Wohnungseinbruch im Regierungsbezirk. Oberbayern

Bayerisches Landeskriminalamt Sicherheitstechnische Prävention Wohnungseinbruch im Regierungsbezirk Oberbayern Eine Auswertung der Täterarbeitsweisen...
Author: Angela Becker
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Bayerisches Landeskriminalamt Sicherheitstechnische Prävention

Wohnungseinbruch im Regierungsbezirk Oberbayern Eine Auswertung der Täterarbeitsweisen im Jahr 2013

Mit seinen ca. 4,4 Millionen Einwohnern und einer prosperierenden Wirtschaft nimmt der Regierungsbezirk Oberbayern eine Spitzenstellung in Europa ein. Diese von vielen Menschen bevorzugte Region zieht aber nicht nur Firmen und Arbeitnehmer an, sondern hat auch für Straftäter, insbesondere Wohnungseinbrecher, eine nicht zu unterschätzende Attraktivität.

Einbruch ist für die meisten Menschen eine schlimme Erfahrung. Eine dauerhafte Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls verbunden mit schlaflosen Nächten, sind häufig die Folgen dieser Straftat. Um die Bevölkerung vor Einbrüchen möglichst optimal schützen zu können, ist eine laufende Überprüfung der kriminalpolizeilichen Vorbeugungspraxis erforderlich.

In einer Auswertung aus dem Jahr 2004 wurde deshalb für den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München die Frage untersucht, wo und auf welche Art und Weise Täter in Einfamilienhäuser/Reihenhäuser und Mehrfamilienhäuser eindringen. Eine entsprechende Auswertung für die ländlichen Gebiete des Regierungsbezirks Oberbayern liegt hierzu bislang allerdings nicht vor. In der folgenden Studie wurden deshalb 1380 Einbruchsfälle in den Zuständigkeitsbereichen der Polizeipräsidien Oberbayern Nord und Süd des Jahres 2013 hinsichtlich der dargestellten Fragestellung analysiert. Von besonderem Interesse war hierbei, ob die Tatbegehung in ländlichen Regionen wesentliche Unterschiede zur Großstadt (München) aufweist und darauf bezogen möglicherweise Anpassungsbedarf in der kriminalpolizeilichen Beratungspraxis besteht.

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Sicherheitstechnische Prävention

Wo dringen Wohnungseinbrecher ein? Einfamilien- und Reihenhäuser (EFH und RH) In 67,5 % aller Fälle dringen Einbrecher in Einfamilien- und Reihenhäuser über die Fenster und Terrassentüren des Erdgeschosses ein. Die ebenerdige leichte Erreichbarkeit, eine schlechte Einsehbarkeit durch Gartenbepflanzung, schnelle Fluchtmöglichkeiten sowie ein leichter Abtransport der Beute über die Terrassentüre machen diesen Bereich des Hauses für den Täter besonders attraktiv. Über die Hauseingangstüren (17,9 %), die Kellertüren (2,6 %) und die sonstigen Nebeneingangstüren (3,4 %) wurde dagegen deutlich weniger eingebrochen. Die Kellerfenster/Kellerlichtschächte wurden in 6,9% der Fälle angegangen, am wenigsten erfolgte ein Einbruch über die Fenster oder Balkontüren im 1. Obergeschoss (1,3 %). Das Eindringen über das Erdgeschoss stellt demnach naheliegend den mit Abstand häufigsten Angriffsweg des Einbruchs in Einfamilienhäuser dar (89 %). Weit weniger ist der Kellerbereich (9,6 %) sowie das 1. Obergeschoss (1,3 % ) Ziel des Einbrechers.

Mehrfamilienhäuser (MFH) Anders als bei den EFH und RH stellt sich die Situation bauartbedingt bei den Mehrfamilienhäusern dar. Dort erfolgt die Hälfte der Einbrüche über die Wohnungseingangstüren (51,2 %), während Fenster, Terrassen- und Balkontüren von Erdgeschosswohnungen nur bei etwa jedem dritten Einbruch (32,5 %) angegangen wurden. Sogenannte Fassadenkletterer waren in 4,2 % der Fälle am Werk. Sie brachen über die Fenster oder Balkontüren im 1. OG oder höher ein. Bei Wohnungen in höheren Stockwerken hängt die Sicherheit damit fast allein an der Wohnungseingangstüre. Besonders in diesen Situationen wäre es ein Leichtes, die Sicherheit durch eine fachgerechte Nachrüstung oder den Einbau einer geprüften einbruchhemmenden Tür deutlich zu verbessern.

