2014 Informationen zur politischen Bildung

Info aktuell 2014 Informationen zur politischen Bildung WIchard Woyke Wahlen zum Europäischen Parlament Zwischen dem 22. und dem 25. Mai 2014 wird ...
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Info aktuell 2014

Informationen zur politischen Bildung

WIchard Woyke

Wahlen zum Europäischen Parlament Zwischen dem 22. und dem 25. Mai 2014 wird zum achten Mal das europäische Parlament gewählt. etwa 400 Millionen Bürgerinnen und Bürger aus den 28 Mitgliedstaaten der europäischen Union sind aufgerufen, insgesamt 751 abgeordnete zu wählen. Während in anderen Mitgliedstaaten Wahlen traditionell wochentags stattfinden, ist in deutschland durch Wahlgesetz bestimmt, dass der Wahltag ein Sonn- oder Feiertag sein muss. Für 2014 hat die Bundesregierung Sonntag, den 25. Mai als Wahltag festgelegt. an diesem Tag können die Wählerinnen und Wähler in deutschland darüber entscheiden, welche Parteien die 96 deutschen Vertreter im europäischen Parlament stellen sollen.

Inhalt Das Europäische Parlament am Vorabend der Europawahlen 2014 2 Zur Geschichte des Europäischen Parlaments

4

Zusammensetzung und Arbeitsweise

6

Kompetenzen und Aufgaben

7

Arbeitsweise und Arbeitsalltag

10

Wahlbestimmungen

12

Das EP 2014 – mehr Macht, mehr Verantwortung

15

1995 Beitritt zur eU 1999 einführung des euro * Gründungsmitglied

2

Wahlen zum europäischen parlament

Die Organe der EU

Das Europäische Parlament am Vorabend der Europawahlen 2014 Bedeutung und Selbstverständnis

D

Zusammensetzung des EP nach Ländern 99 deutschland

19 Österreich

74 Frankreich

18 Bulgarien

73 Italien

13 Finnland

73 Vereinigtes königreich

13 dänemark

54 Spanien

13 Slowakei

51 Polen

12 Irland

33 rumänien

12 kroatien

26 Niederlande

12 Litauen

22 Belgien

9 Lettland

22 Griechenland

8 Slowenien

22 Ungarn

6 Zypern

22 Portugal

6 estland

22 Tschechische republik

6 Luxemburg

20 Schweden

6 Malta

©Bergmoser + höller Verlag aG, Zahlenbild 714 028

-

das Europäische Parlament (EP) ist das einzige direkt gewählte und damit unmittelbar demokratisch legitimierte organ der eU. Neben ihm fungieren weitere sechs organe: Im Europäischen Rat – dem in der regel vierteljährlichen Zusammentreffen der Staats- und regierungschefs der Mitgliedsländer – werden die politischen Leitlinien für die Union aufgestellt. der Rat der EU (auch Ministerrat oder einfach Rat genannt) setzt sich aus den Fachministern der eU-Staaten zusammen und entscheidet in monatlicher Sitzung über wichtige, die Fachressorts betreffende Maßnahmen. die Europäische Kommission im engeren Sinn besteht aus 28 kommissarinnen und kommissaren – je eine(r) pro Mitgliedstaat. Sie ist die „geborene“ europäische Instanz und bildet zusammen mit Ministerrat und Parlament das entscheidungsdreieck der eU. ohne die Initiative der kommission kommen keine entscheidungen zustande. der Gerichtshof der Europäischen Union – in ihm ist ebenfalls jeweils ein richter / eine richterin pro Mitgliedstaat vertreten – ist für die Wahrung des rechts bei der anwendung und auslegung des Vertragsrechts zuständig und gewährleistet so, dass eU-recht in allen Mitgliedstaaten auf die gleiche Weise angewendet wird. auch der Europäische Rechnungshof setzt sich aus je einem Vertreter / einer Vertreterin pro Mitgliedsland zusammen und hat die aufgabe, alle einnahmen und ausgaben der europäischen Union zu prüfen und die ordnungsgemäße Verwendung der europäischen haushaltsmittel zu überwachen. Mit dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags wurde die Europäische Zentralbank (eZB) zum siebten organ der eU.

* ab der europawahl 2014

Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

Das Europäische Parlament setzt sich weltweit für den Schutz der Menschenrechte ein. 2013 erhält Malala Yousafzai aus Pakistan den „EU-Menschenrechtspreis“.

Gemeinsam bilden sie die weltweit einzige direkt, frei, gleich und geheim gewählte übernationale Volksvertretung. Je höher die Wahlbeteiligung der Bürgerinnen und Bürger, desto stärker wird die Stellung des eP gegenüber den anderen, lediglich mittelbar legitimierten Institutionen der europäischen Union (eU). angesichts der Tendenz, dass immer mehr entscheidungen vom Nationalstaat auf die eU verlagert werden – wie jüngst zum Beispiel die Strafzahlungen für Fluglinien bei Verspätung oder die Begrenzung der Roaming-Gebühren aus dem ausland – ist das ein für die bevorstehenden Wahlen bedenkenswerter Gesichtspunkt. Nach seinem eigenen Selbstverständnis setzt sich das europäische Parlament für ein „europa der Bürger“ sowie für die Wahrung der Menschenrechte und der Grundrechte ein und engagiert sich für den sozialen ausgleich in europa. der Schutz der Umwelt und der Verbraucher ist ihm ein ebenso wichtiges anliegen wie die Förderung der Jugend. auch international hat sich das Parlament von Beginn an für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte stark gemacht. es setzt sich für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung und für eine starke, friedenspolitische rolle der europäischen Union ein. Seit 1988 verleiht das eP den mit 50 000 euro dotierten Sacharow-Preis für geistige Freiheit – auch „eU-Menschenrechtspreis“ genannt – an Persönlichkeiten oder organisationen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit einsetzen. 2013 erhielt ihn die pakistanische kinderrechtsaktivistin Malala yousafzai.

picture-alliance / dpa / Sven hoppe

ullstein bild – reuters / VINceNT keSSLer

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Die Politik der EU, insbesondere während der Eurokrise, trifft nicht überall auf Zustimmung. Proteste in Athen 2012 gegen ein geplantes Sparpaket

einer Wirtschaftskrise vereint. Verursacht wurde sie primär durch die Mitgliedstaaten. doch für die Maßnahmen zur Lösung der krise, denen im Wesentlichen gemeinschaftliche Beschlüsse der Staats- und regierungschefs zugrunde lagen, wird die eU verantwortlich gemacht. auch das europäische Parlament wird dadurch in Mithaftung genommen. Für die eU-Bürgerinnen und -Bürger ist es nicht leicht, zwischen den aktivitäten des eP und denen des europäischen rates zu unterscheiden. dieser verabschiedete zur eindämmung der krise mehrere politisch heftig diskutierte „rettungsschirme“, so die 2010 eingerichtete europäische Finanzierungsstabilisierungsfazilität (eFSF) und den 2011 als Nachfolger eingerichteten europäischen Stabilitätsmechanismus (eSM). Nachdem Griechenland offiziell im april 2010 eU-hilfe beantragt hatte, hatten die eU-Staaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) zwei hilfspakete beschlossen, die Unterstützungsmaßnahmen in Form von krediten, Beihilfen und einem Schuldenerlass vorsahen. Insgesamt haben die Geldgeber der griechischen regierung also Finanzhilfen in höhe von rund 237 Milliarden euro zugesagt. davon wurden bisher ca. 215 Milliarden ausgezahlt. D -

