Aus der Abteilung Allgemeinmedizin. der Medizinischen Hochschule Hannover. (Prof. Dr. med. E. Hummers-Pradier)

Aus der Abteilung Allgemeinmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (Prof. Dr. med. E. Hummers-Pradier) Hausärztliche Versorgungsforschung anhan...
Author: Kathrin Sachs
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Aus der Abteilung Allgemeinmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (Prof. Dr. med. E. Hummers-Pradier)

Hausärztliche Versorgungsforschung anhand von Routinedaten aus der Praxen-EDV am Beispiel von Diagnostik und Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Jan Peter Goltz aus Hameln

Detmold 2006

Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 11.07.2007 Gedruckt mit der Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident:

Professor Dr. med. Dieter Bitter-Suermann

Betreuerin: Prof. Dr. med. Eva Hummers-Pradier Referent:

Prof. Dr. Siegfried Geyer

Korreferent: Prof. Dr. med. David Groneberg Tag der mündlichen Prüfung: 11. Juli 2007

Promotionsausschussmitglieder: Prof. Dr. Matthias P. Schönermark Prof. Dr. med. Eva Hummers-Pradier Prof. Dr. med. Siegfried Geyer

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ............................................................................................................................... 3 2. Stand der Forschung............................................................................................................... 4 2.1 Inzidenz ambulanter Pneumonien .................................................................................... 4 2.2 Ökonomische Bedeutung ................................................................................................. 5 2.3 Diagnostik ambulant erworbener Pneumonien ................................................................ 5 2.4 Orientierung über den Schweregrad der Infektion: Einweisung oder nicht..................... 8 2.5 Ätiologie ambulant erworbener Pneumonien................................................................. 12 2.6 Therapie ambulant erworbener Pneumonien.................................................................. 15 2.7 Prävention ambulant erworbener Pneumonien............................................................... 18 2.8 Hausärztliche Versorgungsforschung ............................................................................ 18 3. Forschungsfragen ................................................................................................................. 23 4. Material und Methoden ........................................................................................................ 24 4.1 Studiendesign ................................................................................................................. 24 4.2 Ort der Datenerhebung ................................................................................................... 24 4.3 Rekrutierung und Teilnahme.......................................................................................... 24 4.4 Besuch in den teilnehmenden Praxen............................................................................. 25 4.5 Die Grundlage aller gewonnenen Daten: die BDT-Schnittstelle ................................... 25 4.6 Datenerhebung über die Befund-Daten-Transfer- (kurz BDT-) Schnittstelle................ 25 4.7 Anonymisierung und Pseudonymisierung der BDT-Datensätze .................................. 28 4.8 Die Datenaufbereitung ................................................................................................... 29 4.9 Die Datenauswertung ..................................................................................................... 30 4.10 Qualität der Daten ........................................................................................................ 33 4.11 Auswertung der in Frage kommenden Patientendaten................................................ 34 5. Ergebnisse ............................................................................................................................ 44 5.1 Teilnehmende Arztpraxen .............................................................................................. 44 5.2 Software, Datenexport und Anonymisierung................................................................. 45 5.3 Patientenidentifikation/Datenaufbereitung..................................................................... 47 5.4 Patienten ......................................................................................................................... 47 5.5 Dauerdiagnosen / Komorbidität ..................................................................................... 49 5.6 Diagnostisches Vorgehen ............................................................................................... 50 5.7 Überweisungen an Fachärzte ......................................................................................... 51 5.8 Einweisung ins Krankenhaus ......................................................................................... 52 1

5.9 Pharmazentralnummern ................................................................................................. 53 5.10 Antibiotikaverordnungen ............................................................................................. 53 6. Diskussion ............................................................................................................................ 60 6.1 Teilnehmende Ärzte ....................................................................................................... 61 6.2 Die Datensätze als Grundlage ........................................................................................ 62 6.3 Software, Datenexport und Anonymisierung................................................................. 63 6.4 Bearbeitung der Datensätze............................................................................................ 65 6.5 Unvollständigkeit, Abhängigkeit und Grenzen der Aussagekraft der BDT-Daten........ 67 6.6 Die Patienten .................................................................................................................. 69 6.7 Diagnostik der ambulant erworbenen Pneumonie ......................................................... 69 6.8 Überweisung und Einweisung........................................................................................ 70 6.9 Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie............................................................. 71 6.10 Beurteilung der Krankheitsepisode .............................................................................. 73 6.11 Ausblick ....................................................................................................................... 73 7 Zusammenfassung................................................................................................................. 75 8 Literaturverzeichnis............................................................................................................... 77 Anhang 1: Anschreiben ............................................................................................................ 83 Anhang 2: Antwortfax.............................................................................................................. 85 BDT-Felder und –erläuterung .................................................................................................. 86 Lebenslauf ........................................................................................................................... 110 Ausbildung ............................................................................................................................. 110 Erklärung ................................................................................................................................ 112 Danksagung............................................................................................................................ 113

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1. Einleitung Die ambulant erworbene Pneumonie ist auch heute noch ein häufiges Krankheitsbild, dass von einer restitutio ad integrum bis zum letalen Ausgang alle Verläufe einer Erkrankung bieten kann und zu einer der häufigsten internistischen Erkrankungen, sogar noch vor dem Herzinfarkt, zählt (Ewig et al. 2006). Sie ist die sechsthäufigste Todesursache in Deutschland („Kompetenznetz Ambulant Erworbene Pneumonie” 2006). Die in den nachfolgenden Kapiteln vorgestellte Studie zum Thema „Hausärztliche Versorgungsforschung anhand von Routinedaten aus der Praxen-EDV am Beispiel von Diagnostik und Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie“ beinhaltet zwei Untersuchungsschwerpunkte. Der erste Untersuchungsschwerpunkt dieser Arbeit soll, im Sinne einer Machbarkeitsstudie, Aufschluss darüber geben, ob die Erhebung von Routinedaten über die sogenannt „BDTSchnittstelle“ als integrierter Teil in der Arztpraxen-Software eine praktikable Form der Datengewinnung für die hausärztliche Versorgungsforschung sein kann. Sollte sich dieses Verfahren als machbar herausstellen, wären weitere Studien zu vielen Themen der hausärztlichen Versorgungsleistung möglich. Im zweiten Schwerpunkt der Arbeit sollen dann exemplarisch Fragestellungen zur Diagnostik und Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie beantwortet werden – und zwar anhand der auf dem neuen Wege gewonnenen Daten. Das Thema der Arbeit wurden aus folgenden Gründen gewählt: es existieren Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie, wobei diese Empfehlungen überwiegend im klinisch-universitären Bereich entwickelt und validiert wurden. Es gibt aber weder Untersuchungen, die deren Gültigkeit für den hausärztlichen Sektor beweisen könnten, noch gibt es Daten dazu, ob existierende Leitlinien im hausärztlichen Versorgungsumfeld umgesetzt werden. Auf der einen Seite eignet sich die ambulant erworbene Pneumonie als Forschungsthema, da es sich hierbei um eine relativ häufige Erkrankung in der hausärztlichen Routine handelt und somit ausreichende Fallzahlen zu erwarten sind. Auf der anderen Seite ist es eine schwere Erkrankung, so dass eine hinreichende Dokumentation seitens der hausärztlich tätigen Kollegen anzunehmen ist.

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2. Stand der Forschung 2.1 Inzidenz ambulanter Pneumonien Ambulant erworbene Pneumonien (im Folgenden durch „AEP“ abgekürzt) werden gegenüber nosokomialen, d.h. im Krankenhaus erworbene Pneumonien, abgegrenzt. Pneumonien (AEP und nosokomiale Pneumonien) sind die führende Todesursache unter den Infektionskrankheiten

in

Industrienationen

(Rosseau

und

Suttorp

2000)

und

die

sechsthäufigste Todesursache in den USA überhaupt (American Thoracic Society, Guidelines for the Management of Adults with Community-acquired Pneumonia 2001). Ein Drittel aller Pneumonien sind nosokomiale, während die Mehrzahl, nämlich zwei Drittel, ambulant erworbene Pneumonien sind. Diese werden nicht nur ambulant diagnostiziert sondern auch ambulant behandelt (Niedermann et al. 1998). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund interessant, dass randomisierte Studien zur Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie rar sind (Bjerre et al. 2004). In den USA erkranken jährlich vier Millionen Menschen an einer Pneumonie (Ruef 2001). Das Statistische Bundesamt schätzt die Zahl der jährlichen Pneumoniefälle in Deutschland auf 350 000 bis 500 000, was einer Inzidenz von 4,29 bis 6,13 Fällen pro 1000 Einwohner entspricht (Ziebold et al. 2000). Andere Quellen kommen zu ähnlichen Zahlen wie beispielsweise Dusch und Täuber (2001), die Inzidenzen zwischen 2,6 und 12 Fälle pro 1000 Einwohner angeben. Die Anzahl neuer Erkrankungsfälle in Altenheimen wird sogar mit 68114 auf 1000 Bewohner angegeben (Kompetenznetz “Ambulant erworbene Pneumonie” (2006).

Tabelle 2.1: Häufigkeit der Pneumonie in verschiedenen Altersgruppen Altersgruppe

Inzidenz

0-4 Jahre

12-18/1000

5-60 Jahre

1-5/1000

> 60 Jahre

20/1000 Nach Mandell et al. (2000)

Die Mortalität ambulant behandelter Patienten liegt je nach Quelle bei bis zu 1% (BTS Guidelines for the Management of Community Acquired Pneumonia in Adults 2001).

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2.2 Ökonomische Bedeutung Ambulant erworbene Pneumonien tragen erheblich zur Kostenentstehung in Deutschlands Gesundheitswesen bei: die durch ambulant erworbene Pneumonien entstehenden Kosten betragen mehr als 500 Millionen Euro jährlich („Kompetenznetz Ambulant Erworbene Pneumonie” 2006, im Folgenden „CAPNETZ“). Die ökonomischen Folgen der Pneumonien wurden in verschiedenen Studien untersucht, wobei eines deutlich wird: die Einweisung, bzw. die sich hieran anschließende stationäre Behandlung ist um ein Vielfaches teurer als die ambulante. In einer britischen Studie wurden die Mehrkosten für eine stationäre Behandlung mit dem Faktor 17 bis 51 gegenüber einer ambulanten Behandlung angegeben (Thorax 2001). Hieraus wird deutlich, dass es auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten interessant erscheint, möglichst viele Patienten ambulant zu behandeln, bzw. die Dauer des Krankenhausaufenthaltes zu begrenzen, sofern dies die Schwere der Erkrankung und das soziale Umfeld des Patienten es zulassen.

2.3 Diagnostik ambulant erworbener Pneumonien Die Anamnese und die klinische Untersuchung sind die wichtigsten Schritte in der Diagnostik der AEP. Hinweisend auf eine Pneumonie können produktiver Husten, Schwierigkeiten beim Atmen, Atemgeräusche oder Fieber sein (Fine 2003). Dieses sind allerdings unspezifische Symptome, die auch im Rahmen einer Infektion der oberen Atemwege auftreten können oder auch bei Infektionen der unteren Atemwege, die keine Pneumonie sind, wie beispielsweise eine Bronchitis; ebenso könnten zu diesen Symptomen Tumorleiden, Herzerkrankungen und nichtinfektiöse Lungenerkrankungen, beispielsweise eine Lungenembolie, führen. In einer deutschen Veröffentlichung wurden folgenden Symptome als kennzeichnend für eine Pneumonie angesehen: Atemfrequenz >30/min, Blutdruck 110/min), purulenter Auswurf, Dyspnoe, Thoraxschmerzen sowie grippale Symptome wie Malaise, Zephalgien und Myalgien. Hier findet sich auch der Hinweis auf das mögliche Fehlen der mehr oder weniger typischen Pneumoniesymptome bei älteren Patienten, die nur durch zunehmende Bewusstseinseintrübung auffällig werden können (Gillissen und Santiago 2000). Hilfreiche Laborparameter sind die Entzündungsindikatoren Leukozytose, erhöhtes CRP, Linksverschiebung im Differential-Blutbild oder erhöhte BKS (CAPNETZ 2006).

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Zwar sind an CAPNETZ keine Hausärzte beteiligt, im Folgenden wird aber trotzdem an der einen oder anderen Stelle Bezug auf das Netzwerk genommen, da viele Empfehlungen auch für den hausärztlichen Alltag praktikabel erscheinen. CAPNETZ ermittelt durch eine Vernetzung verschiedener deutscher Gruppen, die mit der AEP beschäftigt sind, neue deutschlandspezifische Daten. Hierbei arbeiten niedergelassene Ärzte, Krankenhausärzte, Mikrobiologen, Virologen, Epidemiologen und

Informatiker in

mehreren Zentren

deutschlandweit zusammen. Bei den erfassten Patienten sollen die verantwortlichen Erreger angezüchtet und ihre Empfindlichkeit gegenüber Antibiotika ermittelt werden. Alle klinischen und mikrobiologischen Daten werden zusammengeführt und es wird eine zentrale Materialsowie Informationsbank erstellt. CAPNETZ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert (http://www.capnetz.de/html/capnetz - Stand: 22.11.2006).

Abbildung 2.1: Klinische Befunde bei der ambulant erworbenen Pneumonie

nach CAPNETZ (2006)

Ergibt sich durch die klinische Untersuchung der Verdacht auf eine AEP, so stellt die ThoraxRöntgen-Aufnahme in 2 Ebenen den Goldstandard in der Diagnostik dar (Dusch und Täuber 6

2001). Beweisend bei Verdacht auf eine Pneumonie ist letztendlich nur der radiologische Nachweis eines Infiltrates in der Lunge mittels einer konventionellen Thoraxaufnahme in 2 Ebenen (Ethan und Teirstein 2002). Als absolute Indikationen für eine Thorax-Aufnahme in 2 Ebenen werden ein „schwerer“ Krankheitsverlauf, Hämoptysen, Therapieversagen, sowie eine unklare Differentialdiagnose genannt (CAPNETZ 2006). Ergänzend soll erwähnt werden, dass die Sensitivität für das Erkennen einer Pneumonie durch einen Radiologen per Röntgenaufnahme zwischen 56 - 85,4% und die Spezifität zwischen 84,6-96% schwankte (Mandell et al. 2001). Deutlich schlechtere Werte zeigten sich, wenn die Bildauswertung von unerfahreneren Kollegen oder Studenten durchgeführt wurde. Als Referenzstandard wurde bei dieser Untersuchung eine nachträglich durchgeführte Computertomographie des Thorax herangezogen. Betrachtet man im Vergleich zur Thorax-Röntgenaufnahme eine computertomographische Untersuchung des Thorax (Spiral-CT), so ergibt sich für letztere eine höhere Sensitivität (Syrjala, Broas, Sumaro, Ojala und Lahde 1998) hinsichtlich des Auffindens von Lungeninfiltrationen. Eine klinische Relevanz konnte hieraus bisher nicht abgeleitet werden. Auch wenn es folgerichtig erscheint, beim Verdacht auf eine AEP eine Röntgenuntersuchung des Patienten anzuordnen, fehlt es hier insgesamt an Studien, die belegen könnten, dass die Anfertigung einer Thorax-Röntgenaufnahme zu einem für den Patienten besseren Outcome führt (Gillissen und Santiago 2000). Röntgenuntersuchungen stellen eine (Strahlen-) Belastung für den Patienten und das Budget dar. Um unnötige Röntgenuntersuchungen zu vermeiden, lautet eine Empfehlung, Patienten eine radiologische Diagnostik nur zukommen zu lassen, wenn Sie innerhalb von 48 Stunden nach

empirischer

Antherapierung

keine

klinische

Befundverbesserung

vorweisen

(www.clinicalevidence.com - Stand 01.09.2006). Dieser Ansatz bietet auch ein großes Maß an Praktikabilität im Bereich der hausärztlichen Versorgung. Es wurden auch Studien durchgeführt, um Kriterien festzulegen, nach denen entschieden werden soll, ob eine Thoraxröntgenaufnahme indiziert oder eben überflüssig ist. So wurden beispielsweise klinische Befunde wie Temperatur > 37,8 °C, Herzfrequenz > 100/min, abgeschwächtes Atemgeräusch und das Fehlen von Asthma bronchiale als Parameter bestimmt, die zum Anfordern einer Thorax-Röntgenaufnahme Anlass geben sollten (Heckerling et. al. 1990). Weitere Untersuchungen sind umstritten. So findet man, je nach Autor, als empfohlene Untersuchung z.B. die Sputumprobe mit Gramfärbung und zwei Blutkulturen vor Einleitung einer antibiotischen Therapie. Dies stellt für die Hausarztpraxis sicherlich keinen praktikablen Ansatz dar, da diese weitergehende Diagnostik an technischen

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und finanziellen Hürden scheitern würde. Folgende Studie aus dem ambulanten Sektor in Frankreich belegt dies: Von 108 teilnehmenden Pneumoniepatienten konnten nur von 40% eine Sputumprobe gewonnen werden, von welchen wiederum nur 30% positiv waren. Bei den anderen konnte aufgrund fehlenden Auswurfes (47%) und logistischer Probleme vor Ort (übrige Fälle) keine Sputumprobe gewonnen werden (Fantin et al. 2001). Weitere diagnostische Maßnahmen stehen im klinischen Bereich zur Verfügung, z.B. die Bronchoskopie mit Lavage oder endobronchialem Abstrich, eine Computertomographie des Thorax und die perkutane, transthorakale Feinnadelaspiration.

2.4 Orientierung über den Schweregrad der Infektion: Einweisung oder nicht Interessant für den ambulant tätigen Arzt ist die Fragestellung des weiteren Vorgehens nach der Feststellung, bzw. der Vermutung der Diagnose einer Pneumonie. Zu den selteneren aber schweren Komplikationen der ambulant erworbenen Pneumonie, deren rechtzeitiges Erkennen für den Patienten überlebenswichtig ist, zählen respiratorische Insuffizienz (1,4%), Herzinsuffizienz (1,3%), supraventrikuläre Arrhythmien (0,9%) und Schock (0,6%) (Fine et al. 1999). Diese Risiken können mittels der Einteilung der Patienten in Prognose-Scores abgeschätzt, bzw. früh diagnostiziert und angemessen behandelt werden. Es stellt sich je nach Schwere des Krankheitsbildes und Patientenzustandes die Frage der Einweisung in ein Krankenhaus. Häufig wird in der vorliegenden Literatur für die Prognoseeinschätzung der so genannte Pneumonia Severity Index, kurz PSI, für die Entscheidung über die Hospitalisation empfohlen (Fine et al.1997). Dieser Index wird in der Abbildung 2.2 dargestellt. Der PSI macht Aussagen über die zu erwartende Mortalität bei Patienten mit einer ambulant erworbenen Pneumonie. Diese Risikoklassifizierung kann eine Entscheidungshilfe bei der Frage darstellen, ob ein Patient ambulant oder stationär behandelt werden kann. Im PSI werden die folgenden Parameter zusammengezogen und mit Punktwerten gewichtet: Alter, Pflegeheimbewohner, vorbestehende Grundkrankheiten, Klinik, Labor und radiologische Befunde.

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Abbildung 2.2: Pneumonia Severity Index (PSI)

Parameter

zugeteilte Punktzahl

Alter Männer

Alter (Jahre)

Frauen

Alter (Jahre) –10

Bewohner von Pflegeheimen

+10

Vorbestehende Grundkrankheit Neoplasie

+30

Leberkrankheit

+20

Herzinsuffizienz

+10

Zerebrovaskuläre Krankheit

+10

Niereninsuffizienz

+10

Klinische Befunde Bewusstseinseintrübung

+20

Herzfrequenz > 125/min.

+20

Atemfrequenz > 30/min.

+20

Systolischer Blutdruck < 90mm Hg

+15

Temperatur < 35ºC oder > 40ºC

+10

Labor- und radiologische Befunde Arterieller pH < 7,35

+30

Kreatinin > 145 mmol/L

+20

Natrium < 130 mmol/l

+20

Glukose > 14 mmol/L

+10

Hämatokrit < 30%

+10

PaO2 < 60 mm Hg oder SaO2 < 90%

+10

Pleuraerguss

+10 nach Fine (1997)

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Aufgrund der Summe aller Teilbereiche werden die Patienten dann in verschiedene Mortalitäts-Risikogruppen eingeteilt; diese gibt Abbildung 2.3 wieder.