Wohnungseinbruch in Oberbayern Auswertung modi operandi 2013

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Sicherheitstechnische Prävention

Einfamilienhäuser / Reihenhäuser

Mehrfamilienhäuser

17,98 %

7,12 %

-

51,19 %

Nebeneingangstüren

3,40 %

1,85%

Kellertüren

2,60 %

0,53 %

23,98 % (240 Fälle)

60,69 % (230 Fälle)

EG-Fenster

27,97 %

10,55 %

Terrassentüren / Balkontüren EG

39,56 %

21,90 %

Balkontüren 1. OG

1,10 %

2,11 %

Fenster 1. OG

0,20 %

1,06 %

Fenster 2. OG und höher

-

-

Balkontüren 2. OG und höher

-

0,26 %

Dachfenster

0,30 %

0,79 %

Kellerfenster/-lichtschächte

6,89 %

2,64 %

76,02 % (761 Fälle)

39,31 % (149 Fälle)

Türen Hauseingangstüren Wohnungseingangstüren

gesamt Fenster

gesamt

Anwesenheit während des Einbruchs In 7 % (EFH) bzw. 5 % (MFH) der Fälle waren die Bewohner während des Einbruchs bzw. Einbruchversuchs anwesend. Trotz teilweiser Begegnung mit dem Täter kam es zu keiner Konfrontation, da die Täter flüchteten. Erfahrungsgemäß fällt der Schock bei den Einbruchsopfern besonders heftig aus, wenn bei Anwesenheit eingebrochen wurde.

Bewohner anwesend

7,09 % (71 Fälle)

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5,01 % (19 Fälle)

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Sicherheitstechnische Prävention

Wie dringen Wohnungseinbrecher ein? Türen Methode Aufhebeln/Körperliche Gewalt Wird über Türen eingebrochen, dann steht das Aufhebeln, meist mit einem einfachen Hebelwerkzeug, nach wie vor mit großem Abstand an erster Stelle (jeweils ca. 49 %). Der Einsatz von (nur) körperlicher Gewalt durch Gegenspringen oder das Eintreten mit dem Fuß, wurde in MFH knapp 2 mal so oft praktiziert wie in EFH/RH. Ursächlich hierfür dürfte sein, dass die Wohnungsabschlusstüren in MFH dem optischen Eindruck nach oftmals so schwach aussehen, dass der Einsatz von Hebelwerkzeug gar nicht für notwendig erachtet wird.

Methode Öffnen mit Originalschlüssel/Unversperrte Türen In einigen Fällen, 13,8 % bei EFH/RH und 13 % bei MFH öffneten die Einbrecher Türen (vermutlich) mit dem Originalschlüssel. An die Schlüssel gelangten sie z.B. durch Diebstahl oder sie fanden die Schlüssel unter dem Fußabstreifer oder ähnlichen „Verstecken“. Bei richtigem Verhalten wäre in diesen Fällen der Einbruch vermeidbar gewesen. Nur zugezogene und nicht abgesperrte Türen sind für Wohnungseinbrecher kein großes Hindernis. Durch Zurückdrücken der Schlossfalle mit einem entsprechenden Werkzeug, oder auch nur einer Scheckkarte, sind diese Türen auf einfache Weise zu öffnen. Darüber hinaus wird die Tür mitunter nicht einmal zugezogen und bleibt offen bzw. sind auch außenseitig Türdrücker montiert und wird die Tür trotzdem nicht abgesperrt. Damit konnte der Täter bei Einfamilienhäusern in 21,66 % der Fälle und bei Mehrfamilienhäusern in 13,48 % der Fälle auf einfachste Weise in die Wohnung gelangen. Methode Überwinden von Schließzylindern Bei den Angriffen auf die Schließzylinder dominiert die Arbeitsweise Abdrehen / Abbrechen mit 43,9 % vor dem Aufbohren (31,7 %) und dem Herausziehen (21,9 %). Mit der fachgerechten Montage eines einbruchhemmenden Schutzbeschlags nach DIN 18257 könnte diesen Arbeitsweisen jedoch wirksam begegnet werden. Die Methoden Nachsperren bzw. Nachschließen sind mit 2,4 % nicht relevant.

