2.1.3 Interpretation von aussagenlogischen Formeln. 1) Intensionale Interpretation

2.1.3 Interpretation von aussagenlogischen Formeln 1) Intensionale Interpretation Definition 11: Eine intensionale Interpretation einer aussagenlogisc...
Author: Hilko Hochberg
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2.1.3 Interpretation von aussagenlogischen Formeln 1) Intensionale Interpretation Definition 11: Eine intensionale Interpretation einer aussagenlogischen Formel besteht aus der Zuordnung von Aussagen zu den Satzbuchstaben der Formel; dabei müssen gleichen Satzbuchstaben gleiche Aussagen zugeordnet werden. Bei einer intensionalen Interpretation handelt es sich um den umgekehrten Prozess des in 2.1.2 behandelten Abstraktionsschrittes, der von einer Aussage zu ihrer aussagenlogischen Form führt. Zu beachten ist, dass der Ausdruck „Interpretation“ in der Logik in dem speziellen technischen Sinn einer Zuordnung verwendet wird. Im Fall der intensionalen Interpretation werden den Satzbuchstaben Intensionen, d. h. Aussagensinne, zugeordnet.

2) Extensionale Interpretation Von besonderem Interesse sind in der Logik die Wahrheitswerte von Aussagen. Da es sich bei aussagenlogischen Formeln nicht um Aussagen handelt, müssen den in einer Formel auftauchenden Satzbuchstaben Wahrheitswerte zugeordnet werden, um etwas über den Wahrheitswert der Gesamtaussage unter dieser Zuordnung (Interpretation) aussagen zu können. Ordnet man beispielsweise den beiden Satzbuchstaben „p“ und „q“ in der aussagenlogischen Formel p ∧ q jeweils den Wahrheitswert w zu, so ergibt sich für die Formel ebenfalls der Wahrheitswert w. Definition 12: Eine extensionale Interpretation (oder Belegung) einer aussagenlogischen Formel besteht aus der Zuordnung von Wahrheitswerten zu den Satzbuchstaben der Formel; dabei müssen gleichen Satzbuchstaben gleiche Wahrheitswerte zugeordnet werden. Bei einer extensionalen Interpretation einer aussagenlogischen Formel handelt es sich um eine teilweise Umkehrung der Abstraktion, die von einer Aussage zur aussagenlogischen Form führt. Es wird nur eine Zuordnung von Wahrheitswerten zu den Satzbuchstaben vorgenommen, um die Eigenschaft der Wahrheitsdefinitheit wiederzugewinnen. 3) Wahrheitswertanalyse Definition 13: Die Ermittlung des Wahrheitswerts einer extensional interpretierten aussagenlogischen Formel heißt Wahrheitswertanalyse.

Betrachten wir die folgende aussagenlogische Formel: p ∧ (q ∨ r) Man kann zunächst eine willkürliche Wahrheitswertverteilung betrachten, etwa diejenige, bei der den Satzbuchstaben p und q der Wahrheitswert w, dem Satzbuchstaben r der Wahrheitswert f zugeordnet wird. Man erhält: p ∧ ( q ∨ r) w w f Nun kann man auch den Verknüpfungen, die individuelle Satzbuchstaben verbinden, Wahrheitswerte zuordnen. Es ergibt sich: p ∧ ( q ∨ r) w

w

f w

Schließlich fährt man mit diesen Zuordnungen so lange fort, bis auch dem Hauptzeichen der Formel ein Wahrheitswert zugeordnet werden kann und man damit den Wahrheitswert der Formel für die gewählte Belegung erhält. In unserem Beispiel sind wir mit einem weiteren Schritt bereits am Ziel:

p ∧ ( q ∨ r) w

w

f w

w Unter der Belegung w für die Satzbuchstaben p und q sowie der Belegung f für den Satzbuchstaben r ist die betrachtete aussagenlogische Formel also wahr. Da man sich gewöhnlich für den Wahrheitswert einer Formel unter beliebigen extensionalen Interpretationen interessiert, muss man nach dem bis hierhin vorgestellten Verfahren alle möglichen Kombinationen von Wahrheitswerten der involvierten Satzbuchstaben betrachten. Um eine übersichtliche Darstellung aller möglichen extensionalen Interpretationen zu erhalten, schreibt man die oben exemplarisch durchgeführte Analyse in eine Zeile und geht dann Zeile für Zeile alle möglichen Wahrheitswertkombinationen durch. 4. Vorlesung - 22.11.06 - 2

