01 Drucksache 10. Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz 26. bis 29

Az.1624-07.04:05/01 Drucksache 10 Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz 26. bis 29. Oktober 2016 Vorlage...
Author: Elke Hofmeister
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Az.1624-07.04:05/01

Drucksache 10

Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz 26. bis 29. Oktober 2016

Vorlage der Kirchenleitung betreffend Kirchengesetz zur Erprobung der Mitgliedschaft Jugendlicher im Gemeindekirchenrat

Die Landessynode wolle das Kirchengesetz zur Erprobung der Mitgliedschaft Jugendlicher im Gemeindekirchenrat beraten und mit der in Artikel 70 Abs. 3 i. V. m. Artikel 71 Abs. 2 der Grundordnung vorgesehenen Mehrheit beschließen.

Dr. Markus Dröge

Begründung: Die Vorlage verfolgt das Ziel, für einen Erprobungszeitraum die rechtlichen Grundlagen für die Mitgliedschaft von Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren im Gemeindekirchenrat zu schaffen. Die Kirchenleitung setzt damit den Auftrag der Landessynode von der Herbsttagung 2015 um, möglichst auf der nächsten Herbsttagung einen Gesetzentwurf vorzulegen mit dem Ziel, die Beteiligung Jugendlicher ab 16 Jahren an der Gemeindeleitung gegenüber der bestehenden Rechtslage zu erweitern (Drs. 16.1 B, S. 453). I.

Grundlagen des Vorschlags Vorgeschlagen wird folgende Regelung:  Die Vollmitgliedschaft von Jugendlichen im Gemeindekirchenrat wird zunächst bis 2028 erprobt.  Bei kleinen Gemeindekirchenräten (bis sechs zu wählende Mitglieder) kann ein Jugendlicher, bei größeren Gemeindekirchenräten können zwei Jugendliche gewählt oder berufen werden.  Entsprechend des Beschlusses der Landessynode beginnt die Wählbarkeit mit der Vollendung des 16. Lebensjahres und der Zulassung zum Abendmahl.  Die Jugendlichen können weder den Vorsitz noch den stellvertretenden Vorsitz übernehmen.

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 Gesetzliche Grundlage ist ein Kirchengesetz gemäß Artikel 70 Abs. 3 der Grundordnung. Es handelt sich um eine Erprobung für die Wahlen 2019 und 2022. Damit endet der Erprobungszeitraum nach Ablauf der Amtszeit der 2022 Gewählten, also 2028.

II.

Zu den Ergebnissen des Stellungnahmeverfahrens Der Gesetzentwurf wurde den ständigen synodalen Ausschüssen für  Ordnung,  Gemeinde und Diakonie,  Theologie, Liturgie und Kirchenmusik sowie  Kinder, Jugend und Bildung zur Beratung vorgelegt. Alle Ausschüsse haben sich mehrheitlich für eine Erprobung der Regelung ausgesprochen. In einem Stellungnahmeverfahren wurden auch die Kirchenkreise beteiligt, die ihrerseits die Kirchengemeinden mit dem Thema befasst haben. 66 Kreis- und Gemeindekirchenräte haben eine Stellungnahme abgegeben. Zum Vergleich: Im Vorfeld des Ersten Grundordnungsgesetzes, das eine erhebliche Aufwertung des Kirchenkreises sowie die Einführung von Gesamtgemeinden zum Gegenstand hatte, haben 51 Kreiskirchenräte und Gemeindekirchenräte Stellung bezogen. Beim Zweiten Grundordnungsänderungsgesetz, das die sog. „Extremistenklausel“ in die Grundordnung einführte, waren es 33 Voten. Das Thema „Jugendliche im Gemeindekirchenrat“ ist also für die Leitungsgremien von Kirchenkreisen und Kirchengemeinden für eine Grundordnungsfrage von überdurchschnittlichem Interesse. Im Sprengel Berlin, dem Sprengel mit den weitaus meisten Gemeindegliedern (ca. 640.000) und relativ großen Gemeinden, haben 48 Gremien votiert, davon 18 positiv, fünf eher neutral und 24 ablehnend. In den Sprengeln Potsdam und Görlitz (zusammen etwa 350.000 Gemeindeglieder) äußerten sich 18 Gremien, davon 12 zustimmend und 6 ablehnend. Signifikant ist, dass das Thema „Jugendliche im Gemeindekirchenrat“ die weitaus meisten Reaktionen im Sprengel Berlin auslöst und der Anteil der Ablehnungen des Vorhabens weitaus höher ist als in den anderen Sprengeln. Die Bedenken gegen den Gesetzesentwurf beziehen sich überwiegend • auf die Frage nach der Haftung Minderjähriger, •