Europäische Bürgerinitiative

Seit Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags 2009 gibt es auf eU-ebene noch ein weiteres element partizipativer demokratie: die europäische Bürgerinitiative. Sie muss von mindestens einer Million eU-Bürgerinnen und -Bürgern aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten unterstützt werden. Mit einer europäischen Bürgerinitiative wird die europäische kommission aufgefordert, einen rechtsakt vorzuschlagen, den die eU ihrer auffassung nach erlassen müsste – selbstverständlich nur in Bereichen, in denen die eU zuständig und die kommission zu einem Vorschlag befugt ist [art. 11(4) eUV (Vertrag über die europäische Union)]. als erste europäische Bürgerinitiative hat die Initiative „Right2Water“ (recht auf Wasser) bei der eU-kommission im dezember 2013 mit mehr als 1,65 Millionen die notwendigen Unterschriften vorgelegt. Somit müssen sich die eU-Institutionen mit den Forderungen des Bündnisses beschäftigen – umsetzen müssen sie sie aber nicht.

Kritische Einflüsse auf die Wahl 2014

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Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

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Wahlen zum europäischen parlament

picture-alliance / dpa / ePa – andy rain

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In einigen Mitgliedsländern findet die Europamüdigkeit Widerhall in europakritischen Parteien. In Großbritannien ist dies die UKIP (United Kingdom Independence Party) mit Nigel Farage an der Spitze, …

ropawahlen im Mai 2014 in Frankreich zur stärksten Partei werden. In deutschland kam die im Februar 2013 gegründete alternative für deutschland (afd) bei der Bundestagswahl 2013 auf 4,6 Prozent der abgegebenen Stimmen. Ihre kernforderungen sind die „geordnete auflösung des euro-Währungsgebietes“ und die Wiedereinführung nationaler Währungen oder zumindest die Schaffung kleinerer und stabilerer Währungsverbünde. die europäischen Verträge will sie so ändern, dass künftig jedem Staat eine abkehr vom euro erlaubt wird. aufgrund ihres relativ guten abschneidens bei der Bundestagswahl und infolge des Wegfalls der Sperrklausel von drei Prozent, den das Bundesverfassungsgericht für die kommende europawahl verfügte, könnte die afd mit einigen abgeordneten in das europaparlament einziehen.

picture-alliance / maxppp / Julio PeLaeZ

Zur Geschichte des Europäischen Parlaments

… in Frankreich steigt die Zustimmungsrate für den Front National, der eine Renationalisierung anstrebt.

eine weitere rahmenbedingung für die anstehenden europawahlen ist eine verbreitete Europamüdigkeit in einigen Mitgliedstaaten etwa in Großbritannien, in Frankreich, aber auch in deutschland. So hat der britische Premierminister – nicht zuletzt in reaktion auf die erfolge der britischen anti-eU-Partei United Kingdom Independence Party (UkIP) – für 2017 eine Volksabstimmung über den Verbleib Großbritanniens in der eU angekündigt. Um der UkIP den Wind aus den Segeln zu nehmen und die eigene Wiederwahl nicht zu gefährden, haben im Mai 2013 über 115 abgeordnete von camerons regierungspartei eine Gesetzesinitiative eingebracht, das referendum bereits auf 2015 vorzuziehen. allerdings sind sie mit ihrem antrag gescheitert. die europaskeptiker sind im aufwind, Premierminister und regierung angeschlagen. Teile der konservativen Basis fordern deshalb eine klare Positionierung gegen europa. In Frankreich findet die extreme rechte – der Front National – unter der Führung von Marine Le Pen laut Meinungsumfragen wachsende Unterstützung der Bevölkerung. der Front National strebt eine renationalisierung (die préférence nationale, die nationalistisch organisierte Bevorzugung der Franzosen) an und plädiert für den ausstieg aus der eurozone. Nach einigen Umfrageergebnissen könnte er bei den eu-

Mit dem ersten europäischen Vertrag, dem Vertrag zur Gründung der europäischen Gemeinschaft für kohle und Stahl (eGkS, Montanunion), unterzeichnet 1951 von den Benelux-Staaten (Belgien, Niederlande und Luxemburg), Frankreich, Italien und der Bundesrepublik deutschland, konstituierte sich als gemeinsames organ die Parlamentarische Versammlung. dieses Gremium bestand aus 78 von den Parlamenten der Mitgliedstaaten entsandten abgeordneten und hatte überwiegend beratende Funktionen, wenngleich ein Misstrauensvotum gegen die hohe Behörde, die Vorläuferin der kommission, bereits möglich war. Mit den römischen Verträgen (eWG und eUraToM 1958) wurde die Parlamentarische Versammlung der eGkS zum gemeinsamen organ der drei europäischen Gemeinschaften und auf 142 Mitglieder erweitert. die Parlamentarische Versammlung trat erstmals im März 1958 zusammen und gab sich den Namen „Parlament“. Mit dieser Umbenennung wollte sie kundtun, dass sie sich nicht mit den ihr in den Verträgen ursprünglich zugewiesenen kontroll- und Beratungsaufgaben zufrieden gab. Von den übrigen organen und den Mitgliedstaaten, die Machtverluste befürchteten, wurde dieses ansinnen allerdings reserviert aufgenommen. So konnte es nicht überraschen, dass die kompetenzerweiterung des europäischen Parlaments auf sich warten ließ: obwohl die Gründungsverträge der drei Gemeinschaften vorsahen, dass „die Versammlung entwürfe für allgemeine unmittelbare Wahlen nach einem einheitlichen Verfahren in allen Mitgliedstaaten“ ausarbeiten sollte und der Ministerrat „einstimmig die entsprechenden Bestimmungen erlassen und sie den Mitgliedstaaten zur annahme gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften empfehlen“ sollte, dauerte es bis 1976, ehe der Ministerrat den rechtsakt über die ersten Direktwahlen erließ. Und bis zur realen Umsetzung, also zur ersten direktwahl des europäischen Parlaments in den Mitgliedstaaten, sollte es dann noch weitere drei Jahre, bis zum Juni 1979, dauern. D -

Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

picture-alliance / dpa / UPI

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Die ersten Wahlen zum Europaparlament finden 1979 statt. Auf einer Plakatwand in Rom werben die Parteien um Stimmen.

die sich in der einheitlichen europäischen akte (eea) von 1986/87 erstmals niederschlug. Sie war die erste umfassende Vertragsreform nach Gründung der europäischen Gemeinschaft, führte zu einem wesentlichen ausbau der parlamentarischen rechte und zur förmlichen anerkennung als Europäisches Parlament.

