Wohin steuert der Berliner Nahverkehr? Praxisbeispiel München Friedrich-Ebert-Stiftung 31.05.2005 Berlin
Herbert König München Praxisbeispiel München
Themen: • ÖPNV im Großraum München (Zahlen, Organisationen) • ÖPNV in der Landeshauptstadt München • Das Mutter-Tochter-Modell SWM/MVG • ÖPNV-Finanzierung im Raum München • Das Leistungsangebot Stadt München („wer macht was ?“) • Exkurs: Fahrplanoptimierung • Mehr Effizienz - auch ohne Bestellung • Weitere Entwicklungen / Ziele bei SWM/MVG
ÖPNV im Großraum München: • 2,5 Mio Einwohner (1,3 Mio Landeshauptstadt München) • Betriebszweige: SPNV (incl. S-Bahn), U-Bahn, Tram, Bus • Gemeinschaftstarif (MVV) • 10 Aufgabenträger: Freistaat Bayern, LHM, 8 Landkreise • Verkehrsunternehmen: • 3 SPNV-Unternehmen (DB AG, BOB, Thurbo/Länderbahn) • MVG (U-Bahn, Tram, Metrobus, Stadtbus, Taxibus) • 49 private VU incl. RVO (Regionalbus) • Fahrgäste/Jahr: • ca. 550 Mio (Verbund) • ca. 445 Mio (MVG)
ÖPNV im Großraum München: • Verbundgesellschaft (MVV-GmbH) • Gesellschafter: Aufgabenträger • wesentliche Aufgaben: • Tarifplanung, Marketing / Fahrgastinfo (soweit verbundübergreifend), Einnahmenaufteilung; • zusätzlich nur für Regionalbusverkehr (AT: Landkreise) Leistungsplanung, Koordinierung, Verträge, ggf. Ausschreibung • Gremien: Gesellschafterversammlung und Verbundrat • Bayer. Eisenbahngesellschaft (BEG) • Gesellschafter: Freistaat Bayern • Aufgabe: Konzeption und Bestellung der SPNV-Leistungen im Auftrag des Freistaats Bayern
ÖPNV in der Landeshauptstadt München: Landeshauptstadt München Aufgabenträgerin
Eigentümerin 100 %
Stadtwerke München GmbH (SWM) (Strom, Fernwärme, Gas, Wasser, Verkehr. Bäder, Telekommunikation) Münchner Verkehrs- 100 % 100 % SWM Versorgungs GmbH gesellschaft mbH (MVG) 100 %
Kunden
100 %
SWM Services GmbH
SWM Infrastruktur GmbH
ÖPNV in der Landeshauptstadt München: • Stadt als Aufgabenträgerin: Nahverkehrsplan (NVP) • NVP enthält Schienenstrecken sowie Rahmenvorgaben (Mindestbedienungsstandards) für Leistungsangebot • NVP entsteht im Zusammenwirken mit MVG • Stadt als Eigentümerin der SWM bzw. der MVG: • Aufgabendefinition im Gesellschaftsvertrag • Tarifzustimmung (nach Beratung in Verbundgremien) im MVGAufsichtsrat • verkehrs- und umweltpolitische Ziele: Kooperationsvertrag LHM/MVG • jährliche Zielvereinbarung mit GF • Stadtratsbeschluß: Verkehr ist eigenwirtschaftlich durchzuführen ( = kein Besteller-/Ersteller-Verhältnis !)
