XV. Makedonien zwischen zwei Welten (1945-1949) Ioannis Koliopoulos Die Befreiung Makedoniens nach dem Abzug der Besatzungstruppen der Achsenmächte führte zu einer weiteren Verstrickung der ohnehin schon komplexen Makedonischen Frage. Von den alten beidseitigen Ansprüchen und den sich daran anschließenden Konflikten abgesehen befanden sich die drei Länder, die sich im Jahr 1913 das geographische Gebiet von Makedonien aufgeteilt hatten, 1945 zunächst in zwei, und drei Jahre später in drei unterschiedlichen politischen und militärischen Lagern. Griechenland, das unter den Einflussbereich der westlichen Verbündeten gelangte und von britischen Truppen befreit wurde, sah sich mit Bulgarien und Jugoslawien konfrontiert, also zwei Ländern, die unter den Einflussbereich der Sowjetunion gelangt waren und in denen mit Hilfe der Sowjettruppen kommunistische Regimes etabliert wurden. Griechenland erhielt im Anschluss an einen fast fünfjährigen Bürgerkrieg, der gerade während der letzten und härtesten Phase im griechischen Makedonien ausgetragen wurde, liberale, konstitutionelle und parlamentarische Institutionen und wurde zu einem Mitglied des nordatlantischen Bündnisses (NATO). Der Beitritt Griechenlands zu NATO sicherte dem Land den Schutz der westlichen Großmächte zu, einen Schutz, der sich bereits in der zweiten Hälfte der 40-iger Jahre herausbildete, also in einer Zeit, in der das Land mit zahlreichen Problemen zu kämpfen hatte. Während dieser Jahre des griechischen Bürgerkrieges erscheint Makedonien in einer dominanten Position, nicht nur zwischen Griechenland, Bulgarien und Jugoslawien, sondern auch zwischen zwei verschiedenen Welten, die untereinander eine scharfe ideologische und politische Auseinandersetzung führten, eine Auseinandersetzung, die das Potential in sich barg, in einen Krieg auszuarten. Durch das griechische Makedonien verlief die balkanische Grenze zwischen der westlichen Welt und dem Ostblock, hier trafen die liberale Demokratie und der kommunistische Totalitarismus, die freie Wirtschaft und der staatliche Sozialismus aufeinander. In dem ehemaligen serbischen Makedonien und der damaligen „Volksrepublik Makedonien“ bildete sich eine neue Nation und ein Staat mit der rhetorischen kommunistischen Formation jener Zeit heraus, wohingegen im griechischen Makedonien die Kraft des Nationalstaates der Griechen, den Angriffen der nördlichen Nachbarn und den inländischen Gegnern der freien Demokratie und der freien Wirtschaft standzuhalten, auf eine harte Probe gestellt wurde. Entscheidend beeinflusst wurden die Entwicklungen in Makedonien vom Bürgerkrieg in Griechenland sowie von der Etablierung der kommunistischen Regimes in den Ländern nördlich von Griechenland im Rahmen des beginnenden Kalten Krieges. In der Volksrepublik Makedonien wurde seitens der zentralen Regierung der Bundesrepublik Jugoslawien jegliche Anstrengung unternommen, im Regime der neuen politischen Formation eine klare und unbestrittene Ausrichtung an Jugoslawien sicherzustellen. Pro-bulgarische Elemente des Regimes wurden isoliert und politisch zum Schweigen gebracht, und auf allen entscheidenden Positionen wurden Verfechter des Jugoslawismus eingesetzt. Selbst was die Sprachenfrage betrifft, bemühte sich die Sonderkommission, die mit der Ausarbeitung der grammatikalischen und syntaktischen Regeln der slawo-makedonischen Sprache betraut wurde, intensiv darum, pro-bulgarische oder bulgarische Intellektuelle aus der Kommission auszuschließen. Dadurch sollte gewährleistet werden, dass sich die neue Nationalsprache möglichst klar und deutlich von der bulgarischen Sprache abhebt. Unter dem Schutze des kommunistischen Regimes der neuen politischen Formation und mit dem ungeteilten Einfluss der zentralen Regierung der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien entwickelte sich die neue Nation der Makedontsi.1
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Im griechischen Makedonien hatte die Regierung des Landes mit gewaltigen Problemen zu kämpfen. Dieser Verwaltungsbezirk von Griechenland – und insbesondere der westliche Teil – gehörte zu jenen Regionen Europas, die während des 2. Weltkriegs die größten Zerstörungen erlitten hatten. Ruinendörfer, in denen der Krieg jedes Leben vernichtet hatte, erhoben sich gespensterhaft in einer verwüsteten Landschaft. Doch auch die Städte der Region hatten einen Großteil ihrer Bevölkerung verloren. Thessaloniki beklagte den Verlust einer ganzen Gemeinde, der jüdischen, die vor dem Krieg fast 50.000 Menschen zählte und die einem der verabscheuenswürdigsten Versuche der radikalen Vernichtung einer der ältesten Gemeinden Europas zum Opfer gefallen war, einer Gemeinde, welche die Kultur des Alten Europas mit Glanz erfüllt hatte. Nach diesem Schlag hat die jüdische Gemeinde von Thessaloniki nie mehr ihre bedeutende Position in der Hauptstadt Makedoniens erlangt. Die Befreiung des griechischen