07) ggt und kgv

Chr.Nelius : Zahlentheorie (WS 2006/07) 8 § 3. ggT und kgV Wir erinnern uns hoffentlich an die folgenden Definitionen des ggT’s und des kgV’s zweier...
Author: Annika Graf
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Chr.Nelius : Zahlentheorie (WS 2006/07)

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§ 3. ggT und kgV Wir erinnern uns hoffentlich an die folgenden Definitionen des ggT’s und des kgV’s zweier ganzer Zahlen. (3.1) DEF: Eine ganze Zahl g heißt gr¨ oßter gemeinsamer Teiler (ggT) zweier ganzer Zahlen a und b , wenn gilt: GGT1 ) g ≥ 0 GGT2 ) g | a und g | b GGT3 ) F¨ ur alle t ∈ Z mit t | a und t | b folgt t | g . Bezeichnung: g = ggT(a, b) . GGT1 ) hat die Eindeutigkeit des ggT’s zur Folge (s. Bem. (3.2)). GGT2 ) besagt, daß g ein gemeinsamer Teiler von a und b ist. GGT3 ) bedeutet, daß g von jedem gemeinsamen Teiler von a und b geteilt wird. (3.2) BEM: Zu je zwei ganzen Zahlen a und b gibt es h¨ochstens einen ggT . (3.3) DEF: Eine ganze Zahl k heißt kleinstes gemeinsames Vielfaches (kgV) zweier ganzer Zahlen a und b , wenn gilt: KGV1 ) k ≥ 0 KGV2 ) a | k und b | k KGV3 ) F¨ ur alle v ∈ Z mit a | v und b | v folgt k | v . Bezeichnung: k = kgV(a, b) . KGV1 ) hat die Eindeutigkeit des kgV’s zur Folge (s. Bem. (3.4)). KGV2 ) besagt, daß k ein gemeinsames Vielfaches von a und b ist. KGV3 ) bedeutet, daß k Teiler eines jeden gemeinsamen Vielfachen von a und b ist. (3.4) BEM: Zu je zwei ganzen Zahlen a und b gibt es h¨ochstens ein kgV . Als n¨achstes werden wir uns Gedanken u ¨ ber die Existenz von ggT und kgV machen.

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(3.5) Der euklidische Algorithmus (EA) Seien a, b ∈

. Die Folgen (rk )k≥0 , (qk )k≥1

seien rekursiv definiert durch:

r0 := a , r1 := b. F¨ ur k ∈ 0 sei qk+1 der Quotient und rk+2 der Rest bei Division von rk durch rk+1 , falls rk+1 6= 0 , d.h. (?)

rk = qk+1 · rk+1 + rk+2

Dann gibt es eine Zahl n ∈

mit

0 ≤ rk+2 < rk+1

mit rn 6= 0 und rn+1 = 0 , wobei gilt rn = ggT(a, b)

Bew: Wir f¨ uhren wiederholte Division mit Rest aus. Dies ist solange m¨oglich, wie die Zahl, durch die geteilt ist, von 0 verschieden ist. r0 r0 r1 r2

= = = = .. .

a , r1 = q1 · r1 + r2 q2 · r2 + r3 q3 · r3 + r4

b mit mit mit

0 ≤ r 2 < r1 0 ≤ r 3 < r2 0 ≤ r 4 < r3

rk = qk+1 · rk+1 + rk+2 .. . Annahme: rk > 0 f¨ ur alle k ≥ 2.

mit

0 ≤ rk+2 < rk+1

Dann folgt b = r1 > r2 > r3 > r4 > . . . > rk > . . . > 0,

d.h. es gibt unendlich viele nat¨ urliche Zahlen < b. Widerspruch! mit rn+1 = 0 und rn 6= 0 . Zu zeigen bleibt, daß rn wirklich der Folglich gibt es ein n ∈ ggT von a und b ist. Dazu schreiben wir noch einmal das Divisionsschema auf: (1) (2) (3)

r0 r0 r1 r2

= = = = .. .