auf eine mögliche Überforderung der Jugendlichen,

• auf die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit im Gemeindekirchenrat bei zu erwartendem Wechsel bei den jugendlichen Mitgliedern und der Frage nach der Anfechtbarkeit von Entscheidungen unter Beteiligung nicht Geschäftsfähiger. Das Ergebnis des Beteiligungsverfahrens ist als Anlage 3 beigefügt. III.

Zivilrechtliche Fragen Zu den zivilrechtlichen Fragen der Mitgliedschaft Jugendlicher in einem Leitungsgremium wurde ein rechtanwaltliches Gutachten eingeholt. Danach ist es

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möglich, mit einer elterlichen Einverständniserklärung die erforderliche Gleichstellung mit den Volljährigen zu erreichen. Die Erziehungsberechtigten müssen dabei sowohl zu einer Kandidatur als auch der Übernahme des Ältestenamtes schriftlich ihr Einverständnis erteilen. Liegt die Einverständniserklärung vor, können die Jugendlichen kandidieren und im Fall ihrer Wahl Mitglied im Gemeindekirchenrat werden. Die Einverständniserklärung umfasst die Zustimmung zu allen Arten von Rechtsgeschäften, die die Jugendlichen im Rahmen ihrer Tätigkeit im Gemeindekirchenrat vornehmen. Sie werden damit den Vollgeschäftsfähigen im Bereich der Tätigkeit im Gemeindekirchenrat gleichgestellt. Die Beschlüsse des Gemeindekirchenrats können dann nicht wegen der Beteiligung Minderjähriger angegriffen werden, Sie bedürfen auch keiner weiteren Genehmigung der Erziehungsberechtigten. Im Haftungsfall haften die Jugendlichen wie alle anderen Gemeindekirchenratsmitglieder auch. Das anwaltliche Gutachten wird in einer epd-Dokumentation abgedruckt, die den Synodalen zur Verfügung gestellt wird. Es kann vorab im Ref. 1.2 des Konsistoriums angefordert werden.

IV.

Zu den Vorschriften des Gesetzentwurfs im Einzelnen Zu Artikel 1 Nr. 1 Hier soll ein amtlicher Hinweis auf den Erprobungscharakter des Kirchengesetzes eingefügt werden. Zu Artikel 1 Nr. 2 (Anzahl von Jugendlichen im Gemeindekirchenrat) Mit dieser Regelung wird die Möglichkeit geschaffen, in kleinen Gemeindekirchenräten ein in größeren zwei Jugendliche unter den Mitgliedern zu haben. Zu Artikel 1 Nr. 3 (Berufung von Jugendlichen) Mit dieser Ergänzung wird die Möglichkeit, Jugendliche in den Gemeindekirchenrat zu berufen, eingeführt. Mit dem Inkrafttreten zum 1. Januar 2017 können die Gemeindekirchenräte Jugendliche berufen. Zu Artikel 1 Nr. 3 (Wählbarkeit ab 16 mit Abendmahlszulassung) Die in Artikel 19 der Grundordnung genannten Voraussetzungen für das Ältestenamt werden ergänzt um die zeitlich befristete Regelung für Gemeindeglieder zwischen 16 und 18 Jahren. Diese Regelung soll aber nur für die Tätigkeit im Gemeindekirchenrat gelten, nicht für die Gremien in den anderen Teilen der Grundordnung (Kreiskirchenrat, Kreissynode, Landessynode, Kirchenleitung). Zu Artikel 1 Nr. 4 (Vorsitz und Stellvertretung im Gemeindekirchenrat) Mit dieser Regelung wird klargestellt, dass die Jugendlichen von Vorsitz und Stellvertretung ausgeschlossen sind. Notwendig ist dies insbesondere auch aufgrund der rechtlichen Vertretung der Kirchengemeinde im Rechtsverkehr. Zu Artikel 2 Nr. 1 (Befähigung zum Ältestenamt und Quote im Gemeindekirchenrat) Die in der Grundordnung ergänzten Regelungen werden auch in das Ältestenwahlgesetz aufgenommen. Zu Artikel 2 Nr. 2 (Quote im Gemeindekirchenrat) Zu r U m s et zu n g d er za hl e nm ä ßi g en Be g r en zu ng de r J ug en d li c he n i m Gemeindekirchenrat braucht es auch eine Regelung, wie bei der Wahl in Wahlbezirken