Makedoniens von den Eroberern brachte nicht die erhoffte Sicherheit für Leben, Ehre und Vermögen hervor, wie diese ein geordneter Staat sicherstellt, den jene verkündeten, die im Namen des Volkes sprachen und für seine Befreiung kämpften. In der Zeit vom Abzug der deutschen Besatzungstruppen im Oktober 1944 bis zur Einsetzung von rechtmäßigen Behörden des Landes im Frühjahr 1945 herrschten starke Unruhe und Unsicherheit vor. Es war jene Zeit, die als „Eamokratia“ in die Geschichte einging, da die Region in die Kontrolle der Nationalen Befreiungsfront (EAM) und der Griechischen Befreiungsarmee (ELAS) gelangt war. Doch was war von den dem Verbündeten und Sympathisanten der EAM und der ELAS, den slawo-makedonischen Unabhängigkeitskämpfern und ihren jugoslawischen Patronen zu erwarten, die immer häufiger, immer provokativer, in den slawischsprachigen Dörfern der Region auftraten? Die Gründung und der Betrieb von Schulen in slawischsprachigen Dörfern für die Unterrichtung der slawo-makedonischen Sprache unter Verwendung der kyrillischen Schrift werfen ernsthafte Fragen bezüglich der Vorsätze der politischen Führung der kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) auf, welche diese Aktivität duldeten. Noch problematischer waren die immer häufigeren Erscheinungen von slawo-makedonischen bewaffneten Unabhängigkeitskämpfern in den Gebirgsmassiven der Region, insbesondere an den Bergen Vitsi und Kaimaktsalan. Die KKE versicherte mittels ihrer Presseorgane, dass es sich dabei um Kämpfer des Widerstandes handele, die von Gruppen bewaffneter Rechter vertrieben worden seien, doch diese Beteuerungen überzeugten nicht alle Bewohner der ländlichen Regionen, die sich davon überzeugen konnten, dass die angeblichen Kämpfer Täter und nicht Opfer waren und immer mehr als Gesandte und Verkünder des Makedonismus der Volksrepublik Makedonien auftraten. Es dauerte auch nicht lange, bis diese „verfolgten" Slawo-Makedonier ihre ersten Opfer unter den Vertretern der griechischen Zentralregierung forderten. Ähnliche Fragen warfen bei den griechischen Behörden noch drei weitere Aspekte der Vorsätze der KKE und der kommunistischen Regimes jenseits der nördlichen Grenzen Griechenlands auf, nämlich: a) die Verbergung von schweren Waffen der ELAS nach dem Abkommen von Varkiza (12. Februar 1945) sowie die Tatsache, dass die griechischen Behörden immer wieder Zellen derartiger Bewaffnung entdeckten, b) die systematische und scharenweise Vertreibung von ELAS-Kämpfern – nach dem Abkommen von Varkiza – in Lager, die von den angrenzenden kommunistischen Ländern bereitgestellt wurden, insbesondere in das Lager Bulkes im jugoslawischen Vojvodina und c) die erhöhte Aktivität von bewaffneten Truppen in den Gebirgsmassiven des griechischen Makedoniens, die von den Presseorganen der KKE als vertriebene Widerstandskämpfer präsentiert wurden, die zur rechtmäßigen „Selbstverteidigung“ gegen ihre Verfolger greifen würden2. Die versteckten und entdeckten Waffen, die in die kommunistischen Nachbarländer geflohenen ehemaligen Unabhängigkeitskämpfer der ELAS und die Gruppen bewaffneter Linken in den Gebirgsmassiven des griechischen Makedoniens waren ein unvermeidliches
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Begleit-Phänomen der Realität, die sich in dieser Region damals, also in den ersten Monaten nach der Niederlage der ELAS in Athen und dem Abkommen von Varkiza, herausbildete. Eine derartige Realität war etwa das Erscheinen von Truppen bewaffneter Rechten, die insbesondere in den Dörfern der Region aktiv waren. Ihre Ziele und Opfer waren ehemalige ELASAnhänger und Linke im Allgemeinen. Die bewaffneten Rechten agierten unter der Duldung auch der staatlichen Behörden oder aber auch als Mitarbeiter eben dieser Behörden, zum Teil bildeten sie sogar eine Art Macht und Ersatz der schattenhaften und schwachen staatlichen Macht. Zum Teil waren in den Zeiten der Besatzung oder „Eamokratie“ sie selber oder Verwandte von ihnen Opfer der ELAS geworden, zum Teil waren sie einfach nur Opportunisten, die angebliche, zu ihren Lasten begangene Verbrechen der Linken vorschützten. Die Absenz einer starken staatlichen Macht in jener Zeit, insbesondere in der Provinz, begünstigte das Tätigwerden derartiger Gegner der Rechtsordnung: Die Zentralregierung des Landes zog selbst dort, wo sie über starke Unterdrückungskräfte verfügte, ihr erforderliches Personal aus Gegnern der Linken jeglicher Art zusammen, da die Linken von den Dienststellen des Staates, insbesondere von den Sicherheitstruppen, ausgeschlossen waren. Angesichts der neuen Spaltung des Landes waren die staatlichen Behörden dazu gezwungen, zur Auferlegung des Gesetzes und zur Wahrung der Ordnung auch auf Personengruppen zurückzugreifen, welche die Rechtsordnung untergruben. Als ungewollte Mitarbeiter dieser rechten Unterminierer der Rechtsordnung und der politischen Normalität erwiesen sich die bewaffneten