Agro-Gentechnik - Wessen Schaden, wessen Nutzen? Heike Moldenhauer

Agro-Gentechnik Wessen Schaden, wessen Nutzen? Heike Moldenhauer Friends of the Earth Was ist Gentechnik? / Gentransfer - Risiken der Methode • Is...
Author: Eva Kurzmann
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Agro-Gentechnik Wessen Schaden, wessen Nutzen?

Heike Moldenhauer

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Was ist Gentechnik? / Gentransfer - Risiken der Methode • Isolierung von Erbmaterial • Übertragung neuen Erbmaterials in andere Organismen über Artgrenzen hinweg • Neukombination von Erbmaterial • Züchtung nutzt die Bandbreite der genetischen Möglichkeiten einer Art • Schrotschussverfahren bzw. Transformation mit Hilfe eines Bakteriums • Einbau von Erbmaterial in Empfängerorganismus erfolgt nach Zufallsprinzip • Auftreten unerwarteter Effekte (HR-Soja mit brüchigen Stielen, Bt-Mais mit höherem Holzfasergehalt) • Komplexe Wechselwirkungen der Gene vielfach unverstanden Friends of the Earth

Genveränderte Pflanzen – Risiko für den Menschen? Fütterungsstudien nur an Tieren, durchgeführt von Herstellern Keine verbindlichen Regeln für Tests In der Regel 30-tägige Fütterungstests an Ratten und Mäusen In der Regel nur isolierte Proteine im Test, nicht die gesamte Pflanze EU-Zulassungen trotz massiver Sicherheitsbedenken (z. B. Mon 863, Amflora) Hinter keiner EU-Zulassung steht eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten Begleitforschung, wie sich Verzehr genveränderter Pflanzen auf menschliche Gesundheit auswirkt, existiert nirgends auf der Welt EU-Kommission (Gutachten WTO-Streitfall 2005) zu gesundheitlichen Auswirkungen genveränderter Lebensmittel: Aussagen über Gesundheitseffekte können nicht getroffen werden, außer: keine akute Toxizität, denn es sind keine Daten erhoben worden

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Gentechnisch veränderte Pflanzen in der Umwelt Generell gilt: GVO (gentechnisch veränderte Organismen) sind nicht rückholbar Anders als Chemikalien können sich GVO • vermehren • verändern • genetisch austauschen • (aktiv) ausbreiten • und in Wechselwirkungen mit anderen Organismen treten Auch persistente Chemikalien werden mit der Zeit weniger, für GVO gilt dies nicht unbedingt

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Wo werden gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut?

Anbau 2007: 114, 3 Millionen Hektar – ca. 7,6 % der Weltackerfläche (Quelle: ISAAA 2008)

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Gentechnisch veränderte Pflanzen in der EU Zulassung zum kommerziellen Anbau: Gentech-Mais Mon 810 (Monsanto) Deutschland: 2006: rund 950 Hektar 2007 rund 2700 Hektar (1, 8 Mio Hektar Maisanbau) = 0, 15 Prozent 2008 rund 4400 Hektar gemeldet = 0, 20 Prozent Spanien: 2007 – 75 000 Hektar; Prognose 2008: großflächig Frankreich: 2007 – 21 000 Hektar; 2008: 0 Tschechien: 5000, Portugal: 4200, Slowakei: 900, Rumänien: 350, Polen: 320 Hektar im Jahr 2007 Gesamt: 100 000 Hektar = 2 Prozent der EU-Maisanbaufläche

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Welche Pflanzen, welche Eigenschaften? Pflanzen: • Soja: 51 Prozent / 58, 6 Mio Hektar (USA, Brasilien, Argentinien) •

Mais: 31 Prozent / 35, 2 Mio Hektar (USA, Kanada, Argentinien)



Baumwolle: 13 Prozent / 15 Mio Hektar (USA, Indien, China)



Raps: 5 Prozent / 5, 5 Mio Hektar (Kanada, USA, Chile)

Eigenschaften: • Herbizidresistenz HR: ca. 63% = 72, 2 Mio Hektar •

Insektenresistenz Bt: ca. 18 % = 20, 3 Mio Hektar



Kombination aus beiden: ca. 19 % = 21, 8 Mio Hektar

Vier Pflanzen, zwei Eigenschaften

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Warum bauen Landwirte Gentech-Pflanzen an? Gentech-Pflanzen sind für industrialisierte Landwirtschaft gemacht Convenience-Effekt Konventioneller Mais-Anbau: Maiszünslerbekämpfung durch Vermeidung von Monokulturen und Stoppel- und Bodenbearbeitung Gentech-Mais: ‚eingebautes‘ Insektizid Konventioneller Soja-Anbau: sechs Arbeitsgänge, ca. 5 Spritzungen Gentech-Soja: pfluglose Bodenbearbeitung mit zwei bis drei Arbeitsgängen, zu Anfang nur eine Spritzung zu flexiblem Zeitpunkt Beachtung von Spritzkalender spielt kaum noch eine Rolle Effizienz: Senkung der Produktionskosten durch Einsparung von Arbeitskräften, Treibstoff und Maschinen Sicherung des Ertrags über Größe der bewirtschafteten Fläche Aufpreis Gentech-Saatgut: rund 25 Prozent

