Management Summary
1. Management Summary
Das Institut für Wirtschaftsinformatik an der ZHAW
gie neue Möglichkeiten eröffnen. Intelligentes Geschäfts
School of Management and Law führt in regelmä
prozessmanagement «iBPM» (Gartner, 2011) bietet den
ssigen Abständen empirische Studien durch, um
technischen und methodischen Rahmen, um Grundlagen
den Stand und die Perspektiven des Geschäftspro
für operative und strategische Entscheide aus den IT-ge
zessmanagements in Unternehmen zu erheben.
stützten Prozessen zu ziehen und letztlich die Geschäfts
Die Studie «Business Process Management 2011»
prozesse selbst effizienter und effektiver zu machen.
ergab, dass Organisationen das Potenzial eines methoden- und IT-gestützten Geschäftsprozess
Der Vergleich der Selbsteinschätzung der Teilnehmer in
managements noch nicht vollumfänglich ausschöp
den Jahren 2014 und 2011 zeigt, dass sich der selbst ein
fen. Die vorliegende Studie baut hierauf auf und
geschätzte Reifegrad in den letzten 3 Jahren stark erhöht
untersucht, wie sich Organisationen im deutsch
hat. Die hohe Selbsteinschätzung umfasst die meisten
sprachigen Raum weiter in Richtung eines ganz
Branchen und weist darauf hin, dass das Bewusstsein für
heitlichen Geschäftsprozessmanagements entwi
BPM zugenommen und das Thema einen festen Platz in
ckelt haben.
dem Spektrum betrieblicher Aktivitäten eingenommen hat. Diese Aussage wird dadurch gestützt, dass die Teilneh
Die Studie fokussiert die drei Aspekte strategische Orien
menden der diesjährigen Studie aus verschiedensten Be
tierung, prozessorientierte Organisation sowie Methoden &
reichen mit unterschiedlichsten Funktionen in den Unter
Technologien und beabsichtigt, die Ausprägung dieser Ge
nehmen stammen. Waren 2011 die Positionen der Ge-
staltungselemente zu überprüfen, um Rückschlüsse auf
schäfts-, Projekt- und Abteilungsleitung unter Teilnehmen
den
den stark vertreten, so nahmen dieses Jahr Teilnehmende
Stand
eines
ganzheitlichen
Geschäftsprozess
managements in Organisationen im deutschsprachigen
mit spezifischen BPM-Rollen zu.
Raum zu ziehen. Die branchenübergreifende Analyse wird um einen Branchenfokus «Immobilienwirtschaft» ergänzt.
Die mangelnde Verankerung in der Strategie wurde 2011 als ein wichtiger Hinderungsgrund für die weitere Entfal
Hierzu wurden strategische, organisatorische und tech
tung von BPM identifiziert. Diese Situation hat sich geän
nisch-methodische Aspekte des Geschäftsprozessma
dert, wie die Einschätzung hoher Relevanz strategischer
nagements untersucht, um Aussagen über den Entwick
Planung über nahezu alle Branchen zeigt. Wobei die Bran
lungsstand des ganzheitlichen Prozessmanagements in
chen Beratung, Informatik, Energie- und Wasserversor
Unternehmen und öffentlichen Organisationen zu treffen.
gung, Handel, Logistik sowie Telekommunikation mit ei
Ausgangspunkt für die Forschungsfragen ist die Hypothe
nem besonders hohen Verhältnis herausstechen. Dies ist
se, dass nur die integrierte Betrachtung aller Gestaltungs
ein deutliches Zeichen dafür, dass die strategische Aus
ebenen ein wirksames Geschäftsprozessmanagement er
richtung des BPM in den Führungsetagen aller Branchen
möglicht.
angekommen ist.
Der Einsatz von Technologie spielt bei den Übergängen
Weitere Erkenntnisse betreffen die prozessorientierte Or
zwischen den einzelnen Entwicklungsstufen eine wesentli
ganisation und den IT-Einsatz. Mehr als die Hälfte der Be
che Rolle. Ein Beispiel hierfür ist die Durchgängigkeit von
fragten geben an, dass die prozessorientierte Organisation
fachlicher und technischer Modellierung als Übergang von
wesentlich für ein erfolgreiches Geschäftsprozessmanage
transparenzorientiertem BPM zur Operationalisierung, die
ment ist. Auch das Bekenntnis zur End-to-End-Prozess
durch entsprechende Methoden, Notationen und Werkzeu
perspektive fällt eindeutig aus. Die Entwicklung zu einer
ge vereinfacht wird. Auch beim Übergang zur kontinuierli
umfassenderen IT-Unterstützung über die dokumentieren
chen Optimierung von Geschäftsprozessen kann Technolo
de Modellierung hinaus ist klar erkennbar.