Linken, die von der KKE unterstützt wurden. Die KKE war ihrerseits nicht dazu in der Lage, die Aktivität der bewaffneten Linken zu verurteilen, von denen es sich bei vielen um die Helden der Linken von Gestern handelte. Und schließlich trugen auch die kurzfristigen Anliegen sowohl der Regierung als auch der KKE zu diesem ungeordneten Zustand und der Fortsetzung dieser politischen Anomalität, insbesondere in der Provinz, bei. Dabei handelte es sich um eine gefährliche politische Sackgasse, aus der nur eine starke Regierung mit einer effektiven Verfolgung aller Gegner von Rechtsordnung und Gesetz und mit einer effektiven Bewachung der Nordgrenzen des Landes das Land hätte führen können. Der schwachen Regierung, die ein starkes Interesse daran hatte, nach der Niederschlagung der Dezemberkämpfe die politische Normalisierung anzustreben, half auch die KKE nicht, die unter der Last ihrer jüngst erlittenen militärischen und politischen Niederlage deutlich durchscheinen ließ, dass es ihr an klaren und überzeugenden politischen Zielen fehlte. Der Generalsekretär des Zentralkomitees der KKE, Nikos Zachariadis, hätte mit seinem Ruf des unnachgiebigen und konsequenten kommunistischen Führers, der von den Eroberern nach Dachau gebracht worden war, vielleicht zu einer politischen Normalisierung beitragen können, wenn die KKE frei von den Abhängigkeiten gewesen wäre, die sich während der Zeit der Besatzung herausgebildet hatten, und wenn er selber klare politische Ziele gehabt hätte. Die politischen Führungskräfte der KKE, welche bis zur Rückkehr von Zachariadis aus dem Exil an der Spitze der Partei standen, hatten ein Verhältnis der Abhängigkeit insbesondere von den jugoslawischen Kommunisten geschaffen, und viele dieser Führungskräfte waren zu der Überzeugung gelangt, dass auch Griechenland den Weg beschreiten werde, den die nördlichen Nachbarländer eingeschlagen hatten. Ein „sowjetisches“ Griechenland auf einem „sowjetischen“ Balkan unter dem Schutz der Sowjetunion war für viele Spitzenpolitiker der KKE nicht nur irgendein frommer Wunsch, sondern ein realisierbares Unterfangen. Wie bereits zuvor dargelegt, wurde dieses Bestreben insbesondere von den jugoslawischen Kommunisten aus Gründen, die später erkennbar wurden, unterstützt. Angesichts des Fehlens mittel- und langfristiger Ziele schien die KKE eine zweischneidige Politik zu verfolgen: die Erklärungen zu Gunsten einer politischen Normalität wurden von den Aktionen vieler unterminiert, die als ihre Mitglieder handelten und in ihrem Namen redeten. Die linken Helden des Widerstandes gegen die Besatzung und die späteren
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„Rächer“, die im griechischen Makedonien als Anführer bewaffneter Truppen in Erscheinung traten, sowie ihre bewaffneten slawo-makedonischen Genossen, welche den Boden der Volksrepublik Makedonien als Ausgangspunkt für ihre Einfälle in Griechenland verwendeten, waren einer politischen Normalisierung alles andere als zuträglich. Eine stärkere Führung der KKE mit klaren politischen Zielen und ohne Abhängigkeiten vom Ausland hätte vielleicht die „Helden“ und die „Rächer“ der Linken in Schranken halten können, die mit ihren Taten den politischen Gegnern all jene Argumente lieferten, die letztere dazu benötigten, um der Allgemeinheit in Griechenland und im Ausland zu erklären, dass die Unterdrückungsmaßnahmen der Regierung gegen die linken Feinde der Legitimität nicht unberechtigt waren. Der Teufelskreis der gegenseitigen Provokationen und Angriffe führte zu einer ständigen Zunahme der Spannungen und zu einer Eskalierung der Gewalt in der griechischen Provinz, insbesondere in Makedonien. Die Gebirgsmassive an den Grenzen Griechenlands zu den kommunistischen Ländern, die Berge Grammos, Vitsi, Kaimaktsalan und Rhodope, wurden zu Festungen der linken Unabhängigkeitskämpfer, die zunächst für die Militärtruppen, die der griechischen Regierung zur Verfügung standen, nicht einnehmbar waren. Diese Festungen der linken Gegner der Legitimität des griechischen Staates waren die ersten, die nach der Befreiung gegründet wurden, und die letzten, die nach fünf Jahren schließlich fallen sollten. Der harte Partisanenkrieg, den die KKE gegen ihre politischen Gegner führte, also gegen die alten Parteien, welche die Mitte und die Rechte jener Zeit bildeten, dieser Krieg, der als „griechischer Bürgerkrieg“ in die Geschichte eingehen sollte, begann eigentlich bereits im Herbst des Jahres 1943, als die KKE mittels der ELAS - in weiten Bereichen mit Erfolg versuchte, mit ihr konkurrierende Widerstandsorganisationen, wie die Panhellenische Befreiungsorganisation (PAO) außer Gefecht zu setzen. Er nahm die Form einer Operation seitens der KKE, die Kontrolle über das Land zu gewinnen, an, angefangen vom Abzug der deutschen Militärmacht bis zur Niederschlagung der ELAS in Athen und dem Abkommen von Varkiza. Anschließend kam es bis zum Herbst 