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VON DEN KARIBISCHEN INSELN Archive und neuere Literatur, insbesondere zur G e s c h i c h t e v o n d e r M i t t e d e s 17. b i s z u r M i t t ...
Author: Alma Geisler
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VON

DEN

KARIBISCHEN

INSELN

Archive und neuere Literatur, insbesondere zur G e s c h i c h t e v o n d e r M i t t e d e s 17. b i s z u r M i t t e d e s 19. J a h r h u n d e r t s ( I I I . T e i l ) * Von H e r m a n n K e l i e n b e n z Inhalt: V. Der niederländisdie Bereich; VI. Der dänische Bereich; VII. Der schwedische Bereich; VIII. Der deutsche Bereich; IX. Der schweizerische Bereich.

V. Johan H a r t o g , Leiter der Bibliothek auf Aruba, hat in einem monumentalen, mehrbändigen Werk die Geschichte der in niederländischem Besitz befindlichen westindischen Inseln geschildert. Zuerst erschien der Band über Bonaire Die Geschichte dieser kleinen, östlich von Curafao gelegenen Insel gewinnt erst im Laufe des 17. Jahrhunderts an Interesse. Die Insel, die von 1642 ab unter der Verwaltung der Westindischen Kompanie stand, war nicht reich, doch trieb schon 1652 Jan de Yllian (Joäo de Ylläo), einer der ersten jüdischen Kolonisten, auf Cura;ao „Handel op Bonaire". Unter den „Commandeurs* vermerken wir Hans Frederics von Flensburg und Hans Jürgen Cramer von „Mylborgh" sowie Andreas Daal aus Gawenze in Preußen, dessen Nachfolger Christian Gerard Dammers aus „Nenburg" (Nienburg) in Hannover wurde. Bonaire exportierte Salz, Farbholz, Fleisch und Häute. 1806 lebten 945 Menschen auf der Insel, 1816, als die Insel Generalgouvernementsplantage wurde, waren es 1135, im Jahre 1850 zählte man 2159 Bewohner. 1817 übernahm der aus Neuchätel stammende Isaac Debrot „het bewind" der Insel. Auch unter ihm lebten Deutsche auf der Insel, u. a. der Chirurg Jan Louis Strack, Sohn des Chirurgen Johan Wilhelmus Strack aus Krefeld. Salz blieb auch jetzt der wichtigste Exportartikel. Der Absatz ging in erster Linie nach USA, daneben nach Kuba. Aruba, westlich von Curafao gelegen, kam 1636 unter die Herr-

*) Die Teile I und II erschienen in Bd. 5 (1968), S. 378-404, bzw. in Bd. 6 (1969), S. 452-469 dieser Zeitschrift. ') Johan H a r t o g , Bonaire. Van Indianen tot toeristen, Aruba 1957, 456 S.

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Schaft der Westindischen Kompagnie, doch gewann es erst neuerdings, als Stützpunkt der Erdölraffinerien, größere Bedeutung 4 . I m dritten, zwei Teile umfassenden Werk, schildert Η a r t ο g die Geschichte von Curasao, der bedeutendsten der drei an der venezolanischen Küste gelegenen Inseln s . Die niederländische Herrschaft, die dann durch Direktoren ausgeübt wurde, beginnt hier 1634. Unter den Direktoren und sonstigen hervorragenden Pesönlichkeiten bemerken wir Willem Kerckrinck (gest. 1692), Gerard Luis, Jacob Beck (oder Beek) und Jeremias van Collen, die letzteren drei aus bekannten Aachener Familien. Der Schweizer Isaak Faesch, der 1739 Direktor auf Curasao wurde, hinterließ bei seinem T o d 1758 ein Vermögen von 121 000 fl. Curasao wurde nadi 1648 die Sklavenbörse des Karibischen Raums. Seit 1675 war es Freihafen und konnte nun als Durchfuhrhafen und Packhaus für europäische Artikel und Mittelpunkt des Schmuggels dienen, wobei die Direktoren und ihre Leute mitmachten. Wie St. Eustatius, so hatte Curasao während des amerikanischen Freiheitskrieges eine besonders günstige Zeit, allerdings ging seit Mitte des Jahrhunderts die Schiffahrt der Insel mit der Niederländischen Republik zurück zugunsten von St. Eustatius. Curafaos besonderer Vorteil war seine Lage zur südamerikanischen Küste, die es ihm ermöglichte, in starkem Maße die Versorgung dieser Küstengebiete zu übernehmen. Leinenwaren spielten unter den europäischen Exportartikeln eine besonders wichtige Rolle, unter den Importgütern Tabak. Die Eigenproduktion der Insel war von geringer Bedeutung. Der Friede von Paris von 1784 beendete die zweite große Zeit Curagaos ( 1 7 6 6 - 1 7 8 3 ) . Unter den ersten Besiedlern bemerken wir J o ä o de M a n ( = Illao) (1651), während es bei David (Cohen) Nassy ( = Josef Nunes da Fonseca), der wie Man in Brasilien geboren war, nicht sicher ist, ob er nach Curasao kam. Eine zweite jüdische Gruppe kam 1659 von Amsterdam, weitere folgten nach 1664, zumeist waren es Sephardim. Von 1726 bis 1770 bildeten sie die Mehrheit der weißen Bevölkerung auf der Insel. Daneben gab es eine stärkere protestantische Kaufmannsgruppe, unter der, wie schon angedeutet, Familien aus Aachen einen bemerkenswerten Platz einnahmen. 1755 wurde eine eigene britische Gemeinde anerkannt. Der Verfasser *) Johan Η a r t ο g , Aruba, zoals het was, zoals het werd. Geschiedenis van de Nederlandsdie Antillen 1, Aruba 1968, 498 S.; audi englisch: Aruba, Past and Present. From the Time of the Indians until today, Oranjested 1961. ' ) Johan Η a r t ο g , Curajao, Van kolonie tot autonomic, I / I I , Aruba 1 9 6 1 , 6 4 5 u. 646 S.

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geht auch näher auf den in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts blühenden Sklavenhandel ein, der u. a. in den Händen der Grillo, Lomellino, Coymans und ihrer Agenten lag. Nach 1713 überflügelte dann England die Niederländer und andere Nationen im Sklavenhandel. Als die Insel in der 1796 einsetzenden Zeit der Verwirrung zweimal, 1800-1803 und 1807-1816, unter englische Herrschaft kam, verließen viele Kaufleute die Insel, um sich nach dem dänischen St. Thomas zu begeben. Auch ließen sich andererseits englische und amerikanische Kaufleute auf Curasao nieder. 1801 wurde Curajao von 450 Schiffen besucht (davon 119 britischen, 78 nordamerikanischen, 242 spanischen und 11 dänischen). 1814 betrug der Besuch noch 371 Sdiiffe. Eine neue Phase der Aktivität beginnt mit der Wirtschaftspolitik Willems I. 4 und der Gründung der Westindischen Maatschappij 1828. Im selben Jahr wurde eine Bank auf der Insel errichtet. Doch konnte sidi die Erklärung zum Freihafen nicht mehr recht auswirken. Der Handel hatte sich schon zu sehr auf St. Thomas verlagert. Korrespondenten der Westindischen Maatschappij waren G. F. Lenz und das Haus B. J. Weymar u. G. W. Hellmund. Die meisten Schiffe zwischen den Niederlanden und Curasao fuhren jetzt auf Rechnung der WIM, aber um 1837 waren es nur 4-5 im Jahr. Nadi 1845 ging der Handel vollends „achteruit". In einem weiteren Band behandelt Η a r t ο g die Geschichte der bbowenwindse" Inseln Sint Maarten, Saba und Sint Eustatius s . Auch dieses Werk hat mehr chronikartigen Charakter, wobei die Darstellung abschnittweise um die Hauptereignisse gruppiert ist. Die Salzfahrt, u. a. audi nach Brasilien, führte zur Besetzung von St. Maarten (1631). Dieses Salz war besser als das von Punta Araya, das die Niederländer schon seit 1599 holten. 1631 sollen etwa 90, 1632 mehr als 100 Salzschiffe die Insel besucht haben; der Bau der Befestigungsanlagen in Pernambuco konnte nach spanischer Quelle zu zwei Dritteln aus dem Gewinn gedeckt werden, den das Salz von St. Maarten abwarf. Während die Insel 1633 den Spaniern in die Hände fiel und bis 1648 von diesen beherrscht wurde, besetzten die Niederländer 1636 Sint Eustatius und Saba und 1642 St. Kruis (St. Croix). Die Niederländer führten hier das sogenannte Patronatssystem ein, wobei ein Kommandeur auf St. Eustatius und ein Vizekommandeur auf Saba den Patron vertraten. 14 ) Vgl. R . R e i η s m a , De Westindische Maatschappij, in: Tijdschrift yoor Geschiedenes 73 (I960), S. 58-74. •) Johan Η a r t ο g , D e Bovenwindse Eilanden Sint Maarten - Saba - Sint Eustatius, Eens gouden Rots nu zilveren Dollars, Aruba 1964, 747 5.

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Mit dem Westfälischen Friedensvertrag übernahmen die Niederländer wieder einen Teil von St. Maarten, während sich den anderen die Franzosen sicherten. Auf St. Maarten wurde jetzt Tabak angebaut, während die Besiedler von St. Eustatius Anil- ( = Indigo) und Zuckeranbau sowie die Viehzucht bevorzugten und Sklavenhandel trieben. In der zweiten H ä l f t e des 17. Jahrhunderts wurde St. Eustatius bald englisch, bald französisch, bald niederländisch; erst von 1696 ab blieb es, mit einer ganz kurzen Unterbrechung 1713, bis 1781 in den Händen der Niederländer. Saba, das 1715 512 Bewohner hatte, ging es um diese Zeit wirtschaftlich am besten; hier wurden Zucker und Baumwolle angebaut. St. Eustatius hatte damals 1274, St. Maarten 605 Einwohner. In der Folgezeit entwickelte sich dann St. Eustatius zum großen Umschlagplatz für den karibisdien Raum. Von hier aus wurden die französischen, dänischen und britischen Inseln mit Sklaven versorgt. 1750 zählte man dort 116 Kaufleute, unter ihnen befanden sich sogar „Türken" (vermutlich turcos = Libanesen) und Griechen. Ernsthafter Konkurrent war nur der dänische Freihafen auf St. Thomas, zumal auf St. Eustatius eine Einfuhrgebühr von 1 % erhoben wurde, die dann aber 1756 abgeschafft wurde. Franzosen und Engländer brachten ihren Rohzucker nach St. Eustatius, um ihn nach Amsterdam zu verschiffen. Im Jahre 1780 betrug der Export nach Amsterdam 30 Millionen P f u n d . Verbindungen bestanden außerdem nach Nordamerika. Mit der Zeit ergriffen die Engländer gegen diese niederländische Konkurrenz immer schärfere Maßnahmen. Ab 1760 war der Handel praktisch blockiert, dodi blühte er unter dem Einfluß der spanisch-englischen Feindseligkeiten 1766/67 wieder auf. Jetzt folgte eine kurze „goldene Zeit". 1768-1779 betrug die Zahl der einlaufenden Schiffe 2531 bis 3551 im Jahr. Der amerikanische Unabhängigkeitskampf ließ seit 1775 besonders die amerikanischen Verbindungen aufblühen. Neben der internationalen Kaufmannschaft war der Kommandeur De G r a a f f , Schwiegersohn von Abraham Heyliger, dem Vizekommandanten von St. Maarten, selbst ein großer Kaufmann. Für sein Amt bezog er zwar nur 740 pesos, aber sein Einkommen als Kaufmann wurde auf 30 000 pesos geschätzt. Er hatte 300 eigene Sklaven, und ein Viertel allen privaten Grundes der Insel gehörte ihm. Die große Zeit ging zu Ende, als der englische Admiral Rodney die Inseln 1781 einnahm und auf St. Eustatius drei bis vier Millionen P f u n d an Kaufmannschaften erbeutete. Ein großer Teil der Kaufleute wurde ausgewiesen, ein anderer Teil suchte

