Wolfgang Weigand, Im Dickicht der Organisation

Rudolf Heltzel / Wolfgang Weigand, Im Dickicht der Organisation V © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461...
Author: Sarah Brauer
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Rudolf Heltzel / Wolfgang Weigand, Im Dickicht der Organisation

V

© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

Rudolf Heltzel / Wolfgang Weigand, Im Dickicht der Organisation

© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

Rudolf Heltzel / Wolfgang Weigand, Im Dickicht der Organisation

Rudolf Heltzel/Wolfgang Weigand

Im Dickicht der Organisation Komplexe Beratungsaufträge verändern die Beraterrolle

Unter Mitarbeit von Rolf Haubl und Marga Löwer-Hirsch

Mit einer Abbildung

2. Auflage

Vandenhoeck & Ruprecht © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-40446-1 ISBN 978-3-647-40446-2 (E-Book) Umschlagabbildung: .marqs / photocase.com © 2014, 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Druck und Bindung: e Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Gesellschaftlicher Wandel und die Folgen für die Beratung (Rudolf Heltzel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ökonomisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unsicherheit und Ungewissheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entgrenzung und Subjektivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Individualisierung und Pluralisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ambivalenzen und Paradoxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Desintegration und Fragmentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplexitätssteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Identitätsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . … und die Folgen für Supervision und Beratung . . . . . . . . . Die Veränderung der Supervisions- und Beratungssettings . Paradigmenwechsel in der Supervision . . . . . . . . . . . . . . . . Ambivalenzen, Paradoxien und Dilemmata in der Supervision Nicht »Entweder-oder«, sondern »Sowohl-als-auch« … . . . . Das Bemühen um Zusammenhalt und Verbindung . . . . . . . Der wachsende Unterstützungsbedarf im Management . . . Kommentar zu Kapitel 1 (Wolfgang Weigand) . . . . . . . . . . . 2 Organisation im Professionalisierungsprozess der Supervision – Die Entwicklung von 1945 bis heute (Wolfgang Weigand) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Sozialarbeit als Ursprungsland der Supervision . . . . . . Weit vor den Toren der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Organisation in Sichtweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der (Grenz-)Gang in die Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Supervision auf dem Weg der Professionalisierung und ihrer Selbstorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommentar zu Kapitel 2 (Rudolf Heltzel) . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

3 Die Gestaltung des Beziehungsraumes in der Beratung (Rudolf Heltzel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In der Beratungsbeziehung »behandeln« beide Seiten einander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die heiligen Kühe der Orthodoxie und die intersubjektive Wende in der Psychoanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auftraggeber erhoffen sich uneigennützige Berater . . . . . . Schwungvolle, lebendige Beratung wirkt beziehungsstiftend Beratung findet an vielen Orten statt und »lebt« in zahlreichen Beziehungsräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In der Beratung begegnen sich viele subjektive Sichtweisen und viele psychische Realitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Kompass eines jeden Beraters ist einzigartig . . . . . . . . Beziehungsräume in der Beratung haben eine trianguläre Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beziehungsräume in der Supervision sind »Spielräume« . . . Potential Space in der organisationsbezogenen Beratung Beziehungsgestaltung in der Einzelberatung . . . . . . . . . . . . Kommentar zu Kapitel 3 (Wolfgang Weigand) . . . . . . . . . . . 4 Der Gang ins Zentrum der Macht (Wolfgang Weigand) . . Die Antwort der Supervisoren, wenn die Beratungsanfrage die Organisation betrifft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die helfenden Berufe in ihrem Umgang mit Macht und Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Supervision im Spannungsfeld zwischen Person und Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Therapeutisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Macht des ausgeschlossenen Dritten . . . . . . . . . . . . . . Macht und Führung in Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenbilanz: Im Zentrum der Macht . . . . . . . . . . . . . . . . Erfahrungen beim Gang ins Zentrum der Macht . . . . . . . . . Ein Gang ins Zentrum der Macht, der in einer Sackgasse endet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Baustellen des Supervisors im Zentrum der Macht . . . . Was geschieht mit dem Supervisor beim Gang ins Zentrum der Macht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

Zum Arbeitsbündnis zwischen Berater und Management . . 155 Macht der Beratung – ein Beispiel zum Schluss . . . . . . . . . 156 Kommentar zu Kapitel 4 (Rudolf Heltzel) . . . . . . . . . . . . . . . 158 5 Die Unabhängigkeit des Supervisors (Rudolf Heltzel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Abhängigkeit des Beraters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ökonomie und Abhängigkeit des Beraters . . . . . . . . . . . . . . Abhängigkeit und Unabhängigkeit in der multiplen Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abhängigkeit und Autonomie des Beraters innerhalb der »Community« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommentar zu Kapitel 5 (Wolfgang Weigand) . . . . . . . . . . .

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6 Die Kooperation zwischen Manager und Berater – Ein Gespräch zwischen Marga Löwer-Hirsch und den Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 7 Der Haussupervisor (Wolfgang Weigand). . . . . . . . . . . . . . Ein neues Rollenbild in der Supervision . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Analogie der Hausarzt- und der Haussupervisorenrolle Exkurs: Beratungsräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beratungsarbeit des Haussupervisors . . . . . . . . . . . . . . Welche Anfragen ergeben sich an eine solche Supervisorenrolle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kompetenzen und Anforderungen an den Haussupervisor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommentar zu Kapitel 7 (Rudolf Heltzel) . . . . . . . . . . . . . . . 8 Neue Rollen des Supervisors und komplexe Berufsidentität (Rudolf Heltzel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Supervisor als authentischer, persönlich unverstellter Berater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Supervisor als Darsteller seiner Professionalität . . . . . Der Supervisor als Architekt und Designer des Beratungssettings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

Der Supervisor als menschlicher, fehlerfreundlicher Helfer Der Supervisor als Ratgeber und als Garant selbstreflexiver Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Supervisor zwischen den Fronten . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Supervisor als Förderer des Zusammenhalts . . . . . . . . Der Supervisor als fachlicher Experte und Fortbilder . . . . . Der Supervisor als »Bastard« oder: Die zusammengesetzte Berufsidentität . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammengesetzte Berufsidentität in der Postmoderne . . . Kommentar zu Kapitel 8 (Wolfgang Weigand) . . . . . . . . . . .