a , r1 = q1 · r1 + r2 q2 · r2 + r3 q3 · r3 + r4

b mit mit mit

(n − 1) rn−2 = qn−1 · rn−1 + rn (n) rn−1 = qn · rn + rn+1

0 < r2 < r1 0 < r3 < r2 0 < r4 < r3 mit

0 < rn < rn−1

| {z } =0

Aus der letzten Gleichung folgt rn | rn−1 , so daß sich aus der (n − 1)–ten Gleichung wegen rn | rn mit (2.3g) rn | rn−2 ergibt, aus der Gleichung davor dann rn | rn−3 usw. Bei der zweiten Gleichung gilt dann rn | r3 und rn | r2 , so daß rn ein Teiler von r1 = b ist. Schließlich ist rn eine Teiler von r1 und r2 , und damit ein Teiler von r0 = a . Folglich ist rn ein gemeinsamer Teiler von a und b . Sei nun t ∈  ein beliebiger gemeinsamer Teiler von a und b . Zu zeigen ist: t | rn . Zum Beweis durchlaufen wir die Gleichungskette von oben nach unten.

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Wenn t die Zahlen a = r0 und b = r1 teilt, dann teilt t nach (2.3g) auch r2 = r0 − q1 · r1 . Aus (2) folgt damit t | r3 , aus (3) t | r4 usw. Aus der (n − 1)–ten Gleichung folgt dann t | rn . Da auch rn ≥ 0 gilt, sind also alle drei Bedingungen aus der Definition (3.1) erf¨ ullt. Damit ist rn der ggT von a und b . • (3.6) BEM: a) Nach (3.5) existiert zu je zwei positiven ganzen Zahlen ein ggT . b) Der ggT zweier positiver ganzer Zahlen l¨aßt sich mit dem EA berechnen. (3.7) SATZ: Zu je zwei ganzen Zahlen a und b existiert der eindeutig bestimmte ggT . (3.8) BEM: F¨ ur a, b ∈ c) ggT(a, 0) = | a |

 gilt:

a) ggT(a, b) = ggT(b, a)

d) ggT(0, 0) = 0

b) ggT(a, b) = | a | ⇐⇒ a | b

e) ggT(a, b) = ggT(| a |, | b |)

(3.9) BEM: Seien a und b zwei ganze Zahlen, die nicht beide 0 sind. Nach GGT2 ) ist g ein gemeinsamer Teiler von a und b , d.h. g ∈ T (a) ∩ T (b) .Ist nun t ∈ T (a) ∩ T (b) ein beliebiger gemeinsamer Teiler von a und b , so folgt mit GGT3 ) t | g , also t ≤ | t | ≤ | g | = g nach (2.3e), da g 6= 0 .. Damit gilt g = max(T (a) ∩ T (b)) , d.h. g ist unter allen gemeinsamen Teilern von a und b der gr¨ oßte. Dies gilt nicht f¨ ur ggT(0, 0) = 0 !!!

(3.10)

Der erweiterte euklidische Algorithmus (EEA)

Seien a, b ∈

. Die Zahlen rk und qk seien wie in (3.5) definiert, dh.

(?)

rk = qk+1 · rk+1 + rk+2 (0 ≤ rk+2 < rk+1 )

Die Folgen (xk )k≥0 und (yk )k≥0 seien rekursiv definiert durch x0 := 1 , x1 := 0 (??)

xk+1 := xk−1 − qk · xk

(k ≥ 1)

y0 := 0 , y1 := 1 (? ? ?) a) Es gilt

yk+1 := yk−1 − qk · yk rk = xk · a + yk · b

b) F¨ ur die Zahl n ∈ insbesondere

f¨ ur alle k ∈

0

(k ≥ 1) .

mit rn 6= 0 und rn+1 = 0 , die nach (3.5) existiert, gilt ggT(a, b) = rn = xn · a + yn · b ,

d.h. ggT(a, b) ist eine ganzzahlige Linearkombination von a und b.

