Anwendung und Vergleich unterschiedlicher Dissolutionmethoden

Analytik Anwendung und Vergleich unterschiedlicher Dissolutionmethoden Auswahl von Medien für die Freisetzungsprüfung oraler Darreichungsformen – Tei...
Author: Jörg Waldfogel
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Analytik

Anwendung und Vergleich unterschiedlicher Dissolutionmethoden Auswahl von Medien für die Freisetzungsprüfung oraler Darreichungsformen – Teil 1 Korrespondenz: Prof. Dr. Sandra Klein, Institut für Pharmazie, Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald; e-mail: [email protected]

Zusammenfassung

Key Words

Dissolutiontests gehören heutzutage zu den wichtigsten Prüfmethoden für orale Darreichungsformen und werden nicht nur für die Qualitätskontrolle, sondern mehr und mehr auch in den frühen Phasen der Formulierungsentwicklung eingesetzt. Gerade wegen der Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten dieser Testmethoden stellt sich neben der Auswahl des geeigneten Gerätes immer wieder die Frage, welches Freisetzungsmedium für welchen Zweck einzusetzen ist. Bei der Etablierung eines diskriminierenden Qualitätskontrolltests werden in den meisten Fällen Medien verwendet, die in internationalen Arzneibüchern beschrieben sind. Medienvolumen und Zusammensetzung sollen in diesem Fall eine ungehinderte und vollständige Freisetzung des zu untersuchenden Arzneistoffes gewährleisten. Wichtigste Anforderungen an die zu verwendenden Medien sind u. a. ein definierter pH-Wert und eine ausreichende Pufferkapazität. Im Falle schwer benetzbarer oder schwer löslicher Wirkstoffe wird darüber hinaus häufig der Zusatz eines Tensids erforderlich. Da einfache Arzneibuchmedien die Komplexität der gastrointestinalen Inhalte nicht widerspiegeln können, eignen sie sich kaum, wenn man mithilfe des Freisetzungsexperiments die in-vivo-Wirkstofffreisetzung vorhersagen möchte. Hier ist vielmehr der Einsatz biorelevanter Medien angezeigt, was besonders im Falle schwer löslicher Wirkstoffe mit einer weitaus besseren in-vivo-Prädiktivität der Untersuchung einhergeht. Biorelevante Medien simulieren nicht nur pH-Wert und Pufferkapazität der Gastrointestinalflüssigkeiten, sondern enthalten auch physiologisch relevante Konzentrationen an natürlichen Tensiden (Gallenkomponenten) und ggf. weitere Nahrungsbestandteile, Enzyme und Verdauungsprodukte, welche die Freisetzung signifikant beeinflussen können. Zwar ist klar zwischen den Einsatzgebieten der zu etablierenden Prüfmethoden zu unterscheiden, jedoch ist in allen Fällen die Kenntnis charakteristischer Eigenschaften des Wirkstoffes und der Formulierung eine essenzielle Voraussetzung für die richtige Medienwahl.

1. Einleitung Wie bereits in einem früher erschienenen Beitrag [1] diskutiert wurde, hat sich der Einsatzbereich von Freisetzungsprüfungen im Laufe der letzten Jahre stark verändert. Besonders für orale Darreichungsformen gehören Dissolutiontests heutzutage zu den wichtigsten Prüfmethoden für

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pharmazeutische Darreichungsformen und werden inzwischen nicht nur für die Qualitätskontrolle, sondern mehr und mehr auch in den frühen Phasen der Formulierungsentwicklung eingesetzt. Gerade wegen der Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten dieser Testmethoden stellt sich neben der Auswahl des geeigneten Gerätes immer wieder die Fra-

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biorelevante Freisetzungsmedien Gallensalze Lecithin synthetische Tenside Bioverfügbarkeit

