Anomaler Monismus

Davidson

Identitätstheorie Jeder mentale Zustand (jedes mentale Ereignis) des Typs M ist mit einem neuronalen Zustand (Ereignis) des Typs N a posteriori identisch.

Anomaler Monimsus Jeder mentale Zustand (jedes mentale Ereignis) ist mit einem physikalischen Zustand (Ereignis) – irgendeines Typs - a posteriori identisch.

Bräuer

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Anomaler Monismus Interaktion 1. Mentale Ereignisse interagieren kausal mit physischen Ereignissen, sie können einander verursachen. 1* Einzelne mentale Ereignisse interagieren kausal mit einzelnen physischen Ereignissen, sie können einander verursachen.

Strikte Gesetze 2. Ereignisse, die einander verursachen, fallen unter ein striktes Naturgesetz. Die Anomalität des Mentalen 3. Es gibt keine strikten Naturgesetze über mentale Ereignisse. 3* Es gibt keine strikten Naturgesetze über mentale Ereignistypen. Bräuer

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Anomaler Monismus und Supervenience Supervenienz (lat. von super „über“, „zusätzlich“ und venire „kommen“): Eine Klasse von Eigenschaften M superveniert genau dann über einer Klasse von Eigenschaften P, wenn es nicht möglich ist, M zu ändern, ohne P zu ändern. Slogan: Keine psychischen Unterschiede ohne physische Unterschiede.

El Grecos „Blick auf Toledo“ Bräuer

... und eine perfekte Fälschung

... die von mir beschriebene Position ... lässt sich mit der Auffassung vereinbaren, dass geistige Merkmale in gewissem Sinne von physischen Merkmalen abhängig sind oder über diesen supervenieren. Eine derartige Supervenience ließe sich in dem Sinne auffassen, dass es keine zwei Ereignisse geben kann, die in allen Hinsichten physisch gleich, aber in einer geistigen Hinsicht verschieden sind ... Supervenience dieser Art enthält nicht Reduzierbarbeit durch ein Gesetz oder eine Definition. (Davidson, „Mental Events“, 1970)

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Fodor: Die repräsentationale Theorie des Geistes Jerry [Alan] Fodor (*1959)

The Language of Thought (1975) The Modularity of Mind (1983) Psychosemantics. The Problem of Meaning in the Philosophy of Mind (1987) A Theory of Content and other Essays (1990) Die zentralen Thesen der RTG (RT) Repräsentationsthese (LOT) These von der Sprache des Geistes (CT) Computationsthese Bräuer

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RTG: Repräsentationsthese (RT)

Jemand befindet sich genau dann in einem intentionalen psychischen Zustand des Typs A mit dem Inhalt p, wenn er sich in einer funktionalen Relation RA zu einer mentalen Repräsentation r befindet, die die Bedeutung p hat.

Überzeugungsspeicher

Wünschespeicher

r1 r2 r3 r4 r5



r11 r12 r13 r14 r15

r6 r7 r8 r9 r10 RW

Absichtenspeicher

RA

Jerry glaubt, dass Deutschland die WM gewinnt.

(i) r3 hat die Bedeutung [[Deutschland gewinnt die WM]]. (ii) r3 befindet sich in Jerrys Überzeugungsspeicher. Bräuer

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RTG: Language of Thought und Computationsthese (LOT)

Mentale Repräsentationen haben eine syntaktische Struktur und eine kompositionale Semantik.

(CT)

Die Kausalbeziehungen zwischen intentionalen Zuständen beruhen auf struktursensitiven (syntaktischen) Symbolverarbeitungsprozessen über mentale Repräsentationen.

Wer F(a) glaubt, glaubt auch ∃x F(x). (i) Suche im Überzeugungsspeicher eine Repräsentation der Form F(a). (ii) Überprüfe, ob sich eine Repräsentation der Form ∃x F(x) im Überzeugungsspeicher befindet. (iii) Falls ja, gehe zu (i). (iv) Falls nein, schreibe die Repräsentation ∃x F(x) in den Überzeugungsspeicher und gehe dann zu (i).

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Wenn jemand p und glaubt, dann glaubt er auch q. (i)Suche im Überzeugungsspeicher eine Repräsentation der Form p. (ii) Überprüfe, ob sich eine Repräsentation der Form im Überzeugungsspeicher befindet. (iii) Falls nein, gehe zu (i). (iv) Falls ja, schreibe die Repräsentation q in den Überzeugungsspeicher und gehe dann zu (i).

