Angewandte Mikrobiologie und Biotechnologie Teil 1

Angewandte Mikrobiologie und Biotechnologie Teil 1 Grundvorlesung Mikrobiologie WS 2005/6 AG Mikrobiologie /AK Biotechnologie Was ist Angewandte Mik...
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Angewandte Mikrobiologie und Biotechnologie Teil 1

Grundvorlesung Mikrobiologie WS 2005/6 AG Mikrobiologie /AK Biotechnologie

Was ist Angewandte Mikrobiologie ? …der Bereich in dem mikrobiologische Kenntnisse angewendet werden auf unterschiedlichste Fragestellungen. • Industrielle Mikrobiologie • Medizinische Mikrobiologie • Mikrobiologie in der Kriminalistik • Umweltmikrobiologie • Agrarmikrobiologie • Nahrungsmittel-Mikrobiologie

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Biochemie

Genetik

Allgemeine Mikrobiologie

Chemie

Medizin

Molekular- u. Zellbiologie

Landwirtschaft

Biomathematik

Ernährung

Angewandte Mikrobiologie

Agrarwirtschaft

Pharmaka plus Diagnostika

Feinchemi kalien Impfstoffe

Aminosäuren Antibiotika Vitamine andere Organische Substanzen

Lebensmittel

Enzyme und andere Proteine organische Polymere

Hochmolekulare Verbindungen

Niedermolekulare Verbindungen Spezielle Biosyntheseleistungen

Mikroorganismen Ganze Zellen

Erzlaugung im Bergwerk

Starterkulturen für Lebensmittel

Biologischer Pflanzenschutz

Abwasserreinigung Bodensanierung

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Umweltmikrobiologie / Umweltbiotechnologie • Mikrobielle Reinigung von Abwässern, Abgasen und Böden

• Abbau von umweltbelastenden Substanzen, Xenobiotika • Herstellung wertvoller Chemikalien aus Abprodukten •

Produktion umweltschonender Chemikalien z.B. Kunststoffe, Lösungsmittel, Pestizide



Entwicklung von Verfahren zur Erfassung der Zusammensetzung und Funktion mikrobieller Gemeinschaften

Photo: V. Niesel

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Regen

Versiegelte Oberflächen

Häusliches Abwasser t of r uen Effl d wate e mix Klärschlamm

Stretch of water

Hauptsammler

OberflächenAbfluss

Industrielles Abwasser

Energie

Kläranlage Abgase

Hilfsstoffe Ablauf

Vorfluter/Gewässer

Systemelemente der Abwasserbehandlung

Mikrobielle „Basics“ der Abwasserbehandlung

Wachstum: Assimilation, Anabolismus, Biosynthese

Abwasserbehandlung

Mikrobielle Gemeinschaft/ Biozönose

Reingigungs/

Gram-negative Bakterien Pseudomonas, Acinetobacter Alcaligenes, Aeromonas Flavobacteria, Enterobacteria

Behandlungsbecken Abbauprozess: Katabolismus, Dissimilation, Mineralisation

N2 CO2 CH4 H2S

Gereinigtes Abwasser/ Biomasse

Gram-positive Bakterien Arthrobacter, Corynebacteria Micrococcus, Brevibacterium Bacillus Protozoa Flagelaten, Amoeben, Ciliaten, Rotatorien Nematodes

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BOD, Biochemical Oxygen Demand (Biochemischer Sauerstoffbedarf) BOD5 (5-Tage Biochemical Oxygen Demand)

Der BOD ist ein Maß für die Belastung eines Abwassers mit biologisch abbaubaren Komponenten

COD, Chemical Oxygen Demand Der chemische Sauerstoffbedarf ist ein Maß für die Gesamtmenge an organischer Belastung eines Abwassers

Schematische Kurven für den BOD eines Modellabwassers BSB total

BOD5 (mg per l)

500 400

Persistant substances 300 200 Readily degradable substances

100

0

5

10

Slowly degradable substances

20

30

40

Days

5

Leicht abbaubare Kohlenstoffquellen •

Zucker und andere Kohlenhydrate



Proteine



Aminosäuren



Organische Säuren



Lipide



Fettsäuren

Personal loads /Personenfrachten variieren je nach Bedingungen BOD (g pro Person und Tag) COD (g pro Person und Tag)