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Sicherheitstechnische Prävention

Türen

Einfamilienhäuser / Reihenhäuser

Mehrfamilienhäuser

Aufhebeln

48,75 %

49,56 %

Körperliche Gewalt

7,92 %

13,48 %

Angriff auf den Schließzylinder (siehe Auswertung unten)

7,92 %

9,57 %

Öffnen mit Originalschlüssel

13,75 %

13,04%

Überwinden von einfachen Zuhaltungsschlössern

-

0,87 %

(Nachsperren / Nachschließen von Buntbartschlössern)

-

-

21,66 %

13,48 %

100 % (240 Fälle)

100 % (230 Fälle)

(Diebstahl, Verlust, versteckte Schlüssel)

Sonstige Überwindungen (z.B. offenstehende Tür; durch Briefeinwurfschlitz Türdrücker betätigen, Schlossfalle zurückdrücken) gesamt

Angriff auf den Schließzylinder (Einfamilien-, Reihen-, Mehrfamilienhäuser) Abdrehen / Abbrechen

43,90%

Aufbohren

31,71%

Herausziehen

21,95%

Verdacht des Nachsperrens und Nachschließens

2,44%

Gesamt

100% (41 Fälle)

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Sicherheitstechnische Prävention

Fenster/Fenstertüren (Balkon- und Terrassentüren) Methode Aufhebeln Das Aufhebeln stellt auch bei den Angriffen auf Fenster/Fenstertüren eindeutig die bevorzugte Arbeitsweise von Einbrechern dar. Bei EFH/RH wurde in 72,3 % und bei MFH in 63,1 % der Fälle aufgehebelt.

Glasdurchbruch Mit 10,8 % bei den EFH/RH und 10,1 % bei den MFH tritt die Methode Glasdurchbruch mit anschließendem Entriegeln an die zweite Stelle der bevorzugten Arbeitsweisen. Der Glasdurchbruch mit Durchstieg wurde mit 0,8 % bei den EFH/RH und keinen registrierten Fällen bei den MFH damit weniger häufig angewandt. Die Risiken machen diese Arbeitsweise (Lärmentwicklung und Verletzungsgefahr) wenig attraktiv. Bei ungesicherten Fenstern gibt es zudem für den Täter keine Veranlassung die Verglasung großflächig zu attackieren. Als Sicherung nur auf den abschließbaren Fenstergriff zu setzen, greift aber auch hier zu kurz. Die Mindestsicherung eines Fensters sollte immer aus mehreren abschließbaren Aufschraubsicherungen oder der Kombination aus umlaufenden, einbruchhemmenden Fensterbeschlägen in Verbindung mit einem abschließbaren Fenstergriff bestehen.

Gekippte / Offene Fenster bzw. Fenstertüren Gekippte oder offene Fenster ermöglichten bei den MFH in 20,1 % der Fälle ein Eindringen des Täters. Dabei waren 7,4% der Fenster gekippt und 13,4 % sogar offen stehend. Bei den EFH/RH war der Wert mit 7,6 % deutlich niedriger. Richtiges Verhalten, das heißt das Schließen der Fenster beim Verlassen der Wohnung, wären hier ein wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit.

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Sicherheitstechnische Prävention

Fenster / Fenstertüren

Einfamilienhäuser / Reihenhäuser

Mehrfamilienhäuser

Aufhebeln

72,27 %

63,09 %

Glas-Durchbruch / Entriegeln

10,78 %

10,07 %

Glas-Durchbruch / Durchsteigen

0,79 %

0%

Fenster gekippt

3,15 %

7,38 %

Fenster offen

4,47 %

13,42 %

„Fensterbohrer“

6,96 %

2,01 %

Sonstige Überwindung (z.B. offenstehende Fenster; Entriegelung über Katzenausstieg)

1,58 %

4,03 %

100 % (761 Fälle)

100 % (149 Fälle)

Zusätzlich Rollläden (Hochschieben)

1,31 %

0,67 %

Zusätzlich Kellerlichtschacht (Entfernen der Abdeckung)

0,65 %

0,67%

Zusätzlich Fenstergitter entfernen

0,65 %

-

gesamt

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Sicherheitstechnische Prävention

