April 2008 ISSN

BALLETT INTERN Herausgeber: Deutscher Berufsverband für Tanzpädagogik e. V. – Heft 82/31. Jg. – Nr. 2/April 2008 – ISSN 1864-1172 Studierende der ...
Author: Juliane Michel
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BALLETT

INTERN

Herausgeber: Deutscher Berufsverband für Tanzpädagogik e. V. – Heft 82/31. Jg. – Nr. 2/April 2008 – ISSN 1864-1172

Studierende der Ballettschule des HAMBURG BALLETT tanzen »Yondering«

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Für das Ballett geboren John Neumeier erhält den Deutschen Jubiläums-Tanzpreis 2008 Von Manfred Krause Der Verein zur Förderung der Tanzkunst in Deutschland musste den Superstar nicht erst suchen. Er hat ihn längst gefunden: John Neumeier, seit Jahrzehnten leuchtender Stern am internationalen Choreographen-Himmel. Bereits 1988 zeichnete der Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik den langjährigen Intendanten und Chefchoreographen des Hamburg Ballett für seine vielfältigen Verdienste mit dem Deutschen Tanzpreis aus. Die traditionsreiche Ehrung, die 1983 mit Tatjana Gsovsky und Gret Palucca begann und so illustre Namen wie Marcia Haydée, Konstanze Vernon, Hans van Manen, Maurice Béjart, Pina Bausch und Hans-Werner Henze vereint, fand jetzt in der restlos ausverkauften Ballett-Gala im Essener Aalto-Theater einen neuen Höhepunkt. Wieder gilt in diesem Jahr die Aufmerksamkeit John Neumeier, der die Jubiläums-Auszeichnung für sein Lebenswerk erhielt. Nicht weniger als 137 Choreographien künden von einem rastlosen Schaffen, das auf weltweite Bewunderung stößt. Fast ein halbes Jahrhundert bewegt sich John Neumeier auf einer ununterbrochenen Erfolgsschiene. Elf Choreographien des Meisters reihten sich zu einer schillernden Perlenschnur, die alle Facetten seiner tänzerischen Schöpferkraft umfasst. Gleich zu Beginn brillierte die Ballettschule des Hamburg Ballett, die Neumeier vor 30 Jahren ins Leben rief und die er seither leitet, mit »Yondering«, einem Kaleidoskop der Lebensfreunde. Neumeier kehrt mit diesem mehrteiligen Ballett zu seinen Wurzeln zurück, taucht ein in die amerikanische Pionierzeit und macht den Aufbruch in das unbekannte Abenteuer auf überwiegend heitere Weise transparent. Sprudelnder Humor und witzig sportive Pointen wechseln mit elegischen Momenten voller Raffinement. Der hohe Leistungsstand des Nachwuchses, der seit nunmehr 30 Jahren in Neumeiers Schule gesteigert wird, peilt Weltniveau an. Nach diesem Ausflug in das Land der Liebe, der vielschichtigen menschlichen Beziehungen, öffnet sich an diesem festlichen Abend noch zehn Mal der Vorhang für Pas de deux’ der Spitzenklasse. Neumeiers weit gefächerte künstlerische Bandbreite passierte da Revue. Auf kesser Sohle, in Frack und mit Zylinder kam

»Shall we dance?« mit Silvia Azzoni und Alexandre Riabko vom Hamburg Ballett daher. Als Kontrapunkt zu dieser effektvollen Eleganz war in »1963: Yesterday« zur rhythmisch suggestiven Musik der Beatles eher die Anverwandlung klassischer Muster zu erkennen. Die Solisten des Königlich Dänischen Balletts Kopenhagen Silja Schandorff und Sebastian Kloborg zeigten eine spielerische Collage der Gegensätze. »Die Kameliendame« gab sich mit dem Pas de deux aus dem 2. und 3. Akt gleich zweimal die Ehre. 1978 von Neumeier für Marcia Haydée geschaffen und mit ihr auch verfilmt, gehört dieses ergreifende Handlungsballett zu den Juwelen in der reichen Kollektion. Mit schicksalsergebener Noblesse schlägt das Solistenpaar des Stuttgarter Balletts (Sue Jin Kang und Marijn Rademaker) anrührende Töne voller Zärtlichkeiten und Innigkeit an. Noch intensiver verstehen es Lucia Lacarra vom Bayerischen Staatsballett und Roberto Bolle von der Mailänder Scala die gleichen Partien zu gestalten, in den heftigen Gefühlsschwankungen zwischen Euphorie und Resignation. Wie weit Neumeier den choreographischen Bogen zu spannen weiß, bezeugen die poesievolle »Möwe«, die mit Valeria Mukhanova und Dmitry Khamzin vom Stanislavsky Ballett aus Mos-

oben: Sue Jin Kang und Marijn Rademaker in »Die Kameliendame« links: Silja Schandorff und Sebastian Kloborg in »1963: Yesterday«

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kau auf die Aalto-Bühne flatterte, die geschmeidig raumgreifende »A Cinderella Story« vom Bayerischen Staatsballett, mit Ivy Amista und Lukáš Slavický ideal besetzt, sowie die umjubelte »Sylvia«, ein Powerpaket von verblüffendem Temperament, getanzt von Laëtitia Pujol und Manuel Legris vom Ballett der Pariser Oper. Auf den Grund des Meeres, wo man die Wellenbewegungen zu spüren scheint und die Verschlingungen der Körper fast in Zeitlupe erstarren, führt »Die kleine Meerjungfrau«, ein märchenhafter Gegenpol zum »Opus 100 – for Maurice«, das sich augenzwinkernd geheimnisvoll und mystisch präsentiert. Schluss mit lustig war zwischenzeitlich aber endgültig mit »Endstation Sehnsucht«. Beängstigende Formen der Gewalt nimmt die handfeste Auseinandersetzung zwischen Stanley und Blanche an. Katja Wünsche und Jason Reilly vom Stuttgarter Ballett, beide Träger des Deutschen Tanzpreises »ZUKUNFT« der Vorjahre, bieten ein artifizielles Psychogramm im Geschlechterkampf. Wenn die laszive Blondine und der Macho im roten Satin wie aus dem Bilderbuch auf offener Szene zusammentreffen, kommt jede Hilfe zu spät. Diese enorme Körperbeherrschung schwingt sich zu zirzensischen Dimensionen auf. Von Bewunderung für den ungeheuer schöpferischen Künstler strotzten auch die Lobreden der Gala. Auf die frühe Karriere des Wunderkindes, das von der »guten Fee« Marcia Haydée an die Hand genommen wurde und in Frankfurt zum jüngsten Ballettchef Deutschlands avancierte, ging Ulrich Roehm, Vorsitzender der beiden veranstaltenden Vereine, mit zufriedenem Schmunzeln ein. Innerhalb kürzester Zeit habe er aus Hamburg ein Ballettzentrum ersten Ranges gemacht. Er zitierte Maurice Béjart, wonach Neumeier ein zeitloses Kind und ein weiser Mann sei, ein Zauberer. John sei nicht von dieser Welt.

Die große Marcia Haydée, seit ewigen Zeiten Weggefährtin des Preisträgers, verschmähte bei ihrer Laudatio das Rednerpult. Leger setzte sie sich einfach auf die Bühnenrampe und ließ ihre legendären Beine baumeln. So war sie ihm in der ersten Reihe, mehr oder weniger eingerahmt von den Preisträgern früherer Jahre Reid Anderson, Philippe Braunschweig, Birgit Keil und Horst Koegler, besonders nahe. »Du bist einfach ein Genie. Alles, was Du machst, ist genial. Du bist einer der bedeutendsten Choreographen aller Zeiten. Du bist ein Phänomen!«, rief sie ihm zu. Und dann geriet sie weiter ins Schwärmen. Über den »tollen Tänzer«, der in Stuttgart mit »höchster Konzentration und Intensität« beim Training gewesen sei. Sie erinnerte an die gemeinsame Arbeit mit Maurice Béjart bei Ionescos »Die Stühle«, die bei Neumeiers erster Preisverleihung im Grillo-Theater von beiden getanzt wurden. Nach den Worten »Du sollst nie aufhören. Ich danke dir. Du bist mein Freund«, fielen sich beide minutenlang in die Arme. Das tief bewegte Publikum, darunter die Ballettchefs Ivan Liška (München), Birgit Keil (Karlsruhe), Heinz Spoerli (Zürich), Xin Peng Wang (Dortmund), Bernd Schindowski (Gelsenkirchen), Martin Puttke (Essen) und sein designierter Nachfolger Ben van Gauwenberg, reagierte mit Standing Ovation. In seiner Dankesrede gestand der gebürtige Amerikaner John Neumeier, dass er eigentlich nur durch Zufall in Deutschland geblieben sein. Denn er liebäugelte mit dem New York City Ballet, aber sein Brief an George Balanchine blieb unbeantwortet ... Offenbar hat er es nicht bereut und ist stolz darauf, dass er als inzwischen deutscher Staatsbürger jüngst an der Hamburg-Wahl teilnehmen konnte. Unter großem Beifall stellte der Präsident des Deutschen Bundestages Norbert Lammert fest, der Deutsche Tanzpreis sei die schönste und würdigste Kulturpreis-Verleihung in Deutschland. Und das sage er nicht nur im Ruhrgebiet. Als Schirmherr des Vereins zur Förderung der Tanzkunst in Deutschland bedauere er,

Dmitry Khamzin in »Die Möwe«

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Ivy Amista und Luka´s Slyavický in »A Cinderella Story«

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dass die Tanzsparte oft im Windschatten großer kultureller Ereignisse stehe. Deshalb sei die Preisverleihung in einer etablierten Gala so wichtig. Niemand habe daran einen größeren Anteil als Ulrich Roehm. Ohne ihn gäbe es dieses grandiose Ereignis nicht. In seiner launigen Begrüßung wünschte Lammert dem Tanzpreis für die nächsten 25 Jahre nur das Beste und versprach, künftig den Tanz mit keiner Rede mehr aufzuhalten und die Tanzkunst nur von seinem Sessel aus zu genießen. Noch kürzer fasste sich Essens Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger als Schirmherr der Verleihung des Deutschen JubiläumsTanzpreises 2008. Er versicherte der »illustren Gästeschar«: »Zum unverwechselbaren Profil der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 gehört die Tanzstadt Essen!« ■

ganz oben: Laëtitia Pujol und Manuel Legris in »Slyvia« oben: Silvia Azzoni und Carsten Jung in »Die kleine Meerjungfrau« oben rechts: Katja Wünsche und Jason Reilly in »Endstation Sehnsucht« Mitte rechts: Lucia Lacarra und Roberto Bolle in »Die Kameliendame« unten rechts: Alexandre Riabko und Peter Dingle in »OPUS 100 – for Maurice«

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Meine Damen und Herren, zum unverwechselbaren Profil der Kulturhauptstadt 2010 gehört ganz zweifellos die »Tanzstadt Essen«. Ich bin sicher, dieser heutige Abend unterstreicht das einmal mehr. Darüber freuen wir uns und darauf sind wir stolz. Ihnen allen heute einen wunderschönen Abend hier Aalto-Theater! Vielen Dank! ■

Begrüßung: Ulrich Roehm Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Tanzkunst in Deutschland und des Deutschen Berufsverbandes für Tanzpädagogik

Begrüßung: Dr. Wolfgang Reiniger Oberbürgermeister der Stadt Essen und Schirmherr der Preisverleihung Einen schönen guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren. Einmal wieder ein großer, ein ganz großer Abend hier in unserem wunderbaren Haus. Ich glaube die Voraussetzungen dafür sind gegeben: ein großartiges Programm, ein Programm zugleich mit einer sehr komprimierten Möglichkeit, sich in das Werk von John Neumeier hineinzufinden. Großartige Künstler hier auf der Bühne, Tänzerinnen und Tänzer, eine illustre Gästeschar – bei den Namen, die Ulrich Roehm vorgetragen hat. Also, ich glaube, es ist nicht zu vermessen zu sagen, heute Abend ist gewissermaßen der Olymp der Tanzkunst hier in Essen, hier im Aalto-Theater versammelt. Ich freue mich sehr, dass an der Spitze gewissermaßen der Gästeschar Sie, Herr Bundestagspräsident Dr. Lammert, wieder dabei sind, wieder in Essen sind. Die Bandbreite Ihrer Präsenz in der Stadt – Fastenpredigt gestern, Tanzpreis-Verleihung heute – ist gewaltig. Aber wir wissen es sehr zu schätzen, dass Sie der Region, unserer gemeinsamen Region, Ihrer Region immer wieder Aufmerksamkeit schenken. Ich glaube, das ist auch ein sehr wichtiges Signal. Wir sind stolz darauf, dass unser Bundestagspräsident hier aus unserer Region, aus dem Ruhrgebiet stammt. Ein großer Abend ganz zweifellos, die Verleihung des Deutschen Jubiläums-Tanzpreises an jemanden, der ganz offenkundig dafür prädestiniert ist. Verehrter Herr Neumeier, auch von mir herzliche Gratulation zu dieser Preisverleihung. Wir freuen uns und wir sind zugleich geehrt, dass wir Ihnen heute diesen Preis verleihen dürfen. Meine Damen und Herren, Ulrich Roehm hat vielen gedankt, zurecht: Ohne Freunde, ohne Unterstützer, ohne Förderer wären auch solche großartigen Ereignisse nicht möglich. Ich bin sicher, ich spreche auch für Sie alle, wenn ich nun ihm danke, wenn ich Ulrich Roehm danke. Für seine Unermüdlichkeit, für seine Tatkraft, mit der er das seit – inzwischen kann man ja nun sagen – Jahrzehnte vorbereitet und immer wieder zum Erfolg führt. Und ich füge hinzu, auch zugleich ein Wort des Dankes an Ihre verehrte Gattin. An Sie beide ein herzliches Dankeschön. 6

Liebe Mitglieder unseres Deutschen Berufsverbandes für Tanzpädagogik sowie des Vereins zur Förderung der Tanzkunst in Deutschland, verehrtes Publikum, ein sehr, sehr herzliches Willkommen zu diesem festlichen Ereignis des 25-jährigen Bestehens des »Deutschen Tanzpreises«, das wir mit der Verleihung eines sehr außergewöhnlichen »Jubiläums-Tanzpreises« an eine ebenfalls außergewöhnliche Persönlichkeit unserer Tanzkunst heute in diesem schönen Aalto Theater feiern können. Darf ich sagen, dass Sie einer ebenfalls sehr außergewöhnlichen Gala beiwohnen: Star-Solisten acht großer Ballett-Compagnien und Studenten der Ballettschule des Hamburg Ballett sind heute hier zusammengekommen und tanzen für unseren Preisträger und uns Ausschnitte, Highlights aus elf verschiedenen Choreographien aus dem Gesamtwerk von 137 Kreationen unseres Preisträgers. Das umfassende, breit gefächerte Spektrum seiner Werke können wir mit diesen Darbietungen verständlicherweise nur andeuten. Durch eine recht unglückliche Verknüpfung widriger Umstände musste Toronto seine Teilnahme bedauerlicherweise absagen – so wird »Yondering« allein von Hamburg getanzt! »Yondering« nannte John Neumeier dieses zauberhaft-tänzerische Werk, geschaffen für den jugendlichen Nachwuchs der National Ballet School of Canada und seiner Hamburger Schule, dem Sie soeben begeisterten Applaus spendeten. »Yondering« – »to yonder«, diese alte Bezeichnung aus der amerikanischen Pionierzeit meint das, was hinter der bereits erschlossenen Grenze liegt, außerhalb des Bekannten, einen Aufbruch aus dem »Settlement« – vielleicht könnte man es auf heute übertragen als

