–459; Wurstemberger erwähnt: S. 394/395. 13 Inventar neuerer Schweizer Architektur (INSA) Bd. 2, S. 487. 14 Nachrufe in: Berner Woche Nr. 37, 1935, S. 742, Berner Tagblatt vom 11.7.1935, Der Bund vom 12.7.1935.

Heimat heute | 09 | 11

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Die Restaurierung des Parlamentsgebäudes 2006–2008

Wettbewerbsprojekt von Alfred Friedrich Bluntschli

Bauprojekt von Hans Wilhelm Auer

(Archiv BBL, Bern)

(Archiv BBL, Bern)

Die Baugeschichte des Parlamentsgebäudes

nenhöfen sowie ein Parlamentsgebäude mit einer

Ingenieur Arnold Flükiger (1845–1920), der Auers

Architekturstile, angereichert mit einer Zitatenviel-

Die Geschichte des Parlamentsgebäudes in Bern

gegen Süden gerichteten Fassade als griechischer

Projekt ebenfalls favorisierte. Das Übergehen von

falt bei der Fassadengestaltung: Die Fassade des

begann indirekt mit der Revision der Bundesver-

Rundtempel. Auch der Gewinner des zweiten

Bluntschli als Wettbewerbssieger wurde in der zeit-

Nationalratssaals ist dem zweiten Hoftheater in

fassung im Jahr 1874, in dessen Folge die Gast-

Preises, Hans Wilhelm Auer (1847–1906), hatte

genössischen Presse heftig kritisiert.

Dresden von Semper nachempfunden, die Eckpy-

geberstadt Bern zusätzliche Arbeitsräume für neu

bei Semper studiert, dann aber seine Ausbildung

1891 lud der Bund die beiden Architekten Blunt-

lone der Südfassade erinnern an das Reichstags-

geschaffene Bundesämter erstellen sollte. Die

in Wien bei Theophil von Hansen beendet und

schli und Auer zu einer weiteren Konkurrenz für

gebäude in Berlin von Paul Wallot, dem Mittelteil

Stadt Bern, die sich mit der Wahl zur Bundesstadt

anschliessend als Bauleiter beim Reichsratshaus

das Parlamentsgebäude ein. Beide legten ihre

der stadtseitigen Fassade mit dem Ständeratssaal

1848 zum Bereitstellen der nötigen Arbeitsräume

nach Hansens Plänen erste Berufserfahrung ge-

überarbeiteten Projekte von 1885 vor, so dass die

diente, in Anlehnung an Sempers Stadthaus in

für Parlament und Verwaltung verpflichtet hatte,

holt. Auer entwarf eine symmetrische Gesamtan-

Jury keinen ersten Preis vergab, jedoch entschied,

Winterthur, die römische Curia als gestalterisches

fühlte sich der neuen Aufgabe nicht mehr ge-

lage, bei der sich das neue Bundeshaus Ost for-

Architekt Auer zu beauftragen, «...weil dieser

Vorbild.

wachsen. In Verhandlungen mit den Bundesbe-

mal stark an den bestehenden Westbau anlehnte;

schon in Bern wohne und nicht von einer Profes-

Eine allseits dominierende, mit Kupfer eingedeckte

hörden konnte sie sich 1876 von dieser Verpflich-

dazwischen setzte er das mit einer Kuppel ge-

sur abgehalten sei, dauernd ins Baugeschehen ein-

Kuppel mit markanter Laterne überragt das Parla-

tung für immer befreien. Im gleichen Jahr führte

krönte Parlamentsgebäude als architektonischen

zugreifen, was bei Bluntschli der Fall sei». 1894

mentsgebäude. Deren filigranes Eisengerüst wurde

der Bund einen ersten Architekturwettbewerb für

Höhepunkt.

erwarb der Bund das alte Casino von der Stadt

von der im Brückenbau spezialisierten Firma Bos-

die Erweiterung des Bundeshauses durch. Nach

Dem Projekt von Auer brandete aus der damaligen

Bern und verpflichtete die Stadt gleichzeitig, den

sard & Cie. in Näfels erstellt. Die Konstruktion war

langer Uneinigkeit zwischen Parlament und Re-

Architektenschaft starke Kritik entgegen, vor allem

Platz vor dem neuen Parlamentsgebäude auf alle

in der damaligen Zeit eine echte Meisterleistung

gierung folgte 1885 eine zweite Ausschreibung.

wegen der Anordnung einer Kuppel über dem un-

Zeiten frei zu halten. Sechs Jahre nach Baubeginn

der Ingenieurbaukunst. Mit ihren im oberen Be-

Das Bauprogramm umfasste ein neues Bundes-

bedeutenden Eingangsraum. Die Idee eines sym-

konnte am 11. April 1900 die Aufrichte gefeiert

reich vergoldeten Rippen und einer golden leuch-

haus am Standort des alten Inselspitals sowie ein

metrischen Bundespalastes konnte aber den zu-

werden. In der Silvesternacht 1900/01 strahlte

tenden Laterne mit Schweizerkreuz wurde sie zum

Parlamentsgebäude zwischen den beiden Bundes-

ständigen Vorsteher des Departements des Innern,

das weisse Licht der Bogenlampen aus der Kup-

Wahrzeichen für die neuen Bundesbauten schlecht-

häusern an Stelle des alten Casinos. Die meisten

Bundesrat Karl Schenk (1823–1895), überzeugen.

pelhalle erstmals «bis zum Jura und den Alpen».

hin. Der quadratische Tambour unter der Kuppel

Preisträger waren im Umkreis von Gottfried Sem-

Entgegen dem Entscheid des Preisgerichts im Wett-

Am 1. April 1902 wurde das neue Wahrzeichen

symbolisiert mit seinen 22 Fensteröffnungen die

per, dem übermächtigen Architekturlehrer am

bewerb vergab die Bundesversammlung deshalb

des Bundes und das bedeutendste Gebäude der

Kantone der damaligen Eidgenossenschaft, in die

1855 eröffneten Polytechnikum in Zürich, zu fin-

1887 auf Antrag des zuständigen Departements

neuen Stadtsilhouette Berns feierlich eingeweiht.1

das Licht der Bogenlampen aus dem Innern des

den. Sieger wurde Alfred Friedrich Bluntschli

den Auftrag zum Bau des Ostflügels, des heutigen

(1842–1930), seit 1872 Sempers Nachfolger auf

Bundeshauses Ost, an Architekt Auer. Mit dem

Die Symbolik der Architektur

dem Lehrstuhl in Zürich. Er entwarf ein neues

Baubeginn 1888 entstand auch die Direktion der

Als Semperschüler übernahm Architekt Auer des-

Bundeshaus als einfachen Bürotrakt mit zwei In-

Eidgenössischen Bauten unter der Leitung von

sen Vorliebe für die Kombination verschiedener

Gebäudes gemäss Architekt Auer jede Nacht hinausleuchten sollte.

1 INSA Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850–1920. Bern, Bern 1986, S. 390ff., 468. – Bilfinger Monica, Das Bundeshaus in Bern, Schweizerischer Kunstführer, Serie 72, Nr. 717/718, Bern, 2002.

Die Restaurierung des Parlamentsgebäudes 2006–2008

12 | Heimat heute | 09

Bau des Parlamentsgebäudes zwischen 1894 und 1902

lich das 1874–1883 nach Plänen von Theophil

oberlicht erleuchtet wird. Das Vorbild für die Ge-

Hansen erbaute Reichsratshaus in Wien, an dessen

staltung dieses Raumes fand Architekt Auer beim

Bau Auer beteiligt war, und das 1885 kurz vor Bau-

Entwurf von Gottfried Semper für das Richard-

beginn stehende Parlamentsgebäude in Budapest

Wagner-Theater für König Ludwig II. in München

von Architekt Imre Steindl. Als bedeutendste

1864–1866. Über dem Parterre für die Abgeord-

Räume des Parlamentsgebäudes ordnete Auer die

neten finden sich im ersten Rang die Tribünen für

beiden Ratssäle auf der ersten Etage an: auf der

die Besucher und die ausländischen Diplomaten.

Nordseite, also über dem Eingang vom Bundes-

Für seine Nutzung als Versammlungsraum der Ver-

platz, das «Appartement» des Ständerats, auf der

einigten Bundesversammlung erhielt der Saal an

den Alpen zugekehrten Südseite der Nationalrats-

der Rückwand gegen die Wandelhalle 44 Sitze für

saal. Der Ständeratssaal erhielt erst ein Jahrzehnt

die Ständeräte. In der Art von Chorstühlen sind je

nach der Einweihung seine heutige Gestaltung: Vor

zwei Sitze unter einem Rundbogen mit dem ent-

1907 wurde das ursprüngliche Mobiliar ausgewech-

sprechenden Kantonswappen zusammengefasst.

selt und dabei auch die Anordnung der Pulte zum

Dominiert wird der monumentale Raum von der

Halbkreis verändert, 1914 kam das monumentale

eindrücklichen Darstellung des Rütli als Wiege der

Wandbild einer Landsgemeinde von Albert Welti

Eidgenossenschaft, als Wandbild hinter dem Präsi-

und Wilhelm Balmer hinzu. Aus der Eröffnungszeit

dium auf eine Leinwand gemalt von Kunstmaler

stammt der vom Kunstschlosser Ludwig Schnyder

Charles Giron. Die Bundesräte stehen bei der Ver-

von Wartensee aus Luzern kunstvoll geschmiedete

eidigung bildlich auf der Rütliwiese, wo sie mit

Eisenleuchter, mit einem Gewicht von 1,5 Tonnen

ihrem Schwur gleichsam den Eid der drei Eidge-

reller Interessen. Das neue Parlamentsgebäude von

und mit 208 Glühbirnen einer der grössten Leuch-

nossen nachvollziehen.

1902 bildete dabei gewissermassen Höhepunkt

ter aus dieser Zeit in der Schweiz.

Südseitig an den Nationalratssaal schliesst die

und Abschluss dieser eindrücklichen Reihe von

Dem Nationalratssaal auf der Südseite sind beid-

Wandelhalle an, der eigentliche Festsaal des Hau-

neuen Bundesbauten im späten 19. Jahrhundert.

seitig eine Garderobe und ein Vorzimmer vorge-

ses mit Würfelparkett, Stuck, Marmor und bunten

Architekt Auer setzte sich zum Ziel, das neue Par-

lagert. Beeindruckend sind Weite und Helligkeit

Deckenmalereien. Die lang gezogene Halle folgt

lament nicht nur als architektonischen Höhepunkt

des grossen Saales, der durch ein mächtiges Glas-

dem Halbkreis des Ratssaals vom Zimmer des Na-

zwischen die beiden Verwaltungsbauten zu stellen,

tionalratspräsidenten auf der Ostseite zum Zimmer

sondern einen Bau für die ganze Schweiz zu er-

des Bundesrats auf der Westseite. Fünf grosse

richten. Nach Möglichkeit sollten nur Schweizer

Die bedeutendsten Innenräume

Fenster öffnen den Raum zum gegenüberliegenden

Baumaterialien Verwendung finden, vorwiegend

Der Kritik an der Anordnung einer Kuppel über dem

Kirchenfeldquartier, bei gutem Wetter schweift der

Schweizer Unternehmen am Bau beteiligt werden

«Vestibülraum» entsprach Auer in der Überarbei-

Blick sogar bis zu den Berner Alpen.

und überdies das ganze Land künstlerisch reprä-

2

Kuppelhalle kurz nach der Eröffnung (Fotos: Archiv BBL, Bern)

Die Restaurierung des Parlamentsgebäudes 2006–2008

tung von 1891, indem er das kleine Vestibül zu

2

INSA (s. Anm. 1), S. 390f.

Heimat heute | 09 | 13

Nationalratssaal im ursprünglichen Zustand (Foto: Burgerbibliothek Bern: FP.E.327)

sentiert sein. Die sinnbildlichste Darstellung der

einer monumentalen Eingangshalle über einem

Gesamtwürdigung

Schweiz gelang ihm im Innern mit der Verwendung

Grundriss mit griechischem Kreuz vergrösserte. Die

Das ausgehende 19. Jahrhundert erscheint als Spät-

von Gesteinen aus insgesamt 13 Kantonen und

nach dem Vorbild der Pariser Oper von Charles Gar-

phase einer Epoche, in welcher der 1848 durch

allen Landesgegenden. Für die Fassaden kamen

nier brückenartig frei im Raum stehende Treppen-

den Sonderbundskrieg entzweite und anschliessend

hingegen vorwiegend Sandsteine zur Anwendung,

anlage verleiht dem Treppensteigen zu den beiden

durch «Zweckheirat» wieder versöhnte Bundesstaat

daneben auch Kalksteine und Marmore. Für diese

Ratssälen im ersten Obergeschoss deshalb einen

seinen Willen zur Selbstbehauptung in zahlreichen

einmalige Steinpräsentation scheute man keinen

beinahe zeremoniellen Charakter. Als Vorbild für

öffentlichen Bauaufgaben zum Ausdruck brachte.

Aufwand, wie die Wiedereröffnung aufgelassener

diese Kuppelhalle wird oft die grosse Zentralhalle

Die Architektur der Postbauten, Bahnhöfe und Ver-

Steinbrüche oder die Berücksichtigung kleinster

mit Kuppel beim Kapitol in Washington angesehen,

waltungsgebäude jener Zeit wurde zum steinernen

Betriebe.3 Auers Hauptwerk war ein Gebäude

die bereits zwischen 1851 und 1863 entstanden

Sinnbild für den jungen, selbstbewussten Staat und

«von Schweizern für Schweizer». Nie zuvor und

war. Zum Zeitpunkt des Wettbewerbs von 1885

zu einem bedeutenden architektonischen Gestal-

niemals seither ist die demokratische Idee der

waren aber auch zwei europäische Parlamentsge-

tungsmittel für die sichtbare Identifikation ver-

Schweiz materiell und künstlerisch in einem Bau-

bäude mit Kuppel als Wahrzeichen bekannt, näm-

schiedenartiger religiöser, sprachlicher und kultu-

werk konsequenter umgesetzt worden.

3

Labhart Toni P., Steinführer Bundeshaus Bern, Schweizerischer Kunstführer, Serie 72, Nr. 719, Bern, 2002.