1946 zu einem Nachlassen der kriegerischen Kämpfe, bevor sie sich wieder verschärften und der Krieg sich schließlich bis zum Sommer 1949 und zur endgültigen Niederlage der KKE zu einer harten, ideologischen und militärischen Auseinandersetzung entwickelte. Dieser harte Konflikt begann mit dem Auftreten der KKE auf der griechischen politischen Bühne als einer ernst zu nehmenden und konsequent patriotischen politischen Macht und endete mit der Infragestellung ihrer Seriosität als patriotische Macht und ihrer politischen Isolierung, was langfristig dazu führte, dass die Linke im Allgemeinen als ernst zu nehmende politische Kraft wegfiel und die Rechte übermäßig gestärkt hervorging. Der Bürgerkrieg in Griechenland stand durchaus mit dem damals aufkommenden Kalten Krieg in Verbindung und blieb davon nicht unbeeinflusst, war jedoch nicht eine direkte Folge davon. Das griechische Makedonien befand sich im Zentrum der harten Auseinandersetzung, insbesondere weil Jugoslawien aktiv in diesen Konflikt eingriff, das einerseits politisch den Makedonismus und die nicht erfüllten Bestrebungen der Volksrepublik Makedonien unterstützte und andererseits die KKE und ihre Partisanentruppen politisch, aber auch mit Kriegsmaterial stärkte. Die Einmischung von in erster Linie Jugoslawien, daneben aber auch von Bulgarien beeinflusste in vielerlei Hinsicht sowohl die Gestalt, die der Bürgerkrieg annahm, als auch seine Dauer und seinen Ausgang. Das ideologisch-politische und militärische Kräftemessen im griechischen Makedonien wirkte sich entscheidend auf die Physiognomie des Gebietes aus und trug wesentlich zur ideologischen Orientierung der Flüchtlinge an der Rechten bzw. der Slawo-Makedonier an der Linken sowie zu einem demographischen Rückgang der Slawo-Makedonier bei. Die Flüchtlinge, die bis zum 2. Weltkrieg im Allgemeinen den politischen Flügel von Venizelos, aber
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auch die Linke unterstützt hatten, wandten sich während der Dauer des Bürgerkrieges nach rechts. Die Slawo-Makedonier orientierten sich in eben dieser Zeit eher nach links, und zwar vor allem aus den folgenden zwei Gründen: a) da die kommunistischen Unabhängigkeitskämpfer die slawo-makedonischen Hochburgen des Landes in den Grenzregionen als Unterstützung verwendeten und b) auf Grund ihrer Nachbarschaft mit dem kommunistischen Regime der Volksrepublik Makedonien. Diese ideologisch-politischen Bewegungen, zu denen auch die Umorientierung eines Großteils der Wlachen nach Rechts gehörte, waren in dem Sinne miteinander verbunden, dass sie in vielerlei Hinsicht eine Folge der Neu-Ausrichtung der Slawo-Makedonier am Makedonismus und Kommunismus waren. Eine schwerwiegendere und nachhaltigere Folge des Bürgerkrieges in der Region war der demographische Rückgang der Slawo-Makedonier. In einem Zeitraum von zehn Jahren zwischen dem Beginn des 2. Weltkriegs und dem Ende des Bürgerkrieges kam es in den traditionellen slawo-makedonischen Hochburgen des griechischen Makedoniens zu einem deutlichen Rückgang der Bevölkerung, einige wurden sogar völlig verlassen und verödeten. Die damaligen Beschuldigungen der jugoslawischen Regierung gegen die griechische, dass letztere eine systematische nationale Säuberung betrieben habe, sind nicht haltbar. Ebenso wenig haltbar sind freilich auch die späteren Ansichten, die auf diesen Beschuldigungen basieren. Sowohl diese Beschuldigungen als auch die Thesen, die sich auf diese Beschuldigungen bezüglich einer angeblichen nationalen Säuberung stützen, sind als Instrumente und Waffen in dem damaligen ideologischen Kampf der Volksrepublik Makedonien und ihres Nachfolgers für die Herausbildung einer nationalen Identität und Physiognomie ihres Volkes zu sehen. Die Dezimierung der Bevölkerung der slawo-makedonischen Hochburgen des griechischen Makedoniens war eine der Folgen des jahrelangen Bürgerkrieges in Griechenland. Die Slawomakedonier Griechenlands sahen sich auf Grund der Entscheidungen ihrer Führung dazu gezwungen, das Land zu verlassen, einer Führung, die während der meisten Zeit der Besatzung mit Bulgarien in Verbindung stand und anschließend eilig mit der Volksrepublik Makedonien in Verbindung trat, so dass ihre pro-bulgarische Einstellung in Vergessenheit geriet. Die erste massenweise Abwanderung von Slawo-Makedoniern aus dem griechischen Makedonien nach Jugoslawien war unmittelbar nach der Befreiung Griechenlands im Oktober des Jahres 1944 zu beobachten, als die zwei slawo-makedonischen Bataillone der ELAS an den Bergen Vitsi und Kaimaktsalan der Anordnung der Verwaltung, ins Landesinnere zu ziehen, nicht Folge leisteten und in die Volksrepublik Makedonien abzogen. Daran schloss sich in den folgenden zwei Jahren in Folge der Zusammenstöße zwischen den Abteilungen der Landeswache und den Truppen bewaffneter Rechter einerseits und Gruppen bewaffneter Linker andererseits eine weitere Abwanderung von