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Aufbruch aus dem Establishment in das unbekannte Abenteuer. Welch’ zart andeutende, auch humorvoll sich annähernde erste Zuneigung – Liebe in den Duetten »Jeannie with the lightbrown hair« und »Molly, do you love me?«: Erstes »out-yondern« jugendlicher menschlicher Beziehungen in das noch unbekannte Abenteuer der Liebe! Verständlicherweise hatte ich in der letzten Zeit Gelegenheit, John Neumeier bei verschiedenen Anlässen, wie der Verleihung des Nijinsky Award in Monte Carlo, des Herbert von KarajanMusikpreises in Baden-Baden sowie als Präsidenten der Jury des Prix de Lausanne 2008, des von Philippe Braunschweig, unserem Tanzpreisträger 1997, gegründeten internationalen Jugend-Tanz-Wettbewerbs, vielleicht etwas mehr kennen zu lernen. Heute vor gerade vier Wochen beim Prix de Lausanne kam mir der Gedanke: »Yondering« ist der »Schicksals-Stern« über John Neumeiers Lebensweg! »Out yonder« mit gerade 21 Jahren aus seiner Heimat Milwaukee in das unbekannte Abenteuer der Welt-Metropole London, wo ihm seine »Fee« Marcia Haydée begegnet, ihn »an die Hand nimmt« in das weitere grenz-überschreitende Abenteuer ins Noch-Nachkriegs-Deutschland des Jahres 1963, in die gerade aufblühende Ballett-Welt John Crankos in Stuttgart. Darin sehe ich ein lebensbestimmendes Schicksal, so etwas kann kein Zufall sein, lieber John Neumeier! Mit jugendlichem Elan »yondered« er dort weiter als Tänzer, doch auch bereits als Bühnenbildner und Kostümbildner verschiedener Cranko-Ballette, auch schon als Choreograph: Die Noverre-Gesellschaft, die in diesem Jahr ihr 50. Bestehen begehen kann, mit ihrem Initiator Fritz Höver – unserem Tanzpreisträger des Jahres 2000 – ermöglicht ihm die ersten choreographischen Arbeiten, »Haiku«, uraufgeführt 1966,  bezeichnet John Neumeier als seine erste wirkliche Choreographie: »Im Grunde ist ›Haiku‹ doch mein erstes Stück, obwohl ich schon vorher choreographiert habe. Es ist der Schlüssel für mein ganzes Werk« sagt er 1988. 1969 folgt der nächste Schritt seines »Yonderings«: Mit nur 27 Jahren wird er in Frankfurt der jüngste Ballettchef Deutschlands, und 1973 wagt er im Alter von 31 Jahren den Sprung als Ballettdirektor an die Hamburgische Staatsoper, die nun seine Heimat, sein »Settlement« wird. Darf ich hier August Everding zitieren: »Ich wurde zum Opernintendanten von Hamburg berufen und suchte einen Ballettdirektor. In Frankfurt sah ich Ballette von John Neumeier und wusste, dass er mein Partner werden musste. Ich sah einen großen Choreographen am Werk, einen dramaturgischen Geschichtenerzähler, einen Ästheten und einen Genauigkeitsfanatiker, einen philosophischen Kopf, dem das Theatralische nicht abging. Wir wurden Partner, waren es gern. Er ist ein dunkles Sonntagskind und hat mich Ballett neu sehen gelehrt.« Und Hartmut Regitz sagte schon vor 20 Jahren in der Zeitschrift »Bühnenkunst«: »Wenn man bedenkt, wie viele Jahre John Cranko in Stuttgart noch benötigt hat, dort so etwas wie ein lokales Ballettbewusstsein zu schaffen, nimmt es einen Wunder, warum John Neumeier dazu (…) in Hamburg nicht einmal eine Spielzeit gebraucht hat, (…) es ist ihm innerhalb kürzester Frist gelungen, aus der Hansestadt ein weithin beachtetes Ballettzentrum zu machen. Intelligenz, Sensibilität, Einfallskraft und ein Wissen um Dinge, die am Theater möglich sind, haben Neumeier zu einem der erfolgreichsten Ballettdirektoren der Bundesrepublik werden lassen, der oft unter schmerzlichem Verzicht auf die Erfüllung einer eigenen Tänzerkarriere bemüht war, seinem Ensemble die denkbar besten und  fruchtbarsten Aufgaben zu bieten.« In Hamburg scheint auch jede neue Choreographie, jede neue Aufgabe weiterhin unter dem »Lebens-Stern« des »out-yonBallett Intern 2/2008

dern« zu stehen. Aus der vorhandenen Compagnie formte er zu Beginn als erstes, wenn auch unter gewerkschaftlichem Protest, »sein« Ensemble. Nach nur fünf Jahren, 1978, wagte er einen weiteren Schritt ins unbekannte Neuland mit der Gründung einer, »seiner« Schule – und nach langen Verhandlungen segnete 1985 der Hamburger Senat die Pläne für das großartige »Ballettzentrum Hamburg – John Neumeier« ab, das 1989 bezogen werden kann.1996 folgt mit der Ballett-Intendanz die autonome Verantwortung für »sein« Hamburg Ballett. Doch damit nicht genug, neben den umfassenden Aufgaben als Ballettintendant, Choreograph, Schulleiter und zeitweise auch noch Tänzer seiner großen Werke »yondered« er in den Aufbau seines Tanzarchivs, seiner Tanzbibliothek, seines Tanzmuseums, seiner Stiftung – eine Aktivität reicht der nächsten die Hand – John Neumeier »yondered« auch heute noch! Lassen Sie mich hier Neumeiers großen Freund, Maurice Béjart, dem wir 1994 den Deutschen Tanzpreis verliehen, zitieren aus seiner Laudatio für John Neumeier 1988: »(...) ich frage mich: Wer ist John Neumeier? Und ich denke, ich habe es nun entdeckt – John Neumeier ist ›E.T.‹, gekleidet wie ein zauberhafter Prinz! … Und John kommt aus dem Weltraum, denn er ist zeitlos. Wenn ich mit John arbeite, kommt es mir manchmal vor, als arbeite ich mit einem Kind von acht Jahren – dann schaue ich ihn an und mir ist plötzlich, als sähe ich einen uralten, weisen Mann mit einem Wissen um Vergangenheit und Zukunft. … Er ist eine Art Zauberer. Und das ist der Grund, warum ich denke: John ist nicht von dieser Erde!« Und John Neumeier selbst: »Wenn man zurückschaut, kann man natürlich immer sagen: Das sind meine Werke! Anders gesagt: Je mehr man Erfahrung hat, desto weniger neu erscheint einem manches. Andere Dinge werden einem wichtiger. Deshalb glaube ich auch, dass ich immer noch ›unterwegs‹ bin.« Begegnen sich hier Goethe und Neumeier im philosophischen »yondering« – im »Unterwegs-Sein«? In den Schlussworten des »Faust« sagt Goethe: »Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen …!« Und Neumeier zu seinem »Weihnachtsoratorium« im Dezember 2007: »Es geht um Hoffnung, nicht um die ›fertige‹ Erlösung. Die Erlösung ist nicht vollendet, sie ist immer zu erarbeiten«. Und ich ergänze, wer immer strebend sich bemüht! »Das Menschliche steht im Zentrum meines Schaffens.« 2002, zu den Festlichkeiten zu John Neumeiers 60. Geburtstag, wurde von der Ballettschule des Hamburg Ballett ein Defilée organisiert, bei dem 127 Studenten je eine Fahne trugen mit dem Namen einer seiner Choreographien: Die Jahre seiner choreographischen Kreativität für den tänzerischen Nachwuchs in seiner Schule und der National Ballet School of Canada, Toronto, für seine Compagnie, für deutsche und internationale Ballett-Ensembles weltweit in München, Stuttgart, St. Petersburg – am Marijnsky-Theater war er 2001 nach einhundert Jahren mit der Choreographie »Sounds of Empty Pages« der erste aus dem Westen eingeladene Choreograph – Moskau, Paris, Mailand, London bis New York, Toronto, Tokio u.v.a.m. zogen »bildlich« am Gratulanten vorüber. Hier entstand die Idee, dass eine solche, weltweit wohl einmalige Kreativität auf dem Gebiet des künstlerischen Bühnentanzes sowie der Pädagogik einer besonderen Anerkennung und Ehrung bedürfe. Heute, nach nun 35 Jahren Ballettdirektor und Intendant des Hamburg Ballett, zeigt das Werkverzeichnis 137 Choreographien, mit einer künstlerischen Bandbreite von »Bernstein Dances«, »On the Town«, »West Side Story« auf der Musical Basis über einen genialen »Peer Gynt«, Tennessee Williams’ »Endstation Sehnsucht«, von Shakespeare inspirierten Interpretationen wie »Ein Sommernachtstraum«, »Ro7

meo und Julia«, »Hamlet«, »Wie es euch gefällt«, »Othello«, das vorgestern in Hamburg seine Wiederaufnahme hatte, einer »Kameliendame«, »Parzival«, »Nijinsky«, »Tod in Venedig«, »Opus 100 – for Maurice«, eine Hommage an Maurice Béjart usw., usw. bis zu den letzten, höchst akklamierten Höhepunkten »Die kleine Meerjungfrau« und »Weihnachtsoratorium«. So führt John Neumeiers »Yondering« in diesem Jahr 2008 einen »Sternen-Ring« von Jubiläen dieses Jahrzehnte währenden Wirkens für den künstlerischen Bühnentanz zusammen: 1963 – vor 45 Jahren führte ihn sein Weg nach Stuttgart; 1973 – vor 35 Jahren führte ihn sein Weg nach Hamburg; 1978 – vor 30 Jahren gründete er seine Schule; 1988 – vor 20 Jahren verlieh der Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik den Deutschen Tanzpreis an John Neumeier. Doch auch die Initiatoren des Deutschen Tanzpreises sind nicht unwesentlich dem »Yondering« verfallen! War schon die Gründung des Deutschen Berufsverbandes für Tanzpädagogik im Jahre 1975 – vor nun 33 Jahren – ein gewagter Sprung ins Ungewisse, so gilt dies ebenfalls für unsere Zeitschrift »Ballett Intern«, die 1977 erstmalig erschien und nun  ihr 30-jähriges Erscheinen feiern konnte! Und in ganz besonderem Maße gilt dies für die Initiative der Verleihung eines Deutschen Tanzpreises! Als der damalige Vorstand sich zu diesem Wagnis, zu diesem »Yondering« entschloss, sahen wir doch eher beim »Aufbruch ins

Ungewisse« die Rocky Mountains als zu überwindende Aufgabe vor uns als ein »Gelobtes Land, in dem Milch und Honig« fließen. Dass wir nun nicht in den den Rockies vorgelagerten »Badlands« strandeten, sondern 25 Jahre realisieren konnten – auch und nur durch die Hilfe unermüdlicher Sponsoren und Freunde der Tanzkunst – dass dieser Deutsche Tanzpreis zu der wohl prestige-trächtigsten Ehrung auf dem Gebiet des künstlerischen Bühnentanzes sich entwickeln konnte – das hatten wir damals ebenso wenig zu denken, zu hoffen gewagt wie John Neumeier seinen Weg vor 45 Jahren auf dem »out-yondern« nach Stuttgart, vor 35 Jahren nach Hamburg vorher sehen konnte! 25 Jahre Deutscher Tanzpreis ist sicher für uns und für die Tanzwelt ein besonderes, bemerkenswertes Jubiläum, Das in der Ballettgeschichte nach allgemeinem internationalen Urteil wohl einmalige Lebenswerk John Neumeiers mit diesem Jubiläums-Tanzpreis zu würdigen, ist eine logische Entscheidung – hier führen die oben vielfach erwähnten »Yondering«-Wege folgerichtig heute zusammen. Der »Deutsche Tanzpreis 1988« an den jungen »Yonderer« 8

John Neumeier galt dem Mut und der Leistung der jungen Jahre – der einmalige DEUTSCHE JUBILÄUMS-TANZPREIS 2008 anlässlich von 25 Jahren »Deutscher Tanzpreis« dem unermüdlich kreativen »Yonderer«, sagen wir es italienisch – PER UNA VITA PER LA DANZA! August Everding bezeichnete John Neumeier als Sonntagskind – gratulieren Sie mit mir John Neumeier herzlich zum Geburtstag am vergangenen Sonntag, dem 24. Februar 2008, und besonders zum DEUTSCHEN JUBILÄUMSTANZPREIS 2008. Verehrtes Publikum, gestatten Sie mir, dass ich mich wiederhole, wenn ich auch in diesem Jahr sage, in der deutschen Welt des Tanzes geht kaum ein Weg an Stuttgart vorbei – unseren Preisträger wie auch unsere heutige Laudatorin verdanken wir John Cranko: Begrüßen Sie mit mir die langjährige Ballerina und Direktorin des Stuttgarter Balletts, Marcia Haydée. Sehr dankbar war ich vor Jahren, dass sich Herr Dr. Lammert, unser jahrzehntelanger Freund des Tanzes und des Deutschen Tanzpreises, bereit erklärte zu der Schirmherrschaft über unseren Träger-Verein zur Förderung der Tanzkunst in Deutschland. Und ebenso dankbar bin ich, dass er heute zu unserem 25. Jubiläum einige Worte zu uns sprechen wird: Darf ich sehr herzlich den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Herrn Dr. Norbert Lammert, begrüßen! Desgleichen freue ich mich sehr, dass unser Oberbürgermeister Herr Dr. Wolfgang Reiniger auch in diesem Jahr die Schirmherrschaft über diesen festlichen Abend des Tanzes übernommen hat! Vielen Dank Ihnen,  Herr Dr. Reiniger, für lange Jahre der freundschaftlichen Unterstützung! Als Vertreterin der Stadt Hamburg begrüße ich die Kultursenatorin Frau Prof. Dr. Karin von Welck, mit Herrn Prof. Dr. Oliver Scheytt den Kulturdezernenten unserer Stadt und Präsidenten der Kulturpolitischen Gesellschaft, zusammen mit seiner Vizepräsidentin und unserer Laudatorin des Deutschen Tanzpreises »ZUKUNFT« 2007, Frau Dr. Iris-Jana Magdowski, desgleichen den Staatssekretär Kultur NRW, Herrn Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff. Weitere uns liebe Gäste möchte ich erwähnen: Prof. Dr. Max Fuchs, Präsident des Deutschen Kulturrats; Klaus Geitel, unseren Doyen der deutschen Ballett- und Musik-Kritik; Barbara Gessler, Vertreterin der Europäischen Kommission; Ilka Schmalbauch, Vertreterin des Deutschen Bühnenvereins. Und von der Kulturpolitik wieder zu unserem Tanz: Frank Andersen, Direktor des Royal Danish Ballet; Sylviane Bayard, ehemalige Ballettdirektorin der Deutschen Oper Berlin; Oleksi Bessmertni, Direktor des Tanzolymp Berlin; Dinna Björn, Direktorin des Finnischen Nationalballetts Helsinki; John Bliekendaal, Tanzakademie Arnheim; Ben van Cauwenbergh, designierter Ballettdirektor Essen; Irina Chermonurova, Direktorin des Stanislavsky-Balletts Moskau; Charles Gebhard, Präsident des Prix de Lausanne; Dieter Gräfe, Weggefährte von John Cranko und unserem Preisträger; Prof. Lutz Förster, Leiter des Studiengangs Tanz an der Folkwang-Hochschule; Irène Heinen, Direktorin des Ballett-Festivals Luxembourg; Vladimir Klos, einer der Hauptdarsteller im Film »Die Kameliendame«, den Sie morgen in der Lichtburg erleben können! Minghui Kong, Repäsentantin des China Shanghai International Arts Festivals; Marianne Kruuse, langjährige Bühnenpartnerin unseres Preisträgers und Leiterin der Ballettschule des Hamburg Ballett; Daniela Kurz, Ballettdirektorin Nürnberg; Doris Laine, ehemalige Ballettdirektorin der Komischen Oper Berlin, heute Helsinki; Ivan Liška, Ballettdirektor des Bayerischen Staatsballetts und neben Marcia Haydée Hauptdarsteller im Film »Die Kameliendame«; Stefan Lux, u.a. Choreograph des Balletts »DornrösBallett Intern 2/2008

