Zwei Medien wachsen zusammen

INFORMATIONSTECHNIK Zwei Medien wachsen zusammen WIE VIEL FERNSEHEN VERTRÄGT DAS INTERNET? Rosige Zeiten für den Handel. Das Netz verdrängt nicht das...
Author: Edmund Gerber
3 downloads 2 Views 454KB Size
INFORMATIONSTECHNIK

Zwei Medien wachsen zusammen WIE VIEL FERNSEHEN VERTRÄGT DAS INTERNET? Rosige Zeiten für den Handel. Das Netz verdrängt nicht das Fernsehen, wie noch vor einiger Zeit befürchtet. Im Gegenteil, Internet und TV können sich gegenseitig sehr stark befruchten. Dieser Bericht gibt einen Überblick über die derzeitige Entwicklung des neuen, jungen Marktes: Zweitfernseher, Zuschauerverhalten, Einbinden des Internet sowie Multimedialösungen. Die hier dargestellten Ergebnisse basieren auf zwei Tagungen zum Thema »Fernsehen und Internet«.

AUF EINEN BLICK DAS INTERNET GEWINNT IMMER MEHR AN BEDEUTUNG Die neue Generation der Smart-TVs setzt das Internet voraus DAS ZUSCHAUERVERHALTEN ÄNDERT SICH Im Moment sehen immer mehr junge Menschen über den »Zweitfernseher« sich die Programme an VERSORGUNGSLÜCKEN Noch immer besteht ein gravierender Mangel an ausreichender DSL-Reichweite in der Bundesrepublik, hier sind die Netzbetreiber gefragt

chon weit über 10 Mio. Smart-TV-Geräte stehen in den deutschen Haushalten, die das Internet auf den Bildschirm bringen können. Mobile Endgeräte wie Smartphone, Tablet-PCs & Co boomen. Dies hat Folgen für Handel und Handwerk. Guter Rat und Orientierung sind gefragt, denn die neuen Angebote und Begriffe wie Smart-TV, Second-Screen oder OTT (Overthe-top-Dienste, siehe Kasten S. 55) verwirren Verbraucher zusehends. Zudem stellt sich die Frage, ob die Breitbandnetzinfrastrukturen in Deutschland überhaupt auf diese neue Medienwelt vorbereitet sind. Ende Februar befassten sich auf der TV Komm 2013 in Karlsruhe und einem Symposium der Deutschen TV-Plattform in

INFOS Fachbeiträge Neuer Umsatztreiber Second-Screen, »de« 17.2012 ¬ S.66 Schließen der Internetlücke, »de« 9.2011 ¬ S.56 Was kommt nach der Analogabschaltung? »de« 19.2012 ¬ S.62

54

Bild 1: »Das Internet wird das Fernsehen nicht verdrängen, die beiden Medien verstärken sich gegenseitig«, Prof. Dr. Boris Alexander Kühnle, Hochschule der Medien, Stuttgart

München führende Fachleute intensiv mit den wichtigsten Fragen des Zusammenwachsens von TV und Internet. Viele Antworten bringen Klarheit, zeigen neueste Entwicklungen und helfen im Kundenund Verkaufsgespräch.

Quelle: iMGONA

S

Deutschen, dessen Nutzungszeit in den letzten Jahren sogar stieg und sich inzwischen bei 225 Minuten je Zuschauer verfestigt hat. Selbst die jungen sogenannten Digital Natives schauen TV und erhöhen mit zunehmendem Alter ihren Fernsehkonsum, belegte er nach aktuellen Studien.