(3.11) SATZ: Der ggT g zweier ganzer Zahlen a und b l¨aßt sich als ganzzahlige Linearkombination oder als Vielfachensumme von a und b darstellen, d.h. es gibt x, y ∈  mit g = xa + yb . Diese Koeffizienten x und y sind nicht eindeutig bestimmt.

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(3.12) DEF: a1 , a2 , . . . , an (n ≥ 2) seien ganze Zahlen. Eine ganze Zahl g heißt gr¨ oßter gemeinsamer Teiler (ggT) von a1 , a2 , . . . , an , wenn gilt: GGT1 ) g ≥ 0 GGT2 ) g | a1 , g | a2 , . . . , g | an GGT3 ) F¨ ur alle t ∈

 mit

t | a1 , t | a2 , . . . , t | an folgt t | g .

Bezeichnung: g = ggT(a1 , a2 , . . . , an) (3.13) BEM: a) F¨ ur n = 2 ist die alte Definition (3.1) des ggT’s zweier ganzer Zahlen ein Spezialfall von (3.12) . b) Die Existenz von ggT(a, b, c) wird in Aufgabe 12 bewiesen. Es gilt allgemein: Zu je n ganzen Zahlen existiert ein eindeutig bestimmter ggT . c) Beispiel: ggT(6, 9, 15) = 3 . T (6) = {−6, −3, −2, −1, 1, 2, 3, 6} T (9) = {−9, −3, −1, 1, 3, 9} T (15) = {−15, −5, −3, −1, 1, 3, 5, 15} T (6) ∩ T (9) ∩ T (15) = {−3, −1, 1, 3} = T (3) Also ggT(6, 9, 15) = 3 . (3.14) DEF: a) Zwei ganze Zahlen a und b heißen teilerfremd , wenn ihr ggT gleich 1 ist. b) Die ganzen Zahlen a1 , a2 , . . . , an (n ≥ 2) heißen – teilerfremd, wenn ggT(a1 , a2 , . . . , an ) = 1 gilt – paarweise teilerfremd , wenn je 2 Zahlen ai und ak mit i 6= k teilerfremd sind.

(3.15) BEM: a) 4 und 21 sind teilerfremd, ebenso −50 und 221 . Die Zahlen 2, 3, 4 sind teilerfremd (ggT(2, 4, 3) = 1), aber nicht paarweise teilerfremd, da ggT(2, 4) = 2 6= 1 . Die Zahlen 1, 4, 7, 9 sind paarweise teilerfremd und auch teilerfremd. b) Sind die Zahlen a1 , a2 , . . . , an (n ≥ 2) paarweise teilerfremd, so sind sie auch teilerfremd. c) Die Umkehrung von b) gilt i.a. nicht, d.h. teilerfremde Zahlen m¨ ussen nicht paarweise teilerfremd sein. Gegenbeispiel: s. a) . (3.16) SATZ: Zwei ganze Zahlen a und b sind genau dann teilerfremd, wenn es Zahlen x, y ∈  gibt mit xa + yb = 1 .

Chr.Nelius : Zahlentheorie (WS 2006/07) (3.17) SATZ: F¨ ur a, b, c ∈

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 gelten die folgenden Aussagen:

a) a | c und b | c und ggT(a, b) = 1 b) a | (b · c) und ggT(a, b) = 1

=⇒

=⇒

(a · b) | c

a|c.