chen«, das Sie gestern auf dieser Bühne hätten erleben können; Günter Pick, ehemaliger Ballettdirektor verschiedener Bühnen Deutschlands und ehemaliger Leiter der Zentralen Bühnen-, Fernsehund Filmvermittlung; Bernd Schindowski, Ballettintendant Gelsenkirchen; Raimondo Rebeck, Solist und Ballettmeister des aalto-ballett-theater-essen; Colleen Scott, eine der Hauptdarstellerinnen im Film »Die Kameliendame«; Heinz Spoerli, Ballettdirektor des Züricher Balletts; Mavis Staines, Direktorin der National Ballet School of Canada, Toronto; Jan Stripling, ehemaliger Solist des Stuttgarter Balletts; Dr. Christiane Theobald, Stellvertretende Intendantin des Staatsballetts Berlin; Xin Peng Wang, Ballettdirektor Dortmund; Uschi Ziegler, Schulleiterin der Ballettschule des Hamburg Ballett und Ehrenpreisträgerin 2007. Sehr verehrtes Publikum, alle diese erwähnten Persönlichkeiten des Tanzes und der Kulturpolitik sind, sagen wir als Geschenk, zu Ehren unseres Preisträgers heute hier anwesend, und ich hoffe, dass Sie mit mir einig sein können, dass dieses »Geschenk« ihm auch präsentiert werden sollte, denn auch dafür ist dieser heutige Abend nun einmal konzipiert! Danken Sie mit mir unseren großzügigen Sponsoren, die es wiederum möglich machten, dass diese außergewöhnliche Festveranstaltung des Tanzes – wie viele sagen, zumindest wohl europaweit einmalig – in unserer Stadt nun zum 25. Male realisiert werden konnte! Diesen großen, herzlichen Dank, auch in Ihrer aller Namen, verehrtes Publikum, möchte ich vermitteln an: Frau Anneliese Brost; Frau Marianne Kaimer; Herrn Hans Martz und der Sparkasse Essen; Herrn Wulf Mämpel und dem Freundeskreis Theater & Philharmonie; der Alfred und Cläre Pott-Stiftung; dem Fonds Darstellende Künste und Herrn Jürgen Flügge, dem Vorsitzenden und Herrn Günter Jeschonnek, Geschäftsführer sowie der Stadt Essen. Und sollten auch Sie uns unterstützen wollen, so werden Sie Mitglied unseres Vereins zur Förderung der Tanzkunst. Auch Dank allen guten Geistern dieses Hauses vor und hinter der Bühne, insbesondere dem Geschäftsführer Otmar Herren und dem Direktor des aalto-ballett-theater, Prof. Martin Puttke, sowie dem Technischen Direktor Daniel Kaiser für die angenehme, reibungslose Zusammenarbeit bei der Realisation dieses Abends. Wie immer, verehrtes, geduldiges Publikum – last, but not at all least – zum traditionellen Abschluss begrüßen Sie mit mir die anwesenden Preisträger vergangener Jahre, die heute John Neumeier die Ehre geben: Als erstes unsere drei Preisträger »ZUKUNFT« des Jahres 2006 vom Stuttgarter Ballett: Katja Wünsche und Jason Reilly, die Ihnen heute erneut ihr Können auf dieser Bühne beweisen werden mit ihrem Beitrag aus dem Ballett »Endstation Sehnsucht«, sowie Christian Spuck, sodann Reid Anderson, Philippe Braunschweig, Marcia Haydée, Hans Herdlein, Birgit Keil und Horst Koegler. ■ Ballett Intern 2/2008

Dr. Norbert Lammert Präsident des Deutschen Bundestages und Schirmherr des Vereins zur Förderung der Tanzkunst in Deutschland e.V. Herr Oberbürgermeister, lieber Ulrich Roehm, verehrter Preisträger, meine Damen und Herren, Begrüßungen, Grußworte, auch Festansprachen, sind gewiss nicht die Hauptsache bei einer Tanzgala – aber manchmal sind sie unvermeidlich. Und es ist so ein Abend: Der Deutsche Tanzpreis wird 25. Ein kleines, aber stolzes Jubiläum, dass über die Verleihung des Jubiläumspreises hinaus eine eigene Würdigung verdient. Seit nun immerhin einem Vierteljahrhundert werden einmal im Jahr herausragende Tänzerinnen und Tänzer, Choreographen und Komponisten, Tanzpädagogen und Wissenschaftler, Autoren und Förderer des Tanzes aus dem Inland oder dem Ausland ausgezeichnet und damit gleichzeitig eine größere Öffentlichkeit auf eine Sparte der darstellenden Kunst aufmerksam gemacht, die nach wie vor oft im Windschatten anderer großer Kulturereignisse steht. Der Deutsche Tanzpreis ist insoweit für den deutschen Tanz noch wichtiger als für die Preisträger. Sie brauchen ihn in der Regel nicht. Der Tanz braucht ihn. Um so erfreulicher, dass sich dieser Preis längst als die bedeutendste Auszeichnung der deutschen Tanzszene etabliert hat. Und die jährliche Gala-Veranstaltung längst zum großen Familientreffen aller Tanzfreunde, -könner und -kenner geworden ist. Begonnen hat das alles vor 25 Jahren sehr bescheiden – mit viel Elan und wenig Glanz: Begrüßungsreden – Laudatio – Urkunde; ohne Musik, ohne Tanz. Daraus ist inzwischen eine glanzvolle Veranstaltung geworden. Für mich persönlich ist die Tanzpreis-Verleihung im Aalto-Theater seit Jahren die schönste, dem Anlass angemessenste, würdigste Kulturpreis-Verleihung in Deutschland. Ich habe das übrigens auch außerhalb Essens vor der Jubiläumsveranstaltung so vorgetragen, so dass niemand Sorge haben muss, dass sei so eine dieser berühmten, dem Anlass geschuldeten Bemerkungen. Die Stadt Essen und das Ruhrgebiet dürfen durchaus stolz darauf sein. Sie nehmen mit dieser Veranstaltung seit vielen Jahren gewissermaßen das Niveau vorweg und setzen einen Standard, der einer europäischen Kulturhauptstadt würdig ist. Niemand hat daran einen größeren persönlichen Anteil als Ulrich Roehm. Als Initiator, Moderator, Promotor, Impressario – ohne ihn und seinen Verein zur Förderung der Tanzkunst in Deutschland und den Berufsverband für Tanzpädagogik gäbe es dieses grandiose Tanzereignis nicht. Dafür möchte ich ihm und seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern nicht nur als Schirmherr dieses Vereins, sondern als selbsternannter Sprecher dieses Auditoriums in Ihrer aller Namen gewissermaßen herzlich danken und gratulieren. Verbunden selbstverständlich mit allen guten Wünschen für die nächsten Jahre. Meine heimliche Hoffnung ist, dass ich Ihnen in 25 Jahren zum 50. Jubiläum an gleicher Stelle gratulieren kann. Und Ihnen allen verspreche ich feierlich, bis dahin werde ich ohne zwingenden Grund nie wieder eine Tanzgala mit einem Grußwort aufhalten. Sondern ich werde mich, wie Sie still und andächtig und glücklich auf meinen Sessel setzen und vollendete Tanzkunst genießen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, uns allen weiterhin einen inspirierenden, motivierenden und denkwürdigen Abend. ■ 9

Laudatio: Marcia Haydée Mein lieber John, Du bist einfach ein Genie. Warum ein Genie? Weil alles, was du machst, ist genial. Hättest Du es gewollt, nur ein Tänzer zu werden, wärest Du heute einer von den Top-Tänzern. Als Choreograph bist Du einer der bedeutendsten Choreographen aller Zeiten; als Direktor – genau das Gleiche. Wolltest Du heute aufhören mit dem Ballett, könntest Du morgen anfangen, ein Filmdirektor zu sein, und Du wärest bestimmt in einer Reihe mit Fellini, Pasolini und Spielberg. Du machst Dein eigenes Bühnenbild, Deine Kostüme, Deine Beleuchtung. Soviel ich weiß, hast Du aber noch nie Deine eigene Musik komponiert. Aber ich glaube, dass das vielleicht auch noch kommt. Mein lieber John, Du bist ein Phänomen. Mein Verhältnis mit John hat angefangen, als John Cranko eines Tages zu Ray Barra und mir sagte: Das Royal Ballet hat angerufen und die sagen, es gibt einen ganz begabten jungen Tänzer, der wäre perfekt für das Stuttgarter Ballett. Und John sagte: »Ok, Du und Ray, Ihr habt eine Vorstellung in London, geht in die Schule und schaut euch diesen jungen Tänzer an.« So sind wir dahin gegangen. Wir saßen oben im Balkon in diesem Ballettsaal und einer von den Lehrern hat zu uns gesagt: »Das ist der neue Mann.« Und ich habe ganz schnell geguckt: Ist er groß, klein, dünn, dick, lange Beine, kurze Beine, lange Arme, kurze Arme, langer Hals oder kein Hals, schön oder hässlich? Bei Dir John, war das alles perfekt. Aber, es ist nicht so einfach, weil manchmal sehen sie perfekt aus, dann machen sie eine Bewegung und es ist eine totale Katastrophe. Aber das war nicht der Fall bei Dir, John: Du warst ein toller Tänzer. Aber was mich schon damals am meisten beeindruckt hat an Dir, das war Deine Kapazität zur Konzentration und Deine Intensität. Alle anderen Tänzer haben auf die Lehrer geschaut, der Lehrer hat einen Schritt vorgegeben, die haben das gelernt, die haben das gemacht und dann haben sie losgelassen. Nicht bei Dir! Es sah so aus, als hättest Du irgendwo bei Dir einen Knopf gedrückt, und Deine Konzentration ging so lang, wie Du wolltest. Du hast nicht einen Moment bei diesem Training losgelassen. Damals wurde mir klar: Du bist für das Ballett geboren. Du wolltest nichts anderes machen. Das hast Du nicht für eine Karriere gemacht, das war Dein Leben. Und das Royal Ballet hatte recht: Du warst der Richtige für Stuttgart. Du bist nach Stuttgart gekommen und warst bei Cranko immer der Schnellste, der gelernt hat, was John choreographierte, und Du hast immer noch etwas dazu gemacht. Ich könnte so viele Sachen aus dieser Zeit erzählen, aber ich habe mir nur zwei herausgenommen. Zum ersten: Als ich zum ersten Mal mit Dir als Paris getanzt habe – in Romeo und Julia. Ich weiß nicht, ob die Pas de deux’ gut gelungen sind oder nicht, wie es war. Aber ich weiß, ich hatte Paris bei mir. Du hast nicht Paris gespielt, Du warst Paris – genau wie es Cranko wollte und Shakespeare. Das war Deine Kraft und es ist heute noch Deine Kraft als Choreograph. Und John hat für Dich Hortensio in »Der Widerspenstigen Zähmung« gemacht. Alle Tänzer wollen schöne Füße haben. Und so hat Cranko dieses ganze Solo für seine Füße gemacht. Neumeier hat verstanden, was Cranko wollte, und hat das genommen und noch mehr gemacht. Das war total verrückt, was John als Hortensio auf der Bühne geleistet hat. Es gab bis heute schon viele Hortensios, aber so wie Du bist, so gab es noch keinen. Das war schon einmalig. 10

Dann hast Du schon angefangen zu choreographieren: »Haiku«! »Haiku« war für mich ein ganz kleines Ballett, aber es war schon abendfüllend. Du hast eine Geschichte erzählt. Und am Ende dachten alle: »Ok, da ist ein Choreograph!« Und dann kam der Moment, an dem Du Stuttgart verlässt und nach Frankfurt gingst. In Frankfurt hast du ganz schnell das Publikum gepackt, hast eine Compagnie gemacht und dann Ballett nach Ballett gemacht. Aber dann war Frankfurt, glaube ich, zu klein für Dich. Dann kam Hamburg: Es ist phänomenal, was Du da in Hamburg kreiert hast. Dein Zentrum, die Compagnie, das Repertoire: Du bist der König von Hamburg. Ich denke, eigentlich sollte Hamburg »Neumeierburg« heißen, weil, wenn man als Tänzer in Dein Zentrum kommt, spürt man Neumeier in jeder Ecke. Deine Kraft, Deine Energie – und das wird immer da bleiben. Ich habe Dich immer geliebt und bewundert, als Direktor und Choreograph. Aber ich habe es wirklich nie gedacht, dass ich eines Tages mit Dir arbeiten würde. Ich wusste, dass ich war Crankos Tänzerin, aber ich hätte es nie gedacht, dass ich auch Deine Tänzerin war. Und eines Tages rufst Du mich in Stuttgart an und sagst: »Marcia, ich gehe nach New York, zum American Ballet Theatre und mache dort ›Hamlet‹ mit Baryschnikow, Erik Bruhn und ich wollen Dich haben.« Für mich war das ein Schock.

Ich hatte so was wirklich nicht erwartet. Aber ich bin sofort nach New York gegangen. Und die Zeit in New York war einmalig für mich. Für Dich war das nicht so gut, weil die haben dieser Compagnie und John nicht genug Zeit gegeben. Er hatte für Baryschnikow fünfzehn Minuten Zeit, dann fünfzehn Minuten für Erik Bruhn am Abend. Die haben sich nicht getroffen, weil Sie in anderen Balletten arbeiteten. Aber ich war da für Neumeier. So habe ich mit John probiert – von morgens bis abends – ich und Erik Bruhn. Ich glaube, ich habe nie so viel probiert und Du hast den Pas de deux hier geändert und nochmal gewechselt und die Soli auch. Und wir waren perfekt, aber wirklich perfekt. Und da habe ich Dich wirklich kennen gelernt, als Menschen, als Choreographen. Und am Ende habe ich zu Dir gesagt: »Komm’ nach Stuttgart! Ich gebe Dir so viel Zeit, wie Du willst, mach’ Deinen ›Hamlet‹, wie Du willst.« Und das hast Du gemacht. Dein »Hamlet« wurde einmalig. Und schon in New York hatte ich zu John gesagt: »John, bitte, ich weiß, Du hast eine Compagnie und sehr viel zu tun, aber komm‘ nach Stuttgart und mach’ Dein abendfüllendes Ballett für uns.« Cranko ist weg. Das war ein riesiges Loch, wir brauchten etwas. Und John hat mir versprochen: »Ok! Ich komme.« Und sofort hat er angefangen, Ideen zu entwickeln. Ballett Intern 2/2008

Er hat gesagt: »Machen wir Kleopatra.« Mir war es egal, was er macht, wenn er nur ein abendfüllendes Ballett macht. Denn das Wichtige ist, dass er nach Stuttgart kommt und für unsere Compagnie ein abendfüllendes Ballett macht. Und das war nach einer Probe zu »Hamlet«. Wir sind in ein türkisches Restaurant gegangen. Ich saß vor Dir und war an diesem Tag so müde, ich hatte keine Schminke, ich war einfach fertig. Und plötzlich sehe ich in seine Augen. Die bleiben ganz still und gucken mich an. So habe ich mich auch nicht bewegt und nur geguckt. Da sagt er: »Kameliendame! Machen wir Kameliendame!« Ich glaube, in diesem Moment hatte er schon die tote Marguerite vor sich gesehen. Und dann begann das Stuttgarter Fieber mit der »Kameliendame«. Das hatte die ganze Stadt, das Theater, die Compagnie: Wir waren »Kameliendame« und wir wollten nur noch »Kameliendame«. Alle haben auf diese Premiere gewartet. Und es war wirklich eine Explosion, diese »Kameliendame«. Ich erinnere mich an alles, an jedes Wort, das Du zu mir gesagt hast – vom Anfang der »Kameliendame« bis zum Ende. Bei Dir sind nicht die großen Schritte das Wichtigste, aber das, was dazwischen passiert, alle Details. »Kameliendame« – ich erinnere mich – das war Detail nach Detail, Detail nach Detail bis zum Ende. Einmal, im ersten Pas de deux, ging ich zum Spiegel