Fernsehen bleibt beliebtestes Medium

Drei TV-Geräte je Haushalt

Viele Fachleute sahen im weltweiten Netz schon den großen Vernichter des klassischen Fernsehens und läuteten bereits die Totenglocke für die Lieblingsbeschäftigung der Deutschen. Dies hat sich inzwischen geändert, wie Prof. Dr. Boris Alexander Kühnle, Hochschule der Medien, Stuttgart, in einem Impulsvortrag auf der TV Komm 2013 in Karlsruhe betonte (Bild 1). »Das Internet wird TV nicht verdrängen, die beiden Medien verstärken sich gegenseitig«, so sein Fazit. Er sieht das Fernsehen nach wie vor als das beliebteste Medium der

Prof. Dr. Kühnle sieht für die stattfindende digitale Transformation von Internet und TV in Deutschland vier wesentliche Entwicklungen. Im Zuge der steigenden vielfältigeren digitalen Angebote benötigen Nutzer Hilfen, an denen sie sich orientieren können. Dies können z. B. wiedererkennbare Marken sein. Mit der wachsenden gleichzeitigen Nutzung von TV und Internet nimmt allerdings die konzentrierte Sehzeit der Zuschauer deutlich ab und steigt die Ablenkung. Dabei können sich beide Medien sogar befruchten, wie neue de 8.2013

Quelle: iMGONA

Bild 2: Hochkarätige Fachleute diskutierten auf der TV Komm über die Folgen des Zusammenwachsens von Internet und Fernsehen

Studien aus den USA belegen. So erhöhen Zuschauer sogar ihren TV-Konsum, wenn Sie im Internet geeignete programmbegleitende Informationen finden. Er ist fest davon überzeugt, dass die Logik des Internets ins Fernsehen einzieht. IP-basierte Cookies (Information des »Betrachters«) und Targeting (zielgruppengerichtete Werbung, Banner) werden seiner Meinung nach die Individualisierung des Fernsehens vorantreiben. Mit sinkender Wochenarbeitszeit, mehr Singles, inzwischen durchschnittlich drei TV-Geräten je Haushalt und der stark steigenden Zahl mobiler Endgeräte, so Prof. Dr. Kühnle, seien die

demografischen Weichen für den Transformationsprozess schon längst gestellt (Bild 2).

Zuschauern Einstieg in neue Medienwelt erleichtern Um die sich durch das Zusammenwachsen von Internet und Fernsehen bietenden vielfältigen Möglichkeiten zu nutzen, benötigt der Nutzer einfache Technik und gute Hilfen. So sieht Lutz Schüler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Unitymedia KabelBW, die im Sommer 2013 geplante Einführung der Horizon-Box seines Unterneh-

OTT-DIENSTE OTT-Angebote (Over-the-top) sind Videound Audioinhalte, die über das Internet von Dritten, z. B. YouTube, Google TV und Hulu, zumeist kostenlos und mit Werbung finanziert für Nutzer auf Smart-TVs, PCs, Spielkonsolen oder mobilen Endgeräten

bereitgestellt werden. Gemeinsam ist diesen Anbietern, dass sie sich zumeist der Kontrolle von Internet-Service-Providern entziehen und deren Netze quasi als Autobahnen zum Zuschauer nutzen, ohne dafür zu zahlen.

SMART-TV NICHT SMART GENUG – WENIGE AKTIVE NUTZER Die Agentur Mindshare hat im November eine interessante Untersuchung darüber durchgeführt, wie Konsumenten Smart-TV annehmen. Von befragten 1139 Onlinenutzern besaß ein Viertel bereits einen internetfähigen Fernseher, jedoch nutzten diesen nur 17 % aller Onliner auch. Gar

nicht mit dem Gerät gingen 30 % der Smart-TV-Besitzer ins Internet. 80 % der Befragten kritisieren das umständliche Handhaben über die Fernbedienung. Während des Fernsehens nichts anderes tun wollen rund 65 % der Smart-TV-Besitzer.

DEFINITION SECOND-SCREEN »Internetnutzung während einer TV-Sendung mit oder ohne aktuellen Bezug zum laufenden Programm.« Daneben taucht immer häufiger der Begriff Multi-Screen auf. Multi-Screen bedeutet grundsätzlich,

www.elektro.net

dass der Nutzer mindestens zwei Bildschirme bzw. Endgeräte (Multi Device) für seine Tätigkeit einsetzt. Dies können dann ein Smartphone, Tablet-PC, Laptop / PC oder TV-Gerät sein.