Nach den ersten direktwahlen waren 410 abgeordnete aus neun Mitgliedstaaten in das europäische Parlament eingezogen. Mit jeder erweiterung der eG/eU wuchs auch die Zahl der Mitglieder des eP. Nach dem Beitritt kroatiens am 1. Juli 2013 sind es 766, und nach den achten direktwahlen werden es in der Wahlperiode 2014-2019 definitiv 751 abgeordnete sein.

Entwicklung der Sitzstruktur im Europäischen Parlament 1952-2014 Europäische Union Belgien

Deutschland Frankreich Italien

Luxemburg

Niederlande Dänemark

1952

1958

1973

1979

1981

1986

1990

1994

1995

2004

2007

2009

2011

2013

10

14

14

24

24

24

24

25

25

24

24

22

22

22

78

142

198

18

36

36

18

36

36

18

04

10

Irland

Vereinigtes Königreich Griechenland

36

06

14

36

410

81

81

81

434

81

81

81

518

536

567

626

732

785

736

754

766

2014

751

21

81

99

99

99

99

99

99

99

99

96

81

81

87

87

78

78

72

73

73

73

81

81

87

87

78

78

72

74

74

74

06

06

06

06

06

06

06

06

06

06

06

06

06

10

16

16

16

16

16

16

14

14

13

13

13

13

81

87

87

60

64

64

14

10

36

25

15

81

Spanien

Portugal

25

15

81

24

25

15

81

24

60

24

Finnland

Österreich

25

15

24

24

31

15

25

25

31

15

78

13

78

24

24

25

24

24

16

22

Estland

13

27

25

21

Schweden

27

54

14

18

19

06

18

12

14

54

Slowenien

07

17

18

13

Slowakei

54

54

13

13

22

13

19

20

06

11

73

22

54

26

73

22

06

05

73

12

22

06

Malta

12

26

22

13

19

26

22

14

09

Polen

72

50

09

13

12

54

Lettland Litauen

25

19

20

06

21

21

18

20

06

08

09

09

05

05

06

06

06

14

13

13

13

13

54

50

12

51

12

51

07

07

08

08

24

22

22

22

08

11

51

08

Tschechien

24

24

Republik Zypern

06

06

06

06

06

06

35

33

33

33

32

Ungarn

Bulgarien

Rumänien Kroatien

de.wikipedia.org/wiki/europäisches_Parlament

Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

24

18

22

17

22

18

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18

12

21

21

17

11

ullstein bild – allover

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Das Hauptgebäude des EP in Straßburg ist benannt nach Louise Weiss, einer französischen Journalistin und Europapolitikerin der ersten Stunde.

Zusammensetzung und Arbeitsweise Sitzverteilung

Gemäß art. 14(2) eUV setzt sich das eP „[...] aus Vertretern der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zusammen. Ihre anzahl darf 750 nicht überschreiten, zuzüglich des Präsidenten. die Bürgerinnen und Bürger sind im europäischen Parlament degressiv proportional, mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten. kein Mitgliedstaat erhält mehr als 96 Sitze“. D -

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teien, im Falle des eP in multinationalen Fraktionen. diese sind erforderlich, um bestimmte parlamentarische rechte zu erhalten – wie z. B. die Verteilung der redezeiten, Berichterstatter, Vertreter in den ausschussvorständen, Mindeststimmenzahl zur Bildung von Untersuchungsausschüssen sowie die anzahl der Büros und der Sekretariatskräfte. Multinational bedeutet, dass in einer Fraktion abgeordnete aus wenigstens einem Viertel der Mitgliedstaaten vertreten sein müssen (das sind bei 28 Mitgliedstaaten gegenwärtig sieben). abgeordnete, die sich keiner Fraktion anschließen können, bleiben fraktionslos und haben damit weniger rechte als ihre in Fraktionen organisierten kollegen. Neben den Fraktionen besteht das eP aus dem Präsidenten, dem Präsidium, den Quästoren, der konferenz der Präsidenten, den ausschüssen und den delegationen.

D

-

Transnationale Fraktionen

D -

europäisches Parlament

Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

Wahlen zum europäischen parlament

Präsident, Präsidium, Quästoren

D -

D

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Mitglied in weiteren. alle Mitgliedstaaten und Parteien müssen durch eine anzahl von abgeordneten in den delegationen vertreten sein. delegationen haben einen Vorsitzenden und normalerweise zwei stellvertretende Vorsitzende. So leitete im dezember 2013 die finnische Grünen-abgeordnete Tarja cronberg eine delegation des eP in den Iran, um kontakte mit dem Parlament und der regierung in Teheran herzustellen sowie Menschenrechtsfragen zu besprechen.

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Kompetenzen und Aufgaben

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D

Konferenz der Präsidenten D

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Gesetzgebungsrecht

E -

Ausschüsse

Im europäischen Parlament gibt es zurzeit 20 ständige ausschüsse, in denen die Fraktionen entsprechend ihrer Größe vertreten sind und die den unterschiedlichen Fach- und Sachgebieten entsprechen. dazu kommen bei Bedarf temporäre ausschüsse. So richtete das eP im oktober 2009 einen nichtständigen ausschuss zur Wirtschafts- und Finanzkrise sowie im Juni 2010 einen nichtständigen ausschuss zu den politischen herausforderungen des künftigen, mehrjährigen Finanzrahmens ein. Im März 2012 folgte die einrichtung eines Sonderausschusses zum Thema „organisiertes Verbrechen, korruption und Geldwäsche“. In den ausschüssen wird die Position erarbeitet, die das eP gegenüber Ministerrat und kommission in der gesetzgeberischen Tätigkeit vertritt. hier werden zunächst die Gesetzesvorschläge der eU-kommission beraten und verändert, bevor sie dem Plenum zur abstimmung zugeleitet werden. auch die Beiträge des rats werden zunächst in den jeweiligen ausschüssen diskutiert.

