124 PLATZ 4:

ANALYSE VON SERUMBESTANDTEILEN I

Dieser und der nachfolgende Platz 5 vermitteln einen Einblick in die klinisch überaus wichtige Analyse von Serumbestandteilen. Die hierzu angewandten Methoden werden für mannigfache weitere analytische Zwecke eingesetzt. Theoretische Grundlagen: Photometrie (S. 31) Elektrophorese (S. 26) pH-Messung und Titration (S. 20) Aminosäuren und Proteine (S. 10) Eisenstoffwechsel (S. 56) Bezug zu anderen Plätzen: Ladungsverteilung auf Aminosäuren und Proteinen, Exp. 2.2 und 2.4 Verdauung von Eieralbumin durch Pepsin, Exp. 3.1

EXPERIMENT 4.1: Proteinbestimmung nach der Biuret-Methode Prinzip: Die violetten Komplexe, die aus Protein und Cu2+-Ionen in alkalischer Lösung entstehen (S. 12), dienen zur photometrischen Konzentrationsbestimmung. Die Konzentration wird graphisch aus einer Eichkurve ermittelt. Ausführung: Zur Aufnahme der Eichkurve stehen 4 Serumalbumin-Standardlösungen zur Verfügung. Die Proteinkonzentration wird in zehnfach verdünntem Serum gemessen. Messlösungen gemäss folgendem Schema in 6 RG ansetzen (Volumen in ml):

(1)

Standardlösungen (2) (3)

(4)

SerumProbe

Blindwert

2.5 mg/ml

5 mg/ml

7.5 mg/ml

10 mg/ml

Proteinlösung

1

1

1

1

0.1

-

Wasser

-

-

-

-

0.9

l

Biuret-Reagens

4

4

4

4

4

4

E546 nm

........

........

........

........

........

0.0

125 Ansätze mischen und 5 min stehen lassen. Extinktion bei 546 nm im Photometer gegen Blindwert ablesen. Extinktion der Standardansätze als Funktion der Proteinkonzentration auf Millimeterpapier auftragen. Proteinkonzentration der untersuchten Probe ermitteln. Proteinkonzentration in unverdünntem Serum in mg/100 ml berechnen. Den Extinktionskoeffizienten k (mg/ml)-1cm-1) des Serumalbumin-Kupferkomplexes bei 546 nm berechnen. Den millimolaren Extinktionskoeffizienten (mM-1cm-1) bei 546 nm berechnen (Molekularmasse von Serumalbumin 69'000). S

Weshalb ist die Proteinkonzentration im Serum und Plasma leicht unterschiedlich?

EXPERIMENT 4.2:

Elektrophorese von Serumproteinen in Agarose-Gel

Prinzip: Serumproteine werden bei pH 8.6 elektrophoretisch aufgetrennt in Fraktionen, in denen sich Proteine mit ähnlicher Ladung und Grösse angesammelt haben (Albumin, "1- und "2-, $1- und $2-, und (Globuline). Als Trägermaterial wird ein Agarose-Gel auf einer Plastikfolie verwendet. Material und Lösungen: -

Normales Humanserum; Serum mit Paraproteinämie Gebrauchsfertiger Agarose-Gel auf Plastikträger (Hydrogel Elektrophorese, Firma Sebia: Agarose 8 g /Liter Elektrophoresepuffer mit Natriumazid 1.0 g /Liter) Elektrophoresepuffer (Tris-Barbital-Puffer, 59 mM, pH 8.6) Fixierlösung (60 % Ethanol, 10 % Essigsäure, 30 % Wasser) Färbelösung (Amidoschwarz, 4 % in 10 % Essigsäure) Entfärbelösung (Zitronensäure 5 g/l)

