27.01.2014
Aktuelle Trends aus der Holzforschung
Bo Kasal, Institutsleiter Fraunhofer WKI, Braunschweig
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Wo steht heute Holzforschung in Deutschland, Europa und der Welt? Nach positiver Entwicklung der Holzforschung repräsentieren die letzten Jahre eine Stagnation in der akademischen Forschung und Ausbildung mehrere Fakultäten für Holzwissenschaften sind geschlossen oder umgewandelt in DE gibt es nur noch in Hamburg und Göttingen Holzforschungsprogramme mehrere Professuren sind unbesetzt mehrere Programme in den USA sind geschlossen oder umgewandelt Warum? geringere Anzahl von Bewerbern (Studierenden) Gehälter in der Holz- und Holzwerkstoffindustrie sind zu niedrig Das Fach hat ein »Imageproblem« © Fraunhofer WKI
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Spezialisierte Ausbildung mit MS Land/Region
Univ ers itäten
Deutschland
5
Freiburg, Hamburg, Gött, TU Dresden, TUM,
Nordische Länder/Skandinavien
13
DTU, UEF, CBU, LTU, SLU, LNU, LUT, UEF, NTNU, WUR, KU, TTU, UGLA,
Neue EU Länder
4
TU Zvolen , Uni Sopron, Uni Brasov, CZU,
USA
7
OSU, VP&SU, WSU, MSU, LSU, U Miness.
Japan
11
IWATE-, Kyoto-, Nagoya-, Nagaoka-, Nihon-, Shimane-, Shinshu-, Hokkaido-, Tokyo-, Miyazaki-, KyushuUniversity
Russland
5
St. Petersburg, Uni Moskau, FTU, NARFU, MGUL,
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Die Produktion der Holzwerkstoffe weltweit stagniert nicht Bevölkerungswachstum und eine positive Entwicklung der Lebensstandards stellen neue Herausforderungen an den Wohnbau und daher auch an alle Holzprodukte (Boden, Möbel, Türen....) Es ist klar, dass die Menschheit ohne nachhaltige Ansätze nicht überleben kann
http://www.dw-world.de/dw/article/0,,5988100,00.html © Fraunhofer WKI
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Die Produktion der Holzwerkstoffe weltweit stagniert nicht 120
Capacity in m m³
100
80
60 Particle Board Plywood
40
MDF Hardboard Insulating Board
20
0 2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
Year Quelle: European Panel Foundation2012 Annual Report. Brussels 2012.
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Die Produktion der Holzwerkstoffe weltweit stagniert nicht
Quelle: European Panel Foundation2012 Annual Report. Brussels 2012.
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Deutschland ist relativ gut positioniert, aber...... 16
Capacity in m m³
14 12 10 8
Germany
France
United K...
Austria
Italy
Spain
Romania
Belgium
Finland
Czech Re...
6 4 2 0 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013
Year Quelle: European Panel Foundation2012 Annual Report. Brussels 2012.
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.... wir haben Wechsel
16 Russia
Turkey
Belarus
Capacity in m m³
14 12
DE
10 8 6 4 2 0 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013
Year Quelle: European Panel Foundation2012 Annual Report. Brussels 2012.
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Vergleich der Holzwerkstoffkapazitäten zwischen Russland + Türkei, Osteuropa und Westeuropa von 1990 bis 2011 50 Russia + Turkey
45
Capacity in m m³
40
West Europe East Europe
35 30 25 20 15 10 5 0 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013
Year Quelle: European Panel Foundation2012 Annual Report. Brussels 2012.
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MDF-Kapazität ausgewählter europäischer Länder von 2003 bis 2012 4,0 MDF Germany
3,5
France
Capacity in m m³
United Kingdom
3,0
Austria Italy
Spain
2,5
Belgium Portugal
2,0 1,5
1,0 0,5 0,0 2002
2004
2006
2008
2010
2012
Year Quelle: European Panel Foundation2012 Annual Report. Brussels 2012.
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China wächst schnell
50,0
China
Capacity in Mio. m³
MDF
Particle Board
40,0
Plywood
30,0
20,0
10,0
0,0 2002
2004
2006
2008
2010
2012
Year Quelle: European Panel Foundation2012 Annual Report. Brussels 2012.