Delegationen

D-

Mitwirkungsrechte des EP nach dem Vertrag von Lissabon Zustimmung

Mitentscheidung

u. a. über erforderlich für: • Beitritt neuer Mitglieder, • Freizügigkeit, Niederlassungsrecht austrittsabkommen • Feststellung, dass ein Mitgliedstaat die Grund werte der eU verletzt • Europawahlverfahren

• Gegenseitige Anerkennung von abschlüssen • Gemeinsames Asylsystem

• Mindestnormen für arbeitsbedingungen, chancengleichheit und Gleichbehandlung • Aufgaben, Ziele und organisation der Strukturfonds

• Aufteilung der Sitze im • Justizielle und polizeieuropäischen Parlament liche Zusammenarbeit

• Gesundheitsförderung

• Verkehrspolitik • Aufstellung des mehrjährigen Finanzrahmens • Harmonisierung des gemeinsamen Markts • Erweiterung der Befugnisse der eU • Regelung des Kapital-

• Umweltpolitik

verkehrs mit drittländern

• Förderung bildungspolitischer und kultureller Zusammenarbeit

• Verbraucherschutz • Sicherung der Energieversorgung • Entwicklungspolitik • Rahmenprogramm Forschung, raumfahrt • Statut der europäischen Parteien

Anhörung zu sonstigen Fragen der europäischen Gesetzgebung

© Bergmoser + höller Verlag aG, Zahlenbild 715 422

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(ordentliches Gesetzgebungsverfahren)

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Wahlen zum europäischen parlament

Ministerrat ist das europäische Parlament für die Verabschiedung europäischer Gesetze zuständig. Je nach Politikbereich werden verschiedene Verfahren angewendet, die dem Parlament unterschiedlich große Möglichkeiten der einflussnahme zuweisen. ein förmliches recht zur Gesetzesinitiative steht dem eP, anders als den nationalen Parlamenten, nicht zu. In der eU hat die kommission alleiniges Initiativrecht für Gesetze. Somit werden Gesetzgebungsverfahren immer von ihr eingeleitet. das eP und der rat verfügen jedoch über ein politisches Initiativrecht, das den Institutionen ermöglicht, die kommission zu neuen Initiativen aufzufordern. Gesetzgebung in der eU ist damit aufgabe des „institutionellen dreiecks“, d. h. der beiden „europäischen“ organe kommission und Parlament sowie dem Ministerrat. D Beim ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (art. 294 aeUV = Vertrag über die arbeitsweise der eU) kommt ein europäisches Gesetz nur dann zustande, wenn sich im Parlament und im rat eine Mehrheit findet. Mit zwei Lesungen ist das eP an der entscheidung beteiligt. Findet sich auch nach einsatz des Vermittlungsausschusses nach der zweiten Lesung keine Mehrheit, können die Parlamentarier den Gesetzesvorschlag endgültig mit absoluter Mehrheit ablehnen. dieses Verfahren gilt für folgende Politikbereiche: Binnenmarkt, Zollunion, Wettbewerbs- und Strukturpolitik, handel, Verbraucherschutz und – seit dem Lissabonner Vertrag – für Landwirtschaft, einwanderungs- und asylpolitik. Neben dem ordentlichen Verfahren verankert der Vertrag von Lissabon auch das besondere Gesetzgebungsverfahren, das anhörungs- und Zustimmungsverfahren früherer Verträge zusammenfasst. So muss beim Zustimmungsverfahren das Parlament bei rechtsakten und Verträgen zustimmen. es kommt zum Beispiel bei Beitritts- und assoziierungsabkommen zur anwendung. D -

infochart.de/Peter diehl

H -

Haushaltsbefugnis

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Für die kontrolle der korrekten und effizienten Verwendung der Gemeinschaftsfinanzen ist der haushaltskontrollausschuss zuständig. am ende eines haushaltsjahres obliegt es dem Parlament, die kommission zu entlasten. dabei stützt sich das Parlament im Wesentlichen auf die Berichte des europäischen rechnungshofes. Um erkannte Missstände abzustellen, wird die entlastung der kommission häufig unter auflagen und empfehlungen erteilt. die ablehnung der entlastung, einige Male bereits praktiziert, bedeutet ein starkes politisches Signal und kann zum rücktritt der kommission führen. ende November 2013 hat das europäische Parlament dem eU-haushalt 2014 in höhe von 135,5 Milliarden euro zugestimmt. D Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

Wahlen zum europäischen parlament

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ber 2013 für die Periode 2014-2020 in höhe von 960 Milliarden euro erfolgt ist. der haushaltsplan der eU muss vom Präsidenten des europäischen Parlaments „festgestellt“, also genehmigt werden.

Kontrollrechte

das europäische Parlament übt kontrolle über alle anderen Institutionen der eU aus und übernimmt damit eine wichtige Funktion in der Gewaltenteilung. Sind Gesetze und haushaltspläne verabschiedet, ist es aufgabe des Parlaments, die ordnungsgemäße und effiziente Umsetzung dieser haushaltspolitischen Vorgaben durch die exekutive, vor allem durch die kommission, aber auch durch den Ministerrat, zu prüfen. ein wichtiges kontrollinstrument des Parlaments sind gemäß art. 230 aeUV anfragen an Ministerrat und kommission, die schriftlich oder mündlich innerhalb einer gewissen Frist zu beantworten sind. Bei jeder Parlamentssitzung sind Vertreter des Ministerrates und der kommission anwesend, um den abgeordneten rede und antwort zu stehen. die ratspräsidentschaft präsentiert dem eP zu Beginn der halbjährlichen amtszeit ihr arbeitsprogramm und legt ihm am ende einen rechenschaftsbericht vor. der europäische rat informiert das Parlament im anschluss an seine Gipfeltreffen und legt dem eP einen jährlichen Fortschrittsbericht vor. Gemäß art. 284(3) aeUV unterbreitet die eZB dem europäischen Parlament, dem rat und der kommission sowie auch dem europäischen rat einen Jahresbericht über die Tätigkeit des europäischen Systems der Zentralbanken (eSZB) sowie über die Geld- und Währungspolitik im vergangenen und im laufenden Jahr. das eP kann auf dieser Grundlage eine allgemeine aussprache durchführen. auf ersuchen des eP können der Präsident der europäischen Zentralbank und die anderen Mitglieder des direktoriums vor die zuständigen ausschüsse des europäischen Parlaments geladen und gehört werden. die kommission unterbreitet dem Parlament regelmäßig Berichte, wie zum Beispiel ihren Jahresbericht über die Tätigkeiten der Gemeinschaft und den Jahresbericht über die anwendung des haushaltsplans. Stellt das Parlament fest, dass organe der eU oder die öffentliche Verwaltung eines Mitgliedstaates gravierend gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen haben, kann es Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Für solch einen antrag muss mindestens ein Viertel seiner Mitglieder stimmen, und das eP hat mehrfach davon Gebrauch gemacht. aktuelle Beispiele sind der nichtständige ausschuss zum klimawandel (cLIM) von 2007-2009 oder der Sonderausschuss crIS, der 2009 zur Wirtschafts- und Finanzkrise eingesetzt wurde. E In der zweiten hälfte der 1990er-Jahre war das Verhältnis zwischen eU-kommission und europäischem Parlament angespannt. ausgangspunkt der Spannungen waren Misswirtschaftsvorwürfe. Im ergebnis weigerte sich das eP am 17. dezember 1998, die kommission für ihre haushaltsführung im Jahr 1996 zu entlasten. Im Januar 1999 fand ein Misstrauensvotum nicht die nötige Zweidrittelmehrheit. Um Licht in die vom Parlament vermutete Misswirtschaft zu bringen, wurde die einsetzung eines „rates der Weisen“ beschlossen. dieser warf der kommission nicht nur einen fahrlässigen Umgang mit Geldern vor, sondern auch ein institutionalisiertes Missmanagement und einen kontrollverlust über die Finanzen. Im März 1999 kam die damalige eU-kommission unter Präsident Jacques Santer einem drohenden Misstrauensvotum durch einen rücktritt zuvor.