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Zuflucht auf St. Thomas. 1784 übernahm die Republik die Inseln wieder aus der Hand der Franzosen, die sie den Engländern abgenommen hatten. 1795 übernahmen die Franzosen erneut die Herrschaft, ihnen folgten 1801/02 die Engländer, 1802 die Niederländer, von 1810 bis 1816 die Engländer und 1816 übernahmen die Niederländer erneut das Regiment. Jetzt lebten auf St. Eustatius 2668, auf Saba 1145 und auf dem niederländischen Teil von St. Maarten 3559 Menschen. Davon waren 1748 bzw. 1145 und 2551 Sklaven. Seine frühere Bedeutung konnte St. Eustatius nicht wieder erlangen, zumal auch die Niederlande 1814 den Sklavenhandel verboten und England 1833 die Sklaverei abschaffte, während Frankreich und Dänemark 1848 folgten und außerdem die Amerikaner seit ihrem Handelsvertrag mit Schweden 1827 Gustavia auf St. Barthilemy aufsuchten. 1828 wurde St. Eustatius zwar zum Freihafen erklärt, doch war dieser Schritt nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung. Dieser ganzen Entwicklung mit den vor der Französischen Revolution einsetzenden und darüber hinaus andauernden Umwälzungen hat d e J o n g zwei sehr gründliche Studien gewidmet. In einer 1966 erschienenen Arbeit über den „schrumpfenden Horizont" der holländischen Kaufleute • untersucht er im besonderen die Rolle, die das karibisdie Gebiet in der Zeit von 1780 bis 1830 im Rahmen der Wirtschaftspolitik der Niederländischen Republik während der französischen Besetzung und dann im Vereinigten Königreich der Niederlande spielte. Er greift in seiner Einleitung weit aus und skizziert die Bedeutung der Inseln für die europäische Wirtschaft vor 1780, erörtert dann anhand einer guten Kenntnis der zeitgenössischen Literatur die Diskussion über den Nutzen der Inseln in der Folgezeit, bringt Daten über die wirtschaftliche Lage auf den Inseln und die lateinamerikanische Unabhängigkeitsbewegung. Das Monopol der Westindischen Kompagnie für die Fahrt nach Westindien und Amerika wurde 1815 liquidiert, künftig standen die Inseln allen niederländischen Schiffen offen. In Surinam, wo holländisches Kapital investiert war, wurden die ausländischen Schiffe weiterhin entschiedener ausgeschlossen als auf den Inseln, wo man vor allem mit den Amerikanern zusammenarbeiten mußte. Tatsächlich waren von den 1816 auf den Inseln einlaufenden Schiffen 23 aus den USA. Aber es *) Theo P. M. d e J ο η g , De krimpende horizon an de Hollandse Kooplieden, Hollands Welvaren in het Caribisdi Zeegebied (1780-1830), Assen 1966, 352 S.

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wurden dann auch in Surinam nicht nur an nordamerikanische Sdiiffe Konzessionen erteilt, sondern, wie es 1827 heißt, „an jeden, der danach fragte" 7. Im Jahre 1816 übernahm A. Kikkert als Generalgouverneur die dem Vereinigten Königreich zugesprochenen Inseln von den Engländern. Mit den unabhängigen Häfen konnte sich zunächst wegen des spanischen Kurses der niederländischen Regierung kein Handel entwickeln. Nach den Artikeln, die der wirtschaftspolitisdi aktive König 1824 für die zu gründende N.H.M. (Nederlandscbe Handel-Maatschappij) entwarf, sollte Curajao eine weit über den mexikanischen Meerbusen reichende Aufgabe zugewiesen werden. In diesem Zusammenhang sollte die Insel, die 1827 Freihafen wurde, der Stapelplatz für das karibische Gebiet werden. Dabei sollte vor allem die N.H.M. mitwirken. Handelsagenten, Superkargos wurden ausgesandt und Konsulate eingerichtet, um u. a. den Handel mit den unabhängig gewordenen Gebieten zu aktivieren. Allerdings wurde diese Tätigkeit von den holländischen Kaufleuten (im Gegensatz zur Situation in England) zu wenig unterstützt. Doch gelang es der N.H.M. und namentlich den Antwerpener Kaufleuten, gute Verbindungen herzustellen. An der Küste von Venezuela blieben ihnen Deutsche und Franzosen überlegen. Bezeichnend gegenüber der resignierenden Haltung war der Aufschwung Antwerpens als Kolonialmarkt wie auch die Aktivität des Rheinlandes. Der Rheinisch-Westindischen Kompagnie widmet der Verfasser einen eigenen Abschnitt, ebenso behandelt er die Verbindungen Hamburgs zu Antwerpen. D e J ο η g hat einige der in seinem Buch behandelten Fragen bereits in einer 1963 erschienenen Studie über die Niederlande und Lateinamerika angeschnitten 8 . Die Neuorientierung der niederländischen Politik ging von Falck, dem Minister für Erziehung, Handel und Kolonialangelegenheiten aus, der dabei allerdings mit dem Widerstand von Baron van Nagel, dem Außenminister, und van Maanen, dem Justizminister, zu rechnen hatte. In einer Note vom 15. April 1822 über die Neutralität der Niederlande war die Anerkennung Kolumbiens einbezogen. Das erste deutliche Zeichen für das holländische Interesse an 7

) Ebenda, S. 147. ) Theo P. M. d e J ο η g , Nederland en Latins-Amerika, met een voorwoord van H . B a n d e t en T. J. K a s t e l e i n = Overdrukken van het Instituut voor Economisdi onderzoek van de Rijksuniversität te Groningen, afdeling Sociale en Economische Geschiedenis N o . 4, 140 S. (Overdruk uit Economisdi-HistorisA Jaarboek 29 e deel, 1963). e

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Lateinamerika wurde dann die Mission des auf Curajao stationierten Leutnants H . W. de Quartel nach Bogoti. Er und der holländische Konsul in La Guayra, W. J. L. van Raders, wirkten am meisten auf die Entschließung vom 24. Mai 1826 ein, durch die Curasao den Status eines Freihafens erhielt. In seinem Buch von 1966 verfolgt d e J o n g die Entwicklung im großen ganzen bis 1830. Eine gewisse Ergänzung dazu stellt das Buch von H. R. C. W r i g h t dar, das im Tabellenanhang am Beispiel von 1829 zeigt, welch geringe Rolle Curasao (mit zwei ankommenden und zwei abgehenden Schiffen) gegenüber Surinam mit sechzig ankommenden und 66 abgehenden Schiffen in der gesamten Schiffahrt unter niederländischer Flagge spielte 9 . Die Aufhebung der Sklaverei auf den „Benedenwindse Eilanden" ist von Cornell's Christaan G ο s 1 i η g a untersucht worden I 0 . Im Mittelpunkt der Arbeit, einer akademischen »Proefschrift", steht das 1824 begonnene Missionswerk von Pater Niewindt (seit 1842 apostolischer Vikar), um die Sklaven für die Freiheit vorzubereiten, wobei er, im Gegensatz zur bisherigen Haltung der Regierung, bei Gouverneur van Lansberge Verständnis fand. Doch starb Niewindt (1860), bevor er sein Ziel erreicht hatte. Erst 1863 verkündete Gouverneur Crol die Abschaffung der Sklaverei. 1940 veröffentlichte Otto Heinz M a t t i e s e n 1 1 sein umfangreiches Werk über die Kolonial- und Uberseepolitik der kurländischen Herzöge, und es war anzunehmen, daß nicht mehr viel zu diesem Thema nachgetragen, allenfalls einige Unrichtigkeiten berichtigt oder kleinere Ergänzungen gebracht werden könnten t ! . Inzwischen hat ein amerikanischer Historiker, Edgar A n d e r s o n , das abenteuerliche, aber deprimierende, weil in seinen vielen Ansätzen immer wieder erfolglose Bemühen Herzog Jakobs um die Insel Tobago zum Thema sei») H. R. C. W r i g h t , Free Trade and Protection in the Netherlands 1816-1830. Α Study of the first Benelux, Cambridge 1955, S. 231 ff. 10 ) Cornells Christaan G ο s 1 i η g a , Emancipate en Emancipator. De Geschiedenis van de Slavernij op de Benedenwindse Eilanden en van het Werk der Bevrijding, Assen 1956,187 S. u ) Otto Heinz M a t t i e s e n , Die Kolonial- und Oberseepolitik der kurländisdien Herzöge im 17. u. 18. Jh., Schriftenreihe der Stadt der Ausländsdeutschen Nr. 6, Stuttgart 1940. ia ) Vgl. dazu Hermann K e l l e n b e n z , Sephardim an der unteren Elbe, ihre wirtschaftliche und politische Bedeutung vom Ende des 16. bis zum Beginn des 18. Jh., Wiesbaden 1958, S. 158-160.