INFORMATIONSTECHNIK

Quelle: Zahlen der gfu

MARKTENTWICKLUNG DER ZUSATZGERÄTE Gerät Smart-TV

2010 2,0

2011 3,4

2012 4,8

Summe 10,2 40,6

Smartphone

7,7

14,5

18,4

Tablet-PC

0,6

1,4

3,3

5,3

Blu-ray-Player

1,0

1,3

1,8

4,1

11,3

20,5

28,3

60,2

Total

Tabelle 1: Absatz Smart TV, Blu-ray und mobiler Endgeräte 2010 – 2012 in Mio. Stück

tina Rutenbeck, Geschäftsführerin Eutelsat Deutschland, auch die Infrastrukturanbieter, in dem diese die lineare und nichtlineare Welt zusammenbringen und verknüpfen. »So holt das interaktive Hybrid-TV Portal KabelKiosk choice den Zuschauer in der linearen Welt ab und begleitet ihn in die nichtlineare, ohne dass

Quelle: Kabel Kiosk

mens, die sämtliche Medien integriert, als einen wichtigen Teil der Transformation. Er will den Zuschauern damit den technischen Einstieg erleichtern, denn so Schüler: »Die heutigen Smart-Geräte sind noch nicht so richtig smart.« Von der Fragmentierung der Angebote und zunehmenden Akzeptanz von Pay-TV profitieren für Mar-

Bild 3: Video-on-Demand-Shop des hybriden TV-Portals KabelKiosk choice

sich dieser mit komplexer Technik befassen muss«. Hierbei seien zudem attraktive Video-on-Demand-Angebote, wie etwa Blockbuster der Studios und hochwertige Inhalte der TV-Sender als Zugpferde, für den Nutzer wichtig. Die steigende Akzeptanz im Umfeld der Transformation seitens der Nutzer konnte Ronald Fiedler, Vice President Commercial Distribution, Sky Deutschland, nicht nur anhand der rasch wachsenden Nutzerzahlen beim Angebot SKY GO bestätigen.

Neuer Trend: Second-Screen Ein besonderes Gewicht der TV Komm lag auf dem Thema Second-Screen Zusatzfernseher). Laut Robert Hermann, Head of Sales Strategy, Yahoo! Deutschland verliert lineares TV immer mehr an Reichweite und entwickelt sich Second Screen zum First-Screen. Yahoo reagiert darauf mit Themenkanälen für unterschiedliche Zielgruppen. Auch öffentlich-rechtliche Sender bereiten sich vor. Der Leiter des SocialMedia-Teams des SWR Guido Bülow berichtete, dass es beim Tatort bereits beim Erstellen des Drehbuchs einen engen Austausch mit dem Betreuerteam des Second Screens im eigenen Haus gibt. Neueste Zahlen zum Second-Screen stellte der Branchenverband BITKOM vor. Danach hat bereits jeder dritte Fernseher u.a. durch angeschlossene Spielkonsolen und Blu-Ray-Player Zugang zum Internet. Bei den Nutzern des Second-Screens sieht der BITKOM für TV-Sender noch sehr viel Luft nach oben. So greifen aktuell nur 18 % auf Angebote der Sender zurück. Hingegen surfen 82 % während des TV-Konsums auf Webseiten, die nichts mit dem TV-Angebot zu tun haben.

Quelle: DTVP/Werner Bachmeier

Boom bei internetfähigen Geräten

Bild 4: Fachleute diskutierten auf dem Symposium der Deutschen TV Plattform in München während einer Podiumsdiskussion über Chancen und Grenzen des Internet für die Verbreitung von Fernsehen und anderen Bewegtbildinhalten. Ihr Fazit: Für die IP-basierte Verbreitung von Fernsehen und Videoangeboten mangelt es noch an der DSL-Versorgung