Stunde. Dann habe ich meine Astrologin in Brasilien angerufen: »Sag’ mir, wie stehen die Planeten da am Montag?« Und sie hat gesagt: »Hm, bis 16 Uhr ist ganz schwierig, nach 16 Uhr alles ok.« Da habe ich gedacht, was mache ich nun? Dann habe ich John angerufen und gesagt: »John, vielleicht denkst Du, ich bin verrückt, aber ich muss es Dir sagen.« Dann habe ich es ihm gesagt und er sagte nur: »Hm, ok.« Am nächsten Tag, morgens – bestimmt erinnert er sich daran – wollen wir mit dem schwarzen Pas de deux anfangen. John kommt – ganz langsam – und er guckt und sagt: »Nein! Licht ist alles falsch. Wir müssen alles wechseln.« Das ganze Team hat ihn angesehen, weil die es gewöhnt waren, dass er ganz genau weiß, was er macht. Und dann haben sie gewechselt. »Nein, nein. Ich bin noch nicht zufrieden. Ich glaube, da …« Das ging so weiter bis halb drei nachmittags. Um halb drei hat er dann gesagt: »Ok, wir machen alles wie es war am Anfang!« Und genau um 16 Uhr hat er mit dem schwarzen Pas de deux angefangen. Ein weiterer Grund ist, John, dass ich Dir so dankbar bin, dass wir auch mit »Kameliendame« einen Film gemacht haben. Mein Solo hast Du mit mir an einem Nachmittag geprobt. Und Du hast gesagt: »Noch einmal, noch einmal, und noch einmal, und noch einmal.« Meine Füße waren schon keine Füße mehr,

und Du hast eine Stunde lang mit mir probiert. Du wolltest, dass das Publikum versteht, dass in diesem Moment, in dem sie sich in dem Spiegel sieht, sieht sie ihre Krankheit, sieht das Ende. Und war nur eine Armbewegung, nur eine Hand. Aber das war nicht so einfach. Eine Stunde hat es gedauert, bis Du gefunden hattest, welche Bewegung die Hand machen muss bis zum Gesicht. Und so war die ganze »Kameliendame«. »Die Kameliendame« ist in meine Haut eingeprägt. Nachher hast Du mich mit nach Hamburg genommen, und ich habe mit Deiner Compagnie getanzt. Danach kam der Film. Und in diesem Film ist es faszinierend zu sehen, wie John morgens kam und schon ganz genau wusste: Licht hier und da, da und da. Er hat keine Zeit verloren, überhaupt keine Zeit verloren. Ich werde nun eine Sache erzählen, da habe ich Dich nie um die Erlaubnis gebeten, aber ich erzähle das sowieso: Sie wissen, dass ich aus Brasilien komme. In Brasilien beschäftigt man sich mit Astrologie, mit allem Möglichen, mit dem Mond, wo der Mond ist, wo Jupiter ist und so. Als dann John den schwarzen Pas de deux machen wollte – und ich weiß, für ihn war der schwarze Pas de deux ganz schwierig – habe ich in meinen Büchern nachgesehen, das wird an einem Montag probiert, Montag und die

aber ich habe es gemacht – bis er zufrieden war. Dann kam er zu mir und hat zu mir gesagt: »Marcia, dieser Film bleibt ewig. Das bedeutet, dass Tänzer, die Dich nie gesehen haben, werden Dich eines Tages sehen. Und ich will Dich so perfekt wie möglich.« Das vergesse ich nicht, denn Du warst so streng mit mir in dem Film. Du hast wirklich auf alles aufgepasst. Und wenn Du nicht zufrieden warst: nochmal und nochmal und nochmal. Und deswegen bin ich Dir von ganzem Herzen dankbar. Nach der »Kameliendame« kam das andere Meisterwerk »Endstation Sehnsucht«. Und »Endstation Sehnsucht – ich weiß nicht, ob ich Dir das schon einmal gesagt habe: Als Marcia, als Frau, als Mensch gibt es ein ›Vor-Endstation‹ und ein ›NachEndstation‹. Die Arbeit mit Dir in »Endstation Sehnsucht« war so intensiv, so intensiv. Als Du mir sagtest, dass Du »Endstation Sehnsucht« machen möchtest, habe ich gedacht: Wie macht der das? Denn ich kannte das Spiel, das Theater-Stück, den Film mit Vivian Leigh. Aber alles wurde gesprochen. Alles findet in dem Kopf dieser Frau statt. So, wie zeigst Du es dem Publikum, was ist in Deinem Kopf? Und ich hätte diese Blanche nicht geschafft ohne Dich. Ohne Dich – und das meine ich wirklich so – Du hast

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stundenlang mit mir über jedes Detail gesprochen und das sechs Wochen lang. Und es wurde noch ein Meisterwerk. Dann kam »Medea«. Bei »Medea« hast Du meine ganze brasilianische Energie genommen und in diese Medea getan. So, was Du für mich gemacht hast, in meiner Karriere, da kann ich Dir dafür nur dankbar sein. Dann kam – ich denke, das war einer der größten Momente in unserem Leben – das war Béjart. Es war zu der Zeit, als ich viel mit Maurice Béjart zusammengearbeitet habe in der Compagnie du XXe Siècle. Eines Tages sagte Béjart zu mir: »Marcia, ich will für Dich noch mal ›Die Stühle‹ machen.« »Die Stühle« war ein Ballett, das er für sich und eine brasilianische Tänzerin, Laura Proença, kreiert hatte. Und er sagte: »Ich will Dich haben. Aber das Problem ist, wer macht es mit Dir?« Denn er war nicht mehr in der Lage zu tanzen. Ich kannte »Die Stühle« nicht, und so habe ich Maurice gefragt: »Ja, was brauchst Du?« »Ganz einfach, ich brauche jemanden, der so verrückt ist wie ich; der alles machen kann, der ein Tänzer ist, aber nicht nur ein Tänzer, der auch sprechen kann.« Da habe ich ihm gesagt: »John Neumeier.« Und er sieht mich an und sagt: »DER Neumeier? DER von Hamburg? Der große Choreograph? – Nein, er wird nie Zeit haben für mich.« Ich habe gesagt: »Ruf’ ihn an!« Er hat ihn

Dank des Preisträgers John Neumeier

angerufen und John hat sofort »Ja!« gesagt. Bei der ersten Probe, als ich im Ballettsaal saß, waren diese zwei großen Phänomene da: Béjart und Neumeier. Aber bei Neumeier habe ich nicht mehr den Direktor und den Choreographen gesehen. Da stand nur dieser junge Tänzer wie damals beim Royal Ballet. Der stand vor Béjart und hat nur darauf gewartet, dass Béjart sagt: »Hier, so fangen wir an.« Diese Arbeit mit Dir und mit Béjart war so etwas, was uns drei zusammen gebracht hat und auch uns beide. Weil es kann sein, dass ich Dich Jahre nicht sehe, aber, wenn ich Dich dann sehe, ist es, als wenn kein Tag vergangen wäre. Darum bin ich heute hier. John, Danke, dass Du existierst. Danke für alles, was Du für das Ballett gemacht hast und noch machen wirst. Danke für alles, was Du für mich gemacht hast. Und nicht vergessen: Zwei Phänomene sind schon weg: Cranko und Béjart – Du bist da! Du musst weiter machen! Und ich bin sicher, Béjart und Cranko, die sind mit Dir – immer, wenn Du es willst. Du solltest nie aufhören, weil Phänomene gibt es nicht so viele in unserem Leben. Und Du bist einer der letzten. Am meisten danke ich Dir, dass Du mein Freund bist. ■

land lebe und arbeite. Übrigens 46 Jahre, seit ich meine Heimat Amerika verlassen und am 28. Juli 1962 meiner Mutter beim Abschied versprochen habe, spätestens bis Weihnachten nach Milwaukee zurückzukehren! Beinahe 40 Jahre bin ich Ballettdirektor – am 1.12.1969 fing ich in Frankfurt an. Es sind 35 Spielzeiten in Hamburg – inzwischen als Intendant und Geschäftsführer. Die Ballettschule feiert ihr 30-jähriges Jubiläum, und es ist 20 Jahre her, dass ich 1988 das erste Mal den Deutschen Tanzpreis erhalten habe. Normalerweise bedeuten mir »Meilensteine« wie Geburtstage nicht viel. Zeitspannen habe ich eher gemessen oder mir gemerkt, in Daten von Premieren, d.h. »Geburtstage« von Kreationen, oder den Beginn einer lang geplanten, erhofften Tournee mit der eigenen Compagnie. Aber Jubiläen – besonders wenn sie sich so häufen – und die übrigens umso schneller kommen je älter man wird – verleiten dazu, zurück zu blicken, nachzudenken, Bilanz zu ziehen. Der Deutsche Tanzpreis – warum befinde ich mich heute überhaupt in Deutschland? Geboren und aufgewachsen bin ich in Amerika, ohne jemals daran zu denken, meine Heimat zu verlassen.

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Danke, Marcia für Deine schönen bewegenden Worte... Dank Ihnen, Herr Roehm, und allen, die sich entschieden haben, mir diese renommierte Auszeichnung zu verleihen. Als ich durch Ulrich Roehm zuerst davon hörte, dass ich zum zweiten Mal den Deutschen Tanzpreis erhalten sollte, war ich natürlich glücklich – aber, ehrlich gesagt, fühlte ich mich auch etwas unbequem – zweimal diesen tollen Preis zu erhalten, schien mir etwas habgierig zu sein und nicht sehr bescheiden. Herr Roehm erzählte mir, es sei nicht nur der »normale« gleiche Preis, sondern ein »Jubiläums-Tanzpreis«, den ich erhalten sollte – d.h. dieses ist ein ganz besonderes Jahr: Der Deutsche Tanzpreis wird zum 25. Mal vergeben. Und für mich persönlich, so erinnerte er, sammelten sich auch einige Jubiläen an: Schon immer schlecht in Mathematik, musste ich noch einmal zurück denken, denn viele der Daten waren mir nicht bewusst. Vor allem musste ich mit Erstaunen feststellen, dass es tatsächlich schon fast 45 Jahre sind, dass ich in Deutsch-

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Ist es wirklich Zufall oder Fügung, dass ich schon einige Jahre, bevor ich zum ersten Mal nach Europa kam, zutiefst beeindruckt gewesen bin von dem Ballett »Antigone« – ausgerechnet von John Cranko – das ich während einer Tournee des Londoner ­Royal Ballet in Chicago sah. Zufall oder Fügung, dass ich nicht in die Ballettschule des Königlich-Dänischen Balletts aufgenommen werden konnte, dafür aber an die Royal Ballettschule in London, als ich ein letztes Studienjahr in Europa verbringen wollte – nicht zuletzt um europäische Kultur – vor allem die Malerei der italienischen Renaissance – näher kennen zu lernen. Zufall? Dass, obwohl die Pädagogin Vera Volkova in Kopenhagen, bei der ich das große Glück gehabt habe, in meiner Ferienzeit Privatunterricht zu erhalten, mich John Cranko bei seinem Besuch am Königlichen Theater vorgestellt hat, obwohl sie, Volkova, fest überzeugt war, dass ich zu George Balanchine nach New York zurückkehren müsste. War es wirklich der größte Zufall, dass Marcia Haydée und Ray Barra mich bei einem Mazurkaschritt im Frühling 1962 gesehen und mir danach eine Position in John Crankos neu begonnenem, aufregendem Stuttgarter Ballett angeboten haben? Und war es dann der letzte Zufall, dass Dame Ninette de Valois, damals Direktorin des Royal Ballet, die mich George Balan-

Stuttgarter Ballett angenommen, da ich ohne Geld nicht länger hätte studieren können. Aber mein Vertrag läuft nur bis zum 1. Juli 1964, und ich hoffe sehnlichst, dass, wenn ich nach New York zurückkehre, Ihr Angebot noch besteht. Mit Respekt und Dank, Ihr JN«

chine persönlich empfohlen hatte, mir von seiner Reaktion zwei Monate zu spät berichtete und ich inzwischen meinen ersten Vertrag mit Stuttgart schon unterschrieben hatte? Es war entschieden! Ich ging nach Stuttgart, in eine Stadt, deren Namen ich noch nie zuvor gehört hatte. Wenn es denn wirklich Zufall war, habe ich mich dagegen gewehrt – denn im April 1963 schrieb ich an George Balanchine: »Lieber Mr. Balanchine, Sie kennen mich nicht, aber als Madame Ninette de Valois im vergangenen Frühling mit dem Royal Ballet in New York war, hat sie mich Ihnen empfohlen. Ich bin amerikanischer Staatsbürger, 20 Jahre alt, und war Schüler der Royal Ballet School London mit einem einjährigen Stipendium. Als Amerikaner kann ich nicht in England arbeiten, und Madame de Valois hat sich freundlicherweise angeboten, mit Ihnen über meine Zukunft zu sprechen. Erst jetzt habe ich erfahren, dass Sie doch bereit waren, mich anzusehen und mich danach evtl. in Ihre Schule oder Compagnie aufzunehmen. Ich bin sehr glücklich und dankbar für Ihr Angebot! Leider wartete Madame de Valois fast zwei Monate nach ihrer Rückkehr aus Amerika, um mir Ihr freundliches Angebot mitzuteilen. Inzwischen habe ich eine Position in John Crankos

zu meiner wirklichen Berufung, Choreograph zu sein: Marcia, Crankos wirkliche Muse, vor allem, aber auch die Tänzer, die an meine eigene schöpferische Vision geglaubt und mit mir daran gearbeitet haben: zuerst Marianne Kruuse, Truman Finney, Max Midinet, und später wurde einer meiner »Entdecker«, der Stuttgarter Star-Tänzer Ray Barra, als Ballettmeister unendlich wichtig für mich, als ich viel früher, als es jeder erwartet hätte, Direktor meines eigenen Ensembles in Frankfurt wurde. Zufall wurde zur Aufgabe, Aufgabe zu freudiger Herausforderung, als ich von Intendant Ulrich Erfurt berufen wurde, eine Compagnie von 28  Tänzern für die Oper in Frankfurt im Dezember 1969 zu übernehmen. Die Zufälle, die in meiner Entwicklung als Künstler in dieser sehr kreativen Frankfurter Zeit eine wichtige Rolle gespielt haben, sind zu viele, um sie alle hier aufzuzählen. Man denke nur an das aus Vorstellungsnot erfundene, von mir als Sujet und Musik zuerst gehasste »Nussknacker«-Ballett – inzwischen meine Huldigung an das Klassische Ballett und ein Blick in meine Autobiographie – das mehrere hundert Vorstellungen in verschiedenen Compagnien und in aller Welt erlebt hat. Durch den Zufall »Stuttgart« begegnete ich Jürgen Rose, der zum

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Ich habe natürlich nie von George Balanchine gehört, und eine der wenigen Verletzungen meiner Tänzerkarriere hat mich daran gehindert, mich nach der ersten Stuttgarter Saison beim New York City Ballet vorzustellen und Balanchine an sein Angebot zu erinnern. Zufall? Die erste Zeit in Stuttgart war aufregend. Ich versuchte schnell Deutsch zu lernen – und versuche es immer noch – obwohl ich John Crankos Vorschlag, meinen Vornamen »John« in »Hans« umzuändern, um ganz deutsch zu scheinen, nach reiflicher Überlegung (Gott sei Dank!) abgelehnt habe! Die kreative und praktische handwerkliche Arbeit mit John Cranko war lehrreich. Schon in Amerika hatte ich angefangen zu choreographieren – ja, so lange ich denken kann, beinhaltete Tanz für mich in erster Linie Kreativität. Aber die Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten konnte, inspirierten mich erneut

