Arbeitseinsatz in Ghana 2009

Arbeitseinsatz in Ghana 2009 Vom 6. Juli bis zum 3. August 2009 haben wir, d. h. fünf Schülerinnen der Erzbischöflichen Liebfrauenschule Bonn zusamm...
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Arbeitseinsatz in Ghana

2009

Vom 6. Juli bis zum 3. August 2009 haben wir, d. h. fünf Schülerinnen der Erzbischöflichen Liebfrauenschule Bonn zusammen mit fünf Schülern des Liceum Salezjanskie Breslau / Polen, einen Arbeitseinsatz in Ghana absolviert.

Zuerst haben wir einige Tage im Provinzialat der Salesianer Don Boscos gewohnt, um uns an das schwül-heiße Klima und die fremde Kultur und Lebensweise der Ghanaer zu gewöhnen und etwas über ihre Geschichte zu lernen (z. B. haben wir Elmina Castle besucht, wo Jahrhunderte lang Sklaven nach Amerika verschifft wurden).

Nina Kiesewetter: Wir erhielten eine gründliche Einführung in ghanaische Sitten und Bräuche durch Fr. George und Fr. Chris. Sie erklärten uns z. B., dass es in Ghana üblich ist mit der rechten Hand zu winken oder Andere zu begrüßen, was mir persönlich anfangs schwer fiel, weil ich Linkshänderin bin und normalerweise immer meine linke Hand zur Begrüßung reiche. Auch vor einer größeren Runde von Menschen sollte man immer von rechts beginnend alle begrüßen. Den Menschen in Ghana ist Höflichkeit sehr wichtig. So sollte man, wenn man mit den Worten „You´re welcome!“ begrüßt wird, sich immer mit „Thank you!“ bedanken. Darüber hinaus sollte man es vermeiden sofort und entschieden eine Frage mit „No“ zu beantworten und stattdessen lieber mit Antworten wie „next time“ oder „maybe“ ausweichen. Auch mit Beschimpfungen muss man in Ghana sehr vorsichtig sein, denn Wörter wie „stupid“ oder „foolish“ zählen dort zu extremen Schimpfwörtern und sind eine große Beleidigung. Allgemein haben wir die Menschen in Ghana als sehr offen und freundlich kennen gelernt. Wir wurden immer begrüßt und es war eine stetige Bemühung um Konversation zu erkennen. Anders als wir es von Europa gewohnt sind, suchen Ghanaer engen Körperkontakt und wollen schnell Freundschaften knüpfen. Was uns ein wenig schockiert hat, war die strenge Rollenverteilung innerhalb einer Familie. Frauen ohne Kinder werden oft noch minderwertig behandelt; dabei gilt, je mehr Kinder desto höher der Rang. Die Kinder sind leider oft schon im frühen Alter auf sich allein gestellt.

Mirjam Steiner: Nach einigen Tagen der Eingewöhnung in das tropische Klima, die fremde Kultur und Geschichte Ghanas haben wir vormittags beim Bau einer Vorschule in Adentia bei Sunyani geholfen und nachmittags ein Spiele- und Sportprogramm für ca. 150 Kinder in Adentia organisiert. Gewohnt haben wir bei den Salesianern Don Boscos, die uns einen Bungalow auf dem Schulgelände zur Verfügung stellten. Dort mussten wir für uns selber sorgen, d.h. selbst kochen, spülen und putzen. Jeden Tag blieben eine deutsche und ein polnischer Volontär im Haus, um diese Arbeiten zu erledigen, während die anderen nach Adentia zum Arbeiten fuhren. Außer uns acht Jugendlichen, die zum Bauen antraten, waren meistens noch um die fünf Arbeiter dort, die uns Anweisungen gaben und mit uns arbeiteten. Wir als Neulinge (und besonders wir Mädchen) durften anfangs nur Zement für das Fundament und Sand tragen, später Steine für die Mauern. Die Jungs haben teilweise den Zement gemischt, was dort alles mit Hand und Schaufel gemacht wird, also schwere körperliche Arbeit ist. Wir hätten auch gerne gemauert, doch das hat nur eine von uns geschafft durchzusetzen und auch das nur nach mehrmaligem Fragen. Die Arbeiter haben uns wohl nicht zugetraut, dass wir das können. Für uns war es zunächst seltsam und eine Umstellung, in dem langsamen Tempo der Ghanaer zu arbeiten, doch haben wir schnell gemerkt, dass das notwendig ist, denn durch die schwüle Hitze ist die Arbeit noch anstrengender als in Europa und nach zwei Stunden waren wir alle immer ziemlich geschafft. Hinzu kam noch, dass es für uns Mädchen die ersten Erfahrungen mit solch körperlicher Arbeit waren. Die Arbeits- und Sicherheitsumstände waren ungewohnt. Sie entsprachen nicht deutschen Anforderungen, aber es hat alles geklappt, ohne dass etwas passiert wäre. Unsere Mitarbeit war vielleicht nur ein Tropfen im Meer, aber er bewirkt etwas und für uns Jugendliche war es schön zu wissen, dass wir etwas geschafft haben und ein wenig helfen konnten, wenn auch nur im Kleinen.