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9 Die Bedeutung der Ethik in Supervision und Beratung – Ein Gespräch zwischen Rolf Haubl und den Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 10 Supervision in Zukunft (Wolfgang Weigand) . . . . . . . . . . . 289 Die Beraterrolle in Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Wächst zusammen, was zusammenpasst? . . . . . . . . . . . . . . 291 Der Berater als Generalist oder Spezialist? . . . . . . . . . . . . . 292 Die Entwicklung in der Arbeitswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Die ökonomische Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Die Spannung zwischen Organisation, Markt und Profession 296 Auf dem Weg zur Beratungswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . 299 Erfolgsmessung in der Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Das Verborgene in der Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Wertbindungen in der Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Der Berater als Begleiter von Personen und Organisationen in schwierigen Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Die Grenzen der Veränderung bestimmen die Grenzen der Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Am Ende: Aussicht und Zuversicht für den Supervisor . . . . 309 Kommentar zu Kapitel 10 (Rudolf Heltzel) . . . . . . . . . . . . . . 311 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

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Vorwort

Gehen wir vorwärts in das Dickicht der Städte. Bertolt Brecht In diesem Band begegnen sich zwei gleichermaßen beruflich erfahrene, aber sehr verschiedene Supervisoren, um sich über neuere Entwicklungen fachlicher Konzepte und beruflicher Rollenbzw. Identitätsmodelle, also über aktuelle Herausforderungen des gemeinsam geteilten Faches Supervision auszutauschen. Die Betonung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Person, beruflicher Biographie und konzeptionellem Denken, auf die in dieser Vorbemerkung Wert gelegt wird, entspringt dem zwischen den Autoren geteilten Verständnis, dass Supervision in höherem Maße, als dies gemeinhin diskutiert wird, ein persönlich geprägtes Projekt ist und dass dieses Buch zu einem Austausch über diese konzeptionelle Frage anregen möchte. Inwieweit und in welcher Weise diese persönlichen Unterschiede nun in den Modalitäten des Beratens und in seinen Ergebnissen Relevanz erhalten, soll dem Urteil des fachkundigen Lesers überlassen bleiben. Die Autoren ließen sich jedenfalls wechselseitig vom Anderssein des Anderen anregen und konnten gemeinsam mit ihrer Differenz in jene Problemzonen der Beratung vordringen, die im theoretischen Diskurs wie im Beratungshandeln aktuell sind. Der eine (Wolfgang Weigand) ist 1945 geboren und in einem kirchlich geprägten, süddeutschen Umfeld aufgewachsen. Nach dem Besuch eines Internats wurde er katholischer Theologe, Familienvater, Trainer für Gruppendynamik (DAGG), Geschäftsführer an einer bundeszentralen Fortbildungsakademie in Münster, Professor an der Fachhochschule Bielefeld und dort Hochschullehrer für soziale Berufe, Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv), Supervisor (DGSv) und lange Jahre erster Vorsitzender dieses für die Professionalisierung

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Vorwort

der Supervision zentralen Berufsverbandes. Er ist bis heute Mitherausgeber der Zeitschrift »Supervision« und seit der Gründung von »Supervision – Stiftung für berufliche Bildung und Beratung« der Vorsitzende des zugehörigen Stiftungsrates. In dieser Funktion trägt er weiterhin maßgeblich dazu bei, den professionellen Diskurs unter Supervisoren – über die engeren Grenzen des Faches hinaus – fortzuführen. Als Personal- und Organisationsentwickler, als Supervisor und Coach ist er an vielen Orten und in zahlreichen Feldern – sowohl im Profitbereich als auch in sogenannten NonProfit-Organisationen – tätig. Er lebt in Berlin. In seine Zeit als Vorsitzender der DGSv fallen die ersten Kontaktaufnahmen zu Gruppenanalytikern und anderen Supervisoren außerhalb der DGSv-Szene, die später zu einer Aufnahme dieser Vertreter und Vertreterinnen des Faches in die DGSv führten. Der andere (Rudolf Heltzel) ist aus dem Jahrgang 1948 und im protestantisch geprägten Niedersachsen, also in Norddeutschland aufgewachsen. Der Zivildienst in einer großen diakonischen Einrichtung motivierte ihn dazu, aus der evangelischen Kirche auszutreten und das Medizinstudium aufzunehmen. Er wurde Psychiater, Neurologe sowie Arzt für Psychotherapeutische Medizin, Familientherapeut und Familienvater, Psychoanalytiker (DGPT), Mitbegründer der Norddeutschen Arbeitsgemeinschaft für Psychodynamische Psychiatrie und deren erster Vorsitzender, Gruppenlehranalytiker (DAGG) und Gruppenanalytischer Supervisor und Organisationsberater (DAGG). Gemeinsam mit anderen trug er maßgeblich zur Professionalisierung von Supervision und Beratung innerhalb der Community der deutschsprachigen Gruppenanalytiker (Sektion AG des DAGG) und zum Austausch mit anderen Supervisoren bei. Dies führte später zur Aufnahme von erfahrenen Gruppenanalytikern in die DGSv. Seit mehr als zwanzig Jahren arbeitet er ausschließlich freiberuflich als sowohl therapeutisch praktizierender Psychoanalytiker und Psychotherapeut als auch gruppenanalytischer bzw. psychodynamischer Supervisor, Coach und Organisationsberater – Letzteres mit dem Schwerpunkt in Bremen bzw. Norddeutschland und vorwiegend im sogenannten Non-Profit-Bereich (so berät er seit langem z. B. auch Mitarbeitende und Führungskräfte der evangelischen Kirche und der Diakonie).