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ner Doktorarbeit gemadit 1S und eine deutsche Fassung seiner Ergebnisse in den „Baltischen Heften" veröffentlicht. A n d e r s o n hat auf breiter Basis in Nord- und Westeuropa Archivstudien getrieben und sich selbst auf Tobago aufgehalten, mit dem Erfolg, doch noch neue Details bringen zu können u . Folgende Tatsachen stehen jetzt fest: Der junge Prinz Jakob weilte in den Jahren 1634-1636 in Westeuropa und studierte u. a. Schiffbau und Navigation in Amsterdam sowie Ökonomie und Geographie in Leiden und erhielt hier zum ersten Mal eine Anschauung von den europäischen Überseeverbindungen. Hinzu kam, daß er Pate Jakobs I. von England war und der englische König wie audi die Kammer Zeeland der Niederländischen Westindienkompagnie Besitzansprüche auf Tobago erhoben, während die Spanier die Insel immer noch als Teil ihres „indischen Reichs" betrachteten. Vermutlich sandte Jakob schon 1634, allerdings ohne daß die Öffentlichkeit von seiner Beteiligung wußte, von Holland aus ein Schiff mit Kolonisten nach der Insel und machte dann noch einen zweiten Versuch mit Seeländern. A n d e r s o n rechnet mit der Möglichkeit einer Beteiligung des Herzogs am illegalen Sklavenhandel von Guinea nach Westindien vor 1640. Zwischen 1642 und 1648 passierten 25 oder 26 kurländische Schiffe den Sund, 1643-1650 waren es 53. Mit der kombinierten Afrika- und Amerikafahrt wenigstens einiger dieser Fahrzeuge muß geredinet werden. 1642 kehrten zwei Schiffe direkt aus Westindien zurück, vermutlich, meint A n d e r s o n , von St. Maarten, wo man Salz laden konnte. Das Hauptbuch Jakobs von 1631-1642, das Mattiesen noch einsehen konnte, verzeichnete hohe Gewinne, und als er 1642 die Regierung Kurlands antrat, war er ein reicher Mann. Seine Gemahlin, Luise Charlotte, eine ältere Schwester des Großen Kurfürsten, war Partizipantin der Holländischen Westindienkompagnie; außerdem hatte sie den Generalstaaten beträchtliche Summen geliehen und in verschiedenen holländischen Banken investiert. Zwischen 1645 und 1647 erwarb Jakob die Insel Tobago durch ein freundschaftliches Arrangement mit dem damaligen englischen Besitzer Robert Rieh, 2. Earl of " ) Edgar A n d e r s o n , The Couronians and the West Indies, Diss. Univ. of Chicago, Dep. of History, 1956. u ) Edgar A n d e r s o n , Die ersten kurländisdien Expeditionen nach Westindien im 17. J a h r h u n d e r t , in: Baltische H e f t e 8 (1961), S. 13-35; ders., Die kurländische Kolonie Tobago I, ebenda, S. 129-159; ders., Die kurländisdie Kolonie Tobago II, ebenda, S. 216-232; vgl. audi ders., The Couronians and the West Indies - the first Settlements, in: Caribbean Q u a r t e r l y V, N r . 4, 1959, S. 262-271 (eine knappe Skizze dessen, was er in seiner Thesis und in den deutschen Aufsätzen ausführlich schildert).

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Warwick, und nahm die Insel endgültig in Besitz, als der Earl wegen der Revolution in England nicht mehr die Möglichkeit hatte, seine Interessen zu wahren. Die eigentliche Kolonisationstätigkeit begann mit der Ankunft des „Wappen der Herzogin von Kurland" an der Nordwestküste Tobagos im Mai 1654. Die damals unter dem Kapitän Mollens entstehende Kolonie Neu-Kurland bestand bis Ende 1659. Ein Fort und ein kleines „Städtchen", Jacobusstadt, bildeten die Stützpunkte. Herzog Jakob war liberal hinsichtlich der Bedingungen für die Besiedelung. Das zu erschließende Land sollte folgendermaßen verteilt werden: Ein Kapitän sollte 300 Morgen, ein Leutnant 240, gewöhnliche Soldaten oder Knechte 60, Leibeigene (aus Kurland) oder Sklaven 30 Morgen bekommen. In den ersten drei Jahren waren die Siedler von Abgaben befreit. Das größte und beste Stück Land bildete eine große Pflanzung von 2 0 0 - 2 8 0 ha, die vermutlich dem Herzog selbst gehörte. Die Kleingrundbesitzer dürften in der Mehrzahl Letten gewesen sein, Bauern, die Strafen absitzen mußten und denen man - ähnlich wie die Schweden bestrafte Bauern aus Finnland und Livland nach Nya Sverige schickten - eine Chance in Tobago gab. Unter den übrigen Kolonisten findet man deutsche, holländische und englische Namen. Die meisten Siedler, die den Anbau von Zucker, Tabak, Ingwer und Baumwolle betrieben und besonders mit Barbados handelten, fielen indessen Krankheiten und den Angriffen der Eingeborenen zum Opfer. Die Kolonie als solche erlag 1659 der Überlegenheit seeländischer Siedler, die, von der Firma Adrian und Cornelius Lampsins ausgeschickt, sich im Südwesten der Insel festsetzten und von der Westindischen Kompagnie gestützt wurden. Mit diesen zusammen dürften sich 1658 auf Tobago 1 0 0 0 - 1 5 0 0 Kolonisten befunden haben. Während des Angriffes der Schweden auf Kurland geriet Jakob in Gefangenschaft; erst der Friede von Oliva gab ihm wieder die Freiheit. Inzwischen, Ende 1659, übergab der Rest der Besatzung das kurländische Fort den Holländern. Unter den Lampsins entwickelte sich die Insel zu einem bedeutenden Handelsstützpunkt, A n d e r s o n meint zum bedeutendsten der Antillen. 1665 sollen hier 1000 Weiße und 7000 Neger gewohnt haben. Der zweite englischholländische Seekrieg setzte dem holländischen Regime ein Ende. Karl I I . von England überließ Jakob Tobago als Lehen, während die Generalstaaten die Insel zur Kolonie erklärten und der Friede von Breda (1667) Tobago tatsächlich der Republik zusprach. 1672 zwangen die Engländer die auf Tobago siedelnden Holländer zur Übergabe, aber der Frie-

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densschluß von 1674 sprach Tobago wiederum den Niederländern zu. Im Jahre 1681 machte Jakob noch einmal einen Kolonisationsversuch; ein neues Fort wurde gebaut, aber die meisten Siedler begaben sich nach Barbados. Zum Ende dieses Jahres starb Jakob. Sein Sohn und Nachfolger Friedrich Casimir schickte 1683 und 1684 je ein Schiff nach der Insel und ließ 1686 noch einmal ein Fort erbauen; zwei Schiffe erreichten auch 1687 die Insel. Im November 1689 ernannte der Herzog den aus der Geschichte der dänischen Kolonisationsbemühungen bekannten Adolf Esmit zum Gouverneur auf Tobago, aber weder Schiff noch Gouverneur erreichten die Insel. Damit enden die kurländisdien Versuche. Schon Anfang 1684 erklärte der englische Generalstaatsanwalt Karls I. Übertragung von Tobago an Kurland für nichtig. Im Dezember 1686 teilte der König dem kurländischen Gesandten mit, er halte sidi nicht für verpflichtet, den Anspruch des Herzogs auf Tobago anzuerkennen, noch seinen Untertanen zu erlauben, dort zu siedeln. Der Prozeß, der daraufhin begann, sollte fast bis zum Ende des Herzogtums Kurland dauern. Am Ende seiner Arbeit hebt A n d e r s o n hervor, warum die Versuche der Kurländer, der ersten Nordeuropäer in Westindien, scheiterten, und faßt die Gründe zusammen: Zu große Entfernung zum Mutterland, Mangel an Erfahrungen und militärischen Kräften, Unfähigkeit der Kurländer, sich an das Klima zu gewöhnen, zu großes Vertrauen auf Ausländer, Schwierigkeiten zwischen den Leitern des Unternehmens und denen der Niederlassungen einerseits sowie mit dem Herzog andererseits und schließlich das Kriegsgeschehen, das Kurland selbst heimsuchte. Eine „vollständige" Geschichte Tobagos hat C. R. 0 1 1 1 e y geschrieben. Doch ist das Werk mehr für einen breiten Leserkreis bestimmt und bringt auch keine Literaturangaben 1S.

VI. Nach dem klassischen Werk des unlängst verstorbenen Waldemar W e s t e r g a a r d " über die dänischen Besitzungen in Westindien und einer Arbeit von Kay L a r s e η 17 haben die Dänen ihr Wissen über 15 ) C. R. 0 1 1 1 e y , The Complete History of the Island of Tobago in the Westindies, Port of Spain o. J., 148 S. '·) Waldemar W e s t e r g a a r d , The Danish West Indies, N e w York 1917. ") Kay L a r s e η , Dansk Vestindien 1666-1917, Kopenhagen 1928.

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ihre „alte Tropenkolonien" in einem großartig ausgestatteten zweibändigen Sammelwerk 1952 und 1953 der Öffentlichkeit vorgelegt. Hier interessiert uns vornehmlich der zweite Band , e , der Westindien gewidmet ist, aber auch ein Teil des ersten, der die Beiträge über Ostindien und die Goldküste umfaßt l e . Die Geschichte von Dänisch-Westindien bis 1755, d. h. bis zu dem Augenblick, als der König die Auflösung der Dänischen Westindienkompagnie beschloß und die Verwaltung der Kolonien, d. h. von St. Thomas, St. John und dem 1733 von den Franzosen gekauften St. Croix, selbst übernahm, schrieb Jens B r o - J o r g e η s e n. Der Verfasser geht dabei auch auf den Stützpunkt ein, den die Kompagnie von 1685 ab den Brandenburgern einräumte I0 . Die Zeit von 1755 bis 1848, d . h . bis zur Auflösung der Sklaverei, schilderte Jens V i b a e k . Unter den Kommandanten auf St. Thomas befanden sich Schleswig-Holsteiner, wie der Oberstleutnant Ulrik Wilhelm von Roepstorff und wahrscheinlich auch Peter Clausen, dessen Nachfolger Heinrich Ludwig Ernst von Schimmelmann (1784-1787), ein Vetter von Ernst Schimmelmann, wurde. Er hatte sich jahrelang auf den Inseln als Administrator der Plantagen des Schimmelmannschen Fideikommisses betätigt. Von diesen wurden die zwei auf St. Croix gelegenen La Grange und La Prinsesse besonders bekannt als große Musterpflanzungen. Als Sdiimmelmann sie vom Staat übernahm, befanden sie sich in einem kümmerlichen Zustand. Während St. Thomas und auch St. John der Freihafenordnung unterlagen, war für das Zucker produzierende St. Croix die Verbindung zu Kopenhagen von entscheidender Bedeutung, um einen regelmäßigen Absatz für den Zucker zu bekommen und regelmäßig versorgt zu werden. Die Schiffahrt richtete sich nach dem „Zuckerherbst", d. h. die Schiffe kamen im Frühjahr an und verließen die Inseln möglichst vor dem 27. Juli (Beginn der Orkanzeit). In der übrigen Zeit lag die Reede vor den beiden Orten Christiansted und Frederiksted fast leer. Ab 1761 wurde eine regemäßige Paketfahrt eingeführt und 1789 jedem anlegenden Schiff der Postzwang auferlegt.

la

) Vore gamle Tropekolonier, Ved Gunnar O l s e n , Kamma S t r u w e , Aage R a s c h , Georg N o r r e g a a r d , Jens B r o - J a r g e n s e n , Jens V i b a e k , Fridlev S k r u b b e l t r a n g , Under Redaktion af Johannes B r e n s t e d , I, Dansk Ostindien Goldkysten, Kopenhagen 1952. ") Vore gamle Tropekolonier,... II, Dansk Vestindien, 1953. M ) Vgl. dazu audi Hermann K e l l e n b e n z , Die Brandenburger auf St. Thomas, in: JbLA 2 (1965), S. 196-217.