Systemgestaltungs- und Informationsfunktion

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Wahlen zum europäischen parlament

und beeinflusst auf diesem Weg politische debatten. es pflegt einen intensiven austausch mit Verbänden, Interessengruppen und Nichtregierungsorganisationen und ist damit ein wichtiger dialog- und ansprechpartner der Zivilgesellschaft. So hat das eP mehrfach über die Struktur der eG/eU diskutiert und sowohl in den 1980er-Jahren als auch während der erarbeitung der Verfassung in der ersten hälfte der 2010er-Jahre Vorschläge zur Struktur und ordnung der eU vorgelegt. Im Vertrag von Lissabon wurde diese Funktion des eP insofern gestärkt, als es nun neben der kommission und den regierungen der Mitgliedstaaten gleichberechtigt entwürfe zur Änderung der Verträge vorlegen kann. D -

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Wahlfunktion

Nach jeder Wahl ermittelt das eP zunächst per abstimmung seinen Präsidenten und seine 14 Vizepräsidenten für die hälfte einer Wahlperiode (2,5 Jahre). Sehr bedeutsam ist die Wahl des kommissionspräsidenten und der kommissare. Zunächst schlägt gemäß art. 17(7) eUV der europäische rat mit qualifizierter Mehrheit nach entsprechenden konsultationen mit dem eP einen kandidaten für das amt des kommissionspräsidenten vor; dabei berücksichtigt er das ergebnis der Wahlen zum europäischen Parlament. das eP wählt diesen kandidaten mit der Mehrheit seiner Mitglieder. der rat nimmt, im einvernehmen mit dem gewählten Präsidenten, die Liste der anderen von den regierungen der Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Persönlichkeiten an. dabei kann jede der Mitgliedsregierungen einen Vorschlag machen. der kommissionspräsident, der/die hohe Vertreter/-in der Union für außen- und Sicherheitspolitik (zugleich Vizepräsident/-in der kommission) und die übrigen Mitglieder der kommission stellen sich dann als kollegium einem Zustimmungsvotum des europäischen Parlaments. Vor der einsetzung der neuen kommission darf das eP deren designierte Mitglieder vorladen und prüfen, kann das kollegium jedoch nur als Ganzes ablehnen. So wird sich das Parlament immer überlegen, ob es sinnvoll ist, bei zwei oder drei als schwach angesehenen kandidaten der kommission im Ganzen die Zustimmung zu verweigern. auf der Grundlage dieser Zustimmung wird die kommission vom europäischen rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt. E -

D

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Arbeitsweise und Arbeitsalltag Strukturen und Prozesse

Standorte: Sitz des europäischen Parlaments ist das französische Straßburg; dort finden zwölf Mal im Jahr knapp einwöchige Plenarsitzungen statt. die Gründerväter wählten Straßburg aus symbolischen Gründen. es sollte als Zeichen der Freundschaft zwischen den ehemaligen erzfeinden deutschland und Frankreich nahe der Ländergrenze verstanden werden. In Brüssel, der eigentlichen „hauptstadt“ der eU, tagen zumeist die ausschüsse des eP sowie seine Fraktionen. kürzere Plenarsitzungen, die nicht länger als zwei Tage dauern (sogenannte Mini-Plenarsitzungen), finden ebenfalls in Brüssel statt. Schließlich hat in Luxemburg die Parlamentsverwaltung ihren Sitz. Seit Jahren versuchen die eU-Parlamentarier ihre Sitzungen in Brüssel abzuhalten, da hier rat und kommission amtieren. Frankreich wehrt sich bislang dagegen. da der rat über den Sitz des eP einstimmig beschließen muss, dürfte es vorläufig nicht zu einem Standortwechsel von Straßburg nach Brüssel kommen. Generalsekretariat und Mitarbeiter des EP: das Generalsekretariat unterstützt alle abgeordneten bei der Wahrnehmung ihres Mandats. Im Generalsekretariat arbeiten fast 5600 Personen, von denen etwa ein Fünftel Übersetzer/-innen und dolmetscher/-innen sind. Zählt man die 900 Fraktionsmitarbeiter/-innen sowie die 1600 assistenten und assistentinnen der abgeordneten hinzu, sorgen insgesamt mehr als 8000 Personen dafür, dass sich das parlamentarische „räderwerk“ dreht. das Generalsekretariat unterhält neben den Stellen in Brüssel, Luxemburg und Straßburg zudem Informationsbüros in allen 28 Mitgliedsländern der europäischen Union. In deutschland gibt es solche Informationsbüros in Berlin und in München. D Plenartagungen: die Plenartagung gilt als kern des parlamentarischen Lebens. Zu diesem anlass kommen alle abgeordneten im Plenarsaal in Straßburg zusammen. Zusätzliche, kürzere Tagungen finden in Brüssel statt. die in den ausschüssen bereits angenommenen Berichte werden während der Sitzungen erneut diskutiert, abgeändert und schließlich angenommen. Sie spiegeln danach den offiziellen Standpunkt des europäischen Parlaments wider. Neben den Berichten verabschieden die europäischen abgeordneten auch „entschließungen“ oder befragen Vertreter der kommission oder des rates direkt zu aktuellen Themen. darüber hinaus empfangen sie Staats- und regierungschefs und Persönlichkeiten aus aller Welt. Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

aFP / Getty Images / Gerard cerles

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Der Sitz des Europaparlaments ist Straßburg, dort finden zwölfmal jährlich Plenartagungen statt.

© european Union 2011 Pe-eP / Pietro Naj-oleari

E

D

-

Während der Plenartagungen werden die Redebeiträge simultan in alle 24 Amtssprachen der EU übersetzt.