Die Restaurierung des Parlamentsgebäudes 2006–2008

14 | Heimat heute | 09

Nutzungen in diesem Bereich (Technikzentrale und

originalen Vergoldung, die sich bei allen drei Kup-

Gleichzeitig erhielten sie neue, vollständig ver-

Arbeitsplätze). Erst mit einem neuen Gesamtkon-

peln einwandfrei nachweisen liess, die aber im

glaste Lifte als Ersatz für die alten Aufzüge. Einer

zept der vom Bund beauftragten Architekten

Laufe der Zeit durch Verwitterung grösstenteils ab-

besseren Anbindung des dritten Obergeschosses

Aebi & Vincent waren der «Gordische Knoten» ge-

getragen war. Der anfänglichen Zurückhaltung der

dient die Verlängerung der bestehenden seitlichen

löst und Wege aufgezeichnet für die Lösung des

Bauherrschaft stand die dringende Empfehlung der

Treppenhäuser auf der West- und Ostseite. Die

vorerst unlösbar scheinenden Problems. In einer

Denkmalpflege und der beigezogenen Experten 8

alten Zuluftschächte von 1902 im Bereich des

ersten Besprechung am 4. August 2004 zwischen

gegenüber, die Vergoldung als wichtiges Element

Nationalratssaals eigneten sich sodann in idealer

Bauherrschaft, Architekten und der Denkmalpflege

der ursprünglichen architektonischen Gestaltung

Weise für den Einbau von zwei zusätzlichen Liften,

wurde der Grundstein gelegt für eine intensive

wiederherzustellen. Nach Prüfung mehrerer Aus-

die vom neuen Besucherzugang im Untergeschoss

und äusserst erfolgreiche Zusammenarbeit über

führungsvarianten entschied sich die zuständige

bis ins dritte Obergeschoss führen.

viereinhalb Jahre Planung und Baubegleitung. Am

Verwaltungsdelegation des Eidgenössischen Parla-

21. November 2008 fand die feierliche Wieder-

ments an ihrer Sitzung vom 16. Februar 2007 für

inbetriebnahme des Gebäudes statt.

die Wiederherstellung der Vergoldung im Original-

Die zwischen 2006 und 2008 ausgeführten Arbei-

bestand.9

ten lassen sich als erste Gesamtsanierung in der

Der neue Besucherzugang entstand auf der den

über hundertjährigen Geschichte des Parlaments-

Alpen zugekehrten Südseite unter dem National-

gebäudes bezeichnen. Durch den Auszug der Me-

ratssaal, wo seit der Eröffnung des Gebäudes die

dienschaffenden aus dem Haus standen bei diesem

gesamte Technik (Heizung und Lüftungsanlage)

6

«Galerie des Alpes» im Eröffnungsjahr (Foto: Burgerbibliothek Bern: Neg. III 613)

Die Neuvergoldung der Hauptkuppel, 2007 (Foto: Aebi & Vincent Architekten, Bern, Thomas Telley)

4

Durch Drehtüren wird sichergestellt, dass das Gebäude nur durch jeweils eine Person mit Ausweis betreten werden kann. 5 Denkmalpflege in der Stadt Bern 2001–2004, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, 67 (2005), S. 43f. 6 Siehe die ausführliche Beschreibung im Vierjahresbericht 2005–2008 der städtischen Denkmalpflege Bern, der im Herbst 2009 erscheint. 7 Scherrer Metec AG, Zürich, Herr Beat Conrad.

Die Restaurierung des Parlamentsgebäudes 2006–2008

Umbau erstmals nicht mehr, sondern weniger

untergebracht war. Zwischen den bereits zur Bau-

Umbauarbeiten 2006–2008

Anforderungen an das Gebäude im Vordergrund,

zeit erstellten repräsentativen fünf Türen und der

Die zwischen 2006 und 2008 ausgeführten und

was die Türen öffnete für grosszügigere gestalte-

Technikzentrale unter dem Nationalratssaal befand

durch den Schreibenden als Vertreter der Denk-

rische Lösungen.

sich früher ausserdem ein kleiner Lagerraum für

malpflege begleiteten Arbeiten hatten ihre Wur-

Die Sanierung der drei Kuppeln stand am Anfang

die Topfpflanzen der Bundesgärtnerei. Erst die Ver-

zeln bereits einige Jahre früher. Nach dem Atten-

der Arbeiten. Die aussergewöhnliche Dicke der

legung der Technik in die neu geschaffenen Unter-

tat im Zuger Kantonsparlament am 27. September

originalen Kupferbleche von 0,8 mm sowie ihr her-

geschosse öffnete den Weg für die Schaffung des

2001 erliess der Bund verstärkte Sicherheitsvor-

vorragender Zustand machten ihren Ersatz gemäss

Besucherzugangs von Süden.

schriften für den Zugang zu den Bundeshäusern.

den befragten Experten weitgehend überflüssig.

In der Kuppelhalle fanden zahlreiche restaurato-

So wurden im Herbst 2003 bei den jeweiligen Ein-

Reparaturbedürftig erwiesen sich nur wenige Teile

rische Arbeiten statt, die auf den ersten Blick nicht

gängen so genannte Vereinzelungsanlagen einge-

der Hauptkuppel und der Nebenkuppel West, etwa

sichtbar sind: Zunächst wurde die ganze Halle ein-

baut.4 Bei den Zugängen zu den Tribünen, die for-

die Traufrinnen und -bleche am unteren Rand,

gerüstet, um mit kaltem Wasserdampf und Natur-

tan ebenfalls einer verstärkten Zugangskontrolle

die Grate mit ihren Ornamenten sowie generell

schwämmen den Schmutz und die Nikotinablage-

unterlagen, stimmte die Denkmalpflege einem auf

alle Niet- und Lötverbindungen. Grössere Schäden

rungen eines ganzen Jahrhunderts von den Wän-

vier Jahre befristeten provisorischen Pavillon im

wies die kleine Ostkuppel auf, wo während Jahren

den und Gesimsen abzuwaschen. Diese Putzaktion

Hof zwischen dem Bundeshaus Ost und dem Par-

Schwefelemissionen aus dem Kamin der Heizan-

gab der Halle wieder ihr helles Erscheinungsbild

lamentsgebäude zu.5 Sie brachte aber deutlich

lage zur Zerstörung eines grossen Teils der Bleche

aus der Bauzeit zurück. Mit dem Einbau von drei

zum Ausdruck, dass eine definitive Neulösung für

beigetragen hatten. Damit die Einheit der drei

grossen Leuchten und der Rekonstruktion der Be-

den Besucherzugang innerhalb des bestehenden

Kuppeln erhalten blieb, wurden alle sichtbaren

leuchtung in den Seitenhallen konnten die Licht-

Gebäudes gesucht werden müsse.

Teile mit einem vorpatinierten Kupferblech ersetzt.

verhältnisse aus der Eröffnungszeit weitgehend

Eine Neuorientierung in dieser Frage trat ein, als

Das vertraute Bild der Bundeshauskuppeln mit dem

wiederhergestellt werden.

sich die Bauherrschaft zu einem Umbaukonzept

grün patinierten Kupferblech, ein Zustand, der sich

Die Neukonzeption der Vertikalerschliessung hatte

für das ganze Gebäude mit dem Einbau eines

in der Zwischenkriegszeit eingestellt hatte, wäre

eine bessere Anbindung des dritten Obergeschos-

neuen Besucherzugangs von Süden entschliessen

beim Ersatz der Bleche durch neues, unbehandel-

ses zum Ziel. Die zwei historischen Wendeltreppen

konnte. Diese Lösung war von der Denkmalpflege

tes Kupferblech während Jahrzehnten empfindlich

in der Kuppelhalle wurden auf dem gleichen

bereits seit 2002 zur Diskussion gestellt worden,

gestört worden. Eine ergiebige Diskussion ent-

Grundriss in die dritte Etage verlängert.

sie scheiterte aber jeweils an den bestehenden

spann sich über die Frage der Restaurierung der

7

Heimat heute | 09 | 15

8

Peter Baumgartner, Kant. Denkmalpflege Zürich, und Ruggero Tropeano, Architekt ETH SIA BSA, Zürich, sowie eine Stellungnahme der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD). 9 Ausführender Restaurator: Stefan Nussli, Ittigen.

Restaurierte Kuppelhalle mit Blick auf die neuen Glaslifte in der Wendeltreppe (Foto: Aebi & Vincent Architekten, Bern, Thomas Telley)

Die Restaurierung des Parlamentsgebäudes 2006–2008

16 | Heimat heute | 09

Garderobe zum Ständeratssaal mit den wieder eingesetzten originalen Jugendstilfenstern (Foto: BBL/Alexander Gempeler)

Konferenzraum mit Tapete nach historischem Vorbild (Foto: Aebi & Vincent Architekten, Bern, Thomas Telley)

Die Restaurierung des Parlamentsgebäudes 2006–2008

Im Nationalratssaal haben zahlreiche restaurato-

scheiben von Burkhard Mangold und Augusto

Fernsehstudios waren dort untergebracht. Die

rische Arbeiten in gestalterischer und akustischer

Giacometti wieder entfernt. Mit diesem Mass-

Gestaltung war in den letzten Jahren für das re-

Hinsicht grosse Verbesserungen herbeigeführt.

nahmen konnte die ursprüngliche Raumfassung

präsentative Gebäude respektlos geworden, man

Gestalterische Aufwertungen wurden durch die

schlüssig wiederhergestellt werden.

trat dort oben in eine völlig andere Gestaltungs-

Wiederherstellung der originalen Wandfarben, die

Die «Galerie des Alpes» im Erdgeschoss, ursprüng-

welt. Durch den Umzug der Presse ins neue Me-

Reinigung und Restaurierung der Nationalrats-

lich Arbeitsraum und Bibliothek für die Parlamen-

dienhaus an der Bundesgasse 8 – 12 konnte das

pulte und -stühle sowie den Ersatz der alten, auch

tarier, erlebte in ihrer hundertjährigen Geschichte

gesamte dritte Obergeschoss für die Fraktionen

optisch schwerfälligen Lautsprecheranlage erreicht.

mehrere Umbauten. Im letzten Zustand vor dem

und zu Sitzungszwecken umgebaut werden.

Die Pulte, die einzigen in der Schweiz noch erhal-

Umbau war sie zu einem eigentlichen Mehrzweck-

Gleichzeitig wurden die vier farbigen Bogenfens-

tenen originalen Parlamentspulte, wurden um

raum verkommen. Mit dem Einbau einer neuen

ter zur Kuppelhalle wieder freigelegt und entlang

etwa vier Zentimeter angehoben und mit den

Cafeteria für die Ratsmitglieder erhielt dieser

der Aussenfassaden neue Lichtbänder in die

fehlenden technischen Anschlüssen ausgestattet,

prachtvolle Raum wieder eine angemessene Be-

Decken eingebaut, die den ehemals nicht mit Ta-

die ledernen Schreibunterlagen restauriert und

deutung.

geslicht versorgten Räumen heute einen optima-

die Oberflächenbehandlung der Möbel erneuert.

Das bisher als Café Vallotton bezeichnete Zei-

len Sichtbezug nach aussen und dadurch eine

Die ebenfalls noch vorhandenen Originalstühle

tungszimmer von 1902 (heute Café-Bar) befindet

neue Orientierung geben. Aus dem ehemaligen

wurden nach ergonomischen Erkenntnissen den

sich im ersten Obergeschoss am östlichen Ende

Fernsehstudio entstand ein grosser Konferenz-

heutigen Bedürfnissen angepasst und restauriert.

der Haupttreppe aus der Kuppelhalle. Im Laufe

raum mit moderner Infrastruktur.

10

der Jahre war der 1938 zur Cafeteria umgebaute Salon mit abgehängter Metall- und HolzwerkstoffDie Mehrzahl der Besprechungs- und Kommissio-

decke und wertlosem Mobiliar ausgerüstet wor-

nszimmer erhielt wieder ihren historisch belegten

den und dadurch gestalterisch zu einem Fremd-

Zustand, in der Regel sogar mit den originalen

körper in der Beletage verkommen. In dem wie-

Materialien. In den meisten Sitzungszimmern und

derum als Café-Bar eingerichteten Zimmer konnte

Büros kamen die restaurierten historischen Par-

der usprüngliche Zustand mit Hilfe von restaura-

kette wieder in Gebrauch. Die verschiedenartigen

torischen Sondierungen weitgehend erschlossen

Wandbehänge (vor allem Tapeten) sowie die

werden. Die historische Tapete mit einem dem

kunstvoll aus Holzkassetten zusammengefügten

Jugendstil verpflichteten Mohnblumen-Motiv und

oder mit Stuck und Malereien ausgeschmückten

kräftigen Bordüren wurde nach Originalbefund in

Decken konnten weitgehend restauriert oder re-

Siebdrucktechnik wieder- hergestellt. Die früher

konstruiert werden. In einigen Räumen wurden

entfernten Türgewände beim Haupteingang und

nach Befund neu hergestellte Tapeten eingebaut,

die Fenster konnten nach Befund rekonstruiert

andernorts stellte ein Neuanstrich nach Befund

werden. Der neu gehängte, zwei Meter hohe

zumindest das historische Gesamtbild wieder her.

Leuchter von 1906 stammt aus dem Kunsthandel

Der Boden erhielt einen neuen Teppich im Grün-

Ebenfalls wieder ihre ursprüngliche Raumhülle er-

und war seinerzeit angeblich für eine Schweizer

ton des ursprünglichen Linoleums, das bereits 1915

hielten die beiden Garderoben zum Ständerats-

Residenz von Kaiser Wilhelm II. vorgesehen. Das

aus akustischen Gründen mit einem Teppichbelag

saal, wo die originalen Kreuzgewölbe mit Male-

neuzeitliche Mobiliar ist vom Architekten entwor-

überdeckt worden war. Zur Verbesserung der

reien unter den Gipsdecken der 1960er-Jahre zum

fen und exklusiv für diesen Raum hergestellt

Akustik führten zahlreiche verdeckt eingebrachte

Vorschein kamen. Die entfernten Kapitelle wur-

worden.

Dämmstoffe, etliche Verbesserungen auf den Zu-

den anhand eines auf dem Estrich aufbewahrten

Das dritte Obergeschoss war beim Bau 1902 mit

schauertribünen sowie die neue Bespannung der

Originals rekonstruiert, fehlende Holzoberflächen

untergeordneten und temporären Nutzungen be-

Tribünengeländer und die Entfernung der Kunst-

ergänzt. Nach eingehender Abwägung wurden in

legt, weshalb diese Räume nur über zwei seitlich-

lederkissen bei den Rückenlehnen der Ratsstühle.

diesem Raum die beiden ursprünglichen Glasfens-

e, relativ enge Holztreppen erschlossen wurden.

Auch die neue, präzis steuerbare Lautsprecheran-

ter von 1902 mit Jugendstilmotiven von Christian

Im Laufe der Zeit erhielt das Dachgeschoss immer

lage trägt zu einer deutlich verbesserten Akustik

Baumgartner wieder eingebaut und die 1931 als

mehr Funktionen zugewiesen. Zuletzt diente es

im Raum bei.

Ersatz für die Originalfenster eingefügten Glas-

den Medienleuten als Arbeitsort, alle Radio- und

Heimat heute | 09 | 17

10

Das Glasfenster von Giacometti wurde bereits wenige Jahre nach seinem Einbau wieder entfernt und erst in den 1980er-Jahren wieder eingesetzt. Siehe dazu: Stückelberger Johannes, Die künstlerische Ausstattung des Bundeshauses in Bern, Lizentiatsarbeit Universität Basel (Kunsthistorisches Seminar, Sommer 1983), Bern 1983.

«Galerie des Alpes» nach dem Umbau als Restaurant für die Parlamentsmitglieder (Foto: BBL/Alexander Gempeler)

Heimat heute | 09 | 19

Die Restaurierung des Parlamentsgebäudes 2006–2008

18 | Heimat heute | 09

Warum Bären und Schützen der Eisenbahn weichen mussten

Korridor im neu ausgebauten dritten Obergeschoss (Foto: Aebi & Vincent Architekten, Bern, Thomas Telley)

Würdigung der Arbeiten aus denkmalpflegerischer Sicht Die neusten Arbeiten waren die ersten Umbauten nach einem Gesamtkonzept in der hundertjährigen Geschichte des Parlamentsgebäudes. Bei jeder bau-

Café-Bar mit Wandgestaltung nach historischem Vorbild und zeitgenössischem Mobiliar (Foto: BBL/Alexander Gempeler)

lichen Massnahme stand die Analyse des historischen Bestands und dessen Konservierung an erster Stelle. Mit subtilen Eingriffen, wie beim Mobiliar oder der Wandgestaltung im Nationalratssaal, sowie mit fachlichen Meisterleistungen, wie

11

Der vorliegende Beitrag entstand nach Abschluss der Bauarbeiten, die der Autor als verantwortlicher Denkmalpfleger 2006–2008 begleitet hat. Die ausführliche Beschreibung der ausgeführten Arbeiten erscheint im neusten Vierjahresbericht 2005–2008 der Denkmalpflege der Stadt Bern im Herbst 2009.

beim Lifteinbau in die Wendeltreppen, konnten beachtliche Komfortsteigerungen unter Schonung der historischen Substanz erreicht werden. Notwendige Ergänzungen und Hinzufügungen zu den Originalen, wie die neuen Türen beim Besuchereingang, wurden unter dem Aspekt des Gesamtensembles geplant und ausgeführt. Jede die-

ser einzelnen Massnahmen wurde als Teil eines grossen Puzzles verstanden, mit dem das Gesamtbild nicht durch auffällige Surrogate beeinträchtigt werden durfte. Mit der formal reduzierten Sprache der neuen Gebäudeteile und Einbauelemente bezeugten die Architekten ihren klaren Willen zur Akzeptanz der von Hans Wilhelm Auer vorgegebenen Prinzipien der Gestaltung für Materialien und Farben beim Bau von 1902. Das zwischen Bauherrschaft, Architekten und Denk-

Wer heute in einem Intercity in Bern einfährt,

werden. Diese benötigten für die Fahrt vom Wyler

malpflege entwickelte Prinzip des Weiterbauens

würde sich wohl etwas wundern, wenn plötzlich

nach Herzogenbuchsee lediglich noch 11/4 bis 11/2

im historischen Kontext nach den Regeln des Ori-

Gewehrschüsse über den Zug hinwegpreschen

Stunden. Zudem verfügten die Züge über direkte

ginalbaus bildete die Basis aller Entscheide. Diese

würden – vor gut 150 Jahren wurde dies den da-

Wagen nach Aarau, Basel und Luzern; bei zwei

wurden vom Architektenteam vorbereitet und in

maligen Zugsreisenden aber ohne weiteres zuge-

Zügen war sogar die umsteigefreie Reise von Bern

allen Konsequenzen zwischen den beteiligten

mutet.