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Vorwort

Wir stellen diese berufsbiographischen Skizzen dem Text voran, weil es uns nicht selbstverständlich scheint, dass zwei so unterschiedliche Zugänge zum Beruf des Supervisors zu einem gemeinsam konzipierten und fortlaufend dialogisch erarbeiteten Buch führen konnten. Wenn man bedenkt, dass Gruppendynamiker und Gruppenanalytiker als professionelle Gemeinschaften heute in einer Art Dauerfehde leben und daher die Auflösung des vor vierzig Jahren gemeinsam gegründeten Berufsverbandes DAGG diskutieren; wenn man weiß, dass die DGSv und die Sektion AG im DAGG bzw. die in ihr organisierten Supervisoren und -visorinnen auf dem Markt für Supervision über viele Jahre konkurrierten oder sich zu ignorieren versuchten; wenn man zusätzlich anerkennt, dass südund norddeutsche Mentalitäten, dass katholisch bzw. evangelisch geprägte Milieus (oder Glaubensorientierung und reflektierte Ungläubigkeit) relevante Unterschiede ausmachen und dass eine berufliche Sozialisation in der Erwachsenenbildung bzw. eine solche in der psychosozialen Medizin die Kommunikation unter- und die Kooperation miteinander nicht gerade erleichtern – dann muss man zugestehen, dass dieses Buchprojekt leicht auch anders hätte ausgehen können. Vielleicht haben wir das geahnt, als wir den Titel des Bandes in Berlin diskutierten und ihn in Anlehnung an Brechts »Im Dickicht der Städte« festlegten. Der Inhalt des Theaterstückes war uns damals nur relativ vage präsent. Wir haben nachgelesen: Es handelt vom Boxsport in den amerikanischen Mega-Citys, die vielen auch als Sinnbild für das Berlin der 1920er Jahre erschienen. Zwei Männer kämpfen gegeneinander, es geht um den Kampf an sich, um Sieg und Niederlage, um Vernichtung, Rache, Lynchjustiz und Selbstmord – um Großstadt-Raubtier-Kapitalismus eben, ausgelebt in einer Welt der Machos und Alphatiere … Exzesse dieser Art waren aber nicht nach unserem Geschmack. Wir warfen uns stattdessen in Diskussionen und Auseinandersetzungen, die fast immer schwungvoll, lustbetont und inhaltlich ergiebig abliefen. Zwar gab es auch Kritik und Streit, so dass kleinere Blessuren nicht ausblieben, diese wurden aber umgehend freundschaftlich versorgt. Im Übrigen verstanden wir unsere Zusammenarbeit als Autoren auch als Spiegelungsphänomen: In spannungs© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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Vorwort

reichen, herausfordernden Kontexten erfordert Teamarbeit heute die Bereitschaft zum Experiment der persönlichen Begegnung. Spannende Produkte resultieren nicht aus einer Beamtenmentalität der pflichterfüllenden Risikovermeidung heraus. Berater, die heute Arbeitsprozesse begleiten, sollten sich ihren Klienten möglichst als Modell dafür anbieten, wie es trotz Leistungsanspruch und Rivalitätslust gelingen kann, kreativ, schwungvoll, freundschaftlich und mit Genuss zusammenzuarbeiten. Das ist uns – nach unserem Eindruck – gut gelungen. Dieser Band wurde in seiner Grundstruktur gemeinsam gestaltet. Als Kapitelthemen tauchen Fragestellungen auf, die uns – auch mit Blick auf Fachtagungen und andere Gelegenheiten des kollegialen Austausches – zugleich aktuell, kritisch und für die weitere Professionalisierung der Supervision wesentlich zu sein scheinen. Jeweils einer von uns war für jeweils vier Kapitel als Autor verantwortlich, der andere hatte als Leser kritische Rückmeldungen zu geben, die in der Mehrzahl aufgenommen und in den Text eingearbeitet wurden. Insoweit können wir festhalten, dass wir den Band grundsätzlich gemeinsam vertreten und verantworten. Gleichwohl bleiben Unterschiede in der Einschätzung und konkreten Umsetzung, die wir wichtig finden und weder nivellieren noch verleugnen wollen. Daher enthält der Band am Ende eines jeden Kapitels den Kommentar des anderen. Wir möchten damit Kontraste setzen, Unterschiede herausarbeiten und deutlich machen, dass es in der Supervision nicht die eine Wahrheit, sondern immer verschiedene Sichtweisen, verschiedene Zugänge zum Thema gibt. Damit hoffen wir den dialogischen Aspekt unserer Zusammenarbeit zu veranschaulichen, und wir wünschen uns von den Lesern, dass sie sich zu Ähnlichem aufgerufen fühlen: Vielleicht regt die Lektüre das Bandes dazu an, mit uns in einen inneren Dialog einzutreten. Wenn das Buch in diesem Sinne den fachlichen Austausch, den respektvollen Diskurs über zentrale Fragestellungen der Supervision beförderte, wäre viel gewonnen. – Sofern Themen dieses Buches in Vorveröffentlichungen behandelt wurden, haben wir auf diese Texte zurückgegriffen, sie aber grundlegend neu bearbeitet, erweitert oder wesentlich verändert. Da wir schon seit einiger Zeit über die Fragestellungen des Bandes © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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Vorwort