Abbildung 2.3: Risikogruppen nach PSI-Score

Risikogruppe

Klasse nach Fine

Punkte

Niedriges Risiko

I

Keine Risikofaktoren

II

< 71

III

71-90

Mittleres Risiko

IV

91-130

Hohes Risiko

V

> 130 nach Fine (1997)

Patienten mit niedrigem Mortalitätsrisiko (< 90 Punkte nach PSI) können ambulant behandelt werden oder in den Klassen II/III kurzfristig stationär aufgenommen werden. Mit mittlerem Risiko eingestufte Patienten (>91) sollten im Regelfall in ein Krankenhaus eingewiesen werden, da in der Studie ein erhöhtes Risikoprofil, bzw. eine erhöhte Mortalität nachgewiesen wurde. Einschränkungen dieses Scores gelten für Kinder

( 65 Jahre) als Parameter gewählt. Der für den allgemeinärztlich tätigen Arzt einfachere und empfohlene Score ist der CRB-Index, da man kein Laborparameter bestimmen lassen muss (CAPNETZ 2006). Die Punktevergabe und daraus abgeleitete Empfehlung bezüglich des Therapieortes (ambulantes /stationäres Regime) gibt die Tabelle 2.2 wieder.

Tabelle 2.2: CURB-Index

Parameter

Index-Punkt

Bewusstseinsstörung Desorientiert zu Person, Zeit oder Ort

1

Atemfrequenz

> 30/min.

1

Blutdruck

diast. < 60 mmHg, syst. < 90 mmHg

1

Alter

> 65 Jahre

1

Gesamtpunkte

0

Ambulante Therapie

1-4

Einweisung aus: CAPNETZ (2006)

11

2.5 Ätiologie ambulant erworbener Pneumonien Obwohl bis zu 80% aller Pneumonien ambulant behandelt werden, ist die Ätiologie im ambulanten Bereich bisher nicht ausreichend untersucht worden (Mandell et al. 2001). Es fehlen verlässliche Angaben zum Erregerspektrum der AEP in Deutschland (CAPNETZ 2006). In den vorliegenden Studien konnte bei einem Großteil der Pneumoniepatienten kein Erreger gefunden werden: Dusch stellte 2001 fest, dass je nach Studie bei 19-54% der ambulant erworbenen Pneumonien kein Erreger identifiziert werden konnte. Bei einer neueren, prospektiv angelegten Studie konnte in 49,3% der Fälle kein Erreger nachgewiesen werden (Gutierrez et al. 2005). Konnte doch ein Erreger isoliert werden, handelte es sich meist um den zu den typischen Erregern zählende Streptococcus pneumoniae, kurz „Pneumokokken“, gefolgt von atypischen Erregern, zu denen unter anderen Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae und Legionella pneumoniae gezählt wurden. Häufig wurden auch Viren identifiziert, insbesondere Influenza und das Respiratory Syncytial Virus (RSV), letzteres meist bei Kindern (Dusch 2001 und Thibodeau 2004). Der Begriff der „atypischen Erreger“, bzw. atypischen Pneumonie ist zwar unter Klinikern weit verbreitet, wissenschaftlich jedoch umstritten, da je nach Autor unterschiedliche Erregerspektren und Symptome zu dieser Gruppe gezählt werden (File 2003). Gegenüber den typischen Pneumonien zeichnen sich die atypischen Pneumonien z.B. dadurch aus, dass es sich um intrazellulär vorliegende Erreger handelt, die häufiger und schwerere extrapulmonale Symptome bei insgesamt weniger schwerem Verlauf hervorrufen und aufgrund des intrazellulären Wachstums, bzw. des Fehlens einer Zellwand nicht auf betalaktamase-stabile Antibiotika ansprechen (Cunha 2003). Auf dem Röntgenbild imponiert eine streifig interstitielle Infiltration, während bei der typischen Pneumonie relativ scharf begrenzte lobäre oder segmentale Verschattungen vorliegen (Baenkler et al. 1999). Aus dem Röntgenbefund lassen sich jedoch keine präzisen Rückschlüsse auf den Erreger der Pneumonie schließen. Der Anteil der atypischen Erreger am Erregerspektrum wird möglicherweise unterschätzt, da es, zumindest in der hausärztlichen Routine, keinen spezifischen Schnelltest, bzw. standardisiertes Verfahren zum Nachweis gibt (File 2003). Die Abbildung 2.4 gibt einen Überblick über die Ätiologie der AEP.

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Abbildung 2.4: Erregerspektrum bei ambulant erworbener Pneumonie in Krankenhäusern (Europa)

Ein etwas verändertes Verteilungsmuster ergibt sich, wenn man das Erregerspektrum je nach Schwere der AEP betrachtet. Die Schweregrade einer Pneumonie können, wie im Kapitel 2.4 näher erläutert, nach dem PSI (Pneumonia Severity Index) eingeteilt werden. Beovic et al. (2003) teilten im Rahmen einer prospektiven Studie 113 Patienten mit dem klinischen und radiologischen Verdacht auf eine Pneumonie in die Risikoklassen des PSI ein und bestimmten die jeweiligen Erreger, was in 62,4% der Falle gelang. Bei den weniger schweren Verläufen (entsprechend niedrigeren Gruppen nach PSI) einer AEP wurden in dieser Untersuchung am häufigsten atypische Erreger gefunden. Die Abbildung 2.5 gibt einen graphischen Überblick über die Ergebnisse der Studie.

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Abbildung 2.5: Ätiologie bei mildem Verlauf der AEP (Multicenter-Studie, Slovenien)

Eine europäische Studie untersuchte die Ätiologie der AEP innerhalb der Risikogruppen I, II und III (nach PSI): in der Gruppe I fanden sich am häufigsten Mykoplasmen. Insgesamt machten die atypischen Erreger hier 69% aus. In den Gruppen II und III dagegen waren Pneumokokken mit 46 % der Leiterreger (Faguera 2001). Die Ergebnisse scheinen insgesamt darauf hinzudeuten, dass die leichteren Fälle der Pneumonien, also auch eher die ambulant behandelten, durch die sog. atypischen Erreger verursacht werden. Die schwereren, zur Einweisung führenden Fälle, werden eher durch Pneumokokken verursacht. Dies kann natürlich nur eine grobe Rasterung darstellen. Der Vollständigkeit halber sollen auch die weniger häufigen bis selten vorkommenden bakteriellen Erreger genannt werden, die bei der Ätiologie der AEP eine Rolle spielen können: Chlamydia psittaci, Corynebacterium pseudodiphteriticum, Coxiella burneti, Escherischia coli, Francisella tularensis, Mycobacterium tuberculosis, Neisseria menigitidis, Rhodococcus equi, Staphylococcus aureus und Streptococcus pyogenes. Zur Gruppe der seltenen viralen Erreger gehören: Adenoviren, Herpes-simplex-Virus, Parainfluenzyviren und Varizella-Zoster-Virus.

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Pneumocystis carinii, Cryptococcus neoformans sowie Pilze (Aspergillus und Candida albicans) können ebenfalls eine Pneumonie verursachen, dann wohl aber meist bei immunsupprimierten Patienten, z.B. als opportunistische Erkrankung bei HIV oder Tumorerkrankungen.

2.6 Therapie ambulant erworbener Pneumonien In der Mehrzahl der Fälle wird eine auf empirischen Erfahrungen beruhende Therapie eingeleitet, da eine Erregerdiagnostik in der hausärztlichen Praxis zu aufwändig erscheint und, wie oben beschrieben, nur in ungefähr der Hälfte der Fälle zur Identifikation des Keimes führt. Abgesehen davon können mehrere Tage bis zum Erregernachweis verstreichen – ein Abwarten bis zum gelungenen Nachweis wäre sinnlos. Bezüglich der empirischen Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie mit Antibiotika gibt es Unterschiede bei den empfohlenen Substanzen, je nachdem ob nationale oder internationale Empfehlungen zu Rate gezogen werden. Ein Goldstandard in der Therapie der ambulanten Pneumonie gibt es derzeit nicht, da die meisten Studien zu diesem Thema in Krankenhäusern, nicht aber im ambulanten Sektor durchgeführt wurden (Bjerre et al. 2004). Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft empfiehlt bei jüngeren Patienten ein Makrolid, ältere Patienten sollten eine Kombination aus einem Aminopenicillin und einem Betalaktamase-Inhibitor erhalten (Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft 2002). In dieser Leitlinie wird allerdings „jünger“ und „älter“ nicht näher definiert. Eine Expertenmeinung, formuliert durch das CAPNETZ (Erläuterungen siehe Kapitel 2.3), gibt eine Empfehlung unter Berücksichtigung des Alters (siehe untenstehende Tabelle 2.3).

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Tabelle 2.3: Therapiekonzept bei ambulant erworbener Pneumonie

Patientenkollektiv

Therapie

Ambulante Patienten ohne Risikofaktoren

-Aminopenicillin oder -neues Makrolid oder -Doxycyclin oder -Telithromycin

Ambulante Patienten mit Risikofaktoren 1

-Aminopenicillin + Betalaktamase-Inhibitor oder -Fluorchinolon III/IV

1

Alter > 65, unsichere häusliche Versorgung,

Alkoholabhängigkeit, Vigilanzstörung,

substantielle

Hypotonie,

Komorbidität,

Tachykardie,

-pnoe,

oder -Betalaktam-Makrolid-Kombinationstherapie2

Pleuraerguss 2

bei V.a. Mykoplasmen, Chlamydien, Legionellen aus: CAPNETZ (Stand 12.12.2006)

Internationale Leitlinien zeigen Abweichungen von nationalen Konzepten: in einer Veröffentlichung von File (2003) werden die nordamerikanischen, japanischen und britischen Leitlinien zur empirischen Behandlung von ambulanten Patienten mit einer AEP gegenübergestellt: in Nordamerika wird hiernach bei Patienten ohne Komorbiditäten oder Risiken für resistente Pneumokokken (als Risikofaktoren werden angegeben: Behandlung mit betalactamamase-stabilen Antibiotika in den letzten 3 Monaten, Hospitalisierung in den letzten

4

Wochen,

Alkoholismus

und

immunsupprimierten

Patienten

inklusive

Steroidtherapie) eine Initialtherapie mit einem Makrolid empfohlen, da hiermit das größte Erregerspektrum der AEP (Pneumokokken und atypische Erreger) therapeutisch abgedeckt werde. Sollte einer der oben angeführten Risikofaktoren vorhanden sein, wird empfohlen, zu einem Chinolon oder hochdosiertem Amoxicillin mit einem Makrolid zu greifen. Zum Einsatz eines Chinolons als Standardtherapie gibt es widersprüchliche Angaben: so empfiehlt Egger (2003), Chinolone nur als Reserveantibiotika einzusetzen. Begründet wird dies mit der Gefahr der rasch zunehmenden Chinolonresistenz bei Staphylokokken und gramnegativen Stäbchen, da Chinolone an Haut- und Schleimhautoberflächen nur subinhibitorische Konzentrationen erreichten. Dieser Autor empfiehlt auch bei Verdacht auf eine Infektion mit penicillin-, makrolid- oder tetrazyklinresistenten Pneumokokken keine Therapie mit Chinolonen, da auch bei Pneumokokken eine zunehmende Chinolonresistenz zu beobachten sei und diese Gruppe der Pneumokokken ebenso gut durch ein Aminopenicillin in 16

Kombination mit einem Betalactamase-Inhibitor behandelt werden könnten. Auch das CDC (Center for Disease Control and Prevention) empfiehlt die Chinolone bei der Behandlung der AEP nur als Reservemittel (Luh und Karnath 2003). Bisher gibt es keine Studie, die ein besseres Ergebnis nach Behandlung mit Fluorchinolonen gegenüber der mit Makroliden aufzeigen könnte (Bartlett 2000). Bjerre et al. (2004) konnten in einer Metaanalyse der vorliegenden, randomisierten Studien zur Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie keinen signifikanten Unterschied in der Effizienz der eingesetzten Antibiotika feststellen. Zum selben Ergebnis kommt Loeb: in 90% der Pneumoniepatienten trat eine Besserung ein, bzw. heilte die Erkrankung aus – egal mit welcher Substanz behandelt wurde (Clinical evidence 2004). Die Empfehlung für die Dauer der Behandlung mit einem Antibiotikum ist wissenschaftlich nicht hinreichend belegt (Moussaoui et al. 2006). Es gibt nur wenige kontrollierte klinische Studien, die sich mit der Dauer der antibiotischen Behandlung auseinandersetzen. Solange es an ausreichenden Studien fehle, die ein anderes Vorgehen rechtfertigen, wird in einer USamerikanischen Leitlinie bei Verdacht auf eine Pneumokokken-Pneumonie empfohlen, solange antibiotisch zu behandeln, bis der Patient 3 Tage fieberfrei ist. Kommt ein atypischer Erreger in Betracht, soll mindestens zwei Wochen antibiotisch behandelt werden (Bartlett et al. 2000). In den letzten Jahren wurden jedoch Studien publiziert, die diese pauschalen Empfehlungen relativieren: so wurde von Moussaoui et al. (2006) belegt, dass es für das Outcome einer ambulant erworbenen Pneumonie keine Rolle spielt, ob die in der Studie eingeschlossenen Patienten drei oder acht Tage mit Amoxicillin behandelt wurden. In dieser doppel-blinden, randomisierten Studie wurden alle Patienten (n=118) mit einer AEP drei Tage lang mit intravenös verabreichtem Amoxicillin behandelt. Nach klinischer Besserung in diesem Zeitraum wurde für fünf Tage Amoxicillin oral (n=63) oder ein Placebo (n=56) verabreicht. Anhand verschiedener Kriterien wurde das Behandlungsergebnis nach den Tagen 10 und 28 überprüft, wobei sich zwischen beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied zeigte. Auch wenn diese Studie unter stationären Bedingungen durchgeführt wurde und somit in dieser Form möglicherweise nicht auf eine ambulant behandelte Pneumonie übertragen werden kann, so zeigt sie doch, dass hier zumindest Forschungsbedarf besteht und dass bisher pauschal gegebene Empfehlungen zur Behandlungsdauer zumindest in Frage gestellt werden können. Neben dem kalkulierten Erreger spielen Komorbiditäten, das Ansprechen auf die Therapie und Komplikationen eine Rolle.

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2.7 Prävention ambulant erworbener Pneumonien Bei Durchsicht der Literatur zu diesem Thema fällt auf, dass Untersuchungen zum Impfverhalten (Pneumokokken und Influenza) im ambulanten Bereich, bzw. zur Effizienz dieser Impfung, bisher in Deutschland nicht in ausreichendem Maß stattfanden. Eine Metaanalyse kam zu dem Ergebnis, dass es keinen signifikanten Unterschied bezüglich Erkrankungshäufigkeit und Mortalität bei gegen Pneumokokken geimpften und nicht geimpften Pneumoniepatienten gibt (Clinical evidence 2004). Dennoch sollen laut Empfehlung der ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Institutes alle Personen über 60 Jahre (als Regelimpfung) sowie Kinder (≥ 5 Jahre), Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit mit dem Polysaccharidimpfstoff

gegen

Pneumokokken

und

Influenza

geimpft

werden

(Indikationsimpfung). Zu diesen Grundkrankheiten werden Immundefekte mit erhaltener Tund/oder

B-zellulärer

Restfunktion,

funktionelle

oder

anatomische

Asplenie,

Sichelzellenanämie, Krankheiten der blutbildenden Organe, neoplastische Krankheiten, HIVInfektion und der Zustand nach Knochenmarktransplantation gezählt. Darüber hinaus soll auch bei chronischen Krankheiten geimpft werden (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Atmungsorgane und der Nieren sowie bei Diabetes mellitus). Vor Organtransplantation, vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie und bei Frühgeborenen empfiehlt die STIKO ebenfalls die Impfung (Robert-Koch-Institut, http://www.rki.de, Stand: 24.08.2005).

2.8 Hausärztliche Versorgungsforschung Der technische Fortschritt im Bereich der EDV und die Bereitschaft der hausärztlich tätigen Kollegen, diesen im Alltag zu implementieren, ermöglicht es, eine anwachsende Menge an elektronischen Patientendaten zu sammeln und zusammenzuführen, wodurch sich die Qualität dieser Daten soweit verbessert hat, dass diese Routinedaten zu Forschungszwecken verwendet werden können (De Lusignan und van Weel 2006). Hausärztliche Versorgungsforschung kann einen Beitrag zur Qualitätsüberprüfung und verbesserung der Patientenversorgung leisten und zur effizienteren Nutzung der zur Verfügung stehenden ökonomischen Ressourcen beitragen. Allerdings fand Forschung in Deutschland bisher fast ausschließlich im klinisch-stationären Rahmen statt – und dazu noch 18

im universitären Bereich: als Forschungsgrundlage dienen hier Daten von Patienten, die fast ausschließlich in Universitäten behandelt wurden. Aufgrund des hohen Grades an Spezialisierung der Universitätskliniken sind die von diesen Patienten gewonnenen Forschungsergebnisse für die hausärztliche Versorgung von geringerer Relevanz, da die Ergebnisse nicht ohne weiteres übertragbar sind (Kochen et al. 2005). Um medizinische Forschung im hausärztlichen Bereich möglich zu machen, ist es erforderlich, notwendige Daten zur Versorgungsforschung zur Verfügung zu haben. Diese Daten sollten möglichst ubiquitär zur Verfügung stehen, möglichst umfassende medizinische Details enthalten, leicht zu gewinnen sein und einer gewissen Standardisierung genügen, ohne einem Selektionseffekt zu unterliegen. In europäischen Nachbarländern gibt es bereits seit 1987 Bestrebungen, Daten aus der hausärztlichen Routine zu bündeln und für Forschungszwecke (z.B. zur Qualitätssicherung und – verbesserung) zur Verfügung zu stellen: Datenbanken, die bereits heute für die hausärztliche Versorgungsforschung zur Verfügung stehen, gibt es beispielsweise in den Niederlanden (Netherlands Institute for Health Service Research, kurz „NIVEL“). Im Rahmen dieses Projektes werden von 150 Allgemeinarztpraxen zweimal jährlich Daten zu Morbidität, Verschreibungen, Überweisungen und Diagnosen von ca. 350.000 Patienten aus deren elektronisch geführten Patientenakten akquiriert. Die Diagnosen werden in diesem System nach dem ICPC (International Classification of Primary Care) kodiert. 1992 wurde zunächst nur das Überweisungsverhalten der teilnehmenden Praxen erfasst. Später wurde dann Schritt für Schritt eine Datenbank aufgebaut, die die oben genannten Inhalte der Versorgungsforschung zur Verfügung stellt. Das Projekt wird vom niederländischen

Gesundheitsministerium

finanziert

(http://www.nivel.nl/,

Stand:

06.10.2006). Auch in Großbritannien wurde eine ähnliche Datenbank aufgebaut, die General Practice Research Database, kurz GPRD. Bereits seit 1987 wurden, zunächst von einer Firma, später dann vom britischen Gesundheitsministerium, Behandlungsdaten aus dem hausärztlichen Versorgungsbereich gesammelt und in dieser Datenbank zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt. Wichtige Details aus den Behandlungsjahren vor 1987 wurden manuell nachgetragen.