Ausschüsse: eine Woche im Monat ist für die Sitzungen der parlamentarischen ausschüsse in Brüssel vorgesehen. den ausschüssen, in denen die verschiedenen politischen Strömungen des Parlaments gemäß dem Wahlergebnis vertreten sind, gehört jeweils eine unterschiedliche anzahl von abgeordneten an. Ihre aufgabe ist es, die arbeit des Plenums vorzubereiten. In den ausschusssitzungen finden eine erste aussprache und Probeabstimmungen über Berichte statt, bei denen die europäischen abgeordneten ihren Standpunkt zu Legislativvorschlägen oder zum Beispiel zum entwurf des haushaltsplans der eU für das darauffolgende Jahr darlegen. darüber hinaus arbeiten die abgeordneten „Initiativberichte“ aus, in denen sie bestimmte Vorgehensweisen in verschiedenen Materien vorschlagen. diese empfehlungen richten sich an die kommission oder die regierungen der Mitgliedstaaten. Fraktionen: Im Parlament schließen sich die abgeordneten entsprechend ihrer politischen Zugehörigkeit zu transnationalen Fraktionen zusammen. Zur Bildung einer Fraktion bedarf es mindestens 25 abgeordneter aus sieben verschiedenen Mitgliedstaaten. Parlamentarier, die keiner Fraktion angehören, schließen sich den „Fraktionslosen Mitgliedern“ an. Während der „Fraktionswochen“, die generell den Plenartagungen vorausgehen, koordiniert und formuliert jede Fraktion ihre Standpunkte zu allen Punkten auf der Tagesordnung für die anstehende Plenartagung, um sie anschließend im Plenum zu vertreten. Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

Ergebnisse und Erfolge 2009-2014

In der vergangenen Wahlperiode hat das eP eine neue Tabakrichtlinie vorangetrieben, es hat die Zielsetzungen für die Förderung von Bio-kraftstoffen grundlegend revidiert, die Gemeinsame agrarpolitik reformiert und mit der einigung zur Überwachung der größten europäischen Banken durch die eZB den ersten Teil eines Statuts der europäischen Bankenunion verabschiedet. Im Februar 2010 stoppte das eP das geplante Swift-abkommen, das den Zugriff von US-Behörden auf sensible Finanzdaten regeln sollte, und setzte höhere datenschutzanforderungen durch. darüber hinaus stießen Initiativberichte des eP Gesetzgebungsverfahren und wichtige politische Maßnahmen an. die Banken in der europäischen Union müssen seit 2014 Bonuszahlungen an ihre Mitarbeiter in Grenzen halten. Banker-Boni dürfen künftig prinzipiell nur noch so hoch ausfallen wie das feste Grundgehalt. das eP traf strengere regelungen für Finanzprodukte, die mit den Staatsschulden und der Zahlungsunfähigkeit eines Landes spekulieren, und unternahm eine reform der europäischen Finanzaufsicht. das Parlament spielte auch eine führende rolle, als es darum ging, regeln für die wirtschaftspolitische Steuerung festzulegen, die einfluss auf die Verbesserung der öffentlichen Finanzen und die Belebung des Wachstums haben. 2012 führten europaweite Proteste dazu, dass „Acta“, ein handelsabkommen zur eindämmung von Produktpiraterie, durch das eP mehrheitlich abgelehnt wurde. „Acta“ sollte zwar das geistige eigentum schützen, gefährdete aber aus

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Wahlen zum europäischen parlament

Übersicht über das nationale Wahlrecht zur Europawahl 2014 Staat

Sitze

Wahltag

Wahlalter aktiv/passiv

Wahlkreise

Vorzugsstimme(n)

Panaschieren

Sperrklausel

Sitzzuteilungsverfahren

Wahlpflicht

Belgien

21

So

18/21

3

ja

nein

nein

d’hondt

ja

Bulgarien

17

So

18/21

1

ja

nein

hare-Quote (~5,88 %)

hare/Niemeyer

nein

Dänemark

13

So

18/18

1

ja

nein

nein

d’hondt

nein

Deutschland

96

So

18/18

1

nein

nein

nein

Sainte-Laguë

nein

6

So

18/21

1

nein

nein

nein

d’hondt

nein

Finnland

13

So

18/18

1

ja

nein

nein

d’hondt

nein

Frankreich

74

So

18/18

8

nein

nein

5 % je Wahlkreis

d’hondt

nein

Estland

Griechenland

21

So

18/25

1

nein

nein

3 % landesweit

„enishimeni analogiki“

ja

Großbritannien

73

do

18/21

11 + 1 (NI*)

nein (NI: ja)

nein (NI: ja)

nein

d’hondt (NI: STV**)

nein

Irland

11

Fr

18/21

3

ja

ja

nein

STV**

nein

Italien

73

Sa + So

18/25

5 (nation. Verhältnisausgleich)

ja

nein

4 % landesweit

hare/Niemeyer

nein

Kroatien

11

So

18/18

1

ja

nein

5%

d’hondt

nein

Lettland

8

Sa

18/21

1

ja

nein

5 % landesweit

Sainte-Laguë

nein

Litauen

11

So

18/21

1

ja

nein

5 % landesweit

hare/Niemeyer

nein

Luxemburg

6

So

18/18

1

ja

ja

nein

hagenbach-Bischoff (= d’hondt)

ja

Malta

6

Sa

18/18

1

ja

ja

nein

STV**

nein

Niederlande

26

do

18/18

1

ja

nein

nein

d’hondt

nein

Österreich

18

So

16/18

1

ja

nein

4 % landesweit

d’hondt

nein

Polen

51

So

18/21

13 (nation. Verhältnisausgleich)

nein

nein

5 % landesweit

d’hondt (Unterverteilung: hare/Niemeyer)

nein

Portugal

21

So

18/18

1

nein

nein

nein

d’hondt

nein

Rumänien

32

So

18/23

1

nein

nein

5 % landesweit

d’hondt

nein

Schweden

20

So

18/18

1

ja

nein

4 % landesweit

Sainte-Laguë (modifiziert)

nein

Slowakei

13

So

18/21

1

ja

nein

5 % landesweit

Quotenverfahren mit droop-Quote

nein

Slowenien

8

So

18/18

1

ja

nein

4 % landesweit

d’hondt

nein

54

So

18/18

1

nein

nein

nein

d’hondt

nein

Tschechien

21

Fr + Sa

18/21

1

ja

nein

5 % landesweit

d’hondt

nein

Ungarn

21

So

18/18

1

nein

nein

5 % landesweit

d’hondt

nein

Zypern

6

So

18/25

1

ja

nein

nein

Quotenverfahren mit droop-Quote

ja

Spanien

* NI = Nordirland ** Single Transferable Vote (STV, übertragbare einzelstimmgebung) www.wahlrecht.de

Sicht von kritikern den datenschutz und ermöglichte reglementierungen bis hin zu Internetsperren. außerdem wurde die mangelnde Transparenz der Verhandlungen beklagt. Während der Beratungen mit den Mitgliedstaaten über den Mittelfristigen Finanzrahmen 2014-2020, die im November 2013 erfolgreich beendet wurden, hat das Parlament seine haushaltspolitischen Befugnisse effektiv zur Geltung gebracht. Schließlich setzen sich die abgeordneten stark für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in der eU ein. So unterstützten sie die Initiative der „Jugendgarantie“-Programme, welche dafür sorgen soll, dass arbeitslosen Jugendlichen spätestens nach vier Monaten arbeitslosigkeit eine Beschäftigung, Lehrstelle oder Weiterbildung angeboten wird.