Laura Jörger: Bevor wir das erste Mal zu den Kindern gefahren sind, haben wir uns Gedanken gemacht, was wir mit ihnen spielen sollten, was wir ihnen mitbringen könnten usw. Doch schon nach dem ersten Nachmittag, den wir mit ihnen verbracht hatten, war uns klar, dass wir keine

besonderen Spiele oder Spielsachen brauchten. Diese Kinder sind glücklich, sobald man ihnen Aufmerksamkeit schenkt, ihnen zuhört und ihnen Zuneigung gibt. Es war egal, wie oft wir mit ihnen ``Who’s afraid of the black man´´ gespielt haben, denn die Kinder verlangten nicht immer neue Unterhaltung. Ein paar Schwierigkeiten gab es trotzdem: Nicht alle Kinder sprachen Englisch, vor allem die jüngeren nicht, und so mussten wir uns immer eins der älteren Kinder zum Übersetzen suchen . Außerdem war es schwer zu akzeptieren, in welcher Armut die Kinder leben, und zu wissen, dass sie teilweise krank oder verletzt sind. Doch umso bewundernswerter war es für uns zu sehen, mit welcher Lebensfreude sie trotz allem jeden Tag wieder ins Oratorium kamen, um mit uns zu spielen. Schwierig war es auch, dass die Kinder sehr viel körperliche Nähe brauchten und ständig auf den Arm oder an die Hand genommen werden wollten. Ich glaube, dass es eine ungewohnte Situation für alle war. Doch durch diese Anhänglichkeit und Fröhlichkeit, die sie uns immer gezeigt haben, wurde der Abschied für uns sehr schwer. Man hatte die Kinder kennen gelernt und wollte ihnen auch in Zukunft helfen, indem man ihnen Aufmerksamkeit und Liebe schenkt. Im Nachhinein sind wir beeindruckt, wie glücklich Kinder sein können, auch wenn sie fast nichts haben, und mit wie wenigen Mitteln wir ihnen eine Freude machen konnten.

Alexandra Adenauer: In Ghana sind uns vor allem auch sehr viele Unterschiede zu Deutschland in religiöser Hinsicht aufgefallen. Überall wo man hinschaute, sah man Läden, die zum Beispiel: ´Glory be to God` oder `Gentle Jesus` genannt worden waren. Auch an den Fensterscheiben von Taxen stand `Thank you God`. Auch die Gottesdienste erlebten wir als sehr viel intensiver und länger (teilweise bis zu drei Stunden lang) und sie waren immer für alle ein großes Fest. Es wurde getrommelt, getanzt und ganz viel gesungen, und die Lieder werden auch außerhalb der Kirche gesungen. Sehr auffällig war das sogenannte `Gye Nyame- Zeichen`, welches `Gott ist größer als alles` bedeutet und das man überall, auch auf Kleidungsstücken, auf Dächern und auf Plastikstühlen findet. Besonders beeindruckt hat uns unsere Firmung durch Bischof Matthew Gyamfi von Sunyani: Laura, Nina, Jacek und ich wurden am 25. Juli gefirmt. Es war für uns eine große Freude und Ehre die Firmung in Ghana zu empfangen. Wir hatten außerdem das große Glück den Bischof in drei Wochen fünfmal zu treffen. Er hatte Zeit für unsere Fragen und brachte uns sogar persönlich ein Geschenk zur Firmung vorbei (einen Rosenkranz). Es waren so ein großes Erlebnis und eine Erfahrung, die wir alle niemals vergessen werden. Der Aufenthalt in Ghana hat mich persönlich nachdenklicher gemacht und im Glauben gestärkt. Der Glaube wurde uns so selbstverständlich nahe gebracht, auf eine Weise, die den anderen Mädchen und Jungen und mir sehr gut gefallen hat. Ich bin sehr dankbar, diese Kirche kennen gelernt zu haben und froh, dass ich so viel für mich selber lernen durfte.

