XXXVI. Naumburgseminar

XXXVI. Naumburgseminar Die rechtsfähige Gemeinschaft als Verbraucher und der Verbraucherschutz insbesondere bei Wärmemessung, Darlehen, Verwaltervert...
Author: Christoph Fried
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XXXVI. Naumburgseminar

Die rechtsfähige Gemeinschaft als Verbraucher und der Verbraucherschutz insbesondere bei Wärmemessung, Darlehen, Verwaltervertrag

Prof. Dr. Florian Jacoby Naumburg, 20. Oktober 2016

Ist eine Gemeinschaft Verbraucher? – der Fall des BGH • Eine rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schloss mit einem Gasversorger einen Vertrag über die Lieferung von Gas. • Der Vertrag enthielt eine Preisanpassungsklausel, nach der sich der Arbeitspreis für Gas entsprechend der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ändert. • Der BGH hatte bereits entschieden, dass eine solche Klausel zwischen Unternehmern wirksam, aber gegenüber einem Verbraucher unwirksam ist. • Was gilt für den Vertrag mit der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer?

Rechtsfähige Gemeinschaft als Verbraucher • § 13 BGB: Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. • Problematik: Rechtsfähige Gemeinschaft ist keine natürliche Person (= Mensch)! • Aber: - Rechtsfähige Gemeinschaft ist bloßes fremdnütziges Zweckgebilde („Haftungsschutzschild“ und „dauerhaftes Zuordnungssubjekt“) ohne eigene Identität. - Gemeinschaft darf als dazwischen geschobenes Subjekt aber den den Eigentümern gebührenden Verbraucherschutz nicht vereiteln. - Vgl. auch BGH v. 17.09.2015 - I ZR 228/14 „GEMA“: „Eigentümer leiten die Sendungen an sich selbst weiter“. • Daher: Anerkennung der Verbrauchereigenschaft der Gemeinschaft über Wortlaut (wie bei GbR).

BGH v. 24.3.2015 - VIII ZR 243/13 Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammengeschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen einem Verbraucher gleichzustellen, wenn - ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und - sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient.

Lösung des Falles • Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Vertragspartnerin des Gaslieferungsvertrags ist einem Verbraucher gleichzustellen. • Sie hat daher nach § 812 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung im Umfange der Preiserhöhungen, auf die sie während der Vertragslaufzeit des Gaslieferungsvertrags gezahlt hat, obwohl die Erhöhungen nach AGB-Recht unwirksam sind.

Überblick Verbraucherschutz [überwiegend europäisch vorgezeichnet, zuletzt insbesondere Umsetzung der Richtlinie über Verbraucherrechte (2011/83/EU) vom 25.10.2011] • Verbraucherwiderruf bei Außergeschäftsraum- und Fernabsatz(§ 312g BGB) sowie Kreditverträgen (§ 495 BGB). • Informationspflichten (§ 312b II, § 312d BGB), • Spezielle Schutzregelungen bei - AGB-Kontrolle, - Verbrauchsgüterkauf, - Verbraucherdarlehen, - in Planung: Verbraucherbauvertrag. • Spezialgesetzlicher Schutz, etwa Preisangabenverordnung.

Agenda I.

Verbraucherschutz und Vertragslaufzeit von Wärmemessverträgen

II.

Verbraucherschutz und Darlehen

III. Verbraucherschutz beim Verwaltervertrag 1.

Allgemeines

2.

Vertragslaufzeit

3.

Widerruf von Verwalterverträgen

I. Verbraucherschutz und Vertragslaufzeit Frage: Kann ein auf 10 Jahre ausgelegter Wärmemessdienstvertrag von der WEG vor Ablauf der vertraglichen Fest- oder Mindestlaufzeit gekündigt werden, da die WEG als Verbraucher durch Formularvertrag nicht länger als 2 Jahre gebunden werden kann.

Deckelung der Vertragslaufzeit Antwort: LG Karlsruhe v. 14.4.2015 - 8 O 144/14, ZMR 2015, 817: Ja, eine Kündigung ist (sofort, vor Ablauf von zwei Jahren) möglich, weil die Laufzeitregelung insgesamt unwirksam ist! Gesetz: § 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ……. 9. (Laufzeit bei Dauerschuldverhältnissen) bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags.