über Herzogenbuchsee nach Solothurn–Biel mög-

Partnern besprochen. Das Resultat war stets ein

Auf welche mühsame Art die Berner vor über 150

lich. Bis aber auch Zürich ohne Umsteigen erreicht

Konsens und ein hohes Qualitätsniveau bei der

Jahren zu einem Bahnhof kamen, wurde in «Heimat

werden konnte, dauerte es noch knapp ein Jahr,

Ausführung. Aus Sicht der Denkmalpflege ist

heute 2007» ausführlich geschildert. Zunächst hat-

da zunächst die Eröffnung des noch fehlenden

allen beteiligten Parteien für das mustergültige

ten sich die Bewohner von Bern mit einem ersten

Abschnitts zwischen Aarau und Brugg abgewartet

Mitarbeiten beim Umbau des bedeutendsten Ver-

provisorischen Bahnhof im Wyler zu begnügen, wo

werden musste. Am 15. Mai 1858 war es aber

waltungsbaus der Schweiz zu gratulieren.

vom 16. Juni 1857 an Züge der Schweizerischen

auch hier soweit. Nun konnten endlich die Ver-

Centralbahn (SCB) Richtung Herzogenbuchsee–

sprechungen des SCB-Geschäftsberichts aus dem

Olten wegfuhren. Der bisherige tägliche Postkut-

Jahr 1856 verwirklicht werden, nämlich «selbst die

schenkurs zwischen Bern und Herzogenbuchsee,

Hin- und Rückfahrt nach und von Zürich». Dies

der für diese Strecke fast vier Stunden benötigt

mag wohl damals eine ähnliche Wirkung gehabt

hatte, konnte durch fünf Züge pro Richtung ersetzt

haben wie die heutige Möglichkeit, mit dem TGV

Dr. Roland Flückiger

11

stv. Denkmalpfleger der Stadt Bern

Eben fährt ein Zug der Schweizerischen Centralbahn vor der imposanten Alpenkulisse über die «Rote Brücke». (Infothek SBB Historic, Bern)

Warum Bären und Schützen der Eisenbahn weichen mussten

20 | Heimat heute | 09

Warum Bären und Schützen der Eisenbahn weichen mussten

Der ab 1. Oktober 1857 geltende Fahrplan wies ab Bern fünf Züge pro Richtung auf; die Züge verkehrten damals vom provisorischen Bahnhof im Wyler aus.

Auch im Oktober 1859 sind im Fahrplan der Schweizerischen Centralbahn zwischen Bern und Olten noch fünf Züge pro Richtung aufgeführt; allerdings ist auch schon ein beschleunigter Zug vermerkt. (Infothek SBB Historic, Bern)

Heimat heute | 09 | 21

Erst am 1. Mai 1860 konnte der Kopfbahnhof von Bern eingeweiht werden; das Gebäude verlief parallel zur Heiliggeistkirche Richtung Christoffelturm. (Infothek SBB Historic, Bern)

am gleichen Tag nach Paris und wieder zurück zu

halben Jahrhundert den Bahnhof Bern verlegen

20, wo sich nun das kantonale Passbüro befindet)

späteren Standort der Bollwerkpost und ein dritter

reisen…

wollte. Allerdings wurde die Idee für einen so ge-

bereit. Pro Fahrt waren 60 Rappen zu entrichten.

ab 1825 ebenfalls am Bollwerk am späteren Stand-

nannten Bahnhof Laupenstrasse in einer Gemeinde-

Auch der zweite provisorische Bahnhof in der Vil-

ort des SBB-Stellwerks und der Infothek SBB Histo-

Der schon einmal dagewesene Bahnhof Laupen-

abstimmung von 1956 deutlich abgelehnt. In der

lette befand sich weit ausserhalb des damaligen

ric.) Doch der Bau der Roten Brücke machte auch

strasse

Villette war anno 1858 ein Teil des Güterschup-

Stadtzentrums – kein Wunder, dass auch dorthin

hier den Bären den Garaus. So schrieb Stadtbiblio-

Erst nach dem Abschluss der Bauarbeiten an der

pens für die Aufnahme der Reisenden eingerichtet

ein Postomnibuskurs eingerichtet wurde. Dieser

thekar Hans Bloesch in seinem 1912 erschienenen

«Roten Brücke» konnten die Züge vom 15. Novem-

worden, denn die Direktion der SCB schrieb erst

verliess, wie ein von Kreispostdirektor Dick unter-

Werk «Bern und Umgebung»: «1857, als die Eisen-

ber 1858 an in den provisorischen Bahnhof in der

im März 1859 die Bauarbeiten für den Innenaus-

zeichnetes Inserat im «Intelligenzblatt für die

bahn ihren Wohnsitz beanspruchte, wurde den

Villette einfahren. Dieser provisorische Bahnhof

bau des definitiven Kopfbahnhofs aus. Erst am

Stadt Bern» vom 17. November 1858 belegt, den

Bären die gotische Burg gebaut, in der sie sich heute

befand sich ungefähr dort, wohin man vor einem

1. Mai 1860 (inzwischen war auch die Linie von

Posthof an der Kramgasse am Morgen um 5.15,

noch tummeln und vermehren.» Die Wappentiere

Bern über Münsingen nach Thun auf den 1. Juli

7.15 und 9.15 Uhr sowie am Nachmittag um 4

zogen am 27. Mai 1857 unter Kanonendonner und

1859 eröffnet worden) war das Aufnahmegebäude

und 6.15 Uhr. In der Villette konnte dann bequem

zu den Klängen des Berner Marsches in den Bären-

des Kopfbahnhofs betriebsbereit und konnte end-

auf die Züge umgestiegen werden, die am Morgen

graben bei der Nydeggbrücke um, wo sie über

lich eingeweiht werden. Rascher ging es mit dem

um 5.40, 7.43 und 9.45 Uhr und am Nachmittag

150 Jahre bis zum Bezug des «Bärenparks» im

Abbruch des provisorischen Bahnhofs im Wyler:

um 4.30 und 6.50 Uhr Richtung Olten wegfuhren.

Herbst 2009 blieben.

Bereits einen Tag nachdem dieser Bahnhof nicht

Der Fahrpreis für den Omnibuskurs betrug 30 Rap-

mehr benötigt wurde, begann der Abbruch, er-

pen für eine Person ohne Gepäck und 50 Rappen

Harter und langjähriger Kampf mit den Schützen

schien doch am 16. November 1858 ein Hinweis

mit Gepäck.

Während die Bären dem neuen Verkehrsmittel ohne grossen Widerstand wichen, hatte die Schweize-

im «Intelligenzblatt für die Stadt Bern», das Gebäude der Eisenbahn-Restauration auf dem Wyler-

Die Bären ziehen unter Kanonendonner um

rische Centralbahn mit den Schützen jahrelange

feld sei zum «Abbrechen und Wegführen».

Die Einführung der Eisenbahn in die Stadt Bern

Dispute und Gerichtsverhandlungen auszustehen,

Während die Fussgänger auf dem Weg vom Bahn-

hatte aber nicht nur Anpassungen am Strassennetz

wehrten diese sich doch ganz vehement gegen das

hof im Wyler in die Stadt den anno 1857 erbauten

zur Folge, musste doch der dritte Bärengraben vor

Eindringen der Bahn in die Stadt Bern.

Altenbergsteg benützen konnten, stand für be-

dem Aarbergertor beim Bollwerk verlegt werden.

Ursprünglich diente die Schützenmatte den dama-

quemere Passagiere ein Omnibusdienst vom Wyler

(Ein erster Bärengraben befand sich beim heutigen

ligen beiden Schützengesellschaften als Übungs-

zum Posthof an der Kramgasse (heutige Nummer

Bärenplatz, ein zweiter ab 1764 am Bollwerk am

platz, daher auch der Name des Platzes. Dort

22 | Heimat heute | 09

Das im Jahre 1877 erstellte Rechtsgutachten konnte nicht verhindern, dass sich die Gerichtsverhandlungen während über 20 Jahren hinzogen.

Warum Bären und Schützen der Eisenbahn weichen mussten

Die definitive Bahnhofhalle von Bern in einer zeitgenössischen Darstelllung (Infothek SBB Historic, Bern)

Heimat heute | 09 | 23

schoss die Zielmusketen-Schützengesellschaft auf

vier Jahre später so im Grundbuch eingetragen.

«Aber nun war der Blick auf die bisher unten am

grössere Distanz (ca. 300 m) als die Reismusketen-

So kam es, dass die Schweizerische Centralbahn

Kühschattenhügel stehenden Scheiben verdeckt

Schützengesellschaft (ca. 120 m). Der Schiessstand

anno 1856 mit der Burgergemeinde verhandelte,

und man sah sich genöthigt, dieselben höher hin-

beider Schützengesellschaften befand sich beim

um das für den Bahnbau benötigte Land zu er-

auf zu stellen, ohne jedoch damit eine ausreichende

Bollwerk (die Reitschule wurde erst 1895 bis 1897

werben.

Abhilfe zu erzielen.» Zusätzliche Behinderungen ergaben sich jeweils nach der Durchfahrt eines

erbaut). Geschossen wurde Richtung Henkerbrünnli. Der Bau der Roten Brücke bedeutete aber

«Durchschneidung des nahegelegenen Exerzier-

mit einer Dampflokomotive bespannten Zugs, da

auch hier das Todesurteil für den seit alters be-

platzes»

dann wohl die Scheiben im dichten Rauch nicht

nützten Schiessplatz. Doch auch der neue Standort

Allerdings verwahrte sich der «Gemeinderath»

mehr auszumachen waren.

auf dem Wylerfeld, wo die bernischen Truppen

bereits damals «gegen die Durchschneidung dieses

Es begann ein jahrelanger Kampf vor den Gerichten,

bereits seit Jahren ihre Schiessübungen abhielten,

zweckmässig und nahegelegenen Exerzier- und

der als «Wylerfeldprozess» in die Annalen eingegan-

war keineswegs ideal, wie sich in der Folge zeigte.

Schiessplatzes». «Leider fanden damals alle derar-

gen ist. Vermutlich hatten sich die Schützen in der

Das Wylerfeld war – wie einem Rechtsgutachten

tigen Einwendungen kein geeignetes Gehör – das

Zwischenzeit damit beholfen, dass sie nicht mehr

aus dem Jahre 1877 zu entnehmen ist – «von

Verlangen, eine Eisenbahnverbindung für unsere

liegend, sondern stehend ihre Schüsse abgaben...

Alters her seit urdenklicher Zeit als Allmende für

Stadt zu erhalten, drängte alle andern Rücksichten

Am 3. Juni 1881, also knapp 23 Jahre nach der

Weidgang, als Schiess- und Exercirplatz für die

in den Hintergrund.» Erst 1863 erwarb dann die

Eröffnung der Bahnstrecke vom Wyler nach Bern,

bernischen Truppen» genutzt worden. Davon

Einwohnergemeinde das Wylerfeld; hier dauerte

kam ein Vergleich zustande. Die SCB leistete eine

zeugen heute noch die Strassenbezeichnungen

es gar fünf Jahre, bis die Handänderung im Grund-

«Aversalsumme» von 130'000 Franken an die Ein-

Scheibenstrasse, Schützenweg, Standstrasse, Waf-

buch eingetragen war.

wohnergemeinde, und der Schiessplatz wurde vom

fenweg, Zeigerweg und Zielweg. Nach der Aus-

Um die Sache noch weiter zu komplizieren, hatte

Wylerfeld zunächst in das Gebiet des heutigen

scheidung des Staats- und Stadtguts im Jahr 1803

die Burgergemeinde bereits am 12. Mai 1854 das

Wylerbads und anno 1926 auf das Ostermundiger

verblieb das Wylerfeld im Eigentum der Stadt Bern.

Wylerfeld an die Einwohnergemeinde verpachtet;

Oberfeld verlegt.

In der Auseinandersetzung der Vermögensrechte

die Pachtsumme betrug 1000 Franken pro Jahr.

der Burger- und der Einwohnergemeinde im Jahre

Da das Gesetz über die Militärorganisation des

Immer schneller von Bern nach Zürich

1852 wurde das Wylerfeld der Burgergemeinde

Kantons Bern aus dem Jahre 1852 in § 89 be-

Dauerte die nächtliche Postkutschenfahrt von Bern

zugewiesen und – gut Ding will Weile haben –

stimmte, dass die Einwohnergemeinden den Trup-

nach Zürich seinerzeit noch rund 16 Stunden, legen

pen und Schützen die erforderlichen «Exercir- und

die heutigen Intercity-Züge die gleiche Strecke in

Schiessplätze» unentgeltlich einzuräumen hätten,

56 Minuten zurück – notabene im Halbstundentakt.

wurde das Wylerfeld den Schützen überlassen.

Dieser 67-seitige Bericht aus dem Jahr 1880 informiert im Detail über den so genannten «Wylerfeldprozess».

Warum Bären und Schützen der Eisenbahn weichen mussten

Schutzwall mit unerwarteten Folgen Allerdings stellte sich schon kurz nach der Bahner-

Werner Neuhaus

«Neue Eisenbahn mitten durch das Wylerfeld…»

öffnung heraus, dass das Zielschiessen über die

Bahnhistoriker

«Dieses Verhältnis dauerte unbeanstandet fort, bis

Bahnlinie hinweg den Bahnbetrieb ernsthaft ge-

im Jahr 1856 die SCB ihren Plan mittheilte, die

fährdete. Die Militärbehörde verbot daher am

neue Eisenbahn mitten durch das Wylerfeld zu

29. August 1864 den Truppen und den Schützen-

führen und zu diesem Behuf über die Abtretung

Einige Überwindung kostete es wohl anno 1858 die in Basel ansässige Direktion der Schweizerischen Centralbahn, die Berner Bevölkerung mit Sonntagsbilletten zu ermässigten Preisen zu Fahrten nach Zürich zu locken. (Infothek SBB Historic, Bern) Das Ende des provisorischen Bahnhofs im Wyler: Inserat im «Intelligenzblatt für die Stadt Bern» vom 16. November 1858. Zwischen dem Posthof an der Kramgasse und dem provisorischen Bahnhof in der Villette verkehrte fünfmal pro Tag ein Postomnibus. (Zentralbibliothek/Universitätsbibliothek Bern)

Quellen: Stadtarchiv und Infothek SBB Historic, Bern

Jahr

Fahrzeit

Hinweis

gesellschaften, Schiessübungen über die Bahn

1843

des nöthigen Bodens mit der Burgergemeinde in

durchzuführen. Anschliessend wurde ein «Schutzwall von 5 Fuss Höhe» errichtet. Doch das hatte

bereits erwähnten Rechtsgutachten von 1877.

unerwartete Folgen, denn die auf dem Boden lie-

Nun war guter Rat teuer, denn die Militärdirektion

genden Schützen wurden durch den Schutzwall

wollte am Schiessplatz auf dem Wylerfeld festhal-

«genirt», da sie die Scheiben nun nicht mehr sehen

ten und auch das Schiessen über die Bahnlinie zu-

konnten… So hiess es im 67 Seiten umfassenden

lassen, zumal die SCB damit einverstanden war.