Autor

Prof. Dr. Sandra Klein Prof. Dr. Sandra Klein studierte Pharmazie an der Universität Frankfurt und promovierte im Jahr 2005. Nach einem PostDoc-Aufenthalt in den USA war sie am Institut für Pharmazeutische Technologie in Frankfurt tätig. Seit 2010 ist sie Professorin für Pharmazeutische Technologie an der Universität Greifswald. Ihre aktuelle Forschung erstreckt sich von der Entwicklung prädiktiver patientenspezifischer in-vitro-Freisetzungsmethoden und deren Anwendung in der Entwicklung neuer Darreichungsformen über die Etablierung biorelevanter und beschleunigter in-vitro-Testmethoden für spezielle Darreichungsformen – wie Vaginalia, Parenteralia und Lutschtabletten – bis hin zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit schwerlöslicher Arzneistoffe mittels moderner Technologien der Löslichkeitsverbesserung.

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Prof. Dr. Sandra Klein • Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald

2. Wirkstofffreisetzung und Bioverfügbarkeit Die Auflösung von Wirkstoffen in den Flüssigkeiten bzw. Inhalten des

Gastrointestinaltraktes (GI-Traktes) ist eine essenzielle Voraussetzung für deren Bioverfügbarkeit nach oraler Applikation und stellt in vielen Fällen einen sehr komplexen Vorgang dar. Die wichtigsten die Auflösungsgeschwindigkeit im GI-Trakt determinierenden Faktoren können mithilfe der von Nernst und Brunner [5] modifizierten Noyes-WhitneyGleichung [3] identifiziert werden (1):

Hierbei stellt A die effektive Oberfläche des aufzulösenden Wirkstoffes dar, D den Diffusionskoeffizienten des Wirkstoffes, d die Dicke der effektiven Diffusionsgrenzschicht zwischen der sich auflösenden Oberfläche das Stoffes und umgebendem „bulk“-Medium, Cs die Sättigungslöslichkeit des Arzneistoffes in den relevanten GI-Flüssigkeiten und Ct die zum Zeitpunkt t aufgelöste Arzneistoffmenge. Der in diese Gleichung eingehende Diffusionskoeffizient ist von weiteren Faktoren (Einstein-Beziehung (2)) abhängig:

gungen (nüchtern, während oder nach einer Mahlzeit) beeinflusst. So ist es bei der Auswahl eines geeigneten Testmediums zunächst von großer Bedeutung, sich sowohl mit den physikochemischen Eigenschaften des Arzneistoffes vertraut zu machen als auch die beabsichtigten Applikationsbedingungen und – nach Möglichkeit – die zu verabreichende Dosis zu kennen. Besonders, wenn das Ziel darin besteht, in der frühen Formulierungsentwicklung oder im Zuge einer zu etablierenden in-vitro – in-vivo-Korrelation die in-vivo-Auflösung bzw. die Freisetzung von Wirkstoffen aus ihren Darreichungsformen möglichst exakt vorherzusagen, ist ein Testdesign erforderlich, welches die relevanten in-vivo-Parameter möglichst gut abbilden kann. Gilt es jedoch einen diskriminierenden Qualitätskontrolltest zu etablieren, weichen die Kriterien häufig stark von den an biorelevante Methoden gestellten Anforderungen ab. Allerdings ist es nicht zwangsläufig ausgeschlossen, beide Aspekte zu kombinieren.

3. Arzneibuchmedien

Hier beschreibt R die allgemeine Gaskonstante, T die absolute Temperatur, NA die Avogadro-Konstante, ηdie Viskosität des umgebenden Mediums und r den Radius des betreffenden Moleküls. Einige der die in-vivo-Auflösungsgeschwindigkeit bestimmenden Parameter werden allein von den physikochemischen Eigenschaften des Arzneistoffes (pKs-Wert, logP-Wert, Partikelgröße etc.) bestimmt, andere wiederum hängen stark ab vom Milieu im Lumen des GI-Traktes (pHWert, Volumen und Viskosität der vorhandenen Flüssigkeit, Anwesenheit von Nahrungs- und Verdauungskomponenten etc.) sowie den dort vorherrschenden hydrodynamischen Bedingungen. Die intraluminalen Zustände werden ihrerseits in großem Ausmaß von den Einnahmebedin-