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Wie auf den anderen Inseln waren audi auf den dänischen die Pflanzer an die Westindienkompagnie stark verschuldet. 1754 betrugen diese Schulden 1 290 000 dänische Rt. Von Clausen, der 1766 sein Amt übernahm, hoffte man, daß er die Schulden eintreiben könne. Seit Ende der sechziger Jahre tritt besonders das holländische Haus Abraham ter Borch en Zonen als Kreditgeber auf, Der Verfasser schildert im einzelnen, wie diese Darlehnsgeschäfte vor sich gingen. Die Pflanzer stellten den Kreditgebern Pfandbriefe zur Verfügung, die die erste Priorität hatten. Auf Grund dieser Pfandbriefe, die nach Amsterdam gesandt wurden, wurden andere Obligationen (Kassaobligationen) in Multipla von 1000 Gulden ausgestellt, die dann auf dem holländischen Darlehnsmarkt nach dem gerade geltenden Kurs abgesetzt wurden. Danach konnte der Pflanzer sein Darlehen mit Wechseln auf das Haus ter Borch en Zonen ziehen. Der Kurs der Kassaobligationen lag beträchtlich unter Pari, der Zinsfuß betrug 6-7 % . Dazu kamen noch die Kommissionskosten. Außerdem bedang sich die Gläubigerfirma in der Regel aus, daß sie die Zuckerproduktion des Schuldners zum Absatz gegen Provision konsigniert bekam und daß der Pflanzer sich verpflichtete, seinen Bedarf von Amsterdam einzuführen. Die Folge dieser Entwicklung war, daß weniger Zucker nach Kopenhagen ging, worauf führende Kopenhagener Firmen, Iselin & Co., van Hemmert & Söhne und Fenger & Borre die Einrichtung eines Darlehnskontors nach holländischem Muster vorschlugen, doch wurde dieser Vorschlag nicht verwirklicht. 1773 wurde die Firma ter Bordi fallit. Schließlich nahm sich das Finanzkolleg, dem ja Ernst Schimmelmann als führende Persönlichkeit und Großpflanzer angehörte, der Sache an. 1781 betrug der Schuldenbestand etwa 16 Millionen fl, davon über die Hälfte beim Haus ter Borch. Die Sache konnte dann so geregelt werden, daß die Abhängigkeit von den Holländern aufhörte. Neben Zucker wurde auch noch Rum exportiert, während die Baumwollproduktion unbedeutend war. Nach einer Verordnung von 1755 sollte die Versorgung der Insel mit gewerblichen Erzeugnissen über Dänemark erfolgen, von 1764 ab wurde dieser Zwang aufgehoben und nun konnten Werkzeuge für die Plantagen und besonders das so wichtige Baumaterial auch von anderswo, etwa von Nordamerika, eingeführt werden. Die Zollbücher für Christiansted von 1781 zeigen, daß von Dänemark etwa 36 % Lebensmittel, 30 °/o Textilien, 28 % Luxusgüter (darunter weißer Zucker!), 4 %> Baumaterial und 2 % Eisen ein-

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geführt wurden, also verhältnismäßig wenig Investitionsgüter. Von Nordamerika kamen jetzt Holz, Holzwaren, Vieh, Lebensmittel, von Madeira Wein. St. Croix hatte übrigens in diesem Kriegsjahr einen starken Anteil am Transit. Der Bedarf der Niederlage in St. Thomas war so, daß auch mit nichtdänischen Gütern ein gutes Geschäft gemacht werden konnte, insbesondere war der Absatz schlesischen Leinens hier sehr gut. Die Plantagen auf St. Croix waren gewöhnlich 3000 Fuß lang und 2000 Fuß breit und umfaßten 150 acres. Von Anfang an herrschte ein starker Umsatz an Grundstücken, was mit den steigenden Werten in der Mitte des Jahrhunderts zusammenhing, wobei vielfach spekuliert wurde. Nach einer Bestimmung von 1756 fielen Plantagen, die nicht bewirtschaftet wurden, innerhalb einer bestimmten Zeit an den Staat zurück. Zum Teil wurden Plantagen zusammengelegt. In einem der besten Zuckerdistrikte, Dronningens Kvarter, hatten 1803 von 218 Plantagen 84 ca. 100-199 acres, 34 200-299 und 42 300-399, 8 Plantagen hatten 600 acres und darüber. Die in der Matrikel befindliche Bezeichnung Zuckerplantage, Baumwollplantage besagte nicht, daß auf den betreffenden Plantagen nur Zucker oder nur Baumwolle angebaut worden wäre; 1796 wurden nur 53,4% der Zuckerplantagen zum Zuckerrohranbau verwendet. Der Verfasser gibt einen Uberblick über die Entwicklung der Plantagenpreise während des 18. Jahrhunderts. Um 1700 betrug der Preis per acre 3,33 Rt., 1786/87 stand er auf 160-196 Rt. In den nächsten Jahren stieg der Preis weiter bis auf 220 Rt. Ein guter Teil der Plantagenbesitzer waren Engländer. Der Verfasser betont ihr Streben, rasch reich zu werden und dann in England ein „Nabobleben" zu führen. Um dieses rasdien Gewinns willen wurde viel Raubbau getrieben. Dies paßt ganz zu dem Bild, das wir von den englischen und französischen Inseln haben. Weitere Abschnitte gelten der Sklaverei und der Aufhebung des Negerhandels, dem täglichen Leben, der Herrnhuter Niederlassung und den Kriegsjahren, die 1807 zur Besetzung der Inseln durch die Engländer führten. In den ersten Kriegsjahren waren die wirtschaftlichen Verhältnisse besonders gut. Der Zuckerhandel kulminierte in Kopenhagen 1804 mit einem Importwert von 4,7 Millionen Rt. d.c. Damit wog er fast ebensoviel wie der asiatische Handel. 1796 betrug die Schuld beim Staat 4,4 Millionen Rt. v.c. (vestindtsche courant), 1816, nach dem Krieg, lag sie bei 3,6 Millionen Rt. v.c.

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Nach dem Kriege, als die Inseln wieder zu Dänemark gehörten, war die große Zeit von St. Croix vorbei. In Kopenhagen nahm man eine Neuorganisation der Zentralverwaltung für Westindien vor, der Kommandant auf St. Thomas erhielt 1822 den Titel Gouverneur und schließlich Generalgouverneur. Um dem Absentismus entgegenzuwirken, wurde 1817 eine besondere Steuer von denen erhoben, die sich länger als sechs und zwölf Monate außer Land aufhielten, und zwar wurde nicht nur die Bruttoernte besteuert, sondern auch die Stadthäuser. Verschiedene Pflanzer lebten auch jetzt in England. Während die Plantageninseln St. Croix und St. John wirtschaftlichen Still- und Rückgang erlebten, hatte St. Thomas mit seinem Freihafen in Charlotte Amalie eine gute Zeit, die allerdings nicht so glänzend war wie die Jahre 1801-1807. 1815 wurde der Handel zwischen St. Thomas und Europa, der bislang den Schiffen mit dänischer Flagge vorbehalten war, für alle Nationen freigegeben, allerdings gegen einen verhältnismäßig hohen Zoll. Zu Jahrhundertbeginn liefen jährlich etwa 1300 Schiffe ein, 1816-1819 waren es jährlich 1169. Darunter befanden sich natürlich auch viele kleine Fahrzeuge, die nur in den Antillen verkehrten. Die südamerikanische Unabhängigkeitsbewegung kam der zentralen Lage von St. Thomas zugute. Der Rückgang der Zuckerpreise ab 1817, die Konkurrenz von Ostindien und Brasilien aber führten auf St. Croix zu einer schleichenden Krise. St. Croix produzierte etwa dreimal soviel Zucker als der Mutterstaat verbrauchte. Der Überschuß mußte auf dem außerdänischen Markt abgesetzt werden. Bezeichnenderweise überstieg ab Beginn der dreißiger Jahre die Zahl der Flensburger Schiffe in der Westindienfahrt diejenige Kopenhagens. Offiziell wurde Kopenhagens Monopol der Westindienfahrt 1833 aufgehoben, und damit war der Handel für Schiffe aller Nationen frei. Jetzt wurde Kopenhagens Anteil am Zuckerimport von St. Croix beträchtlich reduziert. Erst mit der Zollremission von 1844 wudis der dänische Anteil wieder. Die Aufhebung der Sklaverei 1848 war das Werk des Generalgouverneurs Peter van Schölten, dessen Leben Harold L a w a e t ζ geschildert hat Emanuel S e j r schrieb über die Westindische Handelsgesellschaft in Ärhus, die in dem für die neutrale dänische Schiffahrt noch günstigen Jahr 1782 gegründet wurde, aber mit ihren zwei Schiffen nach dem

s l ) Harold L a w a e t i , Peter v. Sdiolten, Vestindiske Tidsbilleder fra den sidsce Generalguvernors Dage, Kopenhagen 1940.

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Friedensschluß von Versailles rasch in Schwierigkeiten geriet und in einem mehrere Jahre währenden Liquidationsverfahren endete M . Wie die englischen und holländischen Inseln waren auch die dänischen Inseln Freistätten religiöser Zugehörigkeit. Am Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Christiansted, der Hauptstadt der wegen ihrer Zuckerproduktion so wichtigen Insel St. Croix, Lutheraner, Mährische Brüder, holländische Reformierte, Quäker, Presbyterianer und Israeliten. Dazu kamen, wenn man die ganze Insel einbezieht, noch „Episcopalians" und Römisch-Katholische. Jens L a r s e η hat über die lutherische Staatskirche und die anderen Kirchen auf den Inseln geschrieben M . Als dritter lutherischer Pastor kam im Juni 1674 Theodorus Christensen Riisbrick, ein Schleswiger, mit lateinischem Namen Theodorus Christianus Holsatus, „a drunkardder die Insel 1678 wieder verließ. Auch bei anderen Pastoren weist der Verfasser auf ihre Trunksucht hin oder sie starben bald nach ihrer Ankunft. Einer, Pastor Jens Frederiksen Hofmann, floh nach St. Eustatius. Man darf sich nicht wundern, daß manche dieser Männer an den großen Schwierigkeiten des tropischen Insellebens scheiterten: sie mußten sich zurechtfinden unter Männern, die ζ. T. aus dänischen Gefängnissen kamen, und Frauen, die man aus dem Erziehungshaus hergeschickt hatte. 1673 traf das erste Sklavenschiff mit 103 Schwarzen ein. Das Schiff Neptun hatte 1682 hundert männliche und zwanzig weibliche „convicts" an Bord. Von Holländern wurde es gezwungen, die Azoren anzulaufen. Später strandete es an einer Insel außerhalb Göteborgs. Schleswiger, Holsteiner findet man unter den ersten Bewohnern und Gouverneuren, und so mußte der Pastor dänisch und deutsch predigen können. Der letzte, der dies konnte, war Andreas Thambsen Tams, der 1732 nach St. Thomas kam. In diesem Jahr beginnt hier die Tätigkeit der Mährischen Brüder mit Dober und Nitschmann, denen zwei Jahre später vierzehn Brüder folgten, und 1739 besuchte Zinzendorf die Insel. Von 1757abarbeitete auch eine dänische lutherische Mission auf den Inseln, doch blieb ihre Tätigkeit klein im Vergleich zu der der Mährischen Brüder. 1850 lebten auf St. Croix 4016 Lutheraner, 5669 Mitglieder der Brüdergemeine, 7219 Anhänger der Episcopal Church und 6653 Römisch-Katholische. Etwa a

) Emanuel S e j r , Arhus Vestindske Handels Selskab, in: Erhvervs - Historisk Arbog 13, Arhus 1961/62, S. 47-72. ,J ) Jens L a r s e η , Virgin Islands Story. A History of the Lutheran State Churdi, other Churdies, Slavery, Education and Culture in the Danish West Indies, now the Virgin Islands, Philadelphia Pa. 1950, XII + 250 S.

