WIRTSCHAFTSAUSBLICK GEORGIEN Ausgabe 3 November 2015

WIRTSCHAFTSAUSBLICK GEORGIEN Ausgabe 3 | November 2015 Bewertung der wirtschaftlichen Lage durch GET Georgien Überblick • Das Wirtschaftswachstum wir...
Author: Agnes Seidel
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WIRTSCHAFTSAUSBLICK GEORGIEN Ausgabe 3 | November 2015

Bewertung der wirtschaftlichen Lage durch GET Georgien Überblick • Das Wirtschaftswachstum wird 2015 knapp 2% betragen, für 2016 wird eine Erholung auf 3% erwartet



Grund für das schwache Wachstum in 2015 war vor allem die schwache Entwicklung in der Region



Die Abwertung des Lari stabilisierte die Entwicklung des BIP und stützte die Exporte



Trotz Abwertung bleibt die Inflation und Lohnentwicklung moderat



Trotz der Abwertung schwillt das Leistungsbilanzdefizit 2015 auf 11% des BIP an



FDI-Zuflüsse erholen sich im Q2 2015, die Auslandsrücküberweisungen fallen aber weiterhin

Themen •

Abwertung des Lari: Erholung der Handelsbilanz erfolgte aufgrund notwendiger und effektiver Abwertung



Georgische Weinexporte: Abhängigkeit von GUS-Märkten ist nach wie vor stark, Diversifizierung der Exportmärkte benötigt Investitionen in Forschung, Ausbildung und Verbesserung der Qualitätskontrolle



Standortfaktor Wasserkraft: Große nicht ausgeschöpfte Energiereserven bedeuten, dass günstiger Strom aus Wasserkraft ein starker Standortfaktor für energieintensive Unternehmen werden kann

© German Economic Team Georgien

Basisindikatoren BIP BIP/Kopf Bevölkerung

Georgien

Belarus

Russland

Ukraine

14 Mrd. USD

62 Mrd. USD

1.236 Mrd. USD

90 Mrd. USD

3.720 USD

6.583 USD

8.447 USD

2.109 USD

3,7 Mio.

9,4 Mio.

146,3 Mio.

42,7 Mio.

Quelle: IWF, Schätzung 2015

Haupthandelspartner Export

Import

EU 27% | Aserbaidschan 12% | Armenien 9% | Russland 7% | Sonstige 45%

EU 31% | Türkei 17% | Aserbaidschan 8% Russland 7% | Sonstige 37%

Beförderungsmittel 11%

Sonstige 15%

Fette und Öle 0% Waren der Lebensmittelin dustrie 14% Chemische Erzeugnisse 13%

Metalle 16%

Beförderungs mittel 9%

Waren pflanzlichen Ursprungs 9%

Metalle 7% Waren pflanzlichen Ursprungs 4%

Sonstige 23%

Fette und Öle 1%

Mineralische Stoffe 19%

Mineralische Stoffe 21%

Waren der Lebensmittelindustrie Chemische 7% Erzeugnisse 13%

Maschinen 3%

Quelle: Geostat, H1 2015; Anmerkung: Warenhandel

Maschinen 15%

Quelle: Geostat, H1 2015; Anmerkung: Warenhandel

2

© German Economic Team Georgien

Wirtschaftswachstum % zum Vj.

Reales BIP Wachstum

8 7 6 5 4 3 2 1 0 2011

2012

2013

2014

2015*

2016*

Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose

Beitrag zum BIP-Wachstum, Nachfrageseite 14 12 10 8 6 4 2 0 -2 -4 -6

%-Punkte

2011 Privater Konsum

2012

2013

Öffentlicher Konsum

Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose

2014*

2015*

Nettoexporte

2016*

BIP • 2015: Wachstum von nur knapp 2% zu erwarten • Grund: Gesunkene Exporte in 2014 und H1 2015 wegen wirtschaftlicher Schwäche der Region • Binnennachfrage auch durch gesunkene Auslandsrücküberweisungen rückläufig • Abwertung des Lari stützte BIP und Exporte, ermöglichte Anpassung an Schock • 2016: Stabilisierung des Wachstums auf 3% • Grund: Stabile Binnenkonjunktur dank erfolgter Anpassung an externen Schock • Nettoexporte rückläufig aufgrund Erholung der Importe Fazit • Schwaches Wachstum primär aufgrund negativer externer Schocks • Anpassung des Wechselkurses hat Wachstum stabilisiert • Langfristige Steigerung des Wachstums erfordert aber weitere Reformen