Das Mutter-Tochter-Modell SWM/MVG: • Liniengenehmigungen bei MVG (Bus: Gemeinsch.konz. mit 14 Partnern, MVG ist Betriebsführerin) • SWM hält Infrastruktur vor, beauftragt aber MVG mit I-betrieb (einheitl. Betriebsleiterverantwortung bei MVG) • MVG führt Verkehr eigenwirtschaftlich durch (incl. Trassenentgelt an SWM) • MVG agiert als Managementgesellschaft und kauft ihre Leistungen zu Marktpreisen ein • Etwa 45 % der Busleistungen führen die privaten Partner durch • Muttergesellschaft SWM ist Subunternehmerin für Schiene, Busleistungen (teilweise), Infrastrukturbetrieb und div. Services • Restrukturierung bei SWM (Abbau von Altlasten, Wettbewerbslücke)
ÖPNV-Finanzierung im Raum München: • Verbundgesellschaft: Verlustabdeckung durch Gesellschafter • SPNV: • anteilige Fahrgeldeinnahmen aus Verbundtarif • Bestellerentgelt des Freistaats Bayern (Regionalisierungsmittel) • Invest.zuschüsse des Freistaats Bayern (Reg.mittel, GVFG) • Regionalbusverkehr: • anteilige Fahrgeldeinnahmen aus Verbundtarif • 45a, SGB IX • ÖPNV-Förderung des Freistaats Bayern an AT • Zuschüsse der Landkreise • Investförderung des Freistaats Bayern für Busse und Betriebshöfe
ÖPNV-Finanzierung im Raum München: • Stadtverkehr München: • Infrastruktur: • U-Bahnbau: LHM (incl. GVFG-Mittel von Bund und Land) • Bau der übrigen Infrastruktur incl. Tramstrecken: SWM • Unterhalt/Erneuerung/Betrieb: SWM / MVG (Trassenentgelt) • Betrieb (MVG): • anteilige Fahrgeldeinnahmen aus Verbundtarif • 45a,SGB IX • sonstige Einnahmen (z.B. Werbung, Finanzerträge) • Zuschüsse für mitbediente Gemeinden • Zuschuß LHM für Nachtlinien
ÖPNV-Finanzierung im Raum München: SWM-Ebene: • Infrastrukturaufwand: • Ggf. GVFG-Zuschüsse • I-Nutzungsentgelt von MVG und ggf. dritten VU • Querverbund • Dienstleistungen für MVG: • Entgelt der MVG • Ggf. GVFG-Zuschüsse für Fahrzeuge • Altlasten / Restrukturierungsaufwendungen: • Gewinnabführung MVG • Querverbund • stufenweiser Abbau durch Restrukturierung
ÖPNV-Finanzierung im Raum München: Landeshauptstadt München finanziert also: • Bau von U-Bahnstrecken • ggf. (ergebnisabh.) Kapitalzuführungen an SWM-Konzern (allgemein) • Verbundgesellschaft (anteilig mit übrigen Gesellschaftern) • Zusatzleistung Nachtliniennetz • keine Betriebskosten für eigenwirtschaftlichen Verkehr der MVG
Das Leistungsangebot (Stadt München): • Im Rahmen des NVP konzipiert und definiert die MVG das Leistungsangebot • MVG betreibt dazu auch die Marktforschung • geplante Änderungen des Leistungsangebots werden jährlich - nach Anhörung der Bezirksausschüsse durch die MVG - einem kleinen Arbeitskreis mit Vertretern der Stadtratsfraktionen vorgestellt, ggf. an (finanzneutrale) Wünsche der Fraktionen angepaßt • Leistungsprogramm wird dann dem Stadtrat zur Kenntnis gebracht • Stadtrat kann Änderungen verlangen, wenn er gleichzeitig eine Finanzierung von dadurch verursachten Mehrkosten sicherstellt
Das Leistungsangebot (Stadt München): Vorteile dieser Lösung: • Verkehrspolitische Ziele der LHM werden verwirklicht durch Infrastrukturdefinition Schiene, Rahmenvorgaben des NVP, Kooperationsvertrag und Zielvereinbarungen mit GF sowie Zustimmung Tarif (Rückfallebene: Eigentümerweisung, bisher jedoch noch nie erfolgt) • Konkrete Gestaltung des Leistungsangebots bleibt unternehmerische Aufgabe mit den Vorteilen • Marktnähe und Flexibilität • Effiziente Gestaltung (kontinuierliche Optimierung, Vermeidung falscher Schnittstellen) • Klare „Spielregel“: Eigenwirtschaftliche Finanzierung • Öffentlicher Druck eher auf VU als auf Politik • Geringer Verwaltungsaufwand bei der Stadt • Vermeidung der „Umsatzsteuerfalle“
Fahrplanoptimierung als iterativer Prozess: Rahmenvorgaben (NVP, Zielvereinbarungen)
Ggf. Budgetvorgaben Planungsdaten (Stadtentw.)
Bedienungsstandards (NVP) Eckzeiten (Schulzeiten, Anschlüsse etc.)
Real. Nachfrage (Zählergebnisse) Real. Nachfrage (Einnahmen) Marktanalysen
Fahrzeitmessungen Fahrplan
Kundenfeedback Mitarbeiterfeedback
Dienstplan Umlaufplan
Einnahmenprognosen
Fahrtverlaufsanalysen (z.B. aus RBL) Fahrzeugverfügbarkeit Fahrzeugparameter (Größe, Fahrdynamik, Reichweite etc.) Spez. Fahrzeugkosten
Spez. Personalkosten Dienstplanparameter (aus Gesetz, Tarifverträge etc.) Personalbestand/-bedarf/ planung Linien-/ Netzerfolgsrechnungen
Kostenverlauf (Sprungkosten!)