Für obiges Beispiel ergibt sich zunächst das folgende Schema:

p ∧ (q ∨ r) w

w

w

w

w

f

w

f

w

w

f

f

f

w

w

f

w

f

f

f

w

f

f

f

Jetzt wird die Wahrheitswertanalyse für die einzelnen extensionalen Interpretationen durchgeführt. Um die entscheidenden Ergebnisse, nämlich die Wahrheitswerte der Formel unter den einzelnen Belegungen, hervorzuheben, ist der Wahrheitswert unter dem Hauptzeichen der Formel, im Fall des gegebenen Beispiels der Konjunktion, fett gedruckt. p ∧ (q ∨ r) w w w w w w w w w f w w f w w w f

f

f f

f f w w w f f w w f f f

f w w

f f

f

f f

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Definition 14: Das Schema, in dem die Wahrheitswertanalyse einer Formel für alle Interpretationen dargestellt wird, heißt die Wahrheitstafel der Formel. Die unter dem Hauptzeichen der Formel stehende Spalte heißt Hauptspalte.

2.2

Metalogik

2.2.0 Vorbemerkungen Unterscheidung von Metasprache und Objektsprache: Mit der Metasprache wird über eine Objektsprache gesprochen. Beispiel: deutschsprachige Grammatik des Französischen Objektsprache: Französisch, Metasprache: Deutsch. Schema: 2. Metasprache 1. Objektsprache 0. Objekte : Bezugnahme mittels sprachlicher Ausdrücke Dieselbe Sprache, z. B. das Deutsche, können wir sowohl metasprachlich als auch objektsprachlich verwenden. Beispiel: (i) Tische haben Beine Ist ein objektsprachlicher Satz. Es wird über Tische geredet. Dagegen ist (ii) „Tische“ hat 6 Buchstaben ein metasprachlicher Satz. Er handelt nicht von Tischen, sondern von dem Ausdruck, mit dem wir auf Tische Bezug nehmen. In (i) wird der Ausdruck „Tische“ verwendet, während er in (ii) erwähnt wird. In den meisten Fällen verstehen wir uneindeutige Formulierungen problemlos: frau luxemburgs vorname war rosa 4. Vorlesung - 22.11.06 - 4

verstehen wir als frau luxemburgs vorname war „rosa“ Problematisches Beispiel: 3/8 hat eine 3 im Zähler 3/8 = 6/16 6/16 hat eine 3 im Zähler Übersehen wird hier der Unterschied zwischen Zahlen und Zahlzeichen. Richtig müsste es heißen: „3/8“ hat eine 3 im Zähler 3/8 = 6/16 „6/16“ hat eine 3 im Zähler Das ist aber kein korrekter logischer Schluss, denn während in der ersten Prämisse (Metasprache) von einem Zeichen für eine Zahl die Rede ist, ist in der zweiten Zeile (Objektsprache) von einer Zahl die Rede. Der Begriff der logischen Folgerung, mit dem wir uns in Kürze beschäftigen werden, kennzeichnet ein bestimmtes Verhältnis von Prämissen und Konklusion. Damit gehört er der Metaebene an, auf der über Aussagen gesprochen wird. Dieser Teil der Metasprache heißt Metalogik. 2.2.1 Logische Wahrheit Beispiel: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, dann ändert sich das Wetter oder es bleibt so, wie es ist. Folgende vier Merkmale lassen sich an dieser Aussage ablesen: 1. Die Aussage ist in einem gewissen Sinn nichtssagend. Sie ist immer wahr, gleichgültig was geschieht. Ihre Wahrheit ist unabhängig vom Vorliegen bestimmter Tatsachen oder dem Eintreten bestimmter Ereignisse. 2. Um die Wahrheit der Aussage zu ermitteln, muss man nichts über Hähne, Misthaufen oder den Zusammenhang zwischen dem Krähen von Hähnen, Misthaufen und dem Wetter wissen. Für die Wahrheit der Aussage scheint es völlig unerheblich zu sein, wovon sie eigentlich handelt. 3. Wir können die Teilaussagen des Beispielsatzes durch beliebige andere Aussagen ersetzen, ohne dass die Wahrheit der Gesamtaussage berührt wird. Man betrachte die folgende Ersetzung: Wenn die Schlange das Kaninchen frisst, dann ändert sich der Peter oder er bleibt so, wie er ist.