Zusammenfassung

Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass die Vorgehensweisen der Wohnungseinbrecher in den ländlichen Gemeinden des Regierungsbezirks Oberbayern denen Münchens ähnlich sind und damit im Grundsatz keine wesentlichen Abweichungen in der Tatausführung vorliegen. Der Einbruch ins Objekt erfolgt auch in der ländlichen Region je nach Hausart überwiegend über Fenster und Türen des Erdgeschosses bzw. die Wohnungstüren. Die mit Abstand gebräuchlichste Methode stellt wie in München das „Aufhebeln“ dar. Beachtenswert ist zudem, dass nicht abgeschlossene bzw. gänzlich offenstehende Türen bei etwa jedem 5. Einbruch ursächlich waren. Als „erste Hilfe“ kann damit der Appell gelten, doch zumindest die vorhandenen Sicherungen konsequent einzusetzen und Türen abzuschließen. Auswirkungen auf die polizeiliche Empfehlungspraxis sind demnach nicht erforderlich. Die gewonnenen Erkenntnisse bestätigen damit die bisherige Präventionsarbeit, in der ein wirksamer Einbruchschutz im Wesentlichen auf den Eckpfeilern Sicherheitstechnische Prävention Richtiges Verhalten Nachbarschaftshilfe beruht. Neben dem Einsatz von Sicherungstechnik sind insbesondere aufmerksame Nachbarn von besonderer Bedeutung. So wurden im Jahr 2013 in Oberbayern Nord und Oberbayern Süd (ohne München) 335 „Erfolge“ verzeichnet, bei denen durch eine zeitnahe Verständigung der Polizei die Tat vereitelt werden konnte. Eine unmittelbare Eigengefährdung durch eine direkte Konfrontation mit dem Täter soll hierbei aber unbedingt vermieden werden. Erster Schritt zu mehr Sicherheit sollte die individuelle und kostenlose Beratung durch die Fachberater der Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen sein. Von diesen erhalten sie neben Tipps für mehr Sicherheit auch Herstellerverzeichnisse von z.B. Anbietern, die geprüfte und zertifizierte einbruchhemmende Fenster und Türen vertreiben. Daneben sind auch Firmenlisten für die Nachrüstung oder den Einbau einer Einbruchmeldeanlage erhältlich. Die einzelnen Verzeichnisse sind auch im Internet unter www.polizei.bayern.de in der Rubrik „Schützen und Vorbeugen“ abrufbar.

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Sicherheitstechnische Prävention

Angegriffene Bereiche (Einfamilienhaus / Reihenhaus) 1001 Fälle

1,60%

Sonstiges

Kellertüren

Nebeneingangstüren

2,60%

3,40%

Kellerfenster/ -Nachtschächte

6,89%

17,98%

Haustüren

27,97%

Fenster EG

39,56%

Fenstertüren EG

Angegriffene Bereiche (Mehrfamilienhaus) 379 Fälle Sonstiges Fenster 1. OG

1,58% 1,06%

Nebeneingangstüren

1,85%

Balkontüren 1. OG

2,11%

Kellerfenster/ -lichtschächte Hauseingangstüren Fenster EG Fenstertüren EG

2,64% 7,12% 10,55%

21,90% 51,19%

Wohnungseingangstüren

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Sicherheitstechnische Prävention

Modus Türen (Mehrfamilienhaus / Einfamilienhaus) Sonstige Überw indungen (offen stehende Tür/Schloßfalle zurückdrücken)

13,48% 21,66%

13,04%

Öffnen m it Originalschlüssel

13,75%

9,57%

Angriffe auf Schließzylinder

7,92%

13,48%

Körperliche Gew alt

7,92%

49,56%

Aufhebeln

48,75%

Modus Fenster / Fenstertüren (Einfamilienhaus / Reihenhaus)

Glasdurchbruch/ durchsteigen

Glasdurchbruch/ entriegeln

Fenster gekippt/ offen

Fensterbohrer

0,79%

10,78%

7,62%

6,96%

72,27%

Aufhebeln

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Sicherheitstechnische Prävention

Modus Fenster/ Fenstertüren (Mehrfamilienhaus)

Glasdurchbruch/ durchsteigen

0,00%

Glasdurchbruch/ entriegeln

10,07%

Fenster gekippt/ offen

Fensterbohrer

20,80%

2,01%

63,09%

Aufhebeln

Schließzylinder 41 Fälle

21,95%

Herausziehen

Nachsperren/ Nachschl.

2,44%

31,71%

Aufbohren

43,90%

Abdrehen

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