reflektieren und uns verschiedentlich dazu äußerten, sind punktuelle Wiederholungen zentraler Aussagen nicht zu verhindern gewesen. Marga Löwer-Hirsch und Rolf Haubl sind wir zu besonderem, großem Dank verpflichtet: Nicht nur haben sie ohne zu zögern und ausgesprochen erfreut unserer Bitte entsprochen, die Interviews zu führen. Sie haben sich dazu nicht nur spezifisch thematisch vorbereitet (was erwartet werden konnte), sondern sich zusätzlich der Mühe unterzogen, den Entwurf unseres gesamten Textes – so wie er zum Zeitpunkt der Interviews vorlag – zu studieren und uns dazu Rückmeldungen zu geben. Auch wenn nur wir zwei für den Inhalt als Autoren verantwortlich sind, haben sie auf diese Weise doch Sorge getragen, dass die von ihnen geführten Interviews und die von uns verfassten Texte ein möglichst zusammenhängendes, stimmiges Ganzes ergeben. Ob dies letztlich gelungen ist, können nur die Leser und Leserinnen selbst entscheiden. Sicher ist aber schon jetzt, dass die Autoren ebenso wie die Interview-Führenden mit Herzblut an der Weiterentwicklung der Supervision interessiert sind und arbeiten. Die Zusammenarbeit an diesem Projekt macht große Freude. Rudolf Heltzel und Wolfgang Weigand

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Gesellschaftlicher Wandel und die Folgen für die Beratung Rudolf Heltzel

»Ob wir wollen oder nicht, wir sind alle in ein großes Experiment verstrickt, bei dem wir zwar als menschliche Akteure handeln, das sich zugleich aber auch bis zu einem gewissen Grad unserer Kontrolle entzieht. Es handelt sich nicht um ein Experiment unter Laboratoriumsbedingungen, denn wir können die Resultate nicht anhand feststehender Parameter vorhersagen, vielmehr um ein gefährliches Abenteuer, an dem jeder von uns teilzunehmen hat, möge es ihm gefallen oder nicht« (Giddens 1996a, S. 117–118). Supervision und Beratung entwickeln sich in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Kontextphänomenen oder – anders gesprochen – im Schnittfeld ökonomischer, gesellschaftspolitischer und kultureller Veränderungsprozesse. Unsere Zeiten sind solche der Übergänge, der Brüche, der Verwerfungen und Irritationen. Den kulturellen und historischen Kontext, der die Entwicklung von Einzelnen, von Gruppen, von Institutionen und Organisationen im Sinne des alles durchdringenden »Zeitgeistes« zutiefst beeinflusst, bezeichnen Gruppenanalytiker als »Grundmatrix« (Wilke, 2000). Als bewusstes und unbewusstes Netz allgegenwärtiger Beziehungen prägt sie – ob wir wollen oder nicht – unsere intimsten Gefühle und Phantasien ebenso wie unser alltagsbezogenes Denken und Handeln. Auch unsere professionellen Einstellungen und Aktionen, also die Ausprägung unserer beruflichen Identität, werden davon berührt und beeinflusst, besser gesagt: durchdrungen. Einführend sollen die wesentlichen Aspekte des derzeitigen gesellschaftlichen Wandels skizziert werden (siehe dazu auch Voß, 2008; Haubl und Voß, 2009). Die Dynamik des globalisierten Kapitalismus bewirkt ökonomische sowie kulturelle Veränderungen, die in jede © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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Gesellschaftlicher Wandel

Ritze gesellschaftlicher Institutionen, in jedes Subsystem heutiger Organisationen eindringen. Sie erreichen auch die Psyche der Menschen. Gleichgültig, ob in diesem Zusammenhang von »Reflexiver Modernisierung« (Beck, 1986; Giddens, 1997), von »Postmoderne« (Bauman, 1995; Welsch, 1997) oder von »Spätmoderne« (Rosa, 2005) gesprochen wird, immer ist von gesellschaftlichen Verwerfungsprozessen die Rede, die sowohl Individuen als auch Gruppen, Institutionen und Organisationen in ihrem Innersten irritieren. Einen Motor dieser für viele atemberaubenden Entwicklung stellen revolutionäre Innovationen im Bereich der Informationstechnologie und der Kommunikation dar (Castells, 2001), ein anderer besteht in der Dynamik transnationaler finanz- und wirtschaftspolitischer Vernetzungen, die unter dem Stichwort »Globalisierung« beschrieben werden (Beck, 1997; Sennett, 2005; Altvater und Mahnkopf, 2007). Obgleich hier weltumspannende Verbindungen und globale Wirkmechanismen angesprochen sind, erfahren Supervisorinnen und Berater selbst im hintersten Winkel der Republik davon: Kein Trägerverein – und sei er noch so verschlafen – ist unberührt, keine Organisation ist wirklich unabhängig, keine Berufsbiographie unbeeinflusst von dieser alles durchdringenden Entwicklung. Deren wesentlichste Aspekte sollen im Folgenden dargestellt werden. Die skizzierten Phänomene existieren nicht isoliert voneinander, sie beeinflussen sich wechselseitig. Keines der Phänomene kann also für sich allein stehen, jedes steht mit jedem in einem dialektischen Zusammenhang. Nur aus Gründen der Übersicht werden sie nacheinander diskutiert: – Ökonomisierung, – Beschleunigung, – Unsicherheit und Ungewissheit, – Entgrenzung und Subjektivierung, – Individualisierung und Pluralisierung, – Ambivalenzen und Paradoxien, – Desintegration und Fragmentierung, – Komplexitätssteigerung, – Identitätsarbeit.

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Rudolf Heltzel / Wolfgang Weigand, Im Dickicht der Organisation Ökonomisierung

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Im Anschluss an diese Skizze gesellschaftlichen Wandels werden Schlüsse in Bezug auf den sich daraus ergebenden Beratungsbedarf gezogen: Welcher Art sollten Beratungen mit Blick auf den aktuellen und zukünftigen Wandel sein? Wenn die Gesellschaft sich wandelt, inwiefern, in welche Richtung müssen sich Supervision und Beratung verändern? Von welchen Grundhaltungen sollten Beratungen heute geleitet sein? Dies sind Fragen, auf die dieses Kapitel (und der ganze Band) Antworten zu geben versucht.