Bei Contracting anders wegen § 32 AVBFernwärmeVO (bis 10 Jahre).

Miete der Ablesegeräte • Die Gemeinschaft hat Ablesegeräte von einem Ablesedienst auf 10 Jahre gemietet. Ist der Mietvertrag ebenfalls unwirksam? • Unterschiedliche Ansatzpunkte: - § 309 Nr. 9 a) BGB ist bei Mietvertrag (ungleich Dienst- oder Werkleistung) nicht einschlägig. - In Betracht kommt Unwirksamkeit als Umgehung nach § 306a BGB bei Einheit mit Ablesedienstleistung. - In Betracht kommt selbstständige Unwirksamkeit nach Generalklausel § 307 Abs. 1 BGB, wenn Laufzeitbindung auch bei Mietvertrag unangemessene Benachteiligung ist.

Unangemessene Benachteiligung BGH v. 19.12.2007 – XII ZR 61/05: Im Rechtsverkehr mit Verbrauchern benachteiligt eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Laufzeit von zehn Jahren einen Mieter von Verbrauchserfassungsgeräten unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Umgehung LG Würzburg v. 11.11.2008 – 42 S 1527/08: • Ein Mietvertrag über Energieerfassungsgeräte und ein gesondert abgeschlossener Vertrag über die Ablesung und Auswertung der erfassten Daten (zur Nebenkostenabrechnung gegenüber Mietern) ist sachlich als Einheit anzusehen. • Die gewählte Gestaltung durch Abschluss von zwei unabhängigen, aber sachlich verbundenen Verträgen stellt ein Umgehungsgeschäft i.S.d. § 306a BGB dar. • Zwar fällt nur der Vertrag über die Ablesung und Auswertung der erzielten Messergebnisse und der Erstellung der Nebenkostenabrechnungen für die Mietpartei im Anwesen des Vertragspartners als Dienstvertrag/Geschäftsbesorgungsvertrag unter § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB. • Angesichts der sachlichen Einheit beider Verträge kann der Vertragspartner nicht nur den Abrechnungs- und Ablesevertrag kündigen, sondern auch den mit ihm zusammenhängenden Gerätemietvertrag mit einer Laufzeit von mehr als 2 Jahren.

II. Verbraucherschutz und Darlehen 1. Kreditaufnahme allgemein 2. Verbraucherschutz

BGH zur Kreditaufnahme •







BGH v. 18.2.2011 – V ZR 197/10: Eine Befugnis zur Kreditaufnahme bei der Besorgung seiner Geschäfte steht dem Verwalter nach § 27 Abs. 1 WEG nicht zu; hierfür bedarf es vielmehr eines ermächtigenden oder genehmigenden Beschlusses der Wohnungseigentümer. BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11 Es liegt in der Kompetenz der Wohnungseigentümer, die Aufnahme eines Kredites zur Deckung des Finanzbedarfs der Wohnungseigentümergemeinschaft zu beschließen. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14: Auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14: Ob ein Beschluss über eine Kreditaufnahme sich in den Grenzen des den Wohnungseigentümern zustehenden Gestaltungsermessens hält, kann nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen bestimmt werden.

BGH – der Fall 2015 • Pforzheimer Wohnungseigentümer beschließen die Durchführung einer Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung. • Um die mit gut 2.000.000 EUR veranschlagten Kosten zu finanzieren, beschließen sie - die Aufnahme eines KfW-Förderkredits, dessen Zinssatz sich zum damaligen Zeitpunkt auf 0% belief, in Höhe von ca. 1.320.000 EUR mit einer Laufzeit von 10 Jahren sowie - die Finanzierung des restlichen Betrages von ca. 900.000 EUR durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrückstellung. • Wohnungseigentümerin K geht gegen den Kreditbeschluss vor.