Wahlbestimmungen Allgemeine Wahlbestimmungen

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¬D

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-

¬ das Wahlergebnis muss nach abschluss der Wahl in allen Mitgliedstaaten ermittelt werden; Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

Wahlen zum europäischen parlament

die konstituierende Sitzung des europäischen Parlaments muss am ersten dienstag nach einem Monat ab ende der Wahl stattfinden; das abgeordnetenmandat ist generell unvereinbar mit einem amt in der regierung eines Mitgliedstaates; die Inhaber von politischen Ämtern oder Verwaltungsämtern bei Institutionen der Gemeinschaft (eG/eU) dürfen nicht gleichzeitig dem eP angehören. ¬ einheitlich festgelegt wurden in den Mitgliedsländern neben dem oben erwähnten Zeitpunkt der Wahl auch das Verhältniswahlsystem auf der Grundlage von Listen (mit ausnahme Nordirlands, Irlands und Maltas, wo das Verhältniswahlsystem mit übertragbaren einzelstimmen anwendung findet) und die Bestimmungen über die Unvereinbarkeit eines Mandats im eP mit einem nationalen Mandat. ausnahmeregelungen für Großbritannien und Irland gab es bis 2009. R

schuf aber erste rechtliche und finanzielle rahmenbedingungen, damit die Parteien in allen Mitgliedstaaten gleichberechtigt arbeiten können. damit konnten die Parteien im europawahlkampf 2004 erstmals Gelder aus dem eU-haushalt zur Finanzierung ihrer aktivitäten erhalten. Bei der europawahl 2014 wird es zwar keinen allgemeinen länderübergreifenden Wahlkampf geben. doch in einer im Juli 2013 vom eP verabschiedeten entschließung werden die kandidaten für das amt des Präsidenten der eU-kommission aufgefordert, ihr politisches Programm in allen eU-Ländern persönlich vorzustellen und mehrere öffentliche diskussionen zu veranstalten. die Namen der europäischen Parteien sollen neben denen der nationalen Parteien auf dem Stimmzettel stehen. D-

-

-

-

A

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D

ullstein bild – aP

Länderübergreifende europäische Mandate sind in der eU-Wahlrichtlinie bislang nicht vorgesehen. dazu fehlte es bisher an rechtlichen Grundlagen und politischen Voraussetzungen. das im Jahr 2003 beschlossene europäische Parteienstatut

Stimmabgabe und Wahl sind in den Mitgliedsländern unterschiedlich geregelt. Polen beispielsweise hat sein Staatsgebiet in mehrere Wahlkreise aufgeteilt. Stimmabgabe in Warschau bei den Europawahlen 2009 Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

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picture-alliance / dpa-Grafik / dpa-infografik 10942; Quelle: europäisches Parlament

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Wahlen zum europäischen parlament

K

Während das eP an Bedeutung gewinnt, verzeichnet die Wahlbeteiligung der eU-Bürgerinnen und -Bürger bislang einen gegenläufigen Trend: Sie ist von durchschnittlich knapp 63 Prozent im Jahr 1979 auf 43 Prozent im Jahr 2009 zurückgegangen. In kroatien, das der Union am 1. Juli 2013 beigetreten ist, stimmten sogar nur 20 Prozent der Wahlberechtigten über ihre europaabgeordneten ab. Generell wurden die Wahlen zum eP in vielen Mitgliedsländern in den vergangenen Jahren als weniger bedeutsam gewertet und häufig instrumentalisiert, um den nationalen regierungen einen denkzettel zu verpassen, weil vor allem nationale aspekte den Wahlkampf prägten. A Somit haben die europawahlen für sich genommen bislang keinen Schub für das eP in richtung einer stärkeren rolle im entscheidungsprozess bewirkt.

Direktwahlen in Deutschland

In deutschland werden 2014 96 eP-abgeordnete gewählt. die Wahl erfolgt nach dem Verhältniswahlsystem nach Bundesoder Landeslisten. Aktiv wahlberechtigt sind alle in deutschland lebenden Bürgerinnen und Bürger der europäischen Union, die am Wahltag mindestens 18 Jahre alt sind und seit mindestens drei Monaten innerhalb der europäischen Union wohnen, nach Mitteilung des Bundeswahlleiters derzeit 64,4 Millionen Wahlberechtigte. Wählbar ist jede in deutschland lebende Person, die mindestens 18 Jahre alt ist und seit mindestens einem Jahr die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der europäischen Union besitzt. D

Kandidatenaufstellung: Jede/-r Stimmberechtigte hat eine Stimme, mit der die Bundes- bzw. Landesliste einer Partei gewählt werden kann. die Parteien bestimmen selbst, ob sie mit einer gemeinsamen Liste für alle Bundesländer (Bundesliste) oder mit einzelnen Landeslisten antreten. es können auch mehrere Landeslisten zusammengezogen werden. die Listen sind „geschlossen“, das heißt, auf ihnen stehen die Bewerberinnen und Bewerber in einer festgelegten reihenfolge: Für jede aufgeführte Person können für den Fall ihres ausscheidens Nachrücker benannt werden. D -

Sperrklausel: Bis zur europawahl von 2009 bestand eine Fünfprozentklausel. auch eine Landeslistenpartei konnte nur dann mit ihren kandidaten ins Parlament einziehen, wenn sie bundesweit über fünf Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen auf sich vereinigen konnte. So reichten 1994 die bundesweiten 4,7 Prozent für die PdS nicht für Parlamentsmandate aus, obwohl sie in den neuen Bundesländern zwischen 16,6 und 27,3 Prozent der Stimmen erhalten hatte. dagegen konnte die cSU, die nur in Bayern antritt, bisher mit Landesergebnissen zwischen 45 und 64 Prozent jedes Mal die bundesweit geforderte Fünfprozenthürde überspringen. A -

reUTerS / Fabrizio Bensch

Somit muss das europawahlgesetz schnell geändert werden. das Fehlen einer jeglichen Sperrklausel ermöglicht es nun kleineren Parteien in deutschland, in der 8. Wahlperiode vertreten zu sein. die 96 deutschen abgeordneten dürften sich auf eine größere anzahl von Parteien verteilen. Sitzverteilung: die 96 Sitze werden nach der Wahl auf alle Parteien, die den einzug ins europaparlament geschafft haben, verteilt. Seit 2009 erfolgt dieser Vorgang nach dem Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren (divisorverfahren mit Standardrundung) entsprechend dem Verhältnis der im gesamten Wahlgebiet auf sie entfallenen Stimmen. Für eine Partei, die mit einzelnen Landeslisten angetreten ist, werden die ermittelten Sitze auf die Landeslisten unterverteilt. die so einer Bundesoder Landesliste zugesprochenen Sitze werden an die Bewerber entsprechend ihrer reihenfolge auf der Liste vergeben. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt. D