Ökonomisierung Wir leben in einem Zeitalter, das durch eine Ausweitung der ökonomischen Rationalität auf tendenziell alle Lebensbereiche gekennzeichnet ist. Ökonomisierung meint die Ausschaltung aller marktfremden Gesichtspunkte aus den Beziehungen von Akteuren (Thielemann, 2004). Ökonomisierung zielt also auf die definitive Herrschaft des Marktes – auch in sogenannten Non-ProfitFeldern – und perfektioniert die durchgehende Orientierung am unternehmerischen Gewinn, an nachhaltiger Dauerrentabilität, an der marktlichen Performance. Eines ihrer markantesten Zeichen ist die Umwandlung nahezu aller Formen sozialer Interaktion in Kunden-Anbieter-Beziehungen. Egal ob Klienten, Patienten, Schüler, Studenten, Gemeindemitglieder, Theater- und Museumsbesucher oder Bürger – alle werden zu Kunden. Nirgendwo wird dies augenfälliger als gerade in jenen Feldern, in denen ein ausschließlich am Markt orientiertes Denken vor etwa 25 Jahren noch nicht dominant war. Eine Folge dieser Entwicklung ist, dass Wettbewerb und betriebswirtschaftliches Denken nicht nur bedeutsam werden – das wäre noch keine Ökonomisierung und durchaus zu begrüßen –, sondern dominant. Im Zeitalter der Ökonomisierung geht es um Wettbewerb und Markt aus Prinzip: »Tendenziell alle Interaktionsbeziehungen, nicht nur in der Wirtschaft, sollen als Tauschbeziehungen begriffen werden« (Thielemann, 2004, S. 80). Die daraus resultierende Durchökonomisierung aller Lebensbereiche erfüllt »die ideologische Funktion des Ökonomismus – d. h. einer Weltanschauung, die im Jargon wertfreier Sachrationalität einer grenzenlosen Ökonomisierung © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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unserer Lebensformen, der Gesellschaft und der Politik das Wort redet. Der Ökonomismus, dieser Glaube der ökonomischen Ratio an nichts als sich selbst, ist wohl die Großideologie der Gegenwart […]: Kaum je zuvor hat eine einzige ideologische Argumentationsform weltweit einen vergleichbaren Einfluss gehabt« (Ulrich, 2004, S. 16). In der Konsequenz zieht nicht nur die Sprache der Betriebswirtschaft in wirtschaftsferne Institutionen und Organisationen ein, sondern auch das entsprechende Denken inklusive der zugehörigen Instrumente. So ist dann nicht mehr nur im Autohaus oder im Supermarkt, sondern eben auch in der Kirche, im Theater, im Museum, im Kulturzentrum, im Altersheim, im Krankenhaus, an der Universität, im Kindergarten, im Rathaus usw. von Kundenorientierung, Kernkompetenzen, Wettbewerbern, Leuchttürmen, marktlicher Performance, Produktmanagement, Marketing und Qualitätssicherung die Rede. Es werden größte Anstrengungen im Qualitätsmanagement unternommen und Zertifizierungen angestrebt – aus Wettbewerbsgründen mitunter gleich zwei verschiedene. Dass dabei große Mengen an zeitlichen und personellen Ressourcen verbraucht und gelegentlich Qualität statt gesichert in Frage gestellt und erodiert wird, steht auf einem anderen Blatt und gehört nicht selten zu den Tabus, die nur unter vorgehaltener Hand und unter Androhung von Strafe angerührt werden dürfen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ökonomismus meint nicht vernünftiges ökonomisches Denken und Handeln (das vielerorts nottut), sondern dessen ideologische Zuspitzung und Überhöhung zur Weltanschauung, zur Kultreligion, die alle sozialen Interaktionen durchdringt und einen Fetisch – den Markt mit seinen Tauschbeziehungen – anbetet (Benjamin, 2003; Bolz, 2003). Womöglich ist dieser Trend auch deswegen so erfolgreich, weil es heute sowohl am Glauben an alternative Meta-Erzählungen als auch an ernsthaften und in breiterem Maße anerkannten Gegenentwürfen mangelt.