BGH v. 25.09.2015 - V ZR 244/14 • •





Eine Kreditaufnahme durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist nicht nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen möglich. Eine mehrheitlich beschlossene Kreditaufnahme muss nicht zwingend eine Option für die Eigentümer enthalten, die Finanzierung selbst zu übernehmen und den auf sie entfallenden Kreditanteil als Sonderumlage zur Reduzierung des Darlehensbetrages einzuzahlen. Bei einem Darlehen lässt sich aber das Risiko des Ausfalls einzelner Wohnungseigentümer nur sehr begrenzt abschätzen. Angesichts dieses Haftungsrisikos ist bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten. Zu fordern ist eine sorgfältige Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer. Dabei kommt es wesentlich auf den Zweck des Darlehens an, wobei in erster Linie an Instandhaltungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen zu denken ist; je dringlicher eine Maßnahme ist desto eher treten andere Nachteile einer Finanzierung durch Darlehen bei der Abwägung zurück.

BGH v. 25.09.2015 - V ZR 244/14 • Die Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens muss (in formeller Hinsicht) folgenden Anforderungen genügen: - Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, - die Höhe des Darlehens, - dessen Laufzeit, - die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist. • Ferner muss vor der Beschlussfassung wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung gewesen sein. Dies ist in der Niederschrift zu dokumentieren.

2. Auswirkungen der Verbrauchereigenschaft auf den Kreditvertrag • Art des Verbraucherdarlehens, • Informationspflichten, § 491a BGB, • Formanforderungen samt Pflichtangaben, § 492 BGB, § 494 BGB • Erstreckung der Formanforderungen auf die Vollmacht zum Abschluss eines Verbraucherdarlehens, § 492 Abs. 4 BGB, • Widerrufsrecht, § 455 BGB, § 356b BGB, • Kreditwürdigkeitsprüfung. Folie 18

Verbraucherdarlehen, § 491 BGB •

Unterscheidung zwischen Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen.



Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge nach § 491 Abs. 3 BGB: - durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert sind oder - für den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder für den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten bestimmt sind.



Ausnahmetatbestände zum Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen nach § 491 Abs. 2, insbesondere Nr. 5 (dann kein Verbraucherdarlehen!): Verträge, die nur mit einem begrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse abgeschlossen werden, wenn im Vertrag für den Darlehensnehmer günstigere als marktübliche Bedingungen und höchstens der marktübliche Sollzinssatz vereinbart sind.

Folie 19

§ 492 BGB (1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. (…) (2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.(…) (4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. (…) Folie 20

Pflichtangaben (§ 492 Abs. 2 BGB) 1.

den Namen und die Anschrift des Darlehensgebers,

2.

die Art des Darlehens,

3.

den effektiven Jahreszins,

4.

den Nettodarlehensbetrag,

5.

den Sollzinssatz,

6.

die Vertragslaufzeit,

7.

Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen,

8.

den Gesamtbetrag,

9.

die Auszahlungsbedingungen,

10. alle sonstigen Kosten, (…) 11. den Verzugszinssatz (…), 12. einen Warnhinweis zu den Folgen ausbleibender Zahlungen, 13. das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts, 14. das Recht des Darlehensnehmers, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, Folie 21

§ 492 Abs. 4 BGB und Vertretungsmacht des Verwalters § 492 Abs. 4 BGB gilt für Ermächtigungsbeschluss nicht, denn: •

Schriftform kann bei Beschlussfassung nicht gewahrt werden.



Verwalter ist nicht Bevollmächtigter; vgl. BGH v. 20.2. 2014 – III ZR 443/13: „Danach ist der Verwalter einerseits gesetzlicher Vertreter der Wohnungseigentümer, andererseits Organ der Gemeinschaft, dem nach Maßgabe des § 27 Abs. 2 und 3 WEG in bestimmtem Umfang Vertretungsbefugnisse eingeräumt werden. Dabei macht der Verwalter von einer gesetzlichen Vertretungsmacht auch dann Gebrauch, wenn sich die Vertretungsbefugnis aus § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG ergibt; denn nach dieser Bestimmung steht dem Verwalter die Vertretungsmacht bereits kraft Gesetzes mit dem Vorliegen einer Vereinbarung oder des Ermächtigungsbeschlusses zu, ohne dass es dazu einer zusätzlichen, an den Verwalter gerichteten Willenserklärung bedarf.“



Informationsbedürfnis wird anderweit gewahrt.