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RTG: Language of Thought und Computationsthese Wenn jemand p erreichen will und glaubt, dass die Ausführung von h ein geeignetes Mittel zu Erreichung von p ist, und nicht glaubt, dass die Ausführung von h Folgen hat, die er nicht will, dann wird er normalerweise daran gehen, h auszuführen. (i) Wähle eine Repräsentation r aus dem Wunschspeicher aus und streiche sie aus dem Speicher. (ii) Bilde eine Liste aller in einer gegebenen Situation möglichen Handlungen und wähle aus dieser eine Handlung h aus und streiche sie aus der Liste. (iii) Prüfe, ob sich die mentale Repräsentation h → r im Überzeugungsspeicher befindet. (iv) Falls nein, gehe zu (ii) zurück. (v) Falls ja, prüfe ob sich eine Repräsentation h → r´ im Überzeugungsspeicher befindet. (vi) Falls ja, prüfe ob sich eine mentale Repräsentation ¬ r´ im Wunschspeicher befindet. (vi) Falls ja, gehe zu (ii) zurück. (vii) Falls nein, führe h aus. Bräuer

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Das chinesische Zimmer

John R. Searle

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„... Stellen Sie sich vor, Sie wären in ein Zimmer eingesperrt, in dem mehrer Körbe mit Chinesischen Symbolen stehen. Und stellen Sie sich vor, dass Sie (wie ich) kein Wort Chinesisch verstehen, dass Ihnen allerdings ein auf Deutsch verfasstes Regelwerk für die Handhabung dieser Chinesischen Symbole gegeben worden wäre. Die Regeln geben rein formal ... an, was mit den Symbolen gemacht werden soll. Eine solche Regel mag lauten: ‚Nimm ein KritzelKratzel-Zeichen aus Korb 1 und lege es neben ein SchnörkelSchnarkel-Zeichen aus Korb 2.‘ Nehmen wir nun an, dass irgendwelche anderen Chinesischen Symbole in das Zimmer gereicht werden, und dass Ihnen noch zusätzliche Regeln dafür gegeben werden, welche Chinesischen Symbole jeweils aus dem Zimmer herauszureichen sind. Die hereingereichten Symbole werden von den Leuten draußen ‚Fragen‘ genannt, und die Symbole, die Sie dann aus dem Zimmer herausreichen, ‚Antworten‘ – aber dies geschieht ohne ihr Wissen. Nehmen wir außerdem an, dass die Programme so trefflich und ihre Ausführung so brav ist, dass Ihre Antworten sich schon bald nicht mehr von denen eines chinesischen Muttersprachlers unterscheiden lassen.“ (John R. Searle, Geist, Gehirn und Wissenschaft, 1984)

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Explizite Repräsentationen? „Der These [(CT)] zufolge sind mentale Prozesse kausale Abfolgen von Transformationen mentaler Repräsentationen. Daher müssen Vorkommnissen propositionaler Einstellungen Vorkommnisse mentaler Repräsentationen entsprechen ... [sonst] ist die RTG schlicht falsch“ (Jerry Fodor, Psychosemantics, 1987)

Daniel C. Dennett

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„In einem Gespräch mit dem Entwickler von Schachprogrammen hörte ich kürzlich die folgende Kritik an einem Konkurrenzprogramm: ‚Es glaubt, dass es seine Dame früh ins Spiel bringen muss‘. Damit wird dem Programm auf sehr nützliche und Vorhersagen ermöglichende Weise eine propositionale Einstellung zugeschrieben ... Aber auf keiner der vielen Ebenen, auf denen in diesem Programm etwas explizit repräsentiert wird, gibt es ein explizites Vorkommnis einer Repräsentation, die auch nur annähernd die gleiche Bedeutung hätte wie der Satz ‚Ich sollte meine Dame früh ins Spiel bringen‘.“ (Daniel C. Dennett, „A Cure for the Common Code“, 1978)

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Dennetts Instrumentalismus Daniel Dennett (*1942)

Content and Consciousness (1969) Brainstorms. Philosophical Essays on Mind and Psychology (1978) Elbow Room (1984) The Intentional Stance (1987) Consciousness Explained (1991) Kinds of Minds (1996) Brainchildren – Essays On Designing Minds (1998)

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Dennetts Instrumentalismus Komplexe Systeme lassen sich verschieden beschreiben, und zwar durch: die physikalische Einstellung (physical stance) die funktionale Einstellung (design stance) die intentionale Einstellung (intentional stance) „ Man sagt in einem solchen Fall Verhalten voraus, indem man dem System den Besitz gewisser Informationen zuschriebt, von ihm annimmt, dass es von gewissen Zielen geleitet wird, und sich dann auf der Grundlage dieser Zuschreibungen und Annhamen die vernünftigste und angemessenste Handlung überlegt.“ (Dennett, Intentional Systems, 1971) Dennetts Instrumentalismus: Ein Wesen hat dann intentionale Zustände, wenn sein Verhalten mit einer intentionalen Einstellung vorhergesagt und erklärt werden kann. „Tatsächliche Überzeugungen zu haben (to be a true believer) heißt nicht anderes als ein intentionales System zu sein, ein System dessen Verhalten verlässlich und weitestgehend mit Hilfe der intentionalen Strategie vorausgesagt werden kann.“ (Dennett, „True Believers. The Intentional Strategy and Why it Works“, 1981) Bräuer

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Dennetts Instrumentalismus Dennetts Spagat Realismus

zwischen

eliminativen

Materialismus

und

intentionalen

(A) Es ist theoretisch möglich und empirisch wahrscheinlich, dass es weder in der neuronalen noch in der funktionalen Architektur des Gehirns Strukturen gibt, die den intentionalen Zuständen entsprechen, mit deren Hilfe wir auf der intentionalen Ebene unser Verhalten voraussagen und erklären. (B) Es ist sinnvoll und sogar unvermeidlich, an der intentionalen Strategie festzuhalten und intentionale Zustände in einem gewissen Sinne für real zu halten.