Beschleunigung Die Beschleunigung aller Lebensbereiche – auch des Organisationslebens – ist die große Schwester der Ökonomisierung: Ohne Beschleunigung ist das Prinzip »Markt« nicht denkbar, und erst © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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die Pervertierung ökonomischer Vernunft zur weltbestimmenden, ersatzreligiösen Ideologie führt zu Beschleunigungstendenzen in zuvor nicht für möglich gehaltenen Dimensionen. Beschleunigung als Kategorie des Zeitempfindens ist eine spezifisch moderne Errungenschaft bzw. Erfahrung, in vormodernen Zeiten war sie unbekannt (Geißler, 1999). Erst in der industrialisierten Moderne (im sich entwickelnden Kapitalismus) werden wirtschaftliche Gewinne über Zeitgewinne realisiert: »Geld, Arbeit und Zeit bilden die neue Dreieinigkeit, die an die Stelle traditioneller Glaubensgewißheit tritt« (Geißler, 1999, S. 69). Während aber noch moderne Hetze eine anzustrebende Richtung, ein zu erreichendes Ziel, eine Vorstellung von Linearität, von einem sinnvollen Aufeinanderfolgen der Ereignisse beinhaltete, sind unsere postmodernen Zeiten durch Vergleichzeitigung des Erlebens und des Alltagslebens gekennzeichnet – und das unter Verzicht auf zielgerichtete Orientierungen: »›Soviel Anfang war nie‹ – noch nie klang das HölderlinWort, für sein Jahrhundert gesprochen, plausibler als heute. Allenthalben wird gestartet und aufgebrochen, jetzt sogar in West und Ost gleichzeitig, obgleich nie weniger wußten wohin. […] Hauptsache: busy! Hauptsache: in Bewegung! Wer rastet, der rostet!« (Guggenberger, 1991, S. 64). Wer – wie es Aufgabe von Supervisoren und Beraterinnen ist – die Organisations- und Konzeptentwicklungen etwa im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen der letzten zwei Jahrzehnte analysiert, wird bemerkt haben, wie immer neue Anfänge, immer hektischere Exzesse des »Umspritzens, Umgruppierens und Umbenennens« (Baier, 2000, S. 32) eine immer offensichtlichere Perspektiv- und Ratlosigkeit zu kaschieren vorgaben. Was Menschen, die am Gefühl des Gehetztseins, der Überforderung, der Desorientierung verzweifeln, tatsächlich plagt, ist daher oftmals eine Mischung »von sich teilweise gegenseitig neutralisierenden Mikrotransformationen und von groß angekündigten, doch bei näherem Hinsehen bloß benutzeroberflächlichen Umwälzungen. Vieles von dem, was da in Atem hält, zeichnet sich dadurch aus, daß es, keinerlei erkennbaren ›Fortschritt‹ befördernd, von der Sache her eigentlich unnötig ist« (Baier, 2000, S. 51). Nicht wenige durch Supervision und Beratung begleitete Konzeptentwicklungen und Zertifizierungsprozesse in © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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Organisationen gehören in diese Kategorie von »Fortschritt«. Die verbreitete Professionellen-Reaktion darauf kann Erschöpfung sein, gepaart mit Resignation und Zynismus, sprich: »Burn-out«. Wenn die Anzahl der simultan zu verrichtenden Aufgaben anwächst und diese Tätigkeiten schneller ausgeführt werden müssen, resultiert daraus eine Verdichtung der Arbeit, über die Professionelle aus den verschiedensten Berufen und Branchen berichten. Die Arbeitstage und -wochen etwa vieler Ärztinnen und Ärzte (und vieler Professioneller aus Pflegeberufen) in Deutschland sind auf bereits unerträgliche oder zumindest die Gesundheit belastende Weise intensiviert: Mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit oder auch auf die zu erzielende Rendite müssen immer mehr und immer kränkere Patienten und Patientinnen in immer kürzerer Zeit aufgenommen, diagnostiziert, gepflegt und behandelt werden. Und dies nicht selten von Professionellen, deren Arbeitsverträge immer kleinere Stundenkontingente und immer kürzere Zeitspannen umfassen. Supervisoren und -visorinnen bemerken die Beschleunigung des Personalwechsels an den häufig wechselnden Gesichtern in fortlaufenden Teamsupervisionen. Auch die Leitungsverantwortlichen können durch die Verhältnisse unter Druck geraten. Nicht alle reagieren selbst so »beschleunigt« wie die Hauptpersonen des folgenden Beispiels: In einer psychiatrischen Einrichtung führte ich die Supervision der Teamleitungen durch, an der auch die Pflegedienstleitung (PDL) teilnahm, die mir den Beratungsauftrag erteilt hatte. Als diese berufserfahrene PDL kündigte, stieg ihre Nachfolgerin in die Supervision ein. Sie war eine betriebswirtschaftlich ausgebildete, psychiatrisch aber unerfahrene Leitung, die nun ihre erste Supervisionserfahrung überhaupt machte. Sofort setzte sie ihre Mitarbeiter und mich unter enormen Druck: Jeder solle sich in Bezug auf die Organisationsentwicklung der Einrichtung (die sich innerhalb kürzester Zeit tief greifend wandeln sollte) »positionieren«. Mir forderte die PDL umgehend »Zielplanungen« für jede einzelne Supervisionssitzung ab, so dass ein freier Gruppenaustausch gar nicht mehr möglich war. Während die um ihren Arbeitsplatz besorgten Teamleitungen Kritik an der Vorgesetzten nur hinter vorgehaltener Hand zu äußern wagten, erläuterte ich ihr, warum ihre drängende Haltung den Supervi-

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sionsprozess grundlegend in Frage stelle. Kurze Zeit später lud der Einrichtungsleiter alle Supervisoren zu einem »Austausch« ein, an dem auch die neue PDL teilnahm. Der »Austausch« nahm die Form eines langen Monologes an, in dem der an kurztherapeutischen Konzepten orientierte Leiter alle Anwesenden »auf Kurs« brachte und erwartete, dass sich die Supervisoren dem Crashkurs einer forcierten Umstrukturierung verpflichteten. Manche der anwesenden Supervisoren und -visorinnen kündigten als Reaktion auf dieses Turbo-Briefing die Beendigung der Zusammenarbeit an, da sich der Inhalt ihrer Supervisionsvereinbarung abrupt verändert habe. Andere wirkten verunsichert, äußerten Zweifel bezüglich der weiteren Zusammenarbeit und baten sich wenigstens etwas Bedenkzeit aus. Ich nutzte die Gelegenheit der Sitzung dazu, den Anwesenden (vor allem der Leitung) den szenischen Gehalt dieser Besprechung zu verdeutlichen: Ähnlich an die Wand gedrückt und unter akuten Handlungszwang gesetzt erlebten sich nach meiner bisherigen Erfahrung auch viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Vielleicht fühle sich – wegen der Rahmenbedingungen – auch die Einrichtungsleitung unter Druck?! Mein Versuch, szenisches Verstehen anzuregen und eine Brücke in der Kommunikation zu bauen, ging ins Leere. Der Leiter beendete die Besprechung vorzeitig, und nur wenig später erhielt ich – pünktlich zum Jahresende – die schriftliche Kündigung des Auftrages. Noch ehe ich richtig angekommen war, durfte ich wieder gehen …