Slawo-Makedoniern in die gleiche Richtung sowie eine Flucht von Slawo-Makedoniern an, die einer Zusammenarbeit mit den Besatzungsmächten beschuldigt worden waren. Eine noch größere Abwanderung von SlawoMakedoniern vollzog sich während der Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Phase des Bürgerkrieges, da sich damals die Zusammenstöße insbesondere in den slawo-makedonischen Hochburgen des griechischen Makedoniens abspielten. Die SlawoMakedonier Griechenlands waren in der letzten und blutigsten Phase des Bürgerkrieges der einzige Nachschub des Demokratischen Heeres Griechenlands (DSE), also der Partisanenkämpfer, über die die KKE verfügte, und in der Tat gehörten diese Truppen nicht zu jenen, die die meisten Opfer in den Kämpfen zu beklagen hatten. Darüber hinaus stellten die Kinder der Slawo-Makedonier die große Mehrheit der Kinderentführungen dar, welche die Führung des Demokratischen Heeres Griechenlands im Jahr 1948 durchführte und die in die damaligen kommunistischen Länder geschickt wurden. Und schließlich bildeten die Slawo-
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Makedonier auch die Mehrzahl der unterlegenen Partisanenkämpfer des DSE, die im Sommer 1949 nach der Zerschlagung des DSE am Vitsi und Grammos Griechenland verließen. Die in den slawischsprachigen Hochburgen Griechenlands bis zum 2. Weltkreig vorherrschende probulgarische Haltung sowie die sich daran anschließende Umwandlung dieser Haltung zum Makedonismus während der Anfänge des Kommunismus bewahrten und verschärften die feindliche Haltung eines Teils der Slawo-Makedonier Griechenlands gegenüber dem Nationalstaat der Griechen über ein halbes Jahrhundert hinweg. Dieser Teil der Slawo-Makedonier Griechenlands, der sich nicht wirklich mit dem territorialen Status quo abfinden wollte, der sich im zehnjährigen Krieg auf dem Südbalkan zwischen den Jahren 1912 und 1922 herausgebildet hatte, unterminierte die Position der gesamten Gemeinschaft der Slawo-Makedonier des Landes. Denn einerseits erschwerte er dadurch, dass er Bulgarien und später die Volksrepublik Makedonien als die wahre Heimat der Slawo-Makedonier darstellte, die Integration in das griechische Makedonien, und andererseits bewirkte er, dass diese Haltung in den Augen jener Vertreter der griechischen Macht national auf Tadel stieß, die die Weigerung oder die Verzögerung der Integration der Slawo-Makedonier in den griechischen Staat als einen deutlichen Hinweis für ein Fehlen an griechischer nationaler Gesinnung interpretierten. In eben jener Epoche – darauf sei an dieser Stelle hingewiesen – zeigten die Behörden der Nationalstaaten allgemein ein entsprechendes Missfallen gegenüber all jenen, welche mit ihren Taten oder ihrer Haltung die nationale Homogenität unterminierten. Bevor sich der Grundsatz der Achtung der sprachlichen oder religiösen Andersartigkeit durchsetzte, wurde die Assimilierung zumindest der anderssprachigen Gemeinschaften als ein statthaftes nationales Ziel betrachtet, dessen Erreichung höchste Priorität beigemessen wurde. Dieser homogene Nationalstaat wurde zuerst mit aller Kraft im Westen und später auch im Osten verfolgt, insbesondere in Ländern wie Spanien, England, Frankreich, Deutschland und den USA. Auf der anderen Seite der Grenzen schufen die kommunistischen Architekten der neuen politischen Formation und der Nation, die diese aufnehmen sollte, die neue Nation aus Versprengten der in der Region bereits entstandenen Völker sowie aus Elementen der Geschichte und der Kultur der Region, die sie von ihren Nachbarn beanspruchten und sich mit dem Fanatismus eines neu Konvertierten aneigneten. Dabei übernahmen sie insbesondere Elemente der Geschichte und der Kultur der Bulgaren und der Serben, aber auch der Griechen. Ein derartiger „Rückgriff“ auf die Nationalgeschichte der Nachbarn war wohl unvermeidlich, genauso, wie auch die Suche nach berühmten Ahnen in der fernen Vergangenheit, da die lange Tradition eines Volkes als ein entscheidendes Element für seine Präsenz auf der internationalen Bühne und für die Berechtigung seiner Ansprüche galt. Diese neue Nation, die Nation der Makedontsi, tat dabei in keinem Bereich der Schaffung des neuen Volkes etwas wirklich Neues, sondern folgte vielmehr Wegen und Verfahren, die von den mit ihr benachbarten Nationen etabliert worden waren. Von größerer Bedeutung als die gesuchte, ruhmreiche Vergangenheit war für die neue Nation seine in Aussicht gestellte - noch ruhmreichere - Zukunft. Mit den unerwünschten Versprengten der benachbarten Nationen, mit den aus den Nachbarländern Verbannten sollte die neue Nation auf seinem glanzvollen, kommunistischen Weg hin zu Wohlstand und Ruhm nicht mehr aufzuhalten sein. Die neuen Nation und ihre politische Formation verfolgten die „Mission“, Makedonien, das zersplitterte Land zu vereinen, ihre Brüder in den von Griechenland und Bulgarien gewaltsam unterdrückten Bereichen zu befreien. Die Makedontsi, jenes neue auserwählte Volk des südlichen Balkans, benötigten ebenfalls noch nicht befreite Brüder, die auf die Stunde ihrer Befreiung warteten. Diese „Befreiungsbewegung“ der neuen politischen Formation und ihrer Nation war eine Art „Mission“, welche Griechenland, wie zu erwarten war, mehr störte als Bulgarien, das dazu gezwungen war – bis zum Jahr 1948 – auch die Verurteilung des „revisionistischen“ kommunistischen Jugoslawiens durch die neu ge-