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zur selben Zeit zählte man auf St. Thomas, das inzwischen einer der großen Umschlagplätze der karibischen Welt geworden war, 5340 RömischKatholische, 2537 Mitglieder der Brüdergemeine, 2289 Lutheraner (nur 331 Dänen und 1950 englisch Sprechende), 1365 Episcopalians, 711 holländisch Reformierte, 372 Israeliten und 824 Andersgläubige. Die Epitaphien des jüdischen Friedhofs auf St. Thomas hat Julius M a r g o l i n s k y aufgenommen 24 . Auffallend ist der Zuzug von den holländischen Inseln (und anderen karibischen Inseln) in der Blütezeit von St. Thomas, aber audi Hamburg und andere deutsche Orte sind vertreten M . VII. Schweden nahm nach dem Intermezzo am Delaware, das 1655 zu Ende ging, erst 1783 wieder die Gelegenheit wahr, Kolonialbesitz zu erwerben. Die Gelegenheit ergab sich aus den Verwicklungen, in die Frankreich während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges geriet. Es zeigte sich hierbei, daß Frankreich nicht in der Lage war, allen seinen Inseln den nötigen Schutz zu leihen. Doch kam es erst im Jahr des Friedensschlusses, 1783, zu einem Vertrag Frankreichs mit Schweden, der die Abtretung von St. Barthilemy zum Ziel hatte. Die Geschichte dieser Verhandlungen und die Entwicklung der schwedischen Beziehungen zu dem neuen Besitz ist von Ingegerd H i l d e b r a n d in ihrer Doktorarbeit untersucht worden 2e. Der schwedische Handel mit Amerika war bis dahin bescheiden. Doch nahm er dank der Tätigkeit von Richard Söderström, der dann schwedischer Konsul in Nordamerika wurde, seit Beginn der 80er Jahre zu, und 1783 Schloß Schweden einen Handelsvertrag mit den USA. Die wenig fruchtbare, aber mit einem guten Hafen versehene Insel St. Barth01emy wurde am 7. März 1785 von den Franzosen dem sdiweM ) Epitaphs on the Jewish Cemetery in St. Thomas, W. I. 1837-1916 computed from Records in the Archives of the Jewish Community in Copenhagen, With an Index by Julius M a r g o l i n s k y , Second Photostatic Edition, Copenhagen 1965. IJ ) Ebenda, S. 16: Jacob Behrens, Pyrmont, gest. 1857; S. 17: David Lowenberg, von Telgte 1825, gest. 1855 (Gelbfieber); Louis Meyer, Nienburg a. S. 1837, gest. 1855 (Gelbfieber); S. 19: Joseph Lewien, geb. Hamburg 1810, gest. 1858 (Gelbfieber); S. 20: Wilhelm Rosenbaum, geb. Hamburg 1837, gest. 1864; S. 22: Alexander Levy, geb. Hamborn 1831, gest. 1870; S. 30: Sigismund Rothschild, geb. München 1800, gest. 1870. **) Ingegerd H i l d e b r a n d f(ödd) Göthc, Den svenska kolonin S:t Barthilemy och Västindiska kompaniet fram tili 1796, Lund 1951, VII + 350 S.

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disdien Kommandanten Baron S. M. von Rajalin übergeben. Dem Beispiel der Holländer und Dänen folgend, wurde die Insel am 7. September 1785 zum Freihafen erklärt. In diesem Jahr wurden zwei schwedische Schiffe nach der Insel ausgerüstet, im nächsten wurde der Handel mit der Insel und ein gewisser Anteil an der Verwaltung einer eigenen „ Västindiska kompani" übertragen. Doch handelte es sich nidit um ein ausgesprochenes Monopol für den Westindienhandel Schwedens. N a d i dem Frieden verboten die Engländer den Amerikanern den Westindienhandel mit eigenen Sdhiffen. Hier hatte St. Barthilemy eine Chance: es wurde zum Treffpunkt amerikanischer Schiffer und Kaufleute, die hier ihre Geschäfte mit englischen Kommissionären abwickeln konnten. Allerdings verboten die Engländer 1787 die Einfuhr amerikanischer Güter nach den britischen Besitzungen über neutrale Inseln. Außerdem fiel im nächsten Jahr - inzwischen war es zum Krieg zwischen Schweden und Rußland gekommen - ein Schiff der Kompagnie auf der Rückfahrt nach Schweden im Kattegat den Russen in die Hände. Ende der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts, während des schwedischrussischen Krieges, plante die Kompagnie eine Sklavenexpedition nach Afrika; in Nürnberg wurden Spiegel, bemalte Bledischnupfdosen, Rasiermesser, rote und weiße Nachtmützen, in Bordeaux Branntwein eingekauftund von Norrtälje Gewehrebezogen, doch kam dieExpedition nicht zustande. Das nächste Schiff, das man nach St. Barth^lemy sandte, fuhr der Sicherheit halber nicht unter schwedischer Flagge, sondern benutzte die neutrale preußische. Über Ludewig Vermehren in Memel wurde eine entsprechende Vereinbarung mit der Memeler Firma Wacksen & Co. getroffen. Das schwedische Schiff sollte dieser Firma gehören und unter Emder Flagge fahren. Als die Rückfahrt kam, befürchtete man indessen, Preußen könne auch in den Krieg verwickelt werden. Deshalb wurden die Papiere auf St. Eustatius ausgestellt und Hansen, der Absender, als holländischer Bürger ausgegeben. Ziel der Rückfahrt war nach den Papieren Lübeck, tatsächlich strebte das Schiff aber einen schwedischen Hafen an und gelangte dann auch nach Stockholm. Von Anfang an scheint das Schmuggelgeschäft mit den französischen Besitzungen in Schwung gekommen zu sein. Die Französische Revolution aber beeinträchtigte diese Geschäfte, da die Schweden zunächst gegen die Revolutionäre waren. In dieser Zeit wurde die Angelegenheit der Schwedischen Westindienkompagnie durch die Firma Röhl & Hansen vertreten, während Röhl gleichzeitig Agent der Regierung für

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Westindien war. Mit dem Ausbruch des Krieges 1793, der St. Eustatius seine Neutralität kostete, zogen eine Reihe von Kaufleuten von dort nach St. Barthelemy. Erneut wurde jetzt diese Insel (neben St. Thomas) ein Depot der Amerikaner für ihr Westindiengeschäft. Auch der Krieg der Amerikaner mit Algier kam den neutralen Schweden und damit St. Barthelemy zugute. Um die amerikanischen Schiffe anzulocken, wurde außerdem 1794 Göteborg zum Freihafen erklärt. Gleichzeitig verbot aber Schweden die Einfuhr von Kaffee. Erst nadi der Aufhebung dieses Verbots 1796 konnte sich das Geschäft der Kompagnie erneut entfalten. Die Arbeit von Frau H i l d e b r a n d hat viel neues Material erschlossen, wenn sie auch das Thema nicht voll erschöpft hat und in quellenmäßiger Hinsicht gewisse Mängel festzustellen sind Sture M. W a l l e r wirft ihr in seinem Artikel von 1954 28 vor, sie habe die internationale Literatur zu wenig ausgewertet. Er selbst beleuchtet nun mit Hilfe ergänzender Literatur die handelspolitische Bedeutung der Insel von der Übernahme durch die Schweden bis 1801, als St. Barthelemy von den Engländern besetzt wurde. Hier sei nur kurz berührt, was der Verfasser über die Vorgänge in den Jahren 1797 bis 1801 bringt. Im Frühjahr 1796 übernahm Georg af Trolle den Posten des Kommandanten, der sich vor allem um die weitere Pflege guter Beziehungen zu den Franzosen bemühte. Allerdings ließ der französische Kommissar für Westindien, Hughes, im Herbst 1796 die französischen Verbindungen mit der Insel abbrechen, was jedoch ein Intermezzo blieb. Aber auch unter den Eigenmächtigkeiten der Engländer litt die Insel, und als Rußland, Dänemark und Schweden 1800 eine neue bewaffnete Neutralität schlossen, besetzten die Engländer die dänischen und schwedischen Besitzungen in Westindien. Am 20. März 1801 wurde St. Barthelemy übergeben. Besonders aufschlußreich sind die Angaben W a l l e r s über die Schiffe, die in der behandelten Zeit die Insel besuchten. 1786 waren es 979. Im Jahre 1787 (ohne die zwei ersten Monate) verließen 1082 auf der Insel beheimatete Fahrzeuge den Hafen, wobei man bedenken muß, daß ja nicht wenige Schiffe mehrere Fahrten in einem Jahr unternahmen. Die gesamte Zahl fremder Fahrzeuge, die in diesem Jahr die Insel ") Vgl. dazu Sture M. W a l l e r , Dec svenska förvärvet av St. Barthelemy, in: (schwed.) Historisk Tidskrift 1953. «) Sture M. W a 11 r r , S:t Bathilemy 1785-1801 (Historiskt Arkiv 1), Stockholm 1954, 35 S.

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besuchten, schätzt der Verfasser auf 1200. Zahlen sind dann erst wieder von 1791 ab erhalten. Die Zahl der auslaufenden Schiffe betrug: 1791 1792 1793 1794 1795 1796 1797 1798 1799

512 511 977 1155 1568 1739 1530 1109 1504

Die Einkünfte an Gebühren, die 1790 ermäßigt worden waren, stiegen entsprechend: Piaster gourdes 825 1791 1792 1793 1794 1795 1796 1797 1798 1799

853 1874 2913 3515 6270 6805 8302 13 0 0 6



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Zollfrei waren alle Waren, die vom übrigen Westindien und Amerika eingeführt wurden, die Ausfuhr dorthin unterlag einer Abgabe von 1,8 % . Für die Ausfuhr nadi Schweden und dem übrigen Europa mußten Yi bis % entrichtet werden. Insgesamt ergibt sich, daß in den ersten Jahren der Handel eine relative Blüte erlebte, um ab 1788 niederzugehen und mit dem Kriegsausbruch von 1793 wieder eine Steigerung zu erfahren, bis dann das Eingreifen der Engländer von 1800 ab wieder einen Niedergang brachte. Der Verfasser bringt auch eine Tabelle über die Entwicklung des nordamerikanischen Handels mit „Swedish West Indies", der 1796 seinen Höhepunkt erreichte, um dann wieder zurückzugehen. Für Schwedens Export und für den Import an Kolonialwaren hatte die Insel nie größere Bedeutung. Einen ersten Höhepunkt erreichte der Handel Schwedens mit St. Bartl^lemy 1799. Damals betrug der Importwert (an Kolonialwaren) rund 142 700 Speziereichstaler, der Exportwert (besonders Eisen und Heringe) rund 63 500. Ein zweiter Höhepunkt wurde im Jahre 1813 mit den Ziffern 202 600 und 58 200 erreicht. Dabei muß noch der Einfluß der Inflation besonders auf den Exportwert der neunziger Jahre beachtet werden.