56

Die Heimvernetzung mit Smart-TV und Blu-ray-Playern als Basis schreitet weiter voran. Smartphone und Tablet-PC reihen sich als Zuspieler oder als zusätzlicher Bildschirm (Second-Screen) nahtlos an und bilden ein starkes Fundament für das immer raschere Zusammenwachsen von Fernsehen und Internet. Dies bestätigen aktuelle Branchenzahlen (Tabelle 1). So ist, ungeachtet der weltweiten Wirtschafts- und Schuldenkrise, der deutsche Markt für Consumer Electronics 2012 laut gfu weiter gewachde 8.2013

sen und konnte um 3,9 % auf insgesamt 28,8 Mrd. Euro zulegen. Dabei erzielte der Handel erstmals mit Smartphones höhere Umsätze als mit TV-Geräten. Trotz der starken Konkurrenz der mobilen Geräte lag der Absatz von Fernsehgeräten mit 9,6 Mio. Stück auf gleich hohem Niveau wie im Vorjahr. Gerade die Beliebtheit sogenannter smarter Geräte stieg 2012 weiter an. Smart-TV, Smartphones und TabletPCs wiesen weiterhin signifikante Zuwächse beim Absatz und Umsatz auf. Damit ist allein die Basis der internetfähigen Geräte für das Zusammenwachsen von TV und Internet innerhalb von nur drei Jahren auf 60 Mio. Stück angewachsen.

Vier von fünf Internetnutzern sehen Onlinevideos Laut einer Anfang März 2013 publizierten Umfrage des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. sehen bereits 77 % aller deutschen Internetnutzer Bewegtbilder im Internet zu Unterhaltungsund Informationszwecken, davon ein Drittel (33 %) mindestens wöchentlich. 50 % sehen Filme und 47 % schauen bei LiveEvents über das Internet zu, in beiden Fällen etwa 12 % auf mindestens wöchentlicher Basis. Die höchste Nutzungsintensität weisen jüngere Nutzer vor. Neun von zehn der 16- bis 34-Jährigen konsumieren Onlinevideos. Zugleich feiert Bewegtbild seinen Einzug auch auf modernen Smartphones: Jeder zweite befragte Smartphonebesitzer schaut Bewegtbildinhalte über das mobile Internet, 17 % mindestens wöchentlich. Der Nutzungsanteil von Online-Videos liegt insbesondere in den jüngeren Altersgruppen hoch. Ähnlich hoch liegt die Nutzungsintensität bei den 35- bis 54-jährigen Nutzern. In dieser Altersgruppe geben acht von zehn der Befragten an, regelmäßig Onlinevideos zu schauen (85 %). Deutlich geringer, aber immer noch auf einem hohen Niveau liegt der Anteil bei den 55- bis 64-Jährigen (65 %) und Nutzern über 65 Jahren (57 %).

LINKS www.kabel-kiosk.com www.gfu.info www.deutsche –tv-plattform.de www.irt-forum.de

www.elektro.net

Drohender Megastau Cisco rechnet damit, dass der weltweite Anteil von Bewegtbildern am privaten Internetverkehr im Jahr 2015 bei rund 90 % liegen wird. Allein Youtube Nutzer laden in jeder Sekunde rund um den Globus 72 h Videomaterial auf die Server. Neben diversen Anbietern wie Youtube, Google, Apple und Co. sowie erfolgreichen Video-on-Demand-Anbietern wie etwa Netflix in den USA nutzen auch öffentlich-rechtliche und private TV-Sender zunehmend das Internet für die Verbreitung von Inhalten als viertem Übertragungsweg neben Satellit, Kabel und Antenne (Bild 3). Die Deutsche Telekom will ihr TV-Produkt Entertain demnächst für Smartphones und Tablet-PCs öffnen. Neben den immer beliebteren Mediatheken gehen Sender wie das ZDF nach dem Erfolg während der Olympischen Sommerspiele in London im vergangenen Jahr neuerdings dazu über, das komplette LiveProgramm übers Internet anzubieten. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis die ARD und die großen privaten Sendergruppen folgen. Mit Zattoo stellt ein privates Unternehmen zudem schon länger öffentlich-rechtliche Sender in hoher Zahl ins Netz. Teilweise sogar in HD-Qualität.