15-80 25-200

Stickstoff (g pro Person und Tag) Phosphat (g pro Person und Tag)

2-15 1-3

Abwasser (m3 pro Person und Tag)

0.05-0.4 (50-250 l/Person und Tag)

Beispiele für BOD: Dänemark

20-25 (g pro Person und Tag)

Deutschland

20-25 (g pro Person und Tag)

Indien

10-15 (g pro Person und Tag)

USA

30-35 (g pro Person und Tag)

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Biologische Grundprozesse der Abwasserreinigung Drei Prozesse bilden die Basis der Abwasserreinigung

• Respiration / Fermentation

Atmung/Gärung

• Assimilation / Biomasse-Bildung

• Adsorption / Incorporation

Charakterisierung der Organismen in einer Kläranlage Bakterien

hohe Konzentration, Hauptanteil der Biomasse

Pilze

Überwiegen in sauren Abwässern

Algen

vor allem in Nachklärbecken

Protozoa

Vorkommen in Biofiltern bei geringer organischer Belastung

Metazoa

Vorkommen in Biofiltern bei geringer organischer Belastung Bsp.: Tubifex, Psychodidae (flies), Daphnia

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Wichtige Faktoren für die Effizienz einer Kläranlage

Abwasser Gehalt und Art an - Kohlenstoff - Stickstoff - Phosphor

Physiko-chemische Faktoren Sauerstoffversorgung Temperatur Durchmischung pH-Wert

Kläranlage

- Feststoffe/ suspendierte Stoffe - Schwermetalle

Biologische Faktoren

- Hormone

Populationsdichte Zusammensetzung der Gemeinschaft Mikrobielle Aktivität

Abwasserbehandlung in drei Stufen Rohes Abwasser

Mechanische Reinigung

Präzipitation und Entfernung von Partikeln Belüftungstank Absetztank

Schlammrückführung

Aerober Abbau

Denitrifikationstank

Phosphorentfernung Zweiter Absetztank Biogasreaktor Behandelter Überschussschlamm

Stickstoff- und Phospahtentfernung

Biologisch behandeltes Abwasser

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Entfernung von Stickstoff Der Weg von Ammonium zu molekularem Stickstoff Nitrifizierende Bakterien Nitrit

Ammonium

oxisch

Nitrat

anoxisch N2

Denitrifizierende Bakterien

Fazit:

Nitrifikation und Denitrifikation müssen in der Abwasserreinigungsanlage räumlich getrennt werden.

Entfernung von Nitrat Nitrifikation NH3

NO2

Denitrifikation -

NO3

Aerob/oxisch Nitrifikation

-

NO3-

N2

Anaerob/anoxisch Denitrifikation Organisches Substrat

Denitrifikation

Nitrifikation

Nitrifikation und Denitrifikation

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Anaerobe Reinigung von Abwasser

Nachbehandlung von Klärschlamm

• Anaerobe Reinigung von Abwasser und Klärschlamm basiert auf einer Serie mikrobieller Prozesse deren Resultat die Umsetzung von organischem Material in Methan und CO2 ist • Anaerobe Umsetzung wird seit langem eingesetzt um kommunalen Klärschlamm zu „stabilisieren“ • Zunehmend wird anaerobe Umsetzung genutzt, um industrielle und kommunale Abwässer direkt umzusetzen.

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Die anaerobe mikrobielle Umsetzung hat gegenüber der aeroben Umsetzung mehrere Vorteile 1.

Die Mikroorganismen nutzen frei verfügbares CO2 als Elektronenakzeptor und benötigen keinen Sauerstoff.

2.

Bei der mikrobiellen Umsetzung wird weniger Biomasse (Schlamm) produziert (3-20 mal weniger) aerob: 50% des C wird in Biomasse überführt anaerob: 5% des C wird in Biomasse überführt

3.

Als Endprodukt des mikrobiellen Stoffwechsels entsteht ein energiereiches / wertvolles Gas.