3
4
Inhalt
3
1. Management Summary
6
2. Ausgangslage, Zielsetzung und Studienkonzept
9
3. Thematische Einführung und Definitionen: Ganzheitliches Geschäftsprozessmanagement und die Relevanz der IT-Unterstützung
19
3.1
Strategisches Prozessmanagement – top-down oder bottom-up?
3.2
Prozessorientierte Organisation – Structure follows process?
3.3
Methodik & Technologie – Brücke zum ganzheitlichen Geschäftsprozessmanagement?
4. Thematische Einführung und Definitionen: Prozessmanagement in der Immobilienwirtschaft 4.1
Immobilien und Immobilienlebenszyklus
4.2 Immobilienwirtschaft 4.3
Akteure der Immobilienwirtschaft
4.4
Prozesse der Immobilienwirtschaft
4.5
Aktueller Stand des Prozessmanagements in Immobilienunternehmungen
4.5.1 Deutschland 4.5.2 Schweiz 4.5.3 Aus dem Blickwinkel des ganzheitlichen Prozessmanagements
26
5. Ergebnisse der Befragung 5.1
Selbsteinschätzung der Studienteilnehmenden
5.2
Auswertung und Interpretation – Alle Branchen
5.2.1 Strategisches Prozessmanagement 5.2.2 Prozessorientierte Organisation 5.2.3 Methodik & Technologie 5.3
Auswertung und Interpretation – Immobilienwirtschaft
5.3.1 Strategisches Prozessmanagement 5.3.2 Prozessorientierte Organisation 5.3.3 Methodik & Technologie
Inhalt
56
6. Fazit
57
7. Studienpartner
58
8. Autoren
60
9. Literaturverzeichnis
61
10. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
63
11. Anhang
11.1 Studienteilnehmende
11.2 Branchengruppen
11.3 Fragenkatalog
73 Impressum
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS BPM Business Process Management, Geschäftsprozessmanagement CC PMRE Competence Center Process Management Real Estate CRM
Customer Relationship Management
EAPBM European Association of Business Process Management EAI
Enterprise Application Integration
EPK
Ereignisgesteuerte Prozessketten
ERP
Enterprise Resource Planning
iBPM
Intelligent Business Process Management
IKS
Internes Kontrollsystem
BPMM
Business Process Maturity Modell
OMG
Object Management Group
SCM
Supply Chain Management
UML
Unified Modeling Language
5
6
2. Ausgangslage, Zielsetzung und Studienkonzept
Das Institut für Wirtschaftsinformatik an der ZHAW
Transformation zu einer prozessorientierten Organisation
School of Management and Law führt in regelmäs-
sowie der Steigerung des Innovationsgrades kam nur eine
sigen Abständen empirische Studien durch, um den
untergeordnete Bedeutung zu (ZHAW, 2011, S. 12). IT-un
Stand und die Perspektiven des Geschäfts
terstütztes Business Process Management (BPM) hatte
prozessmanagements in Unternehmen zu erheben.
sich bei etwas mehr als der Hälfte der befragten Organisa
Die Studie «Business Process Management 2011»
tionen durchgesetzt, wobei Prozessmodellierung als
kam zu dem Schluss, dass Organisationen das
Haupteinsatzzweck von BPM-Werkzeugen identifiziert
Potenzial eines methoden- und IT-gestützten Ge
wurde (ZHAW, 2011, S. 38, 39).
schäftsprozessmanagements noch nicht vollum fänglich ausschöpfen. Die vorliegende Studie setzt
Die mangelnde strategische Orientierung bestätigt sich
auf diesen Ergebnissen auf und untersucht, ob und
auch in anderen Studien zum Thema Geschäftsprozess
wie sich Organisationen im deutschsprachigen
management. So nennt die Metastudie des BPM-Labors
Raum weiter in Richtung eines ganzheitlichen Ge
der Hochschule Koblenz die «fehlende Strategieveranke
schäftsprozessmanagements entwickelt haben.