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Betrachtet man die in internationalen Arzneibüchern definierten Spezifikationen für Freisetzungsprüfungen, so sollte von vornherein klargestellt werden, dass keine der in Arzneibüchern aufgeführten Methoden beansprucht, prädiktiv für die in-vivo-Bioverfügbarkeit einer wirkstoffhaltigen Formulierung zu sein. Dies heißt wiederum nicht, dass Arzneibuchmethoden generell keine in-vivo-Relevanz haben. Methoden, wie sie z. B. in arzneiformspezifischen Monographien in der United States Pharmacopoeia (USP) zu finden sind, wurden jedoch einzig und allein für die Qualitätskontrolle (QK) eines spezifischen Produktes entwickelt. Sie sollen mit möglichst wenig apparativem Aufwand zuverlässige und in Bezug auf die Chargenhomogenität und -konformität des zu untersuchenden Arzneimittels diskriminierende Ergebnisse liefern. Daher finden meist einfache Geräte wie das

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ge, welches Freisetzungsmedium für welchen Zweck einzusetzen ist. Diese Frage ist alles andere als trivial, da die Wahl des Testmediums das Ergebnis der Prüfung enorm beeinflussen kann. Ein Blick in aktuelle Arzneibücher [2–3] und Guidelines [4–6] konfrontiert den Anwender zwar mit einer ganzen Reihe von potenziell anwendbaren Medien. Jedoch handelt es sich hierbei um Freisetzungsmedien, die primär für den Zweck der Qualitätskontrolle entwickelt wurden und häufig wenig bis nichts mit den für die in-vivo-Wirkstofffreisetzung relevanten Flüssigkeiten gemeinsam haben. Gerade in den frühen Phasen der Formulierungsentwicklung möchte man jedoch Ergebnisse erzielen, die eine Vorhersage der in-vivo-Freisetzung des betreffenden Wirkstoffes unter verschiedenen Einnahmebedingungen ermöglichen. Ist die finale Formulierung dann gefunden, benötigt man allerdings eine einfach durchzuführende, verlässliche und diskriminierende Freisetzungsmethode für die Qualitätsprüfung, unter deren Bedingungen eine komplette Wirkstofffreisetzung aus einer Arzneiform gewährleistet sein muss. Darüber hinaus können seit einigen Jahren Ergebnisse aus Freisetzungsprüfungen herangezogen werden, wenn es darum geht, die Zulassung für eine generische Formulierung eines gut löslichen Wirkstoffes ohne Vorlage pharmakokinetischer Daten zu erhalten (Biowaiver) [7–8]. So wird schnell deutlich, dass von der ersten Charakterisierung eines Wirkstoffes über die Formulierungsentwicklung bis zur Marktreife eines Arzneimittels ganz verschiedene Anforderungen an eine Freisetzungsmethode gestellt werden. Im Folgenden sollen die wichtigsten bei der Medienauswahl zu berücksichtigen Aspekte diskutiert werden.

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Basket- und Paddle-System Anwendung und die zum Einsatz kommenden Medien beschränken sich häufig auf Wasser, verdünnte Salzsäure sowie Acetat- und Phosphatpuffer.

3.1 Sink-Bedingungen

Abbildung 1: Freisetzungsprofil einer schnell freisetzenden Indometacin-50 mg-Tablette im Paddle (500 mL Medium, 75 UpM, 37 °C) unter Variation von pH-Wert und Pufferkapazität des Mediums (Mittelwerte aus n = 3 ± Stabw.) (Quelle alle Abbildungen: ErnstMoritz-Arndt Universität, Greifswald).