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Es wird noch relativ viel Holz verbrannt
Quelle: 2012 Global Forest Products Facts and Figures.United Nations FAO.
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Naturfasern bieten weitere Gelegenheiten
Holzwerkstoffe etwa 160 Mio m3 (etwa 130 Mio T)
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.... Zum Vergleich: Holzpellets DE (in 1.000 Tonnen)
Quelle: European Panel Foundation2012 Annual Report. Brussels 2012.
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Fasereigenschaften Param eter/ Eigens chaften
Flachs
Jute
Hanf
S is al
Nadelholz
Laubholz
E-Glas
Length/ Faserlänge 9-70 (mm)
0,5-6
5-55
60-120
3-6
1-2
N/A
Diameter/ (µm) Faserdurchmesser
5-38
18-25
10-50
17-50
30-45
20-40
5-25
Density/ Dichte (g/cm³)
1,4
1,46
1,5
1,33
1,4
1,4
2,55
Tensile strength/ Zugfestigkeit (GPa)
0,3 - 2
0,3-0,7
0,31-1,1
0,4-0,8
0,38-0,93
0,6-1,0
2,4-3,5
E-modul/ (GPa) Elastizitätsmodul
85
8-78
25-69
3-98
16-26
25-35
73
Müssig, J. (Editor) 2010. Industrial applications of natural fibers. Structure, properties and technical applications. Wiley,538 p.
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Gibt es genug Holz? Fas erquelle
Welt (trockene t)
Holz
1 750 000 000
Gras (Getreide, Flachs, Reis..)
1 145 000 000
Schliff
75 000 000
Bambus
30 000 000
Jute, Kenaf, Hanf
2 900 000
Gesamtpflanzenfasern ohne Holz = 2 283 080 000
Quelle: Pickering, K.L. (Editor). 2008. Properties and performance of natural-fiber composites. CRC Press, Boca Raton, Fl.
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Gibt es genug Holz? 6 Billion Ha (vor 8000 Jahren) »Year 0«
80%
10 000 BC
45%
3, 6 Billion Ha (1999) 2012
34%
SUMMARY RE. PORT OF THE WORLD COMMISSION ON FORESTS AND SUSTAINABLE DEVELOPMENT. 1999. Winnipeg, Manitoba, Canada ISBN 0-9685191-0-5 http://www.fao.org/docrep/016/i3010e/i3010e.pdf (State of the World’s Forests 2012) © Fraunhofer WKI
Forschungstrends Materialforschung und -entwicklung Holzfaserwerkstoffe Lamellierte Werkstoffe Werkstoffe aus recyceltem Holz Adhäsion Formaldehyd VOC Oberflächenvorbereitung / Modifikation Neue Technologien Holzfaser-hybride Werkstoffe Brandschutz von Naturfaserdämmstoffen
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Forschungstrends Produktebene Holz und Holzwerkstoffe im Bauwesen Holzfaser-Kunststoff Schwerbrennbare Naturfaserdämmstoffe Holz in Transportmitteln (Schutzplanken, laminiertes Holz, KurzfaserKunststoff)
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Hybridisierung – eine Gelegenheit für neue Werkstoffe? Materialebene
Konstruktionsebene
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Was ist der Unterschied zwischen hybriden Materialien und hybriden (Bau-)Systemen? Eine Kombination mehrerer Technologien Eine Kombination mehrerer Materialien Was ist dann der Unterschied zwischen hybriden Werkstoffen (composites) und hybriden Systemen?
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Verbundmaterial versus kompositer Querschnitt (hybrides System, Materialebene) Für ein Verbundmaterial können diejenigen Eigenschaften kalkuliert und erwartet werden, die bereits bei den Komponenten bekannt sind In einem hybriden System funktioniert dies nicht; es müssen andere Vermutungen angestellt werden (beispielsweise die durchschnittliche Veränderung) In beiden Fällen wird angenommen, dass die Materialien hookesch sind, doch andere Vermutungen müssen ebenfalls erfasst werden, z.B. die Kompatibilität
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Holz-Hochfestkompositen Ep H
GF
Wood
GF
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Hybride Systeme
Holz-Stahl-Holz
Topologie
UHFB-Stahl-Holz
Modularität
SB-Stahl-Holz-Glass ....