Zu

Beginn

des

Projektes

19

wurden

freiwillig

teilnehmenden

Allgemeinmedizinern die notwendige Hard- und Software zur elektronischen Dokumentation zur Verfügung gestellt. Teilnehmer wurden über einen Zeitraum von zwölf Monaten geschult. Nach dieser Periode wurde überprüft, ob die Daten in ausreichend standardisierter Form eingegeben wurden (www.bcdsp.org/grpd, Stand: 10.11.2006). Behandlungsdaten werden noch in den teilnehmenden Arztpraxen anonymisiert und dann zur zentralen Datenbank übermittelt – dies geschieht alle 2 Wochen. Dadurch wurde die weltweit größte computerisierte Datenbank für anonymisierte Patientendaten erstellt: aktuell befinden sich Informationen zu ungefähr 9 Millionen Patienten und insgesamt 35 Millionen „Behandlungsjahren“ in diesem System (www.gprd.com, Stand:10.10.2006). Insgesamt partizipieren 755 Allgemeinarztpraxen an diesem Projekt. In den Jahren nach Implementierung dieser Datenbank wurden Studien durchgeführt, die belegen, dass Verschreibungen und Diagnosen sehr ausführlich dokumentiert werden. Aufgrund dieser Vollständigkeit und Menge an Datenmaterial werde es in Zukunft möglich sein, klinische Studien zu verschiedenen Fragestellungen in angemessenem Kosten- und Zeitrahmen durchzuführen (Jick et al. 1991). In einer späteren Untersuchung wurde kritisch angemerkt, dass Befunde von Fachärzten nur in geringem Maß in den elektronischen Akten zur Verfügung gestanden hätten (Jick et al. 1992). In den darauf folgenden Jahren wurden permanent Untersuchungen zur Qualität der Daten durchgeführt. Diese beinhalteten auch stichprobenartige

Validierung

der

gewonnenen

Daten

durch

Nutzung

anderer

Informationsquellen als die elektronischen Daten selbst, z.B. Diagnoseüberprüfung durch Kontaktaufnahme mit Krankenhäusern und Fachärzten. Die Übereinstimmung dieser Befragung mit den durch die Hausärzte elektronisch dokumentierten Daten lag je nach untersuchten Bereichen zwischen 90% und 100% (Jick et al. 2003). Ein weiteres britisches und sehr ähnliches Projekt heißt „Q-Research“, welches eine Datenbank mit anonymisierten Patientendaten erstellt (http://www.nottingham.ac.uk/). Im Rahmen dieses Projektes werden die elektronischen Patientendaten vollständig und irreversibel anonymisiert. Bei diesem Projekt werden zunächst innerhalb jeder teilnehmenden Praxis pseudonymisierte Patientennummern generiert, welche dem Anwender bei der Nutzung der Datenbank aber nicht zur Verfügung stehen. So ist durch das Pseudonym eine fortlaufende Aktualisierung der Datenbanken möglich. Sowohl „Q-research“ als auch „GPRD“ arbeiten jeweils nur mit einer Software, innerhalb derer sehr detaillierte Vorgaben bezüglich der Dokumentation gemacht werden, wodurch ein recht „homogener“ Datensatz entsteht.

20

In Deutschland stand eine solche Datenbank zum Zeitpunkt dieser Untersuchung (noch) nicht zur Verfügung. Ein Weg, wie wissenschaftlich verwertbare Daten aus dem ambulanten Versorgungsbereich auch in Deutschland gewonnen werden könnten - z.B. zum Aufbau einer Datenbank mit „Rohdaten“ als Grundlage hausärztlicher Versorgungsforschung - wird in den folgenden Teilen dieser Arbeit näher erläutert. Grundlage dieser relativ jungen Methode zur Datengewinnung ist die sogenannte BDTSchnittstelle, die seitens der Herstellerfirmen in jeder Abrechnungssoftware für Arztpraxen integriert sein muss. BDT steht für Befund-Daten-Transfer. Ursprünglich nur für Abrechnungszwecke entwickelt, ermöglicht diese Schnittstelle nicht nur den Umstieg auf eine andere Praxissoftware unter Mitnahme aller Patientendaten sondern auch den Export aller Patientendaten auf Disketten, was im Rahmen dieser Arbeit genutzt wurde. Innerhalb der verschiedenen Praxen-EDV sind dem Nutzer, also dem Arzt oder der Arzthelferin, relativ wenige Vorgaben gemacht, welche BDT-Felder für welche Einträge genutzt werden. Ein geringes Maß an Standardisierung bei der Dokumentation ist die Folge. Hierin besteht ein wesentlicher Unterschied der BDT-Struktur zu den bisher laufenden, internationalen Projekten, die mit einer einzigen Software auskommen, innerhalb der auch noch strukturierte Einträge verlangt werden: z.B. müssen in Großbritannien Allgemeinmediziner nach Vorgaben vom National Health Service (NHS) eine Software verwenden, die eine strukturierte Suche in den Praxisdatensätzen ermöglicht (de Lusignan 2005). Ein weiterer Unterschied in der BDT Struktur besteht darin, dass auch Textfelder enthalten sind, in die der dokumentierende Arzt freie Texteinträge schreiben kann. Zum Zeitpunkt meiner Datenerhebung zu dieser Studie gab es bereits ein Projekt der Abteilung Allgemeinmedizin der Universität Göttingen, welches „BDT-Daten“ nutzte, um das Verhalten von Allgemeinmedizinern bezüglicher der Verschreibungspraxis von Generika zu untersuchen: im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Interventionsstudie wurde untersucht, ob der Einsatz von Generika-Präparaten der Ärzte durch persönliche Besuche eines

Experten

bei

den

Ärzten

der

Interventionsgruppe

sowie

Patienteninformationsbroschüren modifiziert werden kann. Der Erfolg der Intervention wurde anhand einer Analyse der Verordnungen durch die Ärzte untersucht (Hummers-Pradier et al. 2003). Meine Arbeit über „Hausärztliche Versorgungsforschung anhand von Routinedaten aus der Praxen-EDV am Beispiel von Diagnostik und Therapie der ambulant erworbener Pneumonie“

21

geht einen Schritt über das oben vorgestellte „Generika-Projekt“ hinaus und soll, im Sinne einer Machbarkeits-, bzw. Pilotstudie, weitergehende Möglichkeiten der BDT-Daten für hausärztliche Forschung zu Befunden und Behandlung ausloten. In anderen Ländern laufen ähnliche Forschungsvorhaben an: im Rahmen einer schwedischen Studie wurde evaluiert, wie aus elektronischen Patientenakten Daten als Grundlage für die hausärztliche Versorgungsforschung gewonnen werden können. Die Autoren folgerten aus Ihrer Untersuchung, dass es mit moderatem Arbeitsaufwand möglich sei, nahezu vollständige Datensätze aus den elektronisch geführten Patientenakten zu gewinnen (Mansson et al. 2004). Nilson et al. (2002) kommen zu dem Ergebnis, dass elektronische Patientenakten eine wichtige Rolle in der hausärztlichen Versorgungsforschung spielen können und durchaus geeignet sind, als Grundlage für eine Datenbank zur Versorgungsforschung im hausärztlichen Bereich zu dienen. De Lusignan et al. (2005) kamen in Ihrer Untersuchung aus Groß Britannien zu dem Schluss, dass elektronisch gewonnene hausärztliche Routinedaten sich dafür eignen, bestimmte Patienten für Studienzwecke (hier Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion) zu identifizieren. Die Autoren stellten fest, dass Risikofaktoren sowie Dauerdiagnosen und Therapiemaßnahmen anhand dieser Routinedaten ausgewertet werden konnten.

22

3. Forschungsfragen

Im Rahmen dieser Arbeit soll zunächst überprüft werden, ob und wie sich elektronische Abrechnungsdaten (sogenannte „BDT-Daten“) aus hausärztlichen Praxen pseudonymisieren und von Arztpraxen-Computern extrahieren lassen (Machbarkeitsstudie). Nach Prüfung der Praktikabilität dieser Methode soll – exemplarisch am Krankheitsbild der ambulant erworbenen Pneumonie - untersucht werden, ob und welche Fragestellungen in der hausärztlichen Versorgungsforschung mit diesen Routinedaten beantwortet werden können. Falls die Datenlage ausreichend erscheint, soll ein Überblick über den aktuellen Stand der Diagnostik und Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie in den eingeschlossenen Hausarztpraxen gegeben werden. Fragestellungen zu folgenden Aspekten sollen, wenn möglich, beantwortet werden: - Häufigkeit und Altersverteilung der AEP in hausärztlichen Praxen - Evaluierung von Risikofaktoren für eine AEP in Form von zugrunde liegenden chronischen Erkrankungen (Dauerdiagnosen) - Anzahl der Arzt-Patienten-Kontakte im Verlauf der Erkrankung - vom Hausarzt durchgeführte Diagnostik bei Verdacht auf eine AEP - Einweisung zur stationären Behandlung / Überweisung an Fachärzte - eingesetzte Antibiotika bei dem Verdacht auf eine AEP - Einsatz von Pneumokokken- und Influenzaimpfstoff und Häufigkeit von ambulant erworbenen Pneumonien bei Patienten, die oben genannte Impfung erhielten

23

4. Material und Methoden 4.1 Studiendesign Dieser Arbeit liegt eine retrospektive Datenerhebung über 24 Monate (01.10.2000 bis 30.09.2002) zugrunde. Es handelt sich um eine Beobachtungsstudie im Sinne einer Querschnittsstichprobe.

4.2 Ort der Datenerhebung Der Landkreis Hameln-Pyrmont liegt in der Mitte Niedersachsens, ca. 50 Kilometer südlich von Hannover. Die größten Städte sind Hameln (ca. 60.000 Einwohner) und Bad Pyrmont (ca. 25.000 Einwohner). In diesen beiden Städten sowie den umliegenden Orten Aerzen (ca. 12.000 Einwohner), Salzhemmendorf (ca. 11.000 Einwohner) und Emmerthal (ca. 11.000 Einwohner) sind die teilnehmenden Arztpraxen beheimatet.

4.3 Rekrutierung und Teilnahme Für die vorliegende Arbeit wurden alle Fachärzte für Allgemeinmedizin, die im November 2002 in der Liste der kassenärztlichen Vereinigung für den Landkreis Hameln-Pyrmont, Niedersachsen, geführt wurden, mit einem Anschreiben für die Studie angeworben (Anhang 1). Neben dem Anschreiben, in dem die Studie kurz vorgestellt wurde, erhielten die angeschriebenen Ärzte ein Formular, das die Möglichkeit der Antwort per Telefax beinhaltete (Anhang 2). Auf diesem Formular wurde nach Interesse an der Teilnahme an der vorher im Anschreiben beschriebenen Studie gefragt. Bei Ablehnung gab es die Möglichkeit der Begründung für „kein Interesse“ an der Teilnahme. Des weiteren wurde nach der verwendeten Praxissoftware, der Version und dem Betriebssystem gefragt, ebenso nach dem Einsatzbereich der Praxissoftware. Hier konnten zwischen den Angaben „Nur zur Abrechnung“, „für die Dokumentation“, „für Verordnungen“ und „Sonstiges“ gewählt werden. Die im Anschreiben aufgeführte Telefonnummer bot auch die Möglichkeit, telefonisch direkt mit der Abteilung für Allgemeinmedizin in Göttingen in Kontakt zu treten.

24

4.4 Besuch in den teilnehmenden Praxen Jede teilnehmende Praxis wurde von mir persönlich besucht. In einem Projekt, in dem man versucht hatte, den Export seitens der Arztpraxen selbst vornehmen zu lassen, war festgestellt worden, dass die Akzeptanz zum selbstständigen Datenexport (nach schriftlicher Anleitung) gering, bzw. die gewonnenen Daten fehlerhaft waren (Hummers-Pradier et al. 2003). Somit erschien es am sichersten, die Daten selbst zu extrahieren.

4.5 Die Grundlage aller gewonnenen Daten: die BDT-Schnittstelle BDT steht für Befund-Daten-Transfer und bezeichnet eine elektronische Schnittstelle, bzw. ein Programm-Modul in der von Arztpraxen genutzten Software. Die BDT-Schnittstelle war ursprünglich für Abrechnungszwecke geschaffen worden. Außerdem soll dieser Programmteil einen Umstieg auf eine andere Software unter Mitnahme der existierenden elektronischen Patientendaten ermöglichen, falls ein solcher Wechsel seitens einer Arztpraxis gewünscht wird. Sämtliche Hersteller von Software für Ärzte müssen diesen Standard in ihren Programmen integrieren, um von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zertifiziert zu werden. Eine weitere Verwendungsmöglichkeit, nämlich der Export von ärztlichen Routinedaten über die BDT-Schnittstelle zu Forschungszwecken, soll in dieser Arbeit evaluiert werden.

4.6 Datenerhebung über die Befund-Daten-Transfer- (kurz BDT-) Schnittstelle Die Abbildung 4.1 enthält eine stichpunktartige Übersicht der einzelnen Schritte der Datengewinnung, die auf den folgenden Seiten näher erläutert wird.

25

Abbildung 4.1: Schritte des Datenexportes

Schritte des Datenexportes

BDT-Modul (Softwareteil) wird aktiviert ▼ gewünschten Zeitraum selektieren ▼ Datei mit allen Rohdaten des gewählten Zeitraumes wird generiert ▼ Datei wird mit einem Programm anonymisiert („Anonymizer“) ▼ anonymisierte Datei wird in diskettengroße, kleinere Dateien zerlegt (jetzt transportfähig)

Der Export der BDT-Daten geschieht über in die Software integrierte BDT-Module. In einigen Fällen mussten diese Module erst bei den Herstellern angefordert werden und nachträglich auf den Rechnern in den Arztpraxen installiert werden. Vor dem Datenexport über die BDT-Schnittstelle kann in der Software gewählt werden, ob bestimmte Patienten (Auswahl erfolgt nach Patientennummern) oder die Patienten eines bestimmten Zeitraums (Auswahl erfolgt nach Datum) exportiert werden sollen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde letztere Option verwendet. Beim eigentlichen Export werden Dateien erzeugt, die Informationen über die Praxis, individuelle Patienten und Einträge über die Arztkonsultationen enthalten. Der Aufbau dieser Dateien besteht grundsätzlich aus einem BDT-Feld - kodiert durch eine vierstellige Zahl –und einem nachgeordnetem Feldinhalt, welches die eigentliche Information beinhaltet (exemplarischer Auszug siehe nachstehende Tabelle 4.1). Eine komplette Auflistung aller BDT-Felder und deren Bedeutung sind als „Anhang 3 – BDT-FelderDefinitionen“ dieser Arbeit beigefügt. Mehrere BDT-Felder mit nachgeordnetem Feldinhalt bilden einen BDT-Datensatz.

26

Tabelle 4.1: Beispiele für BDT-Feldinhalte

BDT

Definition

Beispiel

3101

Geburtsdatum

25.08.1944

3103

Geschlecht

1 (Bedeutung: männlich)

6000

Abrechnungsdiagnose

Pneumonie nicht näher bezeichnet

6001

ICD-Schlüssel

J18.9

6205

Aktuelle Diagnose

Mykoplasmenpneumonie

6210

Medikament verordnet

Erythromycin

6280

Überweisung Inhalt

FA für Radiologie

6331

Inhalt der ersten freien

Pat. lehnt Einweisung ab.

Kategorie Satzart „6200“ 8420

Testergebnis

Na+ = 131

Nach dem Export liegen die Daten als „Rohdatensätze“ im ASCII-Format auf dem jeweiligen Praxencomputer vor. Dieses Format erscheint zunächst recht unübersichtlich, da den Zahlenkolonnen die Feldinhalte einfach angehängt sind. Mit „Zeichenlänge“ wird festgelegt, wie viele Zeichen in diesem BDT-Feld vorkommen können. Die BDT-Feldkennung kodiert für ein bestimmtes BDT-Feld und erst danach wird der eigentliche Feldinhalt gelistet. Ein Beispiel für dieses noch recht unübersichtliche Format gibt die nachstehende Abbildung 4.2 auf der folgenden Seite.

27

Abbildung 4.2: Screenshot einer im Text-Viewer geöffneten BDT-Datei nach Export

4.7 Anonymisierung und Pseudonymisierung der BDT-Datensätze Um den Ansprüchen des Datenschutzes gerecht zu werden, wurden die auf dem Praxisrechner erstellten „Rohdatensätze“, die auf der Festplatte im Klartext lesbar sind, mit einem Anonymisierungsprogramm noch vor Ort bearbeitet, welches speziell für diesen Zweck vom Softwarehaus Müller (Müller Software GmbH, Hohe-Kreuz-Str. 38, 96049 Bamberg) entwickelt worden war. Dieses Programm erkennt innerhalb der Datensätze anhand der BDTFeldkennung (Beispiel s. Tabelle 4.1), wo personenbezogene Daten enthalten sind: hierzu gehören Vorname, Patientenname, Titel, PLZ/Ort, Strasse mit Hausnummer und die Krankenversicherung. Diese Felder werden anonymisiert. Bei der Anonymisierung wird der entsprechende Feldinhalt entfernt. Bei der anschließenden Pseudonymisierung wird der Inhalt nach mathematischen Verfahren verfremdet, so dass zwar eine Verfolgung der Pseudo-

28

Identifikation quartalsübergreifend ermöglicht wird, aber ohne die Originaldaten, konkret die Patientennummer, keine Rückverfolgung auf die ursprünglichen Personalien möglich ist. Nach der Pseudonymisierung wurden die Daten komprimiert, auf Diskettengröße geteilt und auf 1,44 MB-Disketten gespeichert, die dann aus den Arztpraxen mitgenommen werden konnten. Im Anschluss mussten die Daten jeder Praxis wieder zu ganzen Dateien zusammengeführt werden, damit sie zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung standen.

4.8 Die Datenaufbereitung Nachdem die Daten einer jeden Praxis wieder zusammengefügt worden waren, überprüfte ich, ob dieses vollständig geschehen war. Danach wurden die im ASCII-Format vorliegenden BDT-Datensätze (s. Abbildung 4.2 / Kapitel 4.6) in der Abteilung Allgemeinmedizin der Universität Göttingen in für das Statistikprogramm SAS (Version 8.02) lesbare SAS-Dateien umgewandelt. Hierbei mussten zunächst Sprachinhalte vereinheitlicht werden: Umlaute wurden in die ausgeschriebene Form (z.B. „ä“ nach „ae“) und „ß“ nach „ss“ umgewandelt, um die folgenden Datenverarbeitungsschritte fehlerfrei bewältigen zu können (Konvertierung von „ASCII“-Zeichensatz nach „ANSI“). Das SAS-Programm zum Import von schon ins ANSI-Format umgeformten BDT-Daten in SAS-Dateien wurde im Rahmen eines Werkvertrags mit der Abteilung Allgemeinmedizin, Göttingen, von einem Mathematiker (Dr. rer. nat. Thomas Bruckner, Heidelberg) geschrieben. Wichtig für die folgende Auswertung war hier, dass in jeder Zeile des neu formierten Datensatzes

eine

Verknüpfung

der

Feldinhalte

zur

Patientennummer

und

zum

Abrechnungsdatum, bzw. zum eigentlichen Datum der erbrachten Leistung erhalten blieb, um z.B. verordnete Medikamente (z.B. Amoxicillin) auch zeitlich einer Abrechnungsdiagnose (z.B. Broncho-pneumonie) zuordnen zu können oder den zeitlichen Zusammenhang zwischen einer Ein- oder Überweisung mit einer bestimmten Diagnose belegen zu können. Obwohl beim Export in allen Praxen der gewünschte Untersuchungszeitraum gewählt wurde, kam es vor, dass der gesamte Patientenstamm einer Praxis pseudonymisiert und exportiert wurde. Deshalb war es vor weiteren Verarbeitungsschritten nötig, Daten aus unerwünschten Zeiträumen aus den Dateien zu löschen. Der eben beschriebene Vorgang und alle weiteren Schritte wurden mit dem Programm SAS durchgeführt.

29

4.9 Die Datenauswertung Ein Beispiel dafür, wie die Daten nach dieser in Kapitel 4.5 beschriebenen Aufbereitung aussahen, zeigt nachfolgende Abbildung 4.3.

Abbildung 4.3: Screenshot des in SAS geöffneten „Rohdatensatzes“

In diesen Datensätzen identifizierte ich zunächst Beispielpatienten mit einer Pneumonie mittels manueller Durchsicht der Daten und erstellte ein Profil von diesen, um eine Vorstellung davon zu gewinnen, welche Informationen zu den Patienten überhaupt zu erwarten waren. Die Tabelle 4.2 auf der nächsten Seite zeigt beispielhaft das manuell erstellte Profil von zwei Patienten (Patientennummer 161 und 654) der Praxis 1.