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men) die angestrebte Diskriminierfähigkeit einer bestimmten Methode erreicht [2]. So ist es letztendlich ratsam, das Medienvolumen kritisch und fallbezogen zu selektieren.

3.2 pH-Wert und Pufferkapazität Ist das berechnete Medienvolumen völlig impraktikabel, kann man bei ionisierbaren Wirkstoffen durch Variation des pH-Wertes und der Pufferkapazität Abhilfe schaffen [9]. Optimale pH-Werte können in solchen Fällen mithilfe der Hendersson-Hasselbalch-Gleichung (3) [10] berechnet werden.

Für einen schlecht löslichen, schwach sauren Wirkstoff mit einem pKs-Wert von 4,5 (Beispiel: Indometacin) würde dies bedeuten, dass in einem Medium mit einem pH-Wert von 4,5 nur etwa 50 % des Wirkstoffes in dissoziierter Form vorlägen. Würde der pH-Wert auf 5,5 erhöht, wären immerhin bereits 90 % dissoziiert; bei einem Medien-pH-Wert von 6,5 wäre eine annähernd vollständige Dissoziation zu beobachten. In diesem Fall wäre ein Testmedium mit einem pH-Wert von 4,5 wohl kaum geeignet, um sink-Bedingungen zu generieren, während diese in einem üblichen Testvolumen und einem pH-Wert > 6,5 sicher gewährleistet wären – unter der Voraussetzung, dass es sich bei dem zu untersuchenden Wirkstoff nicht um eine schwer benetzbare oder stark lipophile Substanz handelt. Enthalten die zu untersuchenden Formulierungen sauer oder basisch reagierende Wirk- oder Hilfsstoffe, so ist nicht nur der pH-Wert, sondern auch die Pufferkapazität des Freisetzungsmediums von enormer Bedeutung. Diese muss ausreichend hoch ausfallen, um sicherzustellen, dass sich der Medien-pH-Wert bis zum Testende nicht verändert. Die in Abb. 1 dargestellten Freisetzungsprofile zeigen sehr deutlich, wie die Auswahl eines falschen Freisetzungs-

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Auch wenn an QK-Freisetzungsmethoden keine Anforderungen hinsichtlich der in-vivo-Relevanz zu stellen sind, muss sichergestellt sein, dass die Methoden robust sind und keinesfalls die Gefahr bergen, zu einem out-of-specification(OOS)-Ergebnis für eine spezifikationskonforme Charge zu führen oder, im umgekehrten Fall, Chargen mit unzureichender Qualität die Freigabe zu erteilen. In Freisetzungsmethoden für die Qualitätskontrolle sollten Medienzusammensetzung und Volumen daher immer so abgestimmt sein, dass die zu untersuchende Arzneistoffdosis sich ungehindert in dem zur Verfügung stehenden Medium auflösen kann, d. h., es müssen sog. sink-Bedingungen gewährleistet sein. Adäquate sink-Bedingungen sind allerdings nur dann zu realisieren, wenn verschiedene charakteristische Wirkstoffeigenschaften – wie der pKs-Wert, die Lipophilie sowie die Löslichkeit des Arzneistoffes – im zu verwendenden Medium bekannt sind. Was man genau unter

sink-Bedingungen zu verstehen hat, ist leider bis heute nicht klar definiert. Im USP-Kapitel wird der Einsatz des mindestens dreifachen Volumens des zur Herstellung einer gesättigten Lösung des zu untersuchenden Arzneistoffes benötigten Medienvolumens empfohlen [2]. Andere Quellen raten zu noch größeren Volumina. So reicht die Spanne der Empfehlungen insgesamt von der Verwendung des Drei- bis Zehnfachen des für die Herstellung einer gesättigten Lösung der entsprechenden Wirkstoffdosis benötigten Volumens. Unabhängig von allen Definitionen sollte man bei der Festlegung des optimalen Medienvolumens jeweils die Gesamtheit der zu untersuchenden Formulierung und das Ziel der Freisetzungsmethode nicht außer Acht lassen. Eigene, bisher nicht publizierte Untersuchungen haben gezeigt, dass das dreifache Sättigungsvolumen in vielen Fällen noch nicht für eine völlig ungehinderte Auflösung ausreicht. In den betreffenden Studien führte die Auswahl des zehnfachen Sättigungsvolumens zu einer weitaus besseren Reproduzierbarkeit und Aussagekraft der Ergebnisse. In anderen Fällen wiederum wurde jedoch erst mit einer Verringerung des Medienvolumens (< dreifaches Sättigungsvolu-