«Bericht über die Schiessplatzangelegenheit in

1859 1882 1905 1926 1950 1970 1975 1981 1982 2004 2005 2008

Postkutsche, Nachtreise Postkutsche, Tagreise Durchgehende Bahnstrecke ab Bahnhof Wyler

Unterhandlungen trat.» So der Wortlaut aus dem

16 Stunden 14 Stunden 3 Std. 49 Min. 3 Std. 20 Min. 2 Std. 29 Min. 2 Std. 1 Std. 28 Min.

Verbindung mit dem Wylerfeldprozess und den Verhandlungen mit der Schweizer. Zentralbahn zu Ausführung des Urtheils» aus dem Jahre 1880:

88 89 83 79 73 69 58 56

Min. Min. Min. Min. Min. Min. Min. Min.

Elektrischer Betrieb Nonstop-Züge Städteschnellzüge Neue Heitersberg-Linie Killwangen–Rupperswil Neue Born-Linie Olten–Rothrist Taktfahrplan Bahn-2000-Neubaustrecke Mattstetten–Rothrist 200 km/h, Führerstandssignalisierung

Heimat heute | 09 | 25

24 | Heimat heute | 09

Hochhausarchitektur

Richtprojekt der Architekten Bünzli & Courvoisier für das Areal Kappelenbrücke in Hinterkappelen (Visualisierung: Bünzli & Courvoisier Architekten, Zürich)

Hochhausgrenze

Pioniere des Hochhausbaus waren die Wirtschafts-

Die Definition des Berner Stadtplanungsamtes

zentren. Als anhaltende Folge der Industrialisie-

wirkt auf den ersten Blick etwas diffus: Ein Hoch-

rung arbeiteten immer mehr Menschen in den

haus ist ein Gebäude, das die bestehende Bebau-

Innenstädten. Bei steigenden Bodenpreisen in der

ung in der dritten Dimension auffällig überragt

City galt es, Grundstücke in hoher Dichte zu be-

und Quartier- und Stadtbild prägt.4 Die Bauord-

bauen. Hochhäuser stellten vorzügliche Symbole

nung der Stadt Bern sieht keine genauen Bestim-

der ökonomischen Potenz dar und ermöglichten

mungen vor, das Baugesetz des Kantons Bern lässt

eine maximierte Ausnützung der Bodenfläche.

hingegen keinen Zweifel offen: Hochhäuser sind

Der Wettbewerb um absolute Höhenrekorde fand

Gebäude mit mehr als acht über der mittleren

ausserhalb Europas statt.

Höhe des fertigen Terrains liegenden Geschossen

Das rasante Bevölkerungswachstum der Städte

sowie Gebäude, die höher sind als 30 Meter.5 Die

liess nach dem Zweiten Weltkrieg die städtischen

massgebende Norm der Brandschutzbehörde misst

Wohngebiete zu Entwicklungsschwerpunkten

auch genau in Metern: Bauten, deren oberstes Ge-

werden. Auf verkehrstechnisch gut erschlossenen

schoss mehr als 22 Meter über dem angrenzenden

Bauparzellen sollte innerhalb kürzester Zeit mög-

Terrain liegt bzw. mehr als 25 Meter Traufhöhe

lichst viel Wohnraum entstehen. Das Hochhaus

aufweist.6

als Bautypus der Verdichtung, mit Möglichkeit der

Während unsere europäischen Nachbarn ähnliche

Anwendung von systemgleichen repetitiven Bau-

Erlasse kennen, bezeichnet in Japan oder China

elementen, entsprach diesen Anforderungen und

7

kaum jemand ein 30 Meter hohes Gebäude als

war den damaligen Planern eine willkommene

Hochhaus. Der Begriff Hochhaus ist also eine rela-

Bauform, um der Stadt endlich einen der Zeit ent-

tive Bezeichnung und stark vom baulichen Kon-

sprechenden Ausdruck zu verleihen. Waren Hoch-

text abhängig. Auf den zweiten Blick erweist sich

häuser bis zu diesem Zeitpunkt eher Solitärbau-

die Definition des Berner Stadtplanungsamtes als

ten, standen sie nun mehrfach in gleicher Bau-

äusserst treffend.

weise innerhalb neu geschaffener grosser Wohn-

4

Prof. Franz Oswald, AUS Büro für Architektur und Stadtforschung Bern, Mario Santin, ARTTOOLS GmbH, Berner Hochhäuser, Eine Studie. 5 Baugesetz Kanton Bern, Art. 20 8.2 Nähere Bestimmungen 1ff. 6 Vereinigung Kantonaler Feuerversicherer, Brandschutznorm Art. 12f. 7 In China und Japan liegt die Hochhausgrenze bei 100 Metern. 8 Bundesstaat Missouri, USA. 9 Tom Wolfe, From Bauhaus to Our House, 1981. 10 Charles Jencks, The Language of Post-Modern Architecture, 1978.

komplexe. Ein Wendepunkt dieser Entwicklung, mit erheb-

Über Jahrhunderte hatten vor allem Kirchtürme

lichem Einfluss auch auf unsere Breitengrade, ist

Aktuell zwar etwas durch die Wirtschaftskrise und

tige Berichte in den Berner Tageszeitungen. Nebst

oder die Stadtbefestigung, Raumkörper ohne ei-

die teilweise Sprengung eines erst 18 Jahre beste-

vorsichtiger formulierte Investitionspläne gebremst,

den ins Feld geführten, unbestreitbaren physikali-

gentliche innere Funktion, die Städte in der Verti-

henden Wohnkomplexes in St. Louis im Juli 1972.8

erlebt das Hochhaus in den letzten Jahren eine

schen Auswirkungen von Hochhäusern auf ihre

kalen geprägt. Ein Reihe bautechnischer Entwick-

Die aus 33 elfgeschossigen Wohnbauten beste-

wahre Renaissance. Spätestens ab Mitte der sieb-

Umgebung lassen sich, spätestens seit Le Corbu-

lungen haben gegen Ende des 19. Jahrhunderts

hende Siedlung Pruitt-Igoe fand nach ihrer Fertig-

ziger Jahre des letzten Jahrhunderts stigmatisiert,

siers Plan Voisin 2, die Argumente der Befürworter

eine neue Ära in der Architektur eingeläutet. Der

stellung 1954 als ein auf allen Ebenen gelungenes

ist das Wohnen und Arbeiten mit Aussicht heute

auf die historische Notwendigkeit, diejenigen der

Einsatz von Beton und Stahl reduzierte die Sub-

und zukunftsweisendes Projekt international Lob,

wieder «en vogue».

Gegner auf historische Kontinuität reduzieren.

stanz bei wachsenden Dimensionen, beschleunigte

entwickelte sich aber schnell zum Inbegriff eines

Kaum ein anderer Bautypus polarisiert derart. So

Was zeichnet den Bautypus Hochhaus aus, dass

den Bauprozess und liess die Gebäude in die Höhe

Ortes, an dem Gewalt und Vandalismus vorherr-

gleichen die Debatten um Hochhausprojekte meist

sich die Meinungen so klar daran scheiden?

schiessen. Die natürliche Belüftung verlor an Be-

schten. Nach mehreren erfolglosen Strukturverbes-

Diskussionen um Glaubensfragen und sind dank-

Rem Koolhaas behauptete 1995, dass einzig die

deutung, der Innenraum erhielt elektrisches Licht

serungsmassnahmen kapitulierten die Behörden

bare Lieferanten für Schlagzeilen. Nicht nur Pro-

Grösse der Gebäude bereits ein ideologisches Pro-

und schliesslich – wesentlich für den Hochhaus-

und sahen einzig den Abbruch der Überbauung

jekte der Superlative finden ihren Weg in die Me-

3

gramm konstituiert. Es stellt sich also die Frage,

bau – erweiterte der Fahrstuhl die Grenzen vertika-

als Lösung.

dien, sondern auch verhältnismässig kleine Bauvor-

wann ein Gebäude zum Hochhaus wird.

ler Erreichbarkeit. Das bisherige Repertoire der Ar-

Tom Wolfe bezeichnete 19819 Pruitt-Igoe als Sym-

haben sorgen regional für grosse Aufmerksamkeit.

chitektur wurde hinfällig und eine eigene Sprache

bol des Scheiterns der Ideen moderner Architektur

Zwischen November 2006 und Juni 2008 gab ein

für den neuen Bautypus fehlte vorerst. Die Planer

und Stadtplanung; der Architekturhistoriker Char-

in Hinterkappelen geplantes Gebäude mit 16 bis

knüpften an bestehende Baustile an und schichte-

les Jencks10 datiert, allgemein anerkannt, gar das

18 Stockwerken immer wieder Anlass für halbsei-

ten hergebrachte Bauelemente aufeinander.

Ende der modernen Architektur auf dieses Ereignis.

1

1 In der Schweiz beispielsweise der Messeturm in Basel, der Prime-Tower auf dem Maag-Areal in Zürich oder der Roche-Turm, ebenfalls in Basel. 2 Vorgestellt 1925. 3 Rem Koolhaas, Bigness.

Geschichte des Hochhauses

Bebauung Altwyler. Zusammen mit den Gebäuden der Siedlung Neuhaus die ältesten Hochhäuser in Bern. Die ursprüngliche Fassadengestaltung von Eduard Helfer ist nur noch zu erahnen. (Foto: Thomas Telley)

Hochhausarchitektur

26 | Heimat heute | 09

Flugaufnahme Siedlung Neuhaus um 1960. Die zwei- und dreigeschossigen Bauten mit Satteldächern gehören zur selben Planung. (Foto: Ortsarchiv Bümpliz)

Punktbau der Siedlung Neuhaus. Anhand der unterschiedlichen Abstände der Balkone sind die zweigeschossigen Wohnungen erkennbar. Als Vorbild für die Maisonette-Wohnungen dienten Eduard Helfer die «Unités d'habitation» von Le Corbusier. (Foto: Thomas Telley)

Zusammen mit der Bebauung Neuwyler die ersten Hochhäuser im Kanton Bern. 12 Bernhard Furrer, Aufbruch in die fünfziger Jahre, Verlag Stämpfli + Cie, Bern 1995.

Heimat heute | 09 | 27

sen, mit dem Ziel, eine soziale Durchmischung zu

In den sechziger und siebziger Jahren des letzten

erreichen, Mischbauweise und die Befreiung der

Jahrhunderts entstanden Hochhäuser auch in der

Gebäudezwischenräume von verkehrsführenden

Nähe des historischen Stadtzentrums. 1962 wird,

Erschliessungsstrassen sind Merkmale, die auch

von Claire und Oskar Rufer geplant, das Hochhaus

später realisierte Hochhaussiedlungen auszeichnen.

am Eigerplatz fertiggestellt. Es folgen vorwiegend

Die unterschiedliche formale Gestaltung der ein-

an Knotenpunkten realisierte Projekte wie die Hoch-

zelnen Baukörper lässt leider erst auf den zweiten

bauten am Bahnhof und 1971, wiederum von den

Blick erkennen, dass die zwei- und dreigeschossi-

Rufers geplant, der Gebäudekomplex City-West.

gen Gebäude eine Einheit mit den Hochhäusern

Wie für die weiteren in bereits bestehende Quar-

bilden.

tiere16 gebauten Hochhäuser besteht für die Stand-

Ab 1958 entstand auf den zwölfeinhalb Hektaren

ortwahl keine erkennbar übergeordnete Planung.

des Tscharnergutes Wohnraum für 5’000 Personen.14

1972 fand der Spatenstich für die Hochhaussied-

Den Projektwettbewerb für das bisher grösste

lung Wittigkofen im Osten Berns statt. Die ur-

Wohnbauvorhaben im Kanton Bern konnten 1955

sprünglich mit fünf Punkt- und sechs Kettenhäu-

die Architekten Lienhard & Strasser für sich ent-

sern sowie Einkaufszentrum, Tagesheim und eige-

scheiden. In der Zeit zwischen Ideenwettbewerb

ner Quartierschule projektierte Bebauung sollte

und Baubeginn hatte der Gemeinderat die Zielvor-

erster Teil eines Überbauungsplanes für das obere

gaben für die Ausnützung erheblich erhöht. So

Murifeld sein. Der Basler Architekt Otto Senn ar-

13

wurden die Baukörper des Wettbewerbsprojektes

beitete seit 1960 an dem ehrgeizigen Projekt, das

Nicht nur Wolfe und Jencks übersehen, dass nicht

In der Schweiz waren bis in die 1950er-Jahre Hoch-

kurzerhand aufgestockt. Die ursprünglich mit 15

über 5’500 Wohnungen, auf 30 mindestens zwan-

der vermeintlich entmenschlichte Städtebau der

häuser Einzelphänomene. Obwohl die Architekten

Etagen geplanten Punktbauten im Norden der Be-

ziggeschossige Punktbauten, abgestufte Ketten-

Moderne Hauptgrund für das Scheitern von Pruitt-

eifrig an Studien arbeiteten, verliessen die meisten

bauung wiesen nach ihrer Fertigstellung 20 und

häuser und wenige niedrige Bauten aufgeteilt, vor-

Igoe war, sondern vielmehr die Politik der Rassen-

Projekte nie das Papier. Die grossflächige Erschlies-

die Zeilenbauten acht statt sieben Stockwerke auf.

sah. Besonderheit: Der gesamte motorisierte Indi-

trennung in den USA, eine rücksichtslose Maxi-

sung neuer Stadtgebiete nach dem Zweiten Welt-

Die ersten Wohnungen standen 1959, die letzten

vidualverkehr war in den Untergrund verbannt.

mierung von Mieteinnahmen und eine vollständig

krieg machte das Wohnhochhaus zum verbreite-

1965 zum Bezug bereit.15

Bereits zu Beginn der Realisierung17 der ersten Bau-

missglückte Sozialpolitik.

ten Bautypus. In den Jahren des grossen Bevölke-

In der Schweiz wie international galt die Überbau-

etappe überholte die Wirklichkeit die der Ideolo-

rungswachstums wurden Hochhäuser mit dem Ziel

ung als beispielhaftes Pilotprojekt. Die Mischbau-

gebaut, günstigen Wohnraum zu schaffen. Heutige

weise machte definitiv Schule und das Wohnhoch-

Projekte für Wohnhochhäuser beinhalten in der

haus war nun wichtiges Mittel, um die angestrebte

Regel Wohnungen in gehobenem Standard.