Budgetabgleich
Fahrplanoptimierung als iterativer Prozess: Optimum entsteht nur, wenn alle genannten und relevanten Daten • vorhanden, kontinuierlich aktualisiert und aufbereitet sind • im Prozess berücksichtigt werden • iterativ bearbeitet werden • von Mitarbeitern mit umfassenden Know how ( Markt + ÖPNV-Betriebswirtschaft + ÖPNV-Betrieb) und • geeigneter IT-Unterstützung.
Falsche und künstliche Schnittstellen verhindern dies und kosten viel Geld (und Qualität) !
Fahrplanoptimierung = Kostensenkung: Optimierung Buseinsatz Personenkilometer (Mio.) Bus gesamt
Spitzeneinsatz Bus gesamt
500,0
600
500 400,0
450 400
350,0 350 300,0
300 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Jahr
1999 - 2004:
Fahrzeugspitzenbedarf - 18 %
Pkm je Bus: + 23 %
Busbedarf HVZ
550 450,0
Fahrplanoptimierung = Kostensenkung: Fahrgäste je Bus (Gesamtbetrieb)
Fahrgäste p.a. / ø Spitzenbedarf HVZ
400.000 380.000 360.000 340.000 320.000 300.000 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Jahr
Mehr Effizienz - auch ohne Bestellung: SWM/MVG haben deutliche Effizienzsteigerungen erzielt - Beispiele: • Produktivität (Nutzplatz-km je MA):
1993 - 2004: + 57 % 1999 - 2004: + 27 %
• Kostensatz Bus:
1999 - 2004: - 21 %
• Operat. Kostendeckungsgrad (SWM): (incl. Infrastruktur)
1993 - 2004: + 24 PP / 35 % 1999 - 2004: + 14 PP / 18 %
Qualität und Umweltschutz blieben nicht auf der Strecke, z.B.: • 80 % aller Busse mit CRT-Filter, 100 % Niederflur mit Lift / Rampe • Kontinuierliche Steigerung Energieeffizienz im Schienenverkehr • Vollständige Beschleunigung aller Tramlinien • Kontinuierlicher Ausbau der dynamischen Fahrgastinfo • Serviceausbau (z.B. Kundencenter, Garantieleistungen etc.)
Mehr Effizienz - auch ohne Bestellung: Die Kunden sind gut gefahren: • Entwicklung Leistungsangebot:
1993 - 2004: + 17 % 1999 - 2004: + 6 %
• Fahrgastzahlen:
1995 - 2004: + 5,1 %
• ÖV-Anteil alle Wege (2002):
München: Innenstadt:
22 % 41 %
• Kundenzufriedenheit (2003):
Note:
2,4
(Skala 1-5; Bundesdurchschnitt lt. TNS Emnid: 2,95)
Die Stadt: „Wir sind stolz auf unseren Nahverkehr und unser Unternehmen“ (OB Christian Ude)
Weitere Entwicklungen: • Weitere Produktivitätssteigerungen bei SWM und privaten Partnern sowie weitere Angebotsoptimierungen zur Sicherung der Eigenwirtschaftlichkeit (MVG) in Planung bzw. Umsetzung • Weiterführung des Restrukturierungsprozesses zum Abbau des Deltas bei SWM und zur Herstellung von Wettbewerbsfähigkeit • Wettbewerbsfähiger Tarifvertrag im Fahrdienst oder Abbau der SWMEigenleistung • Weitere Nutzung von SWM-Konzernsynergien • Bessere Marktausschöpfung im Tarifbereich • Ausbau Marketing • Weiterer Ausbau Qualität (Schwerpunkt. Fahrgastinfo) und Qualitätsmanagement
Unser Ziel: • Weiterhin attraktiver ÖPNV als Eckpfeiler der Stadtentwicklung • Erhalt unserer Rolle im Münchner ÖPNV als kommunales VU • ÖPNV als Komplettleistung und aus einem Guß • Dazu brauchen wir: • Erhalt der Option „kommunale Eigenproduktion bzw. marktorientierte Direktvergabe im Ordnungsrahmen • Anhaltende Zufriedenheit der Eigentümerin; dazu braucht es: • Hohe Effizienz ( = wettbewerbsähnliche Kostenstrukturen) • Hohe Erfüllung der kommunalen Ziele • und vor allem: zufriedene Kunden (Wähler) !
Danke für die Aufmerksamkeit und gute Fahrt mit der MVG