30

Tabelle 4.2: manuell erstelltes Patientenprofil anhand von BDT-Daten

Zu diesem Zeitpunkt der Datenbearbeitung waren von allen 13 teilnehmenden Praxen einzelne Datensätze vorhanden. Um nicht jede Praxis einzeln für sich bearbeiten zu müssen, wurden die Datensätze aller Praxen zusammengeführt. Um spätere Verwechslung (z.B. durch gleiche Patientennummern in verschiedenen Praxen) von Patienten zu vermeiden, wurden vor dem Zusammenfügen der Datensätze die alten Patientennummern durch neue ersetzt, wobei nach dieser Neuzuteilung von Nummern, die ersten beiden Stellen der Patientennummer die Praxis bezeichneten; darauf folgten als Trennung drei Nullen gefolgt von der eigentlichen, alten Patientennummer (Beispiel: die Patientennummer 1000161 bezieht sich auf den Patienten mit der früheren Patientennummer 161 aus der Praxis 1). Für den nun vorliegenden Datensatz wurden Suchalghoritmen

programmiert,

die die

Patientendaten nach einer oder mehreren der folgenden ICD-10-verschlüsselten Diagnosen (Abbildung 4.4) durchsuchten.

31

Abbildung 4.4: ICD-Codes, die in den Suchalgorithmus aufgenommen wurden J11.0 Grippe mit Pneumonie, Viren nicht nachgewiesen; J12

Viruspneumonie, anderenorts nicht klassifiziert;

J12.0 Pneumonie durch Adenoviren; J12.1 Pneumonie durch Respiratory-Syncytial-Viren [RS-Viren]; J12.2 Pneumonie durch Parainfluenzaviren; J12.8 Pneumonie durch sonstige Viren; J12.9 Viruspneumonie, nicht näher bezeichnet; J13

Pneumonie durch Streptococcus pneumoniae ;

J14

Pneumonie durch Haemophilus influenzae ;

J15

Pneumonie durch Bakterien, anderenorts nicht klassifiziert ;

J15.0 Pneumonie durch Klebsiella pneumoniae; J15.1 Pneumonie durch Pseudomonas; J15.2 Pneumonie durch Staphylokokken; J15.3 Pneumonie durch Streptokokken der Gruppe B; J15.4 Pneumonie durch sonstige Streptokokken; J15.5 Pneumonie durch Escherichia coli; J15.6 Pneumonie durch andere aerobe gramnegative Bakterien; J15.7 Pneumonie durch Mycoplasma pneumoniae; J15.8 Sonstige bakterielle Pneumonie; J15.9 Bakterielle Pneumonie, nicht näher bezeichnet; J16

Pneumonie durch sonstige Infektionserreger, anderenorts nicht klassifiziert ;

J16.0 Pneumonie durch Chlamydien; J16.8 Pneumonie durch sonstige näher bezeichnete Infektionserreger; J17

Pneumonie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten ;

J17.0 Pneumonie bei anderenorts klassifizierten bakteriellen Krankheiten; J17.1 Pneumonie bei anderenorts klassifizierten Viruskrankheiten; J17.2 Pneumonie bei Mykosen; J17.3 Pneumonie bei parasitären Krankheiten J17.8 Pneumonie bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten; J18

Pneumonie, Erreger nicht näher bezeichnet ;

J18.0 Bronchopneumonie, nicht näher bezeichnet; J18.1 Lobärpneumonie, nicht näher bezeichnet;

32

J18.2 Hypostatische Pneumonie, nicht näher bezeichnet; J18.8 Sonstige Pneumonie, Erreger nicht näher bezeichnet; J18.9 Pneumonie, nicht näher bezeichnet; J22 Akute Infektion der unteren Atemwege, nicht näher bezeichnet; J69 Pneumonie durch feste und flüssige Substanzen; J69.0 Pneumonie durch Nahrung oder Erbrochenes; J69.1 Pneumonie durch Öle und Extrakte; J69.8 Pneumonie durch sonstige feste und flüssige Substanzen. In Praxen, in denen keine Verschlüsselungen der Diagnosen nach ICD-10 vorgenommen worden waren, wurde ein alternatives Suchverfahren angewendet: Pneumoniepatienten wurden identifiziert, indem ich nach Klartextdiagnosen in allen Variablen der elektronischen Kartei gesuchte (z.B. „Bronchopneumonie“). Um keinen Patienten zu übersehen, wurde zunächst eine Übersicht über sämtliche Texteinträge im Datensatz ausgegeben. Hier selektierte ich vorhandene Klartextdiagnosen. Anhand dieser Übersicht konnten nicht nur die in Frage kommenden Diagnosen eingesehen werden, sondern auch die verschiedenartige Ausprägung

der

Rechtschreibung

und

Rechtschreibfehler

bei

der

Dokumentation

berücksichtigt werden. Nach den über dieses Verfahren identifizierten Diagnosen und deren Schreibformen wurde dann in den Datensätzen nach Patienten mit einer Pneumonie gesucht. Der Vollständigkeit halber wurden auch in den Praxendaten, die Diagnosen mit ICD-Codes enthielten, die eben beschriebene Freitextsuche durchgeführt. Vergleichend wurde untersucht, ob über eine Freitextsuche oder über eine Abfrage der ICD-Kodierungen mehr Patienten identifiziert werden konnten. Wurde bei einem Patienten eine der in Abbildung 4.4 gelisteten Diagnosen entdeckt, wurden alle Daten, die zu diesem Patienten gehörten, in eine neue Datei überführt, welche die Grundlage für alle weiteren Auswertungsschritte darstellte.

4.10 Qualität der Daten Die Aussagekraft der gewonnenen Datensätze kann variieren, je nachdem ob die PraxisSoftware nur zur Abrechung oder aber auch zur Dokumentation genutzt wurde, da davon ausgegangen werden kann, dass, wenn auch elektronisch dokumentiert wird, der Datensatz umfassender ist als wenn die Software nur zur Abrechung genutzt wird. Um zu überprüfen, inwieweit die vorhandenen Daten auch zur elektronischen Dokumentation genutzt wurden, wurde geprüft, ob das BDT-Feld „6205“ (aktuelle Diagnose) in der 33

jeweiligen Software genutzt wurde: in einer Studie der Universität Göttingen, die auch Aussagen zur Qualität von exportierten BDT-Daten macht, wurde deutlich, dass das Vorhandensein des BDT-Feldes „6205“ ein deutlicher Indikator für eine über das Minimum hinausgehende Datendokumentation und damit ein überaus wichtiger Indikator für eine Überprüfung der vorliegenden Datenqualität ist (Sigle et al. 2004).

4.11 Auswertung der in Frage kommenden Patientendaten Zunächst wurde überprüft, wie viele Patienten über das im BDT vorgesehene Feld für ICDDiagnoseverschlüsselung (BDT-Felder „6000“ = Abrechnungsdiagnose und „6001“ = ICDSchlüssel ) identifiziert werden konnten. Im Anschluss hieran wurden weitere, nicht für die Diagnoseverschlüsselung vorgesehene Felder, abgefragt („Freitextfelder“, hier die BDTFelder 6330 bis 6333). Sofern entsprechende Daten dokumentiert worden waren, wurde im Einzelnen bei jedem identifizierten Patienten mit einer Pneumonie erfasst, wie alt er zum Zeitpunkt der Diagnosestellung war, welchem Geschlecht er angehört, welche Laboruntersuchungen durchgeführt wurden (falls überhaupt Blut abgenommen worden war), ob er im Zusammenhang mit der Pneumonie überwiesen wurde (z.B. Facharzt für Radiologie), ob er in ein Krankenhaus eingewiesen wurde, ob und welche Medikamente ihm verordnet wurden und unter welchen chronischen Krankheiten er litt (welche Dauerdiagnosen dokumentiert worden waren).

Laboruntersuchungen Laborleistungen, genauer die Abrechnung über eine erbrachte Laboruntersuchung, kann im BDT-Datensatz an verschiedenen Stellen kodiert sein: • Der BDT-Datensatz enthält das Feld 5001 („GNR“), welches sich auf die Gebührenziffern (Gebührennummern) des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) bezieht. Im zeitlichen Bezug (15 Tage vor/nach Diagnosetag der AEP) zu der Abrechnungsdiagnose (z.B. „Bronchopneumonie“)

soll

geprüft

werden,

ob

eine

Gebührenziffer

für

eine

Laboruntersuchung dokumentiert wurde . Die folgende Tabelle 4.2 zeigt, nach welchen Abrechnungsziffern gesucht wurde.

34

Tabelle 4.2: Abrechungsziffern für Laborleistungen und deren Bedeutung Labor-Ziffer (lt. EBM)1 3450 3510 3511 3512 3513 3514 3550 3620 3841

3842 3843

3850 1

Bedeutung Laborgrundgebühr Erythrozytenzählung Leukozytenzählung Thrombozytenzählung Hämoglobin Hämatokrit Bestimmung der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit Mikroskopische Differenzierung und Beurteilung aller korpuskulären Blutbestandteile Bestimmung von mindestens zwei der folgenden Parameter: Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl (ggf. einschl. orientierender Differenzierung), Thrombozytenzahl, Hämoglobin, Hämatokrit, mechanisierte Retikulozytenzählung Mechanisierte Zählung der Neutrophilen, Eosinophilen, Basophilen, Lymphozyten und Monozyten Vollständiger Blutstatus mittels automatisierter Verfahren (Hämoglobin, Hämatokrit, Erythrozyten-, Leukozyten- und Thrombozytenzählung, mechanisierte Zählung der Neutrophilen, Eosinophilen, Basophilen, Lymphozyten und Monozyten, ggf. einschl. mechanisierter Zählung der Retikulozyten und Bestimmung weiterer hämatologischer Kenngrößen C-reaktives Protein

Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM): Stand 1. Januar 2001

Zur Auswertung wurde zusammenfassend geprüft, ob Entzündungsparameter (hierzu wurden 3511=Leukozytenzählung, 3550=Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit

und 3850=C-

reaktives Protein gerechnet) oder das Blutbild im weiteren Sinne (hierzu wurden die übrigen in Tabelle 4.2. genannten Parameter gezählt) bestimmt wurden. • Eine weitere Möglichkeit ergibt sich, falls die BDT-Felder „6222“ (Laborbefund), „4522“ (Blutentnahme), „8410“ (Test-Identifikation), „8411“ (Testbezeichnung) oder „8420“ (Ergebnis-Wert) zur Dokumentation genutzt werden. Diese Felder erlauben Rückschlüsse auf die untersuchten Laborparameter, falls die Abrechnungsziffern aus irgendeinem Grund nicht dokumentiert wurden. Es soll geprüft werden, welche dieser Felder zur Dokumentation genutzt werden.

35

Antibiotikaverordnungen Bei der Untersuchung der Antibiotikaverordnungen mussten zwei verschiedene Wege gegangen werden und zwar je nachdem, ob in den Patientendaten eine Pharmazentralnummer („PZN“) oder nur der Medikamentenname allein festgehalten worden war. In den Datensätzen der Praxen, die die Software „Medistar“ verwendeten, waren keine Pharmazentralnummern enthalten. War mit der Software der „Doc-Gruppe“, „MCS-INA“ oder „Quincy PC-Net“ dokumentiert worden, so befanden sich auch Pharmazentralnummern in den Datensätzen. Waren die Pharmazentralnummern dokumentiert worden, war es einfach, den dazugehörigen ATC-(anatomisch-therapeutisch-chemischen) Code automatisch zuordnen zu lassen. Dies geschah folgendermaßen: zunächst wurden die für die Behandlung von Pneumoniepatienten in Frage kommenden Medikamente aus dem Katalog mit den ATC-Klassifikationen herausgesucht. Dies waren im einzelnen Pharmaka der ATC-Untergruppe „J“ (klassifiziert werden „Antiinfektiva zur systemischen Anwendung“). Mit

Hilfe einer Datei

(Wido

GKV-Arzneimittelindex der AOK) in

der jeder

Pharmazentralnummer ein ATC-Code zugeordnet ist, wurde jeder Pharmazentralnummer in meinen Daten der entsprechende ATC-Code - und somit auch der Medikamentenname – zugeordnet (Abbildung 4.5)

36

Abbildung 4.5: Verknüpfung von Pharmazentralnummern mit ATC-Klassifikation

Eine weitere Untergruppierung, beispielsweise in Makrolid und Penicillin innerhalb der „JGruppe“, konnte aufgrund der ATC-Kodierung vorgenommen werden. BDT-Daten aus Praxen, die mit der Software „Medistar“ arbeiteten, enthielten keine Pharmazentralnummern. Somit konnte nicht einfach jeder in Frage kommenden Verordnung per Computer ein ATC-Code zugeordnet werden. Es blieb hier nichts anderes übrig als alle Antibiotikaverordnungen durchzusehen: wie oben schon erwähnt, war zunächst einmal eine Datei mit den Substanzen (sortiert nach ATC-Code) erstellt worden, die für die Behandlung von Pneumoniepatienten in Frage kam; tauchte bei der Durchsicht einer nicht PZN-kodierten Datei nun ein Medikament aus dieser ATC-Code-Liste auf, wurde der ATC-Code manuell in die Datei mit den Antibiotikaverordnungen übertragen (Abbildung 4.6).

37

Abbildung 4.6: Manuelle Verknüpfung bei fehlenden Pharmazentralnummern

Dies ist ein recht umständlicher Weg, der ein wenig dadurch vereinfacht werden kann, indem man zunächst beide Dateien nach dem Medikamentennamen alphabetisch sortiert: so ist es möglich, gleich allen mehrfach auftauchenden Medikamenten auf einmal den passenden ATC-Code zuzuordnen. So konnte eine Datei erstellt werden, die zu jedem Antibiotikum auch den

dazugehörigen

ATC-Code

enthielt,

dokumentiert worden war.

38

selbst

wenn

keine

Pharmazentralnummer

Klassifizierung der Antibiotika Die Medikamente wurden, in Anlehnung an die ATC-Klassifizierung, vor der eigentlichen Auswertung in Gruppen aufgeteilt. Aufgeführt sind nur die Medikamente, die tatsächlich verordnet wurden.

Abbildung 4.5: Im Rahmen einer AEP verordnete Antibiotika

Verordnete Substanz, bzw. Gruppe Makrolid Amoxicillin Chinolone (“alte” Generation) 1 Cehalosporine (2. Generation) 2 Penicillin Sulfonamid + TMP (Kombinations-Präparat) Chinolone („neue“ Generation, auch sog. Atemwegschinolone) 3 Cehalosporine (3. Generation) 4 Amoxicillin + β-Lactamase-Inhibitor Cehalosporine (1. Generation) 5 Tetrazyklin Lincosamide Sulfonamide als Teil eines Kombinationspräparates (exkl. TMP) Nitrofuran Fosfomycin Nitroxillin systemische Antimykotika

ATC-Code J01FA01-J01FA15 J01CA01-J01CA04 J01MA0, J01MA02, J01MA04, J01MA06, J01MA12 J01DA06, J01DA08, J01DA45 J01CE02 J01EE01 J01MA14 J01DA13, J01DA23, J01DA33, J01DA39 J01CR01-J01CR50 J01DA01, J01DA09 J01AA01-J01AA1 J01FF01 J01RA02 J01XE01-J01XE5 J01XX01 J01XX07 J02AA-J02AX04

1

Ciprofloxacin, Enoxacin, Levofloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin Cefuroxim, Cefaclor, Cefuroximaxetil 3 Moxifloxacin 4 Ceftriaxon, Cefixim, Cefpodoxim, Ceftibuten 5 Cefalexin, Cefadroxil 2

Mittels eines SAS-Programmes wurden die verordneten Präparate dann in die oben beschriebenen Gruppen eingeordnet und statistisch ausgewertet, welches Präparat, bzw. welche Präparate-Gruppe wie oft verordnet wurde.

39

Dauerdiagnosen Für die Dokumentation von Dauerdiagnosen sieht der BDT-Code das Feld 3650 („Dauerdiagnosen“) vor. Die Dauerdiagnosen wurden zu solchen Gruppen zusammengefasst, die in der Literatur entweder als Risikofaktoren für die Erkrankung an einer AEP oder als komplizierende Faktoren einer Pneumonie angegeben werden. Um die Auswertung im folgenden Ergebnisteil (Abbildung 5.5) der Arbeit zu verstehen, wird im Folgenden erläutert, welche Diagnosen konkret dokumentiert wurden. Aufgrund der verschiedensten Rechtschreibvarianten innerhalb der Freitextfelder war es notwendig, zunächst alle Schreib- und Abkürzungsvarianten unter SAS tabellarisch auszugeben und dann in die eigentlichen Suchalgorithmen zu übernehmen. - Die Gruppe „Asthma bronchiale“ enthält folgende Dauerdiagnosen: Asthma, Asthma bronchiale, Bronchialasthma, allerg. Asthma bronchiale, allerg. Bronchitis, allergisch bedingtes Asthma, hyperreagibles Bronchialsystem und Asthma bronchiale, nicht näher bezeichnet. - In die Gruppe „COPD“ wurden eingeordnet: Bronchitis (hier nur als Dauerdiagnosen), Bronchitis mit Lungenblähung, COLD [Chronic obstructive lung disease], COPD, COLD, Chron. Bronchitis seit 20 Jahren, ohne regelm Med., Chronische obstruktive Lungenkrankheit nicht näher bezeichnet (J44.9), Einfache chronische Bronchitis (J41.0), Emphysem, Emphysem bei chron.obstrukt.Bronchitis, Emphysembronchitis, Obstruktive Bronchitis, Verdacht COPD, chr.obstr.Atemwegserkr., ausgesprägte obstruktive Ventilationsstörung, chron. Bronchitis, chron. obstruktive Bronchitis, chron. rezid. Atemwegsinfekt, chron. rezid. Atemwegsinfekte, chron. rezid. Bronchitis, chron.Bronchitis, chron.obstr.Lungenerkr.IIa, chron.obstr.Lungenerkrankung (COLD), chronische Bronchitis, obstrukt. Ventilationsstörung, obstruktive Bronchitis, obstruktive Ventilationsstörung, schwerste komb.Ventilationsstörung. - Die Gruppe „Hypertonie“ enthält die folgenden Dauerdiagnosen: Essentielle (primäre) Hypertonie, Essentielle Hypertonie, Hochdruck, Hypertensive Herzkrankheit, Hypertensive Herzkrankheit ohne (kongestive), Hypertonie, Hypertonus, Hypertonusentgleisung, Labile Hypertonie, arterielle Hypertension, arterielle Hypertonie, arterielle Hypertension, arterielle

40

Hypertonie, ess.Hypertonie, ess.art.Hypertonie, hypertensive Herzkranheit, lab.Hypertonie, ren.Hypertonie, bekannte Hypertonie mit Med. (nicht gewusst). - In die Gruppe „Arteriosklerose und KHK“ wurden folgende Einträge gruppiert: AVKd.Beine Becken-Oberschenkeltyp, Angina pectoris, nicht näher bezeichnet, Chronische ischämische Herzkrankheit, nicht näher bezeichnet, KHK, KHK - s.a. Koronare Herzkrankheit,

KHK

bei

Zn.

PTCA

der

RCA

mit

Stentimplantation

1995,

KHK&(RCA98%+99% + 2 STENT, LADprox.90%, RCX 90%), Koronare Herzkrankheit, Koronarsklerose, Myokardinfarkt&(Z.n. post.lat.3'01, R.marg.I 99%), Z.n. koronarer BypassOp.&(RCA,RIVP,D1,M1), akuter Hinterwandinfarkt&(7'02), akuter Myokardinfarkt&(intrapost OP 7'02), Zustand nach Herzinfarkt, art.Verschlußkrankheit v.Unterschenkeltyp, art.Verschlußkrankheit v.Unterschenkeltyp bds, art.Verschlußkrankheit&{bes li US}, arterielle Verschlußkrankheit, coron.Herzkrankheit, coron.Herzkrkht, general. arterielle Verschlußkrankheit, generalisierte arterielle Verschlußkrankheit, koronare Herzkrankheit, koronare Herzkrankheit(3-Gefäß-E.), stenosierende KHK, schwere generalisierte Arterielle Verschlusskrankheit. - In die Gruppe „Diabetes“ wurden Patienten mit folgenden Einträgen eingeordnet: Diab.Mellitus Typ 2, Diab.Mellitus Typ 2a, Diabetes mell., Diabetes mellitus, Diabetes mellitus Typ II, Diabetes mellitus (diätet.), Diabetes mellitus IIb, Diabetes mellitus Typ II, Diabetes mellitus Typ IIb, Diabetes mellitus insulinabhängig, Diabetes mellitus(diätetisch einstellbar), Diabetes mit Retinopathie, Insulinabhängiger Diabetes, Insulinpflichtiger Diabetes

mellitus,

diabetische

Stoffwechsellage,

gest.