Verdichtung zu erreichen. Die Bebauung Tscharnergut läutete definitiv die

Hochhäuser in Bern

Ära der Wohnhochhäuser in Bern ein. Eiligst über-

Bern hat im 20. Jahrhundert sein Wohngebiet äus-

arbeiteten die Behörden ihre Bauklassenpläne und

serst dicht mit Hochhäusern erweitert. Zwischen

erhöhten die zulässigen Geschosszahlen. Berns

1950 und 1970 fand die Stadtentwicklung vor

Westen erhielt zwischen 1965 und 1974 die Gross-

allem im Westen statt. Ehemalige Bauerngüter

siedlungen Gäbelbach, Schwabgut, Fellergut, Beth-

wichen grossmassstäblichen Siedlungen. Die Über-

lehemacker II und Kleefeld mit ihren markanten

bauung Neuhaus11 markiert den Beginn des Hoch-

Hochbauten. Allen Planungen, in einer Zeit des

hausbaus in Bern. Die Siedlung, zunächst von

scheinbar unbegrenzten Wachstums begonnen, ist

Werner Küenzi entworfen, 1957 nach dem von

die damalige Auffassung des Städtebaus als Neube-

Eduard Helfer abgeänderten Projekt fertiggestellt,

ginn anzusehen. Bei den Bebauungen Schwabgut

umfasst 212 Wohnungen, die in zwei- bis dreige-

und Fellergut, die dicht an bereits bebautes Gebiet

schossigen Bauten und schliesslich in drei im Nor-

stossen, offenbart sich die Problematik der Negie-

den platzierten zwölfgeschossigen Punktbauten

rung von bestehenden Siedlungsstrukturen und

untergebracht sind. Verschiedene Wohnungsgrös-

des Massstabwechsels.

12

11

Hochhausarchitektur

13

Die Anordnung von verschiedenen Gebäudetypen und Grössen innerhalb einer Bebauung. 14 Heute wohnen rund 2’500 Personen im Tscharnergut. 15 Die Bewohnerinnen des Tscharnerguts begehen in diesem Jahr mit mehreren Festanlässen den 50. Jahrestag der Fertigstellung und den Bezug der ersten Wohnungen. 16 Beispiele: Fischermätteli, Wyler, Wankdorf. 17 Ausführungsplanung durch Otto Senn mit Thormann und Nussli.

Flugaufnahme Bethlehem um 1984. Die Reihenhäuser im Vordergrund wurden von 1944 bis 1946, die Hochhäuser zwischen 1968 und 1974 gebaut. Beide Bebauungen wurden von Hans und Gret Reinhard für dieselbe Bauherrschaft geplant. Im Bildhintergrund die Kappelenbrücke. (Foto: Ortsarchiv Bümpliz)

Hochhausarchitektur

28 | Heimat heute | 09

Flugaufnahme Tscharnergut, um 1965 (Foto: Ortsarchiv Bümpliz)

Hochhausarchitektur

Heimat heute | 09 | 29

sein». Auch der Präsident des Vereins Region Bern,

Aktuelle Projekte

Alexander Tschäppät, schreibt im Editorial der im

Eine Tendenz für den Werdegang von künftigen

April 2007 erschienen Publikation «Wohnstadt

Hochhausprojekten in der Peripherie von Bern

Bern – Informationen zur aktuellen Wohnbaupoli-

lässt sich an dem bereits erwähnten Bauvorhaben

tik der Stadt Bern»: «Ja, es dürfen wieder Hoch-

in Hinterkappelen ablesen.

häuser gebaut werden, aber nur dort, wo es wirk-

2005 verabschiedete der Gemeinderat von Wohlen

lich Sinn macht.»

den kommunalen Richtplan, der unter anderem

Primärer Inhalt des regionalen Konzeptes ist die

die Voraussetzungen zur Lösung der unbefriedi-

Ausscheidung von Gebieten, in denen der Bau von

genden Situation des vorwiegend brachliegenden

Hochhäusern «sinnvoll» ist. Dies sind die Aaretal-

Areals des Restaurants Kappelenbrücke bieten

kanten in Siedlungsgebieten, Entwicklungsschwer-

sollte. Der Gemeinderat und ein potenzieller In-

punkte, Restrukturierungs- und Renovationsge-

vestor gaben Studien in Auftrag mit dem Ziel, ein

biete der 1950er- bis 1970er-Jahre, das engere Um-

Richtprojekt zu erhalten. Die einberufene Jury er-

feld der Innenstadt, bestehende Hochhausgebiete,

achtete das Hochhausprojekt der Zürcher Archi-

eingewachsene Grün- und Landschaftsräume, der

tekten Bünzli & Courvoisier als bestmögliche orts-

Innenstadtrand (gemischte Übergangszonen),

bauliche Entwicklung des Brückenkopfs und als

Zentren und Subzentren des städtischen Lebens

optimale Grundlage für die Revision der Über-

und schliesslich Alleen. Eingeschränkt sind diese

bauungsordnung. Das Stimmvolk lehnte die über-

18

scheinbar grosszügig ausgewiesenen Gebiete auf

arbeitete Zonenvorschrift, die ursprünglich zwei-

gie der 1960er-Jahre verschriebene Planung. Das

Der dazu durchgeführte Ideenwettbewerb hat bis

den zusammenhängenden städtischen Raum

geschossige Bauten vorgesehen hatte, im Herbst

massive Bevölkerungswachstum in der Stadt Bern

dato wenig überzeugende Resultate geliefert.

(Stadtkörper) und beschwichtigend in «Möglich-

2007 an der Gemeindeversammlung und nach

verebbte und kehrte sich sogar um, 1974 setzte

Die Totalsanierung eines Hochhauses kann zur

keitsräume», «Ausschlussräume» und «Eventual-

ergriffenem Referendum beim Urnengang vom

eine Rezession ein und immer lauter werdende

Zeit an der Giacomettistrasse beobachtet werden.

räume» eingeteilt.

Juni 2008 ab.

Kritik an Stadtplanungen auf der grünen Wiese

Das 13-geschossige, auf die Tragstruktur zurück-

Das Projekt in Hinterkappelen entspricht von der

keimte auf. Für das Einkaufszentrum fand sich

gebaute Gebäude erhält einen neuen Innenausbau

Standortwahl, der Qualitätsbeurteilung bis zum

kein Investor, es bestand kaum Nachfrage nach

und eine neue Fassade.

Vorgehen bei der Bearbeitung der Zonenvorschrif-

den Mietwohnungen und die Stadt strich aufgrund

Die Bandbreite der erforderlichen Arbeiten ist ent-

der defizitären Lage die Finanzierung der Quartier-

sprechend der Vielzahl an Eigentümern und der

schule. Die Wohnbauten wurden bis auf ein Ket-

unterschiedlichen Qualität der Objekte vielfältig

tenhaus nach mehreren Bauetappen 1979 fertig-

und reicht von eiligst durchgeführten Erneuerun-

gestellt. An der provisorisch anmutenden äusseren

gen der Haustechnik, der Sanitär- und Küchenbe-

Erschliessung der Siedlung lässt sich leicht erken-

reiche bis hin zu Vorhaben für den Abbruch von

nen, dass die Bauten an der Jupiterstrasse Teil einer

Gebäuden.

ursprünglich umfangreicheren Planung bilden. Aktuelles Hochhauskonzept der Stadt und

Zwanziggeschossiges Hochhaus im Tscharnergut Hochhäuser im Tscharnergut, Blick aus der Waldmannstrasse (Fotos: Thomas Telley)

Umgang mit dem Erbe der 1950er- bis 1970er-

Region Bern

Jahre

2006 legten die Stadt Bern und kurz darauf der

Bereits seit einigen Jahren erfahren Berns Hoch-

Verein Region Bern ihre Entwürfe für ein städti-

häuser grössere und kleinere Unterhaltsarbeiten.

sches und ein regionales Hochhauskonzept vor.

Gespannt darf man auf das Tscharnergut blicken.

Dass die Behörden «das heisse Eisen» Hochhaus-

Der Grossteil der Wohnungen ist für heutige Be-

bau wohl nur widerwillig in die Hand genommen

dürfnisse zu knapp bemessen, was eine einseitige

haben, bezeugen beide Schriften in nimmermüde

Mieterschaft und eine schlechte soziale Durch-

werdenden Äusserungen wie «Hochhäuser sind

mischung zur Folge hat. Um diesen Missstand zu

und bleiben Einzelerscheinungen» oder «Ein Hoch-

korrigieren, sind strukturelle Eingriffe notwendig.

haus soll an einem Standort die beste Variante

Bebauung Wittigkofen. Ursprünglich als erster Teil einer Überbauung des oberen Murifeldes geplant. (Fotos: Thomas Telley)

18

Verein Region Bern, Regionaler Richtplan Teil 3.

Heimat heute | 09 | 31

Hochhausarchitektur

30 | Heimat heute | 09

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration

Die Hochhäuser der Siedlungen Schwabgut und Fellergut stossen an Bebauungen aus dem späten 19. und frühen 20. Jh.

Hochhaus am Eigerplatz. Die Fassaden wurden 2006/07 saniert. Totalsanierung des 13geschossigen Gebäudes an der Giacomettistrasse (Fotos: Thomas Telley)

ten den Empfehlungen und Vorgaben des Richt-

• Charles Jencks, The Language of Post-Modern

Köniz – Dorf oder Stadt – oder mehr?

planes des Regionalverbandes Bern. Obwohl sich

Architecture, Rizzoli

Die Agglomeration ist weder Dorf noch Stadt – so

in unmittelbarer Nähe bereits Hochhäuser befinden

• Rem Koolhaas, Bigness, or the Problem of Large

die verbreitete Meinung. Der «Siedlungsbrei» fliesst

und das Projekt eine gute Lösung für ein städte-

in S, M, L, XL, Taschen Verlag

stadtauswärts und bahnt sich seinen Weg dorthin,

bauliches Problem darstellte, hat sich eine Mehr-

• Kevin Lynch, The Image of the City, MIT Press

wo der Widerstand am schwächsten ist, ohne Ge-

zahl dagegen entschieden.

• Anna Meseure, Martin Tschanz und Wilfried

sicht und ohne Identität. Stimmt das tatsächlich

Hochhäuser, weithin sichtbar, stellen in der Regel

Wang, Architektur im 20. Jahrhundert, Schweiz,

oder doch nicht – und was ist das Wesen einer

markante Eckpunkte innerhalb einer Stadt oder

Prestel

Agglomerationsgemeinde?

einer Überbauung dar. Die Gesellschaft begreift

• Aldo Rossi, Die Architektur der Stadt, Bertelsmann

Köniz, eine aus zwölf Ortsteilen bestehende Ge-

solche Fixpunkte im Raum als Ausdruck kollekti-

• Collin Rowe, Fred Koetter, Collage City, Birk-

meinde mit gegen 40'000 Einwohnern, ursprüng-

ven Willens und lässt dominante Symbole einzel-

häuser

lich entstanden aus dem Kirchengut, welches sei-

ner Gruppierungen oder Gesellschaftsschichten

• Dieter Schnell et al., Stadtführer Bern, Wohn-

nerseits eine 1000-jährige Geschichte hat, beweist,

nur selten zu. Demgegenüber steht das Streben

und Siedlungsbau in Bümpliz, Berner Heimatschutz,

dass es auch anders geht: Die Solidarität von städ-

von Initiatoren und Architekten, die im Hochhaus-

Regionalgruppe Bern

tischen und ländlichen Ortsteilen zeigt sich auch

bau nach wie vor die Königsklasse einer Disziplin

• Tom Wolfe, From Bauhaus to Our House, Abacus

im Abstimmungsverhalten. Erhalt und Suche nach

sehen. Es sind also weiterhin gewagte Projekte

• Christoph Bussard, Der Bund vom 24.11.2007,

identitätsstiftender Gestaltung des Wohn- und

und heftig darum geführte Debatten zu erwarten.

17.05.2008, 02.06.2008

Lebensraums zeigen nach Jahren konsequenter An-

• Angelus Eisinger, Gegen den Gang der natür-

strengungen erste Erfolge.

Thomas Telley

lichen Dinge, Werk 7/8 2000

arbeitet als Architekt in Bern

• Michael Koch, Wohnbauten als Stadtbausteine,

1. Vom Gestern zum Heute

Werk Bauen und Wohnen 10, 1995

Die historischen Voraussetzungen prägen das Sied-

Quellen und Literatur:

• Henry J. Schmandt, George D. Wendel, Pruitt-

lungsmuster von Köniz noch heute. Vor dem Ein-

• Max Frisch, Lucius Burckhardt, Markus Kutter,

Igoe, Sozialwohnbau in St. Louis, 1954–1976,

setzen der urbanen Besiedlung ist es durch Dörfer

Achtung die Schweiz, Verlag Felix Handschin, Basel

Werk Archithese 5, 1977

unterschiedlicher Grösse und Ausstattung, durch

• Bernhard Furrer, Aufbruch in die fünfziger Jahre,

• Otto H. Senn, Das Quartier Wittigkofen in Bern,

Weiler und Einzelhöfe, herrschaftliche Landsitze

Verlag Stämpfli & Cie AG, Bern

Das Werk 12/76

sowie durch gewerbliche und industrielle Betriebe

• Überbauung Tscharnergut in Bümpliz, Schweize-

(z.B. Gurtenbrauerei) geprägt. Die flächenmässige

rische Bauzeitung, 75. Jahrgang, Nr. 4, 1957

Ausdehnung und nutzungsmässige Spezialisierung

• Mathis Güller, Michael Güller, Stefan Frietzsche,

setzt vorerst zögerlich mit dem Bau der Gürbetal-

Luiz Santos, Regionales Hochhauskonzept Bern,

bahn (1901) und der Bern-Schwarzenburg-Bahn

Richtplan und Handbuch, Verein Region Bern

(1907) ein. Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts

• Prof. Franz Oswald, AUS Büro für Architektur

entstehen gartenstadtartige Wohnsiedlungen im

und Stadtforschung Bern, Mario Santin, ART-

Liebefeld, Feldegg, Spiegel, Gurtenbühl und in

TOOLS GmbH, Berner Hochhäuser, Eine Studie

Wabern. Infolge der 1899 in Betrieb genommenen

• Alexander Tschäppät, Das regionale Hochhaus-

Gurtenbahn gewinnt der Naherholungstourismus

konzept, Editorial, Wohnstadt Bern, Stadt Bern,

an Bedeutung. Die Agglomerationsentwicklung

Abteilung Stadtentwicklung

setzt sich bis zum Zweiten Weltkrieg nur zögerlich

Wangental setzt im Umfeld der Ortskerne eine

• Regionalverein Bern, Regionaler Richtplan Teil 3,

fort. Im Raum Liebefeld–Waldegg setzt die indus-

Entwicklung als Wohn- und Arbeitsstandort ein.

Hochhauskonzept

trielle Entwicklung ein, in Wabern wird die Gas-

Aus dem Weiler Schliern wird eine Agglomerations-

• Gemeinde Wohlen, Botschaft zur Urnenabstim-

bahn eingerichtet und die Schweizerische Eidge-

überbauung im Stil der «Neuen Stadt» im Furttal.

mung vom 1. Juni 2008

nossenschaft investiert im Liebefeld (Landwirt-

Die Ortsteile in der «oberen Gemeinde» (Gasel,

schaft) und in Wabern (Landestopographie).

Nieder-, Oberscherli, Mittelhäusern sowie zahlrei-

In den letzten 50 Jahren entsteht das urbane Kö-

che Weiler und Einzelhöfe) entwickeln sich unab-

niz mit zusammenhängenden Siedlungsgebieten,

hängig davon eher schwach; sie gleichen durch-

die sich mit dem Stadtgebiet verschmelzen. Im

schnittlichen Schweizer Gemeinden.