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Auch der Nutzen des internationalen Warenaustauschs mit der Insel war für Schweden nicht allzu groß, denn der Staat mußte für den Unterhalt der Garnison, die auf der Insel stationiert war, Summen zuschießen. Bis 1801 betrug diese Belastung nicht weniger als 569 510 Rt. 1793 stellte das Kommerzkollegium fest, daß Schweden bislang an der Insel keine Freude gehabt habe, da die Waren beinahe gleich vorteilhaft in Europa gekauft werden konnten. Der Versuch von 1798, die Insel Spekulanten gegen bare Entrichtung der bestehenden Auslagen zu überlassen, mißlang ebenso wie ein Projekt, die Insel im Wege des Erwerbs einer größeren Kolonie abzustoßen. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß der Vertrag von 1784 gleichzeitig ein Subsidienvertrag war, der König Gustav III. 6 Millionen Livres einbrachte. Und zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging die Entwicklung dann so, daß die schwedische Regierung von 1806 ab mit einer jährlichen Einnahme rechnete, die allerdings ab 1812 der König für sich in Anspruch nahm. Ernst Ε k m a η von der University of California, Riverside, gibt in den Caribbean Studies eine bezüglich der in Frage kommenden Archivalien wie auch der einschlägigen, besonders schwedischen und französischen Literatur gut orientierte Übersicht über das Schicksal der Insel während der Französischen Revolution

VIII. Welche Möglichkeiten nahmen die Deutschen in dieser westindischen Welt wahr? Der Stützpunkt des Großen Kurfürsten auf der von Dänen besetzten Insel St. Thomas war ein Intermezzo, das zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu Ende ging'®. Im Grunde war es, wie H a r t o g jetzt betont hat, ebensosehr ein niederländisches Tarnunternehmen, an dem sich jene Kreise beteiligten, die dem Monopol der Niederländischen Westindienkompagnie ausweichen wollten 31 . Wir wissen von den westindischen Verbindungen des Berliners Splitgerber nach Curasao und Veracruz 3S . 1755 machte der Prädikant George van Essen auf St. Eusta*·) Ernst E k m a n , St. Barthilemy and the Frendi Revolution, in: Caribbean Studies 3 (1963), No. 4, S. 17-29. an ) K e l l e n b e n z , Die Brandenburger auf St. Thomas, S. 196 ff. w ) Vgl. Η a r t ο g , De Bovenwindse Eilanden, S. 134. M ) Hugo R a c h e l , Paul Wallich, Berliner Großkaufleute und Kapitalisten II, Berlin 1967, S. 216.

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tius einen Versuch, den preußischen König zu veranlassen, daß er den französischen Teil von St. Maarten kaufte, aber Friedrich II. stand damals unmittelbar vor dem Siebenjährigen Krieg 38 . Die SchleswigHolsteiner, die zum dänischen Königreich und später zum erweiterten Gesamtstaat gehörten, konnten die Westindienfahrt unter dänischer Flagge betreiben. Das galt schon im 17. Jahrhundert für die Bewohner Glückstadts S4 , im 18. Jahrhundert profitierten besonders Altona und Flensburg davon. Ronald D. Η u s s e y " und A r c i l a F a r i a s haben auf die Zusammenarbeit zwischen der Compania Guipuzcoana und den Dänen hingewiesen, was u. a. der Altonaer Schiffahrt zugute kam Den Westindienbeziehungen Flensburgs ist Theodor L i η k in seiner Kieler Dissertation nachgegangen 87 . Christian D e g η hat zuletzt auf die Auswirkungen der Liberalisierung in der dänischen Wirtschaftspolitik auf die überseeischen Beziehungen der Herzogtümer hingewiesen se . Seit 1786 durften alle Städte und Zuckersiedereien den Rohzucker unmittelbar aus St. Croix einführen. Flensburg baute damals seine Vorrangstellung in der Branntweinherstellung aus. Die Hamburger haben aus dieser Nachbarschaft begreiflicherweise immer wieder profitiert und haben sich auch an den Westindiengeschäften beteiligt. Das war sdion im 17. Jahrhundert der Fall und dann erst redit im 18. Bislang ist es am deutlichsten im Surinamgeschäft hervorgetreten Einen ersten Überblick über diese Beziehungen gab der **) Η a r t ο g , De Bovenwindse Eilanden, S. 163 f. " ) K e l l e n b e n z , Sephardim an der unteren Elbe, S. 181. ss ) Ronald D. H u s s e y , La Compania de Caracas 1728-84, TraducckSn de Leopoldo L a n d a e t a , Prolog por Alfonso Ε s ρ i η ο s a , Estudio bibliogrifico por Pedro G r a s e s , Caracas 1962, L X I X + 384 S. M ) Eduardo A r c i l a F a r i a s , Economia colonial de Venezuela, Mexico 1946; Hermann K e l l e n b e n z , Phasen des hanseatisch-nordeuropäisdien Südamerikahandels, in: Hansisdie Gesdiichtsblätter 78 (1960), S. 105 f.; vgl. audi Jens H o 1 m g a a r d , En dansk handelsekspedition til Nordamerika 1782, in: Erhvervshistorisk Arbog, IX, Aarhus 1957, S. 33. ") Theodor L i n k , Flensburgs Überseehandel von 1755 bis 1807, Neumünster 1959. M ) Christian D e g η , Die Herzogtümer im Gesamtstaat 1773-1830, in: Geschichte Sdileswig-Holsteins, begr. von Volquart P a u l s , hrsg. von Olaf K l o s e , Neumünster 1959, S. 197. M ) Die Rolle der Hamburger im dänischen Westindienunternehmen zu Ausgang des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts: K e l l e n b e n z , Sephardim an der unteren Elbe, S. 158 ff., 181. *") Hermann K e l l e n b e n z , Deutsche Plantagenbesitzer und Kaufleute in Suri-

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Verfasser in einem Aufsatz über den deutschen A u ß e n h a n d e l D e r Schiffahrt der Hamburger nach Lateinamerika ist Hans Ρ ο h 1 im Anschluß an seine Dissertation über die Hamburger Spanienbeziehungen " weiter nachgegangen". Neue Einzelheiten verdanken wir Walter K r e s s e in seinen Materialien zur Entwicklungsgeschichte der Hamburger Handelsflotte u . Seine Tabelle 4 bringt zunächst 1778 ein Schiff, das nach dem holländischen St. Eustatius fuhr. 1781 machten vier Schiffe die Reise nach Westindien, eines davon suchte Curasao, eines St. Thomas auf. 1782 stieg die Zahl der nach Westindien auslaufenden Schiffe auf zwölf (wenn man ein nach Surinam segelndes Schiff einbezieht, denn es lief später eine der Inseln an), im nächsten Jahr (wieder ein Schiff nach Surinam) betrug die Zahl dreizehn. Dieser Verkehr Iäßt nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg wieder nach. 1785 und 1787 bis 1790 werden nur je ein ausfahrendes Schiff erwähnt. In den neunziger Jahren wird es wieder lebhafter. Nach Havanna fuhren um die Jahrhundertwende regelmäßig mehrere Schiffe, 1798 sogar acht. Nadi den Unterlagen, die Manfred K o s s o k zusammengestellt hat, sollen 1799 achtzehn Schiffe im Direkthandel nach Westindien eingesetzt gewesen sein **. Nadi K r e s s e waren es sogar zwanzig. K r e s s e hat seine Forschungen bis einschließlich 1823 durchgeführt. Von 1824 ab haben wir die Statistik von Adolf S o e t b e e r über Hamburgs Handel 4 \ Auch aus den S o e t b e e r sehen Tabellen wird die starke Diskrepanz zwischen den ein- und auslaufenden Schiffen deut-

nam vom Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, in: J b L A 3 (1966), S. 141-163. 4 l ) Hermann K e l l e n b e n z , Der deutsche Außenhandel gegen Ausgang des 18. Jahrhunderts, in: Die wirtschaftliche Situation in Deutschland und Osterreich um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, Forschungen zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Band 6, Stuttgart 1964, S. 4-60, bes. S. 48. " ) Hans P o h l , Die Beziehungen Hamburgs zu Spanien und dem spanischen Amerika in der Zeit von 1740 bis 1806, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beihefte 45, Wiesbaden 1963, X I I + 371 S. 4 S ) Hans P o h l , Die Hansestädte und Lateinamerika um 1800, in: Spanische Forschungen der Görresgesellsdiaft, 1. Reihe, 22. Band, Münster 1965, S. 321-344. i l ) Walter K r e s s e , Materialien zur Entwicklungsgeschichte der Hamburger Handelsflotte 1765-1823, Hamburg 1966, bes. S. 26f. 4 Ϊ ) Manfred K o s s o k , Die Bedeutung des spanisdi-amerikanisdien Kolonialmarktes für den preußischen Leinwandhandel am Ausgang des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, in: Hansische Studien, Heinrich Sproemberg zum 70. Geburtstag, Berlin 1961, S. 210-218, bes. S. 217. 4 ·) Adolf S o e t b e e r , Über Hamburgs Handel, Hamburg 1840.

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lieh. Wir greifen hier das sehr bezeichnende Jahr 1838 heraus 4 7 . In diesem Jahr verließen Hamburg: nach Britisdi Nordamerika Vereinigte Staaten Mexiko Cuba St. Thomas Haiti Kolumbien Brasilien Buenos Aires und Montevideo

davon Hamburger Flagge 100 Schiffe 30 η 11 19 41 η 19 J* 13 η 5 η 61 Μ 9 η

-

13 9 16 17 8 2 33 4

Es liefen im selben Jahr in Hamburg ein: von Montevideo Brasilien La Guayra und Puerto Cabello Cuba Jamaica und Cuba St. Domingo St. Thomas und Puerto Rico Mexiko Vereinigte Staaten Britisch Nordamerika Grönland

davon Hamburger Flagge 2 Schiffe 124 0 4 a 73 η 3 » 24 ι» 19 ι» 5 η 37 η 1 w 2 »

42 2 21 —

8 13 5 12 —

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Die Anfänge des Bremer Westindienverkehrs hat Karl H . S c h w e b e i skizziert 4 8 . 1782 fuhr das erste Schiff nach St. Thomas, im nächsten Jahr waren es zwei Fahrzeuge. Friedrich R a u e r s " der die einlaufenden Schiffe von 1797 ab vermerkt, hat als höchste Zahl zwölf im Jahr 1800. Nach dem Wiederaufschwung der zwanziger Jahre wurde im Jahre 1845 mit 85 die höchste Zahl aus Westindien einlaufender Schiffe erreicht; 44 kamen von Kuba, sechzehn von Haiti, achtzehn von Puerto Rico. " ) Ebenda, Tabelle nach S. 86. w ) Karl H. S c h w e b e l , Bremer Handel dringt nach Lateinamerika vor, in: Mitteilungen der Handelskammer Bremen 1952, Heft 15, 1. August 1952, S. 225-228. 4D) Friedrich R a u e r s , Bremer Handelsgeschichte im 19. Jahrhundert, Bremen 1913, S. 46 f.