Glukosetoleranz,

gestört.Glucosetoleranz. -

Die

Gruppe

„Herzinsuffizienz“

beinhaltet

folgende

Dauerdiagnosen:

Globale

Herzinsuffizienz, Herzinsuff(NYHA II), Herzinsuff., Herzinsuffizienz, Herzinsuffizienz&(EF 47%, NYHA I), Herzinsuffizienz, nicht näher bezeichnet, Herzinsuffizienz (I11.9), Linksherzinsuffizienz, Linksherzinsuffizienz (EF=20%), Rechtsherzinsuffizienz. -

Die

Gruppe

„Chronischer

Alkoholabusus“

enthält

die

Dauerdiagnosen:

Alkoholabhängigkeit, Alkoholismus, Alkoholkrankheit, Alkoholkrankheit, Alkoholkrankheit (trocken).

41

- Folgende Dauerdiagnosen führten zur Einordnung in die Gruppe „Chronische Nierenerkrankung“: Nephrolithiasis, Niereninsuff., Niereninsuff. i.stad.d.komp.Retention, Niereninsuff.i.Stad.d.komp.Ret.,

Niereninsuffizienz,

Schrumpfniere,

Schrumpfniere

li,

Schrumpfniere rechts, Schrumpfniere & (li. infarziell), Z.n.Nephrektomie, Z.n.Nephrektomie li., chron. Niereninsuffizienz, pyelonephritische Schrumpfniere re., term.Niereninsuff & (Dialyse). - Zu den „Chronischen Lebererkrankungen“ zählten wir die folgenden Einträge: Autoimmunhepatitis, Chronische Hepatitis, Fettleber, Hepatitis, Leberparenchymschaden, Leberschaden, Leberzirrhose, Toxische Leberkrankheit, nicht näher bezeichnet, Z.n.Hepatitis, chron.Fettleber, chron.Hepatose, chron.Hepatose(A), posthep. Leberschaden, posthepatitischer Leberschaden. - In die Gruppe „Neoplasie“ fielen AML, Bösartige Neubildung des Hodens, nicht näher bezeichnet, Chemotherapeutische Verabreichung wegen bösartiger Neu^, Chemotherapie, Colon-NPL, Harnblasen-Carzinom, Hauttumor&{Stirn-Metastase?}, Karzinom, Kolon, Kolonkarzinom, Lungenkarzinom, Mamma-Ca links, Mammakarzinom, Mammakarzinom re.,

Nierenkarzinom&(re.

mäßig.diff.hellzell.CA+Teilresektion5'02),

Non-Hodgkin-

Lymphom, Prostatakarzinom, Rektumkarzinom&(T2M0G2 7'95,CEA3.5ng/ml präOP), Z.n.Mamma-Carcinom li., Zungengrundkarzinom, ausgedehnte Metastasierung , akute Monozytenleukämie. - In die Gruppe „Adipositas“ wurden die folgenden Dauerdiagnosen eingeordnet: Adipositas, Adipositas permagna, Dyslipoproteinämie, Fettstoffwechselstörungen, Hypercholesterinämie, Hypercholesterinämie Hyperlipidämie(Chol>300),

(E78.0),

Hyperlipidaemie,

Hyperlipidämie(Gr.D),

Hyperlipidämie,

Hyperlipidämie(Gruppe

E),

Hyperlipidämie, nicht näher bezeichnet, Hyperlipämie, Reine Hypercholesterinämie (E78.0). - Die Dauerdiagnosen in der Gruppe „neurologische Erkrankungen“ enthalten folgende Einträge: Apoplex - s.a. Apoplexie, Apoplexie, Bettlägerigkeit nach Apoplex, Demenz, Früh beginnende

zerebellare

Ataxie,

HOPS,

HOPS

[Hirnorganisches

Psychosyndrom],

Hemiparese, Hemiparese li, Hemiparese li bei Multiinfarktsyndrom, Hemiparese rechts, Hemiplegie re, Kleinhirnblutung, Mb.Alzheimer, Morbus Parkinson, Multiinfarktsyndrom, Parkinson-Krankheit, Parkinson-Syndrom, Restsympt. nach Hirninfarkt (Hemiparese re,

42

Spachstörung), Retardierung, Schlaganfall, nicht als Blutung oder Infarkt bezeichnet Zustand nach, Schwere Intelligenzminderung ohne oder mit geringfügige(r), Senile Demenz, Stammganglienblutung, Status lacunaris, Z.n.Hirninfarkt, Z.n.Mediainsult, Z.n.mehreren Apoplexen, Zust.n.Subarachnoidalbltg., cerebrovasc. Insuffizienz, cerebral-ischämische Beschwerden,

cerbebrovask.Insuff.,

Psychosyndrom, sek.Epilepsie,

hirnorgan.Psychosyndrom,

sensomot.Aphasie, spast.Hemiparese

hirnorganisches li.n.Anterior- u.

Mediainfarkt re.(12/98), transiente ischäm.Attacke, vertebrobas. Insuff, Hirnleistungsstörung. Nach den in dieser Form dokumentierten Dauerdiagnosen wurde in der Datei mit allen Pneumoniepatienten mit einem SAS-Programm gesucht und die Häufigkeiten der Dauerdiagnosen berechnet.

Überweisungen an Fachärzte Für die Dokumentation einer Überweisung gibt es die BDT-Felder „ 4220“ (Überweisung) und „4243“ (weiterbehandelnder Arzt). Indirekt können auch die Felder „6225“ (Röntgenbefund) und „4540“ (Röntgenergebnis) einen Rückschluss auf eine Überweisung zum Facharzt ermöglichen. Anhand einer Abfrage der eben genannten Felder soll geprüft werden, ob im Rahmen der Pneumonie-Behandlung ein Facharzt in Anspruch genommen wurde. Facharztgruppen, nach denen gesucht wurde, sind der Facharzt für Innere Medizin (inklusive Facharzt für Pneumologie) sowie der Facharzt für Radiologie. Berücksichtigt wird auch das BDT-Feld „6331“ (Freitexteintrag), falls Überweisungen hier dokumentiert wurden.

Einweisung in ein Krankenhaus Es soll überprüft werden, ob ein Patient mit einer Pneumonie im Laufe der Behandlung in ein Krankenhaus eingewiesen wurde. Auch hierfür existieren gesonderte BDT-Felder: „4233“ (= Stationäre Behandlung von ... bis ... ), „4237“ (= Krankenhaus-Name) und „4238“ (= Krankenhausaufenthalt).

Darüber

hinaus

stehen

die

Felder

„6290“

(=

Krankenhauseinweisung, Krankenhaus) und „6291“ (= Krankenhauseinweisung) zur Verfügung. Ähnlich der Überprüfung zum Thema „Überweisungen an Fachärzte“ wird auch hier das BDT-Feld „6331“ (= Freitexteintrag) mit abgefragt.

43

5. Ergebnisse

5.1 Teilnehmende Arztpraxen Insgesamt wurden 96 Ärzte in 71 Arztpraxen für diese Studie kontaktiert. Hiervon kamen aus 24 Praxen (33,8 %) Antwortschreiben per Fax, eine Praxis nutzte das Telefon (1,4 %). Von den 24 per Telefax übermittelten Rückantworten waren 13 Praxen bereit, an der Studie teilzunehmen (54,1 % der Rückantworten, 18,3 % aller kontaktierten Praxen). Zwei Arztpraxen mussten ausgeschlossen werden, da die von ihnen verwendete Software keine BDT-Schnittstelle im Programm besaß.

Abbildung 5.1: Resonanz auf das Anschreiben

Interesse an der Studie

12

13 46

Keine Antwort positive Antwort Ablehnung der Teilnahme

Bei den Besuchen in den Arztpraxen wurden zwei weitere Arztpraxen von den schon teilnehmenden Ärzten vorgeschlagen, die aufgrund einer noch fehlenden Aktualisierung der Ärzteliste im Kreis bei den Anschreiben nicht berücksichtigt worden waren. Diese nahmen dann aufgrund dieser Empfehlungen ebenfalls an der Studie teil. So ergab sich eine Gesamtzahl von 13 Arztpraxen mit 22 Ärzten, die an der Erhebung teilnahmen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Struktur der teilnehmenden Praxen.

44

Tabelle 5.1: Charakteristika der teilnehmenden Arztpraxen Praxis 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Praxistyp 1 Geschlecht 2 E m G m/m/m E m G m/w E m E m E m E m G m/w/w E w E m E m E m

Patienten im Studienzeitraum3 2052 13975 1561 3236 1831 6408 5640 2788 19074 3737 5170 3067 1114

1

E = Einzelpraxis; G = Gemeinschaftspraxis; Geschlecht der (s) Praxisbetreiber(s), m = männlich; w = weiblich; 3 1. Oktober 2000 bis 30. September 2002, jeder Patient mind. einmal im Zeitraum erfasst;

2

5.2 Software, Datenexport und Anonymisierung Einen grafischen Überblick über die verwendete Software und deren Häufigkeit gibt die unterstehende Abbildung 5.2 – „Verteilung der Software“. Zur „Doc-Gruppe“ wurde die Software DocExpert und DocExpert Comfort zusammengefasst.

Abbildung 5.2: Übersicht über die verwendete Software

Verteilung Software 1

1 Medistar Doc-Gruppe MCS-INA

3

Quincy 8

45

Probleme beim Export der Daten vor Ort gab es nur in einer Praxis, die die Software der Firma „Medistar“ verwendete, weil hier das BDT-Export-Modul mit einem Passwort geschützt war, welches dem Arzt vor Ort nicht bekannt war. Dieses fehlende Passwort wurde von mir telefonisch bei der Firma Medistar erfragt. Bei einem zweiten Besuch in dieser Praxis war dann der Export nach Freischaltung des BDT-Moduls problemlos möglich. Ein weiteres Problem ergab sich bei 5 der 8 Praxen, die Medistar als Software nutzten: hier wurde von mir zwar der für den Daten-Export korrekte Zeitraum in der Exportmaske des Programms gewählt, transferiert wurden aber die gesamten Abrechnungsdaten der jeweiligen Praxen. Der Grund hierfür war mir nicht ersichtlich. Bei diesen Praxen erfolgte vor der eigentlichen Datenauswertung eine Verkleinerung der Datensätze, indem die nicht benötigten Zeiträume anhand der Felder „ldatum“ (Tag der Speicherung von Behandlungsdaten) und „behdatum“ (Tag der Behandlung) aus dem jeweiligen Datensatz herausgenommen wurden. Probleme hinsichtlich der Hardware der Arztpraxen gab es nur in einem Fall: hier konnte das Anonymisierungs-Programm nicht angewendet werden, weil die Hardware nicht die leistungsbezogenen Mindestanforderungen für die Software mitbrachte: der Arbeitsspeicher des genutzten Computers war zu gering ausgelegt. In diesem Fall war die Lösung, den Datenexport nach oben beschriebener Methode in eine Datei auf der Festplatte des Praxen-PC vorzunehmen. Diese noch nicht anonymisierten BDT-Datensätze auf dem Praxis-PC wurden dann vor Ort auf einen mobilen Computer übertragen und darauf anonymisiert. Die Ausgangsdatei mit nicht anonymisierten Daten wurde anschließend noch in der Praxis gelöscht, damit keine unanonymisierten Daten die Praxis verlassen konnten. Für den Export der Abrechnungsdaten unter DocExpert, bzw. DocExpert Comfort war es notwendig, von der Firma DocExpert ein tagesaktuelles Passwort für die Freischaltung des BDT-Moduls

anzufordern,

was

durch

ein

von

der

Arztpraxis

ausgefülltes

Bestätigungsschreiben aus der Arztpraxis heraus geschehen musste. Dieses recht umständliche Verfahren führte teilweise zu Unverständnis und Unmut bei den teilnehmenden Ärzten. Die Pseudonymisierung der zuvor exportierten und auf der jeweiligen Festplatte der PraxisPCs gespeicherten Dateien gelang mit dem „Anonymizer“ des Software-Hauses Müller problemlos. Patientenbezogenen Daten wie Name, Vorname und Adresse wurden zur Zufriedenheit anonymisiert. In keinem Fall wurden Felder der Datensätze, die per Definition personenbezogenen Daten enthielten, ungenügend anonymisiert dargestellt. Etwas anders verhielt es sich bei den Feldern, die einen freien Texteintrag ermöglichten: hier waren teilweise Namen von Angehörigen der Patienten - leider im Klartext - zu finden. 46

Datenqualität Bezüglich der Qualität der gewonnenen Daten ergab sich, dass das BDT-Feld 6205 („aktuelle Diagnose") in 8 von 13 Praxen (61%) zur Dokumentation genutzt wurde. Von den 5 Praxen, die nicht über dieses Feld dokumentiert hatten, nutzten 3 eine Software der Doc-Gruppe, 2 nutzen die Software der Firma Medistar.

5.3 Patientenidentifikation/Datenaufbereitung In 3 von 13 Praxen (23%) wurden Diagnosen nicht nach dem ICD kodiert. Die Suche nach Pneumoniepatienten in den Datensätzen dieser Praxen gestaltete sich deutlich aufwendiger als die Suche in den Praxisdaten, die nach ICD kodierten. Dafür gab es zwei Gründe: -

es mussten mehrere BDT-Felder abgefragt werden, nicht nur das für die Dokumentation vorgesehene Feld

-

bei der Dokumentation kommen häufig Rechtschreibfehler vor und es musste zunächst eine Übersicht ausgegeben werden, die alle Diagnosen und Schreibweisen (inklusive der Rechtschreibfehler) enthielt. Diese Übersicht musste komplett in einen Suchalgorithmus überführt werden. Erst dann konnten die Datensätze abgefragt werden.

5.4 Patienten Insgesamt wurden Daten aus 13 Arztpraxen exportiert. Im Zeitraum der Datenerhebung vom 1.10.2000 bis zum 30.09.2002 wurden in diesen Praxen insgesamt 69653 Patienten behandelt. Bei 591 (0,85%) dieser Patienten wurde die Abrechnungsdiagnose „Pneumonie“ in der jeweiligen Software dokumentiert. Die Zahlen der einzelnen Praxen gibt Tabelle 5.2 wieder.

47

Tabelle 5.2: Patientenanzahl und Praxis-Inzidenz der AEP

Praxis

Pneumonie-Patienten

Anteil

1

Patientenanzahl im untersuchten Zeitraum 2052

8

0,39%

2

13975

65

0,47%

3

1561

4

0,26%

4

3236

94

2,90%

5

1831

28

1,53%

6

6408

23

0,36%

7

5640

137

2,43%

8

2788

68

2,44%

9

19074

7

0,04%

10

3737

0

0,00%

11

5170

115

2,22%

12

3067

38

1,24%

13

1114

4

0,36%

Gesamt

69653

591

0,85%

Der Anteil der Patienten, der einmal aufgrund einer Pneumonie behandelt wurde, liegt beim Vergleich der 13 Praxen zwischen 0% und 2,9%. Die durchschnittliche „Praxis-Inzidenz“ liegt bei 0,85% und damit im Rahmen der in der Literatur beschriebenen Inzidenz der AEP (Dusch und Täuber 2001). Das mittlere Alter der Patienten liegt bei 34,9 Jahren, der Median liegt bei 44,8 Jahren (Minimum < 1 Jahr, Maximum 104 Jahre). Die Tabelle 5.3 gibt einen Überblick über die Verteilungshäufigkeit der Patienten mit einer Pneumonie in verschiedene Altersgruppen.

Tabelle 5.3: Häufigkeit in verschiedenen Altersgruppen Alter

Anzahl

Anteil

0-15 Jahre

128

21,6 %

16-50 Jahre

213

36,0 %

> 50 Jahre

250

42,3 %

48

Der größte Anteil der Patienten mit einer AEP entstammt der Gruppe der über 50jährigen, was sich mit den Angaben der Literatur deckt (CAPNETZ 2006). Bei der Betrachtung der Häufigkeit der Geschlechter ergab sich folgende Verteilung: 305 Patienten (51,6%) waren männlichen, 286 (48,4%) waren weiblichen Geschlechtes. Von den 591 Patienten mit einer AEP wurden 331 (56%) über den Klartext-Suchalgorithmus und 563 (95,2%) über die ICD-Kodierung identifiziert. Hieraus ergibt sich, dass Patienten „doppelt“ identifiziert wurden. Die Suchergebnisse wurden im Anschluss abgeglichen und Doppeltnennungen wieder gelöscht. Deutlich wird dabei, dass die Abfrage über die ICDDiagnosen den wirkungsvolleren Suchmechanismus darstellt. Die zusätzlich durchgeführte Freitextsuche ergänzte in dieser Arbeit lediglich die ICDAbfrage und entdeckte 4,8% der Pneumoniepatienten, die vorher über die ICD-Abfrage nicht detektiert worden waren.

5.5 Dauerdiagnosen / Komorbidität Die Suche nach Dauerdiagnosen mittels Suchalgorithmen (hier unter SAS) gestaltete sich bedeutend

komplizierter

als

die

nach

der

Abrechnungsdiagnose

(„Pneumonie“):

Abrechnungsdiagnosen wurden, wie vorher beschrieben, nahezu vollständig nach ICD-10 kodiert. Dauerdiagnosen hingegen wurden bei allen Praxen in Form von Klartext-Diagnosen dokumentiert. Die hier fehlende Standardisierung führte dazu, dass zunächst die Dauerdiagnosen (im Klartext) aller Patienten tabellarisch gelistet werden mussten und erst dann in den Suchalgorithmus übernommen werden konnten, um eine Datei zu erhalten, die man auch statistisch aufbereiten konnte. Dies ist bedeutend mühsamer als die automatisierte Suche nach ICD-10-Kodierungen. Eine Übersicht über alle vorhandenen Dokumentationsformen (gemeint sind alle erdenklichen Rechtschreibmöglichkeiten inklusive der vorliegenden Schreibfehler) der Dauerdiagnosen ist im Kapitel „Material und Methoden“ enthalten. Mit Ausnahme einer Praxis (Praxis Nr. 9) nutzen alle Praxen die Möglichkeit zur Dokumentation von Dauerdiagnosen mittels des BDTFeldes 3650 (Dauerdiagnosen). In der Praxis Nr. 9 wurden alle Diagnosen - also aktuelle Diagnosen und eben auch die Dauerdiagnosen - zusammen im BDT-Feld 6000 („Abrechnungsdiagnose“) dokumentiert. Somit war es nicht möglich, diese eine Praxis in bezug auf die Dokumentation von Dauerdiagnosen mit in die Auswertung einzubeziehen. 49

Bei 295 von 591 (49,9%) identifizierten Patienten mit einer Pneumonie waren eine oder mehrere Dauerdiagnosen dokumentiert worden. Die nachstehende Auflistung (Tabelle 5.4) gibt einen Überblick über die Dauerdiagnosen und deren Häufigkeit.