Investitionen 3

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Sektorale Perspektive Zusammensetzung des BIP H1 2015 Landwirtschaft 8% Industrie 10%

Sonstige 29%

Einzelhandel und Reparaturgewerbe 16% Immobilienaktivitäten, DL für Unternehmen 12%

Öffentlicher Dienst 9% Bildung 4%

Bau 7%

Transport, Gastronomie und IKT 12%

Quelle: Geostat

Sektorale Dynamik % zum Vj. 20 15

Landwirtschaft • Wichtiger Sektor mit 8% des BIP und ca. 50% der Beschäftigung • Schwache Entwicklung aufgrund starker Exporte in GUS-Staaten (65%), positive Tendenz in 2015 Industrie • Industrieanteil mit 10% des BIP sehr gering, Wachstum aber seit 2013 relativ stabil Dienstleistungen • Relativ stabile Entwicklung im Tourismus trotz schwacher Lage in der Region • Einzelhandels- und Reparaturgewerbe in H1 2015 rückläufig aufgrund schwacher Binnennachfrage

10 5

Fazit • Dynamische Entwicklung im Industriesektor positiv zu bewerten, auch wenn Anteil am BIP relativ gering

0 -5 -10 -15 2011

2012

Landwirtschaft Einzelhandel und Reparaturgewerbe Quelle: Geostat, *Schätzung/Prognose

2013

2014*

H1 2015*

Produzierendes Gewerbe 4

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Inflation und Löhne Inflation • Trotz Abwertung des Lari bislang keine stark angezogene Inflation • Monatliche Inflationsraten bei maximal 7%, Jahresdurchschnitt 2015 von 3,7% erwartet • Für 2016 leichte Überschreitung des Inflationsziels von 5% erwartet • Kein starker inflationärer Druck absehbar

Inflationsrate

% zum Vj. 10 8 6 4 2 0

-2 2011

2012

2013

2014

2015*

2016*

Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose Anmerkung: Jahresdurchschnitt (Verbraucherpreise)

Reallöhne

% zum Vj. 14 12 10 8

Reallöhne • Reallohnentwicklung oft bestimmt durch verzögerte Anpassung der Löhne an Inflation • Starke Reallohnsteigerungen nur als Folge von abrupt gesunkener Inflation (z.B. 2012) • Bislang keine Anzeichen, dass Lohnwachstum das BIP-Wachstum hemmt

Fazit • Auch wegen niedriger globaler Commodity-Preise hat die Abwertung keine starke Inflation erzeugt • Stabile Lohnentwicklung wird Erholung der Konjunktur begünstigen

6 4 2 0 -2 -4 2011 Quelle: Geostat

2012

2013

2014 5

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Leistungsbilanz und Wechselkurs Leistungsbilanz • Leichter Anstieg des Defizites in der Leistungsbilanz in 2015 auf 11% des BIP • Deutliche Abwertung Anfang 2015 hat ein höheres Defizit verhindert

Leistungsbilanz

% des BIP 0 -2 -4 -6 -8 -10

Wechselkurs und Währungsreserven • Deutliche Abwertung gegenüber US-Dollar um 26% in den letzten 12 Monaten • Zentralbank hat Wechselkursanpassung zugelassen, nur minimal interveniert • Anpassung war notwendig, da alle regionalen Währungen gegenüber dem US Dollar abgewertet haben • Währungsreserven relativ konstant, Importdeckung für ca. 3 Monate

-12 -14 2011

2012

2013

2014

2015*

2016*

Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose

GEL/USD 2,5 2,4 2,3 2,2 2,1 2,0 1,9 1,8 1,7 1,6 1,5

Wechselkurs und Währungsreserven

Offizieller Wechselkurs (linke Skala) Quelle: Nationalbank Georgien

Mrd. USD 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0

Fazit • Leistungsbilanzdefizit nach wie vor hoch und mögliche Risikoquelle

0,5

Währungsreserven (rechte Skala) 6

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Außenhandel Import • Import: 60% des BIP (2014) • 2014: Anstieg in Höhe von 7,9% • 2015: Erheblicher Rückgang von ca. 35% nach starker Abwertung Anfang des Jahres