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Uber die in den westindischen Häfen etablierten deutschen Firmen fehlen bislang eingehende Studien. Was wir aus neuerer Literatur erfahren, ist recht wenig. Frau H i l d e b r a n d erwähnt die Firma Wolffer & Metzler, die gegen Jahrhundertende die bezeichnende Verlegung ihres Sitzes von St. Eustatius nadi St. Barthelemy vornahm 30 . Die Firma Metzler dürfte wohl aus Frankfurt kommen und wichtige oberdeutsche Verbindungen gehabt haben. Wolfgang Z o r n erwähnt die Metzler in seiner Handels- und Industriegeschichte BayerischSchwabens Er nennt vor allem den Westindienhandel der Augsburger Brüder Obwexer, die sich der Vermittlung des Amsterdamer Kaufmanns Pierre Brion bedienten. Hauptexportgut der Obwexer waren Textilien. Brion ließ sich auf Curasao nieder und sorgte für den Versand von Retourgütern nadi Amsterdam, wo es über die Spediteure Turri & Co. lief. Die Obwexer ließen die fünf eigenen Schiffe unter holländischer Flagge fahren M . Von Curasao aus wollten sie sich offenbar audi am Kontrabandhandel nach Venezuela beteiligen. Allerdings erlitten die Obwexer in dem 1780 ausbrechenden englisch-niederländischen Seekrieg schwere Verluste, doch gingen ihre Westindiengeschäfte sowohl über Amsterdam als audi über Hamburg bis über die Jahrhundertwende weiter". Als die Engländer dann 1807 Curasao einnahmen, gingen auch die dortigen Lager verloren M . Für St. Thomas bringt die dänische Literatur nur allgemeine Hinweise; S v e i s t r u p betonte, daß im wesentlichen ausländische (englische, französische und deutsdie) Handelsgüter dominierten w ; nadi W e s t e r g a a r d waren 1839 von den 41 größeren Handelsfirmen auf St. Thomas nur drei dänisdie 6e . Einige Ergänzungen liefert L i n k für Flensburg. 1755 schlossen sidi unter Führung des späteren Bürgermeisters Johann Gerhard Feddersen einige Kaufleute zu einer „Handlungsgesellschaft auf St. Croix" in Westindien zusammen 57 . Das erste Flensburger Schiff, das 1755 die Reise nach Westindien antrat, begleii0

) H i l d e b r a n d , Den svenska kolonin S:t Barthilemy, S. 275, 277, 281, 283. ) Wolfgang Z o r n , Handels- und Industriegesdiidite Bayerisdi-Sdiwabens 1648-1870, Augsburg 1961, S. 62,311, 327. «») Ebenda, S. 56 f., 61. »») Ebenda, S. 66 f. M ) Ebenda, S. 119. S5 ) S v e i s t r u p , Dansk-Vestindiens Sukkerproduktion, S. 165. M ) W e s t e r g a a r d , The Danish West Indies, S. 252. *7) L i n k , Flensburgs Überseehandel, S. 61 f., die anderen Teilhaber waren Peter Hennings, Hinridi Petersen Boysohn, Abraham Kall. 81

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tete der Kaufmann Jens Jürgensen aus Klipleff als Supercargo. Die Gesellschaft, die bis 1770 bestand, schickte in der Zeit von 1760 bis 1767 elf Schiffsladungen nach St. Croix, neun Schiffsladungen kamen 1757 bis 1769 nach Flensburg. Madeira wurde dabei als Zwischenstation benutzt. In der Folgezeit wurde das Westindiengeschäft in der Form von Partenreederei betrieben, wobei neben Feddersen noch Andreas Christiansen einer der führenden Kaufleute war. In der letzten, glänzenden, von 1792 ab einsetzenden Phase haben wir dann eine ganze Gruppe von Flensburger Westindienkaufleuten. Nach L i n k waren es 1806 sechs, während die Zahl der an der Reederei beteiligten achtzehn betrug M . Unter deutschen Kaufleuten in Port au Prince nennt V e r n a 5 · Wüstenfeld, in dessen H a u s Bolivar und Petion verkehrten. In diesem Kreis muß man den aus Mülheim am Rhein stammenden Johann Bernhard Elbers vermuten, der 1818 den Admiral Brion belieferte, als er sein Gesdiwader ausrüstete und sich dann selbst mit einem seiner Schiffe an der Unternehmung beteiligte. Das Schicksal sollte ihn später nach Kolumbien verschlagen. Über ihn hat Carlos G o n z a l e s - R u b i o gearbeitet M . D e J o n g bringt einen ausführlichen Ausschnitt über die Rheinisdi-Westfälische Kompagnie, die in Port au Prince einen wichtigen Stützpunkt hatte M , und nennt die Literatur, die es über dieses in Elberfeld seßhafte Unternehmen schon gibt. Hamburger Reeder, die sich f ü r das Westindiengeschäft interessierten, erwähnt K r e s s e . Der bedeutendste Hamburger Reeder des 18. Jahrhunderts, Berend Roosen, beteiligte sich 1782 42 mit einem Schiff, zeigte aber dann kein Interesse mehr, zumal sich am Ende des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges die Konjunkturen änderten. Auch Christian Matthias Schröder ließ vereinzelt Schiffe nach Westindien fahren. Seit 1787 schickte Claus Hinrich Sonntag regelmäßig Schiffe nach St. Thomas. Barthold Joachim Iben setzte Schiffe in der Transatlantikfahrt ein. Die Fahrt, die 1814 erneut einsetzte, erreichte um 1817 und 1823 mit je fünfzehn ausfahren« ) Ebenda, S. 228 f. " ) Vgl. JbLA 6 (1969), S. 469. *") Carlos G o n z a l e s - R u b i o , Los primeros buques de vapor que Ilegaron al Magdalena. El libertador y la concession Elbers, in: Revista Armas, BogotÄ 1955. Herrn Vize-Konsul Gonzales-Rubio in Barranquilla danke ich für die Freundlichkeit, mit der er mir eine Abschrift seines Aufsatzes zur Verfügung stellte. " ) D e J ο η g , De krimpende horizon van de hollandse kooplieden, S. 229 ff. ·*) Das Folgende nach K r e s s e , Materialien zur Entwicklungsgeschichte der Hamburger Handelsflotte, S. 44 ff.

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den Schiffen erste Höhepunkte". Nach Santo Domingo fuhren 1799 und 1801 je fünf Schiffe. Die stärkste Anziehungskraft übte St. Thomas aus (Höhepunkte 1805 und 1806 mit je zehn ausfahrenden Schiffen). Nach 1814 werden die ersten Höhepunkte 1821 und 1822 mit je elf ausfahrenden Schiffen erreicht. Um ein Gesamtbild des Westindienverkehrs zu bekommen, müßte man dazu noch die einlaufenden Sdiiffe berücksichtigen. Die Kölner Diplomarbeit von Waltraut S c h l i e · 4 , in der die ankommenden Schiffe bestimmter Jahre nadi den Hamburger Zeitungen erfaßt sind, bringt für 1806 folgende Zahlen riickkehrender Schiffe: Havanna zehn, St. Bartholomäus fünf, St. Thomas fünfzehn, zusammen also dreißig Schiffe, während in diesem Jahr nadi K r e s s e nur achtzehn Sdiiffe direkt nach Westindien ausliefen M . Man muß also gleichzeitig die Häfen von Guyana, Venezuela, Kolumbien, Mexiko und Nordamerika, aber audi diejenigen Südamerikas im Auge behalten. Ebenso wichtig ist eine Kenntnis der Flagge. Das prägt auch den Schiffsverkehr nach 1814. 1815 betrug die Zahl der einlaufenden Sdiiffe: Havanna dreizehn, Puerto Rico zwei, Sint Andres zwei, St. Bartholomäus ein Schiff, St. Thomas sieben, zusammen 25; die Zahl der nadi Westindien auslaufenden Schiffe betrug nadi K r e s s e vierzehn, Laguayra einbezogen fünfzehn. Für 1820 ergeben sich folgende Zahlen heimkehrender Sdiiffe: von Curasao 1 Havanna 23 Puerto Rico 1 Santo Domingo 1 St. Thomas 14 40 + Laguayra 1 Die Zahl der nadi Westindien ausfahrenden Sdiiffe betrug: Havanna 8 St. Thomas 7 15 **) K r e s s e , Materialien zur Entwicklungsgeschichte der Hamburger Handelsflotte, S. 105. M ) Waltraud S c h l i e , Der Niedersdilag des Außenhandels Hamburgs in der Presse von 1800-1830, Diplomarbeit des Seminars für W i r t s i a f t s - und Sozialgesdiichte, Köln, Sommersemester 1967, S. 236 f. ••) K r e s s e deutet die Möglichkeit, daß auch andere Häfen angelaufen wurden dafür an, indem er jeweils besondere Rubriken „und weiter nadi bzw. via . . a u f genommen und von der direkten Fahrt Hamburg-Westindien (oder Curasao, St. Thomas etc.) unterschieden hat.