Knotenpunkte/Anschlüsse
Bautechnik
Licht
Klima.....
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Hybride Systeme
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Warum „Hybridisierung“? primäre Vorteile:
ökonomische Gründe
Nachhaltigkeit, Umweltbelastung ....
Funktionalität und Funktion
Energiebedarf
.....
sekundäre Vorteile:
Masse (Gewicht)
Transport
lokale Rohstoffe
.....
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Sind Hybridisierung und Leichtbau im Bauwesen praktikabel?
Quelle. Klein B. 2011. Leichtbau-Konstruktion, DOI 10.1007/978-3-8348-8321-6_3 Vieweg+Teubner Verlag Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.
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Leichtbau-Realisierung: Kosten - 30 % konstruktive Bearbeitung (Konzipieren, Entwerfen, Ausarbeiten), - 40 % Auslegung (Dimensionierung, Optimierung), - 20 % experimentelle Absicherung (Prototyp, Test), - 10 % Überarbeitung (Konzept, Entwurf).
Dies bedeutet, dass etwa 80 % der Arbeit in theoretische Disziplinen fließen. Experimente sowie Prototypentwicklung machen lediglich 20 % des Aufwands aus.
Quelle. Klein B. 2011. Leichtbau-Konstruktion, DOI 10.1007/978-3-8348-8321-6_3 Vieweg+Teubner Verlag Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.
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Welche wissenschaftlichen Fragen entstehen? Grenzflächen zwischen unterschiedlichen Materialien Aggressive Umgebung Räumliche Verteilung der
Steifigkeiten
Massen
des Brandverhaltens
Dauerhaftigkeit ...
und Optimierung
Differenzialdehnungen (Temperatur, Feuchte...) Zeitabhängige Eigenschaften Sicherheit, Zuverlässigkeit der hybriden Systeme ...........
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Hybride Bauteile
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Beispiel Schutzplanken S treckenlänge [km ]
Deuts chland
EU 25
US A
12.700 631.780
62.778 4.312.006
75.376 6.249.624
Jährlich zu ers etzende S tahlm enge [1.000 t]
316
1.912
2.032
Jährliche CO2 -Menge [1.000 t]
578
3.499
3.718
Autobahnen s ons tige S traßen
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Brandschutz Verbindung Leichtbau mit Brandschutz Hochleistungsbrandschutzbeschichtung für den Holzbau zur Substitution der Kapselung mit Feuerschutzplatten (mehrgeschossiger Holzbau) Unterdrücken von Glimmerscheinungen bei porösen lignocellulosehaltigen Werkstoffen Brandschutz von Hochleistungsverbundwerkstoffen durch reaktive Systeme in der Matrix als auch im Laminat Verstärkte Berücksichtigung der Brandnebenprodukte (Rauchgasanalyse und toxikologische Wirkung)
Quelle: Deutsche Feuerwehrzeitung, www.bs-dfz.de © Fraunhofer WKI
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Material- und Prozessoptimierung zur Herstellung und Verarbeitung von (hybriden) Verbundmaterialien mit maximalem Bioanteil Herausforderungen in der Werkstoffentwicklung: Erhöhung des biobasierten Anteils der Matrixpolymere in Verbundmaterialien Erhöhung des Anteils von Naturfasern und/oder biobasierter Halbzeugen in Faserverbundmaterialien Nutzung des bestehenden Know-Hows zur Herstellung neuartiger hybrider Verbundmaterialien Herausforderungen in der Bauteilherstellung: Adaption und Weiterentwicklung bestehender Verfahren und Techniken zur Herstellung und Verarbeitung nachhaltiger Verbundmaterialien mit max. Bioanteil
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Einsatz von hybriden Verbundmaterialien mit maximalem Bioanteil unter Betrachtung ökonomischer und ökologischer Aspekte Verbundbauteile der Zukunft können unter Betrachtung der ökologischen und ökonomischen Anforderungen zu wesentlichen Anteilen aus biobasierten Materialien bestehen Die Vorteile gegenüber herkömmlichen Verbundmaterialien bestehen sowohl in der Herstellung, in der Gebrauchsphase wie auch in der Verwertung am Ende ihres Lebenszyklus Eine CO2-Neutrale thermische Verwertung ist, im Gegensatz zu herkömmlichen Verbundmaterialien, gegeben Die Adaption bestehender prozessoptimierter Verfahren zur Herstellung und Verarbeitung führt zu nachhaltigen und ökonomisch konkurrenzfähigen Biohybridwerkstoffen
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Aufbereitung von Altholz für Spanplatten Die mechanischen Eigenschaften von Holzwerkstoffen werden auch durch die Partikelabmessungen beeinflusst.