Außenhandel

% zum Vj. 45% 35% 25% 15% 5% -5% -15% -25% -35% -45% 2011

2012 Export

2013

2014

2015*

Import

Quelle: Geostat, *Schätzung/Prognose; Anmerkung: Warenhandel

Exporte nach Ländern H1 2015 Sonstige 19% USA 5%

Andere GUS Länder 11% Russland 7% Armenien 9%

Türkei 10%

Aserbaidschan 12% EU 28 27%

Quelle: Geostat; Anmerkung: Warenhandel

Export • Export: 43% des BIP (2014) • 2014: Rückgang der Exporte um 0,2% • 2015: Sehr starker Rückgang von ca. 40%, insbesondere wegen schwacher regionaler Konjunktur • Bedeutung von Russland aufgrund früherer Handelssanktionen mit 7% Anteil begrenzt • Einst starke Re-exporte von Automobilen aufgrund neuer Regelungen in Aserbaidschan stark rückläufig Fazit • Wirtschaftliche Schwäche in der Region ist Grund für schwache Exportentwicklung 7

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Öffentliche Finanzen und Staatsverschuldung Haushaltsdefizit

% des BIP 0 -1 -2 -3 -4 -5 -6 2011

2012

2013

2014

2015*

2016*

Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose

% des BIP

Staatsverschuldung

• Schwaches Wachstum führt zu Anstieg des Haushaltsdefizites auf 1,8% des BIP in 2015 und 1,4% in 2016 • Anpassung der Staatsausgaben ohne Reduzierung der Investitionen geplant • Aufgrund strittiger Auslagerung der Bankenaufsicht aus Nationalbank ist Standby-Agreement mit IWF derzeit ausgesetzt • Staatsschulden steigen bis 2016 auf 45% des BIP • Primäre Ursache für Steigerung: Abwertung des Lari bei einem erheblichen Anteil der Staatsschulden in Fremdwährung

60

Fazit • Keine kritische Situation des Staatshaushaltes • Schuldenstand zwar durch Abwertung gestiegen, bleibt aber in verkraftbarem Rahmen

45 30 15 0 2011

2012

2013

2014

2015*

2016*

Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose

8

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Handel mit Deutschland Mio. EUR

Außenhandel mit Deutschland

450

300 150 0 -150 -300 2011 2012 Deutsche Exporte

2013 Deutsche Importe

2014 Saldo

Quelle: Statisches Bundesamt

Deutsche Exporte nach Georgien 2014 Sonstige 25%

Chemische Erzeugnisse 16% Maschinen 19%

Elektronik 4% Nahrungsmittel 9% Elektrotechnik 4%

KfZ und Teile 23%

Handelsvolumen • Handelsvolumen zwischen Georgien und Deutschland von 474 Mio. EUR in 2014 • In den letzten Jahren keine nennenswerte Steigerung Exporte nach Georgien • Wachstum der deutschen Exporte nach Georgien in 2014 um 13% • Im H1 2015 um 4% gestiegen Importe aus Georgien • Deutsche Importe aus Georgien im H1 2015 um 18,5% gefallen Saldo • Deutscher bilateraler Handelsüberschuss steigt von 204 Mio. EUR in 2013 auf 276 Mio. EUR in 2014 Fazit • Handel mit Deutschland durch Implementierung des DCFTA noch ausbaufähig

Quelle: Statistisches Bundesamt

9

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Abwertung war effektiv und notwendig Export, Import und Handelsdefizit 2,5

Mrd. USD 1,3

Mrd. USD

1,2

2,0

1,1

1,5

1,0 1,0

0,9

0,5

0,8

0,0

0,7

2,5

Mrd. USD

Mrd. USD

Ende 2014/Anfang 2015 • Deutliche Abwertung des Lari gegenüber US Dollar um 26% (Sep. 2014 – Sep. 2015)

1,3 1,2

2,0

H2 2014 • Starke Abwertung der regionalen Währungen gegenüber dem US Dollar • Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit georgischer Unternehmen • Handelsbilanzdefizit steigt um ca. 500 Mio. USD