4.

Kläranlagen können mit sehr hohen biologischen Frachten (BOD)gefahren werden

5.

Der biologische Abbau von Xenobiotika wie z.B.chlorierte Kohlenwasserstoffe oder der Abbau von schwerabbaubaren Stoffe wie z.B. Lignin ist möglich.

Prozessbeschreibung

Conventional single-stage anaerobic digester adapted from G. Bitton Wastewater Microbiology , 2005, p. 348

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Mikrobiologie Mikroorganismen aus 4 Stoffwechselgruppen sind an der Transformation von organischem Material zu Biogas beteiligt • Hydrolytische Mikroorg. z.B. Hefen und Bakterien •

Acidogene Bakterien z.B. Clostridia

nutzen: komplexes organisches Material produzieren: Monomere nutzen: Monomere produzieren: kurzkettige org. Säuren (C2-C4), Alkohole, Aceton, CO2, H2

• Acetogene Bakterien z.B. Syntrophomonas

nutzen: kurzkettige org. Säuren, Alkohole, Aceton produzieren: Essigsäure (Acetat), CO2, H2,

• Methanogene Bakterien hydrogenotrophe und acetotrophe

nutzen: Essigsäure, CO2, H2 produzieren: Methan

Stoffwechselwege - Überblick Polysaccharide, Fette, Proteine Hydrolyse: fakultativ (aerobe) Bakterien Glucose, Aminosäuren, Fettsäuren Fermentation:acidogene Bakterien CO2, H2

Propionat, Butyrat, Ethanol

Acetat

Fermentation: acetogene Bakterien methanogene Bakterien CH4 + CO2

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Acetogene Bakterien Acetat, Formiat, Lactat, Butyrat,.. Alkohole, Ketone, CO2, H2

Ethanol CH3CH2OH + H2O

Essigsäure (Acetat) CH3COOH + H2

Propionsäure CH3CH2COOH + H2O

Essigsäure (Acetat) CH3COOH + CO2 + 3H2

Buttersäure CH3CH2CH2COOH + H2O

Essigsäure (Acetat) 2 CH3COOH + 2H2

Methanogene Bakterien hydrogenotrophe (wasserstoffnutzende chemolitotrophe) und acetotrophe (acetoclastische chemolitotrophe) 1.

Reduktion von C1 Komponenten mittels molekularem Wasserstoff oder Alkoholen als Elektronenakzeptor CO2 + 4 H2

CH4 + 2 H2O

ΔGo‘ = -131 kJ/mol CH4

2.

Disproportionierung (interne Redoxreaktion) in der C1 Komponenten als Elektronendonoren und Akzeptoren fungieren

3.

CO + H2O

CH4 + 3 CO2

ΔGo‘ = -448 kJ/mol CH4

CH3OH

3 CH4 + CO2 + 2 H2O

ΔGo‘ = -319 kJ/mol CH4

4. Disproportion von Acetat CH3OO- + H+ CH4 + CO2

ΔGo‘ = - 36 kJ/mol CH4

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Zwischen acetogenen und den wasserstoffnutzenden methanogenen Bakterien existiert eine obligat synthrophe Beziehung • Der H+ Partialdruck muss auf einem extrem geringen Niveau gehalten werden um die thermodynamiscchen Bedingungen für eine Konversion flüchtiger Säuren und Alkohole zu Acetat zu gewährleisten

• Unter Standardbedingungen = 1 atm H+, ist die freie Energie ΔGo‘der Konversion positiv • Nur bei ≤ 10-4 atm ist ΔGo‘ negativ, was die Reaktion ermöglicht

Die Methode der mikrobiellen Reinigung ist sehr unterschiedlich

Boden: In situ On site Mieten Rührfermentern Trommerfermentern

Abwasser: Kläranlagen mit aerober und z.T. auch anaerober Klärstufe Dreikammersystem Pflanzenkläranlagen Abwasserteiche Spezialanlagen wie: Rührfermentern, Trommerfermentern

Es sind vor allem mikrobelle Gemeinschaften am Werk, nicht Reinkulturen

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