Baugebiet begrenzen: Bauzonenrand Schwandenhubel/Schliern, um 2005 Subzentren attraktivieren: Neuhausplatz/Liebefeld, 1996

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration

32 | Heimat heute | 09

Köniz in Zahlen (Stand Ende 2008) Einwohnerzahl per Ende 2008 38’793 Einwohnerentwicklung 2000–2008 + 1332 (+ 3,6%) Grösster Ortsteil (stat. Kreis) Köniz (6’847 Einw.) Kleinster Ortsteil (stat. Kreis) Herzwil (53 Einw.) Beschäftigte 2005 15’256 Beschäftigtenentwicklung 2001–2005 + 365 (+ 2,5%) Bautätigkeit Neuzugang Wohnungen 2008 258 Bautätigkeit Neuzugang Wohnungen Schnitt 1990–2008 160 Landwirtschaftsbetriebe 2008 ca. 150 Durchschnittliche landwirtschaftliche Nutzfläche/Betrieb 2008 17,2 ha Steuersatz Gemeinde 2009 1.54 Steuerertrag/Kopf 2008 2145 Fr. 1. Zonenplan 1936 Rechtskräftige Ortsplanung 1994 Nachbargemeinden: Bern, Neuenegg, Ueberstorf, Wahlern, Wald, Kehrsatz, Oberbalm

3. Emotionen wecken – Identität erhalten und

Konkret bedeutet das für die planerische Arbeit:

Die räumliche Entwicklung von Köniz ist nicht nur

stärken

• Gestaltungsdefizite und mögliche ortsspezifische

ein Erbe der Geschichte. Eine integrale Denkweise

Falls raumplanerische Anstrengungen erfolgreich

prägt die planerische Arbeit der Gemeindeentwick-

sein sollen, müssen sie die «trockene» fachliche

• Massgeschneiderte Spezialplanungen in Gebieten

lung seit Ende der achtziger Jahre. Die Aspekte

Ebene verlassen und Emotionen wecken: Orts-

festlegen, wo das öffentliche Interesse gross ist

der Siedlung, des Verkehrs, der Landschaft und

spezifische Identitäten müssen erkannt, in Projekte

und höhere Anforderungen an die Qualität und

der Infrastrukturen werden möglichst optimal auf-

integriert und umgesetzt werden. Die Aufmerk-

Verfahren zu stellen sind

einander abgestimmt. Die gesamtregionale Ab-

samkeit der Planungsbehörde gilt zunächst dem

stimmung ist in Köniz verinnerlicht und Dauerauf-

öffentlichen Raum, aber auch den Schutzgebieten

gabe – bildet doch die grossflächige Gemeinde

und -objekten sowie den öffentlichen Bauten.

Identitäten erkennen

• Qualitative Verfahren als Grundlage für die neuen Planungsinstrumente durchführen

selbst eine Subregion. Die Gemeinde hat mehrere Subzentren, deren Gestaltung und Entwicklung für

Heute ist Köniz ein bedeutender Teil der Agglome-

samtgemeinde von grosser Bedeutung ist. Die er-

ration Bern mit drei wichtigen radialen Verkehrs-

folgreiche Bewältigung der planerischen Aufgaben-

korridoren – Wangental (Richtung Fribourg), Liebe-

stellungen erfordert zunehmend innovative und

feld/Köniz (Richtung Schwarzenburg) und Wabern

massgeschneiderte Lösungsansätze. Diese basieren

(Richtung Aare- und Gürbetal) –, hat annähernd

auf bestehenden Strukturen und werden wenn

40’000 Einwohner in insgesamt zwölf Ortsteilen

immer möglich und sinnvoll in Form von Szenarien

und ist gemäss statistischer Definition eine mittle-

entwickelt. Die baulichen Handlungsspielräume

re Schweizer Stadt. Sie empfindet sich jedoch nicht

sind durch die bestehende Bauzone bewusst limi-

als solche, obschon die EinwohnerInnen der zwölf

tiert. Zukünftig wird verstärkt nur noch an gut

Ortsteile fast durchwegs solidarisches Verhalten an

erschlossenen Lagen gebaut. Innerhalb des über-

den Tag legen (Abstimmungsverhalten zu Sach-

baubaren Gebiets werden die Anforderungen an

fragen). Die wesentlichen Wachstumsimpulse er-

künftige Planungen, Bauten und Anlagen situa-

hält sie nach wie vor durch die Stadt bzw. Agglo-

tionsbezogen variieren. Erstmals hat sich die Ge-

meration Bern.

meinde Köniz mit dem Raumentwicklungskonzept (REK) auf eine räumlich-strategische Konzeption festgelegt. Das REK bildet die Vision und das Grundgerüst für die aktuelle Ortsplanungsrevision. Räumliche Entwicklung steuern bedeutet in Köniz: • Baugebiet begrenzen • Bauen an gut erschlossenen Lagen fördern • Bestehende Siedlungsstrukturen in der Qualität verbessern und massvoll verdichten

In unüberbauten Gebieten verdichtet bauen: Siedlung Strassweid/Mittelhäusern, 2005

Heimat heute | 09 | 33

2. Vorausschauend planen und bewusst steuern

die Attraktivität und das Funktionieren der Ge-

Noch vorhandene Brachen umstrukturieren: Station Liebefeld, 2009

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration

• Zentrum Köniz weiter stärken und städtebaulich aufwerten • Subzentren attraktivieren • Noch vorhandene Brachen umstrukturieren • In unüberbauten Gebieten verdichtet bauen

Schaffen neuer ortsspezifischer Identitäten: Richtplan Städtebau Zentrum Köniz/Liebefeld, 1998

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration

34 | Heimat heute | 09

Neugestaltung des Könizer Ortszentrums: Fotos um 1910, 2000 und 2005.

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration

für die planerische Umsetzung. Damit verbunden

In den stadtnahen Teilen der Gemeinde gibt es

war die Aufwertung der Zentrumsbauten und

mehrere gartenstadtähnliche Wohnsiedlungen,

Strassenräume, das Erhalten der Verkehrskapazitä-

z.B. im Liebefeld, auf dem Gurten, im «Spiegel-

ten bei gleichzeitigem Verbessern der Verträglich-

dörfli», im Eichholz usw. In der Ortsplanung sind

keit, künstlerische Gestaltung der Strassenräume,

diese Teilgebiete konsequent als «Siedlungsschutz-

Behindertengängigkeit usw.

gebiete» bezeichnet worden, haben Spezialver-

Städtebauliche Dimensionen waren im Perimeter

fahren durchlaufen und spezielle Vorschriften

des Entwicklungsschwerpunkts (ESP) Liebefeld zu

(meistens Überbauungsordnungen) erhalten.

bearbeiten. Deshalb wurde zunächst ein städtebau-

Deren Hauptzweck besteht nicht nur im Schutz

licher Wettbewerb über das Gesamtareal, später

der Siedlungsstruktur, sondern im Regeln von

mehrere Projektwettbewerbe für Wohnen, Park

«bausteinartigen» Entwicklungsmöglichkeiten für

und Arbeitsnutzung durchgeführt. Die Gemeinde

neue Wohnbedürfnisse. Als Grundsatz gilt: «Nach

und die Eidgenossenschaft sind die Hauptbeteilig-

einheitlichen Kriterien erstellte Siedlungen sollen

ten; sie treiben die Realisierung der Hauptnutzun-

nach ebensolchen Kriterien erneuert werden.»

Heimat heute | 09 | 35

«Spiegeldörfli»: schematische Darstellung von bausteinartigen Entwicklungsmöglichkeiten, Überbauungsordung von 1997

gen seit Jahren voran, die Resultate werden nun sichtbar.

4. Politische Abstützung und Durchsetzung –

Im Grenzgebiet der Gemeinden Bern und Köniz,

Partizipation

im Raum Weissenstein–Neumatt ist ein neues

Es ist nicht selbstverständlich, dass die Gemeinde

Quartier entstanden. Basis dafür war ein Gutach-

Köniz mit zwölf eigenständigen, aber unterschied-

terverfahren der beiden Gemeinden sowie ein

lichen Ortsteilen (in Stadtnähe und ländlich ge-

Die Gemeinde Köniz verfügt über ein differenzier-

privater Architekturwettbewerb. Die planungs-

prägt) regelmässig positive Abstimmungsresultate

tes System von Institutionen und Mitwirkungs-

rechtliche Grundlage bildet je eine Überbauungs-

in Planungs- und Infrastrukturfragen verzeichnet.

verfahren, welche je nach Verfahrensschritt bzw.

ordnung beidseits der Gemeindegrenze. Für die

Seit 1993 haben alle Planungsgeschäfte jeweils

-ebene zur Anwendung gelangen. Nebst den ge-

im Quartier anzusiedelnden ca. 1200 Einwohner-

im ersten Anlauf die Volksabstimmungen passiert.

wählten Vertretungen in Gemeinderat und Parla-

Innen ist nicht nur die Infrastruktur, sondern eben-

Wie wird das erreicht?

ment werden verschiedene Gremien eingesetzt:

so die Gestaltung des öffentlichen Raums (Grünbe-

Bei gesetzlich vorgeschriebenen öffentlichen Mit-

reiche, Bach usw.) sicherzustellen. Einen Glücksfall für die künftige Entwicklung bildet das Areal der In Köniz sind ab 1994 zahlreiche Teilgebiete be-

ehemaligen Fabrik VIDMAR, welches dank umfas-

zeichnet worden, in welchen vor dem Einreichen

sender Umgestaltung und Erschliessung eine Viel-

eines Baugesuchs mehrere qualitative Hürden zu

zahl neuer Nutzer (u.a. das Stadttheater Bern) an-

nehmen sind. In den als «Zone mit Planungs-

gezogen hat, welche das neue Quartier beleben.

pflicht» (ZPP) bezeichneten Gebieten werden die

Das ehemalige Areal der Gurtenbrauerei hat dies-

Vorschriften einerseits gelockert (z.B. höhere Ge-

bezüglich eine analoge Vergangenheit – und wo-

schosszahl bzw. Ausnützung) und andererseits mit

möglich eine ebenso positive Zukunft vor sich.

griffigen gestalterischen und verfahrensmässigen

Nach dem Wegzug der Hauptnutzer (um ca. 1995)

Auflagen ergänzt. Das Zentrum Köniz/Liebefeld

führten die künftigen Investoren mit Beteiligung

ist eines der komplexeren Gebiete der Gemeinde:

der Gemeinde qualitative Verfahren durch, welche

Die Gestaltung des öffentlichen Raums, experimen-

der Erhaltung der ortsspezifischen Bauten und

telle neue Verkehrslösungen, Neu- und Umbauten

Räume, aber auch der Entwicklung neuer Nutzun-

für die Öffentlichkeit und für Private, die Beteili-

gen (Wohnen, Dienstleistungen, Kleingewerbe)

gung zahlreicher Partner stellten hohe Anforderun-

dienen. Die daraus entwickelten massgeschneider-

gen. Um das vorhandene bauliche Erbe mit den

ten Zonenvorschriften dienen dazu, in den nächs-

komplexen Anforderungen in Einklang zu bringen,

ten Jahren die bauliche Nutzung etappenweise zu

dienten mehrere Architekturwettbewerbe als Basis

realisieren.

Neue Nutzung und Gestaltung für Industriebrache: Areal Gurtenbrauerei, 2005

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration

36 | Heimat heute | 09

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration

Heimat heute | 09 | 37

Aufwertung des Subzentrums Niederwangen: Illustration der «Türme» bei der S-Bahn-Station Niederwangen/Wangenbrüggli, 2006

Strukturplan der Gemeinde Köniz (Quelle: Raumentwicklungskonzept 2007)

wirkungsverfahren setzt Köniz auf eine Kombina-

Entwicklung eines neuen, grenzüberschreitenden Quartiers: Weissenstein/ Neumatt (Gemeinden Bern und Köniz), 2009

Bei der Gesamtrevision der Ortsplanung 1987 bis

tion von engagierten Mitwirkungsgremien, öffent-

1993 hat eine parlamentarische Kommission die

lichen Veranstaltungen und professionell unter-

Geschäfte bis zur Beschlussreife vorbereitet. Die

stützter Medienarbeit unter Einbezug des Inter-

planerischen Schwerpunkte wurden so lange aus-

nets. Der offene Dialog ist das Leitmotiv, Inputs

tariert, bis sie mehrheitsfähig waren und sowohl

von Fachleuten und Reaktionen aus der Bevölke-

ortsspezifische als auch politische Eigenheiten be-

rung befruchten sich gegenseitig.

rücksichtigten. Damals wie heute muss die Gemeindestruktur mit den städtischen bzw. ländlich geprägten Ortsteilen angemessen berücksichtigt werden. Bei der Zuweisung der Nutzungszonen spielt jeder Ortsteil den ihm angemessenen Part – damit wird vermieden, dass z.B. überall Kern-, Industrie- und Gewerbezonen ausgeschieden wer-

Für die fachliche Beurteilung der komplexen Pla-

Die letzte Ortsplanungsrevision dauerte von 1987

nungs- und Bauvorhaben hat der Gemeinderat

bis 1993 und wies folgende Schwerpunkte auf: Re-

1994 eine Bau- und Planungskommission mit acht

duktion des Siedlungsgebiets um etwa 320 Hek-

externen Fachleuten eingesetzt, welche sich sehr

taren (entspricht ca. 30%), Instrumentarium für

bewährt hat. Die Kommission berät die Direktion

qualitatives Wachstum im Innern, differenzierter

und den Gemeinderat in definierten Belangen; sie

Landschaftsschutz mit Finanzhilfen für die Bewirt-

beurteilt u.a. sämtliche Vorhaben bei Schutzobjek-

schafter, neues Baureglement mit situationsgerecht

ten und in Schutzgebieten, wobei eine enge Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege eingespielt ist. Entscheide der Kommission werden mit der Bauherrschaft und den beauftragten Architekten besprochen, womit die Akzeptanz

Stimmungsbild einer öffentlichen Veranstaltung zu einem raumplanerischen Geschäft 2007

spürbar verbessert wird.

den. Bei der Umsetzung planerischer Inhalte von Nutzungs- und Richtplänen hat sich die Form von ständigen Begleitkommissionen für die Ortsteile Köniz/Liebefeld bzw. Wangental bewährt. Diese bestehen aus Vertretungen lokaler Ortsvereine, Organisationen und Parteien sowie Fachleuten der Verwaltung und werden von der zuständigen Direktionsvorsteherin geführt. Die Kommissionsarbeit garantiert kurze, direkte Wege und rasche Reaktionen auf behördliche Absichten und Entscheide.

5. Ortsplanung als langfristiges Planungsmittel und Standortmarketing Ortsplanungen bzw. -revisionen dienen als «Marschhalt» und als Umsetzungsprogramm für die jeweils nächsten 15 Jahre, basieren somit auf langfristiger Optik. Die in mehrere Arbeitsphasen gegliederte Planung führt am Schluss zu behördenverbindlichen Richtplänen und grundeigentümerverbindlichen Nutzungsplänen. Richtpläne dienen als «Kompass» für die Exekutive, Nutzungspläne insbesondere der Rechtssicherheit für die Betroffenen (Grundeigentümer, Bauwillige, Nachbarn usw.).

Neu-/Umbau der BMW Garage Marti in Niederwangen: Beispiel einer geglückten Beratung der Bau- und Planungskommission – alle Beteiligten sind überzeugt von einer Verbesserung des ursprünglichen Projekts 2009.

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration

38 | Heimat heute | 09

liberalisierten bzw. griffigen Vorschriften und der

erklärt, wonach die heute rechtskräftige Bauzone

Rechtsgrundlage für die Bau- und Planungskom-

nicht erweitert werden soll.

mission.

Ein weiteres Thema stellt die Abstimmung von

Die aktuelle Ortsplanungsrevision basiert auf Be-

Siedlung und Verkehr dar: Neue Tramlinien nach

völkerungsszenarien (Entwicklung von heute ca.