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4. Offenbar kommt es für die Wahrheit des Beispielsatzes nur auf die logische Struktur bzw. die logische Form der Aussage an, nicht auf ihren Inhalt. Mit Hilfe der ‚feinkörnigsten’ logischen Form des Beispielsatzes lässt sich der Zusammenhang dieser Merkmale erhellen: p → (q ∨ ¬q) Die Wahrheitstafel dieser Formel lautet : p → (q ∨ ¬ q) w w w w f w w w f

w w f

f w w w f w f w f

w w f

Man erkennt, dass in der Hauptspalte der Wahrheitstafel nur der Wahrheitswert w auftaucht, die Formel also unter jeder extensionalen Interpretation wahr ist. Alle Aussagen, die die mit der obigen logischen Formel ausgedrückte logische Form aufweisen, sind wahr. Ihre Wahrheit hängt nur von ihrer aussagenlogischen Form ab. Sie ist unabhängig von irgendwelchen intensionalen Interpretationen, also inhaltlichen Aspekten der Teilaussagen, aber auch unabhängig von extensionalen Interpretationen, also Zuordnungen von Wahrheitswerten zu den Teilaussagen.

Definition 15: Eine aussagenlogische Formel heißt (aussagen-)logisch wahr (oder allgemeingültig, gültig oder tautologisch) genau dann, wenn sie für alle extensionalen Interpretationen wahr ist. Eine Aussage heißt aussagenlogisch wahr (und damit auch logisch wahr) genau dann, wenn sie (mindestens) eine logisch wahre aussagenlogische Form hat. Als Zeichen für die logische Wahrheit wird „|= “ verwendet. Für „(Die Aussage oder Formel) A ist logisch wahr.“ Wird geschrieben: „|= A“. Einige Bemerkungen zur Definition der aussagenlogischen Wahrheit: 1. In der Definition wird zunächst die aussagenlogische Wahrheit für aussagenlogische Formen bzw. Formeln definiert, dann wird mit Hilfe dieser Definition die aussagenlogische Wahrheit von Aussagen definiert. Wenn man wissen will, ob eine be4. Vorlesung - 22.11.06 - 6

stimmte Aussage aussagenlogisch wahr ist, muss man also ihre aussagenlogischen Formen auf ihre aussagenlogische Wahrheit hin untersuchen. 2. Der Beispielsatz, von dem oben ausgegangen wurde, hat auch aussagenlogische Formen, die nicht aussagenlogisch wahr sind, z.B. p → r oder s. Man kann also auch so vom Sinn von Teilaussagen einer Aussage abstrahieren, dass gerade die Eigenschaften, die sie zu einer aussagenlogisch wahren Aussage machen, mit wegabstrahiert werden. 3. Es liegt kein Paradox vor, wenn aussagenlogische Formeln nicht wahr oder falsch sind, manche aussagenlogischen Formeln aber aussagenlogisch wahr sind. Uninterpretierte aussagenlogische Formeln sind weder wahr noch falsch. Die aussagenlogische Wahrheit besagt, dass sie, wenn sie interpretiert werden, bei jeder Interpretation den Wahrheitswert wahr ergeben. Der Begriff der Wahrheit einer Aussage ist also streng vom Begriff der aussagenlogischen Wahrheit einer Formel zu unterscheiden.

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