rung» als meistgenannte Barriere des Geschäftsprozess managements (BPM-Labor, 2014, S. 67).1 Die Metastudie
AUSGANGSLAGE
weist ausserdem auf ein nach Einschätzung der Autoren
Mangelndes Interesse seitens des Führungsteams und
zu gering beachtetes Thema der empirischen Forschung
fehlende strategische Ausrichtung wurden in der Studie
hin: das Alignment von IT-Strategie und IT-Architektur mit
«Business Process Management 2011» als grösste Hür
den Geschäftsprozessen (BPM-Labor, 2014, S. 127). Auch
den für ein erfolgreiches Geschäftsprozessmanagement
wenn dies nur eine Facette der IT-Unterstützung für das
identifiziert (ZHAW, 2011, S. 16). Die schwach ausgeprägte
Geschäftsprozessmanagement darstellt, scheinen Eviden
strategische Orientierung zeigte sich auch in der Tatsache,
zen für die Einschätzung der Relevanz der IT-Unterstüt
dass 78% der Studienteilnehmenden angaben, ihre Pro
zung für das Geschäftsprozessmanagement nur begrenzt
zesse nicht oder nur teilweise auf die Un ternehmens
vorzuliegen.
strategie auszurichten (ZHAW, 2011, S. 18). Qualitätsver besserung und Standardisierung waren die dominierenden Zielsetzungen des Geschäftsprozessmanagements, der
1 D ie Studie «BPM-Quintessenz» (BPM-Labor, 2014) basiert auf der vergleichenden Analyse von 35 Einzelstudien zum Thema BPM.
Ausgangslage, Zielsetzung und S tudienkonzept
ZIELSETZUNG UND GEGENSTAND
STUDIENKONZEPT UND VORGEHEN
Die vorliegende Studie greift drei Aspekte des Prozessma
Ausgehend von den Ergebnissen der Studie «Business
nagements auf: die strategische Orientierung, die prozess
Process Management 2011» (ZHAW, 2011) und dem aktu
orientierte Organisation sowie Methoden & Technologien.
ellen Stand der Forschung zum Thema ganzheitliches Pro
Ziel der Studie ist es, die Ausprägung dieser drei Gestal
zessmanagement und dessen IT-Unterstützung (Sekundär
tungselemente zu überprüfen und Rückschlüsse auf
forschung) wurde der Forschungsgegenstand präzisiert
den Stand eines ganzheitlichen Geschäftsprozessmana-
und Forschungsfragen formuliert. Mit Blick auf die 2011
gements in Organisationen im deutschsprachigen Raum
identifizierten Defizite rückte die Frage nach den Aspekten
zu ziehen. Die branchenübergreifende Analyse wird er
und den Entwicklungsstufen eines ganzheitlichen Prozess
gänzt um einen Branchenfokus «Immobilienwirtschaft»,
managements und dessen IT-Unterstützung in den Mittel
der den aktuellen Stand des Geschäftsprozessmanage
punkt. Um die Ausprägung des ganzheitlichen Prozess
ments in der Immobilienbranche beleuchtet.
managements branchenübergreifend und für die Immobili enbranche überprüfen zu können, wurde ein Rahmenwerk
Tabelle 1 fasst die für diese Zielsetzung notwendigen Hy
für das ganzheitliche Geschäftsprozessmanagement defi
pothesen und Fragestellungen zusammen und verweist
niert und mit Definitionen für die drei Gestaltungselemente
auf die entsprechenden Resultate und Kapitel im Studien
(strategisches
bericht.
Organisation und Methodik & Technologie) hinterlegt. Als
Prozessmanagement,
prozessorientierte
Tabelle 1
FORSCHUNGSGEGENSTAND UND -FRAGEN Haben sich Organisationen seit 2011 weiter in die Richtung eines ganzheitlichen Geschäftsprozessmanagements entwickelt? Welche Rolle spielt die IT-Unterstützung für die Befähigung eines ganzheitlichen Geschäftsprozessmanagements? Fragestellung
Resultate
Kapitel
Was umfasst ganzheitliches Prozessmanagement?
– Rahmenwerk: Gestaltungsebenen und Entwicklungsstufen eines ganzheitlichen Geschäftsprozessmanagements – Strategisches Prozessmanagement – Prozessorientierte Organisation – Methodik & Technologie als Brücke zum ganzheitlichen Prozessmanagement
Kapitel 3
Wo stehen Organisationen im deutsch sprachigen Raum in Bezug auf das ganzheitliche Prozessmanagement und dessen IT-Unterstützung?