Schliern und nach Kleinwabern sowie der Ausbau

39’000 auf 42’000 bis 45’000 EinwohnerInnen),

des S-Bahn-Netzes werden die Entwicklung und

einem Raumentwicklungskonzept, Leitlinien und

die städtebauliche Gestaltung der stadtnahen Ge-

Richtplänen. Die Randbedingungen werden jedoch

biete (mit)bestimmen.

vermehrt durch regionale Entwicklungsvorstellun-

Ebenso wichtig wird der Erhalt bzw. die Aufwer-

gen bestimmt. Der regionale Richtplan «Siedlung

tung der Subzentren in Kleinwabern, Liebefeld,

und Bevölkerung» sieht eine im Vergleich zu bis-

Spiegel, Schliern, Niederwangen und Thörishaus

her stärkere Entwicklung vor – obschon Köniz in

sein, welche aufgrund der Umstrukturierungen im

den vergangenen 15 Jahren bereits ein überdurch-

Detailhandel und bei den Dienstleistungen sub-

schnittliches Wachstum in Bezug auf Wohnungen

stanziell gefährdet sind und neue planerische und

und Arbeitsplätze aufwies. Die Gemeinde Köniz

gestalterische Überlegungen erfordern.

wird sich damit auseinandersetzen müssen, denn

Das Standortmarketing wird für Gemeinden, ins-

das Parlament hat bereits eine Motion erheblich

besondere solche in der Agglomeration, zuneh-

Köniz – Starke Identität in der Agglomeration

Heimat heute | 09 | 39

Ausschnitt aus dem Agglomerationsprogramm 2008: neue öV-Verbindungen (Tram, S-Bahn usw.)

mend wichtiger. Die Ortsplanung kann dazu einen

ken (Gross-Bern?). Wie auch immer die künftige

bedeutenden Beitrag leisten. Da planerische Mass-

politische Entwicklung verläuft – Köniz könnte als

nahmen grundsätzlich langfristig wirken, bilden

Vorbild für eine künftige gesamtregionale Politik

sie ein bedeutendes Potenzial für das Standort-

und Raumplanung dienen, da die grossflächige

marketing der Gemeinde.

Gemeinde selbst eine Subregion mit einzelnen teilautarken Subzentren ist, welche untereinander

6. Künftige politische Entwicklungen – Position von Köniz in der Agglomeration Schliesslich stellt sich die Frage, welche Stellung und Funktion Köniz künftig im gesamtregionalen Rahmen einnehmen wird? Zunächst spielt Köniz als eine der grössten Gemeinden in der ab 2010 funktionierenden Regionalkonferenz Bern-Mittelland zusammen mit der Stadt und den übrigen Kerngemeinden eine bedeutende Rolle. Langfristig können sich Fusionsüberlegungen im Raum Bern auch auf die Gemeinde Köniz auswir-

solidarisches Verhalten beweisen. Manfred Leibundgut ehemaliger Gemeindeplaner Köniz, dipl. Arch. ETH/SIA, Raumplaner FSU Thomas Furrer Gemeindeplaner Köniz, Raumplaner FH/FSU, REG A

Ausschnitt aus dem regionalen Richtplan «Siedlung und Bevölkerung» 2008 (Illustrationen: Planungsabteilung Köniz und Manfred Leibundgut)

Heimat heute | 09 | 41

40 | Heimat heute | 09

Sulgenbach – einst und jetzt

Gummerslochs, wo jahrzehntelang Hauskehricht

einigermassen naturnah gebliebene Gurtentäli und

und Bauschutt abgelagert wurde, Renaturierungen

nimmt bei dieser Gelegenheit eine ganze Anzahl

im Gang, zum andern sollen im Bereich der Neu-

weiterer, von Gurten und Ulmizberg her kommende

baugebiete Weissenstein–Neumatt im Grenzraum

Rinnsale auf. Bei der Einmündung des Margeltälis,

von Liebefeld und Bern ein paar Teile des längst

dessen Name seinerseits auf einen ausgewasche-

eingedolten Gewässers freigelegt werden. Dies

nen bzw. ausgemergelten Graben zurückgeht, ge-

gibt Anlass zu einem «imaginären» Spaziergang

mahnte dann bis vor kurzem eine geschnitzte

entlang seiner einstigen, sich rund zehn Kilometer

Eschenholztafel an den früheren «Chorberegge»,

weit hinziehenden Gestade und zum Stöbern in

wo der Überlieferung gemäss Rüschegger Korb-

der Vergangenheit dieser Lebensader verschiede-

macher zu rasten pflegten. Es waren dies Ange-

ner Könizer und Berner Quartiere.

hörige einer zusammengewürfelten Gesellschaft,

Die Wiege des Sulgenbachs, dessen Name auf das

die zu Zeiten, da der Kanton seinen Armengenös-

althochdeutsche «Solega» = Lache oder Pfütze zu-

sigen im Schwarzenburgerland Parzellen zur Ver-

rückgehen soll, befindet sich in der Nähe von

fügung stellte, des öftern als eine Art Fahrende

Kühlewil in der Gemeinde Wald. Kurz nach einem

mit Handwagen unterwegs waren und hier nebst

reizvollen Wasserfall inmitten von Nagelfluhfelsen

einem Schlafplatz auch gleich Weidenruten und

und der Vereinigung mit einem ersten kleinen Sei-

Wasser zur Ausübung ihres Handwerks vorfanden.

tenbach muss sich das lauschige Rinnsal, in dem

Menschlicher Einwirkung zu verdanken ist an-

sich einst Forellen und Krebse tummelten, dann

schliessend ein Biotop, welches Ende des 20. Jahr-

bereits durch künstlich geschaffene Betten zwän-

hunderts in der Nachbarschaft des Reit-Eldorados

brunnenartige Rinne zwischen Katholischer Kirche,

gen. Immerhin führt sein Weg jetzt zumindest

durch Aufschüttung eines kleinen Stauwalls zwecks

Altersheim und Gemeindebibliothek den alten

teilweise über hölzerne Schwellen und nicht mehr,

Verhinderung von Überschwemmungen bei star-

Wasserlauf symbolisch aufleben.

wie während der Abfalldeponierung von 1968 bis

ken Regenfällen entstand.

Im Liebefeld, im Gebiet der der heutigen BLS-Ge-

1999, durch finstere Röhren wie den eigens ge-

Ursprünglich durchquerte der Sulgenbach hierauf

leise, passierte er ein paar weitere Gewerbebetrie-

schaffenen, fast einen Kilometer langen Stollen.

die Siedlungsgebiete von Köniz und Liebefeld, und

be. Anschliessend durchquerte er ein Moränen-

Vom Althüsli an durchfliesst der Bach dann das

zwar ungefähr entlang der Routen der heutigen

gebiet, wo bis vor kurzem Kies abgebaut wurde.

Sulgenbach-Weiher als «Lebensader» des Könizer Stapfen-Friedhofs

Symbolischer Sulgenbachlauf neben Könizer Stapfenstrasse

Stapfen-, Schwarzenburg- und Könizstrasse. Auf der Höhe des Bachtelengrabens ausgangs des GurNaturnaher Sulgenbach zwischen Kühlewil und Gummersloch Renaturierter Sulgenbachlauf im Bereich der einstigen Deponie Kegul im Könizer Gummersloch

In der Sulgenau im Berner Mattenhof entstanden

tentälis indessen wurde er früh schon umgeleitet.

in den letzten Jahren beidseits der Monbijoustrasse

Über einen kleinen, an eine Walliser Bisse gemah-

markante Neubauten. Sowohl das lang gezogene,

nenden Kanal wurde er Wasserrad-getriebenen

an einen Ozeandampfer gemahnende Bürogebäude

Gewerben wie der Mühle und der Öle am Könizer

namens Titanic als auch der Verwaltungsbau an

Schlosshügel zugeführt und anschliessend, verei-

der Eigerstrasse 57 und die daran anschliessenden

nigt mit dem Dorf- oder Moosbach, am Rande des

Wohnhäuser am Scheuerrain machen dabei ver-

Bläuackerguts einer Säge nutzbar gemacht, woran

gessen, dass hier einstmals ein eigentlicher Talein-

bis heute der Name des angrenzenden Quartiers

schnitt, der bis zur Aare im Marzili reichte und an

erinnert. In den 1970er-Jahren vorgenommene

den bis heute die eigenartig tiefe Lage der einsti-

Strassenausbauten und Friedhoferweiterungen

gen Parkettfabrik nahe des Eigerplatzes gemahnt,

brachten aber diese künstlich geschaffenen Trassie-

die Topographie geprägt hatte – das Tal des Sul-

rungen – und mit ihnen zahlreiche Brücklein ent-

genbachs, auf welches die Namen verschiedener

lang der Sägestrasse – ihrerseits zum Verschwinden.

umliegender Strassen zurückgehen.

Dafür fliesst ein Teilstück des Bachs jetzt unterhalb

Just dieser Tage wird demgegenüber derselbe Sul-

der Sandwürfi durch den neuen, um 1978 ange-

genbach «wiederentdeckt». Zum einen sind wenig

legten Friedhof und speist daselbst einen Teich.

unterhalb seiner Quelle im Gebiet des Könizer

Ausserdem lässt neben der Stapfenstrasse eine

Ehemalige, 1976 abgebrochene Könizer Mühle an der Schwarzenburgstrasse 291

Sulgenbach – einst und jetztBauberatung

42 | Heimat heute | 09

Hochkamin der einstigen Kapselfabrik im Liebefeld, bestehen geblieben bis Ende des 20. Jahrhunderts

Erhalten gebliebener Bau der einstigen Könizer Öle an der Schwarzenburgstrasse 289A

Sulgenbach – einst und jetzt

Östlich des Holligen-Schlosses, dessen Ursprung

Zeugen des einstigen Fleckens Obersulgen aller-

ins Hochmittelalter zurück reicht und das früher

dings sind rar. Erhalten blieb immerhin das Brun-

mal an den Ufern eines ausgedehnten, längst aber

nenpumpenhaus hinter der Brunnmatt-Schule,

trockengelegten und bloss noch in Gestalt des aus-

welches 1585 erstmals erwähnt wird und 1730 Er-

betonierten Weyermannshaus-Bads fortbestehen-

neuerungen erfuhr. Nachdem es bis 1911 in Betrieb

den Sees gelegen war, floss dann Wasser aus dem

stand, dient es heute als Kinderhort. Nach wie vor

Wangental zu. Teile des Letzteren allerdings wur-

gibt es sodann das Äussere Sulgenbachgut an der

den bereits 1249 als Stadtbach Richtung Nydegg

Brunnmattstrasse 50, das aus dem 17. Jahrhundert

umgeleitet. Der Unterlauf des Sulgenbachs

stammt und als Hopfgut bekannt ist. Bis 1970

schliesslich, der streckenweise in zwei Kanäle

erinnerten zudem ein paar scheunenartige, früher

unterteilt war, folgte ungefähr der Linie der heuti-

unter anderem als Mühle und als Unterkunft von

gen Schwarztorstrasse, jener des nahen Philoso-

Postfourgons und Pferden genutzte Bauten beim

phenwegs und im Anschluss daran jener der heu-

Tramhalt Brunnhof an eine dörflichere Vergangen-

tigen Eigerstrasse und der unteren Sulgeneckstras-

heit. Der Abbruch der letzten Teile einer Mühlen-

se. An ihm befanden sich die Siedlungen Ober-

siedlung zwischen Veieli- und Engländerhubel zu-

und Niedersulgen, die schon vor der Gründung

folge Verlängerung der Schwarztorstrasse zum

Berns bestanden hatten. 1346 ins Stadtrecht auf-

Loryplatz liegt dagegen bald 60 Jahre zurück.

genommen, gehörten diese bis gegen Ende des

Für Niedersulgen gilt Ähnliches. 1957 beispiels-

19. Jahrhunderts zu den dichtest bewohnten

weise kam an die Stelle des legendären Scheuer-

Gebieten ausserhalb der Stadtmauern. Ein Teil des

mattguts östlich des Eigerplatzes ein mächtiger

ren Gebäude an der Schwarzenburgstrasse 289A

Bachs floss schliesslich auf direktem Weg zur

Wohnblock zu stehen. Wenig später verdrängte

erhalten blieb, und der Säge, die bis 1961 bestand.

Aare, derweil ein grösserer Arm bis 1880 das Mar-

das Eiger-Hochhaus eine Anzahl weiterer, einst-

Im Liebefeld machten sich Firmen wie die Färberei

zilimoos durchquerte, zum Schluss die so genannte

mals Quartierbild-prägender Altbauten. Zu Ende

von May, die im 18. Jahrhundert aus einer Bleiche

Inselmühle antrieb und bei der Akademischen

mit dem ländlichen Charakter dieses Stadtteils ging

hervorgegangen war und bis 1890 unter verschie-

Badanstalt, wo sich jetzt die Dalmazibrücke befin-

es dann insbesondere, als die Häuser im Gebiet

denen Namen erwähnt wird, und die Kapselfabrik,

det, ausmündete.

des Giessereiwegs gegenüber dem Sulgenbach-

welche bis zum Umzug nach Wimmis in den 1890er-

Schulhaus, die vorwiegend aus dem 17., 18. und

Jahren Patronenhülsen herstellte und deren Fabrik-

19. Jahrhundert stammten, zwischen 1969 und

schlot inmitten des Geländes der Baustoff-Firma

1980 abgebrochen wurden. Zumal 1984 auch der

Hunziker bis vor kurzem zu sehen war, die Wasser-

reizvolle, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts

nähe nutzbar. Und möglicherweise tat dies auch

erbaute Frisching-Stock unterhalb der Sulgenau

die Brauerei Ostermann, die im 19. Jahrhundert

einem Neubau weichen musste und 2005 die ver-

über einige Zeit hinweg im Restaurant Landhaus

bliebenen Altliegenschaften im lauschigen, von

beheimatet war. An der Waldeggstrasse gab es im

Sulgen- und Scheuerrain erschlossenen Taleinschnitt

übrigen während langer Zeit eine Grundwasserfas-

samt einem idyllischen Rieghaus, das bestens ins

sung. Die allseits bekannte Carba dagegen dürfte

Umfeld eines Emmentaler Seitengrabens gepasst

ihren dortigen Standort nicht in erster Linie wegen

hätte, verschwanden.

des Wasserlaufs, sondern wegen der 1907 eröffne-

Anders als heute, wo er weitgehend ungenutzt der

ten Schwarzenburgbahn gewählt haben.

Aare zufliesst und diese durch einen Stollen, der

Im Mattenhof wiederum, wo gleichermassen Was-

von Schmutzwasserleitungen getrennt ist, bei der

serfassungen und Sodbrunnen bestanden, wurden

Dampfzentrale im Marzili erreicht, diente der Sul-

die Dienste des Sulgenbachs von der Mechani-

genbach indes bis ungefähr vor hundert Jahren

schen Werkstätte Friedli, der Gerberei Schalch, der

einer Vielzahl von Gewerben als Kraftspender. In

Handelsgärtnerei Bratschi, der Parqueterie Ruefli

Köniz war dies bei der erwähnten, 1976 abge-

– welche nach einem Brand um 1894 einen stets

brochenen Mühle der Fall, ferner bei der Öle, de-

noch bestehenden Bau im Sichtbackstein-Stil er-

Heimat heute | 09 | 43

Brunnenpumpenhaus aus dem 16./18. Jahrhundert an der Brunnmattstrasse 10

Das Äussere Sulgenbachgut, auch Hopfgut genannt, an der Brunnmattstrasse 50

Die einstige Rössli-Mühle am Giessereiweg 20, wo die Geländeunterschiede zwischen der 1910 angelegten Monbijoustrasse und dem Sulgenbach-Talgrund deutlich zutage traten.

Altbauten im Sulgenbachgraben als späte Relikte der einstigen Siedlung Niedersulgen, 1967: links das «Henzi»-Haus , dahinter die Liegenschaften Giessereiweg 27 und Eigerstrasse 43–45 und, höher gelegen, Eigerstrasse 42.