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Eliminativer Materialismus Paul Churchland

Patricia Churchland

Steven Stich

Scientific Realism and the Plasticity of Mind (1979) A Neurocomputational Perspective (1989) The Engine of Reason, the Seat of the Soul (1995)

Neurophilosophy. Toward a Unified Science of the MindBrain (1986) Brain-Wise. Studies in Neurophilosopy (MIT Press, 2002)

From Folk Psychology to Cognitive Science: The Case Against Belief (1983) The Fragmentation of Reason (1990) Deconstructing the Mind (1996)

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Eliminativer Materialismus Das Theorieargument (1) Die Alltagspsychologie hat den Status einer Theorie und ist damit grundsätzlich falsifizierbar. (2) Falls diese Theorie falsifiziert wäre, könnte es sich herausstellen, dass sich die Begriffe der Alltagspsychologie auf nichts beziehen. (3) Die Alltagspsychologie ist eine schlechte und eine seit 2500 Jahren stagnierende Theorie. (4) Die sich rasant entwickelnden Neurowissenschaften können schon jetzt kognitive Fähigkeiten erklären, zu denen die Alltagspsychologie keinen Zugang hat. (5) Die Alltagspsychologie gehört abgeschafft

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Unser Glauben an mentale Zustände ist genauso eine falsche Theorie, wie das geozentrische Weltbild und wird genauso in der Wissenschaftsentwicklung abgeschafft werden.

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Argumente gegen den eliminativen Materialismus Intuitive Vorbehalte Die These des eliminativen Materialismus scheint so offensichtlich falsch zu sein, dass sich jede weitere Argumentation erübrige. Zudem ist die Existenz von mentalen Zuständen zentral für unser Weltbild, weshalb es enorm starker Argumente bedürfe, um deren Existenz erfolgreich zu bestreiten. „if commonsense psychology were to collapse, that would be, beyond comparison, the greatest intellectual catastrophe in the history of our species ...„ (Fodor 1987)

Inkohärenzeinwand Da der Eliminativist seinen Thesen Bedeutung zuspricht und sie für wahr und begründet hält, setzt er implizit das voraus, was er eigentlich bestreiten will – mentale Zustände.

Qualia Da Qualia allgemein als Eigenschaften von mentalen Zuständen angesehen werden, ist ihre Existenz nicht mit dem Eliminativismus verträglich. Eliminative Materialisten lehnen daher auch Qualia ab. Dies ist problematisch, da die Existenz von Qualia vollkommen offensichtlich scheint. Bräuer

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Das Leib-Seele-Problem Physikalismus

Dualismus

Problem: Wie kann der Geist, trotz seiner materiellen Natur, nichtmaterielle Eigenschaften haben (Qualia, Intentionalität)?

Interaktionistischer Dualismus

Behaviorismus Mentale Zustände sind lediglich Verhaltensbeschreibungen bzw. – dispositionen. Problem: Mentale Zustände lassen sich nicht auf Verhaltensbeschreibungen reduzieren.

Identitätstheorie Mentale Zustände sind a posteriori identisch mit neuronalen Zuständen. Problem: Mentaler Zustände können verschieden realisiert sein.

Funktionalismus Mentale Zustände sind funktionale Zustände des „Gehirnautomaten“ und können unterschiedlich realisiert sein. Problem: Wie können die „funktionslosen“ Eigenschaften mentaler Zustände (Qualia) erklärt werden?

Supervenience-Theorie Mentale Zustände basieren auf physikalischen Zuständen, lassen sich aber nicht aus diesen ableiten. Problem: unbefriedigend

Instrumentalismus/ Materialismus Mentale Zustände gibt es nicht. Problem: Die Leugnung des Phänomens löst unser Problem nicht und ist seinerseits nicht begründet.

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Problem: Wie ist es möglich, dass Geist und Materie interagieren?

Geist und Materie interagieren kausal miteinander. Problem: Wie und wo können die beiden Substanzen interagieren?

Psychophysischer Parallelismus Geist und Materie interagieren nicht miteinander, sondern laufen in einer von Gott geschaffenen Synchronizität ab. Problem: Gott als perfekter, anfänglicher Synchronisierer notwendig.

Okkasionalismus Geist und Materie interagieren nicht miteinander, sondern werden von Gott von Fall zu Fall aufeinander abgestimmt. Problem: Gott als perfekter, unablässiger Synchronisierer notwendig.

Epiphänomenalismus Zwar verursachen physische Phänomene mentale Phänomene, aber nicht umgekehrt. Problem: Wie und wo wirkt Materie auf den Geist ein? Widerspricht den Erhaltungsgesetzen der Physik.

Idealismus Es gibt nur geistige Phänomene.

Solipsismus Alles, was existiert, existiert nur in MEINEM Geist.

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