– Ergebnisse der aktuellen Umfrage mit Quervergleich zur Studie 2011 – Selbsteinschätzung der Studienteilnehmenden – Branchenübergreifende Analyse der Umfrageergebnisse
Kapitel 5.1 Kapitel 5.2
Branchenfokus Immobilienwirtschaft: Wo steht die Immobilienwirtschaft in Bezug auf das ganzheitliche Prozessmanagement und dessen IT-Unterstützung? Was umfasst die Immobilienwirtschaft? Was ist Gegenstand des Prozessmanagements in der Immobilienbranche?
– Definition und Ausgangssituation für das Prozessmanagement in der Immobilienwirtschaft: – Immobilienlebenszyklus, Akteure, Kernprozesse – Aktueller Stand des Prozessmanagements aus Sicht der Forschung
Kapitel 4
Wo stehen Immobilienfirmen im deutschsprachigen Raum in Bezug auf das ganzheitliche Prozessmanagement und dessen IT-Unterstützung?
– Branchenauswertung der aktuellen Umfrage für die Immobilienwirtschaft
Kapitel 5.3
7
8
Analyse wurde der Basis für die branchenspezifische
Zwischen Dezember 2013 und Januar 2014 erfolgte die
Stand der Forschung zum Geschäftsprozessmanagement
Befragung in Form eines webbasierten Fragebogens. Die
in der Immobilienbranche im deutschsprachigen Raum un
erhobenen Daten wurden branchenübergreifend und spe
tersucht und eine begriffliche Grundlage für die Immobili
zifisch für die Immobilienbranche ausgewertet und im An
enwirtschaft und deren Akteure und Kernprozesse ge
schluss in Bezug auf die Forschungsfragen und die drei
schaffen.
Gestaltungsebenen des Geschäftsprozessmanagements interpretiert. Auf dieser Grundlage wurde der vorliegende
Beim Design des Fragenkatalogs (siehe Anhang 11.3) wur
Studienbericht erstellt.
de bewusst auf eine allzu offensichtliche Trennung der Fra gen in die drei Gestaltungsebenen verzichtet. Es galt zu ver
Der Studienbericht gliedert sich in zwei Blöcke: Im ersten
meiden, dass die Teilnehmenden bewusst oder unbewusst
Teil werden die theoretische Grundlage für ein ganzheitli
bereits bei der Beantwortung der Fragen eine Wertung oder
ches BPM und die Einführung in die Funktionalität, Gliede
Priorisierung in Bezug auf die drei Gestaltungsebenen vor
rung und den Stand des BPM der Immobilienbranche ver
nehmen. In diesem Sinne wurde die Umfrage so konzipiert,
mittelt. Der zweite Teil beinhaltet die Umfrageergebnisse
dass nur die einzelnen Antwortmöglichkeiten innerhalb einer
und deren Interpretation. Der Ergebnisteil ist nach den oben
Frage jeweils unterschiedlichen Ebenen zugehören. Um die
vorgestellten drei Gestaltungsebenen gegliedert. Um der
Fragenabfolge für die Teilnehmenden dennoch schlüssig zu
Mehrfachabbildung der Fragen entgegenzuwirken, ist jede
machen, wurden die Fragen nach den klassischen BPM-
Frage als Ganzes höchstens einer der drei Ebenen zuge
Sichten in fachlich-strategische und technologische Frage
wiesen. Einzelne Antworten können jedoch unter einer an
stellungen gruppiert. Für die Teilnehmenden aus der Immo
deren Ebene vorgestellt werden, wobei die Gesamtdarstel
bilienbranche wurden zwei zusätzliche Fragen zu konkreten
lung entsprechend nur referenziert wird. Um Ergebnisse mit
wertschöpfenden Branchenprozessen und zum Stand der
Branchendetails übersichtlicher zu gestalten, wurden die in
IT-Unterstützung entworfen. Um die Praxisrelevanz sicher
der Befragung genannten Branchen, welchen sich die Teil
zustellen, wurde der Studienpartner in die Konzeption und
nehmenden zuordnen konnten, zu Branchen-Clustern zu
Ausgestaltung des Fragenkataloges einbezogen.
sammengefasst (Zuordnung siehe Anhang 11.2).
Abb. 1
STUDIENKONZEPT UND VORGEHEN
Studienergebnisse 2011 und Sekundärforschung
Hypothesen und Forschungsfragen
Design und Durchführung der Umfrage
Auswertung der Umfrageergebnisse
Interpretation
Studienbericht