Soziale Beschleunigung ist mehrfach determiniert (Rosa, 2005, S. 124 ff.): Zielgerichtete Vorgänge können vor allem durch technologische Innovationsentwicklungen beschleunigt werden, also etwa durch den Einsatz weiterentwickelter Software oder durch eine Steigerung der durchschnittlichen Fortbewegungsgeschwindigkeiten oder durch Beschleunigung der Informationsübermittlung, des Weiteren durch die Beschleunigung des sozialen Wandels im Sinne gesteigerter Verfallsraten von handlungsorientierenden Erfahrungen sowie durch eine Beschleunigung des Lebens- und Arbeitstempos (Verkürzung und Verdichtung von Handlungsepisoden; Erhöhung der Handlungsgeschwindigkeit; Verringerung von Pausenzeiten). Subjektiv schlägt sich alles »in einer Zunahme von Empfindungen © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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der Zeitnot, des Zeitdrucks und des stressförmigen Beschleunigungszwangs sowie in der Angst, ›nicht mehr mitzukommen‹, nieder« (Rosa, 2005, S. 136). In der Supervision wurde dies von der Pflegedienstleitung eines ambulanten Pflegedienstes so veranschaulicht: »Meine Mitarbeiterinnen haben z. B. für die Medikamentenverabreichung an einen Patienten genau zwei Minuten zur Verfügung, vom Auto bis zu diesem zurück gerechnet, mehr erlauben die Richtlinien nicht. Alles darüber hinaus wird nicht bezahlt. Konkret ist das dann z. B. ein über 80-Jähriger mit beginnender Demenz, der im ersten Stock eines Einfamilienhauses wohnt. Das bedeutet: Pünktlich ankommen, parken, durch den Vorgarten gehen, klingeln, warten. Wenn die Tür geöffnet wird: In den ersten Stock gehen, Begrüßung. Beantwortung von Fragen. Erläuterung der Medikation, deren Sinn der Patient vergessen hat, die er womöglich ablehnt. Dokumentation, Verabschiedung, Verweigerung weiterer Gespräche (die der Patient wünscht), Rückkehr zum Auto. Für die Anfahrt zum nächsten Patienten – über Land – stehen 7,5 Minuten zur Verfügung, verfahren darf sich da keine … Als die Leute vom Vorstand unseres Vereins anregten, dass wir schneller arbeiten sollten, um wirtschaftlich zu sein, habe ich sie genau diese Szene im Rollenspiel nachspielen lassen. Alle waren erschüttert, manchen standen Tränen in den Augen. So hatten sie sich das nicht vorgestellt …«

Ähnlich berührend sind Schilderungen aus der Altenpflege, wo der vorgegebene Zeittakt erbarmungslos auf alle Beteiligten – Patienten wie Pflegende – einwirkt. In der vertrauensvollen Atmosphäre der Supervision wagen Pflegende es, Scham- und Schuldgefühle mitzuteilen, die sie angesichts solcher Verhältnisse empfinden.

Unsicherheit und Ungewissheit Mitarbeitende erleben die eigene Organisation – bewusst oder unbewusst – als haltende Umgebung im Sinne Winnicotts (Stapley, 1996, S. 39): einerseits in ihren formalen Aufgabenstellungen, Strukturen, Regeln, Strategien, Rollen und verfügbaren Kompetenzen (»external © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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holding environment«), andererseits in der Art, wie sie sich im Sinne innerer, phantasierter Objektbeziehungen mit der Organisation als Ganzer sowie ihren wesentlichen Repräsentanten in Beziehung setzen (»internalized holding environment«). Professionelle benötigen ein Mindestmaß an Vertrauen in diesen Kontext, ein bestimmtes Maß an Sicherheit, ansonsten sind Kreativität, Engagement für Innovation und Wandel sowie die Bereitschaft zur Mitwirkung daran ernsthaft in Frage gestellt. Bei abruptem Organisationswandel erleben Mitarbeitende einen Kulturschock: Die Umstellung wird als Verlust erlebt, der Trauerprozesse erforderlich macht, so dass ein Moratorium notwendig wäre, um bisherige innere Bindungen lösen und neue aufbauen und integrieren zu können. Die heutigen Organisationen sind aber nicht sicher. Große Unsicherheiten resultieren aus der Dynamisierung des Organisationslebens in Folge der vorrangigen Marktorientierung: Die Sicherung der Existenz ist nur über permanente Nachweise der besonderen Effizienz und über Wettbewerbsvorteile im Vergleich mit Konkurrenten zu erreichen. Dies führt zum Druck in Richtung ständiger Veränderung und Innovation, verbunden mit ständigem Strukturwandel. Wir sollen Altes auflösen und Neues aufbauen in dem Wissen, dass nichts von Dauer ist (Wimmer, 1996). Unsere heutigen Organisationen sind Orte ständiger Mobilität und Veränderung. Stabilität wird zur Ausnahme, Diskontinuität und Wandel zur Regel. Wo dies noch nicht so ist, wird es in naher Zukunft Thema. Das Arbeitsleben bietet – wie das Leben überhaupt – einen »großen Kessel der Unsicherheit« (Bauman, 2000, S. 29), wobei der deutsche Begriff Sicherheit im Englischen mindestens drei verschiedene Facetten beinhaltet: Security, Certainty, Safety (S. 30 f.). Security meint Sicherheit im Sinne von Beständigkeit und Verlässlichkeit der Welt, ihrer Maßstäbe des Richtigen. Certainty meint Gewissheit im Bestimmen von Unterschieden, im Treffen von Entscheidungen. Safety bezeichnet das Gefühl, geschützt zu sein, so dass – richtiges Verhalten vorausgesetzt – dem eigenen Körper und seinen Verlängerungen (Besitz, Zuhause, Umfeld), dem heimischen Terrain insgesamt keine unabweisbaren Gefahren drohen. Alle drei Elemente der Sicherheit werden heute fortlaufend und grundsätzlich attackiert, so dass sich – in der individuellen Lebens© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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führung wie im organisationsbezogenem Arbeitsleben – eine nachhaltige existentielle Verunsicherung, ein Leben in Ungewissheit ergibt: »Die Franzosen sprechen von precarité, die Deutschen von Unsicherheit und Risikogesellschaft, die Italiener von incertezza und die Engländer von insecurity – aber sie haben alle die gleichen Aspekte der menschlichen Existenzweise im Kopf […]. Das Phänomen, das all die unterschiedlichen Begrifflichkeiten zu erfassen suchen, entsteht aus der Kombination von Unsicherheit (der eigenen Position, der Ansprüche und des Lebensunterhalts), Ungewissheit (in Bezug auf die Stabilität des Status quo) und der Sorge um die Unversehrtheit (des eigenen Körpers, der eigenen Person und aller Dinge, die daran hängen: Eigentum, Nachbarschaft, das weitere soziale Umfeld der ›community‹)« (Bauman, 2003, S. 190). Für viele Menschen resultieren aus diesem Phänomen Wurzellosigkeit, Unbehaustheit, die Erfahrung der »Entbettung« (Giddens, 1996b) oder eine »ontologische Bodenlosigkeit« (Keupp, 2002, S. 58). Die psychiatrischen Landeskrankenhäuser und die dort beschäftigten Professionellen sind ein Sinnbild dieser Verhältnisse: Vor hundert Jahren gebaut und heute vielfach unter Denkmalsschutz stehend, wurden die Krankenhäuser nicht nur verkleinert, zerlegt, in Teilen aufgelöst und durch therapeutisch sinnvolle Alternativen ersetzt (so weit so gut), sondern auch verkauft, und das teils an gewinnorientierte, börsennotierte Konzerne. Das hat tiefe Irritationen bei den allermeisten Beschäftigten zur Folge, sogar bei jenen, die am vermeintlich sichersten Ort des Geschehens – dem Maßregelvollzug – tätig sind. Supervisions- und Beratungsprozesse in diesen Feldern werden davon tief und facettenreich beeinflusst.