Medium mit primär geeignetem pHWerte, jedoch mit unzureichender Pufferkapazität verwendet. In der Indometacin-Versuchsreihe kam demineralisiertes Wasser mit einem pH-Wert von 6,8 zum Einsatz. Auch wenn vor Beginn des Tests ein für die Auflösung von Indometacin günstiger pH-Wert gemessen wurde, so war dieser aufgrund der fehlenden Pufferkapazität von Wasser bereits nach der Auflösung kleinster Wirkstoffmengen nicht mehr gegeben. Die sich auflösende schwache Säure determinierte nach kürzester Zeit den pH-Wert des Mediums und begrenzte somit ihre eigene Auflösungsgeschwindigkeit und Sättigungslöslichkeit im verwendeten Medium. Das erhaltene Freisetzungsprofil kann man anhand des zu Testende gemessenen pH-Wertes von 5,0 erklären. Ohne diesen Parameter jedoch evaluiert zu haben, bestünde das Risiko, das Freisetzungsverhalten mit schlechten Formulierungseigenschaften zu korrelieren, obwohl es einzig das Resultat einer falschen Medienauswahl war. Es ist daher mehr als ratsam, den pH-Wert nicht nur vor Testbeginn einzustellen, sondern ihn auch nach Testende erneut zu messen, um die Validität der erzielten Freisetzungsprofile zu prüfen. Wenngleich Wasser noch in vielen Monographien der USP als Freisetzungsmedium aufgeführt und – weil kostengünstig und überall verfügbar – als Medium attraktiv erscheint, sollte es aufgrund der nicht vorhandenen Pufferkapazität und der natürlichen Variabilität des pH-Wertes

von Wässern verschiedener Herkunft im Rahmen der Entwicklung neuer Freisetzungsmethoden auf keinen Fall mehr in Erwägung gezogen werden.

3.3 Enzyme Enzymhaltige, magen- und dünndarmsimulierende Freisetzungsmedien wie „Simulated Gastric Fluid“ pH 1,2 und „Simulated Intestinal Fluid“ pH 6,8 sind fester Bestandteil internationaler Arzneibücher [2–3]. Die jeweils einzusetzenden Enzyme sind die auch in Magensaft bzw. Pankreassekret vorhandenen Enzyme Pepsin(ogen) und Pankreatin. Die entsprechenden Medien kommen in der QK durchaus zum Einsatz, jedoch verzichtet man in der Praxis häufig auf den Enzymzusatz, da das zuzusetzende Pepsin bzw. Pankreatin in vielen Fällen keinen Einfluss auf die Wirkstofffreisetzung hat. Die genannten Enzyme finden jedoch berechtigten Einsatz, wenn eine Freisetzungsprüfung von Gelatinekapseln oder mit Gelatine überzogenen Arzneiformen nicht zum erwünschten Ergebnis führt. Gerade in Stabilitätsuntersuchungen ist mit zunehmender Lagerzeit oft eine moderate Quervernetzung (cross linking) der Gelatine zu beobachten, was in einer enormen Beeinträchtigung des in-vitro-Zerfalls- und Auflösungsverhaltens der Formulierung resultieren kann. Dieser Effekt wird jedoch meist nur in vitro sichtbar und hat üblicherweise keinen signifikanten Einfluss auf die Bioverfügbarkeit der Formulierung [12]. Ein Enzymzusatz