1,1 1,5 1,0

Q2 2015 • Rückgang des Handelsbilanzdefizits um ca. 70 Mio. USD • Fortführung der Anpassung in Q3 2015

1,0 0,9

0,5

0,8

0,0

0,7

Export (links)

Import (links)

Quelle: Nationalbank Georgien; Anmerkung: Warenhandel

Fazit • Abwertung war effektiv: Handelsbilanzdefizit ist wieder gesunken • Abwertung war notwendig; keine sinnvolle Alternative

Handelsdefizit (rechts) 10

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Weinexporte – wichtig aber verwundbar Georgische Weinexporte nach Zielort (2008 – 2014) 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0

Mio. USD

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Rest der Welt

EU

Weitere GUS

Belarus

Kasachstan

Ukraine

Russland Quelle: Eigene Berechnungen, Finanzministerium Georgiens

2014

• 8.000 Jahre Tradition im Weinbau, sozial und kulturell bedeutend • Wichtiges Exportgut: Wein machte 16% der Agrarexporte und 4% der Gesamtexporte in 2013 aus • Export nach wie vor stark von GUS-Märkten abhängig • Grund: Etablierte Marke, spezifischer Geschmack (halbtrockene Weine), relativ hohe Herstellungspreise • Risiken durch schwache regionale Wirtschaft und mögliche Handelsstörungen mit Russland (Aussetzung des Freihandelsabkommens) kurzfristig verkraftbar • Langfristig geringes Wachstumspotenzial in GUSMärkten Fazit • Abhängigkeit vom GUS-Markt sollte reduziert werden • Exportdiversifizierung erfordert strenge Qualitätskontrolle, Investitionen in Forschung und Ausbildung • Alleinstellungsmerkmale Georgiens: Hunderte autochthone Rebsorten, traditionelle, natürliche Weinvergärung in Tonamphore (Qvevri) 11

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Standortfaktor Wasserkraft Industriekunden-Stromtarife inkl. Steuern 2012 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0

USD Cent/kWh

Quelle: Energy Regulators Regional Association (ERRA)

Erzeugungskapazität 2015 und 2025 (Planungsgrundlage) 2025

2015

Wasserkraft (ganzjährig) 110

Wasserkraft (saisonal)

620

KWK

3.530 MW

730

110 20

7.541 MW

Gasturbinen

810 1.990

2.009 Windkraft

Quelle: Georgian State Electrosystem, 10-Jahres Entwicklungsplan

4.672

• Strompreise im internationalen Vergleich aufgrund der niedrigen Produktionskosten gering; Wasserkraftwerke machen derzeit 80% der Stromerzeugung aus • Jetzige Erzeugungskapazität reicht nicht zur Versorgung weiterer energieintensiver Unternehmen aus • Georgien derzeit Nettoimporteur von Strom • Großes ungenutztes Wasserkraftpotential könnte entscheidender Standortfaktor für energieintensive Unternehmen sein • 3900 MW zusätzlicher Stromerzeugung durch Wasserkraft angepeilt; dafür ca. 9 Mrd. USD (ca. 50% des BIP) an Investitionen erforderlich Fazit • Ausländische Investoren erforderlich, um Investitionsvolumen zu stemmen • Eigenerzeugung von Strom kann energieintensiven Unternehmen sehr niedrige Energiekosten ermöglichen • Vergabeverfahren für attraktive Wasserkraft-Standorte müssen verbessert werden 12

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German Economic Team Georgien Das German Economic Team Georgien (GET Georgien) unterstützt seit 2014 die georgische Regierung bei der Entwicklung und Gestaltung der notwendigen wirtschaftlichen Reformprozesse. Im kontinuierlichen Dialog mit den georgischen Regierungsinstitutionen identifizieren wir aktuelle wirtschaftspolitische Problemfelder und erarbeiten konkrete Handlungsempfehlungen. Dabei legen wir höchsten Wert auf eine objektive Analyse der Probleme und die unabhängige Beratung der Entscheidungsträger. GET Georgien wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanziert.

Kontakt: German Economic Team Georgien c/o Berlin Economics Schillerstraße 59 10627 Berlin

Tel: +49 30/ 20 61 34 64 0 [email protected] www.get-georgien.de Twitter: @BerlinEconomics 13

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