Sulgenbach – einst und jetzt

44 | Heimat heute | 09

Heimat heute | 09 | 45

Sulgenbach – einst und jetzt

Frisching-Stock aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts am Sulgenrain 14, abgebrochen 1983.

stellte – und von der Wagnerei Marti, um nur ein paar Beispiele zu nennen, in Anspruch genommen. Zudem trieb der Bach die Radwerke von mindestens neun Mühlen an, deren markanteste, die so genannte Rösslimühle mit der hübschen Riegfassade in der Nachbarschaft des heutigen «Contact»Hauses, 1969 Verbreiterungen der Monbijoustrasse weichen musste. Entsinnen dürfte sich manch ein Berner aber vor allem der Mechanischen Werkstätte

Überreste der einstigen Tuchfärberei gegenüber Sulgenbach-Schulhaus mit freigelegten Tröckneräumen während Abbruch der EmchHäuser, Eigerstrasse 37–45, 1969.

Emch, die einstmals selber Mühlen baute, ab den

die Tröckneräume einer auf Wasser angewiesenen

ten, dem elektrischen Betrieb vorausgegangenen

rungen und anschliessendem Wiederaufstieg ein-

1930er-Jahren dann zur Konstruktion von Förder-

Indienne-Textilfärberei beherbergte. Legendär ist

Dampftraktion eine Betriebsart nach dem Vorbild

geschlagen werden. Erleichterung brachte zu Be-

anlagen und Aufzügen überging und 1969 ihren

im übrigen das «Henzi»-Haus, in dessen Räumen

der eben verwirklichten Linie Bärengraben–Fried-

ginn des 18. Jahrhunderts die Anlage eines zusätz-

Sitz von der Senke neben Monbijou- und Eiger-

1749 eine erfolglose Verschwörung gegen die

hof mit komprimierter, in speziellen Wagenkam-

lichen, den Bach in der Nähe des heutigen Eiger-

strasse nach Bümpliz verlegte. In Erinnerung ge-

Berner Regierung stattgefunden haben soll. Dieser

mern mitgeführter Luft vor. Und da die hierfür not-

platzes beim so genannten Berseth-Gut querenden

blieben sein mag vielleicht auch der benachbarte

Riegbau am Giessereiweg 22 wurde 1977 unter

wendige Pumpstation für den Fall, dass dem Tram

Teilstücks der Wabernstrasse. Dieses wurde später

Holzbau an der Eigerstrasse 37, welcher einstmals

Leitung des Architekturhistorikers Ulrich Bellwald

vorzeitig die Luft ausging, zumindest mit Hilfe der

zu Bestandteilen von Sulgenbach- und Eigerstrasse.

fachgerecht zerlegt und 1981 im Gebiet des Wit-

Schwerkraft erreichbar sein musste, wurde für eine

tigkofen-Schlosses wieder aufgebaut. Eine Giesse-

solche am tiefsten Punkt der Strecke Land erwor-

rei, die sich 1855 am Sulgenbach niedergelassen

ben! Der eigentliche Eigerplatz entstand dann da-

hatte, gab ihrerseits dem gewundenen Erschlies-

selbst – und mithin an einer Stelle, wo sich zuvor

sungssträsschen der Untersulgener Gewerbesied-

eine bedeutende Brücke befunden hatte. Später

lung seinen Namen. Erwähnung verdient schliess-

übernahm auch der Tramhalt, der ursprünglich «Sul-

lich die Weinkellerei Balsiger im Sulgenhof am

genbach» hiess, seinen Namen.

untersten Bachabschnitt. Deren zugehörige

Dass der Sulgenbach im Laufe der vergangenen

Sauerkrautfabrik nämlich trug dem angrenzenden

hundert Jahre auf Stadtgebiet so gut wie vollstän-

Scheuerrain den Übernamen «Suurchabisser» ein,

dig im Untergrund verschwand, ist hauptsächlich

und dieser blieb nach dem Umzug der Firma nach

eine Folge des Baus von Übergängen und Strassen

Kehrsatz in den 1960er-Jahren noch lange ge-

in seinem Umfeld. Solche gab es ursprünglich nur

läufig.

wenige. Im 17. Jahrhundert bestand in der Nähe

Der Standort der Depots und Werkstätten der

des alten Bern bloss eine Brücke im Gebiet des

Strassenbahn am Eigerplatz hat im übrigen eben-

Sulgenhofs. Für den Weg vom westlichen Stadt-

falls mit dem Sulgenbach zu tun. Erste Pläne für

ausgang nach dem Gürbetal musste deshalb wohl

ein Tram, das von der Länggasse via Mattenhof

oder übel die Route der heutigen Strassenzüge

nach Wabern führen sollte, sahen nämlich zu Be-

Sulgeneckstrasse, Sulgenrain, Scheuerrain und

ginn der 1890er-Jahre statt der letztlich gewähl-

Wabernstrasse samt Abstieg in erhebliche Niede-

Sulgenbachtäli, auch «Emch-Graben» genannt, zu Beginn der Bauarbeiten für das Bürohaus «Titanic» im Dezember 1992: Die Pfeiler der Eigerstrasse links stehen auf dem ursprünglichen Geländeniveau!

Aufzügefabrik Emch im Sulgenbachgraben, 1967. Im Hintergrund Uhrturm des Sulgenbach-Schulhauses und Eiger-Hochhaus.

Bürohaus «Titanic» in Gestalt eines riesigen, das ganze dortige Sulgenbachtäli füllenden Ozeandampfers.

Heimat heute | 09 | 47

Sulgenbach – einst und jetzt

46 | Heimat heute | 09

Bern baut

Rieghaus am Sulgenrain 16, idyllisch eingebettet in die Hoflandschaft von Häusern der Monbijoustrasse und des Giessereiwegs, abgebrochen 2005.

interessanterweise von Grundwasserproblemen be-

Der neue Hochparterre-Architekturführer durch

gleitet war, wurde das Gebiet des einstigen «Emch-

die Bundesstadt

Grabens» um 1993 endgültig ausnivelliert. Immerhin blieben Pläne, die noch weiter gehende

«Bern baut» ist ein Architekturführer durch die

Landschaftsveränderungen zur Folge gehabt hät-

Stadt Bern und ihre Nachbargemeinden.

ten, in der Schublade – solche, die in den 1970er-

Präsentiert werden rund 80 wichtige Bauten, die

Jahren im Gebiet des untersten Talabschnitts

zwischen 1990 und 2010 entstanden oder derzeit

einen Viadukt als Verlängerung der Wabernstrasse

im Bau sind.

nach dem Stadtzentrum und daneben den Bau

Jedes Objekt wird auf einer Doppelseite mit Text,

eines Hochhauses vorsahen…!

speziell für diese Publikation angefertigten Farbfotografien, Grundriss und Schnitt sowie einem

Die diesjährige Schoggitaler-Aktion unterstützt

Steckbrief mit den wichtigsten Fakten dargestellt.

neue Nationalpärke und Naturpärke. Erst seit 2007

Quellen und Literatur:

Die Texte machen neben dem Baubeschrieb und

hat die Schweiz gesetzliche Grundlagen, welche

• Fritz Brechbühl/Mattenhof-Leist, Mattenhof-

architektonischer Kritik auch kulturpolitische und

die Schaffung dieser grossen Schutzgebiete in drei

Chronik,1972

planerische Zusammenhänge deutlich. Zudem

Kategorien ermöglichen: Derzeit gibt es zwei Pro-

• Holligen-Chronik

werden einige Klassiker des 20. Jahrhunderts knapp

jekte für neue Nationalpärke, zwei Dutzend Pro-

• Michael Stettler, Sulgenbach, 1992

in Text und Bild vorgestellt. Ein Essay verhandelt

jekte für Regionale Naturpärke und einige Projekte

• Kunstführer der Schweiz, Band 3

Bern-spezifische Aspekte zeitgenössischer Archi-

für Naturerlebnispärke verteilt in der ganzen

Rolf Hürlimann

Hier ist der Sulgenbach noch stets präsent: Strassentafeln aus dem Mattenhofquartier.

• Berchtold Weber, Strassen und Namen am

tektur und Planungen und zieht die wichtigsten

Schweiz. Zusammen mit den Regionen engagiert

Mit der Parzellierung der grossen Landgüter im

Beispiel der Gemeinde Bern, 1990

historischen Linien.

sich Pro Natura dafür, dass die Pärke für Mensch

Bereich des «natürlichen», nicht vom Lauf der Aare

und Natur Gewinn bringen.

• Otto Büssard, Köniz – Bilder aus der Vergangen-

Nach Stadtvierteln in Kapitel aufgeteilt, lässt das

behinderten Erweiterungsgebiets der Stadt und

heit

Buch praktische Routen für Spaziergänge entste-

der damit verbundenen Schaffung eines Strassen-

• Stadtpläne und Landkarten, diverse Ausgaben

hen, auf denen sich die einzelnen Gebäude er-

Einzigartige Landschaften erhalten

plans begann dann gegen Ende des 19. Jahrhun-

von 1858 bis 1950

wandern lassen.

Einerseits wird mit dem Schoggitaler-Erlös der Auf-

derts eine zunehmende Bauverdichtung der be-

• Pläne und Aufzeichnungen des Bauinspektorats

stehenden Gewerbesiedlungen, weshalb deren

und des Stadtarchivs Bern

Lebensader mehr und mehr eingedolt wurde. Der am längsten naturnah gebliebene Teil des Sulgenbachtälis östlich der Monbijoustrasse mit Altbauten des Scheuerrains. Überbauung mit den jetzigen Wohnund Bürobauten ab 2005. Künstliche Sulgenbachmündung bei der Dampfzentrale am Aareufer im Marzili

Schoggitaler 2009

Eigentliche Terrainveränderungen allerdings gab es erst ab 1910, als die neu geschaffene, das Friedheim-Tram aufnehmende Monbijoustrasse den

bau neuer Pärke unterstützt. Andererseits wird das

Bern baut Ein Führer zur zeitgenössischen Architektur 1990–2010 Herausgegeben von Werner Huber Edition Hochparterre bei Scheidegger & Spiess

Geld eingesetzt, um in den neuen Pärken wichtige Biotop- und Artenschutzprojekte anzustossen und umzusetzen. Die Nationalpark-Projekte Locarnese (TI) und Adula (GR/TI) stehen dabei im Vordergrund. Aber auch in vielen Naturpark-Projekten

Bach im Gebiet der Sulgenau nicht mehr im Tal-

Broschiert, ca. 216 Seiten, ca. 80 farbige und

wie zum Beispiel Binntal (VS), Val Müstair (GR)

grund, sondern mehrere Meter höher überquerte

50 s/w Abbildungen, ca. 100 Pläne

oder Chasseral (BE/NE) sorgt Pro Natura mit ihrer

und die daran anschliessenden Überbauungen,

10 x 18,5 cm | 978-3-85881-291-9

Fachkenntnis und Finanzbeiträgen dafür, dass sie

die in den folgenden Jahren sukzessiv entstanden,

Preis ca. Fr. 35.– | € 24.90

für die Natur einen Gewinn bringen. Daneben

dem neuen Strassenniveau angepasst wurden und

Erscheint im November 2009

werden aus dem Erlös der traditionellen Schoggi-

den zuvor offenen, durchgehenden Graben in zwei

taler-Aktion weitere Projekte für den Natur- und

Teile trennten. Der massivste Eingriff schliesslich

Das Gesamtprogramm

blieb späteren Generationen vorbehalten. Mit dem

des Verlags ist auf

Bau der Unterführung Sulgenau als Zubringer zur

www.scheidegger-spiess.ch

Weitere Auskünfte: Brigitte Brändle,

neuen, 1963 eröffneten Monbijoubrücke nämlich

zu finden.

Leiterin Talerbüro, Telefon 044 262 30 86,

verschwanden 1969 nicht allein ein paar baufällig gewordene Wohn-, Büro- und Gewerbehäuser, sondern mit ihnen auch die naturnah gebliebenen Böschungen entlang der zuvor bloss zweispurigen Eigerstrasse. Und mit dem Bau der «Titanic», der

Heimatschutz in der Schweiz finanziert.

[email protected]

Parc Chasseral (Foto: Roland Gerth)

Adressen

Regionalgruppe Bern: Vorstand, Bau- und Landschaftsberatung

Vorstand Präsident Vizepräsidium Präsident Bau- und Landschaftsberatung Kassier Heimat heute Öffentlichkeitsarbeit Protokollführerin/Mitgliederbetreuung Stadtführungen Vertreter Bau- und Landschaftsberatung Eidgenössischer Tag des Denkmals Geschäftsführerin/Medienbetreuung/Heimat heute Koordination Versand/Webseite Bau- und Landschaftsberatung Präsident/Planung Vizepräsident/Bern Land Bern Stadt Schwarzenburg und Seftigen Süd Seftigen Nord Konolfingen Ost Konolfingen West Laupen Landschaftsberatung Kunsthistorische Beratung Rechtsberatung

Revisoren Hauptrevisor Hauptrevisor Ersatzrevisor

Wehrlin Marc, Marienstrasse 35, 3005 Bern vakant Tedesco Giovanni, c/o Werk.Stadt 99 Architekten und Planer AG, Sickingerstrasse 6, 3014 Bern Burkhard Jakob, Stierenmatte 4, 3110 Münsingen Carlen van den Hoek Luzia, Feldeggweg 7, 3005 Bern Furrer Verena, Dalmaziquai 87, 3005 Bern Keller Kathrin, Gossetstrasse 47, 3084 Wabern Meili-Rigert Isabella, Reichenbachstrasse 74, 3004 Bern Raaflaub Peter, c/o BSR Architekten AG Optingenstrasse 54, 3000 Bern 25 Vogler Benno, Ostring 15, 3006 Bern Zwicky Margrit, Kirchbergerstrasse 42, 3008 Bern

Telefon 031 301 25 25

Telefax

031 333 39 19

031 333 39 20

031 031 031 031 031 031

62 80 65 75 45 35

031 340 35 36

031 535 05 61 031 371 73 29

031 321 62 12

327 352 351 951 302 340

17 39 21 65 80 35

Zehnder Sophia, Quartierhof 5, 3013 Bern

031 333 12 11

Tedesco Giovanni, c/o Werk.Stadt 99 Architekten und Planer AG, Sickingerstrasse 6, 3014 Bern Raaflaub Peter, c/o BSR-Architekten AG Optingenstrasse 54, Postfach, 3000 Bern 25 Vatter Manuel, c/o Hebeisen + Vatter Architekten Münzrain 4, 3005 Bern Mani Daniel, c/o Mani + Aebersold Architekten Münzrain 10, 3005 Bern Egger Daniel, atelier-egger Gerechtigkeitsgasse 39, 3011 Bern Frauchiger Lorenz, Werkgruppe AGW, Weyermannsstrasse 28, 3008 Bern Lustenberger Martin, c/o Hebeisen + Vatter Architekten Münzrain 4, 3005 Bern Flückiger Thomas, Architektur & Handwerk Merzenacker 81a, 3006 Bern Akkerman Pascale, c/o Büro Xeros Gutenbergstrasse 20, 3011 Bern Schneeberger Elisabeth, Stuckishausstrasse 18 3047 Bremgarten Huber Peter, c/o Huber & Müller Belpstrasse 16, Postfach, 3001 Bern

031 333 39 19

031 333 39 20

031 340 35 35

031 340 35 36

031 357 26 26

031 357 26 27

031 326 45 50

031 326 43 26

031 311 40 44

031 311 40 44

031 388 00 91

031 388 00 99

031 357 26 26

031 357 26 27

031 381 25 38

031 381 37 12

Gygax Peter, Jungfraustrasse 10, 3123 Belp Lanz Bernhard, Manuelstrasse 69, 3006 Bern Güntert Heinz, Jubiläumsstrasse 75, 3005 Bern

031 819 31 08 031 352 48 14 031 311 71 33

031 311 68 01

031 944 14 00 031 381 05 15

031 944 14 01 031 382 57 41

031 305 76 88

www.heimatschutz-bern.ch, [email protected] Alle Mitglieder von Vorstand sowie Bau- und Landschaftsberatung sind per E-Mail erreichbar unter: [email protected]

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