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gründete „Kominform“, die Nachfolgerin der kommunistischen Internationale „Komintern", die hochtrabenden Worte der Architekten der neuen politischen Formation zu tolerieren. Für Griechenland stellte diese konkrete „Mission“ der neuen Nation der Makedonier nicht nur wegen der Usurpation der Kultur und der Geschichte der antiken Makedonier eine Belästigung dar, sondern war vielmehr auch eine Bedrohung der territorialen Integrität des Landes. Die Volksrepublik Makedonien war die Speerspitze eines starken Landes, nämlich Jugoslawiens, welches die großen Worte von der Befreiung der neuen Nation und ihrer politischen Formation, welche ihre Heimat bilden sollte, unterstützte. Schließlich waren sowohl die Nation als auch die politische Formation jugoslawisch-kommunistisch geprägt. Diese Bedrohung für Griechenland wurde besonders spürbar, als Jugoslawien unter Tito und Bulgarien unter Dimitrov im Jahr 1947 auf dem Kongress von Bled sich scheinbar bezüglich der Frage nach der Zukunft Makedoniens einig waren. Diese einheitliche Haltung rief den Griechen das für Griechenland in gleichem Maße bedrohliche Bündnis von Serbien und Bulgarien im Jahr 1912 vor dem Abschluss des Griechisch-Bulgarischen Bündnisses des gleichen Jahres ins Gedächtnis zurück.3 Diese Bedrohung durch die jugoslawischen und bulgarischen Kommunisten hatte sich bereits im Herbst des Jahres 1944 abzuzeichnen begonnen, direkt nach dem Abzug der deutschen Truppen aus dem Südbalkan im Oktober desselben Jahres. Damals kam es zu einem Versuch der Slawo-Makedonier der Volksrepublik Makedonien, die Annektierung des bulgarischen Makedoniens an die neue politische Formation zu erzwingen. Jedoch widersetzten sich die Bulgaro-Makedonier, die ihre eigene Einheit, die „Makedonische Taxiarchie“ des Pirin-Makedoniens bildeten und den Plänen der Slawo-Makedonier einen Strich durch die Rechnung machten. Die Kommunistische Partei Bulgariens und die Patriotische Front, die von den Kommunisten gelenkte Befreiungsbewegung, welche in Bulgarien im September 1944 an die Macht kam, waren über diese Aktionen und Bestrebungen der Slawo-Makedonier der Volksrepublik Makedonien aus leicht verständlichen Gründen beunruhigt. Und auch Tito selbst scheint derartige überstürzte Aktionen nicht gutgeheißen zu haben, welche den Beziehungen und den Perspektiven einer Zusammenarbeit zwischen den zwei kommunistischen Parteien hätten schaden können. Aus diesen Gründen kam es zu einem fragilen Kompromiss zwischen den zwei Seiten. Die bulgarischen Kommunisten verpflichteten sich dazu, dem Pirin-Makedonien, also dem bulgarischen Teil von Makedonien, eine autonome Verwaltung zu gewähren, wohingegen die Slawo-Makedonier versprachen, dass sie keine Vereinigung des Pirin-Makedoniens mit der Volksrepublik Makedonien erzwingen werden. Das bulgarische Makedonien erhielt freilich nicht die versprochene Autonomie, da ein derartiger Status den Verlust der Provinz und ihre Annektierung an die Volksrepublik Makedonien begünstigt hätte. Die offenkundige Schwierigkeit eines Anschlusses des bulgarischen Makedoniens an das jugoslawische sollte mit der Bildung einer bulgarisch-jugoslawischen Föderation überwunden werden, doch diese Lösung konnte nicht erzielt werden, da es einer derartigen Föderation an Ausgeglichenheit gefehlt hätte und sie einer Annektierung Bulgariens durch Jugoslawien gleichgekommen wäre. Letztere verfolgte das Ziel, dass Bulgarien zu einem der Bundesländer des Landes werden würde, wohingegen Bulgarien als Gegenlösung die Gründung einer Föderation der zwei Länder auf gleichberechtigter Basis vorschlug, so dass Bulgarien seine Unabhängigkeit hätte wahren können und seine Eingliederung in das in jeder Hinsicht mächtigere Jugoslawien verhindern würde. Es wurde auch ein Versuch unternommen, dass Stalin in dem Konflikt vermitteln sollte, doch die Verhandlungen endeten ohne Erfolg. Und auch die gleichzeitig stattfindenden Bemühungen um die Unterzeichnung eines