6 Mbit/s für vernünftiges HD-Bild Angesichts dieser gigantischen Videoflut stellte sich das jüngste Symposium der Deutschen TV-Plattform die umgekehrte Frage, wie viel Fernsehen das Internet verträgt. Unter TV-Experten gilt aktuell für den qualitativ guten Empfang von über das Internet gesendeten HD-Bildern auf dem Bildschirm des Smart TV ein Breitbandanschluss von mindestens 6 Mbit/s als Muss. Für Zattoo reichen laut Dr. Nikolas Brambring, CEO des Unternehmens, dank des Einsatzes neuester Technologien bereits 3 Mbit/s aus. Ob dies tatsächlich so ist, müssen Verbraucher selber herausfinden. Nur zum Vergleich. Ein HD-Programm wird je nach Qualitätsanspruch des jeweiligen Senders via Satellit mit bis zu 10 Mbit/s übertragen.

Wo liegen Theorie und Praxis? Die 6 Mbit/s sollten angesichts der jüngsten Zahlen des Breitbandatlas von Mitte kein Problem sein. Denn danach haben

INFORMATIONSTECHNIK

Das Internet verträgt noch mehr TV Unabhängig von der realen Nutzung gilt weiterhin die Frage, ob das Netz in Deutschland mit dem erwarteten Ansturm der Verbraucher klarkommt, wenn diese erst einmal in der breiten Masse die Möglichkeiten von Smart-TV und mobilen Endgeräten voll-

Dabei spielen sogenannte Content Distribution Networks (CDN) eine ganz wichtige Rolle. Hinter diesem Begriff steckt quasi eine Armada von Servern, die intelligent an verschiedenen Punkten des Netzes möglichst nahe am Verbraucher verteilt stehen und übers Internet miteinander verbunden sind. Allein Akamai betreibt weltweit laut Metko einige Zehntausend dieser Server.

Quelle: Sigurd Schobert

nur noch 3,9 Mio. Haushalte theoretisch keinen Zugang zu einem entsprechenden Anschluss. Wie weit Theorie und Praxis in der Diskussion auseinanderliegen, zeigen andere Zahlen. So setzen in der Realität nach der letzten Analyse des Verbandes VATM 16,2 Mio. der 23,6 Mio. DSL-Nutzer Ende 2012 immer noch auf Anschlüsse mit einer maximalen Empfangsgeschwindigkeit von bis zu 6 Mbit/s. Und es gibt angesichts von rund 40 Mio. Haushalten in Deutschland rund 12 Mio., die überhaupt keinen schnellen Zugang nutzen oder gar wollen. Das Problem ist die Akzeptanz von Hochgeschwindigkeitszugängen. So liegt z. B. die tatsächliche Anschlussrate an die bundesweit bislang eher nur spärlich ausgebaute Glasfaser je nach Studie bei 15 bis 40 %. Die Kabelnetzbetreiber gelten als Gewinner und bauten ihre Marktanteile unter den derzeit knapp über 28 Mio. Breitbandhaushalten mit ihren superschnellen Anschlüssen kontinuierlich auf über 4 Mio. aus. Aber auch bei diesen klafft eine gewaltige Lücke zwischen erreichbaren, ausgebauten Haushalten und real tatsächlich versorgten Breitband-Kunden. Interessant sind einige weitere Zahlen. So hat laut VATM das Gesamtdatenvolumen des Breitband-Internetverkehrs im Festnetz nur um rund 13 % auf 4,4 Mrd. Gigabyte zugenommen. Das Gesamtdatenvolumen in den Mobilfunknetzen (ohne LTE) stieg um knapp 30 % auf 130,7 Mio. Gigabyte.