Folie 22

§ 356b Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen (1) Die Widerrufsfrist beginnt auch nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat. (2) 1Enthält bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag die dem Darlehensnehmer nach Absatz 1 zur Verfügung gestellte Urkunde die Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 nicht, beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben gemäß § 492 Absatz 6. 2Enthält bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag die dem Darlehensnehmer nach Absatz 1 zur Verfügung gestellte Urkunde die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht nach § 492 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 247 § 6 Absatz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche nicht, beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben gemäß § 492 Absatz 6. 3In den Fällen der Sätze 1 und 2 beträgt die Widerrufsfrist einen Monat. 4Das Widerrufsrecht bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss oder nach dem in Absatz 1 genannten Zeitpunkt, wenn dieser nach dem Vertragsschluss liegt. (3) Die Widerrufsfrist beginnt im Falle des § 494 Absatz 7 bei einem AllgemeinVerbraucherdarlehensvertrag erst, wenn der Darlehensnehmer die dort bezeichnete Abschrift des Vertrags erhalten hat. Folie 23

Kreditwürdigkeitsprüfung •

§ 505a BGB: Der Darlehensgeber hat vor dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zu prüfen. (…)



Grundlage: §§ 505a – 505d BGB (Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen, Grundlage der Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen, Weitere Pflichten bei grundpfandrechtlich oder durch Reallast besicherten Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen, Verstoß gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung); ferner Aufsichtsrecht in § 18a KWG



Problem: Wessen Kreditwürdigkeit ist zu prüfen? - Rechtsfähige Gemeinschaft oder - Verbrauchereigenschaft ausmachende und mithaftende Eigentümer  explizit wie als alleiniger Kreditnehmer oder  Hinsichtlich ihrer Finanzierung der Gemeinschaft? Folie 24

III. Verbraucherschutz und Verwaltervertrag Verwalter

Bestellung in ein privates Amt (durch Beschluss der Wohnungseigentümer)

Anstellung (= Verwaltervertrag;

Vertragspartner des Verwalters ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ) Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

gesetzlicher Vertreter der Wohnungseigentümer

BGH v. 27.2.2015 – V ZR 114/14 Die Bestellung des Verwalters entspricht grundsätzlich nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn in derselben Eigentümerversammlung, in der die Bestellung erfolgt, auch die Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrags (Laufzeit und Vergütung) in wesentlichen Umrissen geregelt werden; hiervon kann nur unter besonderen Umständen übergangsweise abgewichen werden.

1. Verbraucherschutz allgemein •





§ 1 Abs. 1 S. 1 Preisangabenverordnung lautet: Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise). LG München v. 5.8.2010 - 36 S 19282/09: Ist in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Verwaltervertrages vorgesehen, dass bei notwendigen Reparaturen bis zu 10.000 DM kein ansonsten grundsätzlich notwendiger Eigentümerbeschluss gefasst werden muss, so ist diese Klausel nichtig, da sie zu einer unangemessenen Benachteiligung der Wohnungseigentümer entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben führt. Nach Verwaltervertrag erhält der Verwalter für die Abhaltung jeder weiteren Eigentümerversammlung eine Sondervergütung. OLG München v. 20.3.2008 - 34 Wx 46/07 erklärt Bestimmung für unwirksam wegen unangemessener Benachteiligung, § 307 Abs.1 BGB, weil kein Ausschluss der Sondervergütung für weitere Versammlungen, die auf Verwalterverschulden beruhen.