BEM: Ohne die Voraussetzung, daß die Zahlen a und b teilerfremd sind, gelten die obigen Aussagen i.a. nicht: Gegenbeispiel zu a) : 4 | 12 und 6 | 12 , aber 4 · 6 = 24 ist kein Teiler von 12 . b) 6 | (4 · 9) , aber 6 6 | 4 und 6 6 | 9 . (3.18) SATZ: Jede rationale Zahl r ∈ l¨aßt sich eindeutig in gek¨ urzter Form dartstellen, d.h. es gibt eindeutig bestimmte ganze Zahlen a und b mit r =

a , b > 0 , ggT(a, b) = 1 . b

Wir wollen uns nun noch kurz Gedanken zum kgV zweier ganzer Zahlen machen. Die Definition hatten wir schon in (3.3) gegeben. Wir wollen jetzt zeigen, daß ein kgV immer existiert. Die Eindeutigkeit ergibt sich dann aus (3.4) . Wir gehen wieder schrittweise vor: urlichen Zahlen a, b ∈ (3.19) SATZ: Zu je zwei nat¨ (3.20) BEM: F¨ ur a, b ∈ a) kgV(a, 0) = 0

existiert ein eindeutig bestimmtes kgV .

 gilt:

b) kgV(0, b) = 0

c) kgV(0, 0) = 0 .

(3.21) SATZ: Zu je zwei ganzen Zahlen existiert ein eindeutig bestimmtes kgV . (3.22) BEM: F¨ ur a, b ∈

 gilt:

a) kgV(a, b) = kgV(b, a)

b) kgV(a, b) = | a | ⇐⇒ b | a

c) kgV(a, b) = kgV(| a |, | b |) .

(3.23) BEM: Seien a, b zwei ganze Zahlen, die beide ungleich 0 sind. Nach KGV2 ) ist k ein gemeinsames positives Vielfaches von a und b , d.h. k ∈ V (a) ∩ V (b) ∩

.

Ist nun v ∈ V (a) ∩ V (b) ∩ ein beliebiges gemeinsames positives Vielfaches von a und b , so folgt k | v nach KGV3 ) , also k = | k | ≤ | v | = v nach (2.3e). Damit gilt k = min(V (a) ∩ V (b) ∩

),

d.h. k ist unter allen gemeinsamen positiven Vielfachen von a und b das kleinste.

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(3.24) DEF: a1 , a2 , . . . , an (n ≥ 2) seien ganze Zahlen. Eine ganze Zahl k heißt kleinstes gemeinsames Vielfaches (kgV) von a1 , a2 , . . . , an , wenn gilt: KGV1 ) k ≥ 0 KGV2 ) a1 | k , a2 | k , . . . , an | k KGV3 ) F¨ ur alle v ∈

 mit

a1 | v , a2 | v , . . . , an | v folgt k | v .

Bezeichnung: k = kgV(a1 , a2 , . . . , an) (3.25) BEM: a) Zu je n ganzen Zahlen existiert immer ein eindeutig bestimmtes kgV . a2 an a1 rationale Zahlen, so ist ihr Hauptnenner gerade das b) Sind r1 = , r2 = , . . . , rn = b1 b2 bn kgV der einzelnen Nenner b1 , b2 , . . . , bn . Diese Bildung ist wichtig f¨ ur die Addition rationaler Zahlen. Ist k = kgV(b1 , b2 , . . . , bn ) und gilt bi · ci = k f¨ ur alle k = 1, 2, . . . , n , so folgt r1 + r2 + . . . + rn =

a1 a2 an a1 · c1 + a2 · c2 + . . . + an · cn + + ...+ = . b1 b2 bn k

Zum Abschluß untersuchen wir den Zusammenhang zwischen dem ggT und dem kgV zweier ganzer Zahlen: ur ganze Zahlen a und b gilt (3.26) SATZ: F¨ ggT(a, b) · kgV(a, b) = | a · b | .

(3.27) BEM: Berechnungsverfahren f¨ ur das kgV Sind a und b ganze Zahlen , f¨ ur die ggT(a, b) 6= 0 gilt, so folgt kgV(a, b) =

|a ·b| , ggT(a, b)

wobei sich ggT(a, b) (leicht!) mit Hilfe des euklidischen Algorithmus berechnen l¨aßt .