Tabelle 5.4: Häufigkeit der Dauerdiagnosen bei Patienten mit einer AEP (in absteigender Häufigkeit)

Anzahl der Pneumoniepatienten mit dieser Dauerdiagnose *1

Anteil an allen dokumentierten Dauerdiagnosen (n=295)

Hypertonie

53

17,97%

Adipositas/Fettstoffwechselstörung

48

16,27%

Diabetes mellitus

38

12,88%

COPD

35

11,86%

Koronare Herzkrankheit

33

11,19%

Zerebro-vaskuläre Erkrankungen

31

10,51%

Herzinsuffizienz

24

8,14%

Asthma bronchiale

19

6,44%

Chronische Lebererkrankung

19

6,44%

Neoplasie

15

5,08%

Chronische Nierenerkrankung

12

4,07%

Chronischer Alkoholabusus

6

2,03%

Dauerdiagnose

1

Mehrfachnennungen pro Patient möglich

5.6 Diagnostisches Vorgehen Die

BDT-Felder

„6222“

(Laborbefund),

„4522“

(Blutentnahme)

und

„8411“

(Testbezeichnung) wurden von keiner Praxis zur Dokumentation einer Laboruntersuchung, bzw. eines Laborergebnisses genutzt. Das BDT-Feld 5001 (Gebührennummer) wurde bei 9 von 13 Praxen (69,2%) in 31 Fällen zur Dokumentation einer Laborleistung im zeitlichen Zusammenhang mit der Diagnose Pneumonie genutzt. Hierbei wurden in 5 von 31 Laboruntersuchungen (16,1%) nur

50

Entzündungsparameter bestimmt, in 14 von 31 Fällen (45,2%) nur das Blutbild und in 12 von 31 Fällen (38,7%) Entzündungsparameter und Blutbild bestimmt. Die BDT-Felder „8410“ (Test-Identifikation) und „8420“ (Ergebnis-Wert) wurden zur Dokumentation von Laborleistungen am häufigsten genutzt: bei 216 (36,5%) der insgesamt 591 Pneumoniepatienten wurde zumindest ein Laborwert im zeitlichen Zusammenhang mit der Diagnose Pneumonie bestimmt. Die Ergebnisse dieser Laboranforderungen sowie körperliche Untersuchungsbefunde wurden in so geringem Ausmaß dokumentiert, dass eine Auswertung auf der Basis der untersuchten BDT-Datensätze nicht sinnvoll erschien. Die Befunde, die zur körperlichen Untersuchung vermerkt wurden, befanden sich in den Freitextfeldern (BDT-Felder „6330“ bis „6333“).

5.7 Überweisungen an Fachärzte Um die Überweisungen an andere Fachärzte zu untersuchen, wurden die BDT-FeldKennungen

4220

(„Überweisung

an“),

4243

(„weiterbehandelnder

Arzt“),

4540

(„Röntgenergebnis“), 6221 („Fremdbefund“), 6225 („Röntgenbefund“), 6280 („Überweisung Inhalt“), 6331 („Inhalt der ersten freien Kategorie“) und 6333 (Inhalt der zweiten freien Kategorie) einer genaueren Prüfung unterzogen. Problematisch hieran war zunächst, dass in den Praxen 2,5,6 und 7 eine Überweisung nicht in das hierfür vorgesehene BDT-Feld „6280“ (s.o.) eingetragen wurde. Vielmehr nutzten diese Praxen die Felder „6331“ und „6333“. In diesen Feldern ist eine Freitexteingabe möglich. Problematisch war dies deshalb, weil in diesen Feldern recht ausgiebige Notizen zu finden waren, die eben nicht immer nur Bemerkungen zum Punkt einer Überweisung machten, sondern auch alle anderen Freitext-Stichpunkte zum Patienten dokumentiert wurden, die für diese Studie nicht von Belang waren. Hier musste ich folglich die einzelnen Einträge manuell auswerten, eine Suche mittels SAS war hier nicht möglich. Dies nahm sehr viel Zeit in Anspruch und war umständlich. Die Praxen 3, 4, 9 und 10 hatten bei keinen Patienten Überweisungen an Fachärzte dokumentiert. Die folgenden Auswertungen beziehen sich daher nur auf die übrigen Praxen: in diesen Praxen (1, 2, 5, 6, 7, 8, 11, 12 und 13) war im Studienzeitraum bei 483 Patienten eine Pneumonie diagnostiziert worden. Die BDT-Felder 4540 („Röntgenergebnis“) und 6225 („Röntgenbefund“) wurden von keiner Praxis zur Dokumentation genutzt. Geprüft wurden Überweisungen an Fachärzte, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Diagnose, bzw. Verdachtsdiagnose der Pneumonie standen: Facharzt für Innere Medizin 51

(inklusive Facharzt für Pneumonologie) und Facharzt für Radiologie. Das Ergebnis ergibt sich aus Tabelle 5.5.

Tabelle 5.5: Überweisungen zu anderen Fachdisziplinen Überweisung an

Facharzt für Innere Medizin / Pneumonologie

Facharzt für Radiologie

Anzahl von Pneumoniepatienten, die überwiesen wurden

29 (6%)

39 (8.1%)

Überweisungen an Fachärzte für Radiologie waren bei insgesamt 39 Patienten dokumentiert worden. Davon waren allein 17 in der Praxis 2 dokumentiert worden. Im Verhältnis zu der Gesamtanzahl der Pneumoniepatienten (65) der Praxis 2 ergeben sich somit folgende Ergebnisse für die Praxis 2: 17 Patienten (26,1%) waren an einen Facharzt für Radiologie überwiesen worden und 10 Patienten (15,4%) wurden an einen Facharzt für Innere Medizin überwiesen. 5.8 Einweisung ins Krankenhaus Nur bei einem Fall (Praxis 2) war elektronisch dokumentiert worden, dass ein Patient im Zusammenhang mit der Pneumonie, bzw. dem Verdacht auf eine Pneumonie in ein Krankenhaus eingewiesen worden war. Hier war die Dokumentationslage auch ausreichend gut um zu erfassen, wie lange ein Patient stationär behandelt worden und ob er ggf. verstorben war. Die folgende Tabelle gibt somit beispielhaft nur die Ergebnisse der Praxis 2 wieder und gibt einen Überblick über das, was an Informationen aus (vollständig) elektronisch gespeicherten Daten gewonnen werden kann.

Tabelle 5.6: Stationäre Behandlung (anhand der Praxis 2) Eingewiesen (Anteil an allen Patienten mit einer Pneumonie dieser Praxis) 22 (von 65 = 34%)

Durchschnittliche Dauer des stationären Aufenthaltes (in Tagen) 6,40

52

Im Krankenhaus verstorben 3

5.9 Pharmazentralnummern In 8 (61,5%) von 13 der teilnehmenden Praxen waren keine Pharmazentralnummern (PZN) dokumentiert worden, was dazu führte, dass das im Kapitel 4.11 erläuterte, kompliziertere Verfahren zu Auswertung der Verordnungen angewendet werden musste. Bei allen Praxen handelte es sich um die Software „Medistar“. 5.10 Antibiotikaverordnungen Bei der Auswertung der Häufigkeit verschriebener Antibiotika kam ich zu den Ergebnissen, die in der nachfolgenden Tabelle 5.7 aufgeführt werden. Die rechte Spalte gibt an, welcher Anteil der Patienten mit einer Pneumonie eine Substanz aus der jeweils angegebenen Substanzklasse erhielt. Berücksichtigung fand der Zeitraum von einer Woche vor bis zwei Wochen nach Dokumentation der Pneumoniediagnose. Tabelle 5.7: Verordnete Antibiotika (nach absteigender Häufigkeit)

53

Bei 13% der Patienten wurde kein Antibiotikum verordnet, bzw. dokumentiert. 44,7% erhielten ein und 42,2% der Patienten mehr als ein Antibiotikum (Kombinationstherapie, bzw. Umstellung auf ein anderes Präparat im Laufe der Therapie, sodass in der Tabelle 5.7 Mehrfachnennungen vorkommen). Anhand der vorliegenden Daten konnte nicht beurteilt werden, ob mehrere Präparate gleichzeitig verordnet wurden, oder ob ein Wechsel des Therapieschemas stattgefunden hatte, wie z.B. eine Kombinationstherapie von zwei Antibiotika. Die Häufigkeitsverteilung der Medikamentenverordnungen innerhalb der verschiedenen Altersgruppen (s. auch 5.4, Tabelle 5.3) gibt die Abbildung 5.3 wieder.

Abbildung 5.3: Häufigkeit der Verordnungen in Abhängigkeit vom Patientenalter

75

47 35

10

14

3

9

9

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80 70 60 50 40 30 20 10 0

Am ox

n (von 148)

Alter: 1-15 Jahre

Medikamente (Gruppen)

54

4

al o

17

rin

2.

1.

n (von 211)

12

3. no lo n_ C hi al no t lo n_ ne u Im ad az Li ol nc os am id M Pe ak ni ro ci lid llin N +B itr ox et ol al in ak ta m .-i nh Pe . n Su ic illi lfo n na i.v m . id + TM P Te tra zy kl in

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90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

C

C

An

Am ox

Alter: 16-50 Jahre 84

31 28

13

60

30

14

33

17 18

1

1

55

2 4

3

2

53

17 5 1

28

6 4

Medikamente (Gruppen)

Alter: > 50 Jahre

50 50

40

23 18 23

4 9

0

Medikamente (Gruppen)

Darüber hinaus wurde geprüft, welche Medikamentengruppen bei den dokumentierten

Dauerdiagnosen am häufigsten verordnet wurden. Das Resultat zeigt die Abbildung 5.4.

Abbildung 5.4: Medikamente in Abhängigkeit bestehender Komorbiditäten

57

58

Impfungen Aufgrund mangelnder Dokumentation in den Datensätzen kann keine Aussage über das Impfverhalten gemacht werden. Impfungen wurden teilweise in Form einer Gebührenziffer verschlüsselt, es war aber nicht nachvollziehbar, wogegen geimpft, bzw. welche Substanz verwendet wurde.

59

6. Diskussion Von allen kontaktierten, hausärztlich tätigen Kollegen im Landkreis Hameln-Pyrmont nahmen 18,3% an dieser Studie teil. Die retrospektive Untersuchung umfasste einen Zeitraum von 2 Jahren. Der Datenexport gelang in allen Fällen. Datenverluste durch unser Vorgehen gab es nicht. Die Pseudonymisierung gelang in allen Fällen fehlerfrei. Lediglich in einem Fall musste aufgrund veralteter Hardware in einer Praxis auf ein alternatives Vorgehen bei der Pseudonymisierung ausgewichen werden. Aspekten des Datenschutzes muss bei weiterer Verwendung dieser Methode noch größere Aufmerksamkeit zuteil werden. Etwa ein Viertel der Datensätze enthielt keine ICD-Kodierungen und musste anhand von Klartextdiagnosen ausgewertet werden. In der vorliegenden Untersuchung wurden aus 69653 Patienten 591 mit einer ambulant erworbenen Pneumonie identifiziert. Die meisten Suchtreffer ergab die Abfrage der BDTFelder mit den ICD-Kodierungen. Überweisungen und Laboruntersuchungen wurden häufig dokumentiert, während die Resultate der körperlichen Untersuchung und Einweisungen in so geringem Ausmaß erfasst wurden, dass eine statistische Auswertung nicht sinnvoll erschien. Der größte Anteil der Patienten mit einer AEP (42,3%) war älter als 50 Jahre. Makrolide, Amoxicillin und Chinolone („alte“ Generation) stellten die am häufigsten verordneten Antibiotika dar und machten zusammen 89% der im Zusammenhang mit einer AEP verordneten Antibiotika aus, wobei sich innerhalb der Altersgruppen deutliche Unterschiede in der Häufigkeit der verordneten Antibiotika-Gruppen zeigten. Der Einsatz der BDT-Schnittstelle in der Arztpraxis-Software bietet einen ausbaufähigen Ansatz zum Export von ärztlichen Routinedaten. Anhand von BDT- Daten könnten - bei entsprechender Automatisierung der im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie genutzten Verarbeitungsschritte

-

umfangreiche

Fragestellungen

zur

hausärztlichen

Versorgungsforschung beantwortet werden. Insbesondere große Mengen an elektronisch vorliegenden Patientendaten, deren manuelle Auswertung sonst nur mit erheblichem Arbeitsaufwand möglich wäre, sind über den untersuchten Weg der Datengewinnung mit geringem Aufwand abfragbar. Die Implementierung einer Großdatenbank auf Basis von BDT-Daten erscheint möglich.

60

6.1 Teilnehmende Ärzte Als Vorbereitung für diese Studie wurden 71 Allgemeinarztpraxen (mit insgesamt 96 Ärzten) kontaktiert, von denen 25 eine Antwort zurückschickten. Teil nahmen letztendlich 13 Praxen (18,3%). In vergleichbaren Studien der Abteilung Allgemeinmedizin der Universität Göttingen nahm ein vergleichbar großer Anteil an den Untersuchungen teil: Hummers-Pradier et al. (2003) geben einen Anteil von 17%, Wetzel et al. (2005) einen Anteil von 23% an. Gründe nicht an der Studie teilzunehmen, gab es sicherlich einige: die Studie war nicht drittmittelfinanziert,

wodurch

es

keinen

finanziellen

Anreiz,

bzw.

keine

Aufwandsentschädigung für die Teilnahme an der Studie gab. Zum anderen mögen Bedenken wegen datenschutzrechtlicher Aspekte eine Rolle gespielt haben. Immerhin wurde einem bis dato nicht bekannten Medizinstudenten Zugang zu sämtlichen Patientendaten gewährt und das auch noch mittels eines bisher nicht etablierten Verfahrens. Ältere Ärzte, die Teilnehmenden eingeschlossen, verfügen möglicherweise über ein geringeres Interesse und dementsprechend geringere Kenntnis von Computern im Allgemeinen als jüngere Kollegen: hieraus entstand sicher ein Stück weit Misstrauen gegenüber diese Studie, die sich ja zunächst einmal ausschließlich mit den elektronisch gewonnenen Patientendaten beschäftigte. Wetzel et al. (2005) konnten in einer Untersuchung zur Verwendbarkeit und Gültigkeit von „elektronischen Patientenakten“ belegen, dass sich signifikant häufiger jüngere Ärzte an der Studie beteiligten. Bei den teilnehmenden Ärzten war häufig die Angst vor einem ungewollten Datenverlust geäußert worden. Dies ist sicher nachzuvollziehen, denn ein ungewollter Datenverlust hätte einen großen Arbeitsaufwand nach sich gezogen. Auch finanzielle Einbußen durch gelöschte Abrechnungsdaten waren für einige von den Ärzten als Angstfaktor genannt worden. Der Landkreis Hameln-Pyrmont ist eher ländlich strukturiert und die kontaktierten Arztpraxen geraten

wahrscheinlich

eher

selten

in

Kontakt

mit

Forschungsprojekten

von

Universitätskliniken. Die Medizinische Hochschule Hannover liegt ca. 60 km, die Universität Göttingen ca. 110 km vom Landkreis Hameln-Pyrmont entfernt. Ob diese Tatsache nun eher zu einer positiven oder ablehnenden Haltung gegenüber der Studie führte, vermag ich nicht zu sagen. Nicht zuletzt sind aber auch Desinteresse an Forschung im hausärztlichen Bereich als Grund anzunehmen, denn sonst wäre sicher der Anteil von Arztpraxen, die zumindest eine (wenn auch negative) Antwort geschickt hätten, höher gewesen.

61

Ein Einfluss der Studie auf das Verhalten der teilnehmenden Ärzte (Hawthorne-Effekt) ist ausgeschlossen, da es sich um eine retrospektive Datenerhebung handelt.

6.2 Die Datensätze als Grundlage Die Datensätze unterscheiden sich bezüglich der Qualität von Arztpraxis zu Arztpraxis teilweise erheblich, je nachdem, ob die Software ausschließlich zur Abrechnung, oder aber darüber hinausgehend auch zu weiterer elektronischer Dokumentation verwendet wurde. In einer Studie der Universität Göttingen, die auch Aussagen zur Qualität von exportierten BDTDaten macht, wurde deutlich, dass das Vorhandensein des BDT-Feldes „6205“ (aktuelle Diagnose) ein deutlicher

Indikator für eine über das Minimum hinausgehende

Datendokumentation und damit ein überaus wichtiger Indikator für eine Überprüfung der vorliegenden Datenqualität ist (Sigle et al. 2004). Dies ist deshalb ein Indikator für die Qualität der Dokumentation, weil das Feld „6205“ nicht zur Abrechnung benötigt wird. Ob die Arztsoftware nicht nur zur Abrechnung, sondern auch für Dokumentationszwecke genutzt wird, hängt auch von der Persönlichkeit des jeweiligen Arztes ab: dem einen liegt es eher, den Computer für Alltagsaufgaben zu nutzen, anderen lehnen diesen eher ab und führen lieber handschriftliche Patientenakten. Dies belegt ein Telefon-Survey unter Hausarztpraxen von Heidenreich et al. (2005). Die Autoren gaben an, dass Diagnosen, Verordnungen und Leistungsziffern weitgehend, Beschwerden und Befunde der Patienten nur von 52% der Ärzte elektronisch dokumentiert werden. De Lusignan (2005) führt an, dass, neben anderen Aspekten, die Motivation der Allgemeinmediziner eine der Hauptbarrieren darstellt, wenn es darum geht, strukturiert und vollständig elektronisch zu dokumentieren, bzw. zu kodieren. Möglicherweise hängt es auch von den lokalen Vertretern der Software-Firmen ab, inwieweit die Ärzte von diesen Beratern an die elektronischen Datendokumentation herangeführt wurden. Ein Schwachpunkt dieser Arbeit stellt die fehlende Validierung der gewonnenen Daten dar. Eine Überprüfung wäre jedoch nur anhand einer eventuell geführten, handschriftlichen Dokumentation möglich gewesen, was bei dem untersuchten Datenvolumen kaum möglich gewesen wäre und bei den teilnehmenden Kollegen auch keine Zustimmung gefunden hätte. Möglicherweise wäre eine Kreuzvalidierung unserer elektronischer Daten mit schriftlichen Aufzeichnungen der Ärzte auch gar nicht zielführend, da angenommen werden kann, dass nicht parallel elektronisch und schriftlich vollständig dokumentiert wird. Dies würde einen erheblichen Mehraufwand für den Einzelnen bedeuten. Somit gibt es möglicherweise auch gar keinen Referenzstandard, anhand dessen unsere elektronischen Daten validiert werden könnten. 62

Es gibt jedoch internationale Untersuchungen zur Validität von elektronisch geführten Patientendokumentationen. Jick et al. (1991) fanden in 87% der untersuchten Fälle eine Übereinstimmung zwischen den Einträgen in elektronisch geführten Patientenakten und Briefen

an

konsilliarisch

tätige

Ärzte.

Hassey

et

al.

(2001)

fanden

hohe

Übereinstimmungsraten zwischen elektronisch dokumentierten Diagnosen (98,1%) und Verschreibungen (99,7%) mit handschriftlich Einträgen und tatsächlich von Patienten erworbenen Medikamenten und folgern, dass elektronische Patientenakten eine valide Datenbasis für Forschungszwecke darstellen. Mansson et al. (2004) zeigten in Ihrer Untersuchung aus Schweden einen hohen Grad an Vollständigkeit der elektronischen Patientendaten. Allerdings muss ergänzt werden, dass es in den Heimatländern, in denen diese Untersuchungen durchgeführt wurden, stärker strukturierte Vorgaben zur Dokumentation gibt als in Deutschland.

6.3 Software, Datenexport und Anonymisierung Der Datenexport an sich ist ein einfacher, sicherer und jederzeit reproduzierbarer Vorgang, der mit geringen PC-Grundkenntnissen vorgenommen werden kann; Probleme vor Ort konnten mit Vorkenntnissen im Umgang mit Computern direkt gelöst, bzw. nach Rücksprache mit dem Support der jeweiligen Software-Hotline überwunden werden. Als vorteilhaft stellte sich der persönliche Besuch und die selbstständige Datengewinnung vor Ort dar: Skepsis bezüglich des Verfahrens konnte im persönlichen Gespräch behoben werden, der Daten-Export konnte immer fehlerfrei und ohne Datenverlust durchgeführt werden. Darüber hinaus konnten die Daten vor Ort anonymisiert werden. Als unpraktisch erwies sich die Auslegung der Exportfunktion des Datenexportes auf die Nutzung von heute wohl veralteten 1,44 MB Disketten; es wäre wünschenswert, wenn seitens der Softwarehersteller auch Datenexport-Möglichkeiten für Datenträger geschaffen werden würden, die deutlich mehr Speichervolumen besitzen, z.B. DVD-R oder portable USBSpeichermedien. Eine Vereinheitlichung der BDT-Export-Module in den jeweiligen Software-Typen wäre nützlich, um ein standardisiertes Verfahren zum Export der BDT-Daten entwickeln zu können, ohne jeweils die spezifischen Einstellungen und Probleme der einzelnen Software lösen zu müssen – auch wenn dies durch den oben genannten, telefonischen Support durch die Hersteller kein Hauptproblem darstellte. Zur Zeit wird eine einheitliche Gestaltung der BDT-Schnittstelle seitens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung allerdings nicht gefordert.