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mediums das Ergebnis eines Qualitätskontrolltests extrem verfälschen kann. Im gezeigten Fallbeispiel wurde eine schnell freisetzende Indometacin-Tablette in der Paddle-Apparatur getestet. Bei ansonsten gleich bleibenden Testbedingungen wurden pH-Wert und Pufferkapazität des Mediums gezielt variiert. Bei der untersuchten Tablette handelt es sich um eine Darreichungsform, aus der der Arzneistoff schnell und komplett resorbiert wird [11]. Das Ergebnis der in-vitro-Freisetzungsprüfung sollte ein solches Verhalten zuverlässig abbilden, d. h., der Wirkstoff muss schnell (in der Regel innerhalb von 30–45 min) und quantitativ freigegeben werden. Dies ist im gezeigten Beispiel im Falle der Verwendung von „Simulated Intestinal Fluid“ sine pepsin (SIFsp) pH 6,8 der Fall, da hier die Kombination von Medienvolumen, pH-Wert und Pufferkapazität in sink-Bedingungen für die untersuchte Arzneistoffdosis resultiert. Senkt man bei gleichbleibender Pufferkapazität den pH-Wert des Mediums (SIFsp pH 6,0), so kann unter den gegebenen Testbedingungen keine vollständige Dissoziation mehr erfolgen und die Grundvoraussetzungen für die Auflösung der gesamten Dosis der schwer löslichen schwachen Säure sind nicht mehr gewährleistet. Das unter diesen Bedingungen erhaltene Freisetzungsprofil würde im QK-Test für die betreffende Darreichungsform ein OOS-Resultat darstellen. Im gezeigten Fall wird es noch kritischer, wird doch zwar ein

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3.4 Tenside

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3.5 Entgasung Jedes wässrige Medium enthält eine bestimmte Menge gelösten Gases („Luft“). Es wird kaum gelingen, ein über längere Zeit komplett gasfreies Medium herzustellen. Für die Freisetzungsprüfung einer ganzen Reihe von Darreichungsformen ist es jedoch essenziell, die Menge an gelöstem Gas auf ein Minimum zu reduzieren, da es bei Überschreiten der Sättigungslöslichkeit desselben im Laufe der Freisetzungsprüfung zur Blasenbildung kommt. Die entstehenden Gasblasen können den Freisetzungsprozess dann je nach Arzneiform und Arzneistoff durch Anlagerung an Hilfsstoff-/Wirkstoffpartikel und/oder Gerätekomponenten (z. B. Baskets) sowohl beschleunigen als auch verlangsamen, was in veränderten und oft sehr variablen Freisetzungsprofilen resultiert. Leider gibt es keinen klaren Trend im Hinblick auf die Notwendigkeit der MedienEntgasung, so dass diese im Rahmen jeder Methodenentwicklung evaluiert werden muss. Tendenziell zeigen jedoch schlecht benetzbare und schwer lösliche Wirkstoffe und Formulierungen eine weitaus größere Sensitivität gegenüber Gasblasen im Medium. Die USP beschreibt in Kapitel eine sehr effektive Methode zur Medienentgasung. Diese basiert auf dem Erhitzen des Mediums, einer anschließenden Filtration und einer finalen Phase, in welcher das Medium für einen kurzen Zeitraum bei einer Temperatur sehr nahe der späteren Gebrauchstemperatur unter Vakuum gerührt wird [2]. Alternativmethoden mit gleicher Effizienz sind zulässig [13]. In jedem Fall gilt allerdings, dass die Freisetzungsprüfung nach Equilibrierung des Mediums auf Gebrauchstemperatur umgehend gestartet werden muss, um zu vermeiden, dass sich bis zum Testbeginn wieder größere Mengen an Gas im Medium lösen. Teil 2 dieses Beitrags wird in Ausgabe 3/2016 erscheinen.