Rosalie Seppelt: Unsere Reise in das ferne Land Ghana verlief natürlich nicht vollkommen problemlos. Bereits unsere deutsch-polnische Gruppe setzte sich ja aus Jugendlichen aus zwei immer noch ziemlich verschiedenen Kulturen zusammen. Für die Ghanaer waren wir zwar alle weiß, aber uns fielen auf die Dauer einige Unterschiede unserer Mentalität auf. Beispielsweise sind die Tischmanieren in Deutschland viel wichtiger als in Polen und so waren wir Mädchen ein ums andere Mal pikiert, wenn halbvolle Teller stehen gelassen wurden oder einfach jemand nicht zum gemeinsamen Essen erschien. Doch unsere Gruppe wurde durch die gemeinsam durchstandenen Schwierigkeiten, angefangen bei der Bewältigung des Haushaltes oder beim Bekämpfen der täglichen Stromausfälle, nur noch mehr zusammengeschweißt. Schon allein das Klima und das andere Essen setzten uns in der ersten Zeit zu, ganz zu schweigen von der Armut, mit der wir konfrontiert wurden. Daher blieb auch ein anfänglicher Kulturschock nicht aus; zu verschieden sind die Lebensumstände der meisten Menschen dort und die, die wir aus unserer westlichen Welt gewohnt sind. Unser normaler Tagesablauf barg ebenfalls ein paar Schwierigkeiten. Es fing damit an, dass wir auf dem Bau nur simpelste Arbeiten, wie Steine tragen, verrichten durften, aber eigentlich alle lieber etwas Anspruchsvolleres gemacht hätten. Als wir die Arbeiter darauf ansprachen, wurde uns schnell klar, dass die weibliche Emanzipation, die für uns schon lange auch in körperlichen Arbeiten als selbstverständlich gilt, in Ghana nur auf häusliche Arbeiten, so wie Feldarbeit, beschränkt ist. So waren unsere Forderungen auch für die Einheimischen sehr ungewohnt, doch einmal mehr bewiesen sie ihre Toleranz und Offenheit für Neues und brachten mir bei zu mauern. Bei unserer nachmittäglichen Kinderbetreuung traten auch die ein oder anderen unvorhergesehenen Situationen auf, mit denen wir nicht gerechnet hatten. Am meisten setzte uns die eigene Hilflosigkeit gegenüber den Krankheiten und der Armut der Kinder zu. Trotzdem gingen wir jeden Tag erneut mit großer Motivation zum Oratorium, da uns die Kinder mit ihrer überschwänglichen Freude jedes Mal glücklich machten und wir froh waren, die Chance bekommen zu haben, ihnen Aufmerksamkeit und Liebe schenken zu dürfen. So waren all die Schwierigkeiten, die wir im Laufe unserer Reise bewältigt haben, genau die Dinge, die uns an unseren Aufgaben wachsen ließen und die uns hoffentlich reifer und verantwortungsbewusster machen. So haben wir auch erkannt, dass wir, die wir ja eigentlich nach Ghana gefahren waren, um den Menschen dort etwas zu geben, selbst reich beschenkt zurückkamen.