63

Die einzelnen Softwarehersteller haben möglicherweise auch kein Interesse an einer solchen Vereinheitlichung des BDT-Exportes, da der vereinfachte Umstieg auf eine andere Software einen Kundenverlust bedeuten könnte. Die Pseudonymisierung stellt ein relativ einfaches, sicheres und wenig zeitaufwendiges Verfahren dar, um an eine große Menge patientenbezogener Daten für medizinische Forschungszwecke zu gelangen ohne den Datenschutz oder die Persönlichkeitsrechte des einzelnen Patienten anzutasten. Bei der Pseudonymisierung der Datensätze kam es niemals vor, dass patientenbezogene Daten nicht oder ungenügend verfremdet wurden. Einige, wenige Male kam es vor, dass in Freitextfeldern der Name eines Angehörigen genannt wurde (z.B.: „Die Schwiegertochter XY kümmert sich um die Beschaffung des Antibiotikums“). Hierzu kam es dadurch, dass das Programm zur Pseudonymisierung nur die Felder im BDTDatensatz anonymisierte, welche a priori als patientenbezogene BDT-Felder in diesem Programm definiert worden waren (z.B. das BDT-Feld: „Name des Patienten“). Es ist nicht auszuschließen, dass bei weiterer Verwendung des im Rahmen dieser Studie verwendeten „Anonymizers“, über das BDT-Feld „6331“ und „6333“ („Inhalt der ersten, bzw. zweiten Kategorie“) patientenbezogene Daten oder andere sensible Informationen die jeweilige Arztpraxis verlassen könnten. Dieses Problem sollte von Softwarespezialisten unbedingt überprüft werden. Verwiesen werden soll an dieser Stelle auf das britische Projekt „QResearch“, welches eine Datenbank mit anonymisierten Patientendaten erstellt. Im Rahmen dieses Projektes werden die Daten vollständig und irreversibel anonymisiert. Freitextpassagen werden zwar mitexportiert und verfremdet, wobei die Daten aber einer wesentlich stärkeren Strukturierung unterliegen, wodurch die Anonymisierung auch einfacher gelingt als bei den relativ unstrukturierten BDT-Datensätzen. Alle Teilnehmer nutzen nur eine Software, während in Deutschland viele verschiedene Software-Typen zum Einsatz kommen (http://www.nottingham.ac.uk/, Stand 01.11.2006). Wünschenswert wäre auch eine Modifikation des verwendeten Anonymisierungsprogramms „Anonymizer“ (Müller Software GmbH, Hohe-Kreuz-Str. 38, 96049 Bamberg) hinsichtlich der mitexportierten Patientennummern. Diese wurden im „Original“ exportiert und nicht pseudonymisiert, da es sich primär um nicht personenbezogene Daten handelte. Eine zusätzliche Generierung einer zufälligen Patientennummer würde jedoch auch die letzte Möglichkeit der Re-Identifikation (bei Einsicht des Original-Datensatzes in der Arztpraxis) nehmen. Das oben genannte Projekt „Q-Research“ umgeht dieses Problem, indem zunächst innerhalb jeder teilnehmenden Praxis eine pseudonymisierte Patientennummer generiert wird, welche dem Anwender bei der Nutzung der Datenbank aber nicht zur Verfügung steht. So ist

64

durch das Pseudonym eine fortlaufende Aktualisierung der Datenbanken möglich. Die theoretische Möglichkeit einer Re-Identifikation wird aber genommen. Allerdings handelt es sich bei „Q-Research“ um eine bereits implementierte Datenbank mit strukturierten Abläufen wie sie in Deutschland nicht zur Verfügung steht (s. Kap. 2.8). Die Möglichkeit zur Re-Identifizierung des Patienten bietet aber auch Vorteile: Sekundärdaten beispielsweise, die nach der eigentlichen Dokumentation entstanden sind (wie z.B. Fragebögen oder später gemeldete Laborergebnisse), können nachträglich Datensätzen von Patienten hinzugefügt werden. Dies setzt zwar das Einverständnis des Patienten voraus, hat aber gegenüber endgültig anonymisierten Daten, den eben genannten, einzigartigen Vorteil der nachträglichen Einbindung, welches etablierte, ausländische Systeme nicht bieten.

6.4 Bearbeitung der Datensätze Interessant erscheint der Ansatz dieser Studie besonders vor dem Hintergrund, dass es ohne zusätzlichen Dokumentationsaufwand möglich wird, alle Patienten mit einer bestimmten Diagnose innerhalb weniger Minuten aus einer sehr großen Patientendatei mit den dazugehörigen Behandlungsdaten zu gewinnen. Mit wenigen Minuten ist selbstverständlich nur die Zeit gemeint, die der PC benötigt, um das jeweilige Suchprogramm auszuführen. Im Kapitel 2.8 wurden verschiedene Projekte, bzw. Organisationen aus europäischen Nachbarländern vorgestellt, die Großdatenbanken für Forschungszwecke im hausärztlichen Sektor vorhalten wie z.B. das Netherlands Institute for Health Service Research, kurz NIVEL, die „General Practice Research Database“, kurz GPRD oder „Q-research“. Um auch in Deutschland eine ähnliche Großdatenbank zu implementieren, könnte der Datenexport über die BDT-Schnittstelle genutzt werden. Als bedeutend schwieriger und zeitlich aufwendiger als der eigentliche Datenexport stellt sich die Aufbereitung der gewonnenen Daten dar. Insbesondere der geringe Standardisierungsgrad der einzelnen BDT-Felder in der Software bereitet Probleme: hervorzuheben sind die Felder, die freie Textinhalte beinhalten. Diese sind schwer zusammenzufassen, bzw. mit einem Statistikprogramm überhaupt nicht auszuwerten, da der freie Text nicht einer bestimmten Fragestellung zuzuordnen ist: hier finden sich Einträge zu allen erdenklichen Aspekten. De Lusignan (2005) kommt in seinem Übersichtsartikel zu ähnlichen Ergebnissen: nach Ansicht dieses Autors besteht in Freitextpassagen keine vernünftige Alternative zu strukturierten Daten, da Informationen in Freitextfeldern bei Abfragen der Datensätze übersehen würden. Natürlich kann man diese Einträge auswerten, wenn man diese Textfelder durchliest und dann 65

manuell einzelnen Fragestellungen zuordnet. Möchte man aber große Datenmengen per PC auswerten, müssen diese Felder zunächst unberücksichtigt bleiben. Hierdurch entsteht die Gefahr, wichtige Informationen zu den gesuchten Patienten zu übersehen, bzw. nicht zu berücksichtigen. Problematisch ist das Freitextfeld darüber hinaus nicht nur, weil möglicherweise wichtige Zusatzinformationen verloren gehen können, sondern auch, weil beispielsweise ein Suchalgorithmus einen Eintrag aufgrund eines Rechtschreibfehlers seitens des dokumentierenden Arztes übergehen könnte. Dass Rechtschreibfehler ein Problem bei der Abfrage der gewonnenen Daten darstellten, wurde in dieser Arbeit besonders an den unzähligen Schreibfehlern deutlich, die beim Dokumentieren der Dauerdiagnosen (Kapitel 4.10) unterlaufen waren. Ein weiteres Problem, welches bei der Bearbeitung und Auswertung sowohl

der

Medikamentenverordnungen

als

auch

des

Überweisungs-

und

Einweisungsverhaltens der Ärzte immer wieder von großer Bedeutung war, soll hier Erwähnung finden: in der Mehrzahl der Arztpraxen wurde zur Dokumentation einer Überweisung zum Facharzt und zur Einweisung ins Krankenhaus nicht die dafür vorgesehenen BDT-Felder (z.B. „4220“ = Überweisung an) sondern das Feld 6331 („Inhalt der ersten freien Kategorie“) genutzt. Problematisch hieran ist, dass in diesem Freitextfeld zunächst einmal sehr viele Informationen abgelegt worden waren (z.B. Notizen über Beratungsgespräche, teilweise Untersuchungsergebnisse etc.) und wir bis dato keinen Weg gefunden haben, mit SAS nur nach Bruchstücken in einem Text innerhalb eines BDT-Feldes zu suchen. Um diese Felder, wie sie hier vorliegen, mit dem PC auswerten zu können, müsste eine Software verwendet werden, die innerhalb des geschriebenen Textes in einem SAS-Feld z.B. das Wort „Radiologe“ findet und markiert. Ein Lösungsansatz könnte in der Nutzung von Suchalgorithmen liegen, die auch Freitextfelder abfragen, bzw. Teile von Text-Strings identifizieren, wobei diese Möglichkeit in herkömmlichen Statistikprogrammen nicht gegeben ist. Auf mögliche datenschutzrechtliche Probleme im Umgang mit Freitextfeldern wurde weiter oben schon eingegangen. Ein weiterer Ansatz zur Nutzung der Informationen aus Freitextfeldern könnte eine nachträgliche manuelle Kodierung der Feldinhalte sein. Da ich im Rahmen dieser Arbeit aber auch einige fehlende Informationen nachträglich kodieren musste, erscheint mir der Aufwand für so ein Vorgehen zu groß: wie im Kapitel 4.11 erläutert, fehlten in einigen Datensätzen die Pharmazentralnummern (PZN) bei den Verordnungseinträgen, weshalb ich diese durch ein umständliches Vorgehen ergänzen musste, um die Daten anschließend statistisch auswerten

66

zu können. Diese Hürde könnte durch eine weitere Standardisierung des BDT-Datensatzes durch die Hersteller der Software genommen werden.

6.5 Unvollständigkeit, Abhängigkeit und Grenzen der Aussagekraft der BDT-Daten Bei der Beschäftigung mit den im Rahmen dieser Studie gewonnenen Daten muss auf die Grenzen der Aussagekraft der Daten hingewiesen werden: zu bedenken ist z.B., dass wichtige Punkte, den konkreten Patientenfall betreffend, eventuell gar nicht dokumentiert (s.o.) oder sehr undifferenziert festgehalten wurden. Möglicherweise wurde elektronisch eine „Infektion der unteren Atemwege“ festgehalten, die sich im Krankheitsverlauf als Pneumonie herausstellte, aber im nachhinein nicht mehr als solche dokumentiert wurde. Denkbar wäre auch,

dass

der

dokumentierende

Hausarzt

aus

Gewohnheit

heraus

bestimmte

Diagnoseformulierungen nutzt, die nicht vollständig korrekt in das ICD-Schema passen und für den Außenstehenden nicht von vorn herein klar, bzw. nachvollziehbar sind. Des weiteren könnten folgende Punkte zur Einschränkung der Validität der Daten führen: - Um die pauschale Beratungsziffer 1 abrechnen zu können, genügt es, einmal pro Quartal eine beliebige Diagnose aufzuzeichnen. Weitere Diagnosen, wegen denen der Patient im selben Quartal den Arzt aufsucht, werden möglicherweise nicht mehr dokumentiert, da diese Dokumentation möglicherweise zu keiner Änderung bezüglich der Abrechnung führt. Für diese Untersuchung bedeutet dies: möglicherweise wurden mehr Patienten aufgrund einer AEP behandelt als es die Daten suggerieren. BDT-Daten müssen lediglich den ärztlichen Abrechnungserfordernissen

genügen

und

können

somit

nicht

den

Anspruch

auf

Vollständigkeit im Bezug auf die Dokumentation erheben. - Es ist denkbar, dass ein Arzt ein Medikament verschreibt, die Dokumentation darüber aber einer Arzthelferin überlässt. Unter Umständen verlangt die EDV während der Eingabe die Dokumentation einer Diagnose, die zur Verschreibung geführt hat. Wird diese nun von der Arzthelferin, anstatt vom Arzt eingegeben, kann es sein, dass diese Dokumentation nicht oder nur annähernd zutrifft (denkbar wäre, dass aus einem kleineren Pool von Diagnosen einige ausgewählt werden). In unserem Fall bedeutet dies: möglicherweise wurde von einer Arzthelferin eine Pneumonie bei Patienten dokumentiert, die z.B. im Rahmen einer exazerbierten COPD ein Antibiotikum erhielten. In diesem Zusammenhang erscheint die Untersuchung von Heidenreich et al. (2005) interessant. In telefonisch befragten 67

Hausarztpraxen in Göttingen sind für die elektronische Dokumentation von Diagnosen in 44% nur die Arzthelfer /-innen und in 39% Arzt und Hilfspersonal verantwortlich. Nur in 17% der Praxen waren die Ärzte allein für die Dokumentation verantwortlich. Unschärfen und evt. auch Fehler durch Kodierung der Diagnosen durch nicht-ärztliches Personal sind hiernach in bis zu 83% der Fälle denkbar. Es wäre sicher interessant zu untersuchen, nach welchen Kriterien nicht-ärztliches Personal solche Kodierungen vornimmt. - Ähnlich verhält es sich, wenn die Software am Ende eines Quartals – also vor der Abrechnung- bei einem Prüflauf für die Abrechnung feststellt, dass für bestimmte Abrechnungsfälle noch Diagnosen fehlen und diese dann nachträglich eingetragen werden. Sei es nun vom Arzt selbst oder der Arzthelferin, man kann davon ausgehen, dass diese Diagnose aus der Erinnerung nicht oder nur teilweise zutreffen mag. Ob die korrekte Diagnose im eher unübersichtlichen ICD-10 genau verschlüsselt wird, kann darüber hinaus in Frage gestellt werden. - Wird für eine bestimmte Leistung vom Arzt kein Honorar erwartet (beispielsweise wegen Budgetierung), wird diese möglicherweise nicht dokumentiert. Andererseits ist auch denkbar, dass eine „Überdokumentation“ vorgenommen wurde, um eine Abrechnung zu rechtfertigen. - Im BDT-Feld für die ICD-Kodierung wird in einer allgemeinärztlichen Praxis nicht immer die korrekte Diagnose eingegeben werden können, da eine Vielzahl von Diagnosen zum Zeitpunkt der Dokumentation noch gar nicht exakt feststehen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird hier nur eine dem Krankheitsbild nahe kommende Diagnose dokumentiert. Trotz

der

grundsätzlichen

Eignung

von

BDT-Daten

für

die

hausärztliche

Versorgungsforschung bleibt somit die Umsetzung schwierig. Weder die Vollständigkeit noch die Richtigkeit der elektronischen Dokumentation konnte mangels eines Referenzstandards untersucht werden. Die Datenlage war weniger gut als ursprünglich angenommen – insbesondere waren Untersuchungsbefunde und Impfungen so gut wie gar nicht und Ergebnisse von Laboruntersuchungen überhaupt nicht dokumentiert worden. Die vorliegenden Daten erlauben zur Zeit also keine Qualitätsbeurteilung der hausärztlichen Versorgung sondern lediglich eine Beschreibung des hausärztlichen Vorgehens.

68

6.6 Die Patienten In dieser Untersuchung ergab sich für die AEP eine Inzidenz von 0,85%. Dieser Wert liegt im Rahmen der in der Literatur beschriebenen Inzidenz bei der ambulant erworbenen Pneumonie: Dusch und Täuber (2001) nennen eine Inzidenz von 0,2% - 1,2% für die AEP. Die ambulant erworbene Pneumonie trat bei beiden Geschlechtern ungefähr gleich häufig auf. Bezüglich der Verteilungshäufigkeit der Pneumoniefälle innerhalb der Altersgruppen, fällt auf, dass der Anteil der 1-16 Jahre alten Patienten mit 21,54% deutlich unter den Anteilen der 16-50 Jahre alten Patienten (36,07%) und über 50 Jahre alten Patienten (42,39%) liegt. Dies steht im Gegensatz zu der in der Literatur beschriebenen Häufigkeit der AEP in verschiedenen Altersklassen: Mandell (2000) benennt eine ähnliche hohe Häufigkeit der AEP in der Gruppe der 0-4 Jahre alten Patienten wie in der Gruppe der über 60 Jahre alten Patienten. Eine Erklärung hierfür wäre, dass eine Vielzahl der Patienten der Altersgruppe von 1-16 Jahren von Kinderärzten hausärztlich betreut wird und daher in dieser Studie nicht erfasst wurden. Im Einzugsgebiet dieser Studie, dem Landkreis Hameln-Pyrmont, gibt es 12 niedergelassene Kinderärzte (Ärzteverzeichnis der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen) sowie eine Kinderklinik am Kreiskrankenhaus „An der Weser“ in Hameln.

6.7 Diagnostik der ambulant erworbenen Pneumonie Für die Diagnose der ambulant erworbenen Pneumonie sind neben Laborleistungen und Überweisungen zu Fachärzten (diese zwei Aspekte wurden im Rahmen dieser Studie untersucht) die Vitalparameter, ein Auskultationsbefund, die Körperkerntemperatur und die psychische Orientiertheit von entscheidender Bedeutung für die Diagnosefindung. Letztere, wichtige Schritte in der Diagnostik wurden elektronisch nicht dokumentiert: somit sind vollständige Aussagen zum diagnostischen Vorgehen auf Basis der zur Zeit gemachten Einträge in die BDT-Datensätze nicht möglich . Die Suche nach angeordneten (abgerechneten) Laborleistungen war, im Gegensatz zu der Suche nach der Dokumentation der Ergebnisse dieser Leistungen, genauer. Bei 36% der Patienten mit einer AEP war eine Laborleistung abgerechnet worden, Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden nicht elektronisch dokumentiert. Der Grund hierfür liegt darin, dass, falls eine Leistung abgerechnet werden soll, diese auch dokumentiert sein muss. Um Abzurechnen ist die Dokumentation des Ergebnisses nicht nötig. Denkbar wäre darüber hinaus, dass der Arzt die Resultate der Labortests in einer Kartei niederschreibt und diese nicht unbedingt elektronisch speichert. 69

So kann nur festgehalten werden, dass bei gut einem Drittel der Patienten mit einer AEP eine Laborleistung abgerechnet wurde, wobei offen bleibt, welche Parameter bestimmt wurden und welches Ergebnis sich ergab. Fragestellungen zur körperlichen Untersuchung der Patienten konnten aufgrund zu geringer Daten nicht beantwortet werden: dies ist wahrscheinlich damit zu begründen, dass die Dokumentation dieser Ergebnisse keine abrechnungstechnische Relevanz für den Hausarzt besitzt. Die ausführliche Untersuchung der Lunge, beispielsweise im Rahmen der Diagnostik zur AEP, ist mit der Abrechnungsziffer „160“ (GOÄ = Vollständige körperliche Untersuchung mindestens eines der folgenden Organsysteme: das gesamte Hautorgan, die Stütz- und Bewegungsorgane, alle Brustorgane, alle Bauchorgane, der gesamte weibliche Genitaltrakt) oder z.B. „60“ (Einheitlicher Bewertungsmaßstab, Stand 21.01.2001 = „Ganzkörperstatus“) abgegolten. Was im Rahmen dieser Ziffern wirklich untersucht und vor allem, welches Ergebnis die Untersuchung brachte, muss nicht dokumentiert werden. Im internationalen Vergleich fällt die Vollständigkeit der hier untersuchten hausärztlichen Routinedaten ab: De Lusignan et al. (2005) identifizierten ebenfalls Patienten aus der hausärztlichen Routine auf elektronischem Wege und kamen zu dem Ergebnis, dass bei nahezu

allen

Patienten

die

Ergebnisse

der

vom

Hausarzt

vorgenommenen

Blutdruckmessungen elektronisch dokumentiert worden waren. Wenn man davon ausgeht, dass

die

Blutdruckbestimmung

und

deren

Dokumentation

repräsentativ

für

den

Dokumentationsgrad der körperlichen Untersuchungsergebnisse steht, so wird der große Qualitätsunterschied zu den von mir vorgefunden Daten deutlich. Die Ergebnisse körperlicher Untersuchungen schienen, wie oben bereits erwähnt, mangels Häufigkeit nicht auswertbar.