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Im Falle lipophiler, schwer löslicher Arzneistoffe kann eine vollständige Freisetzung durch Zusatz geeigneter Tenside erreicht werden. Wie auch bei der Auswahl eines geeigneten Medien-pH-Wertes sollte man beim Einsatz von Tensiden darauf achten, dass eine zu starke „Optimierung“ der Testbedingungen häufig mit einem Verlust der Diskriminierfähigkeit einhergeht, so dass Formulierungen von unzureichender Qualität nicht mehr detektiert werden können. Von einer unkritischen Adaption bereits beschriebener Freisetzungsmethoden für neue Darreichungsformen ist daher immer abzuraten. Eine für einen spezifischen QK-Test adäquate Tensidkonzentration kann meist nur empirisch ermittelt werden. Sie wird meist so gewählt, dass eine Zielgröße von > 85 % Freisetzung in einer angemessenen Zeit erreicht wird. Die synthetischen Tenside Natriumlaurylsulfat (anionisch), Polysorbat 80 (nichtionisch) und Cetyltrimethylammoniumbromid (kationisch) stellen im Bereich der Qualitätskontrolle die sicherlich am häufigsten verwendeten Tenside dar. Bei der Evaluierung von tensidhaltigen Medien ist darauf zu achten, dass das ausgewählte Tensid im Verlauf der Freisetzungsprüfung keine Interaktionen mit dem Wirkstoff, Hilfsstoffen aus der Formulierung oder sogar Bestandteilen des verwendeten Puffers zeigt. Diese könnten die benetzenden Eigenschaften des Tensides bzw. dessen Solubilisationskapazität einschränken oder zur Ausfällung des Wirkstoffes und/ oder des Tensides führen. Inkompatibilitäten sind häufiger bei der Kombination von ionisierbaren Substanzen und ionischen Tensiden zu beobachten. Unerwünschte Wechselwirkungen können jedoch

auch zwischen Tensid und Komponenten des verwendeten Puffers auftreten. Ein bekanntes Beispiel ist die Ausfällung des schlecht löslichen Kaliumlaurylsulfates beim Zusatz von Natriumlaurylsulfat zu SIFsp. Diesem Problem kann man durch eine leichte Veränderung der Original-SIFsp-Rezeptur entgegentreten. Wird jedoch Kaliumdihydrogenphosphat durch Natriumdihydrogenphosphat ausgetauscht, kommt es zu keiner Ausfällung und somit auch zu keiner Einschränkung der Solubilisationskapazität des Tensides. Neben potenziellen Inkompatibilitäten sind im Rahmen der Auswahl geeigneter Tenside auch deren pH-Optima für Solubilisationskapazität und Mizellbildung zu beachten. So sollten anionische Tenside bevorzugt in neutralen bis alkalischen Medien verwendet werden, während kationische Tenside sich üblicherweise für den Einsatz in sauren Medien eignen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Tenside zu diversen analytischen Problemen führen können. Tensidhaltige Medien neigen zum Schäumen, was das Abmessen einer definierten Probenmenge erheblich erschweren kann. Des Weiteren zeigen viele tensidhaltige Lösungen eine Eigenabsorption oder streuen Licht im Bereich der Absorptionsmaxima der zu untersuchenden Wirkstoffe, so dass die entsprechenden Proben häufig auch nicht mehr mithilfe einer einfachen photometrischen Methode vermessen werden können. In automatisierten Freisetzungstestsystemen lagern Tenside sich oft an/in den verschiedenen mit dem Medium in Kontakt kommenden Gerätekomponenten (Schläuche, Filter etc.) ab. Die Reinigung solch kritischer Gerätekomponenten nach Gebrauch tensidhaltiger Medien sollte daher validiert werden, um die Ergebnisse von Folgeversuchen nicht zu verfälschen. Last but not least ist zu beachten, dass eine Entgasung des Mediums nach Tensidzusatz nicht mehr möglich ist, da dies üblicherweise in einer immensen Schaumbildung resultiert.

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