Zeit als neue Form der Anerkennung Benevol Schweiz Olten, 20. November 2013 Reinhold Harringer, St.Gallen
Funktionsweise und Organisation Motivation ...
Zeit als neue Form der Anerkennung Benevol Schweiz Olten, 20. November 2013 Reinhold Harringer, St.Gallen
Funktionsweise und Organisation Motivation Zeitvorsorge und Freiwilligenarbeit
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Grundidee der Zeitvorsorge 2014
2030
Herrn Benz hilft Herrn Müller bei Einkaufen, Spaziergängen, leichten Haushaltsarbeiten ….
Herr Benz lässt sich von Frau Meier beim Bügeln und bei der Steuererklärung helfen
Dafür erhält Herr Benz Zeitgutschriften
Dafür bezahlt er mit seinen Stunden
Entwicklung und Stand des Projektes Japan: Fureai Kippu Bund / BSV • Ansprache Couchepin 2007 • Vorstudie BASS: Dezember 2008 • Auftrag Studie St.Gallen 2009
Auftrag Stadtrat Juni 2009 Studie Zeitvorsorge April 2011 Parlamentsentscheid Juni 2012 Gründung Stiftung 20.12.2012 Arbeitsbeginn GL 1.8.2013
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Organisation • Stiftung (beschlossen) – Stadt, Kanton, Evang. und kath. Kirchgemeinden – Pro Senectute (Kanton) – Spitexorganisationen (Kanton) – Frauenzentrale – Rotes Kreuz (Kanton)
• Leistungserbringer (offen) – Städtische Pro Senectute, SpitexOrganisationen, Heime, Hospizdienste, IDEM … …..
Einzelne Bausteine (1) • Einbinden bestehender Organisationen bzw. Leistungserbringer • Anfangsphase: keine Zeitguthaben … Einsatz von Gutscheinen • Begrenzung der Ansparphase bei ca. 700 Stunden • Zeitguthaben sind weder übertragbar noch vererbbar
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Einzelne Bausteine (2) • Leistungskatalog – Keine Pflegeleistungen – Betreuung und Begleitung – Kein Ersatz bezahlter Leistungen?
• Garantie der Stadt – Vertrauen / Wertschätzung
Funktionsweise und Organisation
Motivation Zeitvorsorge und Freiwilligenarbeit
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ZEITVORSORGE – eine (Teil-) Antwort auf das demografische Problem • • • • • •
Alterung der Bevölkerung Finanzprobleme der Alterssicherungssysteme Steigende Kosten der Betreuung Mangel an Fachkräften Auflösung sozialer Netze Rückgang der Freiwilligenarbeit
=> ZEITVORSORGE
Win-Win-Win-Win … • Zeitvorsorger/innen – Sinn und Aufgaben im 3. Lebensalter
• Leistungserbringer (Organisationen) – Zusätzliches Angebot, mehr Freiwillige
• Allgemeinheit – Erhöhte Solidarität innerhalb der Gesellschaft – Einsparungen im Heimbereich
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ZEITVORSORGE Nichts Neues unter der Sonne? • Stärken der «Solidarwirtschaft» – Brücke zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Arbeit – Brücke zwischen egoistischen und altruistischen Motiven – Begrenzen der «Geldwirtschaft»
Die Ausbreitung der Geldwirtschaft
42 %
58 %
39 %
61 %
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These 1: Grenze der Märkte / des Geldes neu definieren • Michael J. Sandel: „Die schicksalhafteste Änderung der letzten drei Jahrzehnte war nicht die Zunahme der Gier. Es war die Ausdehnung der Märkte und ihrer Wertvorstellungen in Lebensbereiche, in die sie nicht gehören.“
These 2: Geld verändert Beziehungen • Dorf in Afrika
• Atomlager Wolfenschiessen
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These 2: Geld verändert Beziehungen Geld verändert das Denken Geld hat ein Stigma Geld korrumpiert
These 3: Zeit hat gegenüber Geld zahlreiche Vorteile • Kein Stigma – Geldgeschenke? – Als Anreizsystem unproblematisch
• Zeittausch ist gemeinschaftsbildend • Keine inflationäre Entwertung
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These 4: Zeit verbindet die Vorteile des Geldes mit den Vorteilen der Freiwilligenarbeit Rot = FWA
Blau = Geldwirtschaft
Konkurrenzierung der Freiwilligenarbeit? Zeitvorsorge
Bezahlte Arbeit
Unbezahlte Arbeit
R.Harringer Zürich 27.11.2012
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Konkurrenzierung der Freiwilligenarbeit?(BASS Studie) • Theorie gibt keine klare Antwort – Motivation (Extrinsisch / Intrinsisch) – Altruismus / Eigennutzen
• Empirische Studien: keine abschliessende Antwort – USA Studie über Zeittauschsystem • über die Hälfte vorher keine FWA • 2/3 führten FWA ausserhalb Programm weiter R.Harringer Zürich 27.11.2012
Auch FWA ist nicht uneigennützig • Stadt Zürich zur FWA:
«Das bedeutet aber nicht, dass Sie für die investierte Zeit und Energie nichts zurückbekommen! Im Gegenteil: Sie sind für andere Menschen wichtig und werden gebraucht. Dabei können Sie neue Kontakte knüpfen und wertvolle Erfahrungen machen.»
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Form der Entschädigung ist keine moralische Wertung • Keine Bewertung!! – Bezahlt = «schlecht» – unbezahlt = «gut» – Zeitentschädigung = «mittelgut»
• Zeitvorsorge + direkte Wertschätzung in der Gegenwart + direkter Nutzen in der Zukunft + allenfalls direkter Nutzen in der Gegenwart
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Wirkungen aus Sicht der Leistungsbeziehenden • Nicht Bittsteller, sondern Anspruch • Qualitative Verbesserungen – Höhere Betreuungsintensität – ….
• Höhere Nachfrage ermöglicht auch mehr Angebote => fördert die FWA bzw. ZV
Folgerungen aus Sicht FWA • Zeit = keine „Marktbeziehung“ – Zeit nicht einzige Form der Anerkennung – Keine Verknüpfung der Zeitentschädigung mit Leistung; kein Wettbewerbsdenken
• Andere Anerkennungsformen: – Schulung, informelle Treffen, … Netzwerkbildung ist zentral
• Begrenzung des Ansparvolumens • Begrenzung auf 3./4. Generation R.Harringer Zürich 27.11.2012
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Thesen - Fragen zur FWA • Schafft Zeit den erwünschten Ausgleich in der Beziehung Gebende/Nehmende? • Werden neue Mitglieder gewonnen? • Bleiben die ZV über die Anspargrenze als „echte“ Freiwillige hinaus tätig? • Wie intensiv sind die Kontakte zwischen den Zeitvorsorgenden? • Wie beurteilen die ZV die Kontakte zu Leistungsbezüger/innen? • …
ZEITVORSORGE hat ein grosses Potential • Korrumpiert die Beziehungen nicht • Schafft Gemeinschaft • Verträgt sich / fördert Freiwilligenarbeit • Kann Kostenanstieg bremsen • Ist Ausbaufähig: – Behindertenbereich, Mittagstische, …. – St.Gallen, Aargau, Sarnen …