Entgrenzung und Subjektivierung Das von Marx und Engels vorgedachte »Verdampfen alles Ständischen und Stehenden« ist heute unter anderen Vorzeichen – nicht überall, aber an sehr vielen Orten – Realität geworden. Entgrenzung als generelle Tendenz gesellschaftlichen Wandels und als zentraler Befund der Arbeitssoziologie (Voß, 2007) kommt etwa in der Flexibilisierung der Arbeitszeit und der Deregulierung von Beschäftigungsverhältnissen zum Ausdruck. Empirische Untersuchungen in © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462

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Deutschland dokumentieren seit 1990 eine Erosion stabiler Beschäftigung, eine Verkürzung der durchschnittlichen Beschäftigungsdauer an gleicher Stelle, eine gestiegene Mobilität der Arbeitnehmer (Rosa, 2005, S. 183). Supervisanden bringen heute nicht selten die Erfahrungen mehrerer Beschäftigungen (die sie an verschiedenen Orten ausüben) in die Beratung ein und präsentieren sich insgesamt als »Arbeitskraftunternehmer« (Pongratz, 2004). Entgrenzung realisiert sich verbreitet in der Dezentralisierung der Unternehmen, in betriebsübergreifenden Netzwerken, in der innerbetrieblichen Dezentralisierung, in der Tendenz zur übergreifenden Kooperation, aber auch in der Verflüssigung der Arbeitsbiographien und der Berufsidentitäten Einzelner: »In einer bemerkenswerten Verkehrung jahrtausendealter Tradition entwickeln heute die Großen und Mächtigen eine Vorliebe für das Flüchtige und Vorübergehende, während die Verlierer verzweifelt versuchen, ihren Schrott am Laufen zu halten. Am ehesten noch treffen diese beiden Gruppen heute bei Räumungsverkäufen und im Gebrauchtwagenhandel aufeinander« (Bauman, 2003, S. 22). Bauman vergisst das Fußballstadion zu erwähnen: Während sich die Stars ihre vorübergehenden Engagements durch Millionenverträge vergüten lassen, um sich nach ein bis zwei Spielzeiten ins Ausland zu verflüchtigen, bleiben die Verlierer der Entwicklung (die Traditionsfans) auf ihren Emotionen sitzen und trösten sich mit den Halt gebenden Ritualen ihrer Kultreligion über fortwährende Liebesverluste hinweg. Während die Großen und Mächtigen der Premier League darüber nachdenken, einen ganzen Spieltag mit allen Spielansetzungen (ein höchst begehrtes Luxusprodukt) an Meistbietende in den Arabischen Emiraten zu verkaufen, können die Kleinen froh sein, wenn sie sich das im fernen Osten stattfindende Spiel ihres »Heimatklubs« im Bezahlfernsehen anschauen dürfen. Das sind natürlich spezielle entgrenzte Wirklichkeiten, sie finden aber durchaus ihre Entsprechung im durchschnittlichen Arbeitsleben auch abseits der Fußballszene. Motoren dieser Entwicklung – im Profifußball wie im durchschnittlichen Erwerbsleben – sind der steigende Marktdruck und der Zwang zur Kostenreduktion oder zur Gewinnmaximierung, wie sie oben bereits diskutiert wurden. Tatsächlich erfolgreich wirken können © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525404461 — ISBN E-Book: 9783647404462