Werden die Späne aus hydrothermal vorbehandelten Hackschnitzeln hergestellt, ergeben sich günstigere Partikelabmessungen. Die mechanischen Eigenschaften von Spanplatten aus diesen Partikeln sind höher.
1,00 Querzugfestigkeit in N/mm²
Bei der klassischen Altholzaufbereitung entstehen ungünstige Partikelabmessungen und hohe Staubanteile.
0,90
Plattentyp: einschichtige Spanplatten Klebstoff: 8 % K 350
0,80
ohne Vorbe handlung
0,70
mit V orbeha ndlung
0,60 0,50 0,40 0,30 0,20 0,10 0,00 mit Fra ktion x < 1,25 mm
ohne Frak tion x < 1,25 m m
Querzugfestigkeit von Spanplatten aus Spänen mit und ohne hydrothermale Hackschnitzelvorbehandlung
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Holzlamellierung Beispiel:
Furnierwerkstoffe für hochwertige Anwendungen
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Holzlamellierung Durch Fügen großflächiger Holzelemente (Strands, Furniere, Bretter) lassen sich Holzwerkstoffe sehr hoher Festigkeit herstellen. Durch eine gezielte Kombination der Rohstoffe und der Lamellengeometrie ist eine hohe Rohstoffeffizienz erzielbar. Neben der Nutzung wenig dauerbeständiger Holzrohstoffe (Buche) für das Bauwesen, sind auch mehrlagige Holzwerkstoffe mit hohen mechanischen Eigenschaften herstellbar, die Lagen aus geringwertigen Partikeln enthalten. Biegefestigkeit in Abhängigkeit von der Decklagenvariante. Ohne Decklage (Standard), Decklage Strands und Decklage Furnier
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Formaldehyd Reduktion der Formaldehydabgabe von Holzwerkstoffen und -produkten Ersatz von Formaldehyd in den Bindemittelsystemen für Holzwerkstoffe Entwicklung einer Referenzquelle für die Bestimmung der Formaldehydemission in Prüfkammern Überprüfung eines mathematischen Models zur Berechnung von Formaldehydkonzentrationen in der Raumluft
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Klebstoffforschung Synthese und Erprobung von Klebstoffformulierungen auf Basis nachwachsender Rohstoffe Untersuchungen zur Eignung von Klebstoffkombinationen aus Aminoplastharzen mit Isocyanaten zur Holzwerkstoffherstellung Entwicklung von Verfahren und Modifizierung von Klebstoffen zur Senkung der nachträglichen Formaldehydemission aus Holzwerkstoffen Schnellhärtende Klebstoffsysteme für den Einsatz im Holztafelbau Prüfungen von Holzklebstoffen für tragende und nichttragende Anwendungen
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Adhäsionsmechanismen AFM Topografie der Oberfläche S 3-S chicht einer Fichtentracheide mit sichtbar faserartiger Struktur. (2x2 µm; noncontact mode).
Links : Amplitudenbild, Rechts : Phasenbild. Bei Bereichen dunkler Färbung im Phasenbild ist vermutlich der Verbund der S3-Schicht zum Untergrundmaterial der Zellwand gelockert.
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Adhäsionsmechanismen Mapping spezifischer Wechselwirkungen zwischen funktionellen Gruppen der Messspitze und der Oberfläche
Adhäs ions kraft
repulsiv
0 adhäsiv
Kraft (nN)
S pitze
Funktionelle Gruppe (z.B.: -OH, -CH3)
Abs tand S pitze-Oberfläche (nm )
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Chemische Grenzflächeneigenschaften Mapping spezifischer Wechselwirkungen zwischen funktionellen Gruppen der Messspitze und der Oberfläche Auch unter Wirkung der Flüssigkeiten und Gase Topographie 10x10 µm Adhäsion zu hydrophiler Spitze
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