Bild 5: Fernsehen und Internet gehören nun zusammen: HbbTV – über diesen Dienst holt sich der Zuschauer zusätzliche Informationen ins Wohnzimmer

ends für sich entdecken und nutzen wollen. Hier gaben die Fachleute während des Symposiums der TV-Plattform Entwarnung (Bild 4). Sie sahen noch deutliches Potenzial für die IP-basierte Verbreitung von Fernsehen und anderen Bewegtbildangeboten, wenn die Breitbandnetze in Deutschland sinnvoll ausgebaut werden. Gerade durch eine intelligente Kombination mit den klassischen Rundfunkempfangswegen Satellit, Kabel und Antenne wächst für die Verbraucher die Vielfalt der Inhalte und die Freiheit der Nutzung, insbesondere für neuartige Endgeräte. Zugleich verdeutlichten verschiedene Vorträge, dass es nicht allein eine Frage des Kapazitätsausbaus sei, ob das Netz für den Videoboom gewappnet ist. Vielmehr käme es auch darauf an, wie intelligent die immensen Datenströme aufbereitet und verteilt werden. Dass das Internet von seiner Struktur und Funktionsweise durchaus in der Lage ist, den steigenden Web-Videoabruf und auch Live-TV in großem Umfang zu bewältigen, erläuterten Alexander Renner, Director Software Engineering von Juniper und Jürgen Metko, Leiter Digital Media bei Akamai. Dies leistet die Kombination von Unicast und Multicast sowie Verfahren wie Cloud Packaging und Adaptive Streaming.

KABELKIOSK CHOICE Das hybride TV-Portal KabelKiosk choice des Satellitenbetreibers Eutelsat verknüpft intelligent Smart-TV mit dem Internet und bringt erstmals das zukunftsweisende Hybrid TV in die deutschen Netze. Zuschauer benötigen in der neuen Medienwelt Orientierung. Daher holt ihn choice in der Welt des klassischen Fernsehens ab und begleitet ihn in die nichtlineare neue Welt, ohne dass sich dieser mit komplexer Tech-

58

nik befassen muss. Herz und Zugpferd von choice ist ein umfassendes Video-onDemand-Angebot mit den Filmbibliotheken führender Inhalteanbieter, wie etwa Disney, und Inhalten und Dokumentationen der Senderpartner. Lokale Infokanäle, regionale Inhalte wie z. B. Nachrichten und Wetter, beliebte Mediatheken, Red ButtonFunktionen, EPG-Services und Tipp-Guides runden das Angebot ab.

Fazit Internetfernsehen, Internet auf dem Fernsehbildschirm und Fernsehen über das Internet sind in Deutschland längst Realität (Bild 5). Das Fundament ist mit über 60 Mio. in Deutschland internetfähigen Geräten längst gelegt. Angekommen ist die neue Medienwelt zumindest bei den jüngeren Generationen. Spannend dürfte die Frage sein, wann die Masse die neuen Möglichkeiten für sich entdeckt. Hierzu bedarf es allerdings noch viel Aufklärungsarbeit und vor allem Orientierung. Hier liegt die Chance für Handel und Handwerk. Dies beginnt bei der Auswahl der richtigen Geräte und führt bis zur richtigen Vernetzung im Haus, damit die Signale an jedem gewünschten Ort nutzbar sind. Mit dem steigenden Datenvolumen durch Videoinhalte steigen zugleich die Ansprüche an die Breitbandinfrastrukturen. Hier sind Netzbetreiber doppelt gefragt. Zum einen beim Ausbau ihrer Infrastrukturen, zum anderen müssen sie ihre Kunden vom Nutzen schnellerer Anschlüsse überzeugen – diese aber auch wirklich zur Verfügung stellen. Denn die DSL-Dienste stellen zumeist nur »shared« Dienste zur Verfügung und kein Kunde weiß wirklich, welche Bandbreite ihm tatsächlich zur Verfügung steht Letztlich sind auch die Hersteller von Smart-TVs gefordert, denn wenn die Masse der Nutzer die Bedienung und Technik für zu schwer verständlich hält, gibt es dringenden Handlungsbedarf, den Nutzer abzuholen und in die neue Welt begleiten zu wollen. Dieses liegt auch im Interesse von Eutelsat, Unitymedia sowie KabelBW. Dies ist sicherlich der geeignete Weg für alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten.

AUTOR Thomas Fuchs, Gummersbach

de 8.2013