Ausführung (unter Anleitung der Assistierenden): 1. Das Agarose-Gel aus der Verpackung nehmen (1 Gel pro 3-er Gruppe) und zur weiteren Bearbeitung auf die Rückseite des geschlossenen Verpackungsbehälters legen. 2. Überschüssige Flüssigkeit vom Gel entfernen durch kurzes auflegen eines Filterpapierstreifens auf die Geloberfläche (Filterpapierstreifen vorsichtig entfernen; Gel darf nicht reissen!). 3. Zum Auftragen der Probe eine lila Schablone so auf die Geloberfläche legen, dass die Schlitze der Schablone beim kleinen Pfeil (falls vorhanden) bzw. 2.5 cm oberhalb des unteren Randes liegen. Darauf achten, dass keine Luftblasen unter der Schablone eingeschlossen sind. 4. Je 5 µl der beiden Serumproben mit einer Pipette gleichmässig über einen Schlitz der Schablone auftragen. Es bildet sich jeweils ein kleiner Tropfen, der 5 Minuten belassen wird, damit die Probe ins Gel diffundieren kann. 5. Den Rest der Proben mit Filterpapier entfernen, dann die Schablone vorsichtig wegnehmen.

126 6. Den Einsatz der Elektrophoresekammer (= Elektrophoresebrücke) herausnehmen. Das Gel mit der Gelseite nach unten und den Proben auf der Kathodenseite (-) zwischen die innersten Noppenhalterungen der Brücke einspannen. Anschliessend die Brücke vorsichtig in die Elektrophoresekammer einlegen. Das Gel soll auf jeder Seite etwa 1 cm in den Puffer eintauchen. 7. Deckel schliessen und das Kabel vom Gleichspannungsgerät an die seitliche Steckbuchse der Elektrophoresekammer anschliessen (Stecker kann nur bei geschlossenem Deckel eingesteckt werden!). 8. Strom am Gleichspannungsgerät einschalten. Trennzeit: 30 Minuten bei konstanter Spannung von 70 V. 9. Strom ausschalten und Stecker ausziehen (Deckel lässt sich sonst nicht öffnen). Brücke aus der Elektrophoresekammer heben, das Gel an einem Ende mit der Flachpinzette vorsichtig fassen und aus der Brücke herausnehmen. Das Gel für 15 Minuten ins Fixierbad legen. 10. Das Gel auf eine Glasplatte legen und im Wärmeschrank bei 80° trocknen (benötigt ca. 20 Minuten). Wichtig: das Gel muss vollständig trocken sein. Färben und Entfärben: Das getrocknete Gel 5 Minuten in die Schale mit der Färbelösung (Amidoschwarz) legen. Anschliessend das Gel je 5 Minuten ins 1. und 2. Entfärbebad legen; Schalen gelegentlich hin und her bewegen. Der Gelhintergrund soll farblos und klar werden. Überschüssige Flüssigkeit mit Filterpapier abtupfen und das Gel 10 Minuten im Wärmeschrank bei 80° trocknen.

S

Welche Ladung tragen die Serumproteine bei pH 8.6 und welche anderen Faktoren beeinflussen die Wanderungsgeschwindigkeit?

S

Wie könnten die relativen Mengen der einzelnen Proteinklassen aus dem Elektropherogramm bestimmt werden?

127 Krankheitsdiagnose mit Hilfe von Densitogrammen elektrophoretisch aufgetrennter Humanseren 1)

"1 "2 $ Normal

9/99

(

99 8 88 88 Nephrotisches Syndrom

8 88

Lebercirrhose

99 Antikörper-Mangel-Syndrom

Paraproteinämien

8/88 Akute Entzündung, Tumor

1

)

8/88 Chronische Entzündung

Die Elektrophorese auf Celluloseacetat trennt die Serumproteine in Serumalbumin, "1- und "2-, $und (-Globuline (Abbildung). In Agarose-Gel wird die $-Fraktion in $1- und $2-Globuline aufgetrennt (Exp. 4.2)!