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bulgarisch-jugoslawischen Bündnis-Vertrags, welcher eine Föderation der zwei Länder erleichtert hätte, schlugen fehl. Daraufhin folgte das bulgarisch-jugoslawische Gipfeltreffen von Bled im August des Jahres 1947, in dessen Rahmen der Versuch zu einer Lösung der Frage der Beziehungen zwischen den zwei Bereichen Makedoniens und den zwei Ländern unternommen wurde. Jugoslawien verlangte, dass den Bulgaren von Pirin-Makedonien das Recht der Selbstbestimmung zugestanden werden sollte, was im Wesentlichen bedeutete, dass sie diese Provinz Bulgariens mit der Volksrepublik Makedonien vereinten. Die Bulgaren schlugen jedoch im Gegenzug die Gründung einer bulgarisch-jugoslawischen Föderation vor. Schließlich wurde beschlossen, dass zuerst die bulgarisch-jugoslawische Föderation gegründet und den BulgaroMakedoniern politische Autonomie eingeräumt werden sollte, worauf sich im November desselben Jahres der Freundschaftsvertrag zwischen den zwei Ländern anschloss. Nach dem Abkommen von Bled folgte eine intensive kulturelle und propagandistische Einflussnahme der Slawo-Makedonier der Volksrepublik Makedonien im bulgarischen Makedonien, eine Einflussnahme, die bei den Bulgaren auf starkes Missfallen stieß. Dieses Missfallen kam insbesondere nach dem Bruch der Kominform mit Jugoslawien noch stärker zum Ausdruck. Die bulgarischen Kommunisten beschuldigten ihre jugoslawischen Genossen unter anderem, dass sie versuchen würden, bereits vor der Gründung der im Abkommen von Bled vorgesehenen Föderation das bulgarische Makedonien der Volksrepublik Makedonien anzugliedern. Nach dem Bruch vom Juni 1948 und der offenen Aufkündigung des Abkommens von Bled durch die bulgarischen Kommunisten, die eilig verkündeten, dass die Gründung einer Föderation der Südslawen sowie eine endgültige Vereinigung der Region von Pirin mit der Volksrepublik Makedonien nur zusammen mit einem Jugoslawien möglich sei, das sich dem gemeinsamen Sozialismus und der demokratischen internationalen Front verpflichtet fühle, fand zugleich auch ein seltsamer Staat im Staat der Slawo-Makedonier der Volksrepublik Makedonien im bulgarischen Makedonien ein Ende und wurden sämtliche Gespräche seitens von Bulgarien bezüglich einer „Vereinigung“ Makedoniens begraben.4 Der Bruch Jugoslawiens mit der Kominform wurde in Griechenland mit großer Erleichterung aufgenommen, da so die Gründung einer Südslawischen Föderation verhindert und des weiteren auch eine Annektierung des bulgarischen Makedoniens an die Volksrepublik Makedonien abwendet wurde. Freilich endete damit nicht die Propaganda des kommunistischen Regimes Jugoslawiens bezüglich der bevorstehenden „Befreiung“ des „Ägäisch-Makedonien" und seine Vereinigung mit dem Mutterland, dem „Neuen Makedonien“, der Volksrepublik Makedonien, doch bei dieser Propaganda handelte es sich im Wesentlichen um leere Geschosse seitens eines nunmehr vom Mutterland des real existenten Sozialismus, der Sowjetunion, isolierten und verfolgten Regimes. Freilich fehlte es auch nicht an Drohungen gegen das griechische Makedonien, doch diese Drohung war nicht mehr sehr ernst zu nehmen. Eine wirklich ernste Bedrohung bildete die politische Formation und Nation zwischen 1944 und 1948, also von der Gründung dieser Formation bis zum Bruch Jugoslawiens mit der Kominform, also in jenen Jahren, als die Möglichkeit eines Zusammenschlusses von Jugoslawien und Bulgarien zu einer südslawischen Föderation und einer Annektierung des bulgarischen Makedoniens an die Volksrepublik Makedonien bestand. Der Bruch zwischen Jugoslawien und der Kominform zog eine deutliche Reduzierung dieser Bedrohung für das griechische Makedonien nach sich, und zwar aus dem Grund, dass er einen weiteren schweren Schlag gegen das kommunistische Heer der Partisanen in Griechenland darstellte. Die Position der griechischen kommunistischen Führung, dass der Bruch Jugoslawiens mit der Kominform und der sich daran anschließende Bruch der KKE mit
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dem kommunistischen Regime von Jugoslawien die Hauptursache für die Niederlage der griechischen Partisanen im Jahr 1949 war, ist nicht haltbar. Der Bruch in den Beziehungen der KKE mit dem Regime von Tito beschleunigte vielleicht die Niederlage, war jedoch nicht die eigentliche Ursache. Das Partisanenheer der KKE, aber auch die KKE selbst, unterlagen zuerst ethisch und politisch, wurden isoliert und schließlich im Sommer des Jahres 1948 in eine Sackgasse geführt, aus der es keinen Ausweg mehr gab. Darüber hinaus zeigten die Jugoslawen auch nach dem Bruch in den Beziehungen der KKE mit der Kommunistischen Partei Jugoslawiens eine Toleranz gegenüber den griechischen Partisanen, da ab dem Jahr 1948 die Mehrzahl der Partisanen aus den Slawo-Makedoniern Griechenlands bestand. Im griechischen Makedonien und um die Zukunft eines Teils dieser Region vollzog sich der letzte Akt des Dramas des griechischen Bürgerkriegs. Als die Partisanenmächte der KKE im Jahr 1948 dazu gezwungen wurden, sich auf Nordgriechenland zu beschränken, verfolgte die kommunistische Führung des Landes das Ziel, in der Region mindestens eine Stadt zu dominieren und unter Kontrolle zu halten, um dort den Sitz der Provisorischen Regierung einzurichten, die sie mit Markos Vafeiadis als Premierminister gebildet hatten. Das