6.8 Überweisung und Einweisung Die

Datenlage,

bzw.

die

Dokumentationslage,

war

für

eine

Auswertung

des

Einweisungsverhaltens der teilnehmenden Arztpraxen zu gering, um eine generelle Aussage hierzu zu treffen. Die Dokumentation in Praxen, die Überweisungen festhielten, ist möglicherweise unvollständig: in der Praxis 2 fanden wir einen Anteil von 26,1% der Patienten mit einer Pneumonie, die, wohl für eine Thorax-Aufnahme, zum Facharzt für Radiologie überweisen wurden. Bezogen wir aber alle Praxen ein, bei denen Überweisungen dokumentiert worden waren, ergab sich der deutlich niedrigere Anteil von 8,1% der Pneumoniepatienten, die zum Radiologen überwiesen wurden. Entweder wurde in der Praxis 2 sehr viel häufiger (oder in den übrigen Praxen weniger häufig) zum Radiologen überwiesen oder aber in den anderen 70

Praxen wurden Überweisungen nicht vollständig dokumentiert, z.B. weil eine Überweisung unter Umgehung der Praxen-EDV einfach handschriftlich verfasst wurde. Geht man davon aus, dass in der Praxis mit dem höchsten Dokumentationsgrad (Praxis 2) rund ein Viertel der Patienten mit dem Verdacht auf eine Pneumonie zum Radiologen überwiesen wurden (weitere 34% wurden in ein Krankenhaus eingewiesen) zeigt sich beispielhaft an dieser Praxis, dass die Empfehlung der Literatur (CAPNETZ) bezüglich der Anfertigung einer Thorax-Röntgen-Aufnahme hier in ca. der Hälfte der Fälle umgesetzt wird, in den anderen Praxen wesentlich seltener. Diese geringe Überweisungsrate überrascht unter anderem deshalb, weil die Anfertigung der Thorax-Aufnahme von einigen Autoren und Empfehlungen sogar als Goldstandard genannt wird (Dusch und Täuber 2001). Ob Patienten, die nicht geröntgt wurden, allerdings ein schlechteres Outcome aufweisen als solche Patienten, die zum Radiologen überwiesen wurden, kann wegen der lückenhaften Dokumentation klinischer Daten und aufgrund des Studiendesigns (Querschnittsstudie) nicht beurteilt werden. Darüber hinaus fehlt es insgesamt an Studien, die den Nutzen dieser Untersuchung belegen (Gillissen und Santiago 2000). Relativ hoch erscheint der Anteil der mit einer AEP eingewiesenen Patienten (34%) in der Praxis 2, wobei sich in der Literatur keine Zahlen bezüglich der Ein- und Überweisungshäufigkeit bei ambulant erworbenen Pneumonien in der hausärztlichen Versorgung finden lassen. Eine vergleichende Einordnung ist hier also ohnehin nicht möglich. Insgesamt war es bedeutend einfacher, Überweisungen an Fachärzte nachzuvollziehen als durchgeführte Laboruntersuchungen und die Ergebnisse körperlicher Untersuchungsbefunde. Hierdurch lässt sich zum Beispiel recht sicher einschätzen, bei wie vielen Patienten eine Thorax-Aufnahme durchgeführt wurde, jedenfalls wenn man annimmt, dass er deshalb und im Zusammenhang mit der Diagnose „AEP“ zum Facharzt für Radiologie überwiesen wurde.

6.9 Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie Bei der Beurteilung, ob Patienten nach aktuell gültigen Behandlungsmaßstäben therapiert wurden, kann man die Patienten mit einer AEP zunächst in eine Gruppe von Patienten mit und eine Gruppe ohne Risikofaktoren teilen. Die Einschätzung, ob Patienten ohne Risikofaktoren gemäß aktuellen Empfehlungen behandelt wurden, fällt deshalb schwer, weil im Rahmen dieser Studie Patienten nur dann der Risikogruppe zugeordnet werden konnten, wenn sie eine gewisse Altersgrenze überschritten hatten oder eine Dauerdiagnose dokumentiert worden war. Dies war bei knapp der Hälfte der Patienten der Fall (s. Kapitel 71

5.5). Es ist nicht auszuschließen, dass Patienten ein Risikoprofil besaßen, welches nicht dokumentiert worden war. In der Patientengruppe mit Risikofaktoren fällt auf, dass die verordneten Substanzen in einer Vielzahl der Fälle den aktuellen Empfehlungen zur antibiotischen Therapie entsprechen. Zu den Risikofaktoren zählen u.a. höheres Lebensalter (>60 Jahre), chronische Erkrankungen (z.B. chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, Diabetes mellitus, chronische Leber- und Nierenerkrankungen und Herzinsuffizienz) und Vorbehandlung mit Antibiotika (CAPNETZ, Stand 10.12.2006). Zwar wurde die Therapie der ersten Wahl, nämlich die Gabe eines Aminopenicillins und eines Betalaktamase-Inhibitor (CAPNETZ 2006), in der Gruppe der über 50-Jährigen gerade einmal bei 2% (4/248) der Patienten verordnet. Dafür wurden die Alternativen aus der Gruppe der Chinolone bei diesen Patienten häufiger, nämlich in 31% (76/248) der Fälle verschrieben. Bei 27% (67/248) der Patienten über 50 Jahre war kein Antibiotikum dokumentiert worden, weshalb nicht sicher zu beurteilen ist, ob die möglicherweise ausgehändigten Muster den Empfehlungen entsprachen (s. Kapitel 5, Abbildung 5.3). Auch bei Patienten, die aufgrund einer chronischen Krankheit als Risikofälle hätten eingestuft werden müssen (s. Kapitel 5, Abbildung 5.4), wurden eher Chinolone als Aminopenicilline in Kombination mit einem Betalaktamase-Inhibitor eingesetzt, was aber nach aktuellen Empfehlungen als Alternative benannt wird (CAPNETZ 2006). Zwischen 10% (Gruppe „Herzinsuffizienz“) und 30% (Gruppe „Asthma bronchiale“) der Patienten mit Risikofaktoren wurden mit einer Substanz aus der Gruppe der Cephalosporine therapiert, welche in Kombination mit einem Makrolid (wurde in bis zu 50% verordnet, s. Gruppe „chronische Nierenerkrankungen“) ebenfalls zu den Empfehlungen gezählt werden können. Von allen Patienten mit einer AEP erhielten 42,2% mehr als ein Antibiotikum innerhalb von drei Wochen. Mit Hilfe der vorliegenden Daten konnte aber nicht sicher unterschieden werden, ob der Patient im Laufe der Therapie auf ein anderes Antibiotikum umgestellt oder eine Kombinationstherapie eingeleitet worden war. Darüber hinaus kann das Vorliegen einer weiteren Erkrankung, bei der die Gabe eines Antibiotikums indiziert war, nicht ausgeschlossen werden. Wie unter 6.10 erläutert werden wird, ist insbesondere mit zunehmendem zeitlichen Abstand einer Dokumentation zum eigentlichen Diagnosetag auch daran zu denken, dass z.B. ein Antibiotikum wegen einer weiteren, zwischenzeitlich hinzugekommenen Erkrankung verordnet wurde. Dies wäre auch eine Erklärung für die in Tabelle 5.7 (Kapitel 5.9) auftauchenden Medikamente wie Cotrimoxazol, Nitrofuran und Nitroxillin, die eher zur Behandlung von Harnwegsinfekten indiziert und nicht unbedingt als geeignete

Medikamente

bei

der

Behandlung

72

einer

Pneumonie

anzusehen

sind.

Möglicherweise ist hier die Pneumonie sogar in Folge der Verordnung als Nebenwirkung zu interpretieren (Estler 1999). Denkbar ist, dass die 13% der Patienten, bei denen keine Verordnungen elektronisch dokumentiert wurden, mit einem „Musterexemplar“ eines Antibiotikums versorgt wurden. In diesem Fall wurde dann nicht - oder jedenfalls nicht elektronisch - dokumentiert, weil kein Rezept ausgestellt werden musste. Dies ist ein weiteres Beispiel für die nur eingeschränkte Nutzbarkeit von Daten, die nur Abrechnungszwecken genügen müssen. 6.10 Beurteilung der Krankheitsepisode Die BDT-Datensätze werfen ein strukturelles Problem auf, wenn es darum geht, die Diagnostik und auch die Verordnungen im zeitlichen Verlauf zu untersuchen: es lässt sich innerhalb der Datensätze im Verlauf nicht zuverlässig reproduzieren, ob eine Untersuchung, Überweisung/Einweisung oder Verordnung (im folgenden als „Ereignis“ zusammengefasst) im kausalen Zusammenhang mit der Abrechnungsdiagnose steht. Je näher das Datum eines Ereignisses am Tag der Diagnose liegt, desto wahrscheinlicher erscheint der Zusammenhang. Je

weiter

das

Dokumentationsdatum

eines

Ereignisses

vom

Datumseintrag

der

Abrechnungsdiagnose entfernt liegt, desto spekulativer erscheint die Zuordnung zu dieser.

6.11 Ausblick Für den Ausbau einer Großdatenbank mit medizinischen Behandlungsdaten zum Zwecke der Versorgungsforschung, wie es in Nachbarländern geschehen ist, müsste der BDT-Standard weiter vereinheitlicht werden, um Ungenauigkeiten und Unvollständigkeiten weiter zu reduzieren. Hilfreich wäre es auch, wenn die Datenübermittlung (Datenextraktion und -anonymisierung) von teilnehmenden Arztpraxen vor Ort selbst durchgeführt werden würde, z.B. durch eine Arzthelferin. Die Daten könnten nach dem Export und der Anonymisierung auf dem Rechner der jeweiligen Arztpraxis per Datenträger oder Internet an die zentrale Stelle zum Aufbau der Datenbank gesandt werden. Es hat sich allerdings gezeigt, dass das selbstständige Vorgehen beim Datenexport keine große Zustimmung bei Studienteilnehmern fand (Hummers-Pradier et al. 2003). Durch weitere Standardisierung und Vereinfachung des Exportvorganges könnte möglicherweise auch eine breitere Akzeptanz bei potentiellen Teilnehmern geschaffen werden. 73

Datenschutzrechtlichen Aspekten kann nur entsprochen werden, wenn das vorliegende Anonymisierungsverfahren auch auf Freitextfelder ausgedehnt wird oder diese Felder - dann aber mit einem Informationsverlust - nicht berücksichtigt werden. In Zukunft könnte die Computerlinguistik (Natural Language Processing) eine Lösung für das Problem mit Freitextfeldern liefern. Diese computergestützte, maschinelle Sprachverarbeitung könnte in Freitextpassagen bestimmte Inhalte erkennen und diese nachträglich strukturieren (de Lusignan 2005).

74

7 Zusammenfassung Damit Forschungsvorhaben nicht nur wie bisher im klinisch-universitären Rahmen stattfinden, sondern auch im hausärztlichen Versorgungsbereich durchgeführt werden können, benötigt man u.a. Patienten-, bzw. Behandlungsdaten als Grundlage. Im Rahmen dieser Arbeit wurde, im Sinne einer Machbarkeitsstudie, überprüft, ob Routinedaten, die hausärztlich tätige Kollegen beim Patientenkontakt zu Dokumentations- und Abrechnungszwecken elektronisch erfassen, über die jeweilige Praxen-EDV exportiert werden können und welche Fragestellungen hinsichtlich der Versorgungsforschung mit den gewonnen Daten beantwortet werden können. Exemplarisch wurden die Diagnostik und Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie untersucht. Alle 13 teilnehmenden hausärztlichen Praxen wurden von mir besucht und alle Patienten- und Abrechungsdaten, die im Studienzeitraum von 24 Monaten elektronisch dokumentiert worden waren, in einer Exportdatei auf den Rechnern in den Arztpraxen gespeichert. Dies geschah unter Zuhilfenahme der BDT - (Behandlungsdatenträger-) Schnittstelle. Diese Schnittstelle muss in jeder zertifizierten Arztpraxensoftware vorhanden sein und soll die Übernahme der Patientendaten im Falle eines Umstiegs auf eine andere Software ermöglichen. Die gewonnenen BDT-Dateien wurden mit einer speziellen Software noch vor Ort von mir pseudonymisiert, damit sie zur weiteren Bearbeitung mitgenommen werden konnten, ohne den Datenschutz zu verletzen. Der Datenexport gelang bei allen teilnehmenden Praxen. Die Pseudonymisierung war ohne Probleme durchführbar, wobei manche Felder der Software, die freie Texteinträge ermöglichen, nur unzureichend pseudonymisiert wurden. Die Identifikation der gesuchten Patienten mit einer ambulant erworbenen Pneumonie gelang größtenteils anhand der ICDKodierung. Eine geringe Anzahl von Patienten wurde darüber hinaus über Klartexteinträge identifiziert. Bei diesem Vorgehen war jedoch, im Vergleich zur ICD-gestützten Suche, eine wesentlich aufwendigere Programmierarbeit notwendig. Laborleistungen wurden zwar in großem Umfang abgerechnet, die Ergebnisse dieser Untersuchungen waren jedoch so selten dokumentiert worden, dass eine Auswertung hier nicht möglich war. Überweisungen an Fachärzte und die Verordnungen von Antibiotika waren für eine Auswertung in ausreichendem

Maß

dokumentiert

worden.

Bei

den

Verordnungen

gelang

eine

Häufigkeitsbeurteilung unter Bezugnahme auf Alters- und Risikoprofil der Patienten. Risikopatienten wurden nur selten nach Therapieempfehlungen der „ersten Wahl“ behandelt. 75

Allerdings wurden mögliche Alternativen innerhalb der aktuellen Empfehlungen zur Therapie häufig verschrieben. Überraschend häufig wurde überhaupt keine Verordnung eines Antibiotikums festgehalten. Unter der Annahme, dass in diesem Fall ein Arznei-Muster ausgehändigt worden war, ist dies jedoch nicht gleichbedeutend mit keiner Behandlung zu sehen. Impfungen waren nur als Abrechnungsleistung dokumentiert worden. Wogegen und mit welcher Substanz geimpft wurde, konnte nicht beurteilt werden. So bleibt festzuhalten, dass die Identifizierung von gesuchten Patienten mit der beschriebenen Methode möglich ist, die Sensitivität und Spezifität dieser Suche nach Diagnosen aber unbekannt ist. Die Auswertungen

im

Ergebnisteil

erscheinen

jedoch

plausibel.

Fragestellungen

zum

diagnostischen Vorgehen sind auf der jetzigen BDT-Grundlage fast nicht zu beantworten, währende die Therapie (Verordnungen) gut abgebildet ist. Die Verknüpfung einer Verordnung mit einer Diagnose ist nur durch die zeitlichen Nähe zum Diagnosetag möglich und beruht somit letztlich auf (begründeten) Vermutungen. Eine Nutzung der BDT-Daten und BDT-Schnittstelle zum Ausbau einer Großdatenbank für hausärztliche

Versorgungsforschung

erscheint

grundsätzlich

möglich.

Klinische

Informationen befinden sich jedoch, wenn Sie überhaupt elektronisch dokumentiert worden waren, überwiegend in (unterschiedlichen) Feldern für Klartextdokumentation. Dies bereitete Schwierigkeiten bei der Auswertung, die dann eine Suche nach und sinnvolle Strukturierung von Textelementen in längeren Textpassagen erforderte. Da dies nicht automatisiert werden konnte, wurden manche Informationen zum Patienten nicht genutzt. Die narrative Datenstruktur, die uneinheitliche Gestaltung des BDT und die mangelnden Vorgaben zur Dokumentationsstruktur innerhalb des BDT-Datensatzes erschweren die Nutzung dieser Daten erheblich. Hier müsste eine weitgehende Standardisierung durch die Softwarehersteller erfolgen, um einheitliche BDT-Datensätze zu erhalten. Auch auf Seiten der Ärzte wäre eine strukturiertere

Dokumentation

wünschenswert.

Solange

deren

Daten

Abrechnungszwecken genügen müssen, ist die Vollständigkeit jedoch nicht zu erwarten.

76

nur

8 Literaturverzeichnis

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82

Anhang 1: Anschreiben



Datum: 23.11.2002

Sehr , die Abteilung Allgemeinmedizin der Georg-August-Universität Göttingen möchte ein Dissertationsprojekt zum Thema „Diagnostik und Therapie ambulant erworbener Pneumonien in allgemeinärztlichen Praxen” durchführen mit dem sich Herr Jan-Peter Goltz im Rahmen seiner Promotionsarbeit beschäftigen wird. Da er aus Hameln stammt, möchte er die Untersuchung im Landkreis Hameln-Pyrmont durchführen. Für dieses Projekt bitten wir Sie um Ihre Unterstützung. Pneumonien gehören zu den häufigsten Todesursachen und sind führende Todesursache bei den Infektionskrankheiten. Der überwiegende Anteil aller Pneumonien ist ambulant erworben (ca. 200.000 Fälle/Jahr in Deutschland). Obwohl rund 80% aller Patienten mit ambulant erworbenen Pneumonien ambulant behandelt werden, sind Ätiologie und optimales Management bisher nicht ausreichend untersucht; fast alle einschlägigen Studien wurden an Krankenhäusern durchgeführt. Wir möchten untersuchen, in wieweit internationale Empfehlungen für das Pneumonie-Management (die in der Regel von Spezialisten erstellt wurden) auf die Situation in allgemeinärztlichen Praxen zugeschnitten sind. Wir würden gern Diagnosen, Verordnungen und Befunde Ihrer Patienten mit (Verdacht auf) Pneumonie retrospektiv für einen Zeitraum von 2 Jahren auswerten. Um den Arbeitsaufwand für Sie gering zu halten und Verzerrungen durch Zusatzdokumentation zu vermeiden, möchten wir auf sogenannte Routinedaten zurückgreifen, die über die BDT-Schnittstelle Ihrer Praxissoftware extrahiert werden können. Ein spezielles Computerprogramm erstellt dabei eine Kopie Ihrer EDV-Kartei und anonymisiert die Daten sofort beim Export noch in Ihrer Praxis, so dass keine Patientenidentifikation mehr möglich ist und

83

nicht relevante Inhalte gelöscht werden. Sie können diesen Vorgang und die Ergebnisse jederzeit selbst kontrollieren; Ihr Praxisablauf wird nicht gestört.

Die Zustimmung der zuständigen Ethikkommission der Universität Göttingen liegt vor. Die notwendigen Schritte würde Herr Goltz (nach Absprache) gern im Rahmen eines Besuchs in Ihrer Praxis gemeinsam mit Ihnen oder einer Ihrer MitarbeiterInnen vornehmen. Für ein repräsentatives Bild hausärztlicher Vorgehensweisen ist es entscheidend, dass möglichst viele Praxen an der Studie teilnehmen. Wir wären Ihnen daher sehr dankbar, wenn Herr Goltz mit Ihnen einen Besuchstermin vereinbaren dürfte und bitten Sie, das beiliegende Rück-FaxFormular auszufüllen und an uns zurückzufaxen (0551-399530). Herr Goltz wird sich dann mit Ihrer Praxis in Verbindung setzen Für zusätzliche Informationen oder Rückfragen steht Ihnen Frau Dr. HummersPradier jederzeit gern zur Verfügung (Tel 0551-398360 vormittags, 0551-3914221 Sekretariat, E-Mail: [email protected]).

Mit bestem Dank für Ihr Interesse und freundlichen kollegialen Grüßen

Prof. Dr. Michael M. Kochen

Dr. Eva Hummers-Pradier

84

cand. med. Jan Peter Goltz

Anhang 2: Antwortfax

Antwortfax Abteilung Allgemeinmedizin Georg-August-Universität Göttingen z. Hd. Dr. Eva Hummers-Pradier

Absender: Name/Praxisstempel

Fax: 0551-399530

An der Studie “Diagnostik und Therapie ambulant erworbener Pneumonien in der allgemeinärztlichen Praxis” - habe ich Interesse



- möchte ich nicht teilnehmen



Für eine kurze Begründung wären wir dankbar: __________________ ________________________________________________________

- Ich habe noch Fragen, bitte rufen Sie mich zurück



wann am besten?:......................................................... In meiner Praxis verwende ich die EDV nur zur Abrechnung  für meine Dokumentation  für Verordnungen Sonstiges



___________________________________________________

Bezeichnung Praxissoftware: ____________________________________ Version: _______________________ Betriebssystem:

DOS 

Windows



Anderes  (Bezeichnung)_________________________ Bemerkungen: ________________________________________________

85

BDT-Felder und –erläuterung Quelle: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Version 02/94 Feldtabelle

FK

Länge

Typ

Regel

0101 KBV-Prüfnummer

7

num

007

*L

0102 Softwareverantwortlicher

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