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Umweltwirkungen von insektenresistentem Mais Bt-Toxin = Giftstoff aus Bacillus thuringiensis Bildung des Bt-Toxins in jedem Pflanzenteil während gesamter Vegetationsperiode in unterschiedlicher Konzentration Vergleich zwischen einmaligem Einsatz des Bt-Präparats „Dipel“ und Mon 810: Dosis des Bt-Toxins pro Hektar ist 1500 bis 2000-fach höher Gefährdung von Schmetterlingen (z.B. Schwalbenschwanz, Tagpfauenauge) durch Bt-Pollen und Bt-Pflanzenmaterial Eintrag von Bt-Toxin in den Boden über Wurzeln und Pflanzenmaterial, Anreicherung von Bt-Toxin im Boden? EU-Kommission (Gutachten WTO-Streitfall 2005) zu insektenresistenten Pflanzen: rechtmäßige Position, Anbau von Bt-Pflanzen solange zu untersagen, bis Informationen über alle potentiellen Nichtzielorganismen im Boden vorliegen Verbot in Ö, UNG, GR, Polen, FR

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Umweltwirkungen von herbizidresistenten Pflanzen Negative Wirkung auf die Artenvielfalt (UK-Studie – Farm Scale Evaluations 2000 bis 2002) Freisetzungsexperiment mit LL-Raps, RR-Zuckerrübe Vergleichsgröße: konventioneller Anbau mit Agrochemikalien Reduktion der Wildpflanzen und davon lebender Insekten auf und neben Ackerflächen LL-Raps: 44 % weniger Blütenpflanzen, 39 % weniger Samen, 24% weniger Schmetterlinge an Feldrändern RR-Zuckerrübe: 34 % weniger Blütenpflanzen, 39 % weniger Samen Gefährdung anderer Tiere, z. B. Vögel (Feldlerche, Hühnervögel) EU-Kommission (Gutachten WTO-Streitfall 2005) zu herbizidresistenten Pflanzen: Es kann als gesichert gelten, dass die großflächige Anwendung von Totalherbiziden zum Zusammenbruch von Nahrungsnetzen führt RoundupReady (RR) = resistent gegen Roundup, LibertyLink (LL) = resistent gegen Liberty Friends of the Earth

Umweltwirkungen von herbizidresistentem Soja Resistenzen von Ackerunkräutern nach 3 Jahren USA: 13, Argentinien 14 Unkräuter resistent gegen Roundup / Glyphosat Signifikante Erhöhung des Herbizidverbrauchs: Argentinien: 58 Prozent mehr Glyphosat pro Hektar seit 1996 USA: 150 Prozent mehr Glyphosat pro Hektar seit 1996 Empfehlung: Erhöhung der Dosis, weitere Applikationen, Ausbringen weiterer Herbizide Ertrag: 3 bis 13 Prozent geringer als konv. Soja RR 2 Yield soll 7 bis 11 Prozent höhere Erträge bringen

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Welche Pflanzen sind zu erwarten? In nächster Zukunft: RR 2 Yield – Herbizidresistente Sojabohne von Monsanto (Zulassung in USA und Kanada zum Anbau, Antrag auf Import in EU läuft) Amflora – Stärkekartoffel der BASF Pflanzen mit „stacked traits“ (gestapelte Eigenschaften): Herbizidresistenz (Glyphosat, Glufosinat) Insektenresistenz gegen Maiszünsler und Maiswurzelbohrer Zwei Drittel aller Freisetzungsanträge in der EU betreffen Mais Zukunftsmusik: Trockentolerante Pflanzen Hochertragspflanzen Pharmapflanzen Pflanzen mit gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen Golden Rice: Marktreife angeblich 2011 Friends of the Earth

Wer beherrscht den Markt für gentechnisch verändertes Saatgut? • Monsanto: ca. 88 Prozent Marktanteil bei transgenem Saatgut und größtes Saatgutunternehmen der Welt • DuPont/Pioneer • Dow Agro-Science • Syngenta • Bayer CropScience • BASF Plant Science Seit 2007: Kooperation von Monsanto mit BASF und Bayer

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Agro-Gentechnik und Patentrecht Sortenschutz: Einzelne Sorte Patentschutz: • Aneignung einer Vielzahl von Pflanzenarten mit einem technischen Schritt (Patent EP546090 von Monsanto umfasst 18 Pflanzen mit Resistenz gegen Roundup) •

Umfang: Saatgut, Pflanze, deren Nachkommen und Ernteprodukte

Patentschutz soll auf konv. gezüchtete Pflanzen und Tieren ausgedehnt und auf Züchtungsverfahren angewendet werden (Präzedenzfall: Anmeldung Brokkolipatent beim EPA) Saatgutmarkt ist einer der Schlüsselmärkte der Zukunft (Umfang 2005: 25 Mrd US-Dollar, bis jetzt: vier Fünftel des Saatguts wird durch Nachbau gewonnen)

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