Ziel der Eroberung einer Stadt in der Region, das im vorangegangenen Jahr beschlossen worden war, nahm ab 1948, als die kommunistischen Partisanen ihre Aktivität im Wesentlichen auf Nordgriechenland beschränkten, die Züge eines objektiv unbedingt erforderlichen Zieles an. Ziele der kommunistischen Partisanen und Festungen des Nationalen Heeres waren Kastoria, Florina und Edessa, Städte, in denen die Angriffskraft der Partisanen und die Widerstandskraft des Heeres auf die Probe gestellt wurden. Während dieses letzten Aktes des Bürgerkriegsdramas im griechischen Makedonien ereignete sich auch eine der traurigsten Episoden des Konfliktes, die Kinderentführung (Paidomazoma). Kinder im Schulalter, aber auch Kleinkinder und Jugendliche, wurden entführt und von den Partisanen jenseits der Grenzen verschleppt, um - so die Führung der KKE - vor den Schrecken des Krieges gerettet zu werden, bzw. um - so die Version der griechischen Regierung – den zukünftigen Truppennachschub der Partisanen zu sichern. In der gleichen Zeit wurden andere Kinder auf Veranlassung von Königin Friederike in spezielle „Kinderstädte“ im Landesinneren gebracht, damit sie den Schrecken des Krieges entkämen und damit die Weisen und unbehüteten Kinder eine gebührliche Versorgung erhielten.5 Der Abtransport von beinahe 30.000 Kindern aus Griechenland, insbesondere aus dem griechischen Makedonien, sowohl aus humanitären, als auch aus zwar nicht zugegebenen, aber deutlich zu erkennenden Gründen verschärfte einerseits den ideologisch-politischen Krieg zwischen den zwei gegnerischen Seiten und verstärkte andererseits auch die unvermeidbare Dezimierung der Slawo-Makedonier Griechenlands. Die Deportation aus Griechenland sowie die Makedonisierung mehrerer tausend slawo-makedonischer Kinder stellte für die demographische Entwicklung der Slawo-Makedonier des Landes einen schweren Schlag dar und verliehen der „Befreiungsbewegung“ der neuen Nation der Makedontsi und ihrer staatlichen Formation Aufwind. Die deportierten slawo-makedonischen Kinder wurden, wie es in ihrem eigenen Kapitel heißen sollte - wo und wenn sie die Sturzbäche des Krieges mitrissen - zu fanatischen Verkündern des Makedonismus. In der Volksrepublik Makedonien, wie auch in der Diaspora, in der Neuen Welt und in Okeanien bildeten die slawo-makedonischen Kinder der Deportation des Jahres 1948 die härtesten Kerne des unterdrückten Makedonismus, emotional empfängliche Opfer der Führung der Volksrepublik Makedonien und der Apostel des Makedonismus. Griechenland, das im Jahre 1948 nicht die Möglichkeit hatte, diese Kinder zu halten und beschützen, wurde von den Aposteln des Makedonismus als die grausame Rabenmutter dieser Kinder und der morgigen Verleugner ihrer Heimat Griechenland dargestellt.
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MAKEDONIEN
ZWISCHEN ZWEI WELTEN (1945-1949)
Die letzte Akte der Unvernunft seitens der Führung der KKE vor der militärischen Niederlage der Partisanen und ihrem Rückzug aus den Gebirgsmassiven des Grammos und des Vitsi insbesondere nach Albanien stand mit dem Makedonismus in Verbindung. Auf Anraten des Generalsekretärs des Zentralkomitees der KKE, Nikos Zachariadis, beschloss das Zentralkomitee, um die slawo-makedonischen Partisanen des Demokratischen Heeres Griechenlands zufrieden zu stellen, die Verpflichtung, den Slawo-Makedoniern - nach dem erwarteten „siegreichen“ Ausgang des Krieges im Norden des griechischen Makedoniens das Recht der Selbstbestimmung zu gewähren, unter die Hauptziele der KKE aufzunehmen. Hierbei handelte es sich um einen weiteren opportunistischen colpo di mano des Generalsekretärs des Zentralkomitees der KKE, der bis zur endgültiger Zerschlagung der kommunistischen Partisanen, aber auch noch nach der Zerschlagung, immer wieder mit derartigen opportunistischen Beschlüssen selbst seine engsten Befürworter überraschte, um sich in dem heftigen Gefecht, welches das Heerlager der kommunistischen Regimes erschütterte, auf der richtigen Seite, also auf der sowjetischen Seite, zu befinden. Dies war der letzte verzweifelte Beschluss der kommunistischen Führung Griechenlands auf griechischem Boden, bevor sie sich in die Länder des damals real existenten Sozialismus zurückzog.
Anmerkungen 1. Siehe Spyridon Sfetas, I diamorfosi tis slavomakedonikis taftotitas. Mia epodyni
2. 3. 4. 5.
diadikasia [Die Herausbildung der slawomakedonischen Identität. Ein schmerzhafter Prozess], Thessaloniki 2003 (pro-jugoslawische Orientierung). Siehe auch Elizabeth Barker, I Makedonia stis diavalkanikes scheseis kai synkrousseis [Makedonien in den interbalkanischen Beziehungen und Konflinkten], übersetzt aus dem Englischen von Anna I. Koliopoulou, Thessaloniki 1996, S. 163 ff. Ioannis S. Koliopoulos, Leilasia Fronimaton [Raub der Gesinnungen], Bd. 2, Thessaloniki 1995, S. 67 ff. Barker, op. cit., S. 172 ff. Ibid., S. 174. Koliopoulos, op. cit., Bd. 2, S. 213 ff.