Das Europaparlament wird als einziges EU-Organ direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt und bezieht daraus wesentlich seine Legitimation. Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

Wahlen zum europäischen parlament

sowie ihr jeweiliger Listenrang werden von den Parteien oder politischen Vereinigungen in geheimer Wahl ermittelt. Wahlvorschläge: Paragraf 8 des europawahlgesetzes schreibt vor, wer Wahlvorschläge einreichen kann: „Wahlvorschläge können nach Maßgabe des § 9 abs. 5 von Parteien und von sonstigen mitgliedschaftlich organisierten, auf Teilnahme an der politischen Willensbildung und Mitwirkung in Volksvertretungen ausgerichteten Vereinigungen mit Sitz, Geschäftsleitung, Tätigkeit und Mitgliederbestand in den Gebieten der Mitgliedstaaten der europäischen Union (sonstige politische Vereinigungen) eingereicht werden“. D -

Das EP 2014 – mehr Macht, mehr Verantwortung

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A

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ABei der achten direktwahl des eP im Mai 2014 werden die großen europäischen Parteifamilien erstmals mit europaweiten Spitzenkandidaten antreten. Für die Sozialdemokraten/Sozialisten kandidiert der bisherige eP-Präsident Martin Schulz, für die konservativen der langjährige luxemburgische Premierminister Jean-claude Juncker. als weitere kandidaten treten an: für die Grünen die deutsche Ska keller und der Franzose José Bové, für die Liberalen der Belgier Guy Verhofstadt und der Finne olli rehn und für die Linken der Grieche alexis Tsipras. damit werden den Wählerinnen und Wählern erkennbare personelle und übernationale alternativen angeboten. D -

Wie bereits frühere Verträge hat auch der Vertrag von Lissabon dem eP mehr politische Gestaltungsmacht gegeben. Mehr Zuständigkeit bedeutet aber auch mehr Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, den nationalen Parlamenten und der europäischen Union insgesamt. E

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Noch stärker fällt die Unterstützung für die direktwahl des kommissionspräsidenten in der Zukunft aus. Sieben von zehn Befragten votierten in dieser Frage klar und unmissverständlich mit Ja und begründeten dies mit der ansicht, dass dadurch die Beschlüsse der eU zusätzlich legitimiert würden und die demokratie in der eU gestärkt würde. A

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reUTerS / Francois Lenoir

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Samuel dietz / Getty Images

ullstein bild – Müller-Stauffenberg

ullstein bild –Unkel

aP Photo / Geert Vanden Wijngaert

In Zukunft bedürfen alle von der eU geschlossenen internationalen abkommen – einschließlich der handelsabkommen – der Zustimmung des eP. das bedeutet zum Beispiel, dass die eU-kommission bei der aushandlung des geplanten Freihandelsabkommens mit den USa auch das Votum des eP berücksichtigen muss, will sie dafür eine Mehrheit bekommen. Seit dem Lissabonner Vertrag entscheidet das eP außerdem gemeinsam mit dem Ministerrat über den gesamten eU-haushalt. Bisher war es für nur knapp die hälfte aller eU-ausgaben zuständig. das eP wird nunmehr in allen Politikbereichen mit darüber entscheiden können, wie viel Geld wofür ausgegeben wird.

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Die Spitzenkandidaten der Europaparteien: Jean-Claude Juncker (EVP), Martin Schulz (SPE), Ska Keller (GPE), José Bové (GPE), Guy Verhofstadt (ALDE), Olli Rehn (ALDE), Alexis Tsipras (EL) Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014

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Wahlen zum europäischen parlament

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Der Zeitplan 2014

In der kommenden Wahlperiode sieht sich das europäische Parlament neuen herausforderungen gegenüber. So gilt es den Beitrittsprozess weiterhin zu überwachen, der sich im augenblick auf Verhandlungen mit der Türkei und seit Januar 2014 auch mit Serbien konzentriert.

14. bis 17. April das eP der vergangenen Wahlperiode hält seine letzte Plenarsitzung ab. 22. bis 25. Mai Wahlen zum neuen eP. Im anschluss daran nominiert der europäische rat (die Staats- und regierungschefs der 28 Mitgliedstaaten) einen kandidaten für das amt des Präsidenten der eU-kommission. 1. bis 3. Juli das neue eP tritt in Straßburg zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. es wählt seinen Präsidenten und die Mitglieder des Präsidiums. 14. bis 17. Juli Plenarsitzung des eP – ab diesem Zeitpunkt kann der neue Präsident der eU-kommission gewählt werden. Herbst der europäische rat nimmt im einvernehmen mit dem gewählten kommissionspräsidenten die von den regierungen der Mitgliedstaaten vorgeschlagenen künftigen eU-kommissare an. die so gebildete kommission muss vom eP in Gänze bestätigt werden. 1. November amtsantritt der neuen eU-kommission.

Literaturhinweise und Internetadressen

Weitere Adressen www.europa-digital.de www.elections2014.eu/de

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ABundeszentrale für politische Bildung (hg.): europäische Union (reihe Informationen zur politischen Bildung 279), überarb. aufl., 2012, 72 S. D

Varwick, Johannes (hg.): die europäische Union – krise, Neuorientierung, Zukunftsperspektiven, Schwalbach am Taunus 2014, 144 S.

Bundeswahlleiter www.bundeswahlleiter.de Gremien und Institutionen www.eu-kommission.de www.europarl.europa.eu www.europa.eu www.europarl.de Im gegenwärtigen EP vertretene deutsche Parteien www.cdu.de www.fdp.de www.csu.de www.gruene.de www.die-linke.de www.spd.de

Redaktionsschluss März 2014 Herausgeberin Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, adenauerallee 86, 53113 Bonn, Fax-Nr.: 02 28/995 15-309, e-Mail: [email protected]

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Impressum

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Redaktion C Manuskript Prof. dr. dr. h. c. Wichard Woyke, Münster Titelbild picture-alliance / dpa Gesamtgestaltung K Druck STark druck Gmbh & co.kG, 75181 Pforzheim Vertrieb IBro, kastanienweg 1, 18184 roggentin, Fax: 03 82 04/66-273 oder e-Mail: [email protected] Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 25/2014