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zu verfahren ist. Es soll die Regelung für die beruflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend angewendet werden.

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Zu Artikel 2 Nr. 3 (Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten) Die für die Kandidatur erforderliche Erklärung der Erziehungsberechtigten ist hier geregelt. Zu Artikel 2 Nr. 4 (Kennzeichnung der Jugendlichen auf dem Gesamtwahlvorschlag) Ebenso wie die beruflich Mitarbeitenden sollen die Jugendlichen auf dem Gesamtwahlvorschlag gekennzeichnet werden, da auch für sie eine Quote im Gemeindekirchenrat gilt (vgl. Artikel 2 Nr. 1) Zu Artikel 2 Nr. 5 (Feststellung des Wahlergebnisses) Die Regelung ergänzt die unter Nr. 4 Genannte. Gewählt sind bei einer Wahl in Wahlbezirken diejenigen Jugendlichen, die die meisten der abgegebenen Stimmen erzielen konnten. Zu Artikel 2 Nr. 6 (Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten) Die für die Annahme des Amtes erforderliche Erklärung der Erziehungsberechtigten ist hier geregelt. Zu Artikel 3 Hier ist geregelt, wann die Änderungen in Kraft treten und, da es sich um ein Erprobungsgesetz handelt, wann sie planmäßig wieder außer Kraft treten. Weiter ist eine Überprüfung durch die Kirchenleitung vorgesehen, die der Landessynode im Herbst 2024 dann berichten wird. Bei dieser Überprüfung muss geklärt werden, ob sich die Vorschriften bewährt haben. Weiterhin stellt sich die Frage, welche Konsequenzen sich für andere kirchliche Gremien ergeben. IV.

Besonderheiten bei einem Erprobungsgesetz Artikel 70 Absatz 3 der Grundordnung lautet: „Die Landessynode kann mit grundordnungsändernder Mehrheit Kirchengesetze zur Erprobung neuer Arbeitsformen und Strukturen verabschieden, die über die geltende Grundordnung hinausgehen.“ Mit dem hier vorgelegten Kirchengesetz soll eine neue Arbeitsform erprobt werden: die Beteiligung Jugendlicher an der Gemeindeleitung. Die Regelungen gehen über das hinaus, was unsere Grundordnung derzeit vorsieht. Wesen der Erprobung ist, dass für einen begrenzten Zeitraum eine Veränderung ermöglicht wird und nach Auswertung der Erfahrungen der Erprobungszeitraum entweder verlängert wird oder die Erprobung endet. Für die vorgesehene Beendigung bedarf es keiner weiteren Beschlüsse der Landessynode, die Regelungen tragen das „Ablaufdatum“ schon in sich. Nur wenn eine vorzeitige Beendigung der Erprobung oder eine Verlängerung oder eine Entfristung erfolgen soll, muss die Landessynode tätig werden.

Anlagen: 1. Ki r ch en g ese t z zu r E r pr o bu ng de r M it g l i ed sch af t Ju g en dl i ch er i m Gemeindekirchenrat 2. Auszug aus der Grundordnung/Ältestenwahlgesetz mit Einfügung der ergänzten Vorschriften 3. Zusammenstellung der eingegangenen Voten der Kirchenkreise und Kirchengemeinden 5

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