2. BGH zur Laufzeit und AGB § 309 BGB: Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 9. bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags …

BGH v. 20.6.2002 – V ZB 39/01 (zur Vorgängerregelung des AGBG): • Aus § 26 Abs. 1 S. 2 WEG folgt auch eine Begrenzung der Laufzeit des von der Verwalterbestellung zu unterscheidenden Verwaltervertrags auf höchstens fünf Jahre. • Ist die Laufzeit des Verwaltervertrags in einem Formularvertrag vereinbart, so findet zwar § 307 BGB, wegen der vorrangigen Sonderregelung in § 26 Abs. 1 S. 2 WEG nicht aber das Klauselverbot des § 309 Nr. 9 lit. a BGB Anwendung. Danach kann grundsätzlich auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verwalterverträge eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren (bis zur Höchstgrenze von fünf Jahren) wirksam vereinbart werden.

3. Widerruf: Horrorszenario? • Die Eigentümerversammlung wird einer öffentlichen Lokalität durchgeführt. • Die Eigentümer beschließen die Bestellung von V zum Verwalter für fünf Jahre. • Es wird auch der Verwaltervertrag gleich vor Ort zwischen V und dem Beiratsvorsitzenden, ermächtigt durch einen weiteren Beschluss der Eigentümerversammlung, unterschrieben. • V nimmt seine Arbeit auf. • Als nach einem Dreivierteljahr V die Anlage infolge großen Einsatzes „im Griff“ hat, erhält er ein Schreiben, mit dem die Wohnungseigentümergemeinschaft den Verwaltervertrag widerruft. • Das Honorar für die letzten neun Monate soll er zurückzahlen.

Anwendbarkeit des Widerrufsrechts • Grundsätzlich sind die Regelungen über das Verbraucherwiderrufsrecht auf den Verwaltervertrag (nicht aber auf die Bestellung in das Amt) anwendbar, weil - der Verwalter Unternehmer, - die rechtsfähige Gemeinschaft Verbraucher ist. • Es gilt keine Ausnahme angesichts der unwiderruflichen Bestellung, weil der Vertrag spezifische Belastungen (im Vergleich zur Bestellung) enthalten kann, insbesondere hinsichtlich Vergütung und Laufzeit, für die Verbraucherschutz angemessen ist.

Voraussetzungen des Widerrufsrechts • Widerrufsrecht, § 312g BGB: - Außergeschäftsraumverträge werden nach § 312b BGB u.a. bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. - § 312c Abs.1: Fernabsatzverträge setzen für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem voraus.

• Frist, § 355 Abs. 2, § 356 Abs. 3 BGB - 14 Tage nach ordnungsgemäßer Belehrung, die gegenüber Vertreter erfolgen kann. - Maximalfrist beträgt ein Jahr plus 14 Tage.

Folgen des Widerrufs • § 357 Abs. 8 BGB: Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen […], so schuldet der Verbraucher dem Unternehmer Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung, wenn der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Der Anspruch aus Satz 1 besteht nur, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ordnungsgemäß informiert hat. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen besteht der Anspruch nach Satz 1 nur dann, wenn der Verbraucher sein Verlangen nach Satz 1 auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat. Bei der Berechnung des Wertersatzes ist der vereinbarte Gesamtpreis zu Grunde zu legen. Ist der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch, ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu berechnen. • Anspruch des Verwalters - auf übliche Vergütung folgt schon aus nicht widerrufbarer Bestellung, - deren Wirkung auch § 358 BGB nicht ausschließen will.

Folgerungen zum Widerruf • Die rechtsfähige Gemeinschaft genießt als Vertragspartnerin grundsätzlich Verbraucherschutz. • Der Verbraucherschutz gilt auch für den Verwaltervertrag. • Dieser Schutz kann sich auch auf die Widerrufsrechte erstrecken. • Beim Verwaltervertrag kann das Widerrufsrecht des Außergeschäftsraumvertrags greifen, wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Verwalters geschlossen wird. • Ein Widerrufsrecht greift nicht, wenn der Vertrag im Geschäftsraum des Verwalters oder unter Abwesenden (Brief, EMail) geschlossen wird. • Der wirksame Widerruf beendet den Vertrag, lässt aber den Anspruch des Verwalters auf amtsangemessene Vergütung aus der Bestellung unberührt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Florian Jacoby Direktor der Forschungsstelle für Immobilienrecht, Universität Bielefeld Universitätsstr. 25, 33615 Bielefeld [email protected] www.jura.uni-bielefeld.de/fir/