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Heinrich Theunis de Jager, Berend Roosen Sal. Sohn, die Firma Seel. Berend Roosen Erben, Jacob und Johann de Chapeaurouge und die Godeffroy schickten in der Revolutionszeit Schiffe nach Westindien, nach 1814 betätigten sich auf diesem Gebiet alte Namen wie die Firmen Peter Heinrich Mohrmann, B. Sc H. Rosen jrs., S. & B. Rosen sowie Godeffroy und als Neuling Georg Heinrich Wappäus. Die Westindienverbindungen Bremens waren noch reger als diejenigen Hamburgs. Friedrich Ρ r ü s e r M und Karl H , S c h w e b e l " haben die Firmen hervorgehoben, die Westindienhandel trieben. 1782 schickten die beiden bremischen Handelshäuser Friedrich Schröder und Pundsack Vollmers das erste bremische Schiff nach St. Thomas. Nadi 1814 führten in dem wichtigen Kubahandel die Firmen W. A. Fritze & Co, D. H . Wätjen und A. W. Gruner *8. Die Firma Fritze baute einen Liniendienst mit Havanna auf und hatte audi Verbindungen mit Santiago de Cuba und Trinidad. Nach der Weserzeitung gab es um 1845 in Westindien und Zentralamerika 28 hanseatische und sieben sonstige Firmen ··. Auch nach Ansicht des Hamburger Mittelamerika-Kaufmanns Karl L. D. Meister von 1848 waren die „meisten deutschen Etablissements auf den verschiedenen Plätzen Americas, auf Cuba, St. Domingo, St. Thomas, Portorico, in La Guaira, Porto Cabello, in Mexico, Chile und Peru" hanseatischen Ursprungs 70 . Über die Bremer Westindienhändler bringt neuerdings Hermann K e l l e n b e n z einiges in einem Aufsatz, der einen Überblick über die Rolle und gesellschaftliche Bedeutung des Bremer Kaufmanns im Ablauf der Jahrhunderte b i e t e t n . Wieviel deutsche Kaufleute die Inseln im 17. und 18. Jahrhundert sahen, kann nachträglich wohl nidit mehr genau erfaßt werden. Wichtige Hinweise liefern in dieser Hinsicht verschiedene Grabsteine auf " ) Friedrich P r ü s e r , Bremische Firmengeschichte, in: Bremer Jahrbuch 46 (1959), S. 319 ff. *') S c h w e b e l , Bremens Handel dringt nadi Lateinamerika vor, S. 225 ff. βθ ) Vgl. dazu auch Rolf Ε η g e 1 s ί η g , Bremen als Auswandererhafen, S. 124 ff. **) Percy Ernst S c h r a m m , Hamburg, Deutschland und die Welt, Leistung und Grenzen hanseatischen Bürgertums in der Zeit zwischen Napoleon I. und Bismarck, München 1943, S. 110; ders., Deutschland und Ubersee. Der deutsdie Handel mit den anderen Kontinenten, insbesondere Afrika, von Karl V. bis Bismarck, Braunschweig 1950, S. 106. 70 ) S c h r a m m , Hamburg, Deutschland und die Welt, S. 113. 71 ) Hermann K e l l e n b e n z , Der Bremer Kaufmann. Versuch einer sozialgeschidiclichen Deutung, in: Bremer Jahrbudi 51 (1969), S. 1-31, bes. S. 17 f.

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Friedhöfen und in Kirchen. Einer der Verstorbenen war Philipp Friedrich Hensler aus Kaltenkirchen, der sich auf St. Thomas als Kaufmann betätigte. Einen neuen Ansatz zur Würdigung des bedeutendsten rheinischen Uberseeunternehmens nach der napoleonischen Epoche, der RheinischWestindischen Kompagnie, unternahm Hans Joachim Ο e h m in seiner Kölner Dissertation Die Arbeit gibt einen nützlichen Überblick. Doch ist die endgültige Geschichte dieses Unternehmens damit noch nicht geschrieben. Vor allem muß noch das Remscheider Material der Hasenclever aufgearbeitet werden. Wertvolles, zum Teil schwer zugängliches Material hat der leider zu früh verstorbene Karl Wilhelm K ö r n e r in seinen Untersuchungen zu Konsul Zimmermann zusammengetragen, wobei das Schwergewicht allerdings beim La-Plata-Raum liegt n . Eines der großartigsten Grabmäler ließ sich die durch den AngosturaRum bekannt gewordene Familie Siegert auf dem Laperouse-Friedhof von Port of Spain errichten. Die Familie Siegert erwarb 1899 das Woodbrook Estate, eine brachliegende Zuckerplantage unweit der Hauptstadt Trinidads von der Glasgower Firma W. F. Burnley & Co., es sollte später eine ausgesprochene residential area werden 74. Die Tätigkeit deutscher, lutherischer sowie reformierter Geistlicher und Herrnhuter Missionare sei nur kurz erwähnt, Η a r t ο g hat darauf verwiesen 7S . Es fehlte nicht an Leuten, die Beamtenposten vor allem im dänischen Dienst bekleideten 7t , und manche abenteuerliche Gestalt war darunter, wie jener Rostocker Carloff, der zunächst in den Diensten der Schwedischen Afrika- und Guineakompagnie stand, dann zu den Dänen übertrat und schließlich auf Tobago sein Glück versuchte. Karl Friedrich O l e c h n o w i t z hat seine Lebensverhältnisse geschildert und Η a r t ο g macht auf seine Rolle auf Tobago aufmerksam n ) H a n s Joachim Ο e h m , Die Rheinisch-Westfälische Kompagnie, Bergische F o r schungen V i r , hrsg. von W . Κ ö 11 m a η η , Neustadt/Aisdi 1968, 140 S. , 3 ) K a r l Wilhelm K ö r n e r , E l Consul Zimmermann. Su actuacicin en Buenos Aires 1 8 1 5 - 4 7 , in: Boletin del Inscituto de Historia Argentina, seg. 1 Serie, Buenos Aires 1966, S. 3 - 1 6 6 , bes. S. 5 2 ff. 7 4 ) C . R . 0 1 1 1 e y , P o r t of Spain, in: Golden Jubilee of Restoration, ο. Ο . ο. J., S. 2 2 . » ) Vgl. oben S. 381 ff. n ) K a r l Friedrich O l e c h n o w i t z , Ein abenteuernder Kaufmann des 17. J a h r hunderts, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock 7 ( 1 9 5 7 / 5 8 ) , Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe, H e f t 1, S. 1 - 1 0 . " ) Η a r t ο g , D e Bovenwindse Eilanden, S. 112.

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Die im Laufe des 19. Jahrhunderts anschwellende Auswanderungsbewegung richtete sich vornehmlich auf Nord- und Südamerika. Der westindische Raum hat verhältnismäßig wenig Einwanderer zu verzeichnen. Die Auswanderung nadi Jamaika, die in der Geschichtsschreibung über Jamaika bereits registriert ist 7 β , hat Rolf Ε η g e 1 s i η g in seiner Arbeit über den Auswandererhafen Bremen kurz behandelt. Das Unternehmen wurde von der Reederei F. u. E. Delius durchgeführt 78 . Es handelte sich um etwa fünfhundert Menschen, ausgediente Husaren und Handwerker aus Westfalen 80 , die natürlich für die Plantagenarbeit, für die sie eingesetzt werden sollten, nicht sonderlich geeignet waren und dann auch bald andere Arbeitsmöglichkeiten suchten.

IX. Es braucht uns nicht zu wundern, daß sich auch Schweizer am Antillengeschäft beteiligten, ganz abgesehen von den mißratenen Söhnen und Abenteurern, die etwa in der Holländischen Westindienkompagnie untertauchten 81 . Die Schweizer stellten über französische wie weiter nördlich gelegene Häfen Verbindungen nach Westindien her. 1776 verließ, wie Hans Conrad Ρ e y e r zeigt, der Züricher Salomon Kitt seine Heimatstadt wegen Konkurs. Er hatte Glück und ließ sich zunächst auf der holländischen Insel St. Eustatius nieder. 1783 betrieb er mit einem Iselin aus Basel ein Handelsgeschäft auf St. Thomas und verkaufte hier u. a. die Produkte verschiedener Züricher Seidenhäuser. Ρ e y e r ist in seinem Buch über den Handel und die Bankierstätigkeit im alten Zürich diesen Beziehungen weiter nachgegangen und hat ihnen ein eigenes Kapitel gewidmet. Er zeigt, daß die Seiden- und Indiennefirma Frey & Pestalozzi um 1780 Kitt belieferte Doch wurden diese Lieferungen 1787 wegen der erlittenen Verluste wieder aufgegeben. 1805 unternahm Hans Conrad Orelli, N e f f e der Witwe ™) Vgl. JbLA 5 (1968), S. 397 ff. ) Rolf Ε η g e I s i η g , Bremen als Auswandererhafen 1683-1880, Bremen 1961, S. 115. s o ) Ε η g e 1 s i η g erwähnt Brillenschleifer. β 1 ) Vgl. Hans Conrad Ρ e y e r , Zürich und Ubersee um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, in: Beiträge zur Wirtschafts- und Stadtgesdüdite, Festsdirift für Hektor A m m a η η , Wiesbaden 1965, S. 207. β ι ) Hans Conrad P e y e r , Von Handel und Bank im alten Zürich, Zürich 1968, 323 S., bes. S. 93, 96,175 f f . n

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Pestalozzi, von Livorno aus eine Reise nach St. Martin, St. Barth&emy und St. Thomas, vermutlich um sich nach den etwaigen Möglichkeiten zu erkundigen, die sich für eine Wiederaufnahme der Geschäfte boten; doch wurde nichts daraus. Kitt betrieb seine Firma auf St. Eustatius seit 1779 unter dem Namen Kitt & Reinwald. Außer Frey und Pestalozzi belieferten ihn audi die Züricher Heinrich Tobler und Salomon Traxler. Die Waren gingen in Konsignation über Amsterdam. Nach der Besetzung von St. Eustatius durch die Engländer 1780 begab sich Kitt nach St. Thomas und betrieb, unterstützt von dem erwähnten Basler Reinhard Iselin in Kopenhagen, eine Firma unter dem Namen Kitt, Iselin & Co. In Zürich belieferten ihn Pestalozzi & Schulthess im Thalhof, die Geschäftsnachfolger von Frey & Pestalozzi M . Der St. Galler Paulus Züblin begründete in Surinam im Bereich von Berbice die Plantage „Züblinslust", die er teils von Surinam aus direkt betrieb, teils von Holland aus leitete M . Einer benachbarten Plantage stand der Bündner Conrad vor. Eine weitere, „Middelburgs Welvaaren", hatte den Appenzeller A. Schläpfer zum Direktor. Insgesamt gab es damals siebzig solche europäische Directeurs, unter denen 7000 Sklaven arbeiteten. Viele dieser Plantagen waren verschuldet und lebten vom Kredit Amsterdamer Banken, offenbar besonders der Firma Jakob As. Pool & Co. Den schwierigen Aufstieg des aus Stein am Rhein stammenden Plantagenbesitzers Johann Conrad Winz schildert P e y e r " , Nach seiner Rückkehr schuf er sich gegenüber dem züricherischen Obervogteisdiloß Laufen auf dem Boden des Kantons Schaffhausen über dem Rheinfall den Landsitz »Berbice" und saß seit 1816 im Schaffhausener Rat. Der Züricher Heinrich Escher-Zollikofer, der sich in New York aufgehalten hatte, erwarb 1818 inKuba dieKaffee-PlantageBuenRetiro 88 . Er suchte dort seine Brüder Friedrich Ludwig und Ferdinand, die in Rußland ins Gefängnis gekommen waren, unterzubringen, doch erzielten sie offenbar keine Gewinne, weshalb Escher-Zollikofer die Plantage wieder verkaufte.

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Ebenda, S. 177 f. P e y e r , Von Handel und Bank im alten Zürich, S. 179. Ebenda, S. 178 ff. Ebenda, S. 207 f.

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