128 EXPERIMENT 4.3:

Bestimmung der Eisenkonzentration und der Eisenbindungskapazität im Serum

Die Bestimmung des Eisens, Transferrins (= totale Eisenbindungskapazität) und der Transferrinsättigung im Serum werden hauptsächlich zur Feststellung einer Eisenüberladung (Hämochromatose) und bei Eisenverwertungsstörungen (z.B. bei chronischen Entzündungen) durchgeführt. Als Hämochromatose wird eine angeborene Krankheit bezeichnet, welche sich durch eine während des ganzen Lebens anhaltende langsame Eisenanhäufung auszeichnet. Eisenmangel und die Folgeerscheinung einer Eisenmangelanämie korrelieren direkt mit dem im Serum vorhandenen Ferritin, welches die im Organismus verfügbare Menge an gespeichertem Eisen widerspiegelt. Ein tiefes Serumferritin ist beweisend für einen Eisenmangel. Prinzip: Das im Blut an Transferrin gebundene Eisen wird mit dem Detergens SDS abgespalten, mit Natriumdithionit (Na2S204, siehe Exp. 2.4) zu Fe2+ reduziert und mit dem Komplexbildner Bathophenanthrolindisulfonat in ein rot gefärbtes (1:3)-Chelat übergeführt. Die Farbintensität ist direkt proportional der Eisenkonzentration und wird photometrisch gemessen. Transferrin im Blut ist normalerweise etwa zu einem Drittel seiner Kapazität mit Fe3+-Ionen beladen. Der nicht mit Eisenionen abgesättigte Anteil des Transferrins entspricht der latenten EisenbindungsKapazität (EBKlatent). Serumeisen + EBKlatent = EBKtotal Zur Absättigung des Transferrins wird dem Serum oder Plasma ein Überschuss an Eisen zugesetzt. Das nicht gebundene Eisen wird mit Magnesiumhydroxycarbonat gefällt und im Überstand das transferringebundene Eisen (EBKtotal) bestimmt. Material/Reagenzien: Reagens (SDS 3.3 %, pH 5.8; Natriumdithionit) Farbreagens (Bathophenanthrolindisulfonat) Sättigungslösung (FeCl3) Magnesiumcarbonat Ausführung/Messung: Die Eisenbestimmung einer Serumprobe wird vor (Ansatz A) und nach Sättigung (Ansatz B) des Transferrins mit Eisenchlorid durchgeführt. Zur Sättigung des Transferrins in ein Zentrifugenröhrchen pipettieren: Serum Sättigungslösung (FeCl3)

0.5 ml 1.0 ml

Gut mischen. Nach 5 min einen Messlöffel (ca. 0.1 g) Magnesiumhydroxycarbonat zugeben, 30 min stehen lassen und den Niederschlag alle 5 - 10 min aufwirbeln; dann 10 min zentrifugieren und den Überstand zur Eisenbestimmung sorgfältig in ein frisches Zentrifugenröhrchen abgiessen und für Ansatz B verwenden.

129 In drei Küvetten mit 1 cm Schichtdicke pipettieren:

Blindwert Wasser Serum Überstand SDS 3.3 %, Natriumdithionit (Reagens)

A

B

400 µl 1 ml

400 µl 1 ml

400 µl 1 ml

40 µl

40 µl

40 µl

Gut mischen; zugeben von Farbreagens

Gut mischen und mit Blindwert im Photometer Extinktion bei 546 nm auf Null einstellen. Extinktionen in A und B messen. E546 nm: Serumeisen: ..........

.......... EBKtot: ..........

..........

Transferrinsätt. in %: ...........

Auswertung: A: Die Eisenkonzentration im Serum berechnet sich C[µg/dl] = E546 nm x 935 B: Eisenkonzentration nach Sättigung des Transferrins C[µg/dl] = E546 nm x 935 x 3 (woher stammt der Faktor 3?) Die Serumeisenkonzentration, die totale Eisenbindungskapazität und die Transferrinsättigung berechnen, in der Tabelle festhalten und die Werte beurteilen (Theorie S. 57).

S Zu welcher Folgeerscheinung kann ein Eisenmangel im Organismus führen? (Eisenmangel ist die weltweit häufigste Ernährungsstörung. Die Weltgesundheit-Organisation WHO gibt an, dass über 30 % der Weltbevölkerung an einer Eisenmangelstörung leiden http://www.who.int/nut/ida) S Bei Mangel an welchen anderen Nahrungsbestandteilen kann es zu einer ähnlichen Störung kommen wie bei Eisenmangel? S Welche Funktionen erfüllen Transferrin, Ferritin und Coeruloplasmin? S In welcher Form (Oxidationszahl) ist an Transferrin gebundenes Eisen verfügbar? Was muss also bei der Hämsynthese, d.h. beim Einbau von Eisen in den Protoporphyrinring geschehen?