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Freund und als Kostüm- und Bühnenbildner zentraler Partner bei vielen Kreationen wurde. Ich wusste nicht, wer August Everding war, als eine liebe Opernsekretärin (ich hatte damals keine eigene!) mir von seinem Wunsch, mich kennen zu lernen berichtete. Ich war sehr streng, absolut und jung-mutig konsequent in meinen Bedingungen über die Möglichkeit, meine geliebte erste Compagnie in Hamburg weiter zu entwickeln. Ich war aber letztendlich überzeugt, dass meine Vision von einem humanen Ballett-Theater, in dem – ob traditionelles Handlungsballett oder Neuschöpfung – der Mensch im Mittelpunkt steht, größeren Raum braucht. »Schwanensee« wäre in Frankfurt unmöglich zu verwirklichen gewesen. Ich wollte ein »Dornröschen« auf der Bühne sehen, dem ich trotz Virtuosität glauben könnte. Figuren der Weltliteratur wollte ich durch Bewegung dreidimensional gestalten, wollte neue Formen für einen Ballettabend finden, ein intelligentes, ein emotional sensibles Ensemble schaffen, erziehen und entwickeln. Menschen waren – und sind Gott sei Dank immer noch – mein geliebtes »Arbeitsmaterial«. Ich fürchte, einige, die mir in Erinnerung kommen, zu nennen, aus Angst, andere zu vergessen und zu verletzen. Denn ich glaubte und glaube immer noch an das, was man Ensemble nennt: eine Gruppe von unterschiedlichen, individuellen, starken Persönlichkeiten, die mit Kraft, Können und Demut für das eine arbeiten: für die Kreation – das Ballett – das daraus entstehende Werk ist das Wichtigste. Trotzdem, einige meiner wichtigsten Arbeiten wären nicht ohne die schon erwähnte Marianne Kruuse, ohne Persephone Samaropoulo, Beatrice Cordua, François Klaus, Kevin Haigen, Egon Madsen, Gigi Hyatt, Violette Verdy, Ivan Liška, Gamal Gouda, Natalia Makarova oder Marcia Haydée, entstanden – ja, die Liste könnte noch viel länger sein. Interessanterweise habe ich damals niemals daran gedacht, eine »deutsche« Compagnie aufzubauen. Ich bin und bleibe Amerikaner und der Anfang unseres heutigen Programms mit »Yondering« zu der bewegenden volkstümlichen Musik von Stephen Foster, oder George Gershwins »I got rhythm variations«, zeugen – glaube ich – von meiner wahren Herkunft. Es war in Tokio, beim ersten Gastspiel des HAMBURG BALLETT im Jahre 1986, als ich nach der Premiere eine Rede halten musste und dafür zwischen den Flaggen Deutschlands und Japans stand – die Flaggen, die ich auf einmal erkannt habe als die der zwei »Erzfeinde« meiner Kindheit! Ich war auf einmal tief bewegt, als Amerikaner dieses internationale, deutsche Ensemble präsentieren zu dürfen als Botschafter für Versöhnung und Frieden. Auf einmal bemerkte ich, wie weit ein Zufall – oder mehrere Zufälle – mich gebracht hatten. Und mich hoffentlich heute noch weiter bringen. Wenn man vom Zufall spricht – war es wirklich Zufall, dass 1975 wir beide, der berühmte französische Choreograph Maurice Béjart und ich, sich entschieden hatten, die »Dritte Sinfonie von Gustav Mahler« zu choreographieren, und wie wunderbar, dass ich durch diesen Zufall die Möglichkeit erhielt, ein großes Vorbild und eine große Inspiration für mich, Maurice, kennen zu lernen, als ich sein Ballet du XXe Siècle zu unseren Ersten Hamburger Ballett-Tagen als Alternative zu meinem ersten sinfonischen Werk eingeladen habe. Es war aber sicherlich kein Zufall, wie unsere Freundschaft wuchs und über die Jahre immer tiefer wurde – und Krönung dieser Freundschaft war seine fantastische und tief bewegende Kreation »Die Stühle« für Marcia Haydée und mich. Bei der Tanzpreis-Verleihung vor 20 Jahren war ich stolz und glücklich, dass Maurice Béjart die Laudatio für mich gehalten hat. Und ist es Fügung, dass Marcia Haydée, 14

meine »Semiramis«, Partnerin in »Die Stühle«, heute die Laudatio gehalten hat? Den Verlust dieses Freundes und großen Künstlers betrauere ich sehr – sicher wie wir alle – und der letzte Beitrag des heutigen Programms ist bewusst und mit Liebe Maurice gewidmet. Ja, Jubiläen verleiten dazu, nachzudenken. Nach 70 Premieren, Tourneen in mehr als 100  Gastspielorten in 28  Ländern, in denen das HAMBURG BALLETT nahezu 800  Vorstellungen getanzt hat, mehr als 175 Ballett-Werkstätten, nachdem eine Schule gegründet, ein einmaliges Ballettzentrum errichtet, eine wissenschaftliche Ballettstiftung ins Leben gerufen wurden, während »mein« HAMBURG BALLETT von September 1973 bis heute etwa 3600 Vorstellungen getanzt hat, ist die Reise noch nicht zu Ende. Inzwischen besitze ich auch die deutsche Staatsbürger-

schaft, (und freute mich, am letzten Sonntag zum ersten Mal an einer Wahl in meiner Wahlheimat Hamburg teilzunehmen!) Manchmal, wenn man von Zufall spricht, scheint es etwas von »Glücksspiel« zu haben, oberflächlich zu sein. In meinem Fall – wenn es wirklich Zufall wäre – war es glücklicherweise ernsthaft: Meine zufällige Zeit, mein zufälliger Aufenthalt in Deutschland bedeutet die Realisierung einer ernsten Berufung, die durch Akzeptanz, Verständnis, Aufgabe, Inspiration, Kritik, Enttäuschung, Freude, Herausforderung und Verantwortung und immer wieder Neugier zum wirklichen Inhalt meines aus polnisch-deutscher Herkunft stammenden amerikanisch-deutschen (or whatever) Lebens zu sein. Ich bin tief bewegt und stolz, diesen Deutschen JubiläumsTanzpreis entgegenzunehmen. Danke. ■ Ballett Intern 2/2008

Der Deutsche Jubiläums-Tanzpreis 2008 im Spiegel der Presse

NRZ vom 3.3.2008

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www.tanznetz.de

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Jedes Jahr ist die Verleihung des Deutschen Tanzpreises in Essen nicht nur ein herausragendes Kultur-

Die Hamburger Kultursenatorin Prof. Dr. Karin von Welck beglückwünscht John Neumeier

Xin Peng Wang (links, Ballettdirektor Dortmund), Traudl Kuppe-Loew im Gespräch mit Frank-Manuel Peter (Deutsches Tanzarchiv Köln)

Ivan Liška, Ballettdirektor des Bayerischen Staatsballetts, und Bernd Schindowski, Ballettintendant Gelsenkirchen

Prof. Lutz Förster (links), Leiter des Studiengangs Tanz an der Folkwang-Hochschule, und Prof. Dr. Oliver Scheytt, Geschäftsführer der Kulturhauptstadt Ruhr.2001 GmbH

Elke Holle-Riemenschneider, ehemalige Solistin des Stuttgarter Balletts, mit ihrem Gatten Heinrich und John Neumeier

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Christine und Siegfried Maruhn im Gespräch mit Wulf Mämpel (Mitte), drei langjährige Freunde und Unterstützer des Deutschen Tanzpreises

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ereignis, sondern auch ein Familientreffen für die Freunde und Förderer des Balletts in Deutschland.

Tanzpreisträger Horst Koegler mit Roland Gawlik (Ballettdirektor Friedrichstadtpalast Berlin)

Die Tanzpreisträger Hans Herdlein (vorne) und Philippe Braunschweig im Gespräch mit Rainer Woihsyk (Noverre Gesellschaft Stuttgart)

Frank Andersen, Direktor des Royal Danish Ballet, und Heinz Spoerli, Ballettdirektor des Züricher Balletts

John Neumeier, Ulrich Roehm und Uschi Ziegler, Schulleiterin der Ballettschule des Hamburg Ballett und Trägerin des Ehrenpreises des DBfT 2007, im Gespräch mit Studierenden der Hamburger Schule

Roberto Bolle im Gespräche mit dem Träger des Deutschen Jubiläums-Tanzpreises John Neumeier

Die langjährige Primaballerina des Stuttgarter Balletts und Tanzpreisträgerin 1998, Birgit Keil, mit Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert

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WAZ vom 3.3.20 08

WAZ vom 3.3.2008

»Man muss auf der Bühne etwas zu sagen haben!« Dietmar Seyffert über seinen Weg zum Tänzer, Choreographen und Pädagogen Das Gespräch führte Volkmar Draeger Volkmar Draeger: Wenn Sie am 7. April Ihren 65. Geburtstag feiern, liegen 48 Jahre Berufsleben für den Tanz hinter Ihnen. Woran denken Sie besonders gern? Dietmar Seyffert: An den Spaß beim Choreographieren und auf meinen privaten Segeltörns. Auf See fühlt man sich ganz klein gegenüber der Natur, schraubt sich auf ein reales Maß zurück. Das gibt Kraft und Ausgeglichenheit. Gern denke ich auch an die Gespräche mit Palucca. Worauf ich stolz bin: Zwei Kinder groß gezogen zu haben. Was waren prägende Erlebnisse? In der Ausbildung die unglaublich guten Improvisationsstunden bei Palucca. Später als Tänzer habe ich mich nie so recht wohl gefühlt, vielleicht als Romeo in Grita Krätkes Fernseh-Tanzpoem »Romeo, Julia und die Finsternis« oder als Halbstarker in dem erfolgreichen DEFA-Musikfilm »Hochzeitsnacht im Regen«. Das morgendliche Training empfand ich immer als Strafe, erst gegen Ende der Stunde fand man seine Bestätigung.

Wenn Gäste in die Schule kamen, also ziemlich oft, ließ mich Palucca aus dem Theorieunterricht holen, damit ich mit den anderen, manchmal sogar mit ihr allein vorimprovisierte. Für meine Bewegungsfantasie bekam ich als Student immer wieder Lob. Zu meinem 50. Geburtstag schenkte sie mir Faksimiles ihrer Tagebuchnotizen über mich. Was ich bei ihr auch lernte: Beim Choreographieren zuerst die Schlussidee zu entwickeln und zu stellen, damit man das Ziel kennt, auf das man konsequent hin arbeiten muss. Die Palucca-Schule: Meine schönste Zeit. Zur Choreographie kam ich eher über Widerstände. Mit 21, als Tänzer in der Berliner Staatsoper, entwarf ich für eine Gruppe Gleichgesinnter kleine Stücke. Lilo Gruber fand das unmöglich, verbot einzelne Tänze, ließ uns sonst gewähren. Für eine der ersten Choreographien gewann ich den Nachwuchspreis beim DDR-Ballettwettbewerb, damals noch in der Berliner Volksbühne, später dann dreimal hintereinander den 1. Preis, bis ich von der Teilnahme ausgeschlossen wurde. Auch privat war ich auf Widerstand abonniert, beispielsweise gegen den abgehauenen Vater. Mit 14 trat ich der FDJ bei,

Gab es dennoch auch wichtige Erfahrungen? An der Berliner Staatsoper in »Spartacus« getanzt zu haben oder den Hilarion unter unserer damaligen Ballettchefin Lilo Gruber. Sie ließ uns viel gestalterische Freiheit, das gefiel mir – und ihr im Ergebnis dann auch. Ziemlich früh habe ich erkannt, dass Talent nur zu maximal 15 Prozent und allenfalls für die ersten drei Jahre den Erfolg ausmacht. Dann zählen nur noch physische Arbeit und Willenskraft. Dass man heute auf der Bühne so viele gute Techniker, aber so selten Persönlichkeiten sieht, bedaure ich. Wie kamen Sie zur Choreographie? Vielleicht sollte ich erst erzählen, wie ich zum Tanz kam: Als Sudeten-deutsches Flüchtlingskind verschlug es mich mit der Familie nach Limbach bei Chemnitz. Vater als Ex-NSDAP-Funktionär kam ins Umerziehungslager und floh in die Westsektoren, Mutter schälte bei den Russen Kartoffeln und fand für mich eine Uhrmacherlehre. Eine Lehrerin empfahl allerdings die PaluccaSchule, weil man dort nichts bezahlen musste. Allein, in Turnhose und barfuß, kam ich mit 13 zur Eignungsprüfung nach Dresden, fiel, da ohne jede Vorbildung, in Klassisch glatt durch. Tanze, was du willst, ermunterte mich Palucca beim Modern-Test. Ich kann gar nicht tanzen, das will ich ja hier erst lernen, lautete meine Antwort. Dann beweg’ dich einfach! So nahm ich eine Ballettstange, drosch drauflos und behauptete, das sei Bauernkrieg, weil wir den gerade in der Schule behandelt hatten. Da ist was dran, war Paluccas Urteil, und gegen alle anderen Pädagogen behielt sie mich für ein Probejahr. Und weil ich im zweiten Ausbildungsjahr noch immer kein Ballett gesehen hatte, schickte sie mich zur »Strafe« in jede Ballettvorstellung der Oper, damals gerade die Schilling-Ära, natürlich Stehplatz. Auf drei Seiten musste ich über die Aufführung dann berichten. Das gute Essen, die Mädchen und der Unterricht bei Palucca gefielen mir sehr, und auch in Klassisch strengte ich mich bald mehr an. Ballett Intern 2/2008

1966 drehte das DDR-Fernsehen mit Dietmar Seyffert in der Hauptrolle den Film »Prometheus« (Foto: Privatarchiv Dietmar Seyffert)

mit 18 freiwillig der SED – das gesamte Ensemble hielt mich für bekloppt. Ich glaubte, etwas verändern zu können. Erste Zweifel fingen 1973 an, als ich nicht aus der Kirche austreten wollte. Ich war damals fast fanatisch gläubig, wurde dann ein ebenso überzeugter Kommunist. Nach dem Einmarsch der russischen Truppen in Prag schrieb ich einen Protestbrief, ab 1983 wurde ich quasi zur persona non grata. Man beließ mich dennoch in allen Funktionen, darunter Vorsitzender der Sektion Tanz im Theaterverband der DDR, Präsident Tanz im Internationalen Theaterinstitut der UNESCO. Sie galten immer als eine Art junger Wilder. Ich erinnere mich an erregte Debatten über Ihren Dreiteiler »Der neue Don Quixote« 1987 in Leipzig... Ich wollte die Welt zeigen, wie sie ist. In der erwähnten Inszenierung gab es Frauen an Fleischhaken, wie bei der Fleischbeschau, auch schon einen Schauspieler. Sechs Pauker des Gewandhauses spielten. Der Intendant verbot das Stück, das 19

Ensemble verfasste einen Solidaritätsbrief. Erst das Argument, es gehe nicht um die DDR, sondern um Kapitalismuskritik, machte insgesamt vier Aufführungen möglich. Auch das Recht, »Le Sacre du Printemps« zu inszenieren, presste ich dem Intendanten ab. Elf Jahre war ich Choreograph in Leipzig, acht davon parallel an der Staatsoper Unter den Linden, bis ich körperlich, psychisch und kreativ total erschöpft war. Für Berlin choreographierte ich auch »Die ­Glocke«: Russland war darin die durchsichtige Mutterglocke, unter der es brodelt und die auseinander bricht. Ich wollte zeigen, wie Menschen an ihrer Revolution verbrennen. Empörte Leserbriefe im »Neuen Deutschland« erzwangen eine Absetzung des Stücks, wiewohl ich im Osten überwiegend Verrisse erntete, während ich im Westen gelobt wurde. So kam es zu meiner internationalen Karriere, die mich bis heute in 35 Länder führte, auch nach Neu-Delhi, Kalkutta, zum Taj-Mahal-Festival in Agra, nach Kairo, wo meine Viereinhalb-Stunden-Show »1000 Jahre Kairo« sechs Jahre ausverkauft lief. Mit 27 hatte man mich auf zwei Jahre nach Ägypten delegiert, dort lernte ich auch Arabisch und beschäftigte mich mit dem Koran. Für Mexiko City entstanden zum Cervantes-Festival ein neuer »Sacre« und ein Stück über

1992: »Kleistiana« – ein Tanztheater in drei Akten, Choreographie Dietmar Seyffert, stehend im Hintergrund Gregor Seyffert, Deutscher Tanzpreis 2003 (Foto: Annette Höfer)

indianische Historie, beides lief live im Fernsehen. So ab 1985 merkte ich, dass der Kommunismus eine glänzende, aber nicht durchsetzbare Idee war. Heute gefällt mir der Buddhismus am besten, das göttliche Moment in sich zu finden. Für die Bühne gilt: Man muss etwas zu sagen haben! Gerade für Ihre modernen Beiträge gewannen Sie bei großen Ballettwettbewerben viele Preise. Kam so die spektakuläre Zusammenarbeit mit Ihrem Sohn Gregor zustande? Was er an der Komischen Oper zu tanzen hatte, reichte nicht für eine internationale Karriere. Ich wollte ihn fördern, auch durch Sprechunterricht. »Back Home« als Kriegsheimkehrerdrama hieß einer der ersten Wettbewerbserfolge. »Clown Gottes«, das Solo um Nijinsky, mit dem er noch heute weltweit tourt, schenkte ich ihm zum Geburtstag, Uraufführung im Berliner Hebbel-Theater. 20

Als das Stück ins Repertoire der Komischen Oper überging, entstand als zweiter Teil »Wölfe«, eine Zeitkritik. Ich bin stolz darauf, dass Gregor heute selbst choreographiert und so vielseitig ist. Weshalb sieht man von Ihnen kein Stück mehr auf deutschen Bühnen? Noch nach der Wende habe ich viel in Deutschland gearbeitet. Vor neun Jahren erlitt ich an der Deutschen Oper Berlin meinen größten Misserfolg. Möglicherweise war das Stück nicht gut, obgleich es bei der Uraufführung in San Francisco als bestes Antikriegsstück seit »Der Grüne Tisch« gefeiert worden war. In Berlin drosch die Kritik erbarmungslos auf mich ein, wollte wohl den Ost-Dino mal so richtig abwatschen. Ich verstand die Welt nicht mehr und arbeite seither nicht mehr in Deutschland. Vielleicht eine Überreaktion. Was war der Anlass, das in Europa einzigartige Choreographie-Studium in Berlin einzurichten? Es gab für die vielen Ensembles der DDR zu wenige Choreographen und auch keine Valuta, um Ausländer einzukaufen. Mein Vorschlag, einen Diplom-Studiengang für die eigenen Ressourcen einzurichten, stieß beim Kulturministerium auf offene Ohren. Man berief mich zum Professor und gab mir, neben meiner Tätigkeit an der Leipziger Oper, ein Jahr Zeit, die Lehrpläne auszuarbeiten. Ich selbst hatte ja ein vierjähriges Choreographie- und Psychologiestudium in Leipzig und eine zweijährige Aspirantur im damaligen Leningrad absolviert. Gewünscht war die Anbindung des Studiums an die Berliner Ballettschule. Mir schien aber die Schauspielschule der richtige Platz, weil dort die Studenten mit angehenden Schauspielern, Regisseuren, Dramaturgen in Berührung kommen. Unsere Studenten bekamen Unterricht in Regie und Szenenstudium, im Gegenzug vermittelten wir den Schauspiel- und Regiestudenten etwa Raumlehre, Umgang mit Gestik und theatraler Zeit. Was wurde in Ihrem Studiengang noch gelehrt? Insgesamt gab es über vier Jahre verteilt 27 Fächer, vom täglichen Training über Raum- und Bewegungslehre, Bewegungskomposition, Inszenierungsmethodik und choreographischen Einzelunterricht bis zu Anatomie, Biorhythmik, Sprecherziehung, Bühnenbild/Kostüm, Lichtdesign. Eine breit gefächerte Ausbildung, die auf alle Einsatzgebiete vorbereiten sollte, ob Theater, freie Szene, Show, Zirkus oder Eisrevue. Das Handwerk ist überall das gleiche. Schließlich hat auch Balanchine für Elefanten und Spoerli für Reitpferde in der Manege choreographiert. Viele Eiskunstlaufpaare der DDR errangen mit Choreographien von mir Weltmeistertitel, und mir hat dieser Ausgleich Spaß gemacht. Von den 15 Bewerbern für den ersten Studiengang, der nur jedes zweite Jahr immatrikulierte, habe ich damals fünf genommen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben rund 50 Absolventen unsere Schule verlassen, viele besetzen Chefpositionen in Theatern, wie der hochbegabte Mario Schröder in Kiel, andere arbeiten in der freien Szene, wie Christoph Winkler oder Sven Sören Beyer, oder im eigenen Cabaret wie Sylvia Schmidt. Von den 40 Prozent Ausländern arbeiten heute viele in ihren Heimatländern. Ballett Intern 2/2008

Als Bilanz gefragt: Ist Choreographie lehrbar? Als Handwerk ja, und durch methodisches Herangehen kann man vorhandene Kreativität schulen und erweitern. Talent selbst hat man oder eben nicht. Frühzeitig habe ich übrigens erkannt, dass Lehre und Forschung eng zusammengehören. So entstanden im Lauf der Zeit 71 Lehrbriefe zur Choreographie – die Quintessenz meiner langjährigen Erfahrung. Konflikt und Harmonie, Synchronismus und Asynchronismus, Raumlehre als dynamischer Prozess, wie stellt man Allegorien dar, wie übersetzt man Bewegung aus dem Alltag künstlerisch in den theatralen Alltag, so lauten einige der darin behandelten Themen. Vor anderthalb Jahren wurde der letzte Studiengang immatrikuliert. Deren jüngste choreographische Präsentation war von erschreckend niedrigem Niveau. Haben sich die Ausbildungsziele geändert? Lange und rechtzeitig habe ich mich um einen Nachfolger bemüht. Derzeit bin ich nur noch Vorsitzender der Prüfungskommission und Mentor, falls Studenten mich darum Mit Selbstauslöser fotografiert: Dietmar Seyffert beim bitten. Ingo Reulecke, Einhandsegeln auf seiner Jacht »Palucca« auf dem Weg auch er unser Absolnach Norwegen. Gret Palucca (Trägerin des Deutschen vent, hat als neuer Leiter des Studiengangs Tanzpreises 1993) hatte die Yacht selbst getauft. eine andere Auffassung davon, was ein Künstler heute können soll. Es scheint mir daher nicht nur logisch, dass mit meinem Ausscheiden der von mir begründete Studiengang ausläuft. Vielmehr bin ich froh, mit dem in der Nachfolge geplanten Master-Studiengang nichts mehr zu tun zu haben und keinerlei Verantwortung dafür zu tragen. Während überall in der Gesellschaft die Bedeutung von Choreographie wächst, ob im Management über Gestensprache, im Sport, bei der Selbstinszenierung in der Politik, verengt – soweit ich das überblicke – jenes Master-Studium den Begriff Choreographie eklatant, statt ihn zu erweitern. Ob dieser neue Studiengang meine Lehrbriefe möchte, befindet sich noch in Klärung. Angebote aus Russland und England sind da schon konkreter. Zieht sich Dietmar Seyffert nun resigniert aufs Altenteil zurück? Überhaupt nicht. Im April choreographiere ich am Nationaltheater Prag, arbeite als Juror in Perm, gebe zuvor ein choreographisches Seminar an der GITIS in Moskau; ähnliche Seminare folgen 2009 in San Antonio in den USA, 2010 im kanadischen Victoria, wo ich gleichzeitig mit Studenten Brechts »Die Rundköpfe und die Spitzköpfe« inszeniere. Im Oktober erscheint in Russland mein Lehrbuch über Tanzpädagogik, Interesse an einer englischen Ausgabe liegt vor; gegenwärtig schreibe ich gemeinsam mit Enno Markwart an einem Band über Fantasie und Kreativität in der Bewegungsfindung. Im November beginne ich eine Tanztheaterproduktion vom »Kaukasischen Kreidekreis« in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh, ab 2009 gibt es Angebote aus Russland, der Ukraine, den USA und aus Chile. Bis dahin aber sollte ich mit meiner Segeljacht mindestens zweieinhalb Monate pro Jahr die Meere durchpflügen. ■ Ballett Intern 2/2008

»Faust«, der Zweite Verleihung des Deutschen Theaterpreises Von Vesna Mlakar Das spontane Eingeständnis von Regisseurin Doris Dörrie, sie habe sich bereits in den ersten Minuten dieser Veranstaltung am 23. November 2007 im Prinzregententheater besser amüsiert als bei jeder Filmpreisverleihung, war ein großartiges, allgemein nachvollziehbares Kompliment. Das famose Moderatorenduo Peter Jordan und Bernd Moss – beide junge »alte« Schauspielerhasen am Hamburger Thalia Theater und den Münchner Kammerspielen – sorgten für den witzig-reibungslosen Ablauf des offiziellen Teils, wobei sie sich augenzwinkernd immer wieder die verbalen Bälle zuwarfen, um stets in die Klage darüber auszubrechen, nicht selbst Preisträger zu sein. Allein bei der Sparte Tanz gestanden sie ein, dieser so schwer fassbaren Kunst nicht mächtig zu sein. Die Idee einer Gesamtschau aller Bühnenkünste beim erst zum zweiten Mal vergebenen Deutschen Theaterpreis »Faust« ist lobenswert: In zehn Kategorien waren 24 Regisseure, Sänger, Schauspieler, Tänzer, Choreographen und Ausstatter nominiert. Auf kurze Ansprachen der Laudatoren folgte das Oscarähnliche Öffnen der versiegelten Umschläge mit den Gewinnernamen. Als die Kategorie »Beste Choreographie« an der Reihe war, erinnerte der ehemalige Präsident der Stiftung Weimarer Klassik und Tanzenthusiast Bernd Kauffmann an den unlängst verstorbenen Meisterchoreographen Maurice Béjart und überreichte den »Faust« in dessen Metier (vor den Kollegen Marguerite Donlon und Marco Goecke) an Stephan Thoss vom Städtischen Theater Chemnitz für »Giselle M.«. Obwohl dieser sich entschuldigte, das Sprechen sei nicht sein Gebiet, weshalb er wohl choreographiere, bedankte er sich mit wohlgesetzten Worten bei all jenen, die ihn zum »Denken in Bewegung« gebracht haben. Die beste darstellerische Leistung im Tanzbereich wurde vom operationsgeschwächten Primoballerino Vladimir Malakhov, Ballettdirektor in Berlin, in warmen englischen Worten gewürdigt: Nicht Tigran Mikayelyan vom Bayerischen Staatsballett oder Edvin Revazov vom Hamburg Ballett, sondern Katja Wünsche vom Stuttgarter Ballett erhielt den »Faust« für die weibliche Hauptrolle in Maurizio Bigonzettis »I Fratelli«. Nimmt man noch das etwas befremdliche Kreischen der als Sängerin sich langbeinig neben ihrem Musikpartner Roland Jaeger im Rampenlicht wiegenden Schauspielerin Johanna Wokalek und das extrem eindrucksvolle Tanzsolo »Äffi« (Marco Goecke) des Stuttgarter Solisten und letztjährigen »Faust«-Preisträgers Marijn Rademaker hinzu, handelte es sich um einen insgesamt sehr bunten, nichtsdestoweniger höchst informativen und zugleich niveauvoll-unterhaltsamen Abend. Ohne Berührungsängste zwischen Künstlern und »Fußvolk« ging die Feier noch die halbe Nacht in den Foyers und im Lokal des Theaters munter weiter.■ 21

Die Metamorphosen des Prix de Lausanne Der 36. Prix de Lausanne macht zukunftweisende Schritte Von Sylvia Garcia Der Prix de Lausanne hört nicht auf sich zu verwandeln. Er ist der alte in Bezug auf seine Ziele, dennoch sichtbar erneuert, wo es um Vorbereitungen und Abläufe geht. Vor allem hat man die Türen weit geöffnet für ein interessiertes Publikum, das vom Balkon des Théâtre de Beaulieu aus sämtliche Prüfungen verfolgen konnte. Eine Brücke zu schlagen zwischen klassischem Ballett und moderner Tanztechnik und Vorurteile abzubauen, ist ein Anliegen von Samuel Würsten, Mitglied des künstlerischen Komitees, der seit 1997 Unterricht für Modernen Tanz am Prix de Lausanne erteilt. Es ist ihm besonderes wichtig, dass für Tänzerinnen und Tänzer, die hier erstmals mit Modernem Tanz konfrontiert werden, diese Erfahrung positiv ist. Der Prix hat sich in den über dreieinhalb Jahrzehnten seines Bestehens immer mit dem Tanz zusammen weiterentwickelt. Ein bedeutender Schritt für den Wettbewerb ist es, dass die modernen Choreographien, die zum Pflichtpensum gehören, gleichwertig zu den klassischen Komponenten beurteilt werden. In den vergangenen Jahren war die fernöstliche Dominanz enorm. Japan, China und Korea stellten mehr als die Hälfte der Teilnehmer. In diesem Jahr waren die 22 Nationalitäten bunt gemischt. Spanien, Norwegen, Schweden, Ungarn, Großbritannien, Brasilien, USA, Australien, Philippinen, Japan, Korea und die Schweiz waren im Finale vertreten. 52 Mädchen und 22 Jungen waren anhand von DVD Aufzeichnungen nach Lausanne eingeladen worden, darunter erstaunliche Talente aus Brasilien. Erstmals hat man altersmäßig unterschieden zwischen den 15bis 16- und den 17- bis 18-Jährigen. Ein kluger Beschluss, da sich in diesen Jahren eine Reife in der Entwicklung entscheidend manifestiert. Für die Juroren war es eine Ausdauerleistung, alle 74 Teilnehmer in ihrer klassischen und modernen Variation zu beurteilen. Die modernen Variationen stammten aus Balletten von Jurypräsident John Neumeier. Er macht übrigens keinen Hehl daraus, dass er Wettbewerbe eigentlich schrecklich findet: »Es gibt junge Tänzer, die mehr Zeit brauchen für ihre Entwicklung, deswegen sind sie nicht schlechter. Der ›Prix‹ ist ein wichtiges Schaufenster, denn hier geht es darum, Potenzial zu erkennen und zu fördern. Erst die Technik gibt die Freiheit, Emotionen darzustellen.« Einen beschränkten Einblick in die Bandbreite des Schaffens von John Neumeier erhielt man in den verschiedenen modernen Variationen, die einstudiert wurden. Beeindruckend wie beklemmend das Kranke, Manische in »Nijinsky« zu Musik von Schostakowitsch. Hinreißend die Musikalität, Eleganz und Beschwingtheit, die einige der jungen Tänzerinnen in der BachSuite II zeigten. War es früher oft die Diskrepanz in der Qualität dieser modernen Variationen, die für ein Weiterkommen entscheidend sein konnte, so war mit dieser Entscheidung für eine choreographische Handschrift ein mögliches Hindernis aus dem

Weg geräumt. Eine überaus sympathische Dienstleistung bieten die dem »Prix« verbundenen Schulen, deren Vertreter sich zu informativen Gesprächen zur Verfügung halten. Wohl bestückt mit Unterlagen und Broschüren über die professionelle Ausbildung, die Möglichkeiten an allgemeinbildenden Schulen, Unterbringung, Stipendien – das Angebot wurde reichlich genutzt. Das jährliche Budget des Prix beträgt mittlerweile 2 Mio. Schweizerfranken, (1,4 Mio. Euro.) Ein Betrag, der durch die Stadt Lausanne, den Kanton Waadt, Firmen, Banken, aber auch private Mäzene erbracht wird. 10.000 Euro, (16.000 Sfr) erhalten die Preisträger zusätzlich zum Studienplatz an einer Schule nach Wahl oder eine Spielzeit in einer Compagnie, die auf ein Jahr begrenzt ist. Die Kanadierin Mavis Staines hat dem Wettbewerb als künstlerische Leiterin während der vergangenen sieben Jahren wichtige Impulse gegeben. Sie wird abgelöst von Wim Broeckx, 1980 selbst Preisträger in Lausanne, öfters bereits Jurymitglied, seit 2002 Direktor für Tanz am Konservatorium in Den Haag. Zwei Persönlichkeiten, die im vergangenen Jahr verstarben, wurden gebührend gewürdigt: Elvire Kremis-Braunschweig, 1973 Mitbegründerin des Prix de Lausanne. Ihr Leben und künstlerischer Werdegang wurde in einem berührenden Porträt gezeichnet. Und Maurice Béjart, ihm widmete John Neumeier sein »OPUS 100 – for Maurice« vor gut zehn Jahren zum 70. Geburtstag, zur Musik von Simon & Garfunkel, getanzt von Ivan Urban und Yohan Stegli, Solisten des Hamburg Ballett. Wie ein Versprechen an die Zukunft erlebte man die Aufführung von »Yondering«, einer Choreographie zu Songs des amerikanischen Komponisten Stephen Foster, die Neumeier für die National Ballet School of Canada geschaffen hatte. Hier wurde das Stück von über 40 Studenten der Ballettschulen von Toronto, Hamburg und Paris getanzt. Ein begeisterndes Miteinander, voll beglückender Heiterkeit, wo Bewegung zum Ausdruck von Zukunftsglaube wird. »Yondering« bedeutet eine Grenze überschreiten, hin zum Abenteuer. 21 Finalisten (zehn Mädchen und elf Jungen) haben sich im großen Finale der Jury und einem großen Publikum im ausverkauften Haus gestellt. Dabei erstaunt immer wieder, zu welcher Hochform die jungen Tänzerinnen und Tänzer in dieser fordernden Situation auflaufen. Sieben ertanzten sich einen der begehrten Preise. Erstaunlich der Spanier Aleix Martinez, der Jüngste unter allen, 15-jährig, der die technischen Schwierigkeiten seiner Bournonville-Variation mit stupender spielerischer Leichtigkeit gestaltete und für »Spring and Fall« (auch von Neumeier) gleich noch die Auszeichnung für die beste moderne Variation in Empfang nehmen durfte. Lili Felméri aus Ungarn bezauberte durch die Eleganz ihrer Gesten, ihre Musikalität und ihren subtilen Gestaltungswillen. Dylan Tedaldi, ein Amerikaner, erstaunte durch die Reife, mit der er sich in »Nijinsky«, den schon Gebrochenen, hineinzufühlen schien. Die weiteren Preisträger: Kyle Davis, USA, Irlan Silva und Marcella de Paiva, beide Brasilien, Akane Takada, Japan, holte nicht nur ein Schulstipendium, sondern auch den Publikumspreis. Schließlich wurde wieder einmal ein Preis für die »beste Schweizer Kandidatin« verliehen, die das Finale erreicht hatte. Aus der Talentschmiede der Tanzakademie Zürich stammt die junge Türkin, Gozde Ozgur, die eine fabelhafte Kitri (Don Quichote) auf die Bühne zauberte. ■

PRIX DE LAUSANNE

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bestehen seit 30 Jahren meine beiden Ballettschulen in NRW. Nur 20 km voneinander entfernt, mit großem Einzugsgebiet und immer noch ausbaufähig, verfügen sie über 100 m2 Säle und einen großen Kostümfundus. Aus privaten Gründen muss ich die Schulen verkaufen, stehe aber für eine Einarbeitungszeit zur Verfügung.

Foto: Lea Fischer

Erfolgreich und konkurrenzlos

Herzlichen Glückwunsch John Neumeier!

Angebote unter Chiffre Nr. 01-2-2008 an den Deutschen Berufsverband für Tanzpädagogik e.V., Hollestr. 1, 45127 Essen Stadt Sankt Augustin   58.000 Einwohner sucht für die Musikschule der Stadt Sankt Augustin zum 1. August 2008

eine Fachbereichsleiterin/einen Fachbereichsleiter für den Fachbereich Ballett in Vollzeit (derzeit 30 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten).

Interessierte richten Ihre Bewerbung bitte mit den üblichen Unterlagen bis 15.4.2008 (Eingang) an den Bürgermeister, Fachbereich Zentrale Dienste, 53754 Sankt Augustin.

Bozen tanzt! Bolzano, la città che danza!

Die Ballettfreunde Hamburg e.V. gratulieren John Neumeier sehr herzlich zum Deutschen Jubiläums-Tanzpreis 2008. www.ballettfreundehamburg.de

Afro Brasil, Samba: Ivan Vasconcellos (BR), Ballett: Gillian Anthony (GB), Karen Henry (USA), Elaine Holland (GB), Hilary Neethling (GB), Bollywood, Afro Contemporary: Stephen Bongarçon (F), Contemporary Modern: Natalia Viñas Roig (E), Contemporary Technique, Creative Work: Britta Pudelko (D), Flamenco: Belén Cabanes (E), Juan Carlos Lérida Bermejo (E), Brigitta Luisa Merki (CH), Hip Hop: Patrick Grigo (D), Nina Kripas (A), Fabrizio Lolli (I), Hip Hop, Funky: Andy Lemond (CAN), Jazz: Anne-Marie Porras (F), Gianluca Girolami (I), Jazz Funk Fusion, Salsa Funk: Alex Kordek (GB), Musical: Carol Alston (USA), Latin Jazz, Lyrical Jazz: Rosy Néri-Calheiros (BR), Modern: Nancy Lushington (USA), Orientalischer Tanz: Amoura (USA), Pilates, Gyrokinesis: Apollonia Holzer (A), Stepptanz: Diana Richardson (IRL) Kreativer Kindertanz: Ulla Wenzel (D), B-Boying/Break Dance: Patrick Grigo (D), Jazz: Carole Alston (USA), Gianluca Girolami (I), Rosy Néri-Calheiros (BR), Video Clip Dance: Alex Kordek (GB), Rhythmdance, Body Percussion: Gilson de Assis (BR) Intensiv-Workshops: .-. Juli  Contemporary Dance: Henry Oguike (GB) Tanzpädagogik: Ulla Wenzel (D)

Eine gemeinsame Initiative Südtiroler Kulturinstitut Stiftung Stadttheater Bozen Mehr Infos unter:

Tel. +39 0471 313 800, www.tanzbozen.it

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09. - 31. JULI LUGLIO

Programmänderungen vorbehalten

Die Stelle ist bewertet nach Entgeltgruppe 9 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Der vollständige Ausschreibungstext ist auf der Internetseite der Stadt Sankt Augustin www.sankt-augustin.de veröffentlicht. Weitere Auskunft erteilt Frau Oberdörfer, Tel.: 02241/243-216. Fachliche Fragen beantwortet Herr Schulte, Tel.: 02241/243-343.

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24. Internationales Tanz- und Kursfestival

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Jürgen Flügge Vorsitzender des Fonds

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Der 1985 auf Initiative des Deutschen Kulturrates gegründete Fonds Darstellende Künste begeht in diesem Jahr sein 20-jähriges Förderjubiläum. In der Tanzstadt Essen nahm der Fonds seinen ersten Sitz, bevor er Ende 2000 nach Bonn umzog. Eines der zentralen Förderziele des Fonds ist es, einen substanziellen Beitrag zur Weiterentwicklung einer vielgestaltigen Theater- und Tanzlandschaft in Deutschland zu leisten. Auch deshalb wurde der in Essen verliehene Deutsche Tanzpreis seit 1989 inzwischen zum achten Mal durch den Fonds gefördert. Ulrich Roehm, Spiritus Rector des Deutschen Tanzpreises, wie auch Hans Herdlein, Präsident der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger, der 2005 den Tanzpreis verliehen bekam, gehörten zu den Mitbegründern des Fonds und wurden nach jahrelanger Vorstandstätigkeit zu Ehrenmitgliedern ernannt. Die Karlsruher Ballettdirektorin Birgit Keil, 1998 ebenfalls mit dem Deutschen Tanzpreis geehrt, ist Kuratoriumsmitglied des Fonds. Und die beiden Träger des Deutschen Tanzpreises (2007) Susanne Linke und (2003) Gregor Seyffert gehören zu den vom Fonds geförderten Künstlerinnen und Künstlern. Der Fonds Darstellende Künste hat sich als einzige Förderinstitution in Deutschland zum Ziel gesetzt, qualitativ anspruchsvolle Projekte aller Arbeitsfelder und Sparten der darstellenden Künste, die sich insbesondere mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzen und aufgrund ihrer Modellhaftigkeit oder spezifischen Ästhetik exemplarisch für das Freie Theater und den Tanz sind, bundesweit zu fördern. Seit 1988 stellte der Bund dem Fonds anfangs über das Bundesinnenministerium, danach über die Kulturstiftung der Länder und seit 2005 allein durch die Kulturstiftung des Bundes insgesamt 8 Millionen zur Verfügung. Somit konnten durch die Komplementärförderung des Fonds in über 300 Städten und Gemeinden 2.033 Projekte realisiert werden. Das Freie Theater in Deutschland hat in den letzten Jahren mit allen seinen Sparten eine enorme Vielfalt an künstlerischen Handschriften, experimentellen und innovativen Ansätzen sowie international erfolgreichen Produktionen hervorgebracht. Dies gilt insbesondere für den zeitgenössischen Tanz mit seinem grenzenlosen Feld performativer Konzepte. Den zeitgenössischen Tanz zeichnet die Suche nach innovativen Impulsen und neuen ästhetischen Ansätzen sowie flexiblen Produktionsstrukturen und Präsentations- und Vermarktungsformen aus. Diese produktive Unruhe wirkt auch in die Stadt- und Staatstheater und seine Ballettensembles hinein und löst zunehmend eine größere Resonanz für den Tanz – gerade bei den jüngeren Zuschauern – aus. Die Tanzszene in Deutschland ist auch internationaler geworden: Die freien Compagnien und ihre Projekte sind international besetzt, werden teilweise international koproduziert, touren in internationalen Netzwerken und Choreographen und Tänzer aus aller Welt arbeiten in Deutschland. Die freie Tanzszene in Deutschland leistet somit nicht nur einen unschätzbaren Beitrag für den kulturellen Austausch und die Integration, sie gehört auch zu den wichtigen Kulturbotschaftern Deutschlands. Die Tanzplattform Deutschland 2008, das bedeutendste deutsche Forum für zeitgenössischen Tanz, verzeichnet in ihrem Katalog rund 1.000 Namen von professionellen Choreographen und Compagnien, die das breite Spektrum des freien zeitgenössischen Tanzes repräsentieren. In Deutschland werden insgesamt ca. 3.800 Tanzschaffende gezählt. Auch die ständig wachsende Zahl von Projektanträgen an den Fonds Darstellende Künste (insgesamt jährlich 700, davon zwischen 150 und 180 aus dem Tanzbereich) macht deutlich, wie schnell sich die freie Tanzszene entwickelt und sich der

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Begriff »Tanz« radikal erweitert hat. Die Projektanträge beim Fonds beschreiben Tanztheater, multimediale Tanzinstallationen, theatrale Tanzperformances im öffentlichen Raum, Tanzprojekte kultureller und ästhetischer Bildung für Kinder und Jugendliche, Projekte zwischen älteren und jungen Tänzern, Koproduktionen zwischen zeitgenössischem Tanz und Ballett, Tanz in Schulen mit Kindern und Jugendlichen, HipHop-Produktionen bis hin zu künstlerischen Lectureperformances und Forschungsprojekten, Tanzfilmproduktionen, Fachbüchern und Studien. Aktuell fördert der Fonds die Modellstudie »Transition – für eine Karriere danach« (Diese wurde am 6. März 2008 in Berlin in Anwesenheit von Dr. Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages, und Gitta Connemann, ehemalige Vorsitzende der Enquête-Kommission »Kultur in Deutschland« vorgestellt.), für die von der Enquête-Kommission »Kultur in Deutschland« empfohlene Einrichtung einer Stiftung in Deutschland, die wie in westeuropäischen Ländern Tänzerinnen und Tänzern den Übergang in andere Berufe erleichtern soll, sobald sie aus gesundheitlichen Gründen ihren Tänzerberuf nicht mehr ausüben können. Neben dem auf fünf Jahre angelegten wichtigen Großprojekt »Tanzplan Deutschland« der Kulturstiftung des Bundes, mit einem Volumen von 12,5 Millionen Euro, muten die Fördermöglichkeiten des Fonds Darstellende Künste mit jährlich einer Million Euro (davon ca. 40 freie zeitgenössische Tanzprojekte pro Jahr) eher bescheiden an. Aber trotzdem kann der Fonds für sich in Anspruch nehmen, bundesweit die quantitativ größte Anzahl von freien Tanzproduktionen komplementär zu fördern und damit nachhaltig zur Weiterentwicklung des Tanzes und der Aufhebung der Trennung von Ballett und zeitgenössischem Tanz in Deutschland beizutragen.

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20 Jahre Fonds Darstellende Künste

Günter Jeschonnek Geschäftsführer des Fonds

Ballett Intern 2/2008

Verwertungsgesellschaften in der Bewährung Der Deutsche Kulturrat greift mit seinem Dossier in eine laufende Debatte ein Von Volkmar Draeger Die Verwertungsgesellschaften (VG) sind national wie international in die öffentliche Debatte geraten. Sie arbeiten ineffizient und zu wenig transparent, monieren die Einen. Als unzeitgemäß in der Internet-Ära diskreditieren sie die Anderen. Hinzu treten Probleme des europäischen Einigungsprozesses. Zwar wurde 2001 die »Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte« europaweit verabschiedet. Aufgeteilt in verschiedene »Körbe« hat sie auch der Deutsche Bundestag diskutiert und über das »Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft« 2007 zu nationalem Recht gemacht. Doch die Rechte der VG in den einzelnen EU-Ländern sind unterschiedlich geregelt und bisher nicht normiert. Nun sorgt eine Empfehlung der EU-Kommission zu Online-Musikdiensten mit der Maßgabe nach mehr Wettbewerb zwischen den VG querbeet für Unbill und Ablehnung. Der Deutsche Kulturrat hat dazu das Dossier »Verwertungsgesellschaften« erarbeitet. Auf 32 Seiten von Zeitungsformat informiert es in 24 umfangreichen Beiträgen grundlegend über die Arbeit von GEMA, GVL, VG BILD-KUNST und VG WORT. Befürworter wie Kritiker, Wissenschaftler wie Politiker kommen zu Wort. Welche Bedeutung den VG zukommt, erhellt auch ein historischer Rückblick, wie ihn das Dossier voranstellt. Schuld ist Beaumarchais. Ehe er Ruhm als Komödiendichter errang, der immerhin Rossinis »Barbier von Sevilla« und Mozarts »Hochzeit des Figaro« inspirierte, hatte der Pariser Uhrmacherssohn die Unruh als Hemmungsrad für Taschenuhren entdeckt und sie gegen den geistigen Diebstahl durch den königlichen Uhrmacher ehrengerichtlich verteidigt. Das hat ihn für weitere Ungerechtigkeiten sensibilisiert, etwa dass damalige Theaterdirektoren ihren Textautoren die Zahlungen gern schuldig blieben. Gemeinsam mit Kollegen rief er daher 1777 mit dem »Bureau de Législation Dramatique« die welterste Urheberrechtsgesellschaft ins Leben. Stellten die USA 1788 geistiges Eigentum per Verfassung unter Schutz, so erließ Frankreich 1791 das erste Urheberrechtsgesetz. Noch im selben Jahr erweiterte Beaumarchais seine Gründung zum »Bureau de Perception des droits d’auteurs et compositeurs«, das nun auch den Komponisten von Bühnenmusiken, noch nicht aber von Konzerten, Gebühren erstritt. Aus dem Zusammenschluss mit einer Konkurrenzeinrichtung entstand 1829 die bis heute bestehende »Société des Auteurs et Compositeurs Dramatiques«. Waren jetzt zwar französische Autoren geschützt, musste beispielsweise Carl Maria von Weber hilflos zusehen, wie sein »Freischütz« in Paris plagiiert erklang – und die Tantiemen an den Bearbeiter flossen. Mit dem »Gesetz zum Schutz des Eigentums an Werken der Wissenschaft und Kunst« schuf Preußen 1837 das damals modernste Urheberrecht, das 1841 auch auf den Deutschen Bund, 1871 aufs frisch gegründete Deutsche Reich überging. Ebenfalls 1871 formierte sich, ähnlich der französischen »Société«, die »Deutsche Genossenschaft dramatischer Autoren und Komponisten«. Per Gesetz geschützt waren indes nur die ungedruckten Werke; für gedruckte Ballett Intern 2/2008

Partituren lagen sowohl die Urheber- wie auch die Verwertungsrechte in der Regel beim Verleger – ein einträgliches Geschäft. Ein wichtiger Schritt zum wechselseitigen Schutz ausländischer Künstler war 1886 die Berner Konvention: Sie regelte das internationale Recht zwischen den neun Beitrittsländern und schützte Urheber nach den jeweiligen nationalen Gesetzen. Maßgeblichen Anteil daran hatte der französische Romancier Victor Hugo. Als 1901 das »Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst« Schriftstellern und Komponisten die ausschließlichen Aufführungsrechte ihrer Werke sicherte, konnte auch in Deutschland, analog zu inzwischen bewährten ausländischen Modellen, eine Anstalt für musikalische Aufführungsrechte gegründet werden. Wie die 1851 zu Paris formierte Urzelle, verstand sich die 1903 gebildete, von Richard Strauss mitinitiierte »Genossenschaft Deutscher Tonsetzer« als Solidargemeinschaft, die an den Einnahmen von Aufführungen partizipierte und sie nach einem fixen Schlüssel unter ihren Mitgliedern aufteilte. Komponisten und Verleger von Unterhaltungsmusik gründeten aus dem Gefühl der Benachteiligung als reine Tantiemenanstalt 1915 die »Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte«. Aus dem Zwangsverein beider Einrichtungen zu Nazi-Zeiten formierte sich 1947 in ihrer heutigen Form die GEMA als »Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte«. Das 1965 erlassene Urheberrechtsgesetz sicherte die Vergütung für eine Werknutzung und verpflichtete die VG im Sinn der Vorkämpfer zu einer Abgabe für kulturelle und soziale Belange. Heute vertritt die GEMA innerhalb Deutschlands das gesamte Weltrepertoire an urheberrechtlich geschützter Musik und gehört mit den knapp 900 Millionen Euro, die ihre über 60.000 Mitglieder jährlich einspielen, weltweit zu den führenden VG. Einrichtungen für andere Künstlergruppen folgten ihr. So gründete sich 1959 die »Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten« (GVL) als Organisation ausübender Künstler, die mittlerweile auch Zweitverwertungsrechte etwa von Tonträger- und Filmherstellern sowie Videoproduzenten wahrnimmt. Fast 120.000 Ausübende und über 6000 Tonträgerhersteller bescherten der GVL 2006 Einnahmen von mehr als 160 Millionen Euro. Gleichfalls aus Vorgängergruppierungen formierte sich 1958 für Vertreter der schreibenden Zunft und ihre Publikationsarten die VG WORT, der mehr als 340.000 Autoren und Übersetzer sowie über 8000 Verlage 2006 ein Jahresvolumen von 86 Millionen Euro eintrugen. Jüngste Gründung ist 1968 die VG BILD-KUNST als Heimat für Bildschaffende vom Grafiker bis zum Filmarchitekten; ihre rund 39.000 Mitglieder erwirtschafteten 2006 gut 43 Mio. Euro. Dennoch sind die VG keine gewinnorientierten Unternehmen, sondern nach wie vor Selbsthilfeorganisationen von Urhebern und Rechteinhabern. Treuhänderisch verwalten sie kollektiv deren Rechte, die individuell kaum übersehbar und folglich einklagbar wären, und teilen die Hauptsumme der Erlöse, abzüglich der Verwaltungskosten, unter den Mitgliedern und Wahrnehmungsberechtigten auf. Nach welchem Modus das geschieht, folgt internen Statuten. Dass ein bestimmter Prozentsatz für soziale und kulturelle Zwecke auszugeben ist, legt das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz fest, das gleichsam die Aufsichtspflicht über die konkurrenzlosen, mithin monopolisierten VG regelt: intern durch gewählte Gremien, staatlich durch ein Referat beim Deutschen Patent- und Markenamt. Per Gesetz müssen die VG sowohl mit jedem einen Wahrnehmungsvertrag abschließen, der das möchte, als auch jedem die Nutzung der von ihnen vertretenen Werke gestatten, der darum nachsucht. Über Gegenseitigkeitsabkommen kooperieren die VG der einzelnen Länder miteinander und sichern so die internationale Abgeltung von Ansprüchen. 25

Was auf den ersten Blick perfekt klingt, erweist seine Tücken im Detail. Kritiker halten den VG vor, ihre nach einem bestimmten Punktesystem operierenden Verteilungspläne seien kaum durchschaubar, zumal die VG zwischen verschiedenen Formen von Mitgliedschaften unterscheiden, die bei der Zuteilung auch unterschiedlich bewertet werden. Und dass jenes Referat der staatlichen Kontrollbehörde hoffnungslos unterbesetzt ist, gilt als offenes Geheimnis. Nun macht auch eine fatale Empfehlung der EU-Kommission zu Online-Musikdiensten Front gegen die bisherige Arbeits- und Existenzweise der VG. Sie fordert mehr Wettbewerb zwischen den internationalen Gesellschaften unter der unausgesprochenen Preisgabe ihrer Vorzüge. Dies liefe in erster Linie auf eine Konkurrenz der VG um die attraktivsten, zahlungskräftigsten Nutzer hinaus. Niedrige Nutzergebühren und entsprechende Preisnachlässe könnten jedoch nur die größten VG bieten. Die kleineren Gesellschaften würden diesem Kommerzdruck nicht standhalten, und für die Urheber würde er in jedem Fall wegen der geringeren Einnahmen der VG auch geringere Ausschüttungen bedeuten. Diese Einnahmen sind aber für viele Künstler ein unverzichtbarer Unterhaltszuschuss. Hinzu kommt, dass ein derartiges Konkurrenzdenken das Solidarprinzip der VG aushebeln würde. Bislang nivellieren sich die Ausschüttungen insofern, als die Großverdiener meist aus dem Popbereich solidarisch auf einen Teil ihrer Erlöse zugunsten der weniger »einspielstarken« Kollegen etwa der zeitgenössischen Genres verzichten. Einige würden durch das Konkurrenzsystem mehr einnehmen, die Masse wahrscheinlich erheblich weniger. Dass die Kultur an Vielfalt verliert, wenn sich nur noch die gut verkäuflichen Bereiche behaupten, zuvörderst da angloamerikanischer Pop und die großen Namen in der Bildenden Kunst, liegt auf der Hand. Nicht länger zu halten wären auch all die Sozialleistungen der VG zur Unterstützung junger, mittelloser oder alter Künstler. Kritiker sehen das anders. Mit sophistischer Juristerei verteidigt in dem Dossier ein Medienrechtler Brüssels Empfehlungen: Jeder Urheber möchte marktgerecht vergütet werden; Urheberrecht sei also Wirtschaftsrecht, »kulturelle Parfümierung« habe darin nichts verloren. In dieselbe Kerbe hauen die Vertreter der von Raubkopien gebeutelten Industrie. Sie polemisieren gegen die von den VG erhobenen Pauschalabgaben etwa bei Geräten und Leerträgern und verweisen auf die Selbstheilungskräfte des digitalen Zeitalters: Kostenpflichtige, passwortgeschützte Datenbanken, Archive und Online-Publikationen würden ihren Anbietern individuelle Vergütung einbringen – die VG als Mittler zwischen Urheber und Nutzer hätten somit ausgedient. Die Wahrheit liegt, vertraut man auch dem parteiübergreifenden Politikertenor im Dossier, wohl eher in der Mitte. Eigenverantwortliche Lizenzvergabe und Rechteverwaltung via Internet wird allenfalls finanzstarken Großunternehmen möglich sein, weniger dem einzelnen Urheber. Vielmehr, so sind sich die VG-Vertreter einig, gehe es um eine sinnvolle Ergänzung von kollektiver Rechteverwertung seitens der VG und individueller Lizenzvergabe. Der Forderung durch neue digitale Medien werden sich die VG indes ebenso stellen müssen wie dem öffentlichen Wunsch nach einem transparenteren Ausschüttungsmodus. ■   Das Dossier ist erhältlich über:   Deutscher Kulturrat, Chausseestraße 103, 10115 Berlin   online kostenlos unter:   www.kulturrat.de/dossiers/verwertungsgesellschaften.pdf –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Mit dem Thema »Verwertungsgesellschaften« wird sich BALLETT ­INTERN in den folgenden Ausgaben weiter beschäftigen. 26

Für all’ jene Menschen, die John Neumeiers Spendenaufruf gefolgt waren, öffnete der Hamburger Ballettintendant und Chefchoreograph am 10. Februar 2008 erstmals die Türen zu seinem Privathaus in Hamburg Eppendorf, das auch seine berühmte Sammlung zur Ballettgeschichte beherbergt. Das Besondere: Zum ersten Mal waren einige Zeichnungen und Gemälde von Waslaw Nijinsky zu sehen, dem von Neumeier so sehr verehrten Künstler, der 1950 in geistiger Umnachtung starb. Dank des großen Engagements ist es John Neumeier gelungen, sämtliche (!) 72 Werke zu kaufen – nur bezahlt sind sie noch nicht ganz. Rund ein Drittel des gesamten Kaufpreises von 1 Million Dollar muss noch aufgebracht werden, und das wird – laut Neumeier – in Spendeneingängen zwischen drei und mehreren tausend Euro zusammen getragen. Jenseits vieler kleiner und größerer privater Spenden der Mitglieder hat nun der Verein der Ballettfreunde Hamburg e. V. anlässlich der Verleihung des Jubiläums-Tanzpreises 2008 an John Neumeier, den Betrag von 3.000 Euro gespendet, um sicherzustellen, dass diese einmalige Sammlung auch in Zukunft in Hamburg bleiben und einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. »Movimentos« heißen die Festwochen der Autostadt in Wolfsburg, die in diesem Jahr vom 12. April bis 25. Mai 2008 stattfinden. Die sechste Ausgabe des mittlerweile etablierten Festivals steht unter dem Motto »Vertrauen«, neben dem »Béjart Ballet Lausanne« ist u.a. auch »The Göteborg Ballet« sowie die »Compagnie Marie Chouinard« aus Montreal zu Gast. Die Workshops sind zum Treffpunkt tanzwilliger Kinder und Jugendlicher geworden: In Zusammenarbeit mit dem Tanzenden Theater Wolfsburg wird an jedem Freitag während der Festivalzeit unterrichtet, das Angebot reicht von Ballett und Kreativem Kindertanz über MusikTanzTheater und Video Dance bis zu Zeitgenössischem Tanz und Tänzerischer Entspannung. Infos zum gesamten Festival unter Tel. 0800 288 678 238 und www.movimentos.de

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Liebe Leser, liebe Freunde, 25 JAHRE DEUTSCHER TANZPREIS lassen Sie mich noch einmal Goethe zitieren: »... Und jedermann erwartet sich ein Fest!« Und es wurde ein Fest, ein außergewöhnliches Fest des Tanzes zur Ehrung einer ebenfalls außergewöhnlichen Persönlichkeit unserer Tanzkunst! Wortgetreu finden Sie die Dokumentation dieses festlichen Ereignisses in dieser Ausgabe unserer Zeitschrift BALLETT INTERN – ja, auch die liebenswürdige Laudatio Marcia Haydées konnte durch eine gute Tonaufzeichnung wortgetreu wiedergegeben werden. Doch es wurde nicht nur gesprochen, der überwiegende Teil der 4½-stündigen Gala war dem Tanz, den großartigen Tänzern der zahlreichen Neumeier-Choreographien gewidmet – und davon können wir Ihnen bedauerlicherweise nur einen kleinen Eindruck mit viel zu wenigen Abbildungen vermitteln. Mit dieser relativ umfangreichen Dokumentation wird dieses Vierteljahrhundert-Ereignis auch tanzhistorisch seinen Platz in den diversen Archiven des Tanzes finden! Doch auch die aktuelle Situation der Tanz unterrichtenden Schulen, deren zum Teil noch nicht bewussten Problemen in Sachen Künstler-Sozial-Versicherung/KSK, der Berufsgenossenschaft/BG, der GEMA, der Umsatzsteuer-Befreiung widmet sich der Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik zur Zeit intensiv. Einen ersten Hinweis finden Sie auf den Seiten 25 und 26 dieser Ausgabe in Bezug auf die uns alle tangierenden »Verwertungs-Gesellschaften« in dem Bericht von Volkmar Draeger. In den nächsten Ausgaben werden wir uns weiterhin ausführlich diesen Themen widmen. Den anwesenden Mitgliedern des DBfT wurden sie zu einem großen Teil bereits auf der 33. Mitgliederversammlung in Essen referiert bzw. finden im Protokoll dieser Versammlung ihren Niederschlag. Und allen Nicht-Mitgliedern seien sie eine Information, eine Warnung darüber, was in nächster Zukunft auf die unterrichtende Tanz-Szene zukommen wird. Es grüßt Sie, Ihr Ulrich Roehm BALLETT INTERN ISSN 1864–1172 ist die Mitgliederzeitschrift des Deutschen Berufsverbandes für Tanzpädagogik e. V. (DBfT) und liegt der Zeitschrift »tanzjournal« fünf Mal (Februar, April, Juni, August und Dezember) als Supplement bei. Beide Zeitschriften gehen den Mitgliedern des Verbandes kostenlos zu. Nichtmitglieder können BALLETT INTERN abonnieren: Deutschland € 7,50, europäisches Ausland € 12,00 (jeweils inkl. Porto/Versand) je Ausgabe. Redaktion dieser Ausgabe: Ulrich Roehm (verantwortl.), Dagmar Fischer (dagmar. [email protected]), Frank Münschke dwb Autoren dieser Ausgabe: Volkmar Draeger (Berlin), Sylvia Garcia (Zürich), Günter Jeschonnek (Berlin), Marcia Haydée (Santiago de Chile / Stuttgart), Manfred Krause (Essen), Dr. Norbert Lammert (Berlin), Prof. John Neumeier (Hamburg), Dr. Wolfgang Reiniger (Essen), Ulrich Roehm (Essen), Vesna Mlakar (München) Alle Fotos von der Verleihung des Deutschen Jubiläums-Tanzpreises: Ursula Kaufmann (Essen). Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist ohne ausdrückliche Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und für Terminangaben wird keine Gewähr übernommen. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Leserbriefe zu kürzen. Manuskripte gehen in das Eigentum der Redaktion über. Umschlag vorne: John Neumeier und die Tänzerinnen und Tänzer der Tanzpreis-Gala beim Abschluss-Applaus: (von links) Valerya Mukhanova, Dmitry Khamzin, Laëtitia Pujol, Manuel Legris, Ulrich Roehm, Lucia Lacarra, Roberto Bolle, John Neumeier, Alexandre Riabko, Peter Dingle, Silvia Azzoni, Carsten Jung, Katja Wünsche, Jason Reilly. Umschlag hinten: (oben) Marcia Haydée und Ivan Liška im Film »Die Kameliendame« – (unten) Vladimir Klos, Marcia Haydée, Ivan Liška, Colleen Scott, Marianne Menze und Ulrich Roehm nach der Wiederaufführungsgala vor der Essener Lichtburg.

Ballett Intern 2/2008

BALLETT Heft 2/2008

INTERN

Deutscher Jubiläums-Tanzpreis 2008: John Neumeier Für das Ballett geboren Von Manfred Krause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Begrüßung Von Dr. Wolfgang Reiniger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Begrüßungsrede Von Ulrich Roehm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

Grußwort Von Dr. Norbert Lammert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Laudatio Von Marcia Haydée . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10

Dankesrede des Preisträgers Von John Neumeier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

Der Deutsche Jubiläums-Tanzpreis im Spiegel der Presse . .

15

»Man muss auf der Bühne etwas zu sagen haben!« Interview mit Dietmar Seyffert Von Volkmar Draeger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

»Faust«, der Zweite Von Vesna Mlakar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Die Metamorphosen des Prix de Lausanne Von Sylvia Garcia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

20 Jahre Fonds Darstellende Künste Von Günter Jeschonnek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

Verwertungsgesellschaften in der Bewährung Von Volkmar Draeger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kurz und bündig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Herausgeber:

Deutscher Berufsverband für Tanzpädagogik e. V., (DBfT) Hollestraße 1, D–45127 Essen Tel.: +49(0)201 – 228883 Fax: +49(0)201 – 226444 Internet: www.dbft.de – www.ballett-intern.de Bankverbindung: Deutscher Berufsverband für Tanzpädagogik e. V., Nationalbank Essen, Konto-Nr. 111627, BLZ 360 200 30 – BIC: NBAGDE3E IBAN DE 95 3602 0030 0000 1116 27 – Druck:

Jütte-Messedruck Leipzig GmbH Ostwaldstraße 4 – 04329 Leipzig

Gestaltung:

Ulrich Roehm, Frank Münschke dwb

Realisation:

Klartext Medienwerkstatt GmbH 45327 Essen, Bullmannaue 11 www.klartext-medienwerkstatt.de +49(0)201 – 9222 535 (Frank Münschke)

BALLETT

INTERN

Herausgeber: Deutscher Berufsverband für Tanzpädagogik e. V. – Heft 82/31. Jg. – Nr. 2/April 2008 – ISSN 1864-1172

Anzeigen und Beilagen: Gültige Preisliste: 1/05 Nächste Ausgabe: Heft 3/2008 erscheint Anfang Redaktionsschluss: Anzeigenschluss: Annahmeschluss Beilagen:

Juni 2008 8. Mai 2008 15. Mai 2008 20. Mai 2008

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»Die Kameliendame« Choreographie: John Neumeier Musik: Frédéric Chopin

u.a.

Marcia Haydée Ivan Liška François Klaus Colleen Scott Vladimir Klos Lynne Charles Jeffrey Kirk Gigi Hyatt Beatrice Cordua

Foto: Holger Badekow

Marguerite Gautier Armand Duval Monsieur Duval Prudence Duvernoy Gaston Rieux Manon Lescaut Des Grieux Olympia Nanina

Foto: Armin Thimer

E s s e n