Baggergutmanagement der Hansestadt Rostock

Baggergutmanagement der Hansestadt Rostock Bearbeiter: Dipl. Phys. Eva-Maria Kibbel, ehem. Hansestadt Rostock Dipl. Ing. Ricarda Neumann, Universität...
Author: Angela Koenig
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Baggergutmanagement der Hansestadt Rostock Bearbeiter:

Dipl. Phys. Eva-Maria Kibbel, ehem. Hansestadt Rostock Dipl. Ing. Ricarda Neumann, Universität Rostock Dr. agr. Michael Henneberg, STZ Angewandte Landschaftsplanung

Die Aufrechterhaltung der Schiffbarkeit der Wasserstraßen und Hafenanlagen der Unterwarnow und des Breitlings sowie wasserbauliche Investitionen in diesen Bereichen machen Nassbaggerarbeiten mit unterschiedlich hohem Baggergutanfall erforderlich.

Baggerarbeiten zur Vertiefung des Seekanals bei Warnemünde mit Tieflöffelbagger

Die Ratifizierung internationaler Umweltabkommen zur Reinhaltung der Meeresumwelt, speziell der Ostsee führte dazu, dass ab 1983 neben schadstoffbelastetem Baggergut auch kein schlickhaltiges Baggergut (Gewässergrund- und -güteverschlechterung) in der Ostsee im Küstenbereich Mecklenburg-Vorpommerns verklappt werden durfte. Deshalb müssen jährlich ca. 100.000 –150.000 m³ Nassbaggergut an Land in Spülfeldern untergebracht werden.

Einspülung der Mudde vom Bau des Warnowtunnels in einen Längsstromklassierpolder des Spülfeldes Schnatermann

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Wurde lange Zeit das Baggergut ohne Nutzungsabsicht verspült, erfolgte zwischen 1991 – 2000 ein Umbau der Spülfelder Radelsee und Schnatermann zu einer Industriellen Absetzund Aufbereitungsanlage (IAA) für Nassbaggergut.

Luftaufnahme des Spülfeldkomplexes Radelsee der IAA Rostock mit den beiden Längsstromklassierpoldern links und den Reifungsbeeten rechts im Bild

Auf Grund der geringen Schadstoffbelastung der an Land verbrachten Sedimente wurde auf eine möglichst 100 %-ige Verwertung der in die IAA eingespülten Bodenmaterialien orientiert. Die dazu notwendigen wissenschaftlichen Arbeiten bis zur Umsetzungsreife wurden vor allem durch die Universität Rostock, FB Landeskultur und Umweltschutz und die Forschungsanstalt für Schifffahrt, Wasser- und Grundbau Berlin erbracht. Das Rostocker Konzept zur Baggergutverbringung und -aufbereitung beinhaltet die Klassierung des Baggergutes in verwertbare Sande und feinkörnige, organikhaltige Substrate nach dem Längsstromklassier-Verfahren in Poldern. Während Sande sofort durch die Bauindustrie verwertet werden, können die feinkörnigen, organikhaltigen Materialien aus den Klassierpoldern erst nach einem weiteren Reifungsprozess in Mieten als Bodenmaterial eingesetzt werden. Die IAA Rostock bietet durch die kontinuierliche Aufbereitung des Baggergutes über mehrere Klassierpolder und Reifungsanlagen zu einem verwertbaren Bodenmaterial und seinen regelmäßigen Absatz eine ständige Aufnahmebereitschaft für neu anfallendes Baggergut. Die Klassierpolder sind durch Spurdeiche so gestaltet. dass eine optimale Längsstromklassierung in Sande und Schlicke und damit in verwertbare Fraktionen erfolgt. 2

Anlagenbeschreibung und -betrieb Die IAA umfasst zwei Spülfeldkomplexe (ca. 110 ha) mit 5 Klassier- und 2 Reifungspoldern, einer Spülerliegestelle je Spülfeldkomplex sowie fest verlegten Spülleitungen mit Schiebern und steuerbaren Dreieckswasserlosen zur Ableitung des Transportwassers in die Vorfluter. Die Klassierpolder in den Spülfeldkomplexen sind für unterschiedlich große Einspülmengen ausgelegt. Somit kann für die einzelnen Baggermaßnahmen hinsichtlich Baggergutzusammensetzung und Baggermengen eine günstige Klassierung als Voraussetzung für eine verwertungsorientierte weitere Aufbereitung erreicht werden. Die Klassierpolder sind so gestaltet, dass in Verbindung mit den Vorgabewerten für die Einspülung, das Ablaufwasser bei Einhaltung der geforderten Ablaufwerte kontinuierlich in die Vorflut abgeleitet werden kann. Das Ablaufwasser unterliegt einer ständigen analytischen Überwachung.

Oberflächlich abgetrockneter Klassierpolder mit typischen Rissbildern aufgrund beginnender Schrumpfungsprozesse

Die Aufnahmekapazität und die Dauer eines Bespülzyklus der einzelnen Klassierpolder richten sich nach der für den vorgesehenen Abtrocknungszeitraum vorgesehenen Aufspülhöhe. Der Bespülzyklus eines Polders umfasst die Zeitdauer zwischen dem Bespülungsbeginn bis zur Beräumung der klassierten Fraktionen und der Wiederherstellung des Polders, d.h. seine vollständige Reaktivierung. Die Dauer eines Bespülzyklus beträgt bei optimierter Einspülhöhe je nach technischer Ausrüstung der Klassierpolder (u.a. Art der Dränage) ca. 1 – 2 Jahre. Die konzipierte Aufnahmekapazität der IAA liegt bei 200.000 m³/Jahr.

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Um zeitgleiche Baggerungen im Aquatorium hinsichtlich der Abnahme des organikhaltigen Baggergutes realisieren zu können, sind mindestens je ein Klassierpolder je Spülfeldkomplex der IAA aufnahmebereit vorzuhalten. Die Steuerung der Klassierung entsprechend den Anforderungen der Verwertung erfolgt über die Vorgabe des bei der Einspülung einzuhaltenden Feststoff-Wasser-Gemisches für jedes Baggergut und die Steuerung der Absetzzonen über die Ausdehnung des Spülsees. Die Sedimentationsraten der Feinpartikel bilden die Grundlage für die Berechnung der maximalen Einspülmenge an Wasser- Feststoff-Gemisch pro 24 Stunden für jeden Klassierpolder.

Verwertung Zur Sicherung der Verwertbarkeit des in die IAA einzuspülenden schlickhaltigen Baggergutes wird das Sediment in der Planungsphase des Vorhabens hinsichtlich seiner stofflichen und physikalischen Parameter, seiner Gehalte an Schwermetallen, organischen Parametern und Nährstoffgehalte analysiert. Die Analysen erfolgen auf Grund des Verwertungsprinzips an der Gesamtfraktion (< 2 mm). Die Bewertung des landseitig zu verbringenden Baggergutes d.h. die Annahmeprüfung für die Übernahme in die IAA erfolgt nach dem Baggergutkonzept Mecklenburg-Vorpommerns „Richtlinie zur Verwertung von Baggergut aus Häfen und Wasserstraßen im Küstenbereich Mecklenburg-Vorpommerns (Entwurf). Schlicke und Sand-Schlickgemische fallen im Klassierpolder in der Schlammphase an, die noch keinerlei Bodenstruktur aufweist. Sie werden im Prozess der zyklischen Reaktivierung der Spülpolder nach einem ersten Abtrocknungsprozess als stichfestes Material in den Reifungsanlagen nach Bodenarten getrennt zu Mieten aufgesetzt.

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Zu Mieten aufgesetzte Mischböden (Sand/Schlickgemische) in der Reifungsanlage Radelsee

Durch natürliche Entwässerung, Belüftung sowie biologische Prozesse wird aus dem mehr oder minder getrockneten Schlamm ein Bodenmaterial mit guter, stabiler Krümelstruktur, hohem Wasser- und Nährstoffhaltevermögen (Sorptionsvermögen) etc..

Umsetzung der Mieten mit Spezialtechnik zur zusätzlichen Belüftung und Homogenisierung des fast ausgereiften Bodenmaterials

Die Verwertung des gereiften Bodenmaterials erfolgt überwiegend im Landschafts- und Landbau für die Herrichtung von Oberböden bzw. als Bodenverbesserungsmittel, sowie vorwiegend als Oberbodenschicht in der Rekultivierung von Flächen und Deponien.

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Streuen von gereiftem Baggergut zur Bodenverbesserung auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche

Einbau von gereiftem Baggergut zur Herstellung der Rekultivierungsschicht auf einer Deponie

Die aus der Klassierung gewonnenen Sande gelangen vollständig im Bauwesen zur Verwertung. Der Verwertungsgrad des aus Baggergut klassierten Bodenmaterials beträgt seit 1999 100 % (jährlich ca. 100.000 – 130.000 m³). Die nachfolgende Graphik veranschaulicht die Entwicklung der Verwertung von aufbereitetem Baggergut aus der IAA Rostock.

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2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1993

bis 1.9.

Landschaftsbau Rekultivierung Kleinnutzer (privat) Uni Rostock (Pilotprojekte) 0

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Kontakt:

Tausende

Dr. Michael Henneberg Steinbeis Transferzentrum Angewandte Landschaftsplanung Nassbaggergutmanagement, Habitatfragmentierung, Biotopverbund, Landschaftsplanung, Agenda-Arbeit